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Forschungspraktikum: Edmonton, Kanada Durch einen Plakataushang im Biologiecampus, bin ich auf das Stipendium der University of Alberta in Edmonton aufmerksam geworden. Vorerst erschien mir eine Teilnahme unwahrscheinlich, da meine Noten nicht überdurchschnittlich waren. Durch ein weiteres Schreiben des Studienkoordinators, welches auf mangelnde Teilnehmerzahl hinwies, habe ich mich letztendlich doch entschlossen meine Bewerbung abzuschicken, da ich ohnehin meinen Lebenslauf in englischer Sprache verfassen wollte. Leider war das Schreiben sehr kurzfristig und ein firstgerechtes Bearbeiten und Ausfüllen der Formulare war dann leider nicht mehr möglich, da Referenzen von mindestens zwei Professoren benötigt wurden und diese nur durch eine vom Bewerbungssystem generierten Email erlaubt wurden. Dieser Schritt ist sehr zeitintensiv und sollte früh begonnen werden. Auf Grund eines Fehlers im Systems wurde meine Bewerbungsfrist dann um eine weitere Woche aufgeschoben, so dass ich die notwendigen Unterlagen einsenden konnte. Bei dem Bewerbungsprozess konnte man zudem sein Fachgebiet für das Forschungspraktikum favorisieren. Einige Woche später empfing ich eine Email mit der Zusage und Aufnahme ins Stipendienprogramm der University of Alberta (UARE). Die Email beinhaltete zudem eine Checkliste aller weiteren Schritte, die für die kanadische und universitäre Behörde notwendig waren. Zusätzlich wurde einem Hilfe und Hinweise zu allen organisatorischen Aufgaben wie Finanzen, Wohnungssuche, Versicherung, Alltag usw. gegeben. Bei der Menge der zu erledigenden bürokratischen Aufgaben und Formalitäten kann man zu Beginn leicht den Überblick verlieren und schnell verzweifeln, da lohnt es sich wirklich ein To-Do-Liste mit Abgabeterminen anzufertigen. Auch sollten alle Maßnahmen so schnell wie möglich begonnen werden, denn die Behörden, insbesondere die kanadische Botschaft, haben ihren eigenen Rhythmus. Die Beantragung eines Arbeitsvisums erwies sich als sehr umständlich und bedurfte vieler Dokumente. Für den gesamten deutsch-sprachigen Raum ist nur eine Botschaft zuständig, welche ihren Sitz in Wien hat. Telefonisch war der Kontakt nicht möglich und jede Email hat eine gewisse Bearbeitungszeit. Da vermehrt Beschwerden über die Botschaft aufkamen, hat die University of Alberta ein offizielles Schreiben aufgesetzt, was die gesamten Antragsstellung beschleunigte. Sollten irgendwelche Fragen oder Schwierigkeiten aufkommen, lohnt es sich die entsprechenden Bezugspersonen zu kontaktieren und Stress vermeiden, denn oft haben viele Bewerber das gleiche Problem oder Zweifel. Bei der Wohnungssuche hatte ich enormes Glück und hatte durch die von der Universität weitergeleiteten Angebote noch eine last-minute Wohnung finden können. Mein WG-Zimmer war mit $450 CAD leicht über dem durchschnittlichen Mietpreis, jedoch war es weit aus günstiger als ein Zimmer in einem der möblierten Plaza-Unterkünfte, die dort häufig für Studenten angeboten werden. Insgesamt betrachtet ist Edmonton auf eine riesige Fläche

Forschungspraktikum: Edmonton, Kanada · habe für mein Projekt teuere Chemikalien und Mikroskope anvertraut bekommen und wurde auch in die aktuelle Forschungsarbeit miteinbezogen

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Page 1: Forschungspraktikum: Edmonton, Kanada · habe für mein Projekt teuere Chemikalien und Mikroskope anvertraut bekommen und wurde auch in die aktuelle Forschungsarbeit miteinbezogen

Forschungspraktikum: Edmonton, Kanada

Durch einen Plakataushang im Biologiecampus, bin ich auf das Stipendium der University of

Alberta in Edmonton aufmerksam geworden. Vorerst erschien mir eine Teilnahme

unwahrscheinlich, da meine Noten nicht überdurchschnittlich waren. Durch ein weiteres

Schreiben des Studienkoordinators, welches auf mangelnde Teilnehmerzahl hinwies, habe

ich mich letztendlich doch entschlossen meine Bewerbung abzuschicken, da ich ohnehin

meinen Lebenslauf in englischer Sprache verfassen wollte. Leider war das Schreiben sehr

kurzfristig und ein firstgerechtes Bearbeiten und Ausfüllen der Formulare war dann leider

nicht mehr möglich, da Referenzen von mindestens zwei Professoren benötigt wurden und

diese nur durch eine vom Bewerbungssystem generierten Email erlaubt wurden. Dieser

Schritt ist sehr zeitintensiv und sollte früh begonnen werden. Auf Grund eines Fehlers im

Systems wurde meine Bewerbungsfrist dann um eine weitere Woche aufgeschoben, so dass

ich die notwendigen Unterlagen einsenden konnte. Bei dem Bewerbungsprozess konnte

man zudem sein Fachgebiet für das Forschungspraktikum favorisieren.

Einige Woche später empfing ich eine Email mit der Zusage und Aufnahme ins

Stipendienprogramm der University of Alberta (UARE). Die Email beinhaltete zudem eine

Checkliste aller weiteren Schritte, die für die kanadische und universitäre Behörde notwendig

waren. Zusätzlich wurde einem Hilfe und Hinweise zu allen organisatorischen Aufgaben wie

Finanzen, Wohnungssuche, Versicherung, Alltag usw. gegeben. Bei der Menge der zu

erledigenden bürokratischen Aufgaben und Formalitäten kann man zu Beginn leicht den

Überblick verlieren und schnell verzweifeln, da lohnt es sich wirklich ein To-Do-Liste mit

Abgabeterminen anzufertigen. Auch sollten alle Maßnahmen so schnell wie möglich

begonnen werden, denn die Behörden, insbesondere die kanadische Botschaft, haben ihren

eigenen Rhythmus. Die Beantragung eines Arbeitsvisums erwies sich als sehr umständlich

und bedurfte vieler Dokumente. Für den gesamten deutsch-sprachigen Raum ist nur eine

Botschaft zuständig, welche ihren Sitz in Wien hat. Telefonisch war der Kontakt nicht möglich

und jede Email hat eine gewisse Bearbeitungszeit. Da vermehrt Beschwerden über die

Botschaft aufkamen, hat die University of Alberta ein offizielles Schreiben aufgesetzt, was

die gesamten Antragsstellung beschleunigte. Sollten irgendwelche Fragen oder

Schwierigkeiten aufkommen, lohnt es sich die entsprechenden Bezugspersonen zu

kontaktieren und Stress vermeiden, denn oft haben viele Bewerber das gleiche Problem oder

Zweifel.

Bei der Wohnungssuche hatte ich enormes Glück und hatte durch die von der Universität

weitergeleiteten Angebote noch eine last-minute Wohnung finden können. Mein WG-Zimmer

war mit $450 CAD leicht über dem durchschnittlichen Mietpreis, jedoch war es weit aus

günstiger als ein Zimmer in einem der möblierten Plaza-Unterkünfte, die dort häufig für

Studenten angeboten werden. Insgesamt betrachtet ist Edmonton auf eine riesige Fläche

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verteilt und so ist man ohne Auto, welches das absolute Hauptverkehrsmittel ist, teilweise

eingeschränkt, wenn man von A nach B kommen will. Das spärlich ausgebaute Netz der

öffentlichen Verkehrsmittel zum Preis von $100 CAD im Monat ist die einzige Alternative zum

Fahrrad. So sollte man bei der Lage der Unterkunft darauf achten, das Anschluss zum LRT

(Ubahnnetz) besteht.

Bei der Anreise nach Kanada ist darauf zu achten, dass man für alle Flüge mit einem

Zwischenstopp in den USA eine ESTA-Visum benötigen, welches frühzeitig beantragt

werden muss.

Je mehr Zeit ich für die Organisation des Forschungspraktikums investierte, desto größer

wurden auch die Zweifel, ob es die richtige Entscheidung ist und letzten Endes die gesamte

Mühe wert war. Anders als bei einem Austauschsemester, bei dem das Kennenlernen

anderer Studenten und der anderen Kultur stark im Vordergrund steht, ist bei einem

Praktikumsaufenthalt im Ausland die arbeitstechnische Entwicklung im Vordergrund. Diese

Erkenntnis beeinflusste mich stärker als ich es mir vorerst eingestehen wollte. Ich hatte das

bedrückende Gefühl dadurch mein Leben bereits auf eine gewisse Berufslaufbahn festlegen

zu müssen und gewisse Freiheiten, die man durch das reine Studium hat, aufzugeben. Hinzu

kamen auch Bedenken, ob ich den an mich gestellten Ansprüchen der Forschungsarbeit

genügen würde, da meine Leistungen nicht überdurchschnittlich waren.

Dennoch habe ich mich für dieses Praktikum entschieden. Ich habe diese Möglichkeit als

Chance gesehen, mich für eine gewisse Zeit auf den Forschungsalltag einzulassen, neue

Techniken zu erlernen und so tief wie möglich in die Arbeit einzusteigen, um dann

entscheiden zu können, ob ich diese Berufsweg wählen möchte oder nicht. Schließlich hatte

ich immer in meiner persönlichen Entwicklung davon profitiert, genau die Dinge zu wagen,

die eine gewisse Anstrengung und Unbequemlichkeit mit sich bringen.

Der Arbeitsalltag zeigte mir, dass ich zum Teil auf mein bisheriges Wissen und meine

erlernte Fähigkeiten zurückgreifen konnte. Weitere Techniken zeigte mir meine

Praktikumsleiterin Prof. Lacy persönlich und zeigte dabei viel Verständnis, so dass

permanent eine gute Balance aus Routinearbeit und neuen Anforderungen bestand.

Ungewohnter Weise wurde mir auch gleich zu Beginn eine hohe Verantwortung übertragen.

Dieses Vertrauen gegenüber Studenten hatte ich bis dahin nicht in dem Maße gekannt. Ich

habe für mein Projekt teuere Chemikalien und Mikroskope anvertraut bekommen und wurde

auch in die aktuelle Forschungsarbeit miteinbezogen.

Das Arbeitsklima war sehr entspannt und gelassen, besonders was den Umgang mit dem

Vorgesetzten betraf. Jeder der Arbeiter war bereit zu helfen, in der Arbeit als auch in privaten

Angelegenheiten. Oft wurden nach Feierabend am Freitag gemeinsame Aktivitäten

unternommen. Insgesamt war der Umgang miteinander sehr unkompliziert und man hielt

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sich nicht unnötig an Reglungen auf, so dass ich mich manchmal selber ertappt habe, mit

der deutschen Herangehensweise zu sehr auf Regelungen zu achten.

Für die Austauschstudenten wurden viele Aktivitäten organisiert und viele der trafen sich

dann in ihrer Freizeit. Ich habe versucht von diesen Veranstaltung fernzubleiben, ungeachtet

dessen, dass sie eine einfache Gelegenheit darstellen, Kontakt zu anderen herzustellen und

herumzukommen. Persönlich halte ich es für problematisch, da man dadurch oft nur Umgang

mit Austauschstudenten hat. Ich habe durch den alleinigen Kontakt zu Kanadiern viele

Freunde gefunden.

Kanada ist ein großes Land und dessen wird man sich schnell bewusst. Die Dimensionen

sind enorm und Ausflugsziele von drei Stunden Entfernung sind das Minimum. In Edmonton,

mit seiner zentralen Lage, hat man schnell das Gefühl von der Welt abgeschnitten zu sein.

Auch verfügt Alberta über riesige Ölvorkommen, wodurch die Industrie einen hohen

Stellenwert einnimmt. So spürt man schnell das Edmonton eine Arbeiterstadt ist, die mit

ihren Malls, ihren Bauten, ihren Straßen und ihrer Downtown einer US-amerikanischen Stadt

ähnelt. Um diesem Eindruck entgegenzuwirken wird ein großes kulturelles Angeboten

präsentiert und auch die Universität versucht den Studenten viel Programm zu bieten,

internationale Studenten zu halten und ihnen das Leben so abwechslungsreich wie möglich

zu gestalten.

Alles in allem war mein Forschungspraktikum in Kanada eine wichtige Erfahrung. Ich habe

gemerkt, dass ich der Forschungsarbeit, als bloße Ausführende Kraft, in meiner beruflichen

Zukunft nicht nachgehen werde. Was das Land Kanada betrifft habe ich eine wunderbare

Kultur und viele Freunde kennenlernen dürfen, wofür ich sehr dankbar bin.

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Nähe „university station“ mit Blick auf das Heritage Medical Research Center (HMRC)

Blick auf den Fluss Saskatchewan, der die Stadt teilt

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„Native festival“ zum Aboriginal Day

Edmonton – downtown

Wohnsiedlung nähe „century park“