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FORENSIK SPEZIAL Im Dienst von Wissenschaft und Justiz Forensische Toxikologie Urkundenfälschung Heiße Zeiten für Betrüger Brandbeschleuniger Mittels Pyrolyse- GC Feuerteufeln das Handwerk legen Tabakadditive Klare Sicht im blauen Dunst

Forensische Toxikologie Im Dienst von Wissenschaft und Justiz · GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial 3. Körperfl üssigkeiten stellen eine über-aus komplexe Matrix dar. Um

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Page 1: Forensische Toxikologie Im Dienst von Wissenschaft und Justiz · GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial 3. Körperfl üssigkeiten stellen eine über-aus komplexe Matrix dar. Um

FORENSIK SPEZIAL

Im Dienst vonWissenschaftund Justiz

Forensische Toxikologie

Urkundenfälschung

Heiße Zeiten für Betrüger

Brandbeschleuniger

Mittels Pyrolyse-GC Feuerteufeln das Handwerk legen

Tabakadditive

Klare Sicht im blauen Dunst

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Herausgeber GERSTEL GmbH & Co. KG Eberhard-Gerstel-Platz 1 45473 Mülheim an der Ruhr

Redaktion Guido Deußing ScienceCommunicationRedaktionsbüro Uhlandstraße 16 41464 Neuss [email protected]

ISS

N 1

618-

5900

Impressum

Apropos: Sollten Sie Fragen zu einem der Beiträge haben oder Infos wünschen, freuen wir uns auf Ihre E-Mail an [email protected]. Umfangreiche Informationen über GERSTEL sowie die Geräte und Systemlösungen des Unternehmens finden Sie wie üblich unter www.gerstel.de.

Viel Vergnügen bei der Lektüre der vorliegenden GERSTEL Aktuell wünscht Ihnen die Geschäftsführung der GERSTEL GmbH & Co. KG

Liebe Leserinnen und Leser,

diese Spezialausgabe der beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der forensischen Toxikologie und Kriminaltech-nik. Wir haben einige Beiträge zusammen-gestellt, die sich insbesondere an die GC-Anwender im Labor richten, darüber hinaus jedoch auch dem aufgeschlossenen Laien einige interessante Einblicke in einen Be-reich bieten, der Wissenschaft und Justiz wie kein anderer verbindet. In dieser Ausgabe lesen Sie:

Automatisieren: Effizient Proben vorbereiten 3Drogen: Rückstände im Nu mittels DPX extrahieren 4Tabakadditive: Klare Sicht im blauen Dunst 8TDC: Cannabiskonsum schnell und sicher ausschließen 11Blutalkohol I: Mehr Zeit und Sicherheit durch Automatisierung 14Brandbeschleuniger: Feuerteufeln das Handwerk legen 17Urkundenfälschung: Heiße Zeiten für Betrüger 20Blutalkohol II: Automatisierte Headspace-GC als Mittel der Wahl 22Produkt-News 33, 27, 28

D ie forensische Toxikologie beschäftigt sich mit dem Nachweis und der Wirkung

von Giften, Betäubungs- und Arzneimitteln im menschlichen Körper im Zusammenhang mit strafrechtlichen Sachverhalten. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen der erhaltenen Analysenergebnisse muss ein hoher Anspruch an die Sicherheit der Resultate gestellt werden. Maßnahmen zur Qualitätssicherung gewinnen daher zunehmend an Bedeutung.

Der forensischen Toxikologie stehen hochempfindliche und leistungsfähige Ana-lysengeräte zur Verfügung, die es erlauben, auch geringste Mengen an Wirksubstanzen in unterschiedlichsten insbesondere biologi-schen Matrices wie Körperflüssigkeiten und -geweben sicher und sensitiv nachzuweisen. Ungeachtet dessen wird der erfolgreiche Ein-satz der Messtechnik durch Störsubstanzen, die meist der Probenmatrix entstammen, limi-tiert. Ohne Abtrennung der Störsubstanzen ist an eine zweifelsfreie Identifizierung und Quantifizierung der Analyten in der Regel nicht zu denken. Falschpositiv oder falschnegative Messergebnisse können die Folge sein.

Die Praxis belegt in mannigfaltiger Weise: Toxikologisch relevante Verbindungen lassen sich nur unter Einsatz optimierter Probenvor-bereitungstechniken in adäquater Weise, dass heißt effizient, sicher und eindeutig detek-tieren und identifizieren. Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Die klassische Probenvorbereitung wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der forensischen Toxikologie spielen.

Die Forderung, Geld zu sparen und gleich-zeitig die Leistung zu steigern stimulierte die Entwicklung der Labor- und Analysentechnik. Deutlich zu erkennen ist der Hang zur Vereinfa-chung, Beschleunigung und Automatisierung. Forensische Toxikologen können heute auf eine große Bandbreite an ausgefeilten Ana-lysentechniken zurückgreifen, die ihnen die Arbeit erleichtern und gleichzeitig einwand-frei Resultate garantieren. Reproduzierbare Herstellungsverfahren und stringente Quali-tätskontrolle der Sorbentien für die Festpha-senextraktion – eine der wichtigsten Extrakti-onstechniken im forensisch-toxikologischen Labor - Verbesserungen und Erweiterungen im Bereich der Polymerphasen und ausgereifte Möglichkeit zur Automatisierung der Extrakti-onsschritte tun ihr Übriges dazu.

Insbesondere die Automatisierung beste-hender Analysemethoden und -verfahren erleichtert und verbessert die Arbeit im Labor – nicht nur in der Routineanalytik, sondern vor allem auch bei kniffligen Fragestellungen, die in der forensisch-toxikologischen Praxis alles andere als selten auftauchen. Automation erhöht nicht allein die Produktivität. Sie schafft Sicherheit: durch den Einsatz geringerer Men-gen an teils toxischen Lösemitteln und durch dauerhaft reproduzierbare Ergebnisse, auch bei wechselndem Laborpersonal, das über-dies Erleichterung im Umgang mit infektiösen Probenmaterial erfährt. Alles in allem bieten die vielen neuen Entwicklungen eine große Zahl von Möglichkeiten und damit ein breites Betätigungsfeld für forensische Toxikologinnen und Toxikologen.

Dr. Thomas Stimpfl ist Assistenzpro-fessor am Department für Gerichtliche Medizin an der MedUni Wien und Leiter der Abteilung für forensische und toxi-kologische Chemie. Er setzt sich für den intensiven Einsatz von Extraktionstechni-ken in der forensischen Toxikologie ein. Mit diesem Thema beschäftigte sich Dr. Stimpfl bereits in seiner Disser-tation „Verfahren zum Nachweis von Stoffen unbekann-ter Identität im Rah-men der forensisch-toxikologischen Analytik“. Internationale Erfahrung sammelte der Wissenschaftler als stellvertretender Leiter des Arbeits-bereiches Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin der Universität Ham-burg-Eppendorf und im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an den Universitäten Wien, Hamburg und Leipzig. Dr. Stimpfl gilt als Experte für systematische toxikologische Analyse. Es ist Träger wissenschaftlicher Auszeichnungen und sitzt neben dem Committee on Systematic Toxicological Analysis (The International Association of Forensic Toxicologists) auch dem Arbeitskreis für Extraktion der Gesell-schaft für Toxikologische und Forensi-sche Chemie (GTFCh) vor.

Standpunkt

Bedeutung der Probenvorbereitung für die forensische Toxikologie

Von Dr. Thomas Stimpfl

Wissenschaftlicher Beirat Dr. Eike Kleine-Benne [email protected] Dr. Oliver Lerch [email protected]. Malte [email protected]

Leserservice Andrea Hamm [email protected]

Gestaltung Paura Design, Hagen www.paura.de

2 GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial

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D ie adäquate messtechnische Aus-stattung vorausgesetzt, hängt der

Mess erfolg im Wesentlichen von einer intelligenten computergestützten Steue-rung ab, wie sie sich mit der GERSTEL- MAESTRO-Software realisieren lässt. Das Zusammenspiel aller Hardwarekom-ponenten wie Autosampler, Injektor, GC beziehungsweise LC und MS gestaltet sich mit ihrer Hilfe effi zient, sicher und einfach – und zwar ohne Makros zu pro-grammieren. Schritte wie die Zugabe eines internen Standards oder eines Deri-vatisierungsreagens sowie die Anreiche-rung von Probeninhaltsstoffen mittels DHS oder SPME lassen sich per Maus-klick aus einer übersichtlichen Liste aus-wählen und zu einer Sequenz zusammen-stellen.

Probenvorbereitung und Analyse lau-fen zeitlich verschachtelt und parallel; die Proben werden auf den Punkt genau prä-pariert und laufen nicht Gefahr, sich im Zuge langer Standzeiten zu zersetzen. Die Analyse ist auf die Minute genau plan- und überschaubar und in kür-zest möglicher Zeit durchgeführt. Der Anwender sieht klar im Probenwald,

behält stets den Überblick und die Fle-xibilität, auf die Erfordernisse im Labor adäquat zu reagieren.

Die GERSTEL-Experten haben die Soft ware derart entworfen, dass sich eilige Proben in eine laufende Probensequenz im gängigen Analysenbetrieb einfügen lassen. MAESTRO stellt die Produk-tivität des Anwenders sicher: Die Soft-ware verfügt über eine Wächterfunk-tion, die im Bedarfsfall per E-Mail über den Istzustand der Analyse und des Sys-tems informiert. Auf Wunsch lassen sich zusätzlich Geräte wie Barcode-Reader, Ultraschallbad, Zentrifuge oder Waage einbinden und automatisch ansteuern. Treten Fragen auf, kann der Anwender den GERSTEL-Service kontaktieren und „zu sich einladen“: Mittels Remote-Support-Software lässt sich ein Tech-niker via Internet in das laufende Pro-gramm zuschalten, um dem Anwender mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und anzuleiten, ohne selbst aktiv eingreifen zu können.

Die GERSTEL- MAESTRO-Steuer-software arbeitet in der „Stand- alone“- Variante mit allen GERSTEL-Geräten und Systemen sowie vollständig integ-riert in der ChemStation und angebun-den an die MassHunter-Software von Agilent Technologies. Die Experten von GERSTEL arbeiten derzeit an der Ein-bindung der MAESTRO-Steuersoft-ware in Software-Plattformen weiterer Anbieter von GC- und LC-Systemen.

Effi zient Proben vorbereiten

Gas- und Flüssigchromatographie zählen zu den wichtigsten Analyse -methoden bei der qualitativen und quantitativen Bestimmung von Probeninhaltsstoffen. Die Effi zienz der Trenntechniken lässt sich in der Regel durch eine geeignete Probenvorbereitung steigern. Zu Höchstleis tung in Präzision, Wiederholbarkeit und Probendurchsatz gelangt der Anwender indes nur, wenn es ihm gelingt, möglichst viele Probenvorbereitungsschritte zu automatisieren.

Schwer verdampfbare Substanzen, Schweb- stoffe, grobe Matrixbestandteile beein-trächtigen die GC-Analyse und stören den Routinebetrieb. GERSTEL bietet mit dem MultiPurpose-Autosampler MPS in Verbin-dung mit der ALEX-Option (Automated-LinerEXchange) eine erhebliche Arbeitser-leichterung.

Um Serien stark matrixbelasteter Pro-ben analysieren zu können, bedarf es in der Regel einer aufwändigen Aufreinigung, andernfalls muss der Glasliner des Injektors bereits nach wenigen Messungen ausge-tauscht werden – bislang von Hand, wobei die Analysensequenz abgebrochen werden musste.

Dank einer GERSTEL-Technik gehört das Thema Handarbeit der Vergangenheit an. So lässt sich nämlich der MPS um die Auto-matedLinerEXchange-Option (ALEX) erwei-tern, mit der sich bis zu 98 Liner des GERS-TEL-KaltAufgabeSystems (KAS), dem welt-weit erfolgreichsten PTV-Injektor, voll auto-matisiert wechseln und Routineanalysen schnell, sicher und ohne Unterbrechungen durchführen lassen.

Dank ALEX lassen sich „schmutzige“ Proben ohne die bisher übliche aufwän-dige Aufreinigung direkt in das KaltAufga-beSystem KAS injizieren, was die Analyse von Sequenzen ohne lästige und unnötige Unterbrechungen effi zienter gestaltet und den Probendurchsatz erheblich steigert. Mit der MAESTRO-Software bestimmt der Anwender, nach welcher Anzahl von Pro-ben der Liner gewechselt werden soll. Dar-über hinaus sind auch LargeVolume-Injek-tionen stark matrixhaltiger Proben möglich: Damit lässt sich die Nachweisgrenze her-absenken beziehungsweise die Sensitivität der Messung steigern – ohne das System zu belasten.

GERSTEL-AutomatedLinerEXchange (ALEX) für „schmutzige“ Proben

ManuellerLiner-Wechsel gehört der Vergangenheit an

Automatisierung

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K örperfl üssigkeiten stellen eine über-aus komplexe Matrix dar. Um Dro-

gen- und Medikamentenrückstände in Blut und Urin sicher und quantita-tiv zu bestimmen, bedarf es eines geeig-neten chromatographischen Verfahrens sowie einer adäquaten Probenvorberei-tung. Mitunter sind mehrere Extrakti-onstechniken vonnöten, soll die Ana-lyse erfolgreich durchgeführt werden. Zu den gängigsten Extraktionstechniken in forensisch-toxikologischen Laboratorien gehört die Festphasenextraktion (SPE).

Die traditionelle Vorgehensweise der SPE sieht den Einsatz größerer Men-gen teils toxischer Lösemittel vor, die verdampft werden müssen, nicht selten nach mehreren zeitaufwändigen manu-ellen Arbeitsschritten, um die Analyten

anzureichern und die geforderten Detek-tionsgrenzen zu erreichen. Schließt die chemische Natur der Analyten ihre Tren-nung mittels der Gaschromatographie aus, bleibt als Hintertür nur die Deri-vatisierung. Das Klagen der Anwender lässt sich nachempfi nden, weil die arbeits- und zeitintensive Probenvorbereitung als „Flaschenhals“ der Analyse den Proben-durchsatz und auch den Bewegungsspiel-raum des Laborpersonals limitiert.

Dass es effi zienter und schneller geht, also ohne aufwändige manuelle Arbeits-schritte, gleichzeitig sicher und zuverläs-sig, mit nur einem Bruchteil der bisher üblichen Lösemittel- und Probenmenge, zeigt die neuartige Disposable Pipette Extraction (DPX) von DPX Labs. Inha-ber der Firma und Erfi nder der DPX-

Technik ist Professor William E. Bre-wer von der University of South Caro-lina. Automatisiert wurde die DPX von GERSTEL. Das Unternehmen aus Mül-heim an der Ruhr zählt zu den weltweit führenden Experten in der Automatisie-rung der Probenvorbereitung und Pro-benaufgabe in der Gas- und Flüssigchro-matographie. GERSTEL präsentierte die automatisierte DPX auf der PittCon 2009 in Chicago, USA, erstmals einem größeren Fachpublikum. Erste Berüh-rungspunkte mit Anwendern gab es allerdings schon im Oktober 2008 auf der Konferenz der Society of Forensic Toxicologists (SOFT) in Phoenix, Ari-zona (USA). „Die Reaktionen der Exper-ten lassen den Schluss zu, dass wir mit der DPX eine viel versprechende Alternative

Analyse von Körperfl üssigkeiten

Drogenrückstände im Nu extrahieren

Die forensisch-toxikologische Untersuchung von Körperfl üssigkeiten setzt in der Regel eine aufwändige Probenvorbereitung voraus. GERSTEL präsentiert mit der Automati-sierung der Disposable Pipette Extraction (DPX) eine neuartige Extraktionstechnik, die auf dem Einsatz mit losem Sorbensmaterial gefüllter Einwegpipettenspitzen basiert und den Arbeitsablauf effi zienter gestaltet, vereinfacht und verkürzt.

Sofern erforderlich, lässt sich das Sorbens in der Pipette mit einem Lösemittel vor der Extraktion konditionieren. Sämtliche Schritte der DPX verlaufen auf dem MPS-Autosampler automatisiert:

1 Die Probe wird aus der Vorlage in die Pipettenspitze gezogen, ohne mit der Nadel der Mikroliterspritze in Berührung zu kommen.

2 Durch Ansaugen von Luft werden Probe und Sorbens optimal gemischt, mit dem Resultat einer effi zienten Extraktion mit hoher Ausbeute.

3 Bereits nach 30 Sekunden ist die Extraktion erfolgreich beendet; die Probenfl üssigkeit wird aus der Spitze entleert.

Bei Bedarf lässt sich ein Waschschritt einfügen.

4 Anschließend werden die extrahierten Analyten mittels eines geeigneten Lösemittels eluiert und der Extrakt wird in ein vorbereitetes Vial pipettiert.

Die Extraktion einer Probe dauert maximal sechs Minuten. Probenvorbereitung und Analyse verlaufen zeitlich verschachtelt.

Der DPX-Prozess 0.

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In Gegensatz zur konventionellen SPE arbeitet die DPX nicht mit Adsorbentien in Kartuschen-form, sondern mit einer Einwegpipettenspitze. In der DPX-Pipettenspitze befi ndet sich das Sorbensmaterial, nicht gepackt, sondern lose eingelegt und frei beweglich, weshalb die DPX auch zu den SPE-Techniken zählt.

Ein Gitternetz am unteren Ende sowie ein Stopfen aus Kunststoff am oberen Ende der Spitze dienen als Barriere und sorgen dafür, dass das Sorbensmaterial nicht ver-loren geht. Die obere Barriere ist durchläs-sig für die Nadel der Flüssiginjektionsspritze und erfüllt zudem den Zweck eines Transportad-apters, der es dem MultiPurposeSampler MPS, auf dem die DPX voll automatisiert abläuft, ermöglicht, die Spitze in alle drei Raumrichtungen zu bewegen. „Eine einzigartige und paten-tierte Extraktionstechnik, die dem Anwender wegen ihres hohen Automatisie-

rungsgrades einen bislang ungekannten Komfort bietet“, freut sich Ralf Bremer, der bei GERSTEL als Geschäftsführer für die technischen Belange verantwortlich zeichnet. GERSTEL besitzt weltweit die exklusiven Rechte für den Vertrieb der automati-sierten DPX-Technik.

Die Handhabung der DPX ist so simpel wie genial: Der MPS entnimmt automatisch eine DPX-Spritze aus dem DPX-Tray. Die Zugabe von Lösemitteln erfolgt über eine Flüssig-mikroliterspritze. Abhängig von der jeweiligen Anwendung kann das Sorbens mit einem geeigneten Lösemittel konditi-oniert werden: durch Aufziehen aus einer Vorlage (Vial) oder durch Einspritzen. Die Probe wird in defi nierter Menge aufge-zogen, wobei sie folgerichtig mit der Pipettenspitze in Berüh-rung kommt, nicht aber mit der Nadel der Mikroliterspritze. „Es gibt keine Cross-Kontaminationen und Verschleppungen“, sagt Ralf Bremer und merkt an, dass Strömungsführung und Durch-

fl ussrate bei dispersiven SPE-Techniken, zu der die DPX nun einmal gehöre, kei-nen Einfl uss auf deren Extraktionsleistung hätten.

Aus dem Probenvial entfernt, zieht die Spritze Luft durch die aufgenommene Probe: „Die Aliquote werden sprudelnd durchmischt, was die Anreicherung der Analyten auf dem Sorbensmaterial beschleunigt“, sagt Ralf Bremer. Die Extrak-tion verlaufe unter optimalen Gesichtspunkten und mit sehr viel weniger Sor-bensmaterial, als andere SPE-Techniken benötigten. Die Probenfl üssigkeit wird aus der Pipettenspitze in einen Abfallbehälter geleert, dann folgen der Wasch-schritt optional sowie die Elution der Analyten mit einem geeigneten Lösemit-tel in ein vorbereitetes Vial. Die Pipettenspitze wird verworfen, und der MPS ist bereit für die nächste Probe.

Im Falle einer manuellen Vorgehensweise wäre der resultierende Extrakt in der Regel nun unter Schutzgas einzudampfen und der Rückstand mit einem taugli-chen Lösemittel aufzunehmen. Auf diesen zeitraubenden Schritt kann der Anwen-der verzichten, wenn er die voll automatisierte DPX nutzt: „Die Probe wird ein-fach als LargeVolume-Injektion (LVI) in das GC/MS aufgegeben, das Lösemittel verdampft und die Analyten werden unmittelbar im GC-Eingangsliner angerei-chert, was allerdings den Einsatz eines geeigneten temperaturprogrammierbaren Split/splitless-Injektors voraussetzt, etwa den des GERSTEL-KaltAufgabe Systems (KAS)“, merkt Ralf Bremer an.

Die DPX-Technik im Detail

Ralf Bremer zeich-net bei GERSTEL als Geschäftsfüh-rer für die tech-nischen Belange verantwortlich.

zu den bislang gängigen Extraktionstech-niken in den US-amerikanischen Markt eingeführt haben“, resümiert Dr. Robert Collins, Direktor der GERSTEL Inc. in Baltimore, Maryland (USA).

Mit dem Ziel, die Effi zienz der GC/MS-Analyse von Drogen und deren Metaboliten in Blut und Urin zu stei-gern, griff en die Applikationschemiker von GERSTEL auf die DPX-Techno-logie zurück. Die Applikation machte es erforderlich, jede einzelne Probe zeit-nah zur Analyse zu präparieren: Die Pro-benaufgabe habe just in dem Moment zu erfolgen, wenn das GC/MS-System nach Abschluss eines GC-Laufs wieder bereit für die Aufgabe der Probe ist, beschreibt Dr. Collins.

Probenvorbereitung und Probenauf-gabe zeitlich derart zu verschachteln, sei immer dann sinnvoll, wenn es darum gehe, Zeit und Gerätelaufzeiten zu opti-mieren oder wenn es sich um labile Pro-ben handle und die Gefahr von Subs-tanzverlust durch Umwelteinfl üsse oder Abbaureaktionen bestehe, „was insbe-sondere nach der Derivatisierung nicht per se auszuschließen ist“, betont der Geschäftsführer. Dank MAESTRO-Steuersoftware mit PrepAhead-Funktion ließ sich das Vorhaben der Verschachte-lung von Probenvorbereitung und -auf-gabe leicht in die Tat umsetzen.

Von der Theorie zur Praxis

Um ihr MPS-DPX-KAS-GC/MS-Sys-tem in der Praxis zu testen, dotierten und analysierten die GERSTEL-Experten Blut- und Urinproben mit unterschied-lichen Drogenwirkstoff en und Medika-menten. Die Bandbreite der untersuchten Stoff e erstreckte sich von Amphetami-nen und Benzodiazepinen über Kokain und Methadon bis Tetrahydrocannabi-nol und seinen Metaboliten (Details siehe Abbildungen). Die Analyse erfolgte unter Einsatz deuterierter interner Standards: Für die Blutproben wurde D5-PCP (0,2 ppm) eingesetzt, für die Bestimmung von Benzodiazepinen kamen d5-Nordi-azepam (0,2 ppm) und d5-OH-Alprazo-lam (0,2 ppm) zum Einsatz und für die Opiate verwendete man die deuterierte analoge Verbindung (jeweils 0,1 ppm).

Erforderliche manuelle Probenvorbereitungsschritte

Aufbereitung der Blutproben: 0,25 mL einer Vollblutprobe wurden zum Ausfäl-len der Proteine mit 0,5 mL Acetonit-ril versetzt und gemixt. Die Probe wurde zentrifugiert und der Überstand in sau-bere und etikettierte Röhrchen überführt, von denen jedes 0,1 mL einer 0,1 M Salz-säure (HCl) enthielt.Te

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Aufbereitung der Urinproben für die Bestimmung von Benzodiazepinen: Um Drogen- und Medikamentenrückstände in Urin nachweisen zu können, bedarf es teils einer Hydrolyse der jeweiligen Konjugate. „Dieser Schritt ist nicht für alle Zielsubstanzen zwingend gewesen“, sagt Dr. Oliver Lerch, Applikationsex-perte bei GERSTEL. Eingeleitet wurde die Hydrolyse-Reaktion durch Zugabe von 10 μL der wässrigen Lösung des Enzyms β-Glucuronidase und 50 μL 0,1 M Natriumphosphatpuff er pH 4 in je 0,2 mL Urinproben. Sie wurden dann für die Dauer von zwei Stunden auf 55 °C gehalten, auf Raumtemperatur abge-kühlt und zur Ausfällung des Enzyms mit

0,25 mL Acetonitril versetzt. Die Lösung wurde zentrifugiert und der Überstand in saubere und etikettierte Probenröhrchen überführt. Nachdem jede Probe mit 200 μL einer 0,1 M Salzsäure versetzt wor-den war, wurden die Vials in das Proben-tray des MPS 2 gestellt.

Automatisierte Disposable-PipetteExtraction (DPX)

Die DPX, automatisiert auf dem Multi-PurposeSampler (MPS), schloss sich an. Verwendet wurden so genannte 1-mL-DPX-CX-Spitzen von DPX Labs. Die Spitzen-Bezeichnung erlaubt Rück-schlüsse auf das vorliegende Sorbensma-

terial bzw. dessen Eigenschaften. DPX-CX-Spitzen enthalten als Sorbens einen Kationenaustauscher, der obendrein gewisse unpolare Eigenschaften besitzt. Das Prozedere verlief vollständig auto-matisiert: 250 μL einer 30%igen Ace-tonitril-Wasser-Lösung wurden auf das DPX-Sorbens gegeben. Die DPX-Spitze tauchte in die Probenlösung, eine defi nierte Menge Probefl üssigkeit wurde aufgezogen. Mittels eingezoge-ner Luft wurde die Probe mit dem Sor-bens gut durchmischt. Nach einer War-tezeit von 30 Sekunden, in der sich die Analyten auf dem Sorbens angereichert und ein stabiles Gleichgewicht erreicht hatten, wurde die Probenlösung ent-

DrogenTotalionen-Chromatogramm (TIC)und die Ionenspuren (EIC) eines DPX-Extrakts von 250 μL Vollblut,versetzt mit 0,5 ppm einer Mischung gängiger Drogenwirk-stoffe: 1) Meperidin, 2) Interner Standard d5-PCP (Ion 205), 3) PCP, 4) Methadon, 5) Metha-qualon, 6) Amitriptylin, 7) Kokain, 8) cis-Doxepin 9) Imipramin, 10) trans-Doxepin ,11) Desipramin, 12) Pentazocin, 13) Codein.

EIC

TIC Drogenwirkstoff Average RSD %Amphetamin 13.9Methamphetamin 14.4Meperidin 5.8PCP 2.2Methadon 3.3Methaqualon 3.6Amitriptylin 3.1Kokain 3.8cis-Doxepin 2.8Imipramin 3.3trans-Doxepin 3.2Pentazocin 5.3Codein 4.2Desipramin 6.4

PrepBuilder-Funktion der MAESTRO-Steuersoftware zur Einstellung der DPX.

KAS: 1 min Lösemittelausblendung (150 mL/min); splitlos, Temperaturprogramm: 80 °C (1 min) – 12 °C/min – 300 °C (3 min)

Säule: 30 m HP5 (Agilent Technologies); di = 0,25 mm; df = 0,25 μm

Pneumatik: He, konstanter Fluss, 1,5 mL/min

GC-Ofen: 100 °C (0,5 min) – 20 °C/min – 300 °C (12,5 min)

MSD: Full-Scan- oder SIM-Modus

Analysenbedingungen

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BenzodiazepineTIC von 0,2 ppm Benzodiazepinen in 0,2 mL Urin nach enzymatischer Hydrolyse, DPX und Derivatisierung: 1) Diazepam, 2) Nordiazepam-d5-TBDMS, 3) Nordiazepam-TBDMS, 4) Flunitrazepam, 5) 7-aminofl unitra-zepam 6) Oxazepam-2 TBDMS, 7) Tema-zepam-TBDMS, 8) Nitraze-pam, 9) Lorazepam-2 TBDMS, 10) Clona-zepam-TBDMS, 11) Alprazolam, 12) α-OH-Alprazolam-D5-TBDMS, 13) α-OH-Alprazolam-TBDMS

Cannabis TIC von 10 ng/mL THC und seiner Metaboliten, extrahiert aus dem Überstand von 0,5 mL Vollblut nach Fällung der enthaltenen Proteine und Zentrifugieren: 1) THC-TMS, 2) OH-THC-TMS, 3) COOH-THC-2TMS.

fernt und das Sorbens erst mit 0,5 mL der 30%igen Acetonitril-Wasser-Lösung, dann mit 0,5 mL reinem Acetonitril gewaschen. Beide Waschlösungen wur-den jeweils in den Abfallbehälter ent-leert. Die Elution der Analyten erfolgte unter Einsatz von 0,7 mL einer Lösung aus 2 % NH4OH, 78 % CH2Cl2 und 20 % Isopropanol direkt in vorher gekenn-zeichnete GC-Vials. „Die Gesamtzeit für Extraktion und Flüssigkeitshand-ling betrug je Probe nur sechs Minuten“, berichtet Dr. Lerch.

Instrumentierung

Die Analysen erfolgten auf einem GC/MS-System 6890N/5975 (inert XL) von Agilent Technologies. Der GC war mit einem KAS ausgestattet. Zur automati-sierten Probenvorbereitung und Proben-aufgabe kam eine MPS-PrepStation mit DPX-Option und MAESTRO-Soft-waresteuerung zum Einsatz. Steuern ließ sich das Komplettsystem komfor-tabel mittels einer integrierten Methode und einer integrierten Sequenztabelle aus der ChemStation von Agilent Techno-logies, die MAESTRO-Steuersoftware von GERSTEL war darin eingebunden.

Derivatisierung

Manche Analyten erfordern eine Deriva-tisierung vor der GC-Analyse. „Das Kalt-AufgabeSystem (KAS) bietet eine inerte und temperierbare Umgebung“, schil-dert Prof. Brewer, „die sich eignet, über-schüssiges Lösemittel zu verdampfen und gleichfalls die Derivatisierung der Ana-lyten vorzunehmen.“ Zur Derivatisierung

der Benzodiazepine wurden 20 μL 50 % N-(t-butyldimethylsilyl)-N-methyl- trifl uoracetamid (MTBSTFA) in Ace-tonitril in die Injektionsspritze gesaugt, gefolgt von 20 μL Luft und von 50 μL des Eluats aus der automatisierten DPX-Probenvorbereitung. „Die resultierende Sandwich-Injektion erfolgte zeitver-zögert in einem programmierten Stop-fl ow-Verfahren, um sicherzustellen, dass alles Lösemittel vor der Injektion des Derivatisierungsreagens sicher und voll-ständig durch den Splitausgang entfernt wurde“, erklärt der Applikationsexperte. Die Temperatur wurde rasch auf 300 °C hochgefahren, wobei die Analyten deri-vatisiert und im Splitless-Modus auf die GC-Säule überführt wurden.

„Die automatisierte Derivatisierung im GC-Eingang erwies sich als praktisch und komfortabel“, berichtet Prof. Brewer. Sie war erfolgreich für verschiedene Ben-zodiazepine in Blut. Andere Analyten ließen sich mit dieser Methode jedoch nicht so einfach derivatisieren, sie wurden deshalb im Probenvial derivatisiert. Das Eluat aus der DPX-Extraktion wurde dazu in klassischer Weise unter Stickstoff bis zur Trockene eingedampft, mit 50 μL MTBSTFA und 50 μL Ethylacetat ver-setzt und für die Dauer von 20 Minuten auf 70 °C gehalten. Nach der Abkühlung wurde jede Lösung mittels LVI direkt in das Inlet des GCs injiziert (50 μL).

Das Fazit des Experten

„Die Messung mit der automatisierten DPX lieferte wie erwartet überdurch-schnittlich gute Ergebnisse“, fasst Robert Collins die Ergebnisse zusammen. Ob -

gleich sämtliche Analysen mit einem Probenvolumen von 0,25 mL (Vollblut) beziehungsweise 0,2 mL (Urin) durchge-führt wurden, war die resultierende Peak-intensität sehr zufriedenstellend – auch wenn die Detektion im Full-scan-Modus erfolgte. Alles in allem ließe sich nach der durchgeführten Untersuchung feststellen, dass die auf dem MultiPurpose Sampler (MPS) automatisierte DPX-Technik eine schnelle Probenvorbereitung ermögliche. Am Rande bemerkt, führe die automa-tisierte DPX einschließlich aller weite-ren Probenvorbereitungsschritte beim Arbeiten mit der GERSTEL- DualRail-MPS-PrepStation zum größtmöglichen Probendurchsatz. Diese Gerätekombi-nation habe sich insbesondere bei der Bestimmung von zahlreichen basischen Drogen wie Kokain, Methadon, PCP, TCAs und Meperidin bewährt. Die meisten Benzodiazepine ließen sich gut bestimmen, wenn die Derivatisierung mit MTBSTFA im GC-Eingang erfolgte. Unter Beobachtung standen: Diaze-pam, Nordiazepam, Oxazepam, Tema-zepam, Alprazolam und α-OH-Alpra-zolam. „In Kombination mit der GC/MS brachte die DPX hervorragende Ergeb-nisse für die Bestimmung von elf Ben-zodiazepinen in Urin“, betont Robert Collins. Hohe Wiederfi ndung und auch hohe Empfi ndlichkeit zeigten sich bei der Bestimmung von Opiaten; für die meis-ten davon lagen die Nachweisgrenzen unter 1 ng/mL in Gesamtblut.

GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial 7

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W er glaubt, Tabak – wie er für Rauch-waren verwendet wird – sei ein

reines Naturprodukt, der irrt. Wie eine Zigarette brennt, qualmt, schmeckt und wirkt, ist keine Frage der Marke, sondern der chemischen Zusätze. Während Kri-tiker der Tabakindustrie vorwerfen, das Suchtpotenzial von Zigaretten mithilfe der Chemie erhöhen zu wollen, begrün-den die Hersteller den Einsatz von Addi-tiven in Tabakprodukten mit dem Bedürf-nis der Konsumenten. Auf der Homepage von British American Tobacco Germany heißt es: „Die Verwendung von Zusatz-stoff en ist eine Frage des Verbraucherge-schmacks bzw. der Akzeptanz der Ver-braucher und liegt damit im Konsumen-tenverhalten begründet. Es gibt Zigaret-ten ohne Zusatzstoff e, die in Deutsch-land jedoch nur eine geringe Verbrau-

cherakzeptanz haben. In anderen Regi-onen dieser Welt werden dagegen Ziga-retten mit Zusatzstoff en von den Ver-brauchern nicht angenommen.“

Wie auch immer man die Sachlage beurteilt, Tatsache ist: Zigaretten dür-fen Zusätze enthalten. Gemäß der „Ver-ordnung über Tabakerzeugnisse“ sogar mehrere hundert Substanzen, darunter Zucker (Glykole), Schellack als Klebe-mittel, Ammoniumchlorid (Salmiak), aber auch Lakritz, Kakao, Tee, Kaff ee und Feuchthaltemittel wie Glycerin oder Pro-pylenglykol.

Unabhängige Wissenschaftler weisen darauf hin, dass einige der Tabakadditive das toxische Potenzial von Zigaretten erhöhten. Sie beeinfl ussten die Nikotin-aufnahme unmittelbar und könnten die Sucht verstärken. Zudem würden einige

Aromen unter Bildung giftiger Reakti-onsprodukte verbrennen. „Es ist nur kon-sequent“, sagt Prof. Fritz Pragst, „dass der Gesetzgeber eine exakte Bestimmung der Additive fordert.“ Der Toxikologe vom Institut für Rechtsmedizin der Berliner Charité entwickelte gemeinsam mit sei-ner Mitarbeiterin Dr. Careen Pietsch und Schweizer Kollegen eine Analysenme-thode, mit der sich 89 relevante Zigaret-tenadditive effi zient und sensitiv bestim-men lassen.

Probenvorbereitung der Wahl

Es liegt in der Natur der Dinge, zum Nachweis von Zigarettenadditiven die Gaschromatographie in Verbindung mit einem geeigneten Detektor einzusetzen. Bei der Probenvorbereitung jedoch lässt

In Zusammenarbeit mit Schweizer Kollegen haben Wissenschaftler des Instituts für Rechtsmedizin der Charité in Berlin erprobt, wie sich eine möglichst große Bandbreite unterschiedlicher chemischer Substanzen, die Zigaretten als Additiv zugesetzt werden, effi zient nachweisen lassen. Gelandet sind sie bei der GC/MS in Verbindung mit der HS-SPME.

Prof. Dr. Fritz Pragst,Institut für Rechts-medizin Charité,Universitätsmedizin Berlin, Abt. Toxikolo-gische Chemie,Hittorfstraße 18,14195 Berlin,[email protected]

Tabakadditive

Klare Sicht im blauen Dunst

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sich aufgrund der komplexen Tabak-matrix und der chemischen Divergenz der Additive auf Anhieb kein Königs-weg erkennen: „Herkömmliche Verfah-ren wie Dampfdestillation, Lösemittel-extraktion, Trappen auf Adsorbentien oder auch Kombinationen der genannten Techniken erwiesen sich als zu arbeits-intensiv. Zudem lässt die Empfi ndlich-keit zu wünschen übrig, wegen der sehr geringen Konzentrationen der eingesetz-ten Verbindungen“, urteilt Pragst.

Die HS-SPME hingegen hat sich in vielerlei Hinsicht in der Probenvorbe-reitung und Probenaufgabe bei der GC/MS-Analyse fl üchtiger und schwerfl üch-tiger Substanzen in einer großen Vielfalt von Matrices bewährt: Sie ist leicht zu handhaben und reduziert den Einsatz von Lösemitteln. „HS-SPME ermöglicht es auch, die Probe in einem einzigen, löse-mittelfreien Schritt aufzunehmen, zu ex trahieren, zu konzentrieren und auf-zugeben“, stellt der Professor fest.

Der Einsatz der HS-SPME zur Ana-lyse von Tabak und Zigarettenrauch ist in der Fachliteratur vielfach beschrieben worden. „In den meisten Fällen waren die Methoden jedoch nur auf einige wenige Substanzen beschränkt, etwa auf organi-sche Säuren, Alkenylbenzole, Cumarin, Piperonal und Pulegon sowie die Ace-tate von C1- bis C4-Alkohole oder auf Geschmackszusätze. Polyphenole wur-den mittels HPLC und Elektrosprayio-nisation-Massenspektrometrie nachge-wiesen“, resümiert Pragst.

Suche nach geeigneten Methoden

Da sich die Zigarettenadditive chemisch un ter scheiden – manche sind basisch, andere neutral, wieder andere sauer –, könne man nicht erwarten, alle Subs-tanzen in einem einzigen GC-Lauf zu detektieren. Das Ziel sei es folglich gewe-sen, eine Screening-Methode zu entwi-ckeln, mit der sich möglichst viele der in Zigaretten verwendeten Additive mit einer begrenzten Anzahl von Messun-gen sensitiv bestimmen lassen.

Eine Aufgabe, die eine Reihe von Experimenten erforderte. Die Toxiko-logen der Charité mussten herausfin-den, welche SPME-Faser geeignet war, um eine möglichst große Bandbreite unterschiedlich polarer Verbindungen zu extrahieren. Prof. Pragst: „Optimale Ergebnisse im Hinblick auf die Zahl der detektierten Substanzen sowie der Sig-nalintensität und der Peakform wurden mit der CW-DVB-Faser erzielt.“ Die Wahl wurde durch Vergleich der Peak-flächen von einigen der Komponen-ten nach basischer, neutraler und saurer Vorbereitung bei Messungen im SIM-

Modus bestätigt. Als Kapillar-GC-Säule habe die PTA-5 von Supelco die besten Ergebnisse erbracht. Sie ist eine speziell zu bereitete, basendeaktivierte Poly-Säule (5 % Diphenyl / 95 % Dimethylsiloxan), die für die Analyse von Aminen und anderen basischen Analyten bestimmt ist.

Die Wissenschaftler präparierten Probenlösungen unterschiedlicher pH-Werte. Die Zigaretten entstammten 55 Zigarettenpackungen, wobei es sich um 32 Zigarettenmarken handelte. Als Kompromiss zwischen Analysenzeit und Extraktionsergebnis wurde für die Routi-nemessungen eine Extraktionszeit von 15 min bei 95 °C gewählt. Die Auswirkung der Tabakmenge auf das Extraktionser-gebnis der HS-SPME wurde mit Ver-wendung von 2,6-Dichlortoluol als inter-nem Standard für die quantitative Ana-lyse untersucht.

„Es zeigte sich, dass mit steigen-der Tabakmenge die Peakfläche von 2,6-Dichlortoluol sehr stark abnahm“, schildert Professor Pragst. Auch bei ande-ren Komponenten wie 2-Ethyl-1-hexa-nol oder Indol wurden kleinere Peaks bei steigender Probenmenge festgestellt. Erklären lässt sich der Effekt mit der begrenzten Faserkapazität. Zudem wei-sen die Chromatogramme bei Anwesen-heit größerer Tabakmengen einen größe-ren Hintergrund auf, wodurch sich klei-nere Signale nur ungenügend empfi ndlich detektieren lassen. „Uns erschien eine Proben-

menge von 50 mg als optimal“, sagt Pro-fessor Pragst.

Anwendung auf reale Proben

Die an der Charité entwickelte HS- SPME- GC/MS-Methode wurde für die Unter suchung einer großen Zahl von Zigarettenmarken eingesetzt. Zum Vergleich wurden verschiedene Rohta-baksorten und zwei verschiedene Addi-tiv-freie Zigaretten hinzugenommen. Repräsentative Proben, hergestellt etwa durch Homogenisierung und Mischung einer großen Anzahl Zigaretten einer Marke und Charge, wurden nicht ver-messen. Ungeachtet dessen „zeigen die Ergebnisse der qualitativen und quanti-tativen Doppelmessungen stets das glei-che Additivprofi l. Unterschiede in der Konzentration innerhalb einer einzelnen Zigarette und zwischen den Zigaretten einer Packung liegen unter 20 Prozent“, konstatiert Professor Pragst.

Für jede Zigarettenmarke wurden doppelte HS-SPME/GC-MS-Analy-sen von der basischen, der neutralen und der sauren Suspension durchgeführt. Der Massenscan erfolgte im Bereich von m/z = 45-400; jeder Peak wurde mit den Mas-senspektren der Wiley- und der NIST-Datenbank verglichen. Darüber hin-aus erfolgte eine verbesserte Analyse der Spektren unter Verwendung von selbst-

entwickelten Datenbanken. Zur Bestä-tigung wurden die Retentionszeiten

und Massenspektren mit den ent-sprechenden Referenzsub-

stanzen ver glichen, die unter gleichen Bedin-gungen gemessen wur-den.

Gesamtionenchromato-gramm einer Zigaretten-probe, die mittels HS-SPME und GC-MS gemessen wurde, und zwar mit den SPME-Fasern 65 μm CW-DVB, 65 μm PDMS-DVB, 100 μm PDMS und 85 μm PA nach basischer Proben-vorbereitung:

(1) Propylenglykol (2) Pyridin (3) 2-Methyl-2- Cyclopentenon (4) Benzaldehyd (5) 6-Methyl-5-Hepten- 2-One (6) 2-Ethyl-1-Hexanol (7) Benzylalkohol (8) Acetophenon (9) Indol(10) Nikotin(11) Neophytadien

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Für die GC/MS-Messungen wurde ein GC 6890 N verwendet, gekoppelt an einen MSD 5973 N (beide von Agi-lent Technologies). Die Probenvorbe-reitung und Probenaufgabe erfolg-ten online mit einem GERSTEL-Multi-PurposeSampler (MPS).

Für die GC-Trennung wurde eine PTA-5-Kapillarsäule (30 m x 0,25 mm x 0,5 μm, Supelco) mit Helium als Trä-gergas (1,0 mL/min) verwendet. Für die Optimierung wurde auch eine Kapillar-säule HP-5-MS (30 m x 0,25 mm x 0,25 μm, Agilent) getestet.

Die optimierten Analysen wurden mit der CW-DVB-Faser (Supelco) durch-geführt. Alle GC/MS-Messungen erfolg-ten auf der Enhanced Chem Station G1701 DA, Version D.00.01.27 von Agi-lent (2002).

Die Injektion erfolgte splitlos bei 250 °C. Bei der optimierten Methode wurde mit folgendem Temperaturpro-gramm gearbeitet: 2 min bei 70 °C, mit 20 °C/min auf 280 °C erhitzt, dann 3 min bei 280 °C. Die Temperaturen des Quadrupols und der Ionenquelle betru-gen 150 °C beziehungsweise 230 °C. Die Analyten wurden im Scan-Modus von m/z = 45 bis 400 detektiert.

Die Peaks wurden im Scan-Modus identifi ziert mithilfe der Software Mass-LibTM (MPI Mülheim) und der MS-Spektren-Datenbanken von Wiley, 7. Auflage (175 000 Spektra, National Institute of Standards and Technology, Gaithersburg, MD, USA) und NIST05 (190 000 Spektren). Zur Quantifi zierung der Substanzen im SIM-Modus wurden drei m/z-Spuren gewählt.

Material, Zubehör und technische Details

Gesamtionenchro-matogramm einer kommerziellen Zigarette, gemessen mittels HS-SPME und GC-MS nach (a) basischer, (b) neutraler und (c) saurer Proben-vorbereitung. SPME-Faser: CW-DVB.

gen für süße und fruchtige Noten. Pfef-ferminz- und Gewürzgeschmack wird durch Isopulegol, Th ymol und Menthol verursacht. Triacetin, Propylenglykol und Tripropylenglykol sind Hilfsstoff e, die als Lösemittel für ätherische Ölkomponen-ten oder als Feuchthaltemittel für den Tabak verwendet werden. In einem Fall wurde 6-Methylkumarin gefunden, ein synthetischer Duftstoff mit einem süßen Kokosnussaroma.“

Quantifi zierung schafft Sicherheit

Menthol, 2-Ethyl-1-hexanol, Benzyl-alkohol, Benzaldehyd, Acetophenon, Indol, Pyridin und Furfurylamin kom-men natürlicherweise im Tabak vor, gehen allerdings während des Herstel-lungsprozesses teilweise verloren. Um den natürlichen Tabakgeschmack zu erhalten, werden sie als Additive zuge-setzt. Eine quantitative Analyse sei not-wendig, sagt Pragst, um zwischen dem natürlichen Inhalt und der Verwendung als Additiv unterscheiden zu können.Das Ergebnis der Quantifi zierung gibt dem Wissenschaftler recht: „Die Kon-zentrationen von Menthol, Benzylalko-hol und 2-Ethyl-1-hexanol liegen in eini-gen Zigaretten deutlich über den Werten,

die wir in Rohtabaken und Referenzziga-retten gemessen haben“, bilanziert Fritz Pragst. Beispielsweise war die Menthol-konzentration in Nicht-Menthol-Ziga-retten bis zu 100-fach höher als in Roh-tabaken und rund 40-fach höher als in der Referenzzigarette. Analoge Ergeb-nisse wurden für den Gehalt an 2-Ethyl-1-hexanol erzielt, dessen Konzentration um bis zu 170-fach höher war als in der Referenzzigarette.

HS-SPME-GC/MS überzeugte

Professor Pragst: „Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass die HS-SPME in Kombination mit GC/MS und Massenspektren-Datenbanken beim Routinescreening von Zigaretten auf eine große Anzahl von basischen, sauren und neutralen Additiven sowie natürlichen Tabakbestandteilen mit Erfolg ange-wandt werden kann.“ Die HS-SPME sei in diesem Fall besonders geeignet, weil die Mehrzahl der Additive halbflüch-tige Komponenten sind. Darüber hinaus ermögliche diese Methode eine quanti-tative Bestimmung, um die Übereinstim-mung mit festgelegten Maximalkonzent-rationen von Additiven und ein künstli-ches Ansteigen der natürlichen Bestand-teile zu kontrollieren.

Insgesamt wurden 89 wichtige chemi-sche Komponenten identifi ziert, darun-ter natürliche Tabakbestandteile wie Nikotin und andere Tabakalkaloide sowie Geschmacksstoff e, Feuchthalte- und Löse mittel, die bei der Zigaretten-herstellung hinzugefügt wurden. Durch Vergleich der Chromatogramme kom-merzieller Zigaretten mit Chromato-grammen von Referenzzigaretten und Rohtabak konnte beurteilt werden, wel-che Komponenten natürlicherweise vor-handen waren und welche hinzugefügt wurden, darunter fl üchtige Aldehyde und Ester, die in der Aroma, Geschmacks-stoff - und Lebensmittelindustrie häufi g verwendet werden.

Professor Pragst: „γ-Nonalacton, bekannt als Kokosnussaldehyd, und γ-Undecalacton (Pfirsichaldehyd) sor-

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Tetrahydrocannabinol (THC)

Cannabiskonsum schnell und sicher ausschließenGängige GC/MS-Methoden sind meist nicht sensitiv genug, den Cannabiswirkstoff THC im Speichel nachzuweisen. Applikateuren der GERSTEL, Inc., ist es jetzt gelungen, die Lücke zu schließen – unter Einsatz der Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) mit dem GERSTEL-Twister.

W er in Deutschland eine mit hohen Sicherheitsauflagen reglementierte

Position im öffentlichen Dienst bekleiden will, muss sich gegebenenfalls einem Dro-gentest unterziehen. In den Vereinigten Staaten von Amerika sind solche Tests gesetzlich festgeschrieben. Sie erfolgen nach den Richtlinien der „Federal Drug Testing Programs“ und dürfen seit 1988 ausschließlich von vom US-Department of Health and Human Services (HHS) zertifizierten Laboratorien durchgeführt werden. Um die Analyse sicherer zu machen, also um Manipulationen wäh-rend der Probenahme zu verhindern oder Angestellte vor falschen Testergebnissen zu schützen, soll neben Urin nun auch Speichel auf Drogenwirkstoffe unter-sucht werden. Die für den Nachweis von THC-Metaboliten im Urin eingesetzten GC/MS-Methoden erweisen sich aller-dings als nicht sensitiv genug, um die aktive Wirksubstanz des Cannabis, das Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC), im Speichel sicher und empfindlich nach-zuweisen. Wie aktuelle Messungen zei-gen, bietet die Stir Bar Sorptive Extrac-tion (SBSE) mit dem GERSTEL-Twi-ster einen Weg aus dem Dilemma.

Speichel als Probenmatrix

Sofern der Wirkstoff nicht per Injek-tion in die Blutbahn oder unter die Haut beziehungsweise als Zäpfchen rektal ver-abreicht wurde, erweist sich Speichel als Probenmatrix allem Anschein nach als besonders geeignet, den Konsum ille-galer Drogen festzustellen. Schließlich fügt sich die Zufuhr von Drogen über den Mund, geschluckt oder geraucht, in den natürlichen Prozess der Atmung und der Nahrungsaufnahme ein und hinter-lässt zumindest für eine bestimmte Zeit Rückstände in Mund- und Rachen-raum. Darüber hinaus sprechen ethi-sche und schlicht praktische Gesichts-punkte für die Verwendung von Spei-chel: Zum einen empfinde der Bewerber die Probenahme weniger als Eingriff in die Intimsphäre, als dies bei der Abgabe von Urin der Fall sei, die beide unter Auf-sicht erfolgten, heißt es in einem Schrei-ben der HHS.

Letztlich könne ein Speichelschnell-test gegebenenfalls Auskunft darü-ber geben, ob ein Fahrzeuglenker im Moment der Überprüfung durch die Polizei im berauschten Zustand am Stra-

ßenverkehr teilgenommen habe; bei posi-tiven Urintests insbesondere auf Canna-binoide kann der Konsum längere Zeit zurückliegen und keinen Einfluss mehr auf die Fahrtüchtigkeit gehabt haben. Der Grund liegt in der Chemie und dem Metabolismus des THC.

Im Rahmen von arbeitsmedizinischen Untersuchungen, wie sie in den Manda-tory Guidelines for Federal Workplace Drug Testing Programs beschrieben sind, interessiert weniger die akute Drogenwir-kung zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern die Feststellung, ob jemand Dro-gen konsumiert oder nicht.

Aufgrund des Nachdriftens des THC aus dem Fettgewebe und langer Halbwertszeiten lässt sich der Haupt-metabolit des THC, die THC-Carbon-säure (THC-COOH), noch bis zu vier Wochen im Blut detektieren, im Urin sogar noch Monate nach dem letzten Konsum. „Je länger und intensiver eine Person Cannabis konsumiert“, erklärt der Toxikologe Prof. Thomas Daldrup, „desto bedeutender sind die THC-Depots im Körper und desto länger lässt sich der Hauptmetabolit des THC in Blut und Urin nachweisen.“

SBSE zur Extraktion von THC

Wird THC im Mund nachgewiesen, dann also möglicherweise nur nach unmittelbar vorausgegangenem Dro-genkonsum; hierbei kann es sich nur um Anhaftungen an der Mundschleimhaut handeln. Die Richtlinien der HHS, die so genannten Mandatory Guidelines for Federal Workplace Drug Testing Pro-grams, sehen einen Wert von 2,0 Nano-gramm THC als Grenzwert je Milliliter Mundflüssigkeit vor.

Der relativ niedrige Grenzwert und das im Vergleich zu den entsprechenden Parametern bei der Drogenkontrolle in Urin kleine Probenvolumen erweist sich als Herausforderung: „Die GC/MS-

Verfahren, die zertifizierte Laboratorien anwenden, um THC-Metaboliten im Urin nachzuweisen, sind nicht sensitiv genug, um damit den THC-Gehalt von Te

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THC-MolekülStruktur von Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC), der vorwiegend aktiven Komponente in Cannabis.

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Instrumentierung

Die Analysen erfolgten auf einem GC 6890/MS 5973-System von Agilent Techno logies in Verbindung mit dem GERSTEL-KAS sowie einem Thermodesorptionssystem mit Autosampler, wahlweise GERSTEL-TDS/ TDS A oder MPS/TDU.

Analysebedingungen

TDS 2 splitlos 20 °C – 60 °C/min – 275 °C (5 min)

KAS 4 0,2 min Lösungsmittel- ausblendung (50 mL/min) splitlos 40 °C – 12 °C/s – 280 °C (3 min)

Säule 30 m HP5-MS (Agilent Technologies) di = 0,25 mm, df = 0,25 μm

Pneumatik He, konstanter Fluss = 1,2 mL/min

Ofen 60 °C – 30 °C/min – 175 °C – 25 °C/min – 300 °C (2 min)

MSD Scan-Modus, 31 – 350 amu

Probenvorbereitung

Eine negative Speichelprobe (1,0 g) wurde in ein 10-mL-Vial eingewogen. Hinzugefügt wurden 9 Milliliter einer 11-%igen Methanol-Wasser-Mischung, die eine bekannte Menge THC enthielt. Als interner Standard wurden

(-)-Δ9-THC-D3 in einer methanolischen Lösung (5 ng/mL) verwendet. Der Twister wurde in die Lösung gegeben, das Vial ver-schraubt und die Probe bei Raumtempera-tur 90 Minuten lang extrahiert, wobei das THC nahezu quantitativ überführt wurde. Anschließend wurde das Rührstäbchen entnommen, mit Wasser gespült, trocken-getupft und zur Analyse in ein konditioniertes Thermodesorptionsröhrchen gegeben. Die Desorption erfolgte verschleppungsfrei bei 275 °C.

Kühlfalle

Während der Thermodesorption wird das THC im Glasverdampferrohr des kalten KAS bei 40 °C refokussiert, bevor die Aufgabe auf die GC-Säule erfolgt. Die Methode lässt sich mit einem vollständig Peltier-gekühlten GERSTEL-TDU-KAS-System durchführen.

GC-Methode

Unter Verwendung einer Standard-GC-Säule (HP5-MS, 30 m x 0,25 mm x 0,25 μm) und dem Full-Scan-Modus am MS 5973 wur-den gute Retentionszeiten und Peakformen

erzielt (siehe Abb. A, S. 13). Die entspre-chende extrahierte Ionenspur 299 zeigte keine Störung (siehe Abb. B, S. 13), was eine schnellere Aufheizung am GC 6890 erlaubte, um die Elution des THC in weniger als 10 Minuten zu erreichen. Kam der GER-STEL-ModularAcceleratedColumnHeater (MACH) zum Einsatz, ließ sich die GC-Lauf-zeit weiter verkürzen. Um möglichst niedrige Nachweisgrenzen zu erreichen, wurde die Methode auf den SIM-Modus (Masse 299) umgestellt, mit (-)-Δ9-THC-D3 als internem Standard.

Validierung und Quantifizierung

Die Methode wurde auf ein zweites GC 6890/MS 5975-System mit GERSTEL-MPS 2 und GERSTEL-TDU übertragen, das die automatisierte Analyse von bis zu 196 Proben erlaubt. Die Anforderungen an die Methodenvalidierung entsprechend NLCP Guidance Document for Laboratories and Inspectors wurden eingehalten.

Weitere Informationen■ „Feasibility of Extraction and Quantitation of

Δ9-Tetrahydrocannabinol in Body Fluids by Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) and GC/MS”, AppNote 6/2005 (http://www.gerstel.com/p-gc-an-2005-06.pdf)

■ Mandatory Guidelines for Federal Workplace Drug Testing Programs http://workplace.samhsa.gov/drugtesting/SpecimenCollection/guidelinesdraft2.pdf)

■ Proposed Revisions to Mandatory Guidelines for Federal Workplace Drug Testing Programs (http://store.health.org/catalog/productsDetails.aspx?ProductID=16832)

Experimenteller Teil

Bei der Extraktion von THC lieferte der Twister im Schnitt bei 90 Minuten Extraktionsdauer die besten Ergebnisse.

Probe Versetzt Ergebnis % RSD Nr. mit ng/mL ng/mL

1 0,5 0,51

2 0,5 0,51

3 0,5 0,49

4 0,5 0,50

5 0,5 0,49

Durchschnitt 0,50 2,00

6 2,0 1,99

7 2,0 2,13

8 2,0 1,97

9 2,0 2,00

10 2,0 2,02

Durchschnitt 2,02 3,12

11 negativ n.d. n.a.

12 negativ n.d. n.a.

(n.d. = nicht detektiert; n.a. = nicht anwendbar)

Quantifizierung von THC in Mundflüssigkeit. Zwölf negative Mundflüssigkeitsproben eines gesunden Freiwilligen wurden mit THC versetzt: fünf davon mit 0,5 ng/mL, weitere fünf mit 2,0 mg/mL; zwei wurden als negative Kontrollpro-ben verwendet.

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(A) Full-Scan (31 – 350 amu) GC/MS-Spur für Mund-flüssigkeit, die mit 20 ng/mL THC versetzt wurde; (B) Extrahierte Ionenspur (299) für Mundflüssigkeit, die mit 20 ng/mL THC versetzt wurde.

Fünf-Punkt-SIM-Kali-brierung des internen Standards (0,3 – 10,0 ng/mL THC) in Mundflüssig-keit. Wenn ein auf 5 ng/mL konzentrierter interner Standard verwendet wurde, ergab der niedrigste Kalibrationspunkt (0,3 ng/mL in Mundflüssigkeit) ein Signal, das etwa 5-mal grö-ßer war als das Rauschen in einer Negativ-Probe auf Grund ungekennzeichneter THC im IS. Zur Metho-denvalidierung wurde die Konzentration auf 1 ng/mL reduziert.

(A) Vergleich der 40 ng/mL-Twister-Extraktion mit anschließendem Leerröhr-chen; (B) Die Überlage-rung des LOQ-Standards und des Leerröhrchens, das einem 40 ng/mL hohen Standard folgte, zeigt, dass die Verschlep-pung vernachlässigbar ist.

Speichelproben untersuchen zu können“, sagt Ed Pfannkoch, Applikationschemi-ker bei GERSTEL.

Aufgrund bisheriger positiver Er -fah rungen beim Nachweis von Dro-gen, pharmazeutischen Wirkstoffen, Metaboliten, Pheromonen oder PCB aus biologischen Matrices setzten die GERSTEL-Applikateure zur Extraktion des THC aus Speichel auf die SBSE mit dem GERSTEL-Twister.

Die Speichelprobe wurde mit einem Gemisch aus Wasser und Methanol ver-

dünnt und mit dem Twister durchmischt. Wie sich zeigte, wurde das THC dabei mit hoher Effizienz und minimaler Matrixstörung extrahiert, ohne dass eine zusätzliche Probenreinigung erforderlich gewesen wäre: „Nach Thermodesorption des Twisters konnten wir THC sicher und empfindlich mittels GC/MS nach-weisen. Die Nachweisgrenze lag unter 1 Na no gramm THC je Milliliter Spei-chel und damit deutlich unter den For-derungen der HHS“, erklärt Ed Pfann-koch und ergänzt: „Mit unserer Vorge-

THC-Metabolismus und sein Einfluss auf den

Drogennachweis

Über die Pharmakokinetik und Vertei-lung von Drogen im Speichel ist bislang noch wenig bekannt. Man weiß, dass Opiate, Amphetamin und seine Deri-vate, Kokain und die meisten anderen Drogen, einschließlich zentral wirkender Medikamente, durch Diffusion aus dem Blutstrom in den Speichel gelangen.

„Anders das THC, bei dem es sich um eine besonders lipophile Verbin-dung handelt, die sich innerhalb von kurzer Zeit im Körpergewebe anrei-chert, verbunden mit einer scheinbaren, schnellen Eliminierung des Cannabino-ids. Folge ist ein zu Beginn rascher Abfall der Wirkstoffkonzentration im Blut“, erklärt Prof. Thomas Daldrup (Bild) vom

Institut für Rechts-medizin der Hein-rich- Heine-Univer-sität Düsseldorf. Die Kinetik des THC ver-läuft nicht linear wie etwa beim hydro-philen Alkohol.

Professor Daldrup: „THC weist auf-grund seiner starken Verteilung und Ver-stoffwechslung in der Leber zunächst eine Halbwertszeit von unter einer Stunde auf, bis sich die Konzentration auf einem sehr niedrigen Niveau unter 1 ng/mL einpendelt. Durch Rückdiffusi-onsprozesse aus den Körperdepots in das Blut beobachten wir in dieser Phase eine deutliche Verlängerung der Halb-wertszeit des THC auf etwa einen Tag; dessen Metabolit THC-COOH weist in der Endphase sogar eine Halbwertszeit von fast einer Woche auf.“

Am Rande sei bemerkt, dass es des Nachweises von THC im Blut bedarf, um einen Verkehrsteilnehmer gemäß §24 a (2) StVG ahnden zu können.

hensweise können wir die bestätigenden Untersuchungsparameter, also Chroma-tographie, Auflösung, drei ausgewählte Ionen mit akzeptablen Ionen-Abun-danz-Verhältnissen, Erfordernisse der Qualitätskontrolle, LOD/LOQ etc., die durch das National Laboratory Certifica-tion Program für bestätigende Untersu-chungen von Drogen in Urin angewendet werden, auf die anspruchsvollere Analyse von THC in Mundflüssigkeit ausweiten.“

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Die forensische Blutalkoholanalytik unterliegt strengen Auflagen. In der Schweiz etwa erfolgen vier voneinander unabhängige Einzel analysen auf zwei unterschiedlichen Analysesystemen. Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich nutzt zwei Headspace-GC-Systeme mit jeweils unterschiedlichen Trennsäulen. Die Alkoholkonzentration wird im Vollblut ermittelt und das Messergebnis in Gewichtspromille (g/kg Blut) angegeben. Angesichts der großen Zahl zu messender Proben – bis zu 6000 im Jahr – drängte sich die Frage auf, ob und wie sich die Routineanalytik am besten automatisieren lässt. Voraussetzung war: es sollten nur bewährte Systeme zum Einsatz kommen – wie der GERSTEL-MultiPurposeSampler (MPS).

Von Barcode-Reader bisMultiPurposeSampler: Mehr Zeitund Sicherheit durch Automatisierung

Blutalkohol: Fallbeispiel Schweiz

Autoren:M. R. Baumgartner,P. X. Iten 1 und L. Ebenhöh 21 Institut für Rechtsmedizin, Winter-thurer Straße 190, CH-8057 Zürich; 2 INTEG Labordatensysteme GmbH, Reiherstraße 22, D-75196 Remchingen

Z ur Anwendung kommen sollen bewährte Systeme zur Einwaage,

Probenvorbereitung und Analyse sowie Standardsoftware. Auf einem Workshop der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh) prä-sentierte das Institut seine Lösung: ein schnelles, kostendeckendes System, das auf der Vergabe und Registrierung von Barcodes fußt und dank GERSTEL-MultiPurposeSampler (MPS) auch bei hohem Probendurchsatz einen größt-möglichen Schutz vor Fehlern gewähr-leistet.

Beim Nachweis von Blutalkohol werden in der Schweiz zwei Chromatographie-Systeme ein ge-setzt. System 1: DB-ALC2 Säule, 30 m, 320 μm, 1.2 μm Filmdicke, 40 °C isotherm, runtime 7 min, const.pressure, FID-Detektor. System 2: Restek Rtx-WAX Säule, 30 m, 320 μm, 1.0 μm Filmdicke, 70 °C isotherm, runtime 7 min, const. pressure, FID-Detektor.

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Automatisierte Blutalkoholanalyse: Die Darstellung zeigt den prinzipiellen Aufbau der vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich verwendeten zwei Systeme.

Am Anfang stand die Definition

Das Anforderungsprofil war klar defi-niert: Das System zur Alkoholbestim-mung sollte eine selbständige Einheit darstellen, die sämtliche für die Analyse notwendigen Informationen aus einer Datenbank einliest und bis zum Export des Endergebnisses verwaltet. Die Pro-benvorbereitung sollte menügesteuert erfolgen und alles in allem einen maxima-len Bedienkomfort, Datensicherheit und die Option auf Sondermessungen bie-ten. Serienmessungen inklusive Kalibra-tion mussten sich gemäß Vorgabemaske eigenständig zusammenstellen lassen und ein benutzerfreundliches Validierungs-modul sollte implementiert und verfüg-bar sein. Um auf Änderungen gesetzlicher Vorschriften flexibel reagieren zu kön-nen, sollten die erforderlichen Parame-ter modifizierbar und die nicht validier-ten Wiederholungsmessungen leicht zu handhaben sein. Last, but not least sollte das System je Benutzer eine ID-Num-mer sowie entsprechende Benutzerrechte zuweisen und verwalten können.

Probenvorbereitung und Datenaufzeichnung

Nachdem die Proben registriert sind, wer-den die für die Analytik notwendigen Stammdaten in eine Datenbank (Alk DB)

exportiert. Registratur und Analytik ver-laufen voneinander getrennt. So kommen nur Proben zur Einwaage, die auch für die Analyse freigegeben sind. Eine mehr-stellige „Alkoholnummer“ dient der ein-deutigen Identifikation. Bei der Registrie-rung wird das Proberöhrchen mit einem

entsprechenden Barcode versehen. Die Datenbank verwaltet alle noch nicht freigegebenen Probendaten sowie Wie-derholungsmessungen; sie erstellt eine Liste der neu zu analysierenden Proben und fasst nach Analysenende die Mess-ergebnisse für die Validierung zusammen.

Ohne zeitliche Verschachtelung

Mit zeitlicher Verschachtelung

Spürbare Zeitersparnis

Zum Nachweis von Blutalkohol wird in der Regel die Headspace-GC eingesetzt. Im Normalfall eine langwierige Angelegenheit, doch dank der GERSTEL-MAESTRO-Software lässt sich die Probenvorbereitung zeitlich verschachteln. Mit anderen Worten gibt die Analysenzeit den Ton an: Während die erste Probe analysiert wird, läuft bereits die Inkubation der zweiten Probe. Durch die Verschachtelung wird mehr als die Hälfte der bislang benötigten Analysenzeit eingespart.

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Verwendete Hard- und Software

Hardware

System 1: Säule DB-ALC2 von J&W, DB-ALC2 Säule, 30 m, 320 μm, 1.2 μm Filmdicke, 40 °C isotherm, run time 7 min, const.pressure, FID-Detektor.

System 2: Rtx-WAX von Restek Restek Rtx-WAX Säule, 30 m,

320 μm, 1.0 μm Filmdicke, 70 °C iso-therm, run time 7 min, const.pressure, FID-Detektor.

trollereinheit (Steuerung des Wägevor-gangs und Übernahme aller Einwaagen)

Software

(Agilent Technologies)

heute gängig ist die MAESTRO- Software, vollständig in die ChemStation integriert)

für das Einbinden der D3C-Boxen

und Validierung (AlkValid)

Dialogfeld der MAESTRO- Software, vollständigin die ChemStation integriert.

Einwaage und Messvorbereitungen

Zum Einsatz kommen zwei Analysen-waagen, an denen die Messsequenzen für die GC-Analysen erstellt werden. Ein intelligentes Interface (INTEG D3C-Box) steuert die Waagen. Die Einwaage

Lutz Ebenhöh (links) von der INTEG Labordatensysteme GmbH und Klaus Klöckner, Vertriebsleiter-Süd bei GERSTEL.

Tarierung und Übernahme der Mess-werte wie auch die Einstellung der Vial-position auf dem Probenteller des MPS erfolgen ebenfalls automatisiert. Die manuellen Tätigkeiten des Anwenders beschränken sich darauf, anhand des Bar-codes die richtige Probe zu identifi zie-ren und einzuwiegen. Über ein Fußpe-dal wird tariert und das Einwaageergeb-nis automatisch in die Datenbank einge-lesen. Am Chromatographiedatensystem (CDS) wird aus der erstellten Serienda-tei eine Sequenz gebaut und gestartet; die zur Trennung erforderlichen Informati-onen werden mit den Einwaagedaten in der CDS-Datenbank gespeichert.

Im Detail: Der Anwender identifi -ziert sich mittels Benutzer-ID am Inter-face. Dann gibt er Art und Reihenfolge der zu messenden Proben in konfi gurier-bare Maskendateien ein; die Identifi ka-tion der Proben erfolgt mittels Barcode-Reader. Die Art der Einwaage wird ange-zeigt, sprich: ob es sich um ein Probe, den internen Standard oder eine Blindprobe handelt. Gleiches gilt für die Position des Vials auf dem Probenteller des MPS. Nun kann auch die Solleinwaage eingegeben werden. Waagenwechsel, also von System 1 zu System 2, sowie Tarieren oder Öff -nen der Waage erfolgen automatisch.

Liegt das Einwaageergebnis vor, erfolgt der Datentransfer an den Rechner. Die GC-Sequenz wird erstellt und die Analysendaten werden im CDS gespei-chert. Die Ansteuerung der MPS erfolgt anwenderfreundlich aus der GC- oder MS-ChemStation heraus: Die erforderli-che GERSTEL-MAESTRO-Software ist vollständig in die ChemStation inte-griert. Abschließend erfolgen die Head-space-GC-Analyse und die Auswertung der Messergebnisse.

Validierungsmodul

Ein Validierungsmodul wertet die im CDS gespeicherten Informationen aus: Es liest die Daten ein, kalibriert das Sys-tem anhand der vermessenen Standards, berechnet die Alkoholkonzentration und führt automatisch eine statistische Bewertung anhand gesetzlich festgeleg-ter Vorgaben durch.

Validierung und Transfer der Daten in das EDV-System des Instituts erfolgen durch einen autorisierten Benutzer. Sind Eingriffe in die Validierung erforder-lich, müssen sie mit einer elektronischen Unterschrift versehen werden. Manuelle Änderungen und Tätigkeiten werden pro-tokolliert und ermöglichen einen Audit-Trail über alle Proben und Aktionen.

lässt sich automatisieren. Das Interface teilt dem Benutzer mit, welche Probe als nächste einzuwiegen ist, und gestattet die Überprüfung der Probe anhand des Barcodes: Handelt es sich um die falsche Probe, wird sie zurückgewiesen.

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Brandbeschleuniger

Feuerteufeln das Handwerk legen – forensische Anwendung der Pyrolyse-GC

Autor:Dr. Holger Herdejürgen,Landeskriminalamt Schleswig-Holstein, Brand- und Explosionsursachenerforschung, Mühlenweg 166, 24116 Kiel

I nsbesondere bei der Herkunfts- und Produktzuordnung der Rückstände

von Brandstellen, der Bestimmung von Materialeigenschaften ereignisrelevanter Gegenstände, aber auch bei der Unter-suchung allgemeinen Spurenmaterials von Klebstoff en, Kunststoff en, Lacken und Fasern zur Ermittlung ihrer Eigen-schaften, wurden gute Ergebnisse erzielt. Diese lassen teilweise eine weitergehende Diff erenzierung als die bisher eingesetz-ten Verfahren zu und ermöglichen im Einzelfall eine individualcharakeristi-sche Zuordnung zwischen Spur und Ver-gleichsmaterial.

Pyrolyse-GC als Mittel der Wahl

Die Messungen werden durchgeführt mit dem GERSTEL-Pyrolyse Modul (PM 1) in Verbindung mit einem GERSTEL- Th ermoDesorptionsSystem (TDS) und dem GERSTEL-KaltAufgabeSystem (KAS). Das Probenmaterial wird mit-tels eines elektrisch beheizbaren, in dem Ofen des TDS befi ndlichen Pyrolysesta-bes thermisch zersetzt und die Pyroly-seprodukte mit dem Trägergasstrom in das KAS überführt. Nach Abschluss der Pyrolyse werden die Komponenten durch temperaturprogrammiertes Aufheizen auf die Kapillarsäule überführt und nach gaschromatographischer Trennung mas-senselektiv detektiert.

Ein wesentlicher Vorteil des modu-laren Aufbaus des Messsystems besteht darin, dass die Durchführung der Pyro-lyse-GC/MS ohne wesentliche Umbau-arbeiten neben der Vermessung von

dampfförmigen Proben nach Adsorp-tion auf geeigneten Sammelröhrchen mit dem TDS möglich ist (etwa an Brand-schuttproben, großvolumigen Textilpro-ben oder Raumluftmessungen vor Ort zum Nachweis brennbarer Flüssigkei-ten im Zusammenhang der Brandursa-chen forschung). Für die Pyrolyse-Mes-sungen werden Materialmengen in der Größenordnung von 0,1 mg verwendet (siehe Tabelle Seite 18).

Pyrolyseprodukte bei der Unter-suchung von Brandrückständen

Haupteinsatzgebiet der Pyrolyse-GC/MS ist im hiesigen Labor die Unter suchung zersetzlicher Bestandteile in Brandschuttproben. Brandstiftung geht oft einher mit dem Einsatz brennba-rer Flüssigkeiten zu Brandbeschleuni-gung. Eine wichtige analytische Frage ist

Abb. 1: Ablauf einer Pyrolyse-Messung (schema-tische Darstellung)

Bei der Durchführung forensischer Untersuchungen in den krimi-naltechnischen Laboratorien dienen Materialspuren dazu, anhand ihrer stoffl ichen Eigenschaften kriminalistische Rückschlüssen zu ziehen. In Abhängigkeit vom Material und Matrix hat sich eine Viel-zahl physikalisch-chemischer Untersuchungsmethoden etabliert. Als Ergänzung zu den eingeführten Verfahren zur Charakterisierung die-ser Spuren wird im Labor des Landeskriminalamtes in Kiel seit eini-ger Zeit die Pyrolyse-Gaschromatographie erfolgreich eingesetzt.

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RT Library/ID Herkunft

1,57 Formic acid Kleber HT1,66 Benzene PVC_u 3,11,76 Benzene Kleber TS1,80 Benzene Kleber AK1,93 Acetic acid Kleber TS2,03 Acetic acid Kleber AK2,51 Toluene PVC_u 3,1 2,53 Toluene PS 2,1 2,61 Toluene Kleber TS 2,64 Toluene Kleber AK 3,31 Acetic acid, butyl ester Kleber HT 4,05 Styrene PS 2,1 8,23 1-Tridecene PE HD 8,61 Caprolactam Polyamid 5,3 8,99 Azulene Kleber AK 8,99 Naphthalene Kleber TS 9,18 1-Tetradecene PE HD10,04 1-Pentadecene PE HD10,32 Phenol, 2,6- bis (1,1-dimethylethyl) Polyamid 5,310,35 1,3-Isobenzofurandione Kleber HT10,85 1-Hexadecene PE HD 11,62 1-Heptadecene PE HD 11,95 Benzene, PS 2,1 1-methoxy-4-(phenylethynyl) 12,35 1-Octadecene PE HD 12,66 Benzene, 1,1‘- PS 2,1 (1-butene-1,4-diyl) bis 13,50 Hexadecanoic acid PVC_u 3,1 14,73 1,2-Benzenedicarboxylic Kleber HT acid, bis(2-ethylhexyl) ester 14,77 Octadecanoic acid PVC_u 3,1 14,92 Phenol, 4,4‘- PVC_u 3,1 (1-methylethylidene) bis 15,33 1,2-Benzenedicarboxylic Kleber TS acid, dibutyl ester 15,38 1,2-Benzenedicarboxylic Kleber AK acid, dibutyl ester15,44 1,2-Benzenedicarboxylic Kleber HT acid, dibutyl ester 17,54 1,2-Benzenedicarboxylic Kleber HT acid, dipropyl ester18,73 1,2-Benzenedicarboxylic Kleber TS acid, bis(2-ethylhexyl) ester

daher die Bestimmung des Gehaltes der-artiger Stoffe in Proben von der Brand-stelle sowie ihre Herkunfts bestimmung. Bekanntermaßen enthalten Kraftstoffe und herkömmliche technische Löse-mittelgemische eine Vielzahl einzel-ner Kompo nenten, die teilweise iden-tisch sind mit denen, die bei der Pyro-lyse von Kunststoffen oder anderer orga-nischer Materialien entstehen. Derar-tige Materialien stellen in wechselnder Zusammensetzung einen Teil der Mat-rix von Brandschuttproben dar. Wichti-ger Gesichtspunkt bei der Brandanaly-tik ist daher die sichere Differenzierung zwischen möglicher Brandlegungsmit-teln und Pyrolyseprodukten.

Die Pyrolyse-GC/MS liefert zum einen Informationen über die Art der gebilde-ten Spezies und zusätzlich über die quan-titative Zusammensetzung des Pyrolysats. Abbildung 2 zeigt die auf Tenax ange-reicherte Gasraumprobe eines Brand-asservates, die mit dem TDS vermessen wurde, und im Vergleich dazu das Pyro-gramm eines in der Probe enthaltenen Kunststoffmaterials, bei dem es sich um Reste eines Autostoßfängers handelt. Die im Dampfraum enthaltenen Komponen-ten lassen sich ausnahmslos dem niedrig siedenden Anteil des Pyrolysates des ver-brannten Kunststoffmaterials zuordnen. Der Vergleich mit einer bei uns erstellten Bibliothek erlaubt die Identifikation des

vermessenen Kunststoffs (Polypropylen). Es wurde festgestellt, dass neben einer guten Reproduzierbarkeit auch eine Ver-gleichbarkeit von Messungen bei unter-schiedlichen Pyrolysetemperaturen weit-gehend gegeben ist. Die Konzentrationen der Einzelkomponenten verändern sich zwar, weil aber die entstehenden Subs-tanzen kontinuierlich mit dem Träger-gasstrom aus der Pyrolysezone entfernt und im Kaltaufgabesystem sehr schnell heruntergekühlt werden, sind Folgere-aktionen offenbar von untergeordneter Bedeutung und charakteristische Kom-ponenten können über weite Tempera-turbereiche nachgewiesen werden.

Während eines Realbrandes inner-halb von Gebäuden werden die brennba-ren Bauteile und Objekte unter ventilati-onskontrollierten Bedingungen zersetzt. Der Verbrennungsprozess wird weitge-hend dadurch bestimmt, welche Menge an Verbrennungsluft durch die vorhande-nen Lüftungsöffnungen zuströmen kann. Er erfolgt im allegmein unter Sauerstoff-mangel. Wie in dem oben beschriebenen Beispiel wurde daher auch für viele andere Systeme eine gute Vergleichbarkeit mit den real entstehenden Pyrolyseproduk-ten festgestellt. Zur Einordnung häufig vorkommender Materialien des Alltags wurden Produktproben handelsüblicher Kunststoffe, Lacke, Kleber u.a. als Ver-gleichsmaterialien vermessen. Beispiele sind in Abbildung 4 wiedergegeben.

Neben dem direkten Vergleich an -hand des Fingerprints des Totalionen-stromes sind die Massenspektren der wesentlichen Komponenten in einer ent-sprechenden Nutzerbibliothek ab gelegt. Bei der Identifizierung der Komponenten anhand des Massenspektrums zur Unter-suchung von Brandschuttproben ist auf diese Weise ein direkter Verweis auf die Vergleichsmessungen möglich, und man erhält eine Information auf die mögli-che Herkunft der jeweiligen Substanz. So wird bei Auswertung der Brandschutt-probe in Abb. 2 mit der für Pyrolysemes-sungen erstellten Nutzerbibliothek bei-spielsweise für die bei 3,68 min (RI 851) nachgewiesene Komponente neben der Identifizierung als Dimethylhepten auf das Vergleichsmaterial Autostoßfänger verwiesen (Tabelle 2).

Vergleichende Untersuchung von Klebstoffen

Neben der aufgabenspezifischen Unter-suchung von Brandasservaten wird die Pyrolyse-GC/MS im Rahmen von Ser-vice-Messungen für andere Arbeitsge-biete verwendet. Das Anwendungs spek-trum erstreckt sich über vielfältige Berei-che, bei denen aufgrund spezieller Prob-leme mit anderen analytischen Verfah-

Übersicht der wesentlichen Komponenten der in den Abbildungen enthal tenen Messungen; Pyro ly se-Produkte und ihre Herkunft.

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ren nach einer zusätzlichen Informati-onsquelle gesucht wird, um bei der Iden-tifizierung von Materialproben oder einer möglichst charakteristischen Zuordnung zwischen Spuren- und Vergleichsmate-rial zu weiterreichenden Ergebnissen zu kommen.

Als Beispiel seien die in Abbildung 3 auszugsweise wiedergegebenen Untersu-chungen an Klebstoffen angeführt. Wäh-rend ein Produkt ein Kleber auf Basis von Cellulosenitrat (Produkt Hart) war, han-delte es sich im Gegensatz dazu bei den übrigen Produkten um Kleber auf Basis von Polyvinylestern. Eine Unterschei-

dung beider Gruppen war erwartungs-gemäß problemlos möglich. Zudem las-sen sich reproduzierbar innerhalb der Gruppe Unterschiede ausmachen, die auf wechselnden Begleitkomponenten, etwa Phthalsäureester und andere, beru-hen und so eine individuelle Zuord-nung beziehungsweise Differenzierung er möglichen. Im Gegensatz dazu lie-fert die infrarotspektroskopische Unter-suchung an diesen Materialien allenfalls marginale Unterschiede, die eine sichere Aus sage unmöglich machen, insbeson-dere wenn Störungen, beispielsweise durch Verunreinigungen oder partielle

thermische Zersetzung, hinzukommen.Die Methode wurde auch bei weiteren Klebstoffen für vergleichende Untersu-chungen zum Zwecke der Produktzuord-nung durchgeführt. Bei Klebern auf Basis von Polyvinylpyrrolidon (zum Beispiel in Klebestiften enthalten) ergaben sich Dif-ferenzierungsmöglichkeiten anhand ihrer Gehalte an Ethylenglycolderivaten und an Fettsäuren. Ähnlich erfolgreich waren Unter suchungen an Kraftfahrzeugreifen-gummi oder Aluminiumeffektlacken, die wegen der stark absorbierenden Füllma-terialien zu den spektroskopisch proble-matischen Matrices zählen. Die Ergeb-nisse geben Anlass zu der Hoffnung, dass auch für vergleichende Untersuchun-gen an weiteren organischen Materia-lien Informationen zu erhalten sind, die eine weitergehende Beurteilung krimi-naltechnischen Spurenmaterials zulassen.

Zusammenfassung

Bei der Untersuchung zur Charakteri-sierung von Spuren aus dem Bereich der Kriminaltechnik hat sich die Methode der Pyrolyse-GC für viele Anwendungs-fälle bewährt. Die Messungen werden mit einem GERSTEL-PyrolyseModul (PM 1) in Verbindung mit dem TDS und dem KAS durchgeführt. Das Mess-system ermöglicht, ohne wesentliche Umbauarbeiten, die Durchführung von Pyrolyse-GC/MS neben der Vermes-sung von dampfförmigen Proben nach Adsorption auf geeigneten Sammel-röhrchen mit dem TDS, etwa an Brand-schuttproben, großvolumigen Textilpro-ben oder Raumluftmes sungen vor Ort zum Nachweis brennbarer Flüssigkeiten im Zusammenhang der Brandur sachen forschung.

Bisher wurden Rückstände von Brandstellen untersucht, um die Zer-setzungsprodukte von den als Brand-legungs mitteln verwendeten brennba-ren Flüssigkeiten zu differenzieren. Die aus diesen Messungen erstellten Nutz-erbibliotheken ermöglichen den schnel-len Verweis auf die mögliche Herkunft von Bestandteilen in realen Brandschutt-proben. Zusätzlich ist das Ver fahren zur allgemeinen Charakterisierung zersetz licher Stoffe geeignet und wird erfolg-reich eingesetzt, um thermische Materi-aleigenschaften zu untersuchen oder ver-gleichende Unter suchungen an geeigne-tem Spurenmaterial durchzuführen, bei dem es sich um Klebstoffe, Kunststoffe, Lacke, Fasern usw. handeln kann. Das Verfahren liefert häufig aufgrund der Differenzierbarkeit von Einzelkompo-nenten, die nur in geringen Konzentrati-onen enthalten sind bzw. entstehen, indi-viduellere Informationen als die spektro-skopischen Verfahren.

Abb. 2: Identifizierung von Pyrolyseprodukten in Brandschuttproben

Abb. 3: Vergleich von Klebstoffen

Abb. 4: Untersuchung von verschiedenen Kunststoffen

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E inen erheblichen Beitrag bei der Ahn-dung von Urkundenfälschung lei-

stet die forensische Wissenschaft: „Dank neuester Entwicklungen auf dem Gebiet der chemischen Urkundenuntersuchung ist man in der Lage zu klären“, sagt Dr. Andreas Rippert von der Kriminaltech-nischen Abteilung der Kantonspolizei Zürich, „ob handgeschriebene Eintra-gungen in Dokumenten echt oder mani-puliert sind, ob ein Dokument nach-träglich geändert oder ob es als Ganzes gefälscht worden ist.“ Darüber hinaus sei es möglich Auskunft zu geben, erklärt der forensische Chemiker weiter, in welchem Zeitraum ein Dokument erstellt wurde, was zur Aufklärung bisher ungelöster Fälle beitragen könne.

Pyrolyse-GC/MS nur eingeschränkt einsetzbar

Eine gängige Technik zur Untersu-chung von Papier und Schriftstücken ist die Pyrolyse-GC/MS, bei der die Probe unter Ausschluss von Luftsauerstoff zer-setzt wird. Die Sache hat allerdings einen Haken. Damit gelinge es zwar, relevante molekulare Bestandteile von Tinte und Papier in die Gasphase zu überführen, schildert Dr. Jürgen Bügler vom Bay-erischen Landeskriminalamt in Mün-chen. „Verwertbare Aussagen lassen sich nur begrenzt treff en. Versuche, Schrift-stücken das Geheimnis ihrer materiel-len Zusammensetzung mittels Pyrolyse-GC/MS zu entlocken, haben zunächst zu

zahlreichen Peaks geführt, die überwie-gend aus dem untersuchten Papier und nur zu einem geringen Teil aus dem dar-auf befi ndlichen Schreibmittel resultier-ten; die hohe Pyrolysetemperatur lässt sehr viele niedermolekulare Zerfallspro-dukte entstehen, die eine Interpretation der Ergebnisse erschweren oder unmög-lich machen.“

ThermalDesorptionSystem (TDS) als Mittel der Wahl

Um eine eindeutige Aussage treff en zu können, bedurfte es einer GC-Aufga-betechnik, bei der sich die Desorptions-temperatur der Probe den Erfordernissen entsprechend variieren ließ, um die aus-dampfenden Gase in mehreren Schritten, also bei unterschiedlichen Temperaturen zu erfassen. Die grundlegende Idee bei der Entwicklung der Methode war, erin-nert sich Dr. Bügler, die analytisch inte-ressanten Bestandteile des Schreibmit-tels in die Gasphase zu überführen und gleichzeitig eine Zersetzung des Träger-materials Papier zu verhindern.

Probieren geht über studieren: Die Lösung fand der Chemiker in der Ther mo desorption unter Einsatz des GERSTEL-Th ermalDesorptionSystems TDS. „Indem wir das Trägergas bei unter-schiedlichen Temperaturen, die wiede-rum unterhalb der Zersetzungstempera-tur des Papiermaterials liegen, über die Papierprobe streichen lassen, desorbieren wir nacheinander alle relevanten leicht- und schwerfl üchtigen Analyten, die wir vor Aufgabe auf die Trennsäule im Kalt-AufgabeSystem KAS cryofokussieren“, sagt Dr. Jürgen Bügler. Eine Zersetzung der Matrix wird verhindert, so dass der Nachweis der in Spuren vorhandenen Analyten leicht gelingt.

Und so geht der Wissenschaftler vor: Das TDS wird für 10 Minuten bei 280 °C ausgeheizt. Nach einer kurzen Abküh-lungsphase wird die Probe – es genü-gen wenige Millimeter beschriebenen Papiers – in das Desorptionsröhrchen gegeben und im TDS bei 40 °C mit Trä-gergas gespült, um adsorbierte fl üchtige Stoff e aus der Umgebung zu entfernen. Nach Abschluss der Equilibrierungs-phase beginnt die eigentliche Untersu-chung: Bei Temperaturen unter 100 Grad erwischen wir vor allem leichtfl üchtige Verbindungen, etwa Phenol- und Ben-zolderivate sowie Kohlenwasserstoff e bis Hepta decan. Bei Temperaturen ab 100 °Ckönnen zusätzlich schwerer flüchtige Substanzen wie langkettige Karbonsäu-ren, Phthalate und höher siedende Koh-lenwasserstoff e nachgewiesen werden.

Wurde der verdächtige Schriftzug relativ frisch zu Papier gebracht, verdampft der größte Teil der im Schreibmittel ent-haltenen Lösemittel bereits bei niedri-ger Desorptionstemperatur. Bei 200°C desorbieren die letzten Rückstände fl üch-

Urkundenfälschung

Heiße Zeiten für BetrügerWenngleich die Pyrolyse-GC/MS in vielen Bereichen der Kriminaltechnik als Mittel der Wahl zum Einsatz kommt: Um Urkundenfälschern auf die Spur zu kommen, bedient sich Bayerische Landeskriminalamt in München oder auch das Urkundenlabor der Kantonspolizei Zürich erfolgreich der Gaschromatographie in Verbindung mit der Thermodesorption.

VorbereitendeMaßnahmen

(Equilibrierung)

Analyse undErgebnisse

40 °C

100 °C

210 °C

280 °C

Rückständeflüchtiger Substanzenaus älteren Proben

Ausheizen des TDS

EntfernenflüchtigerKontaminanten

Leichtflüchter:Phenol- undBenzolderivate,Kohlenwasserstoffe bisHeptadecan

Schwerflüchter:Langkettige Karbonsäuren,Phthalate, höhersiedendeKohlenwasserstoffe; Beifrischen Spuren:Phenoxyethanol undPhenoxyethoxyethanol

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GC/MS-System von Agilent Technologies mit ThermalDesorption-System TDS und TDS-Autosampler von GERSTEL

Resultat einer GC/MS-Unter-suchung von zwei jeweils fünf Millimeter langen Kugelschrei-berstrichen, aufgetragen auf handelsüblichem Büropapier.

ThermalDesorptionSystem (TDS)

GERSTEL-TDS-Lösung für die Online-Derivatisierung

Um schwer verdampf- oder leicht zer-setzbare Substanzen gaschromato-graphisch fass- und detektierbar zu machen, werden sie in aller Regel derivatisiert. Obgleich im GC-Tagesge-schäft gang und gäbe, ist der Schritt der Derivatisierung alles andere als trivial. Je nach Aufgabe und Zielsetzung kann sich diese Art der Probenvorbereitung, die in aller Regel über einen Zwischen-schritt in Lösung erfolgt, als überaus aufwändig erweisen. Dass es auch anders, nämlich in situ in der Gasphase und damit deutlich schneller und über-aus wirksam geht, machen die Exper-ten von GERSTEL vor. Angeregt von Dr. Jürgen Bügler vom Bayerischen Lan-deskriminalamt in München haben sie ein Modul entwickelt, das die Online-Derivatisierung nach Thermodesorp-tion mit dem ThermalDesorption-System (TDS) in der Gasphase mög-lich und damit den bisherigen Einsatz teils kniffl iger Kon struktionen im Liner vollständig überfl üssig macht. Das Sys-tem hat die Testphase mit Erfolg durch-laufen und erweist sich bereits in der kriminaltechnologischen Praxis beim Nachweis von Urkundenfälschungen als wirksam und effi zient.

tiger Substanzen auch aus älteren Tinten-proben. Während sich die Gesamtheit der detektierten Substanzen zur beweisfesten Diff erenzierung von Schreibmitteln eig-net, steht die Untersuchung der Tempera-turabhängigkeit der Ausgasung von Phen-oxyethanol zur Altersbestimmung im Vor-dergrund. In aufwendigen Vergleichsstu-dien wurde das neu entwickelte Verfah-ren an einer Vielzahl der auf dem Markt befi ndlichen Schreibmittel getestet. In die-sem Zusammenhang sei es ein entschei-dender Vorteil gewesen, dass im Urkun-denlabor des bayerischen Landeskrimi-nalamts seit Jahrzehnten eine umfassende

Schreibmittelsammlung mit Mustern von vor 1970 bis dato unterhalten wird, auf deren Basis neue Methoden und Verfah-ren intensiv entwickelt und in der Praxis getestet werden können, sagt Dr. Bügler.

Fazit

Inzwischen arbeiten das Urkundenlabor des bayerischen Landeskriminalamtes, das Labor der Kantonspolizei Zürich und noch einige weitere kriminaltechnische Labors weltweit mit einem Th ermalDe-sorptionSystem TDS, das mit einem Kalt-AufgabeSystem (KAS) von GERSTEL

kombiniert und an einen GC von Agi-lent Technologies angeschlossen ist. Mit diesem System lassen sich die fl üchtigen Inhaltsstoff e von Schreibmitteln untersu-chen, ohne dass die Matrix Papier dabei stören würde. Die Methode wird ange-wendet, um beispielsweise Kugelschrei-berpasten von verschiedenen Herstellern zu unterscheiden, oder auch um das Alter von handschriftlichen Eintragungen in Dokumenten zu untersuchen. Für der-artige Analysen sind Probenmit Abmes-sungen von 5 mm x 1 mm ausreichend, um komplizierte und bislang ungelöste Fälle aufzuklären.

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AutorenVanessa R. Kinton, Edward A. Pfannkoch und Jaqueline A. Whitecavage,Gerstel, Inc., 701 Digital Drive, Suite J, Linthicum, MD 21090, USA.

Z ur Bestimmung des Blutalkohol-gehaltes wird in den Forensiklabo-

ratorien sehr oft die Headspace-Gas-chromatographie (HS-GC) eingesetzt. Man bedient sich ihrer, um Autofah-rer zu überprüfen, die wegen Alkohol-missbrauchs am Steuer (DUI, „driving under the influence“) angeklagt sind. Die Methode, erstmals 1964 von G. Machata publiziert [1], beinhaltet den Einsatz eines internen Standards (IS) zur Quan-tifizierung. Als IS infrage kommen unter anderem tert-Butanol oder n-Propanol. Welcher IS letztlich eingesetzt wird, hängt vom Säulentyp im GC-Gerät ab.

Blut ist eine sehr komplexe Matrix, die in ihrer Zusammensetzung von Per-son zu Person sehr stark variiert, etwa im Salz- oder Lipidgehalt. Beim Ein-

satz eines IS erlaubt die Headspace-GC schnelle Resultate verbunden mit einem hohen Automatisierungsgrad der Ana-lyse. Für die vorliegende Untersuchung wurde der GERSTEL-MultiPurpo-seSampler (MPS) mit gasdichter HS-Spritze für die Analyse von Ethanol-lösungen unterschiedlicher Konzentra-tion eingesetzt.

Ziel der Methodenentwicklung war es, den Anforderungen der kaliforni-schen Justizbehörde für die Arbeitsan-weisungen zum Blutalkohol (Titel 17) zu genügen. Darüber hinaus wurde ein separates Doppelsäulen-, Doppel-FID-System konfiguriert und getestet. Wegen der unterschiedlichen Ethanolelution auf jeder Säule wurde dieses System zur Bestätigung herangezogen.

Material und Methode

Die Analyse erfolgte mit einem GC 6890 von Agilent Technologies verbun-den mit einem Einzel- oder Doppel-FID (ebenfalls Agilent Technologies) sowie dem GERSTEL-MultiPurpose-Sampler (MPS), ausgelegt für statische Headspace-Injektion. Als Reagenzien eingesetzt wurden:

99,5 % (200 proof ), A.C.S.

A.C.S.

-grad 99,5 % (IS), A.C.S.

-grad 99,5 %, A.C.S.

-tek, # 36256). Acht Komponenten mit 0,100 g/dL in Wasser: Acetal-dehyd, Aceton, Acetonitril, Ethanol, Ethylacetat, Isopropanol, Methanol und Methylethylketon (MEK).

Automatisierte Headspace-GC als Mittel der WahlDie Analyse von Alkohol in Blut und Urin gehört zum Tagesgeschäft eines jeden forensisch-toxikologischen Laboratoriums. Die große Zahl an Proben, die quantitativ zu bewerten sind, die rechtlichen Konsequenz, die mit dem Resultat eng verknüpft sind, der Entzug der Fahrerlaubnis nach einer erwiesenen Trunkenheitsfahrt etwa, stellen die Anwender im Labor vor eine große Herausforderung. Mit anderen Worten, Methode und Analyseverfahren müssen sensitiv, reproduzierbar und sicher sein. Bewährt hat sich hier die automatisierte Headspace-Gaschromatographie.

Blutalkohol: Beispiel USA

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Herstellung der Standards-

luter Ethanol (200 proof ) und 0,125 mL n-Propanol werden in einen 100 mL-Messkolben pipettiert und mit Wasser verdünnt.

mL absoluter Ethanol (200 proof ) und 0,125 mL n-Propanol werden in einen 100 mL-Messkolben pipettiert und mit Wasser verdünnt.

absoluter Ethanol (200 proof ), 0,1 mL Methanol, 0,1 mL Isopropanol, 0,01 mL Aceton und 0,125 mL n-Propanol werden in einen 100 mL-Messkolben pipettiert und mit Wasser verdünnt.

werden in einen 100 mL-Messkolben pipettiert und mit Wasser verdünnt.

-lösungen mit Wasser im Verhältnis von 1:6 verdünnt und davon dann je 500 μL in 20-mL-Headspace-Vials pipettiert. Die resultierenden Lösun-gen wurden dann mit der IS-Lösung versetzt, die hergestellt wurde, indem 1 mL des 1000 μg/mL internen Stan-dards (n-Propanol) und 1 mL des Blutalkohol-Kontrollstandards (Res-tek, # 36256, Lot # A034323) mit 18 mL Wasser verdünnt wurden. 4 mL des Standards wurden in 20-mL-HS-Vials pipettiert, die mit Bördelkap-pen, in die blaue Silikon/PTFE-Sep-ten eingelegt waren, verschlossen wur-den.

K = Ansprechempfindlichkeits-FaktorCO = Ethanolkonzentration in der

unbekannten ProbeAUE = Ethanolpeakfläche der

unbekannten ProbeAIK = Peakfläche des internen

Standardpeaks im Kalibrierstandard

CKE = Ethanolkonzentration im Sekundäralkoholstandard

AIU = Peakfläche des internen Standardpeaks der unbekannten Probe

AKE = Peakfläche des Sekundäralkoholstandards

Berechnungen

( AIK x CKE )K =

AKE

( AUE x AIK x CKE )CO =

( AIU x AK )

oderAUE x K

CO =AIU

Abbildung 1: MPS ausgestattet u.a. für die stati sche Headspace-Technik auf einem GC/MS-System von Agilent Technologies

Abbildung 2: Übereinanderlegung des FID-Signals einer Blindprobe/Interner Standard (IS), Auf-lösungsstandard und Sekundärstandard (SS) gemäß der kalifornischen Vorgabe.

Qualitätskontrollkriterien gemäß den Vorgaben der kalifornischen BehördeDie Kalibrierläufe bestehen aus sechs Sekundärstandards, gefolgt von einem Auflösungsstandard. Sodann wird für jeden Standards die Konstante K berech-net und der Mittelwert ermittelt. Für Te

xt: G

uido

Deu

ßing

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jede der sechs Bestimmungen muss die Konstante K innerhalb von ± 1,5 Pro-zent des Mittelwertes liegen. Die Ergeb-nisse für den Auflösungsstandard sollen eine Auflösung von 0,01 Prozent Aceton bei Anwesenheit von 0,20 Prozent Etha-nol anzeigen können. Die Analysenläufe bestehen aus einer Blindprobe (Wasser, kein IS) und Standards (SS, QC und RS), gefolgt von dem Probenset (2 Wiederho-lungen pro Probe), danach zwei zusätz-lichen Standards (QC und SS). Das Ergebnis für die Blindprobe sollte unter 0,01 Prozent liegen.

Ergebnisse und Diskussion

Für automatisierte Probenvorbereitung verwendet wurde der GERSTEL-MPS (siehe Abbildung oben). Für die vorlie-gende Studie verwendeten wir eine gas-dichte 2,5 mL-HS-Spritze, die sich auch für die Injektion anderer Volumina ver-wenden lässt (empfohlene Volumina von 0,25 mL bis zu 2,5 mL). Der Headspace-Spritzenadapter ist beheizt und zur Opti-mierung der Spritzentemperatur regel-bar. Die Inkubation der Proben erfolgt in einem beheizten Mischer mit sechs Pro-benpositionen. Die GERSTEL-MAES-TRO-Software verarbeiten die Proben im PrepAhead-Modus, dadurch werden die Schritte der Probenvorbereitung und die Probenaufgabe zeitlich verschachtelt verlaufen. Hieraus resultieren eine große Zeitersparnis und ein sehr guter Proben-durchsatz. Für diese Analyse wählten wir eine Inkubationstemperatur von 65 °C und eine Spritzentemperatur von 70 °C. Zur Vermeidung von Kondensation ist während der Probenüberführung in die Spritze eine etwas höhere Spritzentem-peratur empfehlenswert.

Sekundär- und Auflösungsstandards werden analysiert. Ein Probenchroma-togramm ist in Abbildung 2 dargestellt. Man kann erkennen, dass keine Ethanol-Verschleppung in die Blindprobe erfolgt und der IS gut reproduzierbar ist. Bei iso-thermer Arbeitsweise des Gaschroma-tographen sind wir in der Lage, die in dem SS vorhandenen Alkohole, ebenso

wie die Komponenten des Auflösungs-standards in etwa 3,5 Minuten zu tren-nen (Abbildung 3). Die aktuellen chro-matographischen Parameter beinhalten den Einsatz einer Kapillarsäule anstelle einer gepackten Säule, wie sie gegenwär-tig für diese Analysen in Kalifornien ein-gesetzt wird.

Um die Robustheit der Methode zu testen, wurden mit dem MPS über einen Zeitraum von drei Monaten 48 Kalib-riersequenzen mit den in Tabelle 1 auf-geführten Parametern durchgeführt. Alle 48 Sequenzen erfüllten die K-Faktor-Kriterien. Während des dreimonatigen Zeitraums traten Störeinflüsse für das System durch Wechseln der GC-Säule, Austausch der Spritze und zweimaligen Stromausfall auf. Ein Beispiel der K-Fak-tor-Überprüfung ist in Tabelle 2 darge-stellt. Um die Genauigkeit der Methode zu testen, wurden Vergleichsproben mit bekannten Alkoholkonzentrationen her-gestellt. Die Messergebnisse stimmten mit den theoretischen Werten überein.

Blutalkohol-Doppelsäulen- Bestätigungsmethode

Wir erstellten ein System von sich ergän-zenden Doppel-Alkoholsäulen mit nur einem Einlass und zwei FIDs für die Blutalkoholanalyse [3]. Das Doppelsys-tem bietet einen Vorteil, da die Elutions-folge auf jeder Säule unterschiedlich ist und daher eine zusätzliche Bestätigung der Peak-identifikation gewonnen wird.

Komponente Mittlere Peakfläche Standardabweichung RSA [%] ALC1 ALC2 ALC1 ALC2 ALC1 ALC2Methanol 2321294 2628655 81681 93324 3,52 3,55Acetaldehyd 12326272 13373526 534287 578415 4,33 4,33Ethanol 4958271 5519370 180264 202302 3,64 3,67Isopropanol 9719454 10594110 379814 418120 3,91 3,95Aceton 31021477* 21991434 1350778* 962275 4,35* 4,38Acetonitril 11314551 481138 4,25n-Propanol 9320684 9919804 344806 370832 3,70 3,74MEK 39378050 42850828 1711203 1844065 4,35 4,30Ethylacetat 52394805 55868378 1904410 2026058 3,63 3,63

Tabelle 4. Genauigkeit bei 12 Wiederholungen mit der Doppelsäulen-Anordnung.

GC 6890 (Agilent Technologies)Einlass: Split/splitlos, 150 °C Split 1:5Säule: 30 m DB-ALC1 (Agilent) di = 0,32 mm, df = 1,8 μmOfen: isotherm, 35 °C

MultiPurposeSampler (MPS)Inkubation: 65 °C (15 min)Spritze: 2,5 mL, 70 °CInjektion: 1 mL (500 μL/s)

Tabelle 3. Methodenparameter für das Doppel-säulen-, Doppel-FID-System.

EtOH n-Propanol (IS)Dateiname Peakfläche Peakfläche K-Faktor -1,5% / +1,5%7230002 113206882 106875141 0,1794 best. / best.7230003 116621856 109083941 0,1777 best. / best.7230004 114897369 107497317 0,1778 best. / best.7230005 111194673 104605854 0,1787 best. / best.7230006 115948256 109036988 0,1787 best. / best.7230007 114896941 107920646 0,1785 best. / best.Mittel 114460996 107503314 0,1785 0,176 / 0,181StA 1975014 1662204 0,0006 % RSA 1,73 1,55

Tabelle 2. Beispiel zur Berechnung und Überprüfung des K-Faktors.

GC 6890 (Agilent Technologies)Einlass: Split/splitlos, 100 °C Split 1:5Säule: 30 m DB-ALC2 (Agilent) di = 0,53 mm, df = 2,0 μm Ofen: isotherm, 40 °C

MultiPurposeSampler (MPS)Inkubation: 65 °C (15 min)Spritze: 2,5 mL, 70 °CInjektion: 1 mL (500 μL/s)

Tabelle 1. Methodenparameter der kaliforni-schen Vorgabe.

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Literatur

1 | Machata, G. Mikrochim Acta, 1964, 262-271.

2 | California Code of Regulations Title 17, Division 1, Chapter 2, Subchapter 1, Group 8 “Forensic Alcohol Analysis and Breath Alcohol Analysis”.

3 | Fior, R.L., Meng, c-K, und Bergna, M., Agilent Technologies-Applikation (Publikation-Nr. 5989-0959EN).

Um die Genauigkeit des Splitters (Abbil-dung 4) zu verifizieren, installierten wir zwei identische Säulen und überprüften die Ansprechempfindlichkeit des Sekun-därstandards auf beiden Säulen.

Abbildung 4 zeigt, dass sowohl die Retentionszeit als auch die Peakfläche gut reproduzierbar sind, und der Splitter die Probe gleichmäßig zwischen den zwei Säulen aufteilt. Es wurden 6 Sequenzen getestet; jede Sequenz bestand aus 1 Blind-probe, 6 SS und einer weiteren Blindprobe. Alle 6 Sequenzen erfüllten auf beiden Säu-len die Kriterien des K-Faktors.

Sobald wir mit der Trennleistung des Systems zufrieden waren, setzten wir zwei Säulen mit unterschiedlichen stationären Phasen ein. Entsprechend den in Tabelle 3 angegebenen Parametern wurde der Res-tek-Kontrollstandard analysiert. In Abbil-dung 5 ist das für den Kontrollstandard plus IS erhaltene Chromatogramm dar-gestellt.

Die Genauigkeit für 12 Wiederholun-gen ist in Tabelle 4 aufgeführt. [Hinweis: während der Analyse des Kontrollstan-dards beobachteten wir ein spät eluieren-des Abbauprodukt von Acetaldehyd. Ent-hält ein Standard Acetaldehyd, empfehlen wir, auf einen spät eluierenden Verschlep-pungspeak zu achten und wenn nötig, die isotherme Laufzeit auf ungefähr 20 Minu-ten auszudehnen, um ein Auftreten dieses Abbauproduktes zu überprüfen].

Fazit

Die Effizient, die der GERSTEL-MPS bei der Blutalkoholanalyse zulässt, erfüllt oder übertrifft die Trennleistungskri-terien des kalifornischen Titel 17 zur forensischen Alkoholanalyse und Ate-malkoholanalyse. Während der dreimo-natigen Testphase bestätigte sich die Robustheit und Reproduzierbarkeit der Methode. Die vorliegende Geräteaus-stattung in Verbindung mit der Prep-Ahead-Funktion der MAESTRO-Steu-ersoftware ermöglichte eine Probenäqui-librierung verbunden mit einem gestei-gerten Probendurchsatz. Der GERS-TEL-MPS lieferte ebenfalls gute Resul-tate, als er mit Doppelsäulen zur Blutal-kohol-Bestätigungsmethode eingesetzt wurde.

Abbildung 5: Doppel-FID-Spuren des Restek-Kontrollstandards (#36256) und des Internen Standards (IS).

Abbildung 3: FID-Spur des Auflösungsstandards für die kalifornische Vorgabe.

Abbildung 4: Doppel-FID-Spuren des Sekundärstandards (SS) mit zwei identischen DB-ALC 2-Säulen.

GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial 25

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Die Entwicklung einer SPME-GC-Methode erfordert Erfahrung und Enga-gement. Bis das Optimum aller Parame-ter definiert, die Rahmenbedingungen festgelegt sind, fließt mancher Tropfen Schweiß und viel Wasser den Rhein her-unter. Je mehr Schritte sich automatisie-ren lassen, umso effi zienter schreitet der Anwender ans Werk. Bei der Wahl der richtigen SPME-Faser erleichtert eine für den GERSTEL-MultiPurposeSam-pler (MPS) entwickelte Option namens MultiFiberEXchance (MFX) das Expe-rimentieren. Mit der MFX-Option und dank ihrer Einbindung in die GERSTEL- MAESTRO-Steuersoftware lassen sich SPME-Fasern im Verlauf einer GC-Sequenz voll automatisiert austauschen. Die ideale Faser lässt sich also ohne manuelles Eingreifen herausfinden. Die MFX ist in zwei Ver-sionen erhältlich: zum einen für den auto-matisierten Wech-sel von drei SPME-Fasern, was der effi -zienten Methoden-entwicklung oder dem fl exiblen Ein-

Festphasenextraktionen (SPE) manuell durchzuführen, kostet Zeit und oft Ner-ven, insbesondere dann, wenn Wiederfi n-dung und Wiederholbarkeit zu wünschen übrig lassen. Entspannter und zeitsparen-der verläuft die SPE, wird der Vorgang automatisiert. Der MultiPurposeSamp-ler MPS von GERSTEL macht’s mög-lich – dank seines neuen SPE-Moduls. Manuelle Techniken der Solid Phase Ext-raction (SPE) erfordern meist viel Zeit und Geduld. Wiederfi ndung und Wie-derholbarkeit können zudem Schwan-kungen unterliegen. Die Autosampler der GERSTEL-MPS-Familie verfügen über eine modular erweiterbare SPE-Option, bei der jede Probe mit einer neuen SPE-Kartusche aufbereitet wird: Sämtliche SPE-Schritte lassen sich automatisie-ren und zeitsparend verschachteln. Die Probenvorbereitung erfolgt on- oder off -line, die Dosierung defi nierter Volumina exakt und reproduzierbar. Injiziert wird wahlweise in ein GC- oder LC-System. Da das Eluat unter Druck und mittels

Die quantitative Analyse der Inhaltsstoff e einer Substanz wäre ohne die reproduzier-bare Einwaage einer adäquaten Probe-menge undenkbar. Während sich die Pro-benvorbereitung im Vorfeld von GC- und LC-Analysen voll automatisieren lässt, erfolgt die Probeneinwaage in aller Regel immer noch von Hand. Das muss aber nicht sein. Die Entwickler von GERS-TEL haben den MultiPurposeSampler MPS mit einer Wäge-Option versehen, mit der sich die elektronische Analysen-waage Sartorius, Modellreihe ME, auto-matisch bestücken lässt. Standard-Vials werden vom MPS auf die Waage gestellt und gewogen; die ermittelte Masse wird in eine zuvor angelegte Excel-Tabelle geschrieben. Mithilfe der Wäge-Option und der GERSTEL-MAESTRO-Soft-ware lassen sich die einzelnen Schritte der Gewichtsnahme in eine Probenvor-bereitungssequenz des MPS integrieren. Es besteht auch die Möglichkeit, meh-rere Wägeschritte mit einem Vial durch-zuführen. Ermittelt werden in diesem Fall die Diff erenzmassen zur vorausgegange-nen Messung. Die Massen werden in eine Excel-Tabelle geschrieben, die für jedes Vial eine Zeile und für jede Messung eine Spalte besitzt. Die Tabelle erstellt der Anwender zu Beginn der Probenvorbe-reitung nach Maßgabe des individuellen Anforderungsprofi ls. Die Wäge-Option lässt sich etwa nutzen, um die Masse einer zudosierten Flüssigkeit zu ermitteln, und erspart damit aufwändige Berechnungs-schritte.

satz für mehrere Analysen-Methoden dient, zum anderen für den Wechsel von bis zu 25 Fasern, die etwa als Passivsamm-ler im Einsatz waren. Um die anhaften-den Analyten qualitativ beziehungsweise quantitativ bestimmen zu können, sind mit unter weitere Schritte erforderlich. Das Einsatzspektrum des MPS erstreckt sich unter anderem auf die automatisierte Deri-vatisierung der Analyten vor oder nach der Extraktion. Weiter beherrscht der MPS alle gängigen Techniken wie Flüssigdo-sierung, automatisierte dynamische Head-space, Twister-Technologie (SBSE) und automatisierte SPE. Apropos: Der Agi-

tator 007 des MPS schüttelt oder rührt faserschonend; er kühlt oder erwärmt die Probe und bietet Platz für extralange

SPME-Fasern. Das Komplett-system steuern Sie komfortabel mit

nur einer Methode und einer Sequenz

dank de r in teg-rierten GERSTEL- MAESTRO-Software.

MultiPurposeSampler (MPS) mit neuer modularer Erweiterung

SolidPhase-Extraction (SPE) imHandumdrehen automatisieren

GERSTEL-MultiFiberEXchance (MFX)

SPME-Phasen automatisiert wechseln

einer Einmal-Kanüle in ein geschlosse-nes Vial überführt wird, verläuft die SPE sauber, verlust- und kontaminationsfrei. Konditionierung, Extraktion und Elu-tion der Kartuschen erfolgen allesamt effi zient und sicher in der SPE-Station des MPS. Und da es sich um handels-übliche SPE-Kartuschen handelt, lassen sich bewährte manuelle Methoden direkt übertragen, automatisieren und komfor-tabel per Mausklick steuern – inklusive Probenvorbereitungsschritte wie Verdün-nen, Mischen, Zudosieren von Standards oder Derivatisieren.

GERSTEL-MPS-Wäge-Option

Proben automatisiert einwiegen, vorbereiten

und aufgeben

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26 GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial

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GERSTEL-MAESTRO-Software

„Stand-alone“-Betrieb oder vollintegriert in die Agilent ChemStation bzw. angebunden an die Agilent Mass-Hunter Software

Eine Sequenztabelle steuert das gesamte System inklusive GC/MS beziehungsweise LC/MS

Probenvorbereitung per Mausklick mit dem „PrepBuilder“

PrepAhead: Automatische Mehrfach-Verschachtelung von Probenvorbereitung und Analyse für optimale Produktivität

Dringliche Proben können jederzeit eingeschoben werden

LOG-fi le und Service-LOG-fi le Automatische Benachrichtigung per E-Mail

bei Systemstörung Steuerung von bis zu 4 Systemen Interaktive Online-Hilfe in deutscher Sprache

Probenvorbereitung und Probenaufgabe per Mausklick

Der GERSTEL-MultiPurposeSampler MPS ist der multifunk-tionale Autosampler für die automatisierte Probenvorberei-tung und Probenaufgabe in der GC und LC. Jeder einzelne Schritt lässt sich per Mausklick aus einem übersichtlichen Menü der MAESTRO-Software auswählen und mit GC-(GC/MS)- beziehungsweise LC-(LC/MS)-Methoden kombinie-ren. Die Probenvorbereitung erfolgt, während die voraus-gehende Probe analysiert wird. Die zeitliche Mehrfach-Ver-schachtelung von Probenvorbereitung und Analyse garan-tiert Ihnen höchste Produktivität.

Mit dem MPS automatisieren Sie unter anderem folgende Probenvorbereitungsschritte und Techniken:

Proben

Probenvorbereitung per Mausklick:Sämtliche erforderlichen Parameter lassen sich bequem aus einem Menü zu einer fertigen Methode zusammenstellen. Beispiel:

ADDHinzufügen von Lösungsmitteln, Standards oder Reagenzien

MOVETransport des Vials oder der Kartusche

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Intelligente Probenvorbereitungper Mausklick (Teil 1)

MAESTRO gestaltet das Zusammenspielaller GERSTEL-Module und -Systeme effi zientund komfortabel:

GERSTEL Aktuell – »Forensik«-Spezial 27

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Intelligente Probenvorbereitung per Mausklick (Teil 2)