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Chemisches Landes- und Staatliches Veterinäruntersuchungsamt
Joseph- König- Straße 40, 48147 Münster www.cvua.nrw.de
Dr. Beate Brauer
03./04.03.2008
Fünftes BfR-Forum Verbraucherschutz
Übergang von Stoffen aus Recyclatpapieren auf Lebensmittel
Untertitel:
Sind recyclierte Materialien – hier Papier und Kartonage – für den Lebensmittelkontakt
unbedenklich?
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 2
Wann ist ein Material/Gegenstand für den Lebensmittelkontakt geeignet?
Eignung im Sinne von Art. 3 der Verordnung EG (Nr) 1935/2004:
Lebensmittelkontaktmaterialien sind nach guter Herstellungspraxis so herzustellen, dass sie unter den normalen oder vorhersehbaren Verwendungsbedingungen keine Bestandteile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die geeignet sind,a) die menschliche Gesundheit zu gefährden oderb) eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung
der Lebensmittel herbeizuführen oderc) eine Beeinträchtigung der organoleptischen
Eigenschaften der Lebensmittel herbeizuführen.
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 3
Sind recyclierte Materialien – hier Papierund Kartonage – für den
Lebensmittelkontakt unbedenklichbzw. geeignet?
• Meinung der Hersteller
• Erfahrungen der amtlichen Überwachung(Diisopropylnaphthalin, Benzophenon, Diisobutylphthalat)
• Konsultation der Rechtsgrundlagen(GMP-Verordnung (EG) Nr. 2023/2006, Empfehlungen)
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 4
Verwendung recyclierter Fasern in Deutschland
In Deutschland – einem Land mit hoher Bevölkerungsdichte und einer engmaschigen Erfassung von Sekundärrohstoffen – stellt Altpapier den wichtig-sten Rohstoff zur Erzeugung von Papier/Kartonage dar(Altpapierrücklaufquote in 2006: 75 %).
Zahlen aus dem Jahr 2006:
Jahresproduktion [Mio t]
Quote Sekundärfasern
Papier insgesamt 22,6 67 %
Verpackungspapiere 9,2 99 %
Quelle: Leistungsbericht d. VDP (Verband Deutscher Papierfabriken) 2007
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 5
Meinung der Hersteller:
Papier und Karton aus Altpapier sind für den Kontakt mitLebensmitteln geeignet!
1) Vorbehandlungsprozesse zur Entfernung von Kontaminanten von den Fasern:- Mechanische Reinigung- Waschen- De-inking (Flotationsverfahren)Forschungsprojekt: Entfrachtung org. Stoffe findet statt – aber in Verb. mit hohem Faserverlust
- Thermische Behandlung
2) Verdünnung der Fasern auf der Papiermaschine: 0,1 %(1 l Wasser enthält 1 g Fasern)
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Erfahrungen der Überwachung: Diisopropylnaphthalin (DIPN)
1995: Bekanntwerden von DIPN-Befunden in Lebensmitteln, verpackt in Papier/Karton aus Altpapier (einige mg/kg)
Verwendung: in kohlefreien Selbstdurchschreibepapieren (SD-Papier) als Lösungsmittel
Ursache: Reste von SD-Papier im AltpapierrohstoffDerzeitige Gehalte im Papier: < 40-50 mg/kgToxikologie: Die festgestellten Übergänge sind gesundheitlich
unbedenklich.
Empfehlung XXXVI für Papier/Karton/Pappe des BfR:� Minimierung nach dem Stand der Technik� Hohe Übergänge in fettige, feinkörnige Lebensmittel� Empfehlung von Vorsichtsmaßnahmen, wie z.B.
Zwischenverpackungen für sensible Lebensmittel
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 7
Erfahrungen der Überwachung- Benzophenon -
2006: Erhebung der Food Standards Agency (FSA, UK) an 350 in Papier/Kartonage verpackten Lebensmitteln
Befund: Übergänge von Benzophenon in 17 % der LMMaximalwert: 4,5 mg/kg(SML in Kunststoffregelung: 0,6 mg/kg)
Folgerung: In Anbetracht der Exposition sind Übergänge nicht gesundheitlich bedenklich –aber Minimierung wurde angeordnet.
Verwendung: als Photoinitiator für UV-härtende Druckfarben und Lacke
Ursache: Vorkommen in bedruckten Verpackungen oder in recyclierten Papieren/Kartonagen als Kontaminante aus den Druckfarben
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 8
Erfahrungen der Überwachung- Diisobutylphthalat (DiBP) -
� Seit 2007: Befunde in recyclierten Papieren/Kartonagen im LM-Kontakt sowie im verpackten Lebensmittel
� Verwendung: als Weichmacher in Dispersionsklebern, eingesetzt z.B. in Wellpappe, Kleberücken von Zeitschriften, Büchern
� Ursache: DiBP wird durch Verwendung kleberhaltiger Papiere als Rohstoffe in den Faserkreislauf eingetragen.
� Z.T. Verwendung DiBP-haltiger Kleber zum Verkleben von Faltschachteln für den Lebensmittelkontakt
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 9
Diisobutylphthalat (DiBP)- Toxikologie und Beurteilung -
� Aufgrund unzureichender Datenlage keine Bewertung durch EFSA
� (Aber: SML von Di-n-butylphthalat (DBP): 0,3 mg/kg in spezifischer Kunststoffregelung)
� Studien an Ratten zeigen für DiBP und DBP vergleichbare entwicklungstoxische Wirkungen, daher Vorschlag zur Einstufung als entwicklungstoxischer Stoff in Gefahrstoff RL (67/548/EWG)
� Stellungnahme des BfR:- Aufgrund struktureller und toxikologischer Ähnlichkeit kann DiBP
nicht als weniger gefährlich angesehen werden als DBP.- Empfehlung eines befristet geltenden Richtwertes von 1 mg/kg LM
bzw. 0,5 mg/kg Säuglingsnahrung(Exposition des Verbrauchers mit 300g in Recyclingpapierverpacktem Lebensmittel/Tag)
� Selbstverpflichtung der Papierindustrie:Minimierung der Übergänge auf < 0,3 mg/kg LM bis zum Jahr 2010
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 10
Bestimmung hydrophober Kontaminanten in Papier/Kartonage und im verpackten Lebensmittel
- Multimethode -
1.) 2-3 g Lebensmittel (bei Übergängen > 0,3 mg/kg)
2.) 1 g Papier
Accelerated Solvent Extraction (ASE)Hexan (gereinigt über Aluminiumoxid)
Achtung: Blindwertproblematik beachten!
GC-Vial + Interner Standard (Di-n-propylphthalat)
GC/FIDQuantifizierung mit GC/MS
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GC-MS-Chromatogramme- Standards (0,1 µg/ml) (A) und Extrakt von Reis in
Kartonverpackung (B ) -
Benz.
DIPN
DiBPA
BDiBP:
1,2 mg/kg
12.0013.0014.0015.0016.0017.0018.0019.0020.0021.0022.0023.0024.00
2000
4000
6000
8000
10000
12000
14000
16000
18000
20000
22000
Time-->
Abundance
TIC: 070924011.D\DATASIM.MS
13.945 17.297
19.277
20.490
22.25324.091
12.0013.0014.0015.0016.0017.0018.0019.0020.0021.0022.0023.0024.000
2000
4000
6000
8000
10000
12000
14000
16000
18000
20000
22000
Time-->
Abundance
TIC: 070925006.D\DATASIM.MS
14.644
16.537
17.286
17.721
17.937
19.273
20.487
22.250
IS
DBP
DIPNOPP
DBP:
0,3 mg/kg
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Übergänge von DiBP und DBP aus Verpackungen auf Lebensmittel (mg/kg)
- Überblick über Ergebnisse von 58 Proben -
< 0,3 mg/kg
< 0,3 mg/kg m. eff.Zwischenbeutel
> 0,3 mg/kg
> 1 mg/kg
29 % 28 %
22 % 21 %
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 13
Übergänge von DiBP und DBP aus Papier/Kartonverpackungen auf Lebensmittel
- Einzelergebnisse [mg/kg] -74
,7
27,9
19,7
30,0
24,8
31,0
17,5
7,0
2,0
13,5
3,9
11,6
0
1
2
3
Cou
scou
sBa
smat
ireis
Milc
hrei
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smat
ireis
Basm
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Jasm
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Lang
korn
reis
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s
Ris
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Hafe
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Hafe
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cken
Hafe
rflo
cken
Hafe
rflo
cken
Hafe
rflo
cken
Inst
ant F
lock
en
Lebensmittel
Papier
1 mg/kg
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 14
Übergänge von DiBP und DBP aus Papier/Kartonverpackungen auf Lebensmittel
- Einzelergebnisse [mg/kg] -19
,0
18,5
34,2
77,0
9,9
10,7
34,0
12,0
5,8
28,5
25,5
65,2
18,9
23,8
27,8
10,6
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
14,0
Wei
zenm
ehl
Meh
lmix
Meh
lmix
hel
l
Bac
kmis
chun
g
Vollk
ornm
ehl
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toffe
lmeh
l
Mai
sstä
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toffe
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reus
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reus
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reus
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Knä
ckeb
rot
Knä
ckeb
rot
Knä
ckeb
rot
Knä
ckeb
rot
Knä
ckeb
rot
Lebensmittel
Papier
1 mg/kg
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DiBP und DBP in Lebensmitteln und Papier [mg/kg] - Einfluss der Zwischenverpackung -
77,0
65,2
40,5
31,5
31,0
32,0
15,4
199,
90,0
2,0
4,0
6,0
Bac
kmis
chun
gK
näck
ebro
tB
abyb
rei
Bab
ybre
i
Perlg
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en
Soße
nbin
der
Knä
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rot
Knä
ckeb
rot
Knä
ckeb
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abyb
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Bab
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abyb
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Bab
ybre
iB
abyb
rei
Bab
ybre
i
Lebensmittel
Papier
Papier PP PES PE/Al/PES (od. PA)
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 16
Erkenntnisse aus den Untersuchungen
�Gehalte von > 0,3 mg Phthalate/kg LM in ca. 50% der untersuchten Proben
�Befunde von DiBP sowie DBP -Beurteilungsrelevant ist die Summe beider Phthalate.
�Von Einfluss auf die Migration ist:- die Lagerdauer- die Art des Lebensmittels (feinkörnig)- die Zwischenverpackung(Papier hat keine Barrierewirkung.)
�Minimierung der Phthalatübergänge ist geboten- Reduzierung des Eintrags über Altpapier- Verwendung von Zwischenverpackungen
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Rolle der Verordnung (EG) Nr. 2023/2006(GMP-Verordnung)
� ist als DurchführungsVO zu Art. 3 der VO (EG) Nr. 1935/2004 konzipiert
� soll den Verbraucherschutz im Hinblick auf „ungeregelte“ Stoffe und Materialien stärken (Bsp. ITX)
� stellt eine horizontale Maßnahme dar für alle LM-Kontaktmaterialien incl. Materialkombinationen und Recyclate (Art. 1)
�gilt für alle Stufen der Herstellung, Verarbeitung und des Vertriebs (Art. 2)
� soll ab dem 1. August 2008 gelten.
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 18
Stärkung der Eigenverantwortlichkeit des Unternehmers:
� Pflicht zur Gewährleistung und Dokumentation der Ein-haltung von Art. 3 der VO (EG) 1935/2004 durch:
� Betrachtung der migrierfähigen Substanzen, wie Ausgangsstoffe und beim Herstellungsprozess entstehende Reaktionsprodukte (z.B. Wareneingangskontrolle)
� Bestimmung der Migration
� Toxikologische Einschätzung der Substanz
� Firmeninterne Definition und Einhaltung einer Migrations-spezifikation (zur Unterscheidung zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Werten)
� Durchführung von Korrekturmaßnahmen bei Feststellung von nicht akzeptablen Übergängen
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 19
Empfehlungen des BfR
Definieren, unter welchen Bedingungen die Bestimmungen des Art. 3 der VO EG (Nr.) 1935/2004 eingehalten wird (incl. GMP).
� Recyclierte Fasern sind unzulässig für die Verwendung in:- Koch- und Heißfilterpapieren und Filterschichten
(Empfehlung XXXVI/1)- Saugeinlagen auf Basis von Cellulosefasern für die
Verpackung von Lebensmitteln (Empfehlung XXXVI/3)� Recyclierte Fasern aus spezifizierten Rohmaterialien
(Altpapiersorten) sind zulässig in:
- Papieren, Kartons und Pappen für den Kontakt mittrockenen, feuchten und fettigen Lebensmitteln (Empfehlung XXXVI)
- Papiere, Kartons und Pappen für Backzwecke(Empfehlung XXXVI/2)
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 20
Resolution AP (2002) 1 on Paper and Board des Europarates
Leitlinien für Papier und Kartonage, hergestellt aus Altpapierund bestimmt für den Kontakt mit Lebensmitteln
Aspekte mit Einfluss auf die Sicherheit des Endproduktes:
• Die Art des verwendeten Rohstoffes(Altpapiergruppen: bedruckt – unbedruckt)
• Reinigungsprozesse zur Entfernung von Kontaminanten von den Fasern(Waschen, De-inking etc)
• Der beabsichtigte Verwendungszweck des Endproduktes(Klassifizierung des Lebensmittels: z.B. geschält, ungeschält)
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 21
Schlussfolgerung der Europarats-Leitlinie:Je höher das Risiko, um so größer ist die Notwendigkeit zur Untersuchung
Kontakt mit sensiblen Lebensmitteln
Verwendungszweck des Endproduktes
Reinigungsprozesse ineffektiv
Reinigungsprozesse zurEntfernung von Kontaminanten
Bedrucktes Material, Kontamination möglich
Art des verwendeten Rohstoffes
Erhöhtes RisikoAspekte
Restiktion bekannter Kontaminanten
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 22
Sind Papier und Kartonage aus Altpapier fürden Kontakt mit Lebensmitteln geeignet?
�Die Altpapiersorten stammen nicht aus dem Lebensmittelkontaktbereich. Eingetragene Stoffe sind u.U. unbekannt.
�Hersteller können sich nicht auf den Reinigungs-effekt des Wassers bei der Papierherstellungverlassen (hydrophobe Stoffe).
�Eine effiziente Vorreinigung existiert derzeit nicht.�Eine Garantie für die Eignung aufgrund des
Prozesses der Papierherstellung ist nicht gegeben.- Feststellung der Eignung durch Untersuchung- Eignung z.B. bei Verwendung einer effektivenZwischenverpackung
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 23
Ausblick
�Gemäß GMP-Verordnung sollen Hersteller migrierfähige Stoffe identifizieren, tolerierbare Migrationsgrenzen definieren, diese kontrollieren und einhalten.
�BfR kündigt Änderung von Empfehlung XXXVI an.- Ggf. Aufgreifen der Sicherheitsaspekte aus der Europaratsresolution AP (2002)1
- Restriktionen für Kontaminanten
CVUAÜbergang von Stoffen aus RecyclingpapierenDr. Beate Brauer3./4.03.2008 / 24
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!