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109 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Übersicht DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Sprecher: Prof. Dr. Helmut Bartsch Cytopathologie (C0100) Prof. Dr. med. Peter Bannasch 06221 42-3202, FAX 06221 42-3222 e-mail: [email protected] Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200) Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch 06221 42-3300, FAX 06221 42-3359 e-mail: [email protected] Molekulare Toxikologie (C0300) Prof. Dr. rer. nat. Manfred Wießler 06221 42-3311, FAX 06221 42-3375 e-mail: [email protected] Wechselwirkungen von Carcinogenen mit biologischen Makromolekülen (C0400) Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz W. Thielmann 06221 42-4508, FAX 06221 42-4553 e-mail: [email protected] Klinische Epidemiologie (C0500) Prof. Dr. Anthony B. Miller 06221 42-2219, FAX 06221 42-2203 e-mail:[email protected] Umweltepidemiologie (C0600) Prof. Dr. sc. math. Jürgen Wahrendorf 06221 42-2201, FAX 06221 42-2229 e-mail: [email protected] Genetische Veränderungen in der Karzinogenese (C0700) Dr. Monica Hollstein PhD 06221 42-3302, FAX 06221 42-3342 e-mail: [email protected] Die Bedeutung von Krebs als eine der nicht übertragba- ren Krankheiten mit der höchsten Sterblichkeitsziffer bei Männern und Frauen in Deutschland wird in den näch- sten zwei Jahrzehnten noch weiter dramatisch anwach- sen. Die Krebsfälle, die pro Jahr in Deutschland diagno- stiziert werden, sollen nach dieser Schätzung statt 330.000 im Jahr 2000 rund 560.000 im Jahr 2040 betra- gen. Dies trifft für die Mehrzahl der Krebsfälle, vor allen Dingen den Lungenkrebs zu, da bis auf einige relativ seltene Krebsformen nur wenige Fortschritte in der Behandlung von Krebs erzielt worden sind. Dieses Szenario macht es dringend erforderlich, nicht nur die Behandlung von Krebs sondern vor allen Dingen auch die Prävention und Früherkennung voranzutreiben. Nach realistischen Ein- schätzungen könnten bis zu 30 % der neuen Krebsfälle in einem Zeitrahmen von 20 bis 30 Jahren verhindert werden. Die Anwendbarkeit der Fortschritte, die sowohl für die Behandlung als auch für die Prävention aus dem Human Genom-Projekt resultieren, wird jedoch erst dann möglich sein, wenn diese durch epidemiologische Studi- en in der Allgemeinbevölkerung bestätigt sind. Unver- zichtbare Voraussetzung für präventive Maßnahmen ist die Kenntnis der Hauptursachen und das Verständnis der Mechanismen der Krebsentstehung. Diese Voraus- setzung ist jedoch in vielen Fällen noch nicht erfüllt. Im Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention werden Faktoren untersucht, die in der Kanzerogenese eine Rolle spielen und daher die Grund- lage für Krebspräventionsprojekte bilden. Haupt- forschungsfelder sind (1) die Aufklärung exogener und endogener Krebsrisikofaktoren sowie Risikoab- schätzungen durch epidemiologische, pathologische und toxikologische Methoden, (2) Untersuchungen von erblichen genetischen Veränderungen, die eine Krebs- disposition und ein erhöhtes Risiko durch Gen- Umweltinteraktionen darstellen, (3) Aufklärung von Kan- zerogen-induzierten DNA- und Genschäden, (4) Identifi- zierung und Analyse von präkanzerösen Veränderungen, (5) Mechanismen der Chemoprävention und krebsprotektiver Faktoren, klinische Studien und schließ- lich (6) Entwicklung von Tumortherapeutika. Die Erkennt- nisse aus diesen Untersuchungen tragen zu einer bes- seren Kenntnis der Ursachen und Mechanismen der Krebsentstehung bei und erlauben das Fortschreiten und Umsetzen von effektiven Präventions-Maßnahmen. Neue Abteilungen im Schwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention werden diese Aufgaben überneh- men: die Abteilungen Molekulargenetische Epidemiolo- gie, Chemoprävention (beide Abteilungen in Planung) und die Klinische Epidemiologie, die bereits im Septem- ber 1999 gegründet wurde. Die im Januar 2000 gegrün- dete Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebs- entstehung untersucht Karzinome, frühe neoplastische Veränderungen und menschliche Tumorzell-Linien auf Veränderungen in der DNA-Sequenz und auf Verände-

Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention · Therapeutikum freigesetzt und tötet die Zelle. Die Leiter der Abteilungen Cytopathologie (Prof. Peter Bannasch)

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Übersicht

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und KrebspräventionSprecher: Prof. Dr. Helmut Bartsch

Cytopathologie (C0100)Prof. Dr. med. Peter Bannasch� 06221 42-3202, FAX 06221 42-3222e-mail: [email protected]

Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200)Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch� 06221 42-3300, FAX 06221 42-3359e-mail: [email protected]

Molekulare Toxikologie (C0300)Prof. Dr. rer. nat. Manfred Wießler� 06221 42-3311, FAX 06221 42-3375e-mail: [email protected]

Wechselwirkungen von Carcinogenen mitbiologischen Makromolekülen (C0400)Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz W. Thielmann� 06221 42-4508, FAX 06221 42-4553e-mail: [email protected]

Klinische Epidemiologie (C0500)Prof. Dr. Anthony B. Miller� 06221 42-2219, FAX 06221 42-2203e-mail:[email protected]

Umweltepidemiologie (C0600)Prof. Dr. sc. math. Jürgen Wahrendorf� 06221 42-2201, FAX 06221 42-2229e-mail: [email protected]

Genetische Veränderungen in der Karzinogenese(C0700)Dr. Monica Hollstein PhD� 06221 42-3302, FAX 06221 42-3342e-mail: [email protected]

Die Bedeutung von Krebs als eine der nicht übertragba-ren Krankheiten mit der höchsten Sterblichkeitsziffer beiMännern und Frauen in Deutschland wird in den näch-sten zwei Jahrzehnten noch weiter dramatisch anwach-sen. Die Krebsfälle, die pro Jahr in Deutschland diagno-stiziert werden, sollen nach dieser Schätzung statt330.000 im Jahr 2000 rund 560.000 im Jahr 2040 betra-gen.

Dies trifft für die Mehrzahl der Krebsfälle, vor allen Dingenden Lungenkrebs zu, da bis auf einige relativ selteneKrebsformen nur wenige Fortschritte in der Behandlungvon Krebs erzielt worden sind. Dieses Szenario macht esdringend erforderlich, nicht nur die Behandlung vonKrebs sondern vor allen Dingen auch die Prävention undFrüherkennung voranzutreiben. Nach realistischen Ein-schätzungen könnten bis zu 30 % der neuen Krebsfällein einem Zeitrahmen von 20 bis 30 Jahren verhindertwerden. Die Anwendbarkeit der Fortschritte, die sowohlfür die Behandlung als auch für die Prävention aus demHuman Genom-Projekt resultieren, wird jedoch erst dannmöglich sein, wenn diese durch epidemiologische Studi-en in der Allgemeinbevölkerung bestätigt sind. Unver-zichtbare Voraussetzung für präventive Maßnahmen istdie Kenntnis der Hauptursachen und das Verständnisder Mechanismen der Krebsentstehung. Diese Voraus-setzung ist jedoch in vielen Fällen noch nicht erfüllt.

Im Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren undKrebsprävention werden Faktoren untersucht, die in derKanzerogenese eine Rolle spielen und daher die Grund-lage für Krebspräventionsprojekte bilden. Haupt-forschungsfelder sind (1) die Aufklärung exogener undendogener Krebsrisikofaktoren sowie Risikoab-schätzungen durch epidemiologische, pathologischeund toxikologische Methoden, (2) Untersuchungen vonerblichen genetischen Veränderungen, die eine Krebs-disposition und ein erhöhtes Risiko durch Gen-Umweltinteraktionen darstellen, (3) Aufklärung von Kan-zerogen-induzierten DNA- und Genschäden, (4) Identifi-zierung und Analyse von präkanzerösen Veränderungen,(5) Mechanismen der Chemoprävention undkrebsprotektiver Faktoren, klinische Studien und schließ-lich (6) Entwicklung von Tumortherapeutika. Die Erkennt-nisse aus diesen Untersuchungen tragen zu einer bes-seren Kenntnis der Ursachen und Mechanismen derKrebsentstehung bei und erlauben das Fortschreitenund Umsetzen von effektiven Präventions-Maßnahmen.Neue Abteilungen im Schwerpunkt Krebsrisikofaktorenund Krebsprävention werden diese Aufgaben überneh-men: die Abteilungen Molekulargenetische Epidemiolo-gie, Chemoprävention (beide Abteilungen in Planung)und die Klinische Epidemiologie, die bereits im Septem-ber 1999 gegründet wurde. Die im Januar 2000 gegrün-dete Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebs-entstehung untersucht Karzinome, frühe neoplastischeVeränderungen und menschliche Tumorzell-Linien aufVeränderungen in der DNA-Sequenz und auf Verände-

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention Übersicht

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

rungen in der Gen-Expression, die mit der Entwicklungvon Krebs zusammenhängen.

Die Abteilung Klinische Epidemiologie besteht aus dreiProjektgruppen: der Gruppe Genetische Epidemiologie,die die Rolle von genetischen Faktoren in der Entstehungvon Brust- und Eierstockkrebs untersucht und zusam-men mit Klinikern und Epidemiologen ein Konsortium fürdie Untersuchung der Krebsdisposition durch die GeneBRCA1 und BRCA2 bildet. Auch die Projektgruppe“Krebsprävention” wird mit einer Reihe von klinischorientierten Forschern kooperieren; ihr Ziel ist die Ent-wicklung einer Brustkrebstherapie auf Hormonbasis. DieProjektgruppe “Ernährung” betreut eine prospektive Stu-die über Ernährung und Krebs (EPIC), an der 25.000Personen in der Heidelberger Studie teilnehmen; die Stu-die wird von der IARC in Lyon, Frankreich, koordiniert.Die Studien zu genetischen Risikofaktoren beziehen sichauch auf die Untersuchung von Genumweltinteraktionen.Ätiologische Aspekte einschließlich sozialer, ökonomi-scher und medizinischer Aspekte sind in allen Projektenmit eingeschlossen. Die Suche nach Risikofaktoren undKrebsursachen wird mit Hilfe der deskriptiven Epidemio-logie einschließlich kartographischer Präsentation derKrebssterblichkeit und der Evaluation neuer statistischerMethoden hinsichtlich arbeitsplatz-epidemiologischerStudien durchgeführt. Zur Zeit sind Studien in Planung,die sich mit der Evaluation von Screening-Methoden fürverschiedene Krebslokalisationen befassen, und es wer-den Maßnahmen zur Verbesserung der Krebs-behandlung diskutiert.

Zu den Aufgaben der Einheit Umweltepidemiologie ge-hören die Untersuchung des Einflusses von verschiede-nen Umweltfaktoren, zum Beispiel elektromagnetischerFelder, ionisierender Strahlung und Berufsrisiken auf dieEntwicklung verschiedener Krebsarten. Der derzeitigeHauptschwerpunkt wird auf die Untersuchung elektro-magnetischer Felder gelegt, die bei dem Gebrauch vonHandys (mobile phones) auftreten und deren Bedeutungauf die Entwicklung von Hirntumoren. In diesem Zusam-menhang werden groß angelegte Untersuchungendurchgeführt, um das Verhältnis zwischen möglichen Ri-sikofaktoren und personenbezogenen Abhängigkeitenmit der Hilfe klassischer epidemiologischer Instrumentesowie mit Hilfe von Fragebögen zu erfassen. Weiterhinwerden ausgedehnte Untersuchungen über den Zusam-menhang zwischen vermuteten Risikofaktoren und so-matischen Gegebenheiten mit Biomarkern, Wirts-faktoren, genetischer Prädisposition und Co-Sterblichkeitdurchgeführt. Desgleichen wird der Einfluss anderer Um-weltfaktoren z. B. der Ernährung und des Rauchens aufdie Krebsentstehung analysiert. Für den bevölke-rungsspezifischen Aspekt ist der weitere Ausbau von sta-tistischen Methoden in der Epidemiologie von ganz be-sonderer Bedeutung.

Die Forschungsaktivitäten in der Abteilung Toxikologieund Krebsrisikofaktoren umfassen die Aufklärung vonumweltbezogenen Risikofaktoren und Studien überWechselwirkungen von kanzerogenen Stoffen mit erwor-benen oder geerbten Wirtsfaktoren (genetische Dispo-sition) beim Menschen. Besonderer Wert wird darauf ge-legt, die molekularen Mechanismen zu untersuchen, diedie Grundlage von chronischen Infektionen bzw. entzünd-lichen Prozessen darstellen, die letztendlich zu Krebsführen oder die Krebsentstehung beschleunigen. Diessollte die Charakterisierung und die Bewertung vonDNA-Veränderungen erlauben, die durch andauerndenoxidativen Stress und durch Lipidperoxidation in krebsan-fälligen Geweben und Zellen des Menschen entstehenund somit neue Einblicke in die Mechanismen und dieVeränderungen zulassen, die am Anfang der Umwand-lung einer normalen Zelle in eine maligne Zelle stehen.Ein wichtiges Forschungsfeld ist die Entwicklung vonhoch sensitiven Methoden für den Nachweis von DNA-Schäden und von Biomarkern, die Krebsanfälligkeit an-zeigen. Diese Methoden sollen in der Krebs-epidemiologie und den klinischen InterventionsstudienAnwendung finden. Große Bedeutung haben auch diePläne zum Aufbau von Studien in der molekularen Epide-miologie, hier speziell zum Auffinden neuer genetischerPolymorphismen und bei der Suche nach weiteren Ge-nen zur Frühdiagnose einer Krebsdisposition. Weiterhinsollen Risikogruppen in der Bevölkerung für Präventions-und Screening-Untersuchungen über Gen-Umwelt-Wechselwirkungen aufgefunden werden, um das Wis-sen auf diesem Gebiet zu vertiefen. Eine Projektgruppehat 1996 mit der Suche nach krebschemopräventivenStoffen und ihren Wirkmechanismen vor dem Hinter-grund einer Anwendung in Präventionsstudien beim Men-schen begonnen. Durch selektive Synthesen und Te-stung von Strukturanalogen sollen neue krebspräventiveStoffe erforscht werden.

Die Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebs-entstehung untersucht Tumoren, frühe neoplastischeVeränderungen und menschliche Tumorzell-Linien aufVeränderungen in der DNA-Sequenz und auf Veränderun-gen in der Genexpression, die zur Entwicklung der Tumo-ren in Verbindung stehen. Das “Molecular Profiling” vonTumoren liefert Erkenntnisse über biologische Abläufeund Vernetzung, welche das Leben und Sterben der Zellebestimmen und öffnet so neue Wege für moderne dia-gnostische chemopräventive und therapeutische Strate-gien. In diesem Zusammenhang werden genetisch ver-änderte Mausstämme mit genau definierten molekula-ren Veränderungen erzeugt (zum Beispiel mit einerinaktivierenden Punktmodation im p53-TumorSuppressorgen), wie sie für Krebszellen typisch sind undzum malignen Wachstum beitragen. Die Mausmodellesollen die Entwicklung und die in vivo präklinische Eva-luation maßgeschneiderter Arzneimittel beschleunigen,welche ganz spezifisch molekulare Veränderungen inmenschlichen Tumoren ansteuern können. VerwandteMäusestämme, welche menschliche DNA-Sequenzentragen, sollen ebenfalls verwendet werden, um Hypothe-sen über den Ursprung spezifischer genetischer Defekte

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Übersicht

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

bewerten zu können, welche menschlichen Krankheitenzu Grunde liegen, einschließlich endogener und exoge-ner Krebsrisikofaktoren und Mechanismen, die für dieSchäden in der DNA-Sequenz verantwortlich sind.

Die Forschungsziele der Abteilung Molekulare Toxikolo-gie konzentrieren sich auf toxikologiesche Fragestellun-gen und auf die Entwicklung neuer Tumortherapeutika. Inder Toxikologie liegt das Schwergewicht auf der Analyseund der Strukturaufklärung von DNA-Addukten, die ver-wendet werden können, um die Belastung durch Um-weltgifte zu erfassen (Biomonitoring). Die derzeit emp-findlichste Methode zu diesem Zweck ist die 32P-Postlabeling-Analyse, die jedoch den Nachteil hat, dassmit hohen Mengen an Radioaktivität gearbeitet werdenmuss. Mit einem von uns entwickelten Verfahren könnenDNA-Addukte jedoch auch mit einem Fluoreszenzmarkerversehen und durch Kapillarelektrophorese bestimmtwerden. So konnten sogenannte endogene DNA Adduktenachgewiesen werden. In der Abteilung werden neue Arz-neimittel entwickelt, welche auf dem Konzept der Kopp-lung von Tumortherapeutika an Saccharide basieren, umden Transport zum Tumor und die Aufnahme in die Tu-morzellen zu erleichtern. Andere neue Strukturen, zumBeispiel Hemmstoffe von DNA-Reparaturenzymen, zei-gen ebenfalls vielversprechende Ergebnisse nach Kopp-lung an Monosaccharide. Die spezifische Aufnahme sol-cher Glykokonjugate durch Transportsysteme führt zu ei-ner Anreicherung der Substanzen im Zielorgan und redu-ziert unerwünschte Nebenwirkungen. KomplexeOligosaccharide sind Liganden für Lektine – wir versu-chen, solche tumorassoziierten Lektine mit syntheti-schen Oligosanchariden anzusprechen und zu isolieren,um sie letztendlich als Transportwerkzeug fürTherapeutika zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit, Arznei-mittel zielgenau an Tumoren zu bringen, ist ihrekovalente Kopplung an humanes Serumalbumin. Tumor-zellen nehmen Albuminkonjugate über Endozytose auf,im Lysosom, dem Magen der Zelle, wird das gekoppelteTherapeutikum freigesetzt und tötet die Zelle.

Die Leiter der Abteilungen Cytopathologie (Prof. PeterBannasch) und Wechselwirkungen von Carcinogenenmitbiologischen Makromolekülen (Prof. Heinz W.Thielmann) sind in Ruhestand gegangen.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Wissenschaftliche MitarbeiterDr. Matthias Bartelmann Dr. Walter Beerheide (- 04/01)Dr. Barbara Bertram Dr. Heike DallyDr. Norbert Frank Dr. Clarissa GerhäuserDr. Reinhold Klein Dr. Claudia MayerDr. Jagadeesan Nair Dr. Urmila NairProf. Dr. Hans Osswald Dr. Robert W. OwenDr. Odilia Popanda Dr. Angela RischDr. Margarita Rojas Dr. Hans-Rudolf ScherfDr. Peter Schmezer Dr. Bertold SpiegelhalderDr. Gisela Werle-Schneider

GastwissenschaftlerDr. Roger Godschalk Dr. Xin SunSomkid Sitthimonchai (09/01 - )

DoktorandenElisabeth Bertl (09/01 -) BeateBreitschopfReinhard Ebbeler Amira Gamal Eldeen (- 02/02)Kai Gassner Elke Heiß (- 08/01)Chi Tai Phong (10/01 -) Torsten Schattenberg (10/01-)Inge Schönffeldt Isabel StreckPatrick Schweizer Changping Xie

DiplomandenJörg Hümmerich Andreas Vogt (03-10/01)

Assistenz/technisches PersonalUrsula Bollow Christel DitrichReinhard Gliniorz Roswitha HaubnerMichael Huber (- 09/01) Birgit JägerClaudia Kalla ( - 09/01) Karin KlimoJutta Knauft Regina Merkel (- 02/02)Ulrike von Seydlitz-Kurzbach Peter WaasAndreas Wölfelschneider Gerd WürteleOtto Zelezny

SekretariatSusanna Fuladdjusch

AuszubildendeKarin Schüßler (- 02/02) Kai Doberstein

Die Hauptziele der Abteilung sind: (a) Identifizierung vonexogenen und endogenen Krebsrisikofaktoren und Auf-klärung ihrer Wirkmechanismen, (b) Charakterisierungkrebsvorbeugender Stoffe und Nachweis ihrer Effizienzin vorklinischen und klinischen Studien, (c) Entwicklungund Validierung neuer Methoden und Biomarker fürmolekularepidemiologische Studien zur Krebsätiologieund -prävention auf der Basis der gewonnenen mechani-stischen Erkenntnisse, (d) Initiierung und Beteiligung ansolchen Studien durch Beiträge zur Methodik und Pla-nung. Damit sollen die Voraussetzungen für eine effizi-ente Prävention von Krebserkrankungen durch Eliminie-rung der Risikofaktoren oder Unterbrechung der

Abteilung: Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200)Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch

Krankheitsentwicklung (Chemoprävention) geschaffenwerden.Viele der Forschungsaktivitäten in der Abteilung fallenunter „Biomarkerentwicklung und deren Anwendung inHumanstudien (Abb. 1). Viele dieser Untersuchungenbefinden sich erst in der Anfangsphase neben einigenbereits laufenden, groß angelegten molekularepi-demiologischen Studien [4].

Epidemiologische Beobachtungen zu Risiko- undprotektiven Faktoren bei Krebserkrankungen

Mechanistische Studien in experimentellen Systemenzur Bestimmung von Biomarkern/intermediären

Endpunkten ans Teil der Kausalkette�

Entwicklung von (nichtinvasiven) Methoden zurBestimmung von Expositions-/ Risikomarkern

Validierung in tierexperimentellen/humanenPilotstudien

Untersuchung von Markern in groß angelegtenepidemiologischen Studien

Feedback: Ätiologie, Prävention, Diagnose, Prognose

Abb. 1 Entwicklung und Validierung von Biomarkern in derHumankarzinogenese zur Anwendung in molekularepidemio-logischen oder klinischen Studien [2]

Die Hauptziele auf dem Gebiet derBiomarkerentwicklung und -anwendung beim Menschenbestehen darin, (a) neue Quellen derKarzinogenexposition zu identifizieren [7], insbesonderesolche, die durch endogene (entzündliche) Prozesse ent-stehen [10,18], (b) die Exposition der Bevölkerung mitHilfe von Markern der Schadstoffexposition und geneti-schen Disposition abzuschätzen, um damit Hochrisiko-gruppen zu identifizieren [9,14-17,19] und schließlich (c)die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen z.B. durch In-tervention mit chemopräventiven Substanzen zu verifi-zieren [1,4,20].Mitte 1996 wurden die Aktivitäten zur sekundären Krebs-prävention in der Abteilung intensiviert. Dachemopräventive Substanzen strukturell heterogen sindund unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen, wer-den neue vielversprechende Naturstoffe und synthetischeAnaloga identifiziert und bewertet [5,6,11-13]. Letztend-lich soll der Nachweis ihrer präventiven Wirksamkeitbeim Menschen, zuerst z.B. bei Patienten mit Dysplasienund später in der Allgemeinbevölkerung erbracht wer-den. Eine klinische Interventionsstudie [20] mit Sulindac(ein nicht steroidales Antiphlogistikum) undBiomarkeruntersuchungen [18] bei Patienten mit familiä-rer adenomatöser Polyposis (FAP) erbrachte den Beweiseiner krebspräventiven Aktivität bisher nur bei

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

kolektomierten FAP-Patienten. Des weiteren wurde einepartielle Rückbildung oraler Dysplasien durch Gabe ei-ner Antioxidantienkombination an Patienten mit Leuko-plakien bzw. nach chirurgischer Entfernung desPrimärkarzinoms in der Mundhöhle erreicht [1]. Eine eu-ropäische Interventionsstudie mit Kalzium-Ballaststoff-gabe bei Patienten mit sporadischen kolorektalen Ade-nomen und Placebokontrollen wurde zu Ende geführt [4].Fernziele sind die Charakterisierung und Erprobungneuer, wirksamer chemopräventiver Substanzen mit ge-ringer Langzeittoxizität und verstärkte interdisziplinäreForschungsaktivitäten: 1. Durchführung klinischer Versu-che an zugänglichen Dysplasien mit wiederholter, direk-ter Kontrolle nach Behandlung mit bekannten und neuenantidysplastischen Arzneimitteln, 2. Entwicklung undValidierung krebsprädiktiver Biomarker für schwer zu-gängliche Dysplasien, 3. Entwicklung neuerantidysplastischer Substanzen von hoher präventiverWirksamkeit bei einer Vielzahl unterschiedlicherDysplasien. Die Etablierung von zwei neuen Abteilungenfür ‘Molekulargenetische Epidemiologie’ (2002) und ‘Kli-nische Epidemiologie’ (seit 1999) sollte die Aktivitätendieses Forschungsschwerpunkts verstärken.Zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Grund-lagenforschern, Klinikern und Epidemiologen auf demGebiet der Krebsursachen- und Krebspräventions-forschung wurden 1999-2000 folgende multidisziplinärenVeranstaltungen abgehalten:� Third Taiwanese-German Workshop on Cancer

Causes and Prevention: Mechanisms, Preclinical andClinical Studies, Heidelberg, Juli 2000.

� International Workshop on Biomarkers in CancerChemoprevention, Heidelberg, Februar 2000 (organi-siert zusammen mit A.B. Miller, DKFZ und der IARC,Lyon, Frankreich [8].

� Training Course in Environmental Toxicology, Hanoi,November 2001. Sponsoren: UN Environmental Pro-gram, Chulabhorn Research Institute, Bangkok, Thai-land.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] *Barth, T.J., *Zöller, J., *Kuebler, A., *Born, I.A., Osswald, H.:Redifferentiation of oral dysplastic mucosa by the application ofthe antioxidants beta-carotene, alpha-tocopherol and vitamin C.International Journal for Vitamin and Nutrition Research 67(1997) 368-376.[2] Bartsch, H.: Studies on biomarkers in cancer etiology andprevention: a summary and challenge of interdisciplinaryresearch. Mutation Research 462 (2000) 255-279.[3] Bartsch, H., Nair, J.: New DNA-based biomarkers foroxidative stress and cancer chemoprevention studies. EuropeanJournal of Cancer 36 (2000) 1229-1234.[4] *Bonithon-Kopp, C., Kronborg, O., *Giacosa, A., Räth, U.,*Faivre, J. [Experts: *Milan, C., *Fenger, C., *Piard, F., *Belghiti C.,Owen, R. W., *Pignatelli, M.].: Calcium and fibre supplementationin the prevention of colorectal adenoma recurrence: a placebo-controlled intervention trial from the European Cancer PreventionOrganisation (ECP). Lancet 356 (2000) 1300-1306.[5] Gerhäuser, C., Alt, A., Klimo, K., Heiss, E., Neumann, I., Gamal-Eldeen, A., Knauft, J., Scherf, H., Frank, N., Bartsch, H., Becker,H.: Xanthohumol from hop (Humulus lupus) as a novel potentialcancer chemopreventive agent. Proc. Am. Assoc. Cancer Res.42 (2001) 18.

[6] *Ha, T., Gerhäuser, C., *Zhang, W., *Ho-Chong-Line, N.,*Fourasté, I.: New Lanostanoids from Ganoderma lucidum(Polyporaceae) that induce NAD(P)H:quinone oxidoreductase incultured Hepa1c1c7 murine hepatoma cells. Planta Medica 66(2000) 681-684.[7] Klein, R.G., Schmezer, P., Amelung, F., *Schroeder, H.-G.,*Woeste, W., *Wolf, J.: Carcinogenicity assays of wood dust andwood additives in rats exposed by long-term inhalation. Interna-tional Archives of Occupational and Environmental Health 74(2001) 109-118.[8] Miller, A.B., Bartsch, H., *Bofetta, P., *Dragsted, L.O., *Vainio,H.: Biomarker in Cancer Chemoprevention. IARC Sci. Publ. No.154 (2001) IARC, Lyon, Frankreich pp 1-294.[9] Nair, U., Bartsch, H.: Metabolic polymorphisms as suscepti-bility markers for lung and oral cavity cancer. In: Biomarkers inCancer Chemoprevention. Miller, A.B. et al. (eds.), IARC ScientificPublications N° 154 (IARC, Lyon, Frankreich) (2001) 271-290.[10] Nair, J., *Barbin, A., *Velic, I., Bartsch, H.: Etheno DNA-baseadducts from endogenous reactive species. Mutation Research424 (1999) 59-69.[11] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R.,Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: The antioxidant/anticancerpotential of phenolic compounds isolated from olive oil. EuropeanJournal of Cancer 36 (2000) 1235-1247.[12] Owen, R.W., *Mier, W., Hull, W.E., *Giacosa, A., Spiegel-halder, B., Bartsch, H.: (2000). Identification of lignans as majorcomponents in the phenolic fraction of olive oil. Clinical Chemistry46, 976-988.[13] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R., Würtele,G., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Olive oil consumption andhealth: the possible role of antioxidants. Lancet Oncology 1(2000) 107-112:[14] *Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., Risch, A., Rittgen, W.,*Kayser, K.W., *Dienemann, H., *Schulz, V., *Drings, P., *Thiel, S.,Bartsch, H.: Altered DNA repair capacity and bleomycinsensitivity as risk markers for non-small cell lung cancer. Interna-tional Journal of Cancer 95 (2001) 86-91.[15] Rojas, M., *Cascorbi, I., *Alexandrov, K., *Kriek, E., *Auburtin,G., *Mayer, L., Kopp-Schneider, A., *Roots, I., Bartsch, H.: Modu-lation of benzo[a]pyrene diolepoxide-DNA adduct levels in humanwhite blood cells by CYP1A1, GSTM1 and GSTT1 polymorphism.Carcinogenesis 21 (2000) 35-41.[16] Schmezer, P., *Rajaee-Behbahani, N., Risch, A., *Thiel, S.,Rittgen, W., *Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K.W., *Schulz,V., Bartsch, H.: Rapid screening assay for mutagen sensitivityand DNA repair capacity in human peripheral blood lymphocytes.Mutagenesis 16 (2001) 25-30.[17] Schmezer, P., *Rupprecht, T., *Tisch, M., *Maier, H., Bartsch,H.: Laryngeal mucosa of head and neck cancer patients showsincreased DNA damage as detected by single cell microgelelectrophoresis. Toxicology 144 (2000) 149-154.[18] Schmid, K., Nair, J., *Winde, G., *Velic, I., Bartsch, H.:Increased levels of promutagenic etheno-DNA adducts in colonicpolyps of FAP patients. International Journal of Cancer 87(2000) 1-4.[19] Wikman, H., Risch, A., Klimek, F., Schmezer, P., Spiegelhalder,B., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V., *Drings, P., Bartsch,H.: hOGG1 polymorphism and loss of heterozygosity (LOH):significance for lung cancer susceptibility in a caucasianpopulation. International Journal of Cancer 88 (2000) 932-937.[20] *Winde, G., *Schmid, K.W., *Brandt, B., *Mueller, O.,Osswald, H.: Clinical and genomic influence of sulindac on rectalmucosa in familial adenomatous polyposis. Diseases of the Colonand Rectum 40 (1997) 1156-1168.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Transkriptionsanalyse und ihre Anwendungin der prädiktiven Toxikologie (C0201)G. Werle-Schneider, K. Schüßler, K. Doberstein,A. Wölfelschneider, M. BartelmannIn Zusammenarbeit mit M.C.v. Brevern, J. Scheel, C. Behrens, T.Storck und A. Bach, Axaron Bioscience AG, Heidelberg;J. Hengstler, M.Ringel, Institut für Toxikologie, Johannes Guten-berg-Universität, Mainz; D. Müller, R. Glöckner, Institut für Phar-makologie und Toxikologie, Friedrich-Schiller-Universität, JenaDrittmittel: Bioregio Projekt BMBF

Tumorpromotoren oder nicht-genotoxische Karzinogeneverursachen keine DNA-Schäden, verändern aber bereitszu einem frühen Zeitpunkt der Karzinogenese die Genex-pression. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, neueTestsysteme zu entwickeln, die eine schnelleEvaluierung des karzinogenen Potentials von Tumorpro-motoren erlauben. Basierend auf der Hypothese, daßnicht-genotoxische Karzinogene anhand ihrer spezifi-schen Genexpressionsprofile klassifiziert werden kön-nen, wurden verschiedene Tumorpromotoren aus 3 un-terschiedlichen toxikologisch relevanten Klassen mit Hil-fe der cDNA microarray Technologie untersucht. Dabeiwurden neben den Enzyminduktoren Phenobarbital, �-Hexachlorozyklohexan und Cyproteronacetat, diePeroxisomenproliferatoren WY14643 und Ciprofibratoder Nafenopin, das Hormon Ethinylestradiol sowieDehydroepiandrosteron, das neben hormonaler vor al-lem eine peroxisomenproliferierende Wirkung besitzt,verwendet. Durch die Erstellung der für jede Substanzspezifischen Transkriptionsprofile, können sogenannteMarkergene identifiziert werden, die für die Wirkung vonTumorpromotoren charakteristisch sind und als prädiktiveingeschätzt werden können. Untersuchungen in einemin vivo Modell (Rattenleber) und ein hierarchischesClustering der resultierenden Transkriptionsprofile fürausgewählte Markergene zeigten, daß Substanzen ent-sprechend ihrer Wirkmechanismen klassifiziert werdenkönnen. Für ein high-throughput screening sogenannterLead-Substanzen in der Frühphase der Wirkstof-fentwicklung (z.B. in Pharma und Pflanzenschutz) ist je-doch die Entwicklung eines geeigneten in vitro Test-systems erforderlich.

Entwicklung eines in vitro Testsystems zur Analyse vonGenexpressionsmustern, die für die Wirkung nicht-genotoxischer Karzinogene charakteristisch sindZur Entwicklung eines in vitro Testsystems zur Erken-nung von karzinogenen Substanzen wurden verschiede-ne von der Rattenleber abgeleitete Testsysteme unter-sucht: Eine aus der Rattenleber etablierte Zellinie (C2I[Mayer und Schäfer, Exp Cell Res 138 (1982)1-14]),Leberschnitte und primäre kultivierte Hepatozyten. AlsModellsubstanz wurde zunächst das BarbituratPhenobarbital eingesetzt. Phenobarbital verändert die Ex-pression einer Vielzahl von Enzymen, die unter anderembei der Metabolisierung von Fremdstoffen eine Rollespielen.

(I) ZellinienEtablierte Zellinien wären aufgrund ihrer einfachen Hand-habung für Routinetests besonders geeignet. Aufgrund

der Dedifferenzierung von Zelllinien fehlten jedoch die fürPhenobarbital spezifischen Veränderungen der Gen-expression. Testsysteme mit etablierten Zellinien erwie-sen sich daher als ungeeignet.

(II) Primäre kultivierte HepatozytenIn primären kultivierten Hepatozyten können durch be-stimmte Kultivierungsbedingungen, z.B. durch die Ver-wendung von Matrigel (extrazelluläre Matrix) oder desHormons Dexamethason, für Phenobarbital spezifischeVeränderungen der Genexpression ähnlich in vivo erhal-ten werden [Henstler et al. Drug Metab Rev 32 (2000) 81-118].

Es wurden zunächst verschiedene Kulturivierungs-systeme und -medien für primäre Hepatozyten der Ratteuntersucht: (a) 2-dimensionale Kulturen als Monokulturmit einer Beschichtung der Zellkulturschalen mit Kolla-gen, Matrigel oder einem Kollagengelsandwitch; alsKokultur mit Rattenleberepithelzellen, sowie eine 3-dimensionale Kultur unter Verwendung von Calcium-Alginat-Beads; (b) Medien mit fötalem Kälberserum(FCS), mit und ohne Dexamethason als auch chemischdefinierte Medien ohne FCS.

Die Transkriptionsanalyse der mit Phenobarbital behan-delten primären Hepatozyten zeigten im Vergleich zu denin vivo erhaltenen Transkriptionsprofilen je nach Kultivie-rungsbedingungen unterschiedliche Übereinstimmung.

(1) Eine Kultivierung der primären Hepatozyten in Mono-und Kokultur auf Kollagen- oder Kollagengel-beschichte-ten Zellkulturschalen führte zu einer Übereinstimmungvon 57 bis 70 %, während mit einer Kultivierung aufMatrigel nur eine Übereinstimmung von 40 % erzielt wur-de. (2) Dexamethason allein verändert die Expressionvon knapp 20 % der untersuchten Gene. Ein Vergleichder Transkriptionsprofile mit und ohne Dexamethasonmit den in vivo erhaltenen Profilen zeigt jedoch, daß mitDexamethason etwa 55 % Übereinstimmung erzielt wird,während ohne Dexamethason nur 20 % der untersuch-ten Gene übereinstimmen. (3) Eine Induktion von fürPhenobarbital spezifischen Markergenen wie denCytochromen P450, UDP-Glucuronosyltransferasen undGlutathionstransferasen konnte in den verschiedenen invitro Testsystemen beobachtet werden. Die stärkste In-duktion wurde für Cytochrom P450 2B1 erhalten, dasauch in vivo in der Rattenleber induziert wird. Abhängigvom jeweiligen Testsystem können unterschiedliche Mit-glieder einer Enzymfamilie in ihrer Expression verändertsein. Während Cyp 3A1 in der Rattenleber, in primärenHepatozyten und Leberschnitten ähnlich stark induziertwurde, war eine erhöhte Expression von CYP3A2 nur invivo zu beobachten. (4) Unabhängige Untersuchungenmit unterschiedlichen Tieren zeigten eine hoheReproduzierbarkeit der mit cDNA microarrays erhaltenenErgebnisse (98 % bzw. 95 % bei mehr als 3 bzw. 2 fa-chen Veränderungen der Genexpression). (5) Mit Rat-tenleberepithelzellen wurden keine für Phenobarbitalspezifischen Veränderungen der Genexpression beob-achtet.

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Zur Zeit werden mit einem chemisch definierten Mediumund primären Hepatozyten in Monokultur auf KollagenUntersuchungen mit weiteren Tumorpromotoren aus ver-schiedenen Klassen durchgeführt.

(III) LeberschnitteAls drittes in vitro Testsystem, das in toxikologischen Un-tersuchungen zunehmend Anwendung findet, wurden Le-berschnitte eingesetzt [Kuhn et al. Exp Toxicol Pathol 50(1998) 4961-496]. Im Unterschied zu primären Hepatozy-ten bleibt bei Leberschnitten der Gewebeverband erhal-ten.

Nach Behandlung mit Phenobarbital wurde eine ausge-prägte Übereinstimmung (70 %) zwischen den in vitround den in vivo in der Rattenleber induzierten Transkripti-onsprofilen beobachtet. Kryokonservierte Leberschnittezeigten hingegen nur eine geringe Übereinstimmung(14 %). Clusteranalysen der Transkriptionsprofile ausge-wählter Markergene für die Substanzen Phenobarbital, �-Hexachlorozyklohexan, Ethinylestradiol und Dehydro-epiandrosteron zeigen, daß ähnlich den in vivo Studienauch in vitro eine Klassifizierung entsprechend denWirkmechanismen möglich zu sein scheint. So rufen dieEnzyminduktoren Phenobarbital und �-Hexachlorozyklo-hexan ähnliche Transkriptionsänderungen hervor. Auchweisen die durch Dehydroepiandrosteron erhaltenenTranskriptionsprofile Ähnlichkeiten zu den in vivo unter-suchten Peroxisomenproliferatoren auf. Dies deutet dar-auf hin, daß mit Hilfe eines in vitro Testsystems und derErstellung von Transkriptionsmustern ein prädiktivesTestsytem erhalten werden könnte, mit dem auch bisherunbekannte Substanzen durch eine Analyse auf Zugehö-rigkeit zu einer dieser Wirkgruppen getestet werdenkönnten.

Die mit den bekannten Tumorpromotoren erstellten Tran-skriptionsmuster werden in eine Datenbank eingegeben.In dem am besten geeigneten in vitro Testsystem wer-den weitere neue Testsubstanzen untersucht. Über diecharakteristischen Veränderungen des erstelltenTranskriptionsmusters zu bereits vorhandenenTranskriptionsprofilen soll eine Risikoabschätzung derneuen Testsubstanzen erfolgen.

Publikation (* = externe Koautoren)[1] Werle-Schneider, G., Kalla, C., Hollstein, M., Bollow, U.,*Behrens, C.K., *v. Brevern, M.C., *Storck, T., *Müller, D.,*Steinmetzer, P., *Bach, A., Beerheide, W.: Comparison of geneexpression in rat liver slices and primary hepatocytes aftertreatment with phenobarbital. Journal of Cancer Research andClinical Oncology 127 (2001) 30.

Chemoprävention (C0202)C. Gerhäuser, N. Frank, H.-R. Scherf, E. Heiss,A. Gamal Eldeen, C. Xie, E. Bertl, S. Sittimonchai,R. Merkel, K. Klimo, J. Knauft, A. VogtDrittmittel: Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirt-schaft e.V. 1.11.1999 - 21.12.2001 DM 280.500,- Dr. C. Ger-häuser/Prof. H. Becker (Uni Saarbrücken); 1.1.02 - 1.4.03 Euro129.011,- Dr. C. Gerhäuser/Prof. H. Becker (Uni Saarbrücken)

1. Identifizierung und Entwicklung neuer chemo-präventiver Verbindungen:Programmüberblick

Die Krebsentstehung, die grob in eine Initiations-,Promotions-, und Progressionsphase unterteilt wird,kann als kontinuierliche Anhäufung von genetischen oderbiochemischen Zellschäden angesehen werden. Wie inAbb. 1 angedeutet bietet diese meist über viele Jahre an-dauernde Entwicklung eine Vielzahl von Ansatz-möglichkeiten für die Krebs-Chemoprävention, d.h. derEinsatz von chemischen Verbindungen, Naturstoffen oderNahrungsbestandteilen mit dem Ziel, die Carcinogenesezur verlangsamen, zu hemmen oder rückgängig zu ma-chen.

Zur Identifizierung und Beurteilung neuer krebs-chemo-präventiver Naturstoffe und synthetischer Verbindungenwurden anhand der oben beschriebenen Mechanismenverschiedene Testmodelle als Markersysteme fürchemopräventive Aktivität im Labor etabliert. Diese Model-le, die meist im 96-Lochplatten-Format mit Enzym-präparationen oder in Zellkultur mit photometrischer,fluorimetrischer oder radioaktiver Endpunktbestimmungdurchgeführt werden, ermöglichen die Untersuchung ei-ner großen Anzahl von Proben in kurzer Zeit (1-3 Tage),ohne daß wie im

DNA Schäden

Apoptose

Initi

atio

nPr

omot

ion

Prog

ress

ion

reaktive Moleküle

Metabolismus

MutationGendefekt

veränderteZellstruktur

unkontrolliertesZellwachstum

TumorwachstumMetastasen

Hemmung

Entzündungshemmung

Zelluläre End-Differenzierung

Wachstumshemmung

Hemmung der Tumorpromotion

Reparatur

Antioxidative Mechanismen

Entgiftung

Abb. 1: Schematische Gegenüberstellung der stufenweisenKrebsentstehung (links) und möglicher chemopräventiver Me-chanismen (rechts)

High-Throughput-Screening die Kontrolle über substanz-spezifische Charakteristika (z.B. Löslichkeit, toxische Ef-fekte) verlorengeht. Vorteile sind ein geringer Substanz-bedarf, einfache Durchführung, vergleichbar geringe Ko-sten, und die Generation von Daten in computerisierterForm, die eine schnelle, halbautomatische Auswertungder Ergebnisse ermöglichen. In den Schwerpunkt-bereichen Metabolismus, Antioxidanzien, Hemmung derTumor-Promotion, der Zellproliferation und vonEntzündungsprozessen wurden folgende Systeme eta-bliert:

1.1 Modulation des Fremdstoffmetabolismus

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a) Fluorimetrischer Nachweis einer Hemmung vonCyp1A (Phase 1 Enzym) in �-Naphthoflavon induzier-ten Rattenhepatomzellen (H4IIE)

b) Induktion von NAD(P)H: Chinone Oxidoreduktase inMaushepatomzellen (Hepa1c1c7) (Phase 2 Enzym)

c) Fluorimetrische Messung von Glutathion und intrazel-lulären Thiolen nach Derivatisierung und HPLC-Tren-nung

1.2 Nachweis von Radikalfängern und Antioxidanziena) Reaktion mit stabilen Diphenylpicrylhydrazyl (DPPH)

Radikalenb) Reaktion mit Superoxid Anion Radikalen im Phenazin-

methosulfat (PMS)-Nitroblue Tetrazolium (NBT) Sy-stem (nicht-enzymatisch) oder im Xanthin/Xanthinoxidase System (XO/NBT) (enzymatisch)

c) Hemmung der Superoxid Anion Radikal-Freisetzung indifferenzierten HL-60 Zellen

1.3 Entzündungshemmunga) Cyclooxygenase (Cox)-1 und -2 Hemmungb) Hemmung der Induktion der induzierbaren Stickoxid-

synthase (iNOS) in Raw 264.7 Makrophagen1.4 Tumorpromotionshemmunga) Hemmung der Phorbolester-vermittelten Induktion der

Ornithindecarboxylase in 308 Maus Keratinozyten1.5 Proliferationshemmunga) Induktion der terminalen Zelldifferenzierung in huma-

nen und murinen Leukemiezellen (HL-60, MEL)b) Nachweis östrogener bzw. antiöstrogene Effekte in der

Ishikawa humanen Endometriumkrebs Zellinie. DieBehandlung der Zellen mit E2 oder anderen Östroge-nen führt zu einer verstärkten Expression der alkali-schen Phosphatase (ALP) als Markerenzym, währenddie gleichzeitige Behandlung mit einer Testsubstanzund E2 die Untersuchung einer anti-östrogenen Wir-kung erlaubt.

1.6 Mouse Mammary Gland Organ Culture (MMOC)Ein Nachteil von Kurzzeit in vitro Testsysteme zur Identifi-zierung von chemopräventiven Stoffen ist die Gefahr,falsch positive Leitsubstanzen zu identifizieren, d.h. Sub-stanzen, die zwar in vitro aktiv sind, in vivo jedoch keinechemopräventive Aktivität zeigen. Deshalb wurde einOrgankultur Modell mit Brustdrüsen der Maus etabliert,welches die Vorteile eines in vitro Tests (einfache Durch-führung, geringer Substanzbedarf, kurze Dauer) mit de-nen eines in vivo Versuchs (komplexe zelluläre undmetabolische Prozesse in einem intakten Organ) verei-nigt. Dabei werden Brustdrüsen von Mäusen für 24 Tagein Kultur gehalten. In einer ersten Proliferationsphase (10Tage) werden die Drüsen mit mammotrophen Hormonenstimuliert, bei Entzug der Hormone folgt eineRegressionsphase (14 Tage). Am Tag drei wird mit 7,12-Dimethylbenz(a)anthracen die Entstehung prä-neo-plastischer knötchenartiger Läsionen induziert. Nach Be-handlung mit Testsubstanzen während derProliferationsphase (Tag 0-10) kann am Ausbleiben derLäsionen nach Beendigung des Experiments einechemopräventive Wirkung abgelesen werden. Das Mo-dell eignet sich in Kombination mit immunhistochemi-schen Nachweis in der Expression von Markerproteinen

auch zur Aufklärung von Wirkmechanismen aktiver Ver-bindungen.

Insgesamt wurden seit 1996 über 2000 Naturstoffe, syn-thetische Analoge, Extrakte von Nahrungsbestandteilen,Heilpflanzen, Algen, Schwämmen, Pilzen, Moosen undSubfraktionen der Extrakte von nationalen und internatio-nalen Kooperationspartner zur Verfügung gestellt und inden oben beschriebenen Testsystemen untersucht. DieTestergebnisse werden in einer umfangreichen Daten-bank verwaltet und dienen der Auswahl von Leitstrukturenfür den weiteren Nachweis chemopräventiver Wirksam-keit im Tiermodell und für mechanistische Untersuchun-gen.

2. Beschreibung ausgewählter Projekte2.1. Identifizierung neuer Leitstrukturen2.1.1. Antioxidatives Potential von Bier-Polyphenolenin Zusammenarbeit mit A. Alt und H. Becker, Universität des Saar-landes, Saarbrücken

Bier ist eines der weltweit am meisten konsumierten Ge-tränke. Es ist reich an Nährstoffen und Nahrungszusatz-stoffen wie Vitamine und Polyphenole, die wegen ihrerantioxidativen Aktivität mit gesundheitsfördernden Aspek-ten in Zusammenhang gebracht werden. 1996 wurdeerstmalig eine anti-mutagene Aktivität von Bier beschrie-ben. Später konnte dies auf eine Hemmung der Entste-hung von Carcinogen-Addukten mit der DNA zurückge-führt werden.

Im vorliegenden Projekt (gefördert von der Wissen-schaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V.) wur-den Inhaltsstoffe aus Bier sowie von Polyphenol-Rück-ständen, die bei der Bier-Stabilisierung anfallen, aufRadikalfänger- und antioxidative Aktivität in den unter 1.2.beschriebenen Testsystemen und im ORAC (Oxygen Ra-dikal Absorbance Capacity) Test getestet. Wir untersuch-ten ca. 40 verschiedene Polyphenole aus fünf strukturel-len Klassen: Benzoe- und Zimtsäure-Derivate,Acetophenone (nur im Rückstand), Catechine und Flavo-noide.

RCOOH

COOH

R CH3

O

R

Benzoesäure Derivate Zimtsäure Derivate Acetophenone

HO

OH

O

OR2

OH

OHR1

Flavonoide (R = H, OH, OCH3) Catechine (R1= H, OH; R2=H,Gallussäure)

Catechine und Flavonoide zeigten die beste Radikalfän-gerwirkung gegenüber DPPH-Radikalen. Darüber hinauswaren alle Zimtsäurederivate mit einer 4-OH- und einerzusätzlichen 3-OH- oder 3-OCH3-Substitution potenteDPPH Radikalfänder. Protocatechu-, Gallus- und Syringa-säure waren aktive Benzoesäurederivate. Basierend auf

O

R

R

R

R

R

O

R

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diesen ersten Ergebnissen wurden die Verbindungenunter Verwendung physiologisch relevanter ROS weiteruntersucht. Nur Flavonoide und Catechine waren in derLage, chemisch generierte Superoxide Anion Radikale ineinem Konzentrationsbereich unter 100µM zu inaktivie-ren. Die Aktivität im zellulären System war für alle Sub-stanzen generell niedriger.

Antioxidative Kapazität gegenüber Hydroxyl- und Peroxyl-Radikalen wurde im ORAC Test analysiert. In diesem Mo-dell werden Radikalfängereigenschaften gegenüberHydroxyl- und Peroxyl-Radikalen und Übergangsmetallenüber den radikalvermittelten Fluorezensabfall von �-Phy-coerythrin in Relation zu dem Standardantioxidanz Trolox(wasserlösliches Vit. E Analog) berechnet. Dieser Testwurde zur Erhöhung des Probenumsatzes für die Ver-wendung von 96-Lochplatten modifiziert. Die Abnahmeder Fluoreszenz wird über eine Zeit von ca. 100 min biszum vollständigen Abfall mit Hilfe eines Mikrotiterplatten-Fluorimeters kontinuierlich aufgezeichnet; zur Erhöhungder Aussagekraft werden Proben in 5 Konzentrationenanalysiert und die Fläche unter der Dosis-Wirkungskurveals Maß für die Radikalfängerkapazität berechnet. Inter-essanterweise zeigten fast alle Verbindungen im ORACTest eine hohe Reaktivität gegenüber Hydroxyl-Radika-len, während die Kapazität, Peroxylradikale abzufangen,durchschnittlich niedriger ausfiel [2] .

Diese Ergebnisse könnten einerseits in der Krebs-Che-moprävention Anwendung finden, andererseits könntensie als Grundlage zur Entwicklung eines polyphenolrei-cheren Bieres dienen.

2.1.2. Krebs-chemopräventiven Wirkung vonXanthohumol, ein prenyliertes Chalcon ausHopfen (Humulus lupulus L.)

In Zusammenarbeit mit A. Alt und H. Becker, Universität des Saar-landes, Saarbrücken.

Hopfen ist eine reiche Quelle an phenolischen Verbin-dungen im Bier. Der Anteil an Polyphenolen im Hopfen-harz, bestehend aus Phenolcarbonsäuren, prenyliertenChalconen und Flavonoiden, Catechinen undProanthocyanidinen, liegt bei 4-14%. In früheren Untersu-

chungen konnte bereits gezeigtwerden, daß prenylierteFlavonoide aus Hopfen denFremdstoffmetabolismus in vitrobeeinflussen. Sie hemmen ver-schiedene Cytochrom P450 En-zyme und induzieren die

NAD(P)H:Quinon Reductase (QR) in Maus Hepa-tomzellen, was auf eine chemopräventive Aktivität hindeu-tet. Daneben wurden antioxidative, anti-proliferative undcytotoxische Effekte beschrieben. Hopfen wurde immerwieder mit einer phytoöstrogenen Wirkung in Verbindunggebracht; in dieser Hinsicht konnte 8-Prenylnaringeninals aktives Prinzip identifiziert werden.

Basierend auf diesen Informationen wurde im Rahmeneines von der Wissenschaftsförderung der Dt. Brauwirt-schaft e.V. unterstützten Projektes ein Hopfenextrakt inden oben beschriebenen Testsystemen analysiert. Eine

anschließende Aktivitäts-geleitete Fraktionierung führtezur Identifizierung von Xanthohumol, ein prenyliertesChalcon, und einer Reihe von strukturverwandten Verbin-dungen.

Xanthohumol

Wir konnten zeigen, daß Xanthohumol in der Initiations-,Promotions-, und Progressionsphase in die Krebsent-stehung eingreifen kann. Zunächst wurde Xanthohumolals Radikalfänger untersucht und konnte Hydroxyl-,Peroxyl- und Superoxidanion-Radikale besser als Troloxinaktivieren. Eine Hemmung der Tumor-Initiation durchModulation der Aktivität von Enzymen des Phase 1 und 2Fremdstoffmetabolismus konnte bestätigt werden. Erst-malig konnte eine entzündungshemmende Wirkung vonXanthohumol nachgewiesen werden. Xanthohumolhemmte die Aktivität der konstitutiv exprimierten Cox 1,aber auch der induzierbaren Cox 2, und verhinderte inLPS-stimulierten Raw Makrophagen die Induktion deriNOS und Produktion von NO. ZellwachstumshemmendeWirkung konnte anti-östrogenen Eigenschaften, derHemmung der DNA Polymerase � und einer Induktionvon Apoptose und Zelldifferenzierung zugeschrieben wer-den. Als ersten Nachweis einer chemopräventive Wirk-samkeit wurde Xanthohumol im MMOC Modell untersuchtund verhinderte das Auftreten DMBA-induzierte Läsionenim nanomolaren Bereich [3, 12]. Weiterführende Untersu-chungen des Metabolismus, der Bioverfügbakeit und ei-ner Aktivität im Tiermodell sind bereits angelaufen. DieseErgebnisse könnten einen neuen Markt für Xanthohumoloder Hopfenprodukte öffnen, wenn die Wirksamkeit aucham Menschen nachgewiesen sein wird.

2.1.3. Induktion von Zelldifferenzierung durchSesquiterpenlactone

in Kooperation mit C.A. Klaas1, I. Merfort1, V. Castro2, 1Institute ofPharmaceutical Biology, Albert-Ludwigs-University, Freiburg;2Escuela de Quimica, Universidad de Costa Rica, San Jose, Co-sta Rica.

Ein möglicher Mechanismus der Chemoprävention wirddarin gesehen, Krebszellen zur Differenzierung in einennormalen, nicht krebsartigen Zustand anzuregen.

Natürlich vorkommende Sesquiterpen Lactone (SLs) be-sitzen anti-inflammatorische und cytotoxische Wirkung.Die entzündungshemmenden Eigenschaften werden ei-ner Inaktivierung des Transkriptionsfaktors NF-�B durchAlkylierung seiner p65 Untereinheit zugeschrieben. Umeinen möglichen Zusammenhang zwischen der Hem-mung von NF-�B und der Induktion von Zell-Differenzie-rung zu untersuchen, verwendeten wir die humanepromyelozytische Leukämiezelllinie HL-60. Zell-Differen-zierung zu morphologisch und funktionell reifenGranulozyten oder Monozyten/Makrophagen wurde durchspezifische zelluläre Eigenschaften nachgewiesen, d..h.die Reduktion des Tetrazoliumsalzes NBT zu einem ge-färbten Formazan nach Behandlung mit dem Tumor-Pro-moter TPA, Nachweis der nicht-spezifischen (NSE) undspezifischen (SE) Säure-Esterase und einem Rückgangder Zellproliferation.

OOCH3

HO

OH

OH

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OO

O

Parthenolid Dihydrohelenalin acetate

Bei Sesquiterpenlactonen mit einer reaktiven �-Methylen-�-lakton Gruppe, z.B. Parthenolid, beobachteten wir einengute Korrelation zwischen der Hemmung der NF-�BDNA-Bindung und der Zellproliferation (r2=0.96), aber kei-nen direkten Zusammenhang mit der Induktion der Zell-Differenzierung. Andererseits konnten wir schwache NF-�B Inhibitoren, einschließlich �-Methylen-butyrolakton alsReferenzverbindung, und SLs ohne die �-Methylen-�-lakton Gruppe, z.B. Dihydrohelenalin Acetat, als potenteInduktoren von Zell-Differenzierungsprozessen identifizie-ren. Die Expression der nichtspezifischen Säure-Ester-ase zeigte eine Differenzierung in Richtung Monozyten-Makrophagen. Insgesamt konnte die Induktion der Zell-Differenzierung durch SLs als unabhängig von der NF-�BHemmung angesehen werden [4]. Weiterführende Unter-suchungen mit Dihydrohelenalin Acetat unter Verwen-dung von DNA Makroarrays sollen nun alternative Targetsidentifizieren.

2.2. Untersuchung molekularer Mechanismenchemopräventiver Aktivität

2.2.1. Aktivierung anti-oxidativer zellulärerProzesse durch Ellagsäure

Unsere Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Aus-lösung, aber auch in der Prävention verschiedenenTumorarten. Chemopräventive Stoffe lassen sich in allenNahrungskategorien finden, jedoch stellen Obst und Ge-müse die Hauptquellen dar. Die Ellagsäure (EA) ist einPolyphenol, das vor allem in Himbeeren, Erdbeeren undWalnüssen vorkommt. EA besitzt sowohl anti-mutageneals auch anti-carcinogene Eigenschaften. Einekrebspräventive Wirksamkeit konnte in verschiedenenNager-Karzinogenesemodellen gezeigt werden. EAhemmt Phase 1 Cytochrom P450 Enzyme und verhindertso die Aktivierung von Karzinogenen; ferner werden Pha-se 2 Enzymen (Glutathion S-Transferasen und QR) indu-ziert, die zu einer verstärkten Entgiftung von Karzinogenenbeitragen.

O

O

HO

HO

OH

OH

O

O

Ellagsäure (EA)

Ziel des vorliegenden Projekts war es zu untersuchen, in-wieweit auch antioxidative Mechanismen zur chemoprä-ventiven Wirkung der EA beitragen. Dazu wurde die hepa-tozelluläre Karzinomzelllinie HUH-7 eingesetzt. EA, aberauch mit EA-behandelte Zellextrakte zeigten im ORACTest hohe anti-oxidative Kapazität. Dies war zum einenauf die Induktion von Glutathion als einem der wichtig-sten niedermolekularen intrazellulären Antioxidantienzurückzuführen, zum anderen wurden aber auch ver-schiedene antioxidative Proteine durch EA induziert. Wir

konnten z.B. einen Dosis- und Zeit-abhängigen Anstiegder Aktivität der Catalase and Thioredoxin Reduktasenachweisen. Mittels kompetitiver RT-PCR Analysen konn-ten wir zeigen, daß EA die mRNA Expression vonMetallothionein I, einem thiol-reichen antioxidativen undMetall-bindenden Protein, signifikant stimuliert und auchdie Proteinexpression erhöht. Aus der Induktion desantioxidativen intrazellulären Potentials resultierte insge-samt ein Schutz vor chemisch-induzierterLipidperoxidation, bestimmt über die Spiegel des Fett-säureabbauproduktes Malondialdehyd mittels HPLCAnalytik [1].

2.2.2. NF-�B als molekulares Target der anti-inflammatorischen Wirkung von Sulfo-raphan, ein Isothiocyanat aus Broccoli.

Erhöhte NO-Werte, die z.B. bei chronischen Entzündun-gen und Infektionen durch die Aktivität der induzierbarenNO Synthase (iNOS) gebildet werden, können Ursachefür Mutationen und letztendlich für Krebs sein.Sulforaphan, ein aliphatisches Isothiocyanat aus Cru-ciferen, hemmt die Bildung von NO in Lipopolysaccharid(LPS)-stimulierten Raw Makrophagen mit einem IC50 von0.7µM.

Sulforaphan interferiert dabei nicht mit der enzymati-schen Aktivität der iNOS, sondern hemmt vielmehr die In-duktion des Enzyms auf transkriptioneller Ebene, wiedurch Western Blot und RT-PCR-Analysen gezeigt wer-den konnte. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für dieinduzierbare Cyclooxygenase (Cox-2) erhalten. Zudemverhindert Sulforaphan die Bindung von aktiviertem NF-�B, einem für die iNOS und Cox-2 Expression entschei-denden Transkriptionsfaktor, an dessen Konsensus-sequenz in der Promoterregion. Allerdings beeinträchtigtSulforaphan weder den durch LPS initiierten Abbau desInhibitors I�B noch die Translokation von NF-�B in denZellkern. Wir konnten in weiterführenden Untersuchun-gen zeigen, daß Sulforaphan zu einer transientenDepletion von GSH und damit zu einer Veränderung desRedoxpotentials (GSH/GSSG System) führt und evtl. dieNF-�B-Aktivität so beeinträchtigt, daß NF-�B zwar in denKern gelangt, aber nicht an die DNA bindet und die Ex-pression �B-abhängiger Gene aktiviert [13]. Ferner konn-ten wir nachweisen, daß Sulforaphan transient die Aktivi-tät der Thioredoxin-Reduktase hemmt. Thioredoxin stellteinen Redox-Modulator dar, der im Zellkern essentiellenCystein-Gruppen an Redox-sensitiven Transkriptions-faktoren in einem reduzierten Zustand erhält und damitdie Bindung an die DNA ermöglicht. Eine Hemmung derThioredoxin Reduktase könnte über eine Veränderungdes intranukleären Redox-Potentials zu einer Hemmungder NF-�B DNA-Bindung führen.

2.2.3. Induktion von Zell-Differenzierungsprozes-sen durch Histon Deacetylase Hemmstoffe

In Zusammenarbeit mit M. Jung, Universität Münster

Die Entstehung von Darmkrebs kann als kontinuierlicheAnhäufung von genetischen (sowohl erbliche als aucherworbene) oder biochemischen Zellschäden angese-hen werden. Diese Veränderungen resultieren in

O

H

OOAc

O

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hyperproliferativem Wachstum von Darmepithelzellen,das durch ein komplexes Zusammenspiel von Faktorenmit Einfluß auf die Zellzyklusprogression, die Induktionzellulärer Enddifferenzierungsprozesse und Apoptose re-guliert wird. Der Acetylierung und Deacetylierung vonHistonen wird eine fundamentale Funktion in der Regula-tion von Transkription und Zell-Proliferation zugeschrie-ben. Verschiedene Hemmstoffe von Histon-Deacetylasen(HDAC) sind in der Literatur als Differenzierungs-Indukto-ren in in vitro Zellkultursystemen beschrieben.

In unseren Studien wurde v.a. zwei HDAC Inhibitoren un-tersucht: Natrium Butyrat (SB) und Trichostatin A (TSA).SB ist besonders von Interesse, da es einen Metabolitenvon Ballaststoffen aus der Nahrung darstellt, der durchanaerobe Mikroorganismen im Darm produziert wird. DieDifferenzierung verschiedener Darmkrebs-Zellinien wur-de über die Induktion des Glykoproteins AlkalischePhosphatase (ALP) gemessen. Histon Acetylierungkonnte über die AUT Gel-Elektrophorese analysiert wer-den. Darüber hinaus wurde die Expression einesInhibitors Cyclin-abhängiger Kinasen, p21, und desRetinoblasomaproteins pRB mittels Western Blottinggemessen.

SB induzierte die ALP Aktivität in den Darmkrebs-Zelllinien LIM1215 und HCT 116 mehr als 10-fach. EineHyperacetylierung von Histon H4 konnte bereits nach 6hdetektiert werden. Dies war ein Hinweis auf einen mögli-chen Zusammenhang zwischen der Hemmung derHDAC und der Induktion von Zelldifferenzierung. Anderer-seits führte die Behandlung mit dem potenten HDACInhibitor TSA zwar zu einer Hyperacetylierung von H4,aber nicht zur Induktion der ALP Aktivität als Marker fürZelldifferenzierungsprozesse. Sowohl SB als auch TSAbewirkten in LIM1215 und HCT 116 Zellen nach einer 6-bis 24-stündigen Behandlung eine signifikante Induktionvon p21. Diese Induktion war unabhängig von p53, da wirähnliche Effekte (Induktion der ALP Aktivität und der p21Expression) nach SB-Behandlung auch in einer p53 (-/-)Variante von HCT 116 messen konnten. Interessanter-weise konnte in einerp21 (-/-) Variante durch SB keine Differenzierung mehr in-duziert werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daßfür die Induktion von Zelldifferenzierungsprozesse durchHDAC Inhibitoren p21 notwendig ist, daß jedoch dieHyperacetylierung von Histonen und die p21 Induktionnicht ausreichend sind, um Zell-Differenzierung zu indu-zieren.

Bei der Untersuchung des Phosphorylierungsgrades vonpRB zeigten sich Unterscheide zwischen SB und TSA:Nach TSA Behandlung war pRb in HCT 116 Zellen inÜbereinstimmung mit der verstärkten Expression vonp21 hypo-phosphoryliert, in der p21 (-/-) Variante lag pRBjedoch hauptsächlich in der hyper-phosphorylierten Formvor. Im Gegensatz zu den Ergebnissen mit TSA konntenwir in den p21 (-/-) Zellen nach SB Behandlung Wachs-tumshemmung und pRB Hypo-Phosphorylierung detek-tieren. Diese Resultate deuten auf einen Einfluß von SBauf zusätzliche Cyclin-abhängige Kinasen bzw. Kinase-

Inhibitoren hin und werden unter Verwendung von DNA-Makroarrays weiter untersucht [18].

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Gamal-Eldeen, A., Gerhäuser, C., Frank, N., Bartsch, H.:Ellagic acid induces antioxidant mechanisms in cultured humanhepatocellular carcinoma cells HUH-7. Journal of CancerResearch and Clinical Oncologyy 127 Suppl. (2001).[2] Gerhäuser, C., *Alt, A., Gamal-Eldeen, A., Neumann, I., Frank,N., Chmiel, H., Bartsch, H., and *Becker, H.: Antioxidant andRadical-scavenging Potential of Phenolic Constituents of Beer.Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 42 (2001a) 103.[3] Gerhäuser, C., *Alt, A., Klimo, K., Heiss, E., Neumann, I.,Gamal-Eldeen, A., Knauft, J., Scherf, H., Frank, N., Bartsch, H.,*Becker, H.: Xanthohumol from Hop (Humulus lupulus) as a NovelPotential Cancer Chemopreventive Agent. Proc. Am. Assoc.Cancer Res. 42 (2001b) 94.[4] Gerhäuser, C., Scherf, H.R., *Klaas, C.R., *Castro, V.,*Merfort, I.: Induction of HL-60 Cell Differentiation by Sesqui-terpene Lactones. Journal of Cancer Research and ClinicalOncologyy 127 Suppl. (2001c).[5] Gerhäuser, C., *Alt, A., Heiss, E., Gamal-Eldeen, A., Klimo, K.,Knauft, J., Neumann, I., Scherf, H.-R., Frank, N., Bartsch, H.,*Becker, H.: Cancer chemopreventive activity of Xanthohumol, anatural product from hop.Molecular Cancer Therapeutics (2002)[6] Gerhäuser, C.: Flavonoide und andere pflanzliche Wirkstoffe.Was hat praktische Relevanz? Sollen wir unser Essverhaltenändern? Akt. Ernähr. Med. 26 (2001) 1-7.[7] Gerhäuser, C.: Mechanismen der Krebsentstehung - Ansatz-punkte für die Krebs-Chemoprävention. Ernährungs-Umschau 48(2001) S48 - S51.[8] Gerhäuser, C., Heiss, E., Klimo, K., Neumann, I., *Becker, H.,*Eicher, Th., Bartsch, H.: Bibenzyl derivatives as novel leadcompounds in chemoprevention. Proc. Am. Assoc. Cancer Res.41 (2000) 412.[9] Gerhäuser, C.: Chemoprävention von Krebs durch Natur-stoffe. Pharmazeutische Zeitschrift, (Sonderheft Meran) (2000)4-8.[10] Gerhäuser, C., Heiss, E., Herhaus, C., Klimo, K.: PotentialChemopreventive Mechanisms of Chalcones. Chapter 4.4 in:Dietary Anticarcinogens and Antimutagens. Chemical andBiological Aspects. Ian Johnson and Roger Fenwick: RCS, Cam-bridge, UK (2000), pp. 189-192.[11] *Ha, T., Gerhäuser, C., *Zhang, W., *Ho-Chong-Line, N.,*Fourasté, I.: New Lanostanoids from Ganoderma lucidum(Polyporaceae) that induce NAD(P)H:quinone oxidoreductase incultured Hepa1c1c7 murine hepatoma cells. Planta Medica 66(2000) 681-684.[12] Heiss, E., Klimo, K., Neumann, I., Gerhäuser, C.: Anti-Proliferative Mechanisms of Xanthohumol from Hop (HumulusLupulus) in in vitro Breast Cancer Chemoprevention Models.Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 127 Suppl.(2001a).[13] Heiss, E., Herhaus, C., Klimo, K., Bartsch, H., Gerhäuser, C.:Nuclear factor-�B is a molecular target for sulforaphane-mediated anti-inflammatory mechanisms. Journal of BiologicalChemistry 276 (2001b) 32008-32016.[14] *Jung M., *Wittich, S., Xie, C., Scherf, H., Gerhauser, C.:Structure-activity data on inhibitors of histone deacetylase - Invitro enzyme inhibition, induction of differentiation and inhibitionof proliferation in leukemic cells. Clinical Cancer Research 6Suppl. (2000) 336.[15] Spaeth, M., Gerhäuser, C., Schiffter, H., Frank, N.,*Nasheuer, N.P., Bartsch, H.: Inhibition of human DNA polymerase� by chemopreventive agents. Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 41(2000) 846.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

[16] *Wittich, S., Scherf, H.R., Xie, C., *Brosch, G., *Loidl, P., Ger-häuser, C., *Jung, M.: Structure-activity relationships onphenylalanine containing inhibitors of histone deacetylase - In-vitro enzyme inhibition, induction of differentiation and inhibitionof proliferation in erythroleukemic cells. J. Med. Chem. (2002)[17] *Wollenweber, E., *Stevens, J.F., Klimo, K., Knauft, J., Frank,F. and Gerhäuser, C.: Cancer Chemopreventive in vitro Activitiesof Isoflavones Isolated from Iris germanica.[18] Xie, C.P., Scherf, H.R., Neumann, I., Gerhäuser, C.: PotentialMechanisms of Induction of Cell Differentiation by HistoneDeacetylase Inhibitors. Journal of Cancer Research and ClinicalOncologyy 127 Suppl. (2001).PatenteNr. 100 15 525.1. Synthetische Derivate von Lunularsäure, Arz-neimittel enthaltend diese Verbindungen, Verfahren zur Herstel-lung der Lunularsäurederivate sowie deren Verwendung. Erf.Gerhäuser, *Eicher, *Pick. Patentanmeldung eingereicht beimDeutschen Patentamt am 30.3.2000. Internationale Anmeldung31.1.2001.

Genetische Toxikologie und DNA Reparatur(C0203)P. Schmezer

Die meisten beim Menschen und viele im Tierversuchkrebserzeugende Stoffe besitzen in vitro eine DNA schä-digende (gentoxische) Wirkung. Häufig ist jedoch eine(Gewebe)-spezifische Verstoffwechslung notwendig, umdie ultimalen, DNA-reaktiven Metabolite zu bilden. Wirsetzen deshalb aus verschiedenen Geweben des Men-schen oder von Versuchstieren frisch isolierte, metabo-lisch kompetente Zellen ein, um die gentoxische Wirkungvon Stoffen zu untersuchen [1]. Dieses Ziel kann jedochnur dann effektiv erreicht werden, wenn experimentelleMethoden zur Verfügung stehen, die den Nachweis einergentoxischen Wirkung an wenigen Zellen erlauben. Miteiner derartigen Methode können auch Zellen untersuchtwerden, die aus kleinen durch Biopsie beim Menschengewonnenen Gewebestücken isoliert werden. Hierfür istdie Methode der Einzelzell-Mikrogel-Elektrophorese (al-kalischer Comet Assay) besonders geeignet. Wir habendiese Methode optimiert und zur allgemeinen Unter-suchung von Gentoxizität sowie zur Analyse spezifischer(z.B. oxidativer) DNA Schäden eingesetzt [2,3]. Zusätzlichverwenden wir die Mikrogel-Elektrophorese zur Untersu-chung von DNA Reparaturprozessen. Unsere For-schungsarbeiten beinhalten Untersuchungen von gen-toxischen und cancerogenen luftgetragenen Schadstof-fen, vorwiegend im Respirationstrakt [4]. Zur Identifizie-rung möglicher DNA schädigender und krebserzeugen-der Noxen wurden auch in vivo Mutationsanalysen beitransgenen Nagetieren (BigBlue, MutaMouse) [5,6] sowiemittels ‚hprt T-cell cloning’ beim Menschen durchgeführt[7].

In den letzten Jahren haben wir einen Schwerpunkt unse-rer Arbeiten darauf ausgerichtet, in populationsbasiertenStudien Personen mit hohem individuellem Risiko ge-genüber gentoxischen Noxen zu identifizieren: In Zusam-menarbeit mit Epidemiologie und Klinik setzen wir eineoptimierte Version des Comet Assay ein, um sowohl diezelluläre Mutagensensitivität als auch die DNAReparaturkapazität in peripheren Blutlymphozyten zu er-mitteln [11, 14]. Zusätzlich werden PCR-gestützte Verfah-

ren zur Bestimmung von Polymorphismen bei DNA Re-paratur- [20] und Fremdstoffmetabolismus-Genen [13,19]angewandt. Schließlich führen wir Untersuchungen zurExpression dieser Gene durch, wobei sowohl selbst ent-wickelte cDNA Arrays als auch quantitative RT-PCR (real-time) zum Einsatz kommen [6]. Die Identifizierung von so-genannten Hochrisikopersonen, die eine erhöhte Emp-findlichkeit gegenüber gentoxischen Stoffen oder Strah-lung, eine reduzierte DNA Reparaturkapazität oder spezi-fische Defekte bei DNA Reparaturenzymen aufweisen,kann einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention leisten:Diese Personen können einem engmaschigenScreening zur Krebsfrüherkennung zugeführt werden,und sie stellen geeignete Kandidaten für chemo-präventive Interventionsstudien dar. Schließlich bestehteine neue Aktivität der Arbeitsgruppe in der Suche undBewertung von Stoffen, die in der Lage sind, das zelluläreDNA Reparaturvermögen zu verbessern.

1. DNA-Reparaturkapazität und Mutagensensiti-vität als Risikofaktoren für das nicht-kleinzel-lige Bronchialcarcinom

P. Schmezer, C. Mayer, O. Popanda,N. Rajaee-Behbahani, A. Risch, R. Gliniorz,O. Zelezny, P. Waas

In Zusammenarbeit mit: W. Rittgen, Biostatistik, DKFZ; P. Drings,H. Dienemann, K.W. Kayser, V. Schulz, Thoraxklinik Heidelberg-Rohrbach

Die Fähigkeit zur DNA-Reparatur ist eine wesentlicheVoraussetzung für die Erhaltung der Erbinformation undfür den korrekten Ablauf zellulärer Funktionen. Störungenin der DNA-Reparatur können das individuelle Krebs-risiko erhöhen. Daher ist es wichtig, Methoden für denEinsatz in molekular-epidemiologischen Studien zu ent-wickeln, mit denen es verlässlich möglich ist, solcheRisikoindividuen zu identifizieren, die spezifische geneti-sche Veränderungen tragen (Polymorphismen in DNA-Reparaturgenen), oder die eine verminderte Repa-raturfunktion (DNA-Reparaturkapazität) aufweisen. Fürletzteres haben wir eine Mikrogel-Elektrophorese-Technikentwickelt, mit der die individuelle DNA-Reparatur-kapazität an peripheren Blutlymphozyten bestimmt wer-den kann [14]. Diese Methode wurde in einer Fall-Kon-troll-Studie mit Patienten validiert, die am nicht-kleinzelligen Bronchialcarcinom erkrankt waren [11]. Hier-zu wurden periphere Blutlymphozyten von 160 Krebs-patienten und 180 Kontrollpersonen gewonnen. Letzterewaren zum Zeitpunkt der Blutentnahme nicht an Krebserkrankt, befanden sich jedoch zur Behandlung andererLungenerkrankungen im selben Krankenhaus. Die Zel-len wurden bei -80° C gelagert. Nach dem Auftauen wur-den sie mit PHA stimuliert und anschließend mit Bleo-mycin behandelt (20µg/ml über 30 min). Danach wurdensowohl die Bleomycin-(Mutagen-)sensitivität als auch dieDNA-Reparaturkapazität der Zellen bestimmt: Patientenmit Bronchialkarzinom zeigten im Durchschnitt eine deut-lich erhöhte Mutagensensitivität gegenüber den Kontroll-patienten (p<0001). Die DNA-Reparaturkapazität, gemes-sen in den ersten 15 min nach Mutagenbehandlung, warin den Lymphozyten der Patienten mit nicht-kleinzelligem

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Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

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Bronchialcarcinom signifikant niedriger als in den Zellender Kontrollen (67% versus 79.3%; p<0004). Weder beiden Fällen noch bei den Kontrollen konnten wir einenEinfluss des Alters oder Geschlechts der Patienten aufdie gemessenen Parameter feststellen. Die Medianwertefür Mutagensensitivität und DNA-Reparaturkapazität beiden Kontrollen wurden als ‚cut-off’ Grenzwerte herange-zogen, um das relative Risiko (odds ratio, OR) zu berech-nen: Nach Adjustierung für Alter, Geschlecht und Rauch-verhalten ergab sich ein OR=2.1 (95%CI 1.1-4) für die re-duzierte DNA-Reparaturkapazität sowie ein OR=4 (95%CI 2.2-7.4) für die erhöhte Mutagensensitivität bei den Tu-morpatienten gegenüber den Kontrollpatienten. BeideParameter erwiesen sich als unabhängige Risikofakto-ren für das Tabakrauch-assoziierte Bronchialcarcinom.Wiederholte Analysen von Lymphozyten desselben Spen-ders ergaben eine gute Reproduzierbarkeit der Methode.Die Lagerung der Zellen bei -80°C über einen Zeitraumvon bis zu mehr als einem Jahr hatte keinen signifikan-ten Einfluss auf die Messergebnisse. Diese Resultatebelegen, dass die von uns optimierte Mikrogel-Elektrophorese-Technik geeignet ist, um individuelleMutagen-sensitivität und DNA-Reparaturkapazität zu be-stimmen: Sie ist sensitiv, schneller durchzuführen alszytogenetische Methoden und sie kann sowohl bei tiefge-froren gelagerten als auch bei nativen Lymphozyten ein-gesetzt werden. Zur weiteren Validierung der Methodewäre ihr Einsatz in großen prospektiven Studien zur Iden-tifizierung von Hochrisikopatienten wünschenswert.

2. Untersuchungen zur Expression von DNAReparaturgenen

P. Schmezer, C. Mayer, O. Zelezny, P. Waas,O. Popanda,

In Zusammenarbeit mit: W. Rittgen, Biostatistik, DKFZ; A. Bach,M.C. von Brevern, Axaron Bioscience AG, Heidelberg

In weiterführenden Experimenten wollen wir solche DNA-Reparaturgene identifizieren und charakterisieren, die fürdie o.g. Störungen der DNA-Reparatur verantwortlich seinkönnten. Dazu wird die Expression verschiedener men-schlicher Reparaturgene auf der mRNA-Ebene unter-sucht. Hierzu entwickelten wir cDNA-Arrays, mit deren Hil-fe die Expression von ca. 70 Genen, die bei der Repara-tur von DNA-Schäden eine Rolle spielen, gleichzeitig ge-messen werden kann. Aus IMAGE cDNA-Klonen isolier-ten wir für jedes dieser Gene repräsentative PCR-Frag-mente. Nach Verifizierung der Identität der PCR-Frag-mente durch Sequenzanalyse wurden diese Fragmenteauf Arrays gespottet und fixiert. Mit Hilfe dieser Arrays wur-de zunächst untersucht, ob sich das Expressionsmustervon DNA Reparaturgenen in ruhenden peripherenmenschlichen Blutlymphozyten von dem in Mitogen-sti-mulierten (mit PHA behandelten) Zellen unterscheidet [6].Es gibt Hinweise, dass die Fähigkeit der Zellen, DNASchäden zu reparieren, mit ihrer Proliferationsaktivität zu-sammenhängen könnte. Es ist deshalb eine wichtigeFrage für molekular-epidemiologische Studien, ob stimu-lierte oder ruhende Lymphozyten zur Messung der DNAReparaturkapazität eingesetzt werden sollen. Es wurden

Hybridisierungsexperimente sowohl mit ruhenden alsauch mit PHA stimulierten Lymphozyten nach 0, 24, 48und 72 Stunden durchgeführt. Die Signalintensitäten von46 DNA Reparaturgenen war für eine quantitative Analyseausreichend. Wir haben 12 Gene identifiziert, die 72 Stun-den nach PHA Behandlung mit einem mehr als zweifa-chen Anstieg der Transkriptmenge reagierten, wobei dermaximale Anstieg mehr als das Achtzehnfache betrug.Für die meisten der hochregulierten Reparaturgene istbekannt, dass sie außer bei der DNA Reparatur aucheine Rolle bei der DNA Replikation spielen. Im Gegen-satz hierzu beobachteten wir bei 34 von 46 Reparatur-genen (74%) keinen Anstieg des Expressionsniveaus,d.h. die Messwerte lagen innerhalb eines Bereichs, derdas Zweifache des Vergleichswertes bei Zellen ohnePHA Behandlung nicht überschritt. Die Expressionswertewurden unabhängig von den cDNA-Arrays verifiziert, undzwar unter Verwendung eines LightCyclers mittels quanti-tativer PCR im Echtzeit-Verfahren nach Reverser Tran-skription (real time RT-PCR). Bisher wurden dieExpressionswerte von 8 Genen überprüft: 5 Gene dienach PHA Behandlung anstiegen und 3 Gene die nachMitogenstimulierung konstant blieben. Für 6 dieser 8 Ge-nen wurde eine qualitative und/oder quantitative Überein-stimmung beobachtet. Aus unseren Ergebnissen könnenwir schließen, dass es in humanen peripherenBlutlymphozyten nach PHA Stimulierung nicht zu einemgenerellen Anstieg der Genexpression von DNAReparaturgenen kommt. Dieses Resultat steht im Ein-klang mit eigenen Comet Assay Untersuchungen an ru-henden und PHA-stimulierten Lymphozyten [6]: DieReparaturkapazität PHA-behandelter und nicht behandel-ter Zellen wurde nach�-Bestrahlung gemessen. Wir konnten keine Unterschie-de feststellen, weder in der Menge der durch die Bestrah-lung induzierten DNA-Schäden noch in der DNA-Reparaturkapazität. Allerdings war der Basalwert (Mengean DNA Schäden ohne �-Bestrahlung) in den PHA-stimu-lierten Lymphozyten höher als in den ruhenden Zellen.

Im weiteren Verlauf unserer Untersuchungen werden dieArrays verwendet, um Transkriptionsprofile von Lungen-krebspatienten mit normaler oder reduzierter DNAReparaturkapazität zu erstellen. Erste Resultate zeigeneine gute Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, die experi-mentelle Variation in einer wiederholten Analyse der RNAdesselben Patienten war kleiner als zweifach. Dagegenzeigten mehrere Gene größere Expressionsunterschiedezwischen verschiedenen Patienten. Ob diese Unterschie-de mit der DNA-Reparaturkapazität korrelieren, soll in ei-ner Pilotstudie mit 30 Patienten geklärt werden. Zusätz-lich soll durch die Analyse von Polymorphismen in DNA-Reparaturgenen geklärt werden, inwieweit eine redu-zierte DNA-Reparaturleistung in Lungenkrebspatientengenetisch bedingt sein kann.

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Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

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3. Quantitative Erfassung der Poly(ADP-ribo-syl)ierung

P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani, C. Mayer,O. Zelezny, R. Gliniorz, P. Waas, U. Bollow,B. Bertram

In Zusammenarbeit mit: A. Bürkle, Abteilung Gerontologie, Univer-sität Newcastle, UK; H. Becher, Abteilung Tropenhygiene und öf-fentl. Gesundheitswesen, Universität Heidelberg; H. Ramroth,Abteilung Klinische Epidemiologie, DKFZ; A. Dietz, AbteilungOtolaryngologie, Kopf-Hals-Chirurgie, Universität Heidelberg.

Die Poly(ADP-Ribose)polymerase (PARP) ist ein nukleä-res Enzym das durch bestimmte DNA Schäden (Strang-brüche) aktiviert wird. Sie katalysiert unter Verwendungvon NAD+ die kovalente Modifikation von Proteinen durchADP-Ribose-Polymere. Wir haben nach Induktion vonDNA Schäden die Polymerbildung mittels eines Immun-fluoreszenz-Verfahrens in intakten peripheren Blutlym-phozyten des Menschen analysiert. Hierbei wurde dieReaktion der Lymphozyten auf Bleomycin untersucht,eine Verbindung, die bekanntermaßen DNA Einzel- undDoppelstrangbrüche induziert. Für diesen Zweck wurdeein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe die Immun-färbung durch PC-gestützte Bildverarbeitung quantitativerfasst werden konnte [12]. Als erste Anwendung dieserneuen Methode haben wir die Polymerbildung nachBleomycin-Schädigung vergleichend in ruhenden und inMitogen-stimulierten peripheren Blutlymphozyten unter-sucht. Ruhende menschliche Lymphozyten zeigten ähn-liche Basalwerte für die Immunfärbung wiePhytohämagglutinin(PHA)-stimulierte Zellen (1.3±0.8versus 2.2±0.9, p<0.3). Nach Bleomycin-Behandlung derZellen konnte ein deutlicher Anstieg der Polymerbildungbeobachtet werden, der in PHA-stimulierten Zellensignifikant höher war als in nicht-stimulierten Lymphozy-ten (9.2±1.4 versus 4.2±1.0, p<0.005). Erwartungsgemäßwurde die Immunfärbung des Polymers durch den Ein-satz des ADP-Ribosylierungs-Inhibitors 3-Amino-benzamid unterdrückt und die Intensitätswerte derImmunfärbung sanken sowohl in ruhenden als auch inPHA-stimulierten Lymphozyten (1.2±0.7 versus 1.5±0.9).Unsere Beobachtungen zeigen, dass (i) Mitogen-stimu-lierte gegenüber ruhenden Lymphozyten eine verstärktePolymerbildung nach Behandlung mit Bleomycin aufwei-sen und (ii) unsere neu entwickelte quantitative Immun-fluoreszenz-Methode empfindlich und zuverlässig ist, umVeränderungen der Polymerbildungsrate in intakten Zel-len reproduzierbar nachzuweisen.

Diese neu entwickelte Methode wurde in einer klinischenFall-Kontroll-Studie eingesetzt [10]. Da bekannt ist, dassDefekte in der DNA Reparatur mit einem erhöhtenTumorrisiko beim Menschen einhergehen können, ha-ben wir untersucht, ob erworbene oder vererbte Ände-rungen in der PARP-Aktivität einen Einfluss auf das Risi-ko haben, an Larynxkrebs zu erkranken. Im Rahmen ei-ner Fall-Kontroll-Studie zu genetischen sowie berufs-und Lebensstil-bedingten Risikofaktoren für Larynxkrebswurde mittels quantitativer Immunfluoreszenz-Analysedie PARP-Aktivität durch Messung der Poly(ADP-Ribose)-Bildung in peripheren Blutlymphozyten erfasst. Die

Polymerbildung wurde nach Behandlung der Lymphozy-ten von 69 Larynxkrebspatienten und 125 gesundenpopulationsbasierten Kontrollpersonen mit Bleomycinbestimmt. Das Ausmaß der Bleomycin-induziertenPolymerbildung, gemessen als durchschnittliche Pixel-Intensität, war in Larynxkrebspatienten (74.6; SE=3.7) si-gnifikant niedriger als in Kontrollpersonen (94.5; SE=3.5)und wurde durch Faktoren wie Alter, Geschlecht oderRauchverhalten nicht beeinflusst. Es war jedoch kein Un-terschied bei den Basalwerten der Polymerbildung (ohneBleomycin-Behandlung) zu beobachten (Fälle: 59.1;SE=5.2 / Kontrollen: 50.5; SE=3.7). Wenn man das höch-ste Tertil der Polymerbildung als Referenzwert heran-zieht, ist das Risiko (odds ratio) für das niedrigste Tertilum den Faktor 3.79 (95% CI 1.37-10.47, p=0.01) erhöht.Dies bedeutet, dass periphere Blutlymphozyten von Pati-enten mit Larynxkrebs eine signifikant niedrigereBleomycin-induzierte Poly(ADP-Ribose)-Bildung aufwei-sen als Zellen von gesunden Kontrollpersonen. UnsereErgebnisse weisen darauf hin, dass eine verminderteFähigkeit zur zellulären Poly(ADP-Ribose)-Bildung mit ei-nem erhöhten Risiko für Larynxkrebs einhergehen könn-te. Der diesem Befund zugrundeliegende Wirk-mechanismus muss noch aufgeklärt werden.

Zur Suche und Bewertung von Naturstoffen, die in derLage sind, das zelluläre DNA Reparaturvermögen zu ver-bessern, haben wir eine Reihe von Experimenten mit (-)-Epigallocatechingallat (EGCG) begonnnen, einem wichti-gen Inhaltsstoff des grünen Tee. Beim Tee sind bisherkeine Hinweise auf ein mutagenes oder krebserzeugen-des Potential bekannt [3]. Es wird jedoch berichtet, dasser bemerkenswerte präventive Wirkung bei der Entste-hung von Krebs- sowie kardiovaskulären Erkrankungenbesitzt [2]. In unseren Untersuchungen erwies sichEGCG als wirkungsvoller Induktor der Bildung vonPoly(ADP-Ribose) in einer Leukämie-Zellinie (Nalm6)sowie in menschlichen peripheren Blutlymphozyten. Be-reits 10 min nach Behandlung der Zellen mit EGCG warin beiden Zelltypen ein deutlicher Anstieg von Poly(ADP-Ribose) festzustellen, der in den Nalm6 Zellen über 60min, in Lymphozyten länger als 4 Stunden anhielt. Dieparallele Bestimmung von DNA Schäden mittels Mikro-gel-Elektrophorese weist jedoch auch auf eine möglichegentoxische Wirkung von EGCG hin. Dieser Befund wirdderzeit in unserem Labor weiter abgeklärt.

4. Mutationsanalyse bei Replikationsenzymenaus Tumorzellen

O. Popanda, P. Waas

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. E. Hagmüller, KreiskrankenhausBad Friedrichshall; im DKFZ: H.W. Thielmann, T. Flohr, J. Dai

Das Genom maligner Tumoren ist von Mutationen undchromosomalen Modifikationen gekennzeichnet, die sichim Laufe der Tumorentstehung anhäufen. Nach der„Mutatorhypothese“ von L. A. Loeb können Veränderun-gen in Enzymen des Replikationsapparates und derDNA-Reparatur eine Ursache dieser genomischen Insta-bilität sein. Es war zu vermuteten, daß hierfür insbeson-dere Veränderungen von DNA-Polymerasen in Betracht

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

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kommen, da deren Kopiergenauigkeit wesentlich zur ak-kuraten Replikation des Genoms beiträgt. Ist ihreKopiergenauigkeit in malignen Zellen gestört, nehmendiese Enzyme am Entartungsprozeß teil, indem sie ver-mehrt Mutationen in den DNA-Tochterstrang einführen.Ziel dieser Forschungsaktivität war zu klären, ob in Tu-morzellen die an der Replikation beteiligten DNA-Polymerasen so verändert sind, daß sieMutatoreigenschaften annehmen und zur Progressionmaligner Tumoren beitragen können. Für diese Untersu-chungen wurden zwei Modellsysteme verwendet: (i) hochmaligne Novikoff-Hepatomzellen eines Lebertumors derRatte, und normale, sich regenerierende Rattenleber [8]sowie (ii) sporadische Kolontumoren des Menschen [9]:

(i) Im Rahmen dieser Aktivität wurden die cDNA-Sequen-zen der DNA-Polymerase alpha und ihrer Untereinheitenin Novikoff-Hepatomzellen und normaler Rattenleber be-stimmt. Durch Vergleich beider Sequenzen wurde eineMutation in der regulativen Untereinheit B des DNA-Poly-merase �-Primasekomplexes der Novikoff-Hepatom-zellen identifiziert, die zu einem Aminosäureaustauschführte. Der streng parallel geführte Vergleich molekularerund biochemischer Eigenschaften der gereinigten DNA-Polymerase-� Aktivitäten von normaler Rattenleber undNovikoff-Hepatomzellen ergab für das Enzym der mali-gnen Zellen mehrere statistisch signifikante Unterschie-de. Besonders erwähnt sei, daß die DNA-Polymerase �der Novikoffzellen signifikant empfindlicher gegenüber ei-nigen Hemmstoffen der Zellproliferation (z. B.: Doxorubi-cin, Netropsin, Topotecan) reagierte. DieSedimentationsanalyse zeigte, daß die in der Unterein-heit B des DNA-Polymerase �-Primasekomplexes nach-gewiesene Mutation eine Änderung der Konformation derUntereinheit B selbst sowie des gesamten Komplexesbewirkt. Aufgrund früherer Ergebnisse und durch Hinwei-se aus der Literatur können die abweichenden katalyti-schen Eigenschaften des DNA-Polymerase-�-Primase-komplexes durch die Konformationsänderung und eindadurch möglicherweise verändertes Phos-phorylierungsmuster erklärt werden. Vor allem im Hin-blick auf eine therapeutische Nutzung ist die Beobach-tung von Interesse, daß auch die Sensitivität gegenüberHemmstoffen der Zellproliferation erhöht ist.

(ii) Mehrere für Replikationsenzyme kodierende Genewurden unter Verwendung molekularbiologischer Techni-ken auf Mutationen in Gewebeproben von menschlichenKolontumoren und gesunder Mukosa geprüft (klinischerKooperationspartner: Prof. Dr. E. Hagmüller). Es standenTumor- und Normalgewebe von 19 Patienten sowiesechs Kolonkarzinomzellinien zur Verfügung; drei derZellinien wiesen einen Defekt in der Basenfehlpaarungs-reparatur auf. Die mittels Reverser Transkription undPolymerase-Kettenreaktion amplifizierten cDNAs der ka-talytischen Untereinheit der DNA-Polymerase � sowie je-weils eine Untereinheit der Replikationsfaktoren A und Cwurden mit einer Methode zur Bestimmung desEinzelstrangkonformations-Polymorphismus (SSCP-Analyse) und durch DNA-Sequenzierung analysiert. Pro

Gen wurden mindestens 10 Tumoren und 6 Zellinien un-tersucht.

Eine Mutation, die ausschließlich in Tumoren auftritt undsomit während der Tumorentwicklung entstanden ist,wurde nur in der cDNA der DNA-Polymerase � gefunden.Diese Mutation verursachte allerdings keine Änderungder Aminosäuresequenz und blieb damit ohne Wirkungauf die Proteineigenschaften oder das Zellwachstum.Weitere Mutationen wurden bei der DNA-Polymerase �nicht entdeckt. Beim Replikationsfaktor A wurde bei zweiPatienten eine abweichende Aminosäuresequenz imNormal- und Tumorgewebe identifiziert. Diese Mutatio-nen liegen in der Nähe aktiver Zentren der jeweiligenProteine, so daß deren Eigenschaften durch dieSequenzvarianten verändert sein könnten.

Schlußfolgerungen: Die Analyse der biochemischen Ei-genschaften von DNA-Polymerasen aus malignen Novi-koff-Hepatomzellen zeigte, daß in Tumorzellen Verände-rungen der DNA-Polymerasen vorkommen, die dieKopiergenauigkeit der Enzyme verändern und Mutator-eigenschaften in den Zellen auslösen können. Allerdingskonnten beim Menschen keine tumorspezifischen Muta-tionen im Tumorgewebe nachgewiesen werden. EinGrund für die überhaupt sehr geringe Zahl beobachteterMutationen mögen die strengen Selektionsbedingungenim wachsenden Tumorgewebe sein, die alleZellvarianten eliminieren, die nicht mit der Teilungs-geschwindigkeit der am schnellsten proliferierenden Zel-len Schritt halten. So wurden in vivo nur wenige Sequenz-varianten der DNA-Polymerase � und des Replika-tionsfaktors A geduldet. Ob es sich bei diesen Varianten,die auch im Normalgewebe beobachtet wurden, umPolymorphismen handelt, die mit einem erhöhten Krebs-risiko einhergehen, wird die Analyse eines größerenPatientenkollektives und entsprechender Kontrollen zei-gen.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] *Becker, R., *Ritter, A., *Eichhorn, U., *Lips, J., Bertram, B.,Wiessler, M., *Zdzienicka, M.Z., *Kaina, B.: Induction of DNAbreaks and apoptosis in crosslink-hypersensitive V79 cells bythe cytostatic drug beta-D-glucosyl-ifosfamide mustard. BritishJournal of Cancer 86 (2002) 130-135.[2] Bertram, B., Bartsch, H.: Krebsprävention durch grünen Tee:Wirklichkeit und Wunschdenken. Wiener Medizinische Wochen-schrift 5/6 (2002) 153-158.[3] Bertram, B., *Hemm, I., *Tang, W.: Mutagenic and carcinogenicconstituents of medicinal herbs used in Europe and in the USA.Die Pharmazie 56 (2001) 99-120.[4] Frei, E., *Kuchenmeister, F., Gliniorz, R., Breuer, A., Schmezer,P.: N-nitrososdimethylamine is activated in microsomes fromhepatocytes to reactive metabolites which damage DNA of non-parenchymal cells in rat liver. Toxicol Letters 123 (2001)227-234.[5] Klein, R.G., Schmezer, P., *Amelung, F., *Schroeder, H.-G.,*Woeste, W., *Wolf, J.: Carcinogenicity assays of wood dust andwood additives in rats exposed by long-term inhalation. Interna-tional Archives of Occupational and Environmental Health 74(2001) 109-118.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

[6] Mayer, C., Popanda, O., Zelezny, O., *von Brevern, M.-C.,*Bach, A., Bartsch, H., Schmezer, P.: DNA repair capacity aftergama-irradiation and expression profiles of DNA repair genes inresting and proliferating human peripheral blood lymphocytes.DNA Repair 1 (2002) 237-250.[7] Mayer, C., Schmezer, P., *Freese, R., *Mutanen, M., *Hietanen,E., *Obe, G., *Basu, S., Bartsch, H.: Lipid peroxidation status,somatic mutations and micronuclei in peripheral lymphocytes: acase observation on a possible interrelationship. Cancer Letters152 (2000) 169-173.[8] Popanda, O., *Flohr, C., *Dai, J.-C., Hunzicker, A., Thielmann,H.W.A.: Mutation in subunit B of DNA polymerase alphha fromNovikoff hepatoma cells is concomitant with conformationalchanges and abnormal catalytic properties of the DNA poly-merase alpha-primase complex. Molecular Carcinogenesis 31(2001) 171-183.[9] Popanda, O., *Zheng, C., *Magdeburg, J.R., *Büttner, J., *Flohr,T., *Hagmüller, E., Thielmann, H.W.: Mutation analysis ofreplicative genes encoding the large subunits of DNApolymerase alpha and replication factors A and C in humansporadic colorectal cancers. International Journal of Cancer 86(2000) 318-224.[10] *Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., *Ramroth, H., *Bürkle,A., Bartsch, H., *Dietz, A., *Becher, H.: Reduced poly(ADP-ribosyl)ation in lymphocytes of laryngeal cancer patients: resultsof a case-control study. International Journal of Cancer 98(2002) 780-784.[11] *Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., Risch, A., *Rittgen, W.,*Kayser, K.W., *Dienemann, H., *Schulz, V., *Drings, P., *Thiel, S.,Bartsch, H.: Altered DNA repair capacity and bleomycinsensitivity as risk markers for non-small cell lung cancer. Interna-tional Journal of Cancer 95 (2001) 86-91.[12] Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., *Bürkle, A., Bartsch, H.:Quantitative assessment of bleomycin-induced poly(ADP-ribosyl)ation in human lymphocytes by immunofluorescence andimage analysis. Journal of Immunological Methods 244 (2000)145-151.[13] Risch, A., Wikman, H., *Thiel, S., Schmezer, P., Edler, L.,*Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V.,Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Glutathione-S-transferase M1, M3,T1 and P1 polymorphisms and susceptibility to non-small-cell lungcancer subtypes and hamartomas. Pharmacogenetics 11 ( 2001)757-764.[14] Schmezer, P., *Rajaee-Behbahani, N., Risch, A., *Thiel, S.,*Rittgen, W., *Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K.W., *Schulz,V., Bartsch, H.: Rapid screening assay formutagen sensitivity and DNA repair capacityin human peripheral blood lymphocytes.Mutagenesis 16 (2001) 25-30.[15] Schmezer, P., *Rupprecht, T., *Tisch, M.,*Maier, H., Bartsch, H.: Laryngeal mucosa ofhead and neck cancer patients showsincreased DNA damage as detected by sin-gle cell microgel electrophoresis. Toxicology144 (2000) 149-154.

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Neue Biomarker in der Krebsätiologie- undPräventionsforschung (C0206)J. NairDrittmittel: EU-Projekt QL-RT-2000-00286

1. Etheno-DNA Addukte als Marker von DNASchäden durch Lipidperoxidation

Erhöhter oxidativer Stress und Lipidperoxidation (LPO)werden mit Krebs und neurodegenerativen Erkrankun-gen in Verbindung gebracht. Seit langem wird LPO eineRolle bei der Tumorpromotion und -progression zuge-schrieben, doch erst kürzlich konnte gezeigt werden,dass Etheno(�)-DNA-Addukte aus LPO-Produkten gebil-det werden. Die Entwicklung und Validierung von Analy-semethoden für DNA-Addukte soll deshalb zum Ver-ständnis der Bildung von exogenen und endogenenDNA-reaktiven Metaboliten beitragen. Weiterhin werdendiese Adduktmarker bereits in Biomonitoring- undChemopräventionsstudien angewandt. Die Bildung von

Abb. 1 Bildung von exozyklischen(Etheno)-DNA-Addukten aus Lipidperoxi-dationsprodukten (z.B. 4-Hydroxynonenal,HNE und Malonaldehyd, MDA), die durchoxidativen Stress in der Säugetierzelle ausLinolsäure und Arachidonsäure gebildetwerden und auch beim Menschen nachge-wiesen wurden. Anhäufung solcherpromutagenen DNA-Läsionen (z.B. imDarmepithel) führt zu genetischer Instabili-tät, die den Übergang von gutartigen inbösartige Zellen vorantreibt (Bartsch undNair, 2000).

Increased DNA damage, cellproliferation and mutations

Hyperplasia���� Adenoma ���� Carcinoma

Impaired DNA repairLoss of apoptotic response

Oxidativestress

Arachidonic acid

Linoleic acid

Lipid peroxidation

DNA-reactivealdehydes

(HNE, MDA)

Exocyclic-DNAadducts

COX2,LOX,iNOS,CytokinesNormal

colonepithelium

Inflammatory processes

ROSRNS

PLA2

Membranephospholipids

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

DNA-Addukten ist eine der frühesten Stufen von messba-ren genetischen Schäden der Zelle. Werden diese nichtrepariert, so führen diese nach Zellteilung zu Mutationen,die sich anhäufen und zu genomischer Instabilität undKrebswachstum führen können (Abb. 1).

Bisherige Untersuchungen bestätigten die Nachweisem-pfindlichkeit und Spezifität unserer entwickelten Metho-den zur Messung von Etheno-DNA-Addukten, die durchoxidativen Stress und LPO entstehen. In früheren Unter-suchungen konnte eine verstärkte DNA-Schädigungdurch chronisch entzündliche Prozesse und Aufnahmevon �-6 PUFA-reicher Nahrung mit einer erhöhtenEtheno-Addukt-Bildung assoziiert werden. Die bishermeist benutzte Messmethode für oxidative DNA-Schädenist die Bestimmung der oxidierten DNA-Base 8-Oxo-Desoxyguanosin. Jedoch bestehen wegen der Artefakt-bildung Unsicherheiten über die Verlässichkeit diesesBiomarkers. Die Messung stabilerer, sekundärer Markerfür DNA-Schäden, wie den Etheno-DNA-Addukten, erwiessich als besserer Indikator, um durch erhöhten oxidativenStress und Lipidperoxidation bedingte DNA-Schäden zuerfassen, was durch die nachfolgenden Untersuchungenbestätigt wurde:

1.1 Etheno-DNA-Addukte im Darmepithel von Patientenmit Morbus Crohn (CD), Colitis Ulcerosa (UC) undfamiliärer adenomatöser Polyposis (FAP)

1,N6-Ethenodesoxyadenosin (�dA) und N3,4-Ethenodes-oxycytidin (�dC) wurden im Darmgewebe dieser Patien-ten mit hohem Darmkrebsrisiko zum ersten Mal nachge-wiesen. Beide Etheno-Addukte waren in FAP- und CD-Patienten erhöht, während bei UC-Patienten nur �dC imVergleich zur normalen Kolon-DNA angereichert war. DieBildung von Etheno-DNA-Addukten in FAP-Patienten isteinem erhöhten Arachidonsäure-Metabolismuszuzuschreiben, dies in Folge einer Überexprimierung derPhospholipase A2 - und Cyclooxygenase 2 im Darm-epithel (s. Abb. 1). Im Falle der entzündlichen Darmer-krankungen CD und UC wird die Adduktbildung auf er-höhten oxidativen Stress und Lipidperoxidation zurückge-führt, die als Folge chronisch entzündlicher Prozesse undeiner Überproduktion von NO in den Zielzellen einherge-hen.

1.2 Nachweis von Etheno-Addukten in Patienten mitchronischer Pankreatitis

Hier wurden stark erhöhte Etheno-Addukt-Spiegel imPankreasgewebe dieser Patienten im Vergleich zu nor-maler Pankreas-DNA gemessen.

1.3 Nachweis von 1,N6-Ethenodesoxyadenosin (�dA) imUrin durch eine Immunaffinitäts-HPLC-Fluoreszenz-Methode

In Zusammenarbeit mit Dr. T. Hanaoka, National Cancer ResearchInstitute, Chiba, Tokio, Japan.

Wie bereits früher gezeigt, werden die Etheno-Addukt-Spiegel beim Menschen durch Nahrungsfaktoren, Hor-monmetabolismus und entzündliche Prozessebeeinflusst. Zu ihrem leichteren Nachweis und zur Unter-suchung über die Persistenz dieser DNA-Läsionen beimMenschen wurde eine nicht-invasive, empfindliche Analy-

se-Nachweismethode für im Urin ausgeschiedenes �dAentwickelt, die auf Immunaffinitätsreinigungs-HPLC-Fluo-reszenz-Bestimmungen beruht. Mit Hilfe dieser Methodekann das Ausmaß von DNA-Schäden, die durchoxidativen Stress und Lipidperoxidation ausgelöst wer-den, im Menschen nicht-invasiv untersucht werden. Da-mit können ätiologische Faktoren, wie hohe Fett-aufnahme, niedrige Antioxidantien-Spiegel sowie chro-nisch entzündliche Prozesse, die bei der Krebsaus-lösung eine Rolle spielen, in Urinproben untersucht wer-den (Nair 1999). In einer Interventionsstudie in Japanwurde die Ausscheidung von �dA im Urin in nicht-rauchenden postmenopausalen Frauen in Nordjapanuntersucht. Dabei wurde der Erfolg einer diätetischen Be-ratung, die Salzeinnahme zu reduzieren und höhere Vita-min C- und Karotin-Mengen zu sich zu nehmen durchFragebögen und biochemischen Analysen bestimmt. Auseiner großen Kohorte wurden 30 postmenopausaleFrauen (60 - 69 Jahre alt) in der Interventionsgruppe und30 gematchte Frauen in der Kontrollgruppe untersucht.

Vor der Intervention war der �dA-Spiegel im Harn positivmit der ausgeschiedenen Kochsalz-Konzentration korre-liert (R = 0,33; P = 0,01); ebenso korrelierte �dA mit derEinnahme von �-6 vielfach ungesättigten Fettsäuren (R =0,28, P = 0,03). Die Ergebnisse dieser Pilotstudie stützendie Annahme, dass das ausgeschiedene �dA im Harnvon DNA-Schäden herstammt, die durch Kochsalz überchronisch entzündliche Prozesse im Magen ausgelöstwerden. Ein bereits nachgewiesener Zusammenhangzwischen der Aufnahme von �-6 PUFA-reicher Nahrungund erhöhter Etheno-Addukt-Bildung in Lymphozytenweiblicher Probanden wurde in dieser Studie weiter be-stätigt. Die biologische Relevanz von �dA als Biomarker inBiomonitoring- und klinischen Studien wird weiter unter-sucht [9].

1.4 Immunhistochemische Methoden zum Nachweisvon Etheno-Addukten in Gewebeschnitten

Eine von uns entwickelte semiquantitative, immunhisto-chemische Nachweismethode für �dA konnte in der Le-ber-DNA von Ratten, die Vinylchlorid inhaliert hatten odereine erhöhte Dosis von FeII erhielten, zellspezifisch er-höhte DNA-Spiegel dieser Addukte nachweisen [15].

1.5 Die Rolle von COX-2 und Lipoxygenase (LOX) beider Entstehung von Etheno-DNA- Addukten

In Zusammenarbeit mit Dr. G. Fürstenberger, DKFZ.

Bei Untersuchungen zur Entstehung des Mäusehautkar-zinoms (DMBA als Initiator, TPA als Promotor) wurden Ge-webespiegel von 8- und 12- HETE sowie Etheno-Adduktein Papillomen und Tumoren der Maushaut gemessen.Dabei wurde eine enge Korrelation von HETE-Konzentra-tion und Etheno-Addukt-Spiegel beobachtet, wobei diehöchste DNA-Schädigung bereits in gutartigen Krebsvor-stufen auftrat. Damit wurde bewiesen, dass in Vorstufendes Mäusehautkarzinoms eine gestörte Regulation desLipoxygenase/Arachidonsäure-Stoffwechsels auftritt, wo-bei eine Akkumulation dieser Arachidonsäure-Metaboliten (HETEs) mit einer Zunahme von genetischenDefekten einhergeht [12]. Erhöhte Etheno-DNA-Addukt-

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Spiegel wurden auch in den Darmpolypen von FAP-Pati-enten nachgewiesen [14]. Der relative Beitrag von COX-2und LOX wird anhand von Zelllinien mit Überexprimie-rung dieser Enzyme gemessen.

1.6 Aufnahme von Fettsäuren in der Nahrung undBildung von Etheno-Addukten bei premeno-pausalen Frauen

In Zusammenarbeit mit Dr. N. Becker, DKFZ

In dieser Studie wurde das Vorkommen von Etheno-Ad-dukten in Lymphozyten von Frauen nach niedriger undhoher Fettsäureaufnahme in der Nahrung geprüft [8]. Ver-bliebene Serum- und Lymphozytenproben aus der Hei-delberger EPIC-Studie wurden nach den Angaben im Fra-gebogen in zwei Gruppen unterteilt: > 15 g (A) und < 5 g(B) Linolsäure-Aufnahme pro Tag. Das Verhältnis vonLinolsäure- zu Ölsäurekonzentration im Serum wurde ge-messen und die Etheno-Addukt-Spiegel in Lymphozytenbestimmt. Als Gruppenwert waren die Linolsäurekonzen-trationen signifikant höher in der A- als in der B-Gruppe,was auch für die Ölsäurekonzentration zutraf. Das Ver-hältnis der Konzentrationen beider Fettsäuren war jedochin beiden Gruppen gleich. Etheno-Addukt-Spiegel warennicht signifikant verschieden in der A- und B-Gruppe, je-doch zeigte ein Drittel der Probanden mehr als das Dop-pelte der medianen Adduktwerte aller Teilnehmer. DurchFragebögen wurde die eingenommene Menge vonAntioxidantien in der Nahrung abgeschätzt und mit denEtheno-Addukt-Spiegeln in Lymphozyten korreliert. Unterden analysierten Parametern bewirkte die Einnahme vonGemüse und Vitamin E eine signifikante Reduzierungder �dA-Spiegel im Blut. Diese Ergebnisse bestätigenden protektiven Effekt von Vitamin E und Gemüse-einnahme gegen oxidativen Stress und durchLipidperoxidation ausgelöste DNA-Schäden.

1.7 Erhöhte Etheno-DNA-Addukt-Spiegel undMutationsrate in transgenen Mäusen mitverminderter G6PD-Enzymaktivität.

In Zusammenarbeit mit Dr. K. Felix und Dr. S. Janz, NationalCancer Institute, NIH, Bethesda, USA.

Das von G6PD-generierte NADPH spielt eine wichtigeRolle beim Schutz der Zelle gegenüber oxidativemStress. Ein möglicher Zusammenhang mit der Auslö-sung von somatischen Mutationen und einer G6PD-Defizienz wurde in einem transgenen Mäusestamm un-tersucht, der ein ‘low efficiency’ Allel der G6PD und einenShuttle-Vektor pUR288 zum Nachweis von Mutationenträgt. Das Hirn männlicher Tiere zeigte wegen der auf 13% erniedrigten G6PD-Aktivität deutliche Störungen desRedox-Gleichgewichtes, d.h. eine dreifache Verminde-rung des Verhältnisses von reduzierten zu oxidiertenGlutathion. Eine Anhäufung promutagener Etheno-Addukte (13-fach für �dA und 5-fach für �dC) wurde nach-gewiesen, die mit einer dreifach erhöhten somatischenMutationsrate einherging. Die Ergebnisse belegen diewichtige Schutzfunktion der G6PD in der Säugetierzelle[5].

2. Nachweismethode für O4-Ethyl-Thymidin(O4-etT)

J. Nair, R. Godschalk

In Zusammenarbeit mit Dr. M. Wiessler und Dr. C. Kliem, AbteilungMolekulare Toxikologie, DKFZ

Neben dem Nachweis von Etheno-DNA-Addukten wurdeauch eine verbesserte Methode zur quantitativen Bestim-mung von O4-etT entwickelt. Unter den Dutzend verschie-dener Alkylierungsprodukte in der DNA, die z.B. durchkarzinogene N-Nitrosoverbindungen gebildet werden,zählt O4-etT zu den wichtigen promutagenen DNA-Läsio-nen, die hauptsächlich AT�GC Punktmutationen hervor-rufen. Obwohl O4-etT anfänglich in relativ niedriger Aus-beute gebildet wird, reichert es sich wegen der unvoll-ständigen DNA-Reparatur in der Zelle an und spielt des-halb in der Karzinogenese eine wichtige Rolle. Eine er-höhte Ausscheidung von ethylierten DNA-Basen wurdeim Harn von Zigarettenraucher nachgewiesen. Um dieEthylierung der DNA in Zielorganen von Rauchern nach-zuweisen, wurde eine 32P-Postlabelling-Immunanreicherungs-Methode für O4-etT entwickelt. O4-etT-3'-Monophosphat wurde synthetisiert, aufgereinigtund durch LC-MS, ESI-MS und NMR charakterisiert. ZurValidierung der Methode wurden O4-etT-Spiegel in DNAbestimmt, die zuvor mit N-Ethyl-N-Nitroso-Harnstoff invitro behandelt wurde. Dabei wurde eine konzentra-tionsabhängige Bildung von O4-etT nachgewiesen. Wei-terhin wurde O4-etT in der DNA von alveolaren Makro-phagen bestimmt, die aus dem Sputum von Rauchernisoliert wurden. Das Addukt wurde in zwei der vier Rau-cher nachgewiesen, nicht aber in Nichtrauchern gefun-den. Da O4-etT in der DNA schlecht repariert wird, ist die-se Verbindung geeignet, um durch Biomonitoring Tabak-rauch-assoziierte DNA-Schäden nachzuweisen. Wie ge-zeigt, besitzt unsere neu entwickelte Methode eine genü-gend hohe Nachweisempfindlichkeit und Spezifität, umO4-etT in Surrogatzellen von Zigarettenrauchern nachzu-weisen. Lungengewebe von Rauchern (Operationsmate-rial) wird derzeitig auf den Gehalt von O4-etT in der DNAuntersucht [7].

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Bartsch, H., Nair, J.: New DNA-based biomarkers foroxidative stress and cancer chemoprevention studies. EuropeanJournal of Cancer 36 (2000) 1229-1234.[2] Bartsch, H., *Phillips, D.H., Nair, J., *Hewer, A., *Meyberg-Solomeyer, G., *Grischke, E.M.: Lack of evidence for tamoxifen-and toremifene-DNA adducts in lymphocytes of treated patients.Carcinogenesis 21 (2000) 845-847.[3] Bartsch, H., Nair, J.: Ultrasensitive and specific detectionmethods for exocylic DNA adducts: markers for lipid peroxidationand oxidative stress. Toxicology 153 (2000) 105-114.[4] Bartsch, H., Nair, J., Owen, R.W.: Dietary polyunsaturatedfatty acids and cancers of the breast and colorectum: emergingevidence for their role as risk modifiers. Carcinogenesis 20(1999) 2209-2218.[5] *Felix, K., *Rockwood, L.D., *Pretsch, W., Nair, J., Bartsch, H.,*Bornkamm, G.-W., *Janz, S.: Moderate g6pd deficiencyincreases mutation rates in the brain of mice. Free RadicalBiology & Medicine 32 (2002) 663-673.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

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DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

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Klinische Interventionsstudien (C0207)B. Spiegelhalder, R.W. Owen

1. Interventionsstudien zur Ernährung undKolorektalkrebs

R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder

In Zusammenarbeit mit Jürgen Wahrendorf (Umweltepidemio-logie, DKFZ) Björn Hofstad, Morten Vatn (Rikshospitalet, The Na-tional Hospital, Medical Department A, Oslo, Norwegen), ClaireBonithon-Kopp, Jean Faivre (ECP Colon Cancer Working Group,Registre des Tumeurs Digestives de la Cote-d´Or, Faculté deMedicine, Dijon, Frankreich.

Einem hohen Gehalt an Kalzium (Owen 1998 In: RecentResults in Cancer Research Vol 146 195-213) und/oderBallaststoffen (Hill et al. 1997 European Journal ofCancer Prevention 6 512-514) in der Nahrung wird eineSchutzwirkung gegen Kolorektalkrebs zugeschrieben.

Die Art Wirkmechanismen werden die Chelatbildung(Kalzium) und Verdünnung (Ballaststoffe) von potentiellcokarzinogenen Lipiden im Darm angesehen. Um dieseHypothese zu testen, wurden eine Reihe von Interven-tionsstudien bei Adenompatienten initiiert. In einer Pilot-studie zu Plazebo-Kalzium kontrollierten Intervention (35Patienten) wurde keine Reduzierung der Darmzellprolife-ration gefunden (Weisgerber et al. 1996 Gut 38 396-402.). In einer weiteren etwas größeren Studie zur Inter-vention mit Kalzium und Antioxidantien wurde ein gerin-ger nicht signifikanter Hemmeffekt des Adenom-wachstums in-situ registriert, wohl aber war die Neubil-dung von Adenomen signifikant inhibiert (Hofstad et al.1998 Digestion 59 148-156.). Weiter wurde in Zusam-menarbeit mit der ECP (European Agency for CancerPrevention) eine gesamteuropäische (10 Länder) Lang-zeit (3 Jahre) kontrollierte Kalzium-Ballaststoff (Fybogel)Intervention mit Placebokontrolle bei insgesamt 665 Pati-enten mit sporadischen Adenomen durchgeführt undabgeschlossen. Am DKFZ wurden (1997 - 1998) Stuhl-proben von 1003 Patienten (jeweils vor und nach der In-tervention) auf Lipid- und Mineralstoffgehalt untersucht.Das Verhältnis zwischen Ernährung, Zellproliferation,Adenomrezidivierung, Lipid- und Mineralstoffspiegel imDarm, Antioxidantienstatus und der Wirkung der Interven-tion auf diese Werte wurden ausgewertet und veröffent-licht. Die klinischen Ergebnisse [1] zeigten, dass dieKalziumintervention einen geringen jedoch nicht signifi-kanten präventiven Effekt auf die Adenomrezidivierungausübte. Der Effekt war jedoch statistisch signifikant inPatienten, deren tägliche Einnahme von Kalzium niedriglag. Überraschenderweise hatte die Intervention mit Bal-laststoffen zur Folge, dass die Adenomrezidivierung si-gnifikant erhöht wurde. Dies war besonders in männli-chen Teilnehmern aus Skandinavien sichtbar. Außerdemzeigte die Ballaststoff-Intervention eine deutlich dosis-abhängige interaktive Wechselwirkung mit der Kalzium-aufnahme in der Nahrung. Die Hypothese, dass Gallen-säuren in der Adenom-Karzinom-Sequenz eine Rollespielen, wurde durch keine dieser Studien unterstützt. Je-doch werden die Gesamtdaten der ECP-Studie derzeitignoch einmal sorgfältig statistisch analysiert.

2. Phenol- und Lipidkomponenten und ihre Vor-stufen in Speiseölen als mögliche protektiveFaktoren gegen Kolorektal- und Brustkrebs

R.W. Owen, R. Haubner, B. Spiegelhalder

In Zusammenarbeit mit William E. Hull (Abteilung Zentrale Spektro-skopie, DKFZ), Attilio Giacosa (Istituto Nazionale per la ricercasul cancro, Istituto scientifico per lo studio e la cura del tumori,16132 Genova, Italien), Petcharin Srivatanakul (National CancerInstitute, Bangkok, Thailand).

2.1 Oliven und OlivenölDie mediterrane Ernährung wird mit einer geringen Inzi-denzrate bei verschiedenen Erkrankungen, vor allemKolorektal- und Brustkrebs, assoziiert. Als Hauptursachedafür wird der Verzehr von Olivenöl angesehen, das zumehr als 70 % aus Ölsäure (n9), einer einfach ge-sättigten, langkettigen Fettsäure besteht und eine Reihevon Phenolen erhält. Da die vermehrte Aufnahme von

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

mehrfach ungesättigten, langkettigen Fettsäuren (n6) miteinem Brustkrebsrisiko in Verbindung gebracht wird [2],(Nair et al. 1997 Biomarkers and Prevention 6 597-601)und um zu verstehen, warum Olivenöl gegenüber ande-ren Ölen eine bessere Schutzwirkung hat, wurden unter-schiedliche italienische Oliven- und Speiseöle (n = 30)auf ihren Gehalt an phenolischen Antioxidantien undLipiden untersucht. Extraktions-, GLC- und HPLC-Proto-kolle wurden für den Nachweis und die Auftrennung derLipid- und Phenolkomponenten optimiert. Mittels MS undNMRS wurde eine Reihe wichtiger Antioxidantien identifi-ziert: Squalen, einfache Phenole, Secoiride, Lignane undFlavonoide [3-6]. Der Nachweis und die strukturelle Cha-rakterisierung von Lignanen und Flavonoide im Olivenölgelang zum ersten Mal. Die Untersuchungen wurden aufden Antioxidantiengehalt von Oliven ausgeweitet. Schwar-ze und grüne Oliven enthalten sehr hohe Konzentration(10 - 20 fach höher als extra-virgin Olivenöl) an diesenSubstanzen, womit sie bei Verzehr zur gesundheitsför-dernden Wirkung der mediterranen Ernährung beitragenkönnten. Die einzelnen aus Olivenöl extrahierten und iso-lierten Phenole weisen starke antioxidative Wirkung auf,vergleichbar mit dem klassischen Antioxidant Vitamin E.Diese Ergebnisse sollten nicht nur bei chemopräventivenMaßnahmen sondern auch in zukünftigen epidemiologi-schen Studien Berücksichtigung finden, wobei nicht nurdie Art und Zusammensetzung der Öle von Bedeutungsind, sondern auch die Häufigkeit des Verzehrs von Oli-ven. Unsere Untersuchungen werden derzeitig auf Oli-venöle/Oliven aus weiteren Mittelmeerländern ausge-dehnt.

2.2 Palm-, Sesam- und Sojabohnenöl ausThailand im Vergleich zu anderen Speiseölen

Neben der mediterranen Ernährung in Europa dürfteauch die Ernährungsweise in fernöstlichen Ländern zurAufnahme von Antioxidantien führen, die nicht in typi-schen westlichen Nahrungsmitteln enthalten sind. AlsBeispiel hierfür ist Thailand, welches eine extrem nie-drige Inzidenz an Kolorektal- und Brustkrebs aufweist.Um diese Hypothese zu überprüfen, wurde eine Zusam-menarbeit zwischen dem DKFZ und dem NationalCancer Institute, Bangkok etabliert. Unterschiedliche (n =20) Speiseöle uns Thailand wurden untersucht und da-bei die gleichen Analysemethode wie für Olivenöl ange-wandt. Nicht raffiniertes Palmöl enthielt erhebliche Men-gen an antioxidativen Phenolsäuren, z.B. 3,4-Dihydroxybenzoessäure, Vanillinsäure und p-Coumarinsäure. Im Gegensatz enthielten die raffiniertenPalmöle (n = 6) keine dieser phenolischen Säuren son-dern erhebliche Mengen an wahrscheinlich syntheti-schen Antioxidantien. Durch GC/MS- und NMRS-Analysenwurde die Substanz als Butyldihydroxyanisol (BDHA)identifiziert. Untersuchungen sind im Gange, um die Fra-ge zu klären, ob diese Substanz zugesetzt wurde oderwährend der Ölraffinierung entsteht. Unter den anderenuntersuchten Speiseölen war Sesamöl besonders reichan nicht polaren antioxidativ wirkenden Phenolen, z.B.Sesamin und Sesamolin, die in Konzentrationen von 2 gpro kg nachgewiesen wurden. Vorstufen, die in Sesams-amen vorkommen, sind eine komplexe Mischung von

Glykosiden, Sesaminol und Pinoresinol sowie weiterenpolyphenolischen Substanzen. Diese Substanzklassenvon Antioxidantien wurden jedoch nicht in Ölen aus Soja-bohnen, Sonnenblumen, Mais und Erdnüssen gefunden.Derzeitig werden genügend Substanzmengen auf dieneu identifizierten Antioxidantien isoliert, die dann inScreening-Tests auf ihr krebsvorbeugendes Potential un-tersucht werden (in Zusammenarbeit mit C. Gerhäuserund P. Schmezer).

2.3 Leinsamen und Leinöl bezüglich des Vorkom-mens von Lignanen im Säugetier-Organismus

Lignane werden im Säugetier-Organismus im Darmdurch bakterielle Verstoffwechslung von Vorstufen ausder Nahrung gebildet. Ihnen wird eine Schutzwirkung ge-gen Brustkrebs zugeschrieben, da sie eine ähnlicheStruktur wie das Tamoxifen aufweisen. Diese so im Kör-per bebildeten Lignane wurden als Enterodiol (ENND)und Enterolacton (ENNL) identifiziert und ihre hauptsäch-lichen Vorstufen sind Secoisolariciresinol-Diglucosid(SDG), das als Hauptkomponente in einem komplexen,phenolischen, polymeren Gemisch (CPP) in Leinsamenvorkommt. Leinöl im Gegensatz zu Oliven- und Sesamölenthält dagegen sehr niedrige SDG-Spiegel, da die poly-mere CPP-Fraktion in Öl unlöslich ist. Wir haben die poly-mere CPP-Fraktion jetzt untersucht und eine Anzahl vonPhenolsäuren sowie weitere Substanzen, die darin ent-halten sind, charakterisiert. Nach Isolierung genügenderMengen werden in in vitro Testsystemen die Substanzenauf ihr chemopräventives Potential untersucht.

3. Phenole in humanen StuhlprobenViele der Substanzen, die aus verschiedenen Speiseölenund ihren Vorstufen isoliert wurden, sind Glykoside. Dakäuflichen Enzyme nur sehr schlecht die phenolischenGlykoside spalten, haben wir eine neue Methode entwik-kelt, wobei die im Stuhl vorkommenden Glykosylaseneingesetzt werden, um z.B. das Monoglykosid des Seco-isolariciresinols innerhalb von drei Stunden abzuspalten.Diese neue Methode wurde auf Stuhlproben aus derECP-Kalzium-/Ballaststoffinterventionsstudie angewandtund erlaubte die phenolischen Antioxidantien quantitativzu bestimmen, wobei 30 verschiedene Substanzen die-ser Klasse mit Hilfe von GC/MS und ESI-LC/MS identifi-ziert wurden. Die neue Methode wird jetzt auf Proben, dieaus drei Ländern der ECP-Studie - Dänemark, Deutsch-land, Italien - stammen, die einen Nord-Süd-Gradientenbei der Krebshäufigkeit darstellen, angewandt. Bereits ineiner Pilotstudie wurde ein bemerkenswerter Zusam-menhang zwischen dem Vorkommen dieser phe-nolischen Antioxidantien in Stuhlproben und der Inzidenzvon Brust- und Kolorektalkrebs gefunden. Eine größereStudie ist in Planung.

4. FermentationsstudienR.W. Owen, B. Spiegelhalder

Die Bildung von Lignanen im Säugetierorganismus ausLeinsamen wurde 1980 vorgeschlagen, aber die genau-en Bildungsmechanismen waren nicht bekannt. Nachder Isolierung mehrerer Gramm SDG wurden anaerobeFermentationsexperimente von uns durchgeführt. Nach

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

anaerober Inkubation bei 37° für 72 Stunden in Gegen-wart von 1 % Fäkalmatrix, Aufarbeitung der verschiede-nen Fraktionen, konnten in der Tat mehrere Metabolitendurch GC/MS und ESI-LC/MS charakterisiert werden [7].Die Strukturen konnten durch NMR bestätigt werden undsomit Umwandlung von SDG durch die fäkale Mikroflorain Säugetier-Lignanen vollständig aufgeklärt werden. Danun genügende Mengen dieser Substanzen aufbereitetwerden können, werden sie auf ihr krebsvorbeugendesPotential untersucht. Weiterhin wurde der Metabolismusvon Lignanen aus Olivenöl, Sesamöl und Sesamsamenuntersucht. Es konnte gezeigt werden, dass dieseölspezifischen Lignane ebenfalls durch die fäkale Mik-roflora in die Säugetier-Lignane ENND und ENNLverstoffwechselt werden [8]. Diese neuen Befunde erklä-ren, warum immer höhere Ausbeuten an Säugetier-Lignanen im Darm gefunden wurden, als die durch dieEinnahme von SDG erwartete Menge. Bei diesen Unter-suchungen wurden auch neue Lignan-Vorstufen ent-deckt, deren Strukturaufklärung im Gange ist.

5. Antioxidantien-Gehalt von RotweinR.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder

Das Vorkommen verschiedener Klassen von Antioxidan-tien in Rotwein ist gut untersucht und verschiedene Klas-sen dieser Stoffe wurden bisher identifiziert. Es wurdebeobachtet, dass Probanden, die kein Olivenöl konsu-mierten, dennoch nachweisbare Mengen an Tyrosol undHydroxytyrosol im Stuhl ausschieden. Wegen der Annah-me, dass diese Substanzen aus Getränken stammen,wurde eine ausführliche Analyse phenolischerAntioxidantien in grünem und schwarzem Tee und Rot-wein durchgeführt. Das Spektrum der Antioxidantien inTee war mit dem bereits publizierten identisch, jedochenthielt Rotwein erhebliche Mengen an Hydroxytyrosolsowie weitere Komponenten, die bisher nicht im Rotweinbeschrieben wurden. Die Antioxidantien wurden durchchromatografische Verfahren getrennt und mas-senspektrometrisch identifiziert. Mit Hilfe einer Reihe vonneu etablierten LC/MSD-Progammen können wir dasAntioxidantienprofil von Weinproben durch eine direkteInjektion von etwa 20 µl Wein erhalten. Bis heute wurdenüber 50 antioxidative Substanzen in Rotwein nachgewie-sen und identifiziert. Unsere neue Analysenmethode er-laubt einen schnellen Vergleich der Anti-oxidantienkapazität von Wein, z.B. in Chemopräventions-studien.

6. Reaktive Sauerstoffradikale (ROS) in derKrebsentstehung

R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder

Für die zuverlässige Bestimmung von Phytat (phytic acid= PA) und ROS in human Stuhlproben wurden HPLC-Me-thoden entwickelt (Owen et al. 1996 Gut 38 591-597;Owen et al. 1996 European Journal of Cancer Prevention5 233-240; Owen et al. 1997 Journal of Cancer Researchand Clinical Oncology 12 (Supplement 1) 2; Owen et al.1998 European Journal of Cancer Prevention 7 (suppl 2)S41-S54). Mit einer verbesserten HPLC-Methode konnte

gezeigt werden, dass die ROS-Bildung in Stuhlprobennicht mit der vorhandenen Darmflora korreliert [9]. DieROS-Bildung wird viel mehr durch eine lösliche Kompo-nente im Stuhl ausgelöst. In laufenden Studien soll derenStruktur identifiziert werden. In einem optimierten Test-system werden erneut die bisherigen sowie neue ECP-Proben untersucht, um zu sehen, ob PA, Eisen und ROSalleine oder in Kombination eine Rolle bei derKolonkarzinogenese spielen. Diese Daten werden gera-de ausgewertet.

7. Reaktive Sauerstoffradikale und MagenkrebsR.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder

In Zusammenarbeit mit Heinrich Bauer (Abteilung Molekulare Toxi-kologie, DKFZ), Jochen Rudi (Abteilung für Gastroenterologie,Krehl Klinik, Heidelberg).

Infektion durch Helicobacter pylori ist einer der Risikofak-toren für die Auslösung der Magenkarzinogenese, wobeidie molekularen Mechanismen noch unbekannt sind.Deshalb wurde in einer Pilotstudie die mögliche Rollevon ROS bei der Magenkarzinogenese untersucht undzwar mit der möglichen Bildung von ROS im Magensaftbei Patienten mit Magendysplasien mit und ohneHelicobacter pylori Infektion. Magensaftproben von 31Patienten mit oder ohne Gastritis wurden untersucht.ROS-Bildung wurde durch die radikale Hydroxylierungvon Salizylsäure gemessen und das Reaktionsprodukt,die Dihydroxybenzoesäure, durch HPLC bestimmt.Magensaftproben von 20 (64,5 %) Patienten mit chroni-scher H. pylori Gastritis zeigten deutlich erhöhte ROS-Konzentrationen, wenn sie mit den 8 Gastritis-Patienten(21,6 %) ohne H. pylori Infektion verglichen wurden. Da-mit wurde weiter bestätigt, dass Infektion mit H. pylori miteiner höheren Rate von ROS-Bildung einhergeht, wobeidieser oxidative Stress zur Tumorbildung im Magen bei-trägt. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Inkubati-on von H. pylori mit einer Magenkarzinom-Zelllinie AGSden Methylierungsstatus des p53-Gens erhöht, wobeimethylierte CpG-Sequenzen in verschiedenen Intronsund Exons nachgewiesen wurden[10].

8. Einfluss von Lignanen auf oxidativen Stress -Eine Interventionsstudie in premenopausalenFrauen mit erhöhtem familiärenBrustkrebsrisiko

R.W. Owen, B. Spiegelhalder

In Zusammenarbeit mit Ulrike Knust, Karl H. Adzerson, FBeldmann, G Bastert (Frauenklinik der Universität Heidelberg, Ab-teilung für Allgemeine Frauenheilkunde und Geburtshilfe).

Das Ziel dieser Interventionsstudie sind Untersuchun-gen, wie Leinsamen- und Gemüseverzehr die Spiegelvon Lignanen im Serum und Harn beeinflussen und da-durch Lipidperoxidation und oxidativen Stress abhängigeBiomarker in vivo verändern können. Jeder Arm dieserInterventionsstudie umfasst je 20 Teilnehmer mit einemhohen bzw. niedrigen Leinsamen- und Gemüsekonsum.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Die pre- und postmenopausalen Probanden (25 - 55Jahre) kommen aus Familien, wo bei der Mutter oderSchwester Brustkrebs diagnostiziert wurde. Bestimmtwerden im Serum oder Plasma die Enterolignan-Spiegel(direkt durch ESI-LC/MS), Vitamin E und C, Folsäure undKarotinoide (mit einem cross-over design). Die bioche-mischen Ergebnisse werden dann mit den Daten ausFood Frequency Fragebögen verglichen. Die Studie wirdEnde 2002 abgeschlossen sein.

9. Phenolische Antioxidantien in thailändischenFrüchten

R.W. Owen, R. Haubner, B. Spiegelhalder

In Zusammenarbeit mit William E. Hull (Abteilung Zentrale Spektro-skopie, DKFZ), Attilio Giacosa (Istituto Nazionale per la ricercasul cancro, Istituto scientifico per lo studio e la cura del tumori,Genova, Italien), Yuttana Sudjoereen, Supranee Chambumrung(Mahidol University , Bangkok, Thailand).

Die von uns entwickelten analytischen Methoden (s. 2.1)wurden benutzt, um den Gehalt an phenolischen Antioxi-dantien in Früchten aus Thailand (in nicht verwertbarenAbfallprodukten) zu untersuchen. Erste Ergebnisse zei-gen eine Fülle von verschiedenen phenolischen Sub-stanzen in einigen der untersuchten Früchte, währendandere keine dieser Stoffe enthielten. Die Strukturauf-klärung der neu entdeckten Antioxidantien ist im Gange.

10. Antioxidantien und Lipidkomponenten imArganöl aus Marokko

R.W. Owen, R. Haubner, G. Würtele,B. Spiegelhalder

In Zusammenarbeit mit F. Khallouki, C. Younos, T. Oster(Laboratoire D´Ingénierie Moléculaire et de BiochimiePharmalogique, Université de Metz, Frankreich), Z. Charrouf(Département de Chimie, Faculté des Sciences, Université Mo-hammed V, Rabat, Marokko).

Drei Sorten von Arganöl wurden auf den Gehalt von Fett-säuren, Tocopherolen, Squalenen, Sterolen und phenoli-schen Antioxidantien untersucht und die Ergebnisse mitden Werten in ‘extra-virgin’ Olivenöl und Sonnenblumenölverglichen. Das Profil der Fettsäuren in den Arganölenwar ähnlich mit Vorkommen an Ölsäure (43 %) undLinolsäure (36 %). Als hauptsächliches Vitamin wurde �-Tocopherol (483 mg pro kg) identifiziert, im Gegensatz zu�-Tocopherol, dass hauptsächlich im Olivenöl (190 mgpro kg) und Sonnenblumenöl (532 mg pro kg) vorkommt.Der Squalen-Gehalt von Arganölen war gleich und betrugetwa 313 mg pro 100 g, der niedriger liegt, als bei Oliven-öl (499 mg pro 100 g), aber signifikant höher als inSonnenblumenöl (6 mg pro 100 g). Während �-Sitosterolhauptsächlich in Oliven- und Sonnenblumenöl vorkommt,wurde in den Arganölen Schottenol (147 mg pro kg) undSpinasterol (122 mg pro kg) gefunden. Im Vergleich zu‘extra-virgin’ Olivenölen (793 mg pro kg) war die Konzen-tration an gesamtphenolischen Verbindungen in Arganölextrem niedrig (weniger als 5 mg pro kg). Trotzdem istanzunehmen, dass Arganöl mit seinem hohen Gehalt an�-Tocopherol, Squalen und Ölsäure eine protektive Funk-tion in der marokkanischen Ernährung spielt.

11. Einfluss von Übungsprogrammen mäßigerund geringer Intensität auf oxidativen Stress,DNA-Schäden und Reparaturmechanismenbei Patienten mit kolorektalen Tumoren

R.W. Owen, J. Nair, H. Bartsch

In Zusammenarbeit mit H. Allgayer, Abteilung Onkologie,Rehabilitation Klinik Ob der Tauber der LVA Württemberg,Bad Mergentheim).

Das Ziel dieser Studie ist es, mit einem randomisierten,kontrollierten und prospektiven Design, den Effekt eines3 - 4 wöchigen Übungsprogramms mit mäßiger Intensi-tät mit einer geringeren Intensität bei Patienten mit Ko-lon-/Rektumtumoren nach Operationen, Strahlen-behandlung und Chemotherapie zu vergleichen. Dies imHinblick auf mögliche Veränderungen von Biomarkern,die oxidative DNA-Veränderungen und individuellesStressniveau aufzeigen. Dabei wird die Hypothese ver-folgt, dass mäßig intensive körperliche Aktivität im Ver-gleich zu weniger intensiven mit einer signifikanten Er-niedrigung dieser oxidativen Stress-Biomarker einher-geht. Sollte die Annahme zutreffen, soll die Pilotstudie zueiner anschließend prospektiven multizentrischen Lang-zeitstudie ausgeweitet werden, die den Einfluss mäßigerund wenig intensiver Übungsprogamme im Hinblick aufklinische Verlaufsparameter (Lebensqualität, Auftretenvon Rezidiven, Metastasen, Tumoren) verglichen werden.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] *Bonithon-Kopp, C., *Kronborg, O., *Giacosa, A., *Räth, U.,*Faivre, J. [Experts:- *Milan, C., *Fenger, C., *Piard, F., *Belghiti C.,Owen, R. W., *Pignatelli, M.].: Calcium and fibre supplementationin the prevention of colorectal adenoma recurrence: a placebo-controlled intervention trial from the European Cancer PreventionOrganisation (ECP). Lancet 356 (2000) 1300-1306.[2] Bartsch, H., Nair, J., Owen, R.W.: Dietary polyunsaturatedfatty acids and cancers of the breast and colorectum: emergingevidence for their role as risk modifiers. Carcinogenesis 20(1999) 2209-2218.[3] Owen, R.W., *Mier, W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Spiegelhalder,B., Bartsch, H.: (2000a). Phenoilic compounds and squalene inoilive oils: the concentration and antioxidant potential of totalphenols, simple phenols, secoiridoids, lignans and squalene.Food and Chemical Toxicology 38, 647-659.[4] Owen, R.W., *Mier, W., Hull, W.E., *Giacosa, A., Spiegelhalder,B., Bartsch, H.: (2000b). Identification of lignans as majorcomponents in the phenolic fraction of olive oil. Clinical Chemistry46, 976-988.[5] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R.,Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: The antioxidant/anticancerpotential of phenolic compounds isolated from olive oil. EuropeanJournal of Cancer 36 (2000c) 1235-1247.[6] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R., Würtele, G.,Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Olive oil consumption and health:the possible role of antioxidants. Lancet Oncology 1 (2000d)107-112.[7] Owen, R.W., Haubner, R., Hull, W.E., *Thompson, L.U.,Spiegelhalder, B.,Bartsch, H.: Complete pathway of mammalianlignan formation from secoisolariciresinol diglucoside. WholeGrain and Human Health, VTT Symposium 213 (2001) 81-84.[8] Owen, R.W., Würtele, G., Haubner, R., Hull, W.E., *Giacosa, A.,Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Formation of the mammalianlignans enterodiol and enterolactone from (+)-pinoresinol, a majorlignan present in olive oil. Whole Grain and Human Health, VTTSymposium 213 (2001) 85-88.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

[9] Owen, R.W., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Generation ofreactive oxygen species by the faecal matrix. Gut 46 (2000)225-232.[10] *Rudi, J., *Bruchhausen B., *Kuck D., *Stremmel, W., *vonHerbay, A., Bauer, H., Berger, M., Owen, R.W.: Reactive oxygenspecies analysis in human gastritis patients and p53 methylationanalysis in gastric tumor cell line ags infected by Helicobacterpylori. Adv Exp Med Biol 500 (2001) 199-202.

[13] Owen R.W.: The role of nutritional factors: colon cancer. In:Carcinogenic and anticarcinogenic factors in food (G. Eisen-brand, A.D. Dayan, P.S. Elias, W. Grunow, J. Schlatter Eds), DFG,Wiley-VCH (2000) 43-75.[3] *Fadden, K., *Hill, M.J., *Latymer, E., *Low, G., Owen, R.W.:Steroid metabolism along the gastrointestinal tract of the pig.European Journal of Cancer Prevention 8 (1999) 35-40.[4] *Haines, A., *Hill, M.J., *Thompson, M.H., Owen, R.W.,*Williams, R.E.O., *Meade, T.W., *Wilkes, H.: A prospective studyof faecal bile acids and colorectal cancer. European Journal ofCancer Prevention 9 (2000) 317-323.[7] Owen, R.W.: Biomarkers in colorectal cancer. In: Biomarkersin cancer chemoprevention (A.B. Miller, H. Bartsch, L. Dragsted,H. Vainio). IARC Scientific Publications No 154 (2001) 101-112.

Genetische Suszeptibilitätsmarker bei derEntstehung von LungenkrebsA. Risch, H. Wikman, H. Dally, S. Thiel, K. Gassner,P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani,B. Spiegelhalder, H. Bartsch

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. P. Drings, Prof. Dr. H. Diene-mann, Prof. Dr. Dr. K. Kayser, Prof. Dr. V. Schulz, PD Dr. J.R. Fi-scher Thoraxklinik, Heidelberg, Dr. L. Edler, DKFZ- Biostatistik, Dr.F. Klimek, DKFZ-Abtl. Tumorvirus-Charakterisierung.Zusatzfinanzierung: Stipendien: Marie-Curie Programm der EU;Projekt- und Personalmittel: Deutsche Krebshilfe, Verein zur För-derung der Krebsforschung in Deutschland (e.V.)

Genetische Enzympolymorphismen, aus denen sich einveränderter Phänotyp ergibt, können ein erhöhtes Risikofür bestimmte schadstoffbedingte Krebsarten zur Folgehaben [1]. Die Bedeutung genetischer Polymorphismenin Phase I- und Phase II-Enzymen bei der Entstehungvon Lungenkrebs wird im Rahmen einer Fall-Kontrollstudie untersucht. Blutproben und Angaben zurSchadstoffexposition von über 1200 Personen (Patientenmit primärem Bronchialkarzinom bzw. Krankenhaus-kontrollen ohne Malignom) konnten bisher archiviert wer-den. Gewebeproben, zur späteren Korrelation der Ergeb-nisse mit weiteren Biomarkern wie z.B. Adduktspiegel [7]wurden ebenfalls archiviert. Analysen der Genotypdatenfür über 700 Probanden zeigten, dass für sowohl fürGlutathiontransferasen (GSTM1, GSTM3, GSTT1, GSTP1)[8] als auch für N-Acetyltransferasen 1 und 2 (NAT1,NAT2) [6] im Zusammenhang mit einer Beeinflussungder Empfindlichkeit gegenüber Tabakkarzinogenen dieverschiedenen histologischen Typen des Bronchialkarzi-noms getrennt betrachtet werden müssen, da sie sich inihrer Ätiologie unterscheiden. Genotypisierungsdaten fürweitere schadstoffmetabolisierende Enzyme, die im Zu-sammenhang mit Zigarettenrauch-induziertem Lungen-krebs von Interesse sind, werden derzeit ausgewertet(u.a. CYP1B1, Myeloperoxidase) und verschiedene gene-tische Polymorphismen werden noch untersucht.Genotypisierung für das reparaturrelevante hOGG1 Gen

zeigte kein erhöhtes Lungenkrebsrisiko für Trägervarianter hOGG1 Allele bei Kaukasiern. In weiteren Unter-suchungen an mikrodissektierten Lungengewebeprobenkonnte gezeigt werden, dass dieses auf 3p21 lokalisierteGen häufig ‚loss of heterozygosity’ (LOH) aufwies, bevor-zugter Verlust eines bestimmten Allels wurde jedochnicht beobachtet [3]. Die Analyse der DNA-Repa-raturkapazität in Lymphozyten von Fall- und Kontrollpa-tienten weist auf eine eingeschränkte DNAReparaturkapazität bei Lungenkrebspatienten im Ver-gleich zu Krankenhauskontrollen hin [4,5]. Ein Projektzielist die Erstellung eines Markerprofils, welches die Identi-fikation von Individuen mit erhöhtem Lungenkrebsrisikoerlaubt. Ferner werden zur Bestimmung der möglichenRelevanz genetischer Polymorphismen bei derChemotherapiesensitivität und für die Prognose vonBronchialkarzinompatienten derzeit weiterhin Probandenrekrutiert und klinische Daten erfasst.

Die Entwicklung neuer Genotypisierungs-methoden und Identifikation neuer AlleleA. Risch, H. Dally, B. Spiegelhalder, H. Bartsch

Zusatzfinanzierung: Verein zur Förderung der Krebsforschungin Deutschland (e.V.)

Zur Durchführung großer Fall-Kontrollstudien sind neueGenotypisierungsmethoden notwendig, die einen höhe-ren Probendurchsatz als herkömmliche PCR/RFLP-ba-sierte Methoden erlauben. Genotypisierungsmethodenauf der Basis von Fluoreszenz-basierter Schmelzkur-venanalyse wurde für verschiedene bekanntePolymorphismen wie z.B. in N-Acetyltransferasen [3],Glutathiontransferasen und Myeloperoxidase entwickelt.Weiterhin werden Methoden zur Identifizierung bishernicht bekannter genetischer Polymorphismen etabliert.

Zigarettenrauch und genetische Polymorphismenals Risikomarker für BrustkrebsA. Risch, B. Spiegelhalder, H. Bartsch

In Zusammenarbeit mit PD Dr. J. Chang-Claude, S. Kropp, DKFZ,Abtl. Klin. EpidemiologieZusatzfinanzierung: Deutsche Krebshilfe, Verein zur Förderungder Krebsforschung in Deutschland (e.V.)

Der langsame NAT2-Acetyliererstatus ist bei Raucherin-nen als ein Risikofaktor für die Brustkrebsentstehungidentifiziert worden [Ambrosone et al, JAMA 276 (1996):1494]. Allerdings ist Rauchen als ätiologischer Faktor beider Brustkrebsentstehung umstritten. Aus Blasen-krebsstudien ergibt sich, dass der Genotyp bei niedrigerSchadstoffdosis besonders wichtig für das individuelleRisiko sein kann. Im Rahmen dieser Kooperation wirddiese Hypothese für Brustkrebspatientinnen getestet.Beim separaten Vergleich von Aktiv- und Passivrauche-rinnen mit nicht Tabakrauch-exponierten Frauen warendie Brustkrebsrisiken unterschiedlich bezüglich NAT2Status. Ein signifikant erhöhtes Risiko ergab sich beilangsamen Acetylierenden für das Rauchen von mehr als10 Packyears, OR 1.8 (1-3.2), jedoch nicht für schnellAcetylierende. Andererseits war der Zusammenhang zwi-schen Passivrauchen und erhöhtem Brustkrebsrisiko

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0200Toxikologie und Krebsrisikofaktoren

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

stärker bei schnell als bei langsam Acetylierenden (OR1.9 (0.9-3.9) bzw. OR 1.2 (0.7-2.1)). Es wird deutlich, dassbei Studien zu Gen-Umweltinteraktion zwischen Aktiv-,Passiv- und Nichtrauchern unterschieden werden muss.Neben der unterschiedlichen Gesamtschadstoffdosisbeim Aktiv- und Passivrauchen könnten auch Unterschie-de in der Zusammensetzung des ‚mainstream’ und‚side-stream’ Tabakrauchs das Gen-Umweltinteraktions-bedingte Krebsrisiko beinflussen.

Die Relevanz von Enzympolymorphismen bei derEntstehung von LarynxkarzinomenA. Risch, V. Raedts, P. Schmezer,N. Rajaee-Behbahani, H. Bartsch

In Zusammenarbeit mit Dr. H. Ramroth, DKFZ-Abtl. Klin. Epidemio-logie, Prof. Dr. H. Becher, Institut für Tropen-Hygiene, Univ. Hei-delberg, OA Dr. med. habil. A. Dietz, Kopfklinik Heidelberg.Zusatzfinanzierung: Bundesministerium für Bildung, Wissen-schaft, Forschung und Technologie; Verein zur Förderung derKrebsforschung in Deutschland (e.V.)

Im Rahmen einer populationsbasierten Fall-Kontroll-Stu-die zur Ätiologie von Larynxkarzinomen werden möglicheGen-Umweltinteraktionen untersucht. Beim Vergleich vonje rund 250 Fällen und gematchten Kontrollen wurden Al-kohol- und Tabakkonsum als signifikante Risikofaktorenidentifiziert. Statistische Auswertung der Genotypanalysenfür Alkoholdehydrogenasen ADH 2 und 3 und Glutathion-transferasen GSTM1 und GSTT1 ergaben jedoch keineHinweise auf eine signifikante Beeinflussung dieses Ri-sikos durch die untersuchten ADH oder GST Genotypen.

Untersuchung der möglichen Rolle von GSTM1-,GSTT1- und GSTP1- Polymorphismen alsModulatoren antioxidativer Kapazität, bei derModifikation von Telomerenlänge und alsmögliche Risikofaktoren für vaskuläre DemenzA. Risch, H. Bartsch

In Zusammenarbeit mit Prof. T. von Zglinicki, Dept. of Geronto-logy, Institute for Health of the Elderly, Univ. of Newcastle, UK

Progressive cerebrovaskuläre Atherosklerose und darauffolgender Infarkt gehören zu den am weitesten verbreite-ten Ursachen für Demenz. Spezifische Risikofaktoren fürvaskuläre Demenz sind allerdings bisher nicht bekannt.Die Länge humaner Telomeren nimmt in vitro mit jederZellteilung und in vivo mit dem Alter ab, allerdings nimmtin humanen Fibroblasten in vitro die Telomerenverkür-zungsrate mit zunehmender antioxidativer Kapazität ab. In186 älteren Personen waren Leukozytentelomere bei Pa-tienten mit Demenz signifikant kürzer als in 3 Kontroll-gruppen. Um den Einfluß möglicher genetischer Risiko-faktoren zu untersuchen wurde eine zufällige Untergrup-pe von 75 Patienten genotypisiert. WederTelomerenlänge noch Diagnose korrelierten mit geneti-schen Polymorphismen in Apolipoprotein E oder Glu-tathiontransferasen M1, T1 oder P1 [2].

Alle Projekte sollen zu einem besseren Verständnis derÄtiologie der verschiedenen Krankheiten beitragen und

Hinweise auf einen möglichen Mechanismus der Aktivie-rung von pro-Karzinogenen durch den menschlichenStoffwechsel geben. Anonymisierte Genotypisie-rungsdaten werden zur Beantwortung von Fragestellun-gen für die sehr viel größere Fallzahlen notwendig sindzusätzlich in internationaler Zusammenarbeit ausgewer-tet [9,10]. Die Identifikation von Hochrisikogruppen ist vonBedeutung für verschiedene präventive Ansätze z.B. imRahmen der Grenzwertfestsetzung, gesundheitlicher Auf-klärungskampagnen oder der Chemoprävention.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Bartsch, H., Nair, U., Risch, A., Rojas, M., Wikman, H.,*Alexandrov, K.: Genetic Polymorphims of CYP Genes, Alone orin Combination, as a Risk Modifier of Tobacco-related Cancers.Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 9 (2000) 3-28.[2] *Garte, S., *Gaspari, L., *Alexandrie, A.-K., *Ambrosone, C.,*Autrup, H., *Autrup, J.L., *Baranova, H., *Bathum, L.,*Benhamou, S., *Boffetta, P., *Bouchardy, C., *Breskvar, K.,*Brockmöller, J., *Cascorbi, I., *Clapper, M.L., *Coutelle, C., *Daly,A., *Dell’Omo, M., *Dolzan, V., *Dresler, C.M., *Fryer, A., *Haugen,A., *Hein, D.W., *Hildesheim, A., *Hirvonen, A., *Hsieh, L.-L.,*Ingelman-Sundberg, M., *Kalina, I., *Kang, D., *Kihara, M.,*Kiyohara, C., *Kremers, P., *Lazarus, P., *Le Marchand, L.,*Lechner, M.C., *van Lieshout, E.M.M., *London, S., *Manni, J.J.,*Maugard, C.M., *Morita, S., *Nazar-Stewart, V., *Noda, K., *Oda,Y., *Parl, F.F., *Pastorelli, R., *Persson, I., *Peters, W.H.M.,*Rannug, A., *Rebbeck, T., Risch, A., *Roelandt, L., *Romkes, M.,*Ryberg, D., *Schoket, B., *Seidegard, J., *Shields, P., *Sim, E.,*Sinnet, D., *Strange, R.C., *Stucker, I., *Sugimura, H., *To-Figueras, J., *Vineis, P., *Yu, M.C., *Taioli, E.: Metabolic GenePolymorphism Frequencies in Control Populations. CancerEpidemiology, Biomarkers and Prevention 10 (2001) 1239-1248.[3] Godschalk, R.W.L., *Dallinga, J.W., Wikman, H., Risch, A.,*Kleinjans, J.C.S., Bartsch, H., *Van Schooten, F.-J.: Modulation ofDNA and protein adducts in smokers by genetic polymorphismsin GSTM1, GSTT1, NAT1 and NAT2. Pharmacogenetics 11 (2001)389-398.[4] *Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., Risch, A., *Rittgen, W.,*Kayser, K., *Dienemann, H., *Schulz, V., *Drings, P., *Thiel, S.,Bartsch, H.: Altered DNA repair capacity and bleomycinsensitivity as risk markers for non-small cell lung cancer. Interna-tional Journal of Cancer (Pred. Oncol.) 95 (2001) 86-91.[5] Risch, A., Wikman, H., *Thiel, S., Schmezer, P., Edler, L.,*Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V.,Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Glutathione-S-Transferase M1,M3, T1, P1 Polymorphisms and Susceptibility to Non-Small CellLung Cancer Subtypes and Hamartomas. Pharmacogenetics 11(2001) 757-764.[6] Schmezer, P., Rajaee-Behbehani, N., Risch, A., *Thiel, S., Ritt-gen, W., *Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V.,Bartsch, H.: Rapid screening assay for mutagen sensitivity andDNA repair capacity in human peripheral blood lymphocytes.Mutagenesis 16 (2001) 25-30.[7] *Vineis, P., *Marinelli, D., *Autrup, H., *Brockmöller, J.,*Cascorbi, I., *Daly, A.K., *Golka, H., *Okkels, K., Risch, A.,*Rothman, N., *Sim, E., *Taioli, E.: Current Smoking, Occupation,N-acetyltransferase-2 and Bladder Cancer: a pooled Analysis ofGenotype based studies. Cancer Epidemiology, Biomarkers andPrevention 10 (2001) 1249-1252.[8] *von Zglinicki, T., *Serra, V., *Lorenz, M., *Saretzki, G., *Len-zen-Großimlighaus, R., *Geßner R., Risch, A., *Steinhagen-Thiessen, E.: Short telomeres in patients with vascular dementia:an indicator of low antioxidative capacity and a possible riskfactor? Laboratory Invest. 80 (2000) 1739-1747.[9] Wikman, H., Risch, A., Klimek, F., Schmezer, P., Spiegelhalder,B., *Dienemann, H., *Kayser K., *Schulz, V., *Drings, P., Bartsch,H.: hOGG1 Polymorphism and Loss of Heterozygosity (LOH):Significance for Lung Cancer Susceptibility in a Caucasian Popu-lation. International Journal of Cancer 88 (2000) 932-937.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0300Molekulare Toxikologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Wissenschaftliche MitarbeiterDr. Heinrich Bauer (- 12/00, ½)Dr. Barbara Bertram (- 05/00)Dr. Christian Bieler ( - 06/00)Dr. Eva FreiDr. Holger Hoffmann (10-12/00)Dr. Irina Kiprianová (10/00 - 12/01)Dr. Hans Christian Kliem ( - 12/02)Dr. Roland Müller (02 - 09/00)Dr. Bernd Sauerbrei ( - 07/00)Dr. Birgit Schmauser ( - 04/00)PD. Dr. Heinz SchmeiserDr. Oliver Schmitz ( - 12/00)Dr. Martina Weigand ( - 09/00)

GastwissenschaftlerDr. Marie Stiborova (Prag, Tschechien) 08 - 09 jährlichDr. Amitava Chatterjee (Kalkutta, Indien) 04/00 - 06/00Dr. Hassan Mamdouh Ali (Elmenofia, Ägypten) 07/00 - 03/01

DoktorandenVolker Arlt ( - 01/01) Thomas Fritsche (04/00 - )Regine Garcia-Boy (03/01 - ) Evelyn Kim ( - 09/02)Erwin P. Mark ( - 04/02) Bettina Meister (10/00 - )Jost Reinhard ( - 12/00) Bernd Sorg ( - 04/01)Dirk Stach (03/00 - ) Christoph Tacheci (02/01 - )Christian Wörth ( - 07/00) Sonja Wolf (10/00 - )

TechnikerUrsula Bollow ( - 05/00 (½)) Horst Braun ( - 02/00Andrea Breuer Karl Albert Klokow ( - 04/02Peter Lorenz Eduard Müller

DiplomandenMichael Wolf (10/00 - 03/01) Jitka Huclova (10/00 - 02/01)Farina Neuwirth (10/01 - 03/02)

SekretärinHélène Boittin (08/01 -, ½) Christina Grosch (- 08/01, ½)

AuszubildendeDorina Rauch ( - 03/00) Nicole DiGallo

Die Forschungsschwerpunkte der Abteilung MolekulareToxikologie sind Biomonitoring von Umweltgiften und dieEntwicklung von Arzneistoffen.Biomonitoring ist ein Verfahren zur Bestimmung derExposition eines Individuums oder einer Population ge-genüber Fremdstoffen. Besonders erstrebenswert ist dieErmittlung der biologisch wirksamen Dosis des Fremd-stoffes oder Umweltschadstoffes, da somit individuelleoder speziesbedingte Unterschiede in derPharmakokinetik berücksichtigt werden. Fürgenotoxische Substanzen kann die biologisch wirksameDosis als Veränderung der DNA oder von Proteinen, denDNA- bzw. Proteinaddukten bestimmt werden. EinSchwerpunkt unserer Abteilung liegt in der Analyse vonDNA-Addukten, da diese Addukte mutagen sind undeine direkte Risikobewertung durch den Vergleich mitDaten aus Tierversuchen möglich ist. Als Beispiel für einerfolgreiches, wenngleich unerfreuliches Biomonitoringsei hier die “Chinese Herbs Nephropathy” (CHN) ge-nannt, eine Erkrankung, die bei Patientinnen auftrat, dieim Rahmen einer Schlankheitskur Produkte eingenom-men hatten, welche versehentlich Aristolochiasäuren ent-hielten. Das DNA-Adduktmuster im Nierengewebe dieserPatientinnen entsprach demjenigen, das in Tieren gefun-den wurde, die nach Aristolochiasäure-Behandlung Tu-moren entwickelt hatten und war selbst zehn Jahre nachAbsetzen der Behandlung im Gewebe der Patientinnennoch nachweisbar.Die ³²P-postlabeling Methode, die für diese Analysen an-gewandt wird, ist zur Zeit die empfindlichste Methode zurDetektion von DNA-Addukten bekannten und unbekann-ten Ursprungs. Sie hat jedoch den Nachteil, dass mit ho-hen Radioaktivitätsmengen umgegangen werden muss,und dass die Analysebedingungen für empfindlicheAddukte zu drastisch sind. Durch Fluoreszenz-markierung von Nukleotiden, die nach enzymatischemVerdau der DNA entstehen, konnte mittels Kapillar-elektrophorese gekoppelt mit laserinduzierterFluoreszenzdetektion das endogene DNA-Addukt5‘-Methylcytosin von den normalen DNA-Bausteinen ge-trennt und quantifiziert werden. Diese Methode wurde fürdie Analyse von durch Umweltschadstoffe hervorgerufe-ne DNA-Addukte entwickelt.Die Entwicklung von Arzneistoffen, die an Saccharideoder humanes Serumalbumin gekoppelt sind, zur ziel-gerichteten Therapie (drug targeting) von Tumoren, istder zweite Schwerpunkt unserer Abteilung. Die SubstanzGlufosfamid, ein Konjugat aus Glucose und IfosfamidMustard, ist ein in der Abteilung entwickeltes Krebs-therapeutikum, welches sich in klinischer Phase II Prü-fung befindet. Die Substanz wird an Patienten, die anPankreas-, Lungen-, Hirn oder Mammatumoren leiden,

Abteilung Molekulare Toxikologie (C0300)Leiter: Prof. Dr. Manfred Wießler

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0300Molekulare Toxikologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

getestet. In der Phase I Studie wurde an 10% der Patien-ten ein Rückgang des Tumorwachstums beobachtet.DNA-Reparatur, speziell die durch 06-Methylguanin-DNA-methyltransferase (MGMT) vermittelte Reparatur, spielteine wesentliche Rolle in der Entstehung von Resisten-zen gegenüber alkylierenden Zytostatika. Konjugateneuer MGMT Inhibitoren mit Monosacchariden zeigteneine gute Aufnahme in die Zelle und hemmten, wie ge-wünscht, die MGMT, wenn der Abstand zwischenMonosaccharid und Effektormolekül gross genug war.Diese Arbeit wird mit Substanzen fortgesetzt, die die 5‘-Methylcytosin-Transferasen, welche in der Tumor-entstehung eine Rolle spielen, beeinflussen.Das drug targeting von Tumoren kann auch über die Bin-dung von Oligosaccharid-Konjugaten an Lektine erfol-gen, falls Tumoren charakteristische Lektine exprimieren.Um tumorassoziierte Lektine anzureichern und zu cha-rakterisieren, wurden verzweigteOligosaccharidmimetika synthetisiert und als Liganden inder Affinitätschromatographie von Plasmamembranenaus Tumoren eingesetzt. Bibliotheken komplexerOligosaccharide können mit Hilfe der kombinatorischenChemie generiert werden. Aus diesen Bibliotheken wer-den Strukturen ermittelt, die die Adhäsion von Tumorzel-len an die extrazelluläre Matrix und/oder deren Migrationdurch diese Matrix hemmen.Die Zellen eines Tumors haben einen hohen Bedarf anEnergie und Aminosäuren, den sie auch über die Auf-nahme von Plasmaproteinen wie Albumin decken. DieseEigenschaft wird ausgenutzt, um über Albumin als TrägerTumortherapeutika in die entartete Zelle zu schleusen.Das erste Medikament dieser Gruppe, Methotrexat-Albu-min, ist zur Zeit in klinischer Phase II Prüfung. Die Bin-dung an Albumin führt gegenüber freiem Methotrexat zueiner drastisch verlängerten Plasmahalbwertszeit. DieAufnahme in die Zelle erfolgt über Endozytose und nachlysosomalem Abbau wird Methotrexat freigesetzt. DurchAlbuminkopplung können toxische Substanzen gezieltzum Tumor dirigiert und Resistenzen gegen dieniedermolekularen Substanzen überwunden werden.

Der Pflanzeninhaltsstoff Aristolochiasäurelöst Harnleiter-Krebs beim Menschen ausH.H. Schmeiser, C.A. Bieler, V.M. Arlt,M. Stiborova, E. Frei, M. Wießler

In Zusammenarbeit mit: Dr. Joelle L. Nortier und Prof. Jean-LouisVanherweghem, Nephrology Department, Hopital Erasme,Université Libre de Bruxelles, Belgien ; Dr. Jean-Pierre Cosynsund Prof. Charles van Ypersele de Strihou, University of Louvain,Medical School, Brüssel, Belgien ; Dr. Graham M. Lord und Prof.Charles D. Pusey, Division of Renal Medicine and Transplantati-on, Hammersmith Hospitals, London, England, UK; AnnieLeszkowicz, Ecole Nationale Agronomique de Toulouse,Auzeville Tolosane, Frankreich

Aristolochiasäure (AA) das Hauptalkaloid derAristolochia-Arten ist mutagen und carcinogen im Tierver-such. Neue Befunde deuten darauf hin, daß AA auchbeim Menschen carcinogen wirkt, denn AA wird als derauslösende Faktor für die Krebserkrankungen in einerbelgischen Patientengruppe mit terminalem Nieren-versagen (Chinesische Heilkräuter Nephropathie Patien-ten, CHN-Patienten) betrachtet [1]. Diese CHN-Patientenhaben alle an einer Schlankheitskur teilgenommen, diechinesische Heilkräuter, darunter auch Aristolochiafangchi, enthielt, und erkranken mit hoher Häufigkeit anHarnleiter-Krebs. Allerdings besteht auch die Möglichkeit,daß andere Bestandteile der Schlankheitskur sowie dasSchimmelpilzgift Ochratoxin A, das häufig pflanzlicheNahrungsmittel kontaminiert und auch carcinogen wirkt,wesentlich die Entstehung der Harnleiter-Carcinomebeeinflußen. Durch unsere Untersuchungen konnten wirnun die Beteiligung anderer Risikofaktoren außer AA ander Krebsentstehung in CHN-Patienten ausschließen[2,3,4]. Die carcinogene Wirkung von AA im Tier ist ver-knüpft mit der Bildung von Aristolochiasäure-spezifischenDNA-Addukten, die nach metabolischer Aktivierung von AAin den Zielorganen der Carcinogenese mit der ³²P-postlabeling Methode nachgewiesen werden können.Insbesondere das von AA hauptsächlich gebildete DNA-Addukt, ein Desoxyadenosin-Addukt (dA-AAI), wurde inden Nieren und Harnleiter aller belgischen CHN-Patien-ten detektiert, selbst wenn die Exposition mit AA durch dieSchlankheitskur 10 Jahre zurück lag. Im Gegensatz dazukonnten wir nur in 25% der CHN-Patienten Ochratoxin A-vermittelte DNA-Addukte und zudem in deutlich geringe-ren Mengen als die AA-DNA-Addukte nachweisen [4].Desweiteren zeigten ³²P-postlabeling Analysen von zweiCHN-Fällen, die nicht aus der belgischen Gruppe stam-men, eindeutig das charakteristische dA-AAI-Addukt inder DNA aus Nieren und Harnleiter einer englischen Pati-entin [2] und in der DNA aus einer Nierenbiopsie von ei-ner chinesischen Patientin [3]. In beiden Fällen war dieEinnahme von AA-enthaltenden Pflanzenbestandteilendurch analytische Untersuchungen belegt. Diese Ergeb-nisse zeigen, daß die Krebserkrankungen in CHN-Pati-enten ursächlich mit einer Exposition mit AA verbundensind und verdeutlichen das carcinogene Potential desPflanzeninhaltsstoffes AA beim Menschen.

Untersuchungen zum Metabolismus der beiden Haupt-komponenten des Pflanzenextraktes AA,Aristolochiasäure I (AAI) und Aristolochiasäure II (AAII), er-

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0300Molekulare Toxikologie

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gaben, daß beide nach reduktiver Aktivierungprämutagene DNA-Addukte bilden [5,6]. Als Säuger-Enzy-me, die in der Lage sind diese Aktivierung zu katalysierenwurden die Prostaglandin H Synthase und dieCytochrome P450 1A1 und 1A2 identifiziert. Studien mitspezifischen Enzym-Inhibitoren und Induktoren an huma-nen Leber-Mikrosomen und an Mikrosomen aus Zellen,die einzelne humane Cytochrome exprimieren, erlaubtenes uns den humanen Cytochromen P450 1A1, 1A2 undder NADPH:P450 Reduktase eine Beteiligung an der Akti-vierung von AA zu zuschreiben. Diese Studien bilden dieGrundlage dafür am Menschen die Fähigkeit AA zumetabolisieren zur bestimmen und erlauben eine Ab-schätzung der Empfindlichkeit des Einzelnen gegenüberder krebsauslösenden Wirkung bei AA-Expositionen.

Einsatz einer kapillarelektrophoretischenAnalysenmethode zur qualitativen undquantitativen Bestimmung von DNA-AdduktenD. Stach, O.J. Schmitz, M. Wießler

Die Gruppe der genotoxischen Kanzerogene umfasstDNA-reaktive Substanzen, die mit der Erbsubstanz DNA-Addukte bilden und dadurch mutagen wirken. Die DNA-Adduktbildung stellt einen sehr frühen und grundlegen-den Schritt im Mehrstufenprozess der Kanzerogenesedar. Eine Bestimmung derartiger DNA-Modifikationen er-öffnet zum Einen die Möglichkeit zur Risikoabschätzung

Schema 1: Elektropherogramme zur Bestimmung von:A) 1,N2-Propano-2'-desoxyguanidin (Hex-dGMP) in Kalbsthymus-

DNA

B) Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP) in einem modifiziertenOligonukleotid

C) 8-Oxo-7,8-dihydro-2'-desoxyguanosin (8-HO-dGMP) in einemmodifizierten Oligonukleotid

für mögliche spätere Krebserkrankungen, zum Anderenaber auch die Einflussnahme von Substanzen und Um-weltfaktoren auf die DNA-Adduktbildung zu beurteilen,was zur Prävention genutzt werden kann.

Dieses Biomonitoring ist mit Hilfe der von uns entwickel-ten Methode der kapillarelektrophoretischen Analyse vonDNA mit anschließender laserinduzierterFluoreszenzdetektion der einzelnen Nukleotide möglich[7]. Die hohe Selektivität sowie die hervorragendeReproduzierbarkeit (Standardabweichung kleiner 5%)macht eine automatisierte Anwendung mit hohemProbendurchsatz denkbar.

Nukleotid korr. Migrationszeit (dAMP/Nukleotid)Desoxyadenosin (dAMP) 1.00Desoxyguanosin (dGMP) 0.96Desoxythymidin (dTMP) 0.93Desoxycytosin (dCMP) 0.805-Me-dCMP 0.77Etheno-dAMP 1.388-HO-dGMP 0.83B[a]P-dGMP, 1. Isomer 1.28B[a]P-dGMP, 2. Isomer 1.17Hex-dGMP 0.74AA-dNMP (3 Signale) 1.19dA-AAI dA-AAII, 1.17dG-AAI 1.117,12-DMBA-dNMP (4 Signale) 1.25

1.221.181.12

Apurinische Stellen 1.01

Tabelle 1: Bisher nachgewiesene Nukleotide und DNA-Adduktemit korrigierter Migrationszeit (Erklärungen im Text).

Die in Tabelle 1 aufgeführten bislang nachgewiesenenDNA-Addukte zeigen das breite Anwendungsspektrumder Methode. Zum Vergleich sind die unmodifiziertenNukleotidmonophosphate (dAMP, dGMP, dTMP, dCMP)

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0300Molekulare Toxikologie

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ebenfalls aufgeführt. Daneben konnten die Guanosin-Addukte des Benzo[a]pyrens (B[a]P-dGMP, 2 Isomere),drei Addukte der Aristolochiasäure (AA-dNMP), 4 Adduktedes 7,12-Dimethylbenzanthrazens (7,12-DMBA),Apurinische Stellen infolge von Spaltung der N-glykosidischen Bindung zwischen Zucker und Base, 5-Methyl-Cytosin (5-Me-dCMP) als wichtigegenregulatorisch wirkende modifizierte Base [Baylin, S.B.et al. Trends in Genetics 16 (2000) 168] sowie die dreiernährungsbedingt auftretenden Addukte Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP), 8-Hydroxy-Guanosin (8-HO-dGMP) und das aus 2-Hexenal gebildete Guanosin-Addukt (Hex-dGMP) bestimmt werden [8].

Besonderes Augenmerk gilt dabei neben der „fünftenBase“ 5-Me-dCMP den drei letztgenannten endogen ge-bildeten Addukten. So lassen epidemiologische Studienden Schluss zu, dass die Ernährung mit etwa 35 % zumKrebsrisiko beiträgt [Doll, R. et al. JNCI 66 (1981) 1197].Das aus 2-Hexenal gebildete DNA-Addukt 1,N2-Propano-2'-desoxyguanidin (Hex-dGMP), gehört zur Gruppe der��-ungesättigten Carbonylverbindungen, die in ver-schiedenen Versuchen ein mutagenes, eingenotoxisches oder auch ein kanzerogenes Potentialzeigten. Als Hauptaufnahmequelle von 2-Hexenal geltenFrüchte (Bananen), Gemüse (Bohnen), Fruchtsäfte undTee (25 ppm). Ein weiteres ernährungsbedingtes DNA-Addukt ist das Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP). Diesesdurch Lipidperoxidation im Körper entstehende DNA-Addukt wurde bereits 1983 von Ames [Ames, B.N.Science 221 (1983) 1256] zusammen mit anderen durchoxidativen Stress hervorgerufene DNA-Schäden mit derTumorbildung beim Menschen in Verbindung gebracht.Oxidative DNA-Schädigungen spielen in derKanzerogenese ohnehin eine bedeutende Rolle [Marnett,L.J. Carcinogenesis 21 (2000) 361]. Der am häufigstenuntersuchte Biomarker für oxidativen Stress ist 8-Oxo-7,8-dihydro-2'-desoxyguanosin (8-HO-dGMP). Wie Schema 1zeigt, ist es nun zum ersten Mal möglich, diese dreiernährungsbedingten Marker in einer einzigen Analyseauf einfache Weise simultan zu bestimmen [8].

Albumin-Konjugate mit Therapeutika alsneues Konzept in der TumortherapieE. Frei, M. Weigand, C. Bieler, A. Breuer,I. Kiprianová, T. Fritzsche, M. Wolf, N. Eschen,F. Neuwirth

In Zusammenarbeit mit: Dr. H. Sinn, H.H. Schrenk FS Radiologi-sche Diagnostik und Therapie, DKFZ; Dr. G. Hartung Onkolo-gisches Zentrum im Klinikum Mannheim; Dr. P. Kremer KopfklinikHeidelberg.

Das Plasmaprotein Serumalbumin akkumuliert in Tumo-ren und ist deren wichtigste Quelle für Energie und Ami-nosäuren. Albumin wird über Endozytose aufgenommenund in den Lysosomen abgebaut. Diese Eigenschaftenmachen Albumin zu einem natürlichen Transporter fürzytotoxische Substanzen in der zielgerichteten Tumor-therapie, dem “drug targeting”.

Methotrexat (MTX) ist ein Folsäure-Antagonist und einsehr potentes Tumortherapeutikum, welches effektiv inder Behandlung von Leukämien und desChorioncarcimos eingesetzt wird. Vor allem in solidenTumoren und in Rezidiven werden aber Resistenzen be-obachtet, die oft auf einer verminderten Aufnahme vonMTX beruhen. Wir haben MTX im molaren Verhältnis 1:1,4kovalent an Albumin gekoppelt (MTX-HSA) und gezeigt,dass es sich in Tumoren anreichert.

MTX-HSA ist mittlerweile in klinischer Phase II. In der er-sten Phase I Studie zeigten 3 von 17 terminal krankenPatienten Ansprechen. Ein Patient mit einemPleuramesotheliom und einer mit einer Nierencarcinom-Metastase sind seit 7 Jahren in Remission [Hartung etal. Clin Cancer Res 5 (1999) 753]. MTX-HSA hat im Ge-gensatz zu MTX eine sehr lange Plasmahalbwertszeit von16-19 Tagen, ähnlich dem nativen Albumin und sehr mo-derate Nebenwirkungen [9].

Die zelluläre Aufnahme und der zelluläre Metabolismusvon MTX-HSA wurde an CCRF-CEM Zellen, einermenschlichen T-Zellleukämielinie und an Nalm6 einerPre-B-Leukämie untersucht. Wir konnten zeigen, dassMTX von beiden Zelllinien aus MTX-HSA freigesetzt wird.In CCRF-CEM Zellen wurden nur Polyglutamate mit einerzusätzlichen Glutaminsäure beobachtet, während inNalm6 Zellen auch längerkettige Polyglutamate zu analy-sieren waren. Diese könnten aber auch aus dem als Ver-unreinigung in der MTX-HSA Präparation noch vorhande-ne niedermolekularen MTX stammen [10]. Im Mediumvon CCRF-CEM wurden beträchtliche Mengen freies MTXnachgewiesen, welches in den Zellen von HSA abge-spalten und, weil es die Bindungskapazität vonDihydrofolatreduktase überstieg und nichtpolyglutamyliert wurde, exportiert wurde.

In einem soliden Tumor mit geringem Austausch vonNährstoffen, könnte freigesetztes MTX von anderen Zel-len mit intaktem Transporter für reduzierte Folate aufge-nommen und polyglutamyliert werden und die Zellteilunghemmen.

Die MTX Transportresistenz eines Klons von CCRF-CEMkonnte durch MTX-HSA überwunden werden, da die Auf-nahme über Endozytose erfolgt. Die Aufnahme von MTX-HSA über Endozytose wurde in Experimenten bewiesen,in denen die lysosomalen Proteasen durch Methylamingehemmt wurden. Hier konnten nach Immunpräzipitationund Western Blot Analysen intaktes MTX-HSA in den Zel-len nachgewiesen werden, während in unbehandeltenZellen nur schwache Signale von MTX-HSA zu sehen wa-ren. Hier wurde das aufgenommene Albumin schnell ab-gebaut [11]. In Untersuchungen mit isolierten Lysosomenkonnten wir allerdings zeigen, dass die Abspaltung vonMTX aus dem Albumin kein frühes Ereignis imlysosomalen Abbau ist, sondern, dass erst Albumin-fragmente entstehen, die noch MTX enthalten. Diese Be-funde erklären die vor allem in Zellen beobachtete lang-same Wirksamkeit von MTX-HSA. Wir untersuchen nun,ob die Aufnahme über Endozytose rezeptorvermittelt ab-

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0300Molekulare Toxikologie

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läuft und wenn ja, welche Albumin-binden-den Proteine zuständig sind.

In der Klinik wird MTX-HSA, genau wie MTX,meist in Kombinationen eingesetzt werden.Wir haben daher untersucht wie eine Kom-bination von Cisplatin mit MTX-HSA sich aufdie Zytotoxizität beider Substanzen aus-wirkt. Die Versuche wurden überIsobologramme ausgewertet und verschie-dene Inkubationsschemata gewählt, näm-lich 24h Vorinkubation mit jeweils einerSubstanz, gefolgt von gleichzeitiger Inkuba-tion mit beiden Substanzen und gleichzeiti-ge Zugabe beider Substanzen. Ganz uner-wartet war in allen Kombinationen nie eineAddition der Wirkungen zu sehen, sondernimmer ein Antagonismus oder sogar eineSchutzwirkung der einen Substanz auf die andere. DieUrsache dieses starken Antagonismus ist noch nichtklar. Gründe könnten in veränderten Aufnahmekinetikenbeider Substanzen und einem verlangsamten Abbau desMTX-HSA liegen.

Da die Bindung von Effektoren an Albumin mit der darausresultierenden langen Plasmahalbwertszeit und derzellulären Aufnahme über Endozytose ein allgemeingülti-ges Prinzip zu sein scheint, haben wir weitere Substan-zen gekoppelt und untersuchen sie auf ihre Wirksamkeit.So zeigte das als niedermolekulare Substanz zwar wirk-same aber toxische Aminopterin als Albuminkonjugat imTierversuch eine noch bessere Wirksamkeit als MTX-HSA [P. Kremer et al. Anti-Cancer Drugs accepted 2002].Der Unterschied zu MTX-HSA konnte auch in Zellkulturgezeigt werden, aber nicht so deutlich wie in vivo. Gene-rell ist es schwierig die im Tier beobachtete gute Wirk-samkeit von Albuminkonjugaten in Zellkultur zu zeigen.Die Inkubationsbedingungen von Zellen sind trotz unse-rer Umstellung auf geringe Aminosäurengehalte immernoch viel besser als in einem Tumor, so dass die Zellennicht von Albumin leben müssen.

Dieses Beispiel und weitere Entwicklungen mit Fluores-zenzfarbstoffen zeigen aber, dass die Albuminkopplungtatsächlich ein “drug targeting” darstellt und, dass toxi-sche Substanzen nach Bindung an Albumin, wegen dergeringeren systemischen Toxizität ein breites therapeuti-sches Fenster erhalten.

Inhibitoren der DNA-ReparaturJ. Reinhard, H.-C. Kliem, M. Wießler

In Zusammenarbeit mit: C-W. von der Lieth, W. E. Hull ZentraleSpektroskopie, DKFZ; Uta Eichorn, Prof. Dr. Bernd Kaina, Ange-wandte Toxikologie, Universität Mainz

Das menschliche Genom ist zahlreichen, unerwünsch-ten Schädigungen ausgesetzt, durch die die Unversehrt-heit der Zelle gefährdet ist. Jeder Organismus hat daherStrategien entwickelt, diese Schäden zu reparieren, umso seinen Fortbestand zu sichern. Neben anderen isthier die O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT),

zu nennen. Sie ist in der Lage, Alkylierungen an den DNA-Bausteinen Guanin (an Position O6) und Thymin (an Po-sition O4) zu entfernen.

Bei der Therapie von Tumoren ist jedoch gerade dieSchädigung von Zellen (oder Geweben) erwünscht. Hiersoll durch Behandlung mit alkylierenden Therapeutikagezielt die Tumorzelle getroffen werden. Der Therapieer-folg wird jedoch durch die Anwesenheit der MGMT in Fra-ge gestellt, repariert sie doch auch die Schäden an derDNA, die zur gezielten Vernichtung der Tumorzellen ge-setzt wurden.

Diese Erkenntnisse könnten zu Kombinationstherapienführen, bei denen zunächst die MGMT-Aktivität durch spe-zifische Therapeutika inhibiert wird. Hierdurch sensibili-siertes Tumorgewebe kann dann ebenfalls spezifischmit Alkylantien behandelt und so die Tumorzellen in denZelltod getrieben werden

Der “Goldstandard” für MGMT-Inhibitoren ist das O6-Ben-zylguanin (O6-BG). Diese Verbindung befindet sich in derklinischen Prüfung. O6-Benzylguanin zeichnet sich jedochdurch schlechte Wasserlöslichkeit aus und zeigt keinePräferenz gegenüber Tumoren.

Im Rahmen unseres Targeting-Konzeptes, der Konjugati-on von Therapeutika mit Sacchariden, wurden neue Ver-bindungen synthetisiert und auf ihre Wirkung in einemMGMT-Assay [Preuss, I et al. Cancer Detect. Prev. 20(1996) 130] mit Zellproteinextrakten aus HeLaS3-Zellenuntersucht. Es wurde u.a gefunden, daß die Wirkung derSaccharidkonjugate von O6-(4-Bromothienyl)guanin(4-BTG) entscheidend von der Spacerlänge, d.h. dem Ab-stand zwischen Saccharid und 4-BTG, abhängt[12, 13].Dabei inhibierten die 4-BTG-Glukoside mit Spacern aus2, 4 oder 6 C-Atomen moderat die MGMT Aktivität bei ei-nem IC50-Wert von ca 0,5 µM, während dieunglukosidierten Verbindungen O6-BG und 4-BTG IC50-

Abbildung 1: Darstellung des Komplexes aus MGMT und Inhibitor.Man erkennt die Glukose (oben links) die aus dem aktiven Zen-trum der MGMT herausragt, während das 4-BTG direkt im aktivenZentrum liegt (recht vorne). Ein Spacer aus 8 C-Atomen verbin-det beide Moleküle.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0300Molekulare Toxikologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Werre von 0,62 µM bzw. 0,009 µM aufweisen. Die 4-BTGGlukoside mit Spacern aus 8, 10 oder 12 C-Atomeninhibierten die MGMT-Aktivität hingegen deutlich stärker;ihre IC50-Werte lagen bei ca. 0,03 µM.

Um zu verstehen, warum der Abstand zwischen Glukoseund 4-BTG diesen Einfluß auf die Wirkung hat, wurdendie Untersuchungen durch Moleküldynamiksimulationenvon MGMT:Inhibitor-Komplexen begleitet. Auf diese Weisekonnten Sturktur-Wirkungsbeziehungen gefunden wer-den.

Verbindungen mit Spacerlängen aus 2, 4 oder 6 C-Ato-men ließen sich nur schlecht in die Bindungstasche derMGMT einpassen. Erst ab einer Länge von mindestens8-C Atomen ist die Passgenauigkeit vom Inhibitor in dieMGMT-Bindungstasche optimal. Die molekular-dynamischen Berechnungen bestätigten in beeindruk-kender Weise die experimentellen Befunde derWirksamkeitsuntersuchungen.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Nortier, J.L.*; Muniz, M.-C.;* Schmeiser, H.H.; Arlt, V.M.; Bieler,C.A.; . Petein, M.*; Depierreux, M.F.*; DePauw, L.*; Abramowicz,D.*; Vereerstraeten, P.*; Vanherweghem J.-L.*: Urothelialcarcinoma associated with the use of Chinese herbs(Aristolochia species). New England Journal of Medicine 342(2000) 1686-1692.[2] Lord, G.M.*; Cook, T. *; Arlt, V.M.; Schmeiser, H.H.; Williams, G.*; Pusey, C.D. *: Urothelial malignant disease and Chinese herbalnephropathy. Lancet 358 (2001) 1515-1516.[3] Gillerot, G. *; Jadoul, M. *; Arlt, V.M.; van Ypersele de Strihou,C.*; Schmeiser, H.H.; But, P.P. *; Bieler, C.A.; Cosyns, J.-P.*:Aristolochic acid nephropathy in a Chinese patient: time toabandon the term “Chinese herbs nephropathy”? Am. J. Kid. Dis.38 (2001) U16-U20.[4] Arlt, V.M.; Pfohl-Leszkowicz, A. *; Cosyns, J.-P.*; Schmeiser,H.H.: Analyses of DNA adducts formed by ochratoxin A andaristolochic acid in patients with Chinese herbs nephropathy.Mutation Research-Genetic Toxicology and EnvironmentalMutagenesis 494 (2001) 143-150.[5] Stiborová, M.; Frei, E.; Wiessler M.; Schmeiser, H.H.: Humanenzymes involved in the metabolic activation of carcinogenicaristolochic acids: evidence for reductive activation bycytochromes P450 1A1 and 1A2. Chem. Res. Toxicol. 14 (2001)1128-1137.[6] Stiborová, M.; Frei, E.; Breuer, A.; Wiessler M.; Schmeiser,H.H.: Evidence for reductive activation of carcinogenicaristolochic acids by prostaglandin H synthase-32P-postlabellinganalysis of DNA adduct formation. Mutation Research-GeneticToxicology and Environmental Mutagenesis 493 (2001) 149-160.[7] Wörth, C.C.T.; Schmitz, O.J.; Kliem, H.-C.; Wießler, M.:Synthesis of fluorescently labeled alkylated DNA adductstandards and separation by capillary electrophoresis.Electrophoresis 21 (2000) 2086-2091.[8] Schmitz, O.J.; Wörth, C.C.T.; Stach, D.; Wießler, M.: Capillaryelectrophoresis analysis of DNA adducts as biomarkers forcarcinogenesis. Angewandte Chemie International Edition 41,No.3 (2002) 445-448[9] Hartung, G. Heeger, S. Bertsch*, T. Frei, E., Wunder, A.Kränzle*, M. Stehle*, G. Weigand, M. Schrenk, H.H. Sinn, H.Queißer*, W. Adaptation and clinical evaluation of a homogenousenzyme multiplied immunoassay technique (EMIT) for drugmonitoring of a methotrexate-albumin conjugate (MTX-HSA) inhumans. Onkologie 23 (2000) 352-357.

[10] Weigand, M. Frei, E. Graf*, N. Wiessler, M. Comparativeanalysis of methotrexate polyglutamates in lymphoblastprepapretions from bone marrow and blood, and the contributionof residual red blood cells. J. Cancer res Clin Oncol 126 (2000)407-411.[11] Weigand, M. Hartung, G. Roboz*, J. Sieger, S. Wolf, M. Sinn,H. Schrenk, H.H. Wiessler, M. Frei, E. Mode of action ofmethotrexate-albumin in a human T-cell leukemia line and activityagainst an MTX-resistant clone. Anti Cancer Drug Design inpress 2002.[12] J. Reinhard, W. E. Hull, C.-W. von der Lieth, U. Eichhorn*, H.-C. Kliem, B. Kaina*, M. Wiessler (2001) Monosaccharide-LinkedInhibitors of O6-Methylguanine-DNA Methyltransferase (MGMT):Synthesis, Molecular Modeling, and Structure-ActivityRelationships. J. Med. Chem. 44 (24): 4050-4061.[13] J. Reinhard, U. Eichhorn*, M. Wiessler , B. Kaina*, (2001)Inactivation of O6-methylguanine-DNA methyltransferase byglucose-conjugated inhibitors. Int J Cancer 93 (3):373-379.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0500Klinische Epidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Wissenschaftliche MitarbeiterDr. Hans-Peter Altenburg PD Dr. Nikolaus BeckerHeike Behmann ( - 05/00) PD Dr. Jenny Chang-ClaudeIrmgard Helmbold Dr. Silke Hermann (07/00 - )Jutta Kneisel (0,5) Dr. Jakob Linseisen ( -12/01)Dr. Gerhard Lotze ( - 09/01) Christine Martinsohn (-12/01)Dr. Alexandra Nieters Dr. Irene ReinischDr. Hans Wiebelt Dorothee Zoller

DoktorandenLars Beckmann Ulrike Bussas ( - 03/01)Klaus-Georg Deck ( - 09/01) Gaël Hammer ( - 06/00)Silke Kropp Annika Leopold (10/00 - )Heribert Ramroth ( - 07/01) Maren Rohrbacher (11/01 - )Sabine Rohrmann (01/99 - ) Dorothee Twardella ( - 12/01)

Technische MitarbeiterElke Bauer (0,5) ( - 03/00) Karin Becker (08/01 - )Elvira Calabek ( - 10/00) Evelin DeegUrsula Eilber Erika FischPetra Galmbacher Ulla Gromer (0,75)Volker Herrmann (0,5) ( - 12/01)Martina Keith (0,5) (04/01 - ) Ina KögelWaltraud Kröner (0,75)Ilona Krüger-Friedemann (0,5) (05/01 - )Yvonne Küster (0,5) Martha Menz ( - 09/00)Dorothea Niehoff (beurlaubt bis 31.12.01)Karin Pfleger (09/01 - ) Jutta SchmittKati Smit Margot Villhauer-Lehr

Sonstige MitarbeiterZüleha Aytis (02/01 - ) Stefanie Brems (06/00-03/01)Severin ElAlamy Hendrik Hoyer (8/00-5/01; Zivi)Markus Obreiter (08/01 - ) Jochen Rudolph (08/01-; Zivi)Julia Schliwka (06/01 - ) Zorica Stupar (11/00 - )

SekretariatPetra RösslerHeike Weis (0,75)

Gegenstand der Abteilung Klinische Epidemiologie sinddie Identifizierung von Faktoren, die zur Entstehung vonKrebs führen, und gegebenenfalls die Quantifizierungder mit einer Exposition verbundenen Risiken. Ein weite-rer Schwerpunkt der Forschung sind die Untersuchungvon Möglichkeiten zur Vorbeugung und Früherkennungvon Krebserkrankungen sowie die Evaluation der Effekti-vität bereits implementierter Maßnahmen. Neu in dasForschungsprogramm aufgenommen ist der Bereich derPrüfung der Effektivität neuer Diagnose- undBehandlungsverfahren. Schließlich gehört zu den Aufga-ben der Abteilung auch die Verbreitung von Informatio-nen über wirksame Maßnahmen zur Krebsprävention.

Krebsprävention (C0501)N. Becker; Z. Aytis; S. Brems; E. Deeg, H. Hoyer,I. Krüger-Friedemann; A. Nieters, J. Rudolph;H. WiebeltKooperationen: BIPS, Bremen (Dr. Wolfgang Ahrens, Dr. KlausGiersiepen, Prof. Dr. Eberhard Greiser); IARC Lyon, Frankreich(Dr. Paolo Boffetta, Dr. Paul Brennan, Dr. Elio Riboli, Dr. Reng-sawami Sankaranarayanan); Süddeutsche Metall BG Mainz; Uni-versität Heidelberg (Prof. Dr. med. Stefan Meuer); UniversitätMünchen, München (Dr. Leonhard Knorr-Held, Prof. Dr. LudwigFahrmeier); Universität Bielefeld (Prof. Dr. Maria Blettner); Univer-sität Würzburg (Prof. H.K. Müller-Hermelink); Zentralinstitut fürdie Kassenärztliche Versorgung in der BRD; Krankenhäuser inden Studienregionen

Modellprojekt Mammograpie ScreeningWiesbadenEpidemiologische Studien belegen, daß Mammogra-phie-Screening bei 50 - 70jährigen Frauen dieBrustkrebsmortalität um bis zu 30% senken kann. Vor-aussetzung ist die Einhaltung bestimmter, auf der Grund-lage dieser Studien quantifizierbarer hoher Qualitätsstan-dards. Ziel des Vorhabens ist es, die erforderlichen Er-fahrungen und Erkenntnisse für die Durchführung einesbevölkerungsbezogenen, qualitätsgesicherten Mammo-graphie Screenings zu sammeln und wissenschaftlich zuevaluieren im Hinblick auf eine flächendeckende Einfüh-rung in ganz Deutschland. Das von dieser Arbeitsgruppemit initiierte Modellprojekt wird in der Region Wiesbaden/Rheingau-Taunus-Kreis in Zusammenarbeit mit den ört-lichen niedergelassenen Ärzten und der PlanungsstelleMammographie-Screening durchgeführt. [2, 49, 62]

Lungenkrebs-ScreeningVon den etwa 40 000 - 45 000 in jedem Jahr neudiagnostizierten Erkrankungsfällen an Lungenkrebs ster-ben 85 - 90% an der Krankheit. Mit 35 000 - 40 000 To-desfällen in jedem Jahr ist Lungenkrebs damit nach wievor die häufigste Krebstodesursache in Deutschland.Theoretisch könnte eine frühzeitige Erkennung der Tu-moren die Überlebenschancen nachhaltig verbessern,doch verliefen in der Vergangenheit Prüfungen von even-tuellen Früherkennungsverfahren stets enttäuschend.Neueste Ergebnisse deuten nun allerdings darauf hin,daß spezielle Verfahren der Computertomographie mög-licherweise frühe Stadien der Lungenkrebsentwicklungentdecken und zur Senkung der Sterblichkeit beitragenkönnen. In Zusammenarbeit mit Radiologen des DKFZund der Universität Münster wird derzeit einerandomisierte Studie zur Überprüfung dieses neuen Ver-fahrens vorbereitet. Das Vorhaben wird eingebettet seinin eine breite internationale Zusammenarbeit unter Ein-schluß europäischer und nordamerikanischer Gruppen.

Kolorektales ScreeningMit etwa 30 000 Todesfällen im Jahr ist Darmkrebs diezweithäufigste Krebstodesursache und etwa 50 000Neuerkrankungsfällen im Jahr der häufigste inzidenteKrebs in Deutschland. In den letzten Jahren veröffentlich-

Abteilung Klinische Epidemiologie (C0500)Leiter: Prof. Dr. Anthony B. Miller (kommisarisch)

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0500Klinische Epidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

te Ergebnisse randomisierter Studien haben gezeigt, daßmit einer bevölkerungsweiten Anwendung des Test aufokkultes Blut im Stuhl (FOBT) eine etwa 20%ige Senkungder Sterblichkeit erreicht werden kann. Einebevölkerungsweite Einführung dieses Tests wird daherempfohlen. Eine weitaus stärkere Senkung der Krebs-sterblichkeit wäre allerdings von einer breiten Anwen-dung der vollständigen Koloskopie zu erwarten. Derzeitwird ein Studienprotokoll für eine randomisierte prospek-tive Studie ausgearbeitet, das die Realisierbarkeit dertheoretisch zu erwartenden Sterblichkeitssenkung von 50- 80% in der Praxis überprüfen soll.

Gebärmutterhalskrebs-ScreeningGebärmutterhalskrebs ist weltweit eine der häufigstenKrebsarten (etwa 400 000 Neuerkrankungsfälle jährlich,10 % aller Krebsfälle bei Frauen). Aufgrund einer wirksa-men Früherkennung ist in Deutschland diese Krebsartmit etwa 7000 Neuerkrankungsfällen jährlich (4 %) weit-aus seltener. Gleichwohl besteht nach wie vor Unsicher-heit hinsichtlich der Screeninghäufigkeit und geeigneterKriterien für eventuell erforderliche chirurgische Eingriffe.Viele der bei der Früherkennung entdeckten Läsionenhängen mit Infektionen mit Papillomviren (HPV) zusam-men, die vorübergehend sind, so daß sich die Ver-änderungen von selbst wieder zurückbilden. Allerdingsentwickelt sich ein kleiner Teil dieser Veränderungen zuGebärmutterhalskrebs weiter. Da die HPV-Infektion not-wendige Voraussetzung für die Entstehung dieserKrebsart ist, versucht man neuerdings, durch einen spe-zifischen Test auf Papillomviren die Bekämpfung desGebärmutterhalskrebses effizienter zu machen. Aller-dings kann dieser Test nicht zwischen vorübergehendenund persistenten Infektionen unterscheiden. Nur letztereentwickeln sich zu Krebs. Das Risiko unnötiger chirurgi-scher Eingriffe nimmt durch diesen Test daher eher nochzu. Ein im DKFZ entwickelter neuartiger Test (CINtecTM)ist in der Lage, spezifisch persistente, d.h. mit hohem Ri-siko zu Gebärmutterhalskrebs führende Veränderungenzu identifizieren. Gegenwärtig wird eine randomisierteepidemiologische Studie vorbereitet, mit der dessen Eig-nung für einen Einsatz beim Screening überprüft wird.

Fall-Kontrollstudie zur Ätiologie von LymphomenLymphome gehören zu den wenigen Krebsarten, für dieInzidenz und Sterblichkeit in Deutschland weiterhin an-steigen. Im internationalen Schrifttum veröffentlichte Stu-dien deuten daraufhin, daß das Antwortverhalten desImmunsystems sowie infektiöse Erreger an der Ätiologievon Lymphomen beteiligt sind. Diese beiden Bereichesollen Schwerpunkte einer Fall-Kontrollstudie sein, dieim Jahr 1999 begonnen wurde. Weitere zu berücksichti-gende Faktoren werden die Exposition gegenüber Pesti-ziden sowie berufliche Expositionen, beispielsweise ge-genüber chemischen Agentien oder Asbest sein.

Ein weiterer Hintergrund der Studie ist die Tatsache, daßin den letzten Jahren eine moderne molekularbiologischbegründete Diagnostik und Klassifikation entwickelt wur-de, die sich nun auch international durchgesetzt hat. Aufdieser Grundlage durchgeführte epidemiologische Un-

tersuchungen lassen erwarten, daß Zusammenhängezwischen spezifischen Expositionen und spezifischenEntitäten von Lymphomen eher gefunden werden kön-nen.

Die Studie wird in sechs Regionen Deutschlandsdurchgeführt (Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis, Ludwigs-hafen/Vorderpfalz, Würzburg, Bielefeld, Hamburg undMünchen). Die Kontrollgruppe wird im Verhältnis 1 : 1 al-ters- und geschlechtsgleich aus der Allgemein-bevölkerung gezogen. Im Hinblick auf die Durchführungvon Virusnachweisen und Untersuchungen zu geneti-schen Polymorphismen werden von Fällen und Kontrol-len jeweils Blutproben genommen und eingefroren. Vonden Krebsfällen ist weiterhin angestrebt, jeweilsLymphknotenmaterial zu asservieren, um im geneti-schen Material der entarteten Zellen nach viralem Materi-al zu suchen. Die Studie ist an dem deutschenKompetenznetz Maligne Lymphome, dem europäischenkooperativen Projekt EPILYMPH sowie dem inter-nationalen Kooperationsvorhaben INTERLYMPH beteiligt.

Immunogenetische Determinanten von AllergienBestimmte Faktoren, die an der Entstehung von Allergienbeteiligt sind, spielen möglicherweise auch bei derEntstehung bestimmter Krebsarten, darunter auchLymphome und Leukämien, eine Rolle. Darauf deutenepidemiologische Studien hin, die teilweise ein veränder-tes Krebsrisiko unter Allergikern festgestellt haben. Dasowohl Allergien als auch Lymphome einenimmunologischen Hintergrund haben, kann die Untersu-chung gemeinsamer immunologischer Faktoren auchmit der Charakterisierung immunogenetischer Voraus-setzungen für die Entwicklung von Allergien begonnenwerden. In einer ersten kleineren Untersuchung wurdendie entsprechenden Testverfahren entwickelt. Diese wer-den nun weiter entwickelt und im Rahmen vonKooperationsprojekten in umfangreicheren Studien ein-gesetzt und künftig auch zur Auswertung des Lymphom-projektes herangezogen. Publikationen: [58]

Immunogenetische Determinanten vonGebärmutterhalskrebsInfektion mit Human-Papillomviren (HPV) im Genitalbe-reich sind häufig und in aller Regel vorübergehend undharmlos. Nur in einem sehr kleinen Teil der Fälle wirddas Virus durch die Immunabwehr nicht eliminiert undführt zu einer persistenten Infektion. Eine persistente In-fektion ist jedoch Voraussetzung für die Entstehung vonGebärmutterhalskrebs. Mit dem vorliegenden Projekt sol-len immunogenetische Determinanten identifiziert wer-den, die das Risiko für eine persistente Infektion erhö-hen. Diese können dann eventuell bei der Früherken-nung von Gebärmutterhalskrebs behilflich sein.

Analyse historischer Follow-up-Studien mitfehlenden TodesursachenIn Brustkrebsstudien gelingt es häufiger,Expositionsdaten bis weit in die Vergangenheit zurück(z.T. 50er und 60er Jahre) zu erheben. Dadurch steht um-fangreiches Datenmaterial im Hinblick auf (a) eine grö-

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0500Klinische Epidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

ßere statistische Stabilität und (b) zur Untersuchung hi-storischer Veränderungen zur Verfügung. Allerdings be-reitet es in Deutschland zunehmend Schwierigkeiten, fürdie weit zurückliegenden Dekaden die Todes-bescheinigungen der verstorbenen Studienteilnehmervollständig zu erhalten. Die teilweise fehlenden Todes-bescheinigungen sind wiederum die für solche Studienüblichen Auswertungsverfahren unbrauchbar. Im Rah-men einer methodischen Arbeit wurde daher ein statisti-sches Modell entwickelt, anhand diesem die Standard-verfahren auf Situationen mit unvollständiger Informationüber verstorbene Studienteilnehmer erweitert werdenkonnten. [22]

Krebsatlas für DeutschlandIn Fortschreibung des im Jahr 1997 erschienen Atlas derKrebsmortalität in Deutschland wurden die Daten undGrafiken zur säkularen Entwicklung der Sterblichkeit anKrebs insgesamt und den im Atlas aufgeführten Einzello-kalisationen sowie erläuternde Texte auf das Internetübertragen. Die Daten und Graphiken werden seitdemfortlaufend aktualisiert und ermöglichen einen raschenZugriff auf die jeweils aktuellsten Daten zur Krebs-sterblichkeit in Deutschland. Internetadresse:www.dkfz.de, ‚Krebsatlas‘.

Prädiktion der Entwicklung der Krebssterblichkeitin DeutschlandEine der Kernaussagen des Krebsatlas war, daß seit Be-ginn der 90er Jahre für beide Geschlechter ein Rückgangder altersstandardisierten Krebssterblichkeit zu beob-achten ist. Auf der anderen Seite hat in der letzten Zeit,z.B. im Rahmen der Diskussion über die zukünftigeEntwicklung des Alterssicherungssystems, die Alterungder deutschen Bevölkerung die Aufmerksamkeit auf sichgezogen. Unter dem Gesichtspunkt der zu erwartendenAnforderungen an das Gesundheitssystem haben wirvorläufige Abschätzungen der bis zum Jahr 2040 zu er-wartenden Zahlen an Neuerkrankungsfällen bzw. Sterbe-fällen an Krebs vorgenommen. [62]

Anwendung Bayesianischer Modellierung aufkartographische Darstellungen der Krebsmor-talitätDie kartographischen Darstellungen des Krebsatlaszeigten bei einigen Krebsarten deutliche regionaleUnterschiede in der Sterblichkeit, während bei anderenKrebsarten wenige oder gar keine Unterschiede feststell-bar waren. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Stati-stik der Universität München wurde auf der Grundlagevon in der letzten Zeit entwickelten Modellen zur räumli-chen Statistik Untersuchungen zur statistischen Siche-rung solcher Befunde durchgeführt. [12]

Schätzung der vermeidbaren Krebstodesfälle inDeutschlandSeit Ende der 70er Jahre wurden wiederholt Berechnun-gen vorgelegt, die anhand der bestimmten Risikofakto-ren zuzuordnenden Krebstodesfälle das hohe Potentialfür Krebspräventionsmaßnahmen nachgewiesen haben.

Diese Schätzungen beruhten jedoch durchweg aufamerikanischen oder britischen Mortalitätsdaten. Auf derGrundlage der im Krebsatlas veröffentlichtenSterblichkeitszahlen wurden solche Berechnungen nunauch für Deutschland durchgeführt und untersucht, inwelchem Umfang sich die Situation hierzulande von dengenannten amerikanischen Schätzungen unterscheidet.Die Ergebnisse wurden im Jahr 2001 veröffentlicht . [39].

Ernährungsepidemiologie (C0503)A.B. Miller, J. Wahrendorf, N. Becker,H.-P. Altenburg, H. Behmann, U. Bussas, J. Kneisel,A. Leopold, J. Linseisen, G. Lotze, C. Martinsohn,A. Nieters, S. RohrmannKooperationen: Prof. Dr. Helmut Bartsch, DKFZ; Dr. Heiner Boe-ing, DIfE, Potsdam-Rehbrücke; Dr. Elio Riboli, International Agencyfor Research on Cancer, Lyon, Frankreich; Prof. Dr. A.Trichopoulu, Athens School of Public Health, Athen, Griechen-land; Dr. Domenico Palli CSPO, Florenz, Italien; Dr. AnneTjønneland Danish Cancer Society, Kopenhagen, Dänemark; Dr.Paolo Vineis, Department of Cancer Epidemiology, Turin, Italien;Dr. Francoise Clavel, INSERM U. 287, IGR, Villejuif, Frankreich;Dr. Franco Berrino Instituto Nazionale dei Tumori, Mailand, Italien;Dr. Carlos Gonzáles ICO, Barcelona, Spanien; Dr. Gunnar Berg-lund Malmö Diet & Cancer Study, Schweden; Dr. Nick Day MRCBiostatistics Unit, Cambridge, UK; Dr. Rosario Tumino Registro deiTumori, Ragusa, Italien RIVM; Dr. Bas Bueno de Mesquita,Bilthoven, Niederlande; Dr. Kim Overvad University of Aahrus,Dänemark; Dr. Timothy J. Key University of Oxford, UK; Dr.Göran Hallmans University of Umea, Dept. of Epidemiology,Schweden; Dr. Petra Peeters University of Utrecht, Niederlande;Dr. Rashmi Sinha National Cancer Institute, Bethesda, USA; Dr.Gunnar Steineck, Karolinska Institute, Stockholm, Schweden, Dr.Eiliv Lund, University of Tromsø, NorwegenFörderung: Deutsche Krebshilfe (seit Mai 2000); EuropäischeKommission (seit 1994)

Die Vermutung, dass die Ernährung ein wichtiger Faktorfür die Entstehung von Krebs darstellt, existiert seit lan-gem. Doll and Peto (1981) rechneten etwa 35% der To-desfälle an Krebs einer ungünstigen Ernährung zu. Diegrundsätzliche Bedeutung der Ernährung bei der Entste-hung von Krebs gilt als unbestritten, wobei der Einflusseinzelner Lebensmittelgruppen, Nährstoffe und andererInhaltsstoffe für die Krebsentstehung nur für wenige Zu-sammenhänge so überzeugend bewiesen ist, dass dar-aus öffentliche Ernährungsempfehlungen abgeleitet wer-den können. Vom World Cancer Research Fund (WCRF)und dem American Institute for Cancer Research (AICR)wurden die Ergebnisse biomedizinischer undepidemiologischer Studien zur Erforschung des Zusam-menhangs zwischen Ernährung und Krebs in einem1997 herausgegebenen Bericht zusammengefasst. Dievorhandenen biomedizinischen und epidemiologischenForschungsergebnisse wurden zusammengestellt undhinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Ernährungund Krebsrisiko als überzeugend, wahrscheinlich odermöglich bewertet.

Als überzeugend wissenschaftlich bewiesen gelten dem-nach vor allem die protektive Wirkung von Gemüse undObst für verschiedene Krebsarten (Mundhöhle, Rachen,Speiseröhre, Lunge, Magen). Auf der Seite der krebsför-

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0500Klinische Epidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

dernden Faktoren hat Alkohol eine übergreifende Bedeu-tung. Dabei wirkt Alkohol in Bezug auf die Karzinome desoberen Verdauungstraktes synergetisch mit dem Tabak-rauchen, d.h. die Anwesenheit beider Faktoren verstärktderen Einzelwirkungen.

Das Ziel der Arbeitsgruppe ist es, zu einer weiteren Klä-rung des Zusammenhanges von Ernährung und Krebssowie anderen chronischen Erkrankungen beizutragen,um genauere Empfehlungen für eine gesundheitsför-dernde Ernährung zu ermöglichen.

Kohortenstudie „Gesundheit, Ernährung, Krebs“als Teilstudie von EPIC (European ProspectiveInvestigation into Cancer and Nutrition)Die Studie „Gesundheit, Ernährung, Krebs“ wird seit1994 von der Abteilung Epidemiologie des DeutschenKrebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg als Teilder europäischen Langzeitstudie EPIC (EuropeanProspective Investigation into Cancer and Nutrition)durchgeführt. Mittlerweile sind 10 europäische Ländermit insgesamt annähernd 500.000 Studienteilnehmernund -teilnehmerinnen beteiligt. In Deutschland befindetsich neben Heidelberg auch noch ein EPIC-Zentrum amDeutschen Institut für Ernährungsforschung (DIFE) inPotsdam.

EPIC zielt auf eine weitere Klärung des Zusammen-hangs von Ernährung und Krebs. Die Durchführung einerprospektiven Kohortenstudie in mehreren europäischenLändern mit unterschiedlichen Ernährungsweisen unddeutlichen Unterschieden der Neuerkrankungsraten fürverschiedene Krebsarten erhöht zusammen mit der Anla-ge einer in ihrer Größe einzigartigen biologischen Daten-bank das Auswertungspotential erheblich. Das Projektwird von der Abteilung Ernährung und Krebs der Interna-tional Agency for Research on Cancer (IARC) in Lyonkoordiniert. Mit EPIC wird versucht die Beschränkungenfrüherer epidemiologischer Studien hinsichtlich der Präzi-sion und Validität traditioneller Ernährungsfragebögensowie der Anwendung biologischer Marker zu überwin-den. In Rahmen der Befragung wurden biologische Pro-ben gewonnen, welche auf Grund der Größe eine einzig-artige biologische Datenbank bilden. Molekular-biologische Untersuchungen sind Bestandteil des wis-senschaftlichen Programms.

Stand der Datenerhebung EPIC HeidelbergRekrutierungDie Erstbefragung der Studienteilnehmer/-innen wurde inHeidelberg im Oktober 1998 abgeschlossen. Außer einerumfangreichen Erhebung der Ernährungsgewohnheitenwurden die Teilnehmer auch zu Rauchgewohnheiten,körperlicher Aktivität, subjektivem Befinden, Krankheits-geschichte und Medikamenteneinnahme befragt. Beglei-tet wurde die Befragung von Blutentnahmen, Blutdruck-und Körpermessungen.

Insgesamt haben 25.544 Personen aus Heidelberg undUmlandgemeinden an der Ersterhebung teilgenommen.Davon sind 53% Frauen und 47% Männer; 57% der Teil-nehmer kommen aus dem Stadtbereich und 43% aus

den Umlandgemeinden Heidelbergs. Von 24.466 Teil-nehmern (95,7%) konnten Blutproben gewonnen wer-den, die in flüssigem Stickstoff gelagert werden.

NachbeobachtungDie Auswertung der EPIC-Studie beruht vor allem auf dermöglichst lückenlosen Erfassung der Krebsneuerkran-kungen und der Sterbefälle mit den jeweiligen Todesur-sachen. Deshalb kommt der Nachbeobachtung der ge-samten Studienbevölkerung eine entscheidende Bedeu-tung zu.

Die erste Nachbefragungsrunde hat in Heidelberg An-fang 1998 begonnen und wurde Anfang 2000 abge-schlossen. Es konnte eine Teilnahmerate von 93,5% er-reicht werden. Die zweite Nachbefragungsrunde, bei derauch wieder die Ernährungsgewohnheiten erfragt wer-den, wurde Anfang 2001 begonnen und wird voraussicht-lich 2003 abgeschlossen sein. Außer zu ihrer Ernährungwerden die Studienteilnehmer zu Krankheitsgeschichte,Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen, Rauch-verhalten, körperlicher Aktivität, Einnahme von Medika-menten, Hormonpräparaten und Nahrungsergänzungs-stoffen befragt.

VerifizierungAlle Selbstangaben der Studienteilnehmer/-innen zuKrebsneuerkrankungen werden durch den Vergleich mitpathologischen Befunden oder Arztberichten überprüftund gemäß des von der Weltgesundheitsorganisation(WHO) vorgegebenen internationalen Schlüssels zurKlassifikation der Krankheiten (ICD-O2) kodiert.

Um in fernerer Zukunft auch Informationen zu Krebsneu-erkrankungen über das im Aufbau befindliche Krebsregi-ster Baden-Württemberg zu bekommen, wurde ein Ver-fahren entwickelt, das in anonymisierter Form einen rou-tinemäßigen Abgleich der EPIC-Daten mit den Daten desKrebsregisters erlaubt. Gleichzeitig melden wir alle vonuns innerhalb der Heidelberger Studienbevölkerung er-fassten Krebsfälle an das Krebsregister und leisten aufdiese Weise einen Beitrag zur Vervollständigung der Da-tenbasis des Krebsregisters. Dieser Datenaustauschwird kontinuierlich durchgeführt.

AuswertungAbschätzungen des Krebsrisikos für verschiedene Expo-sitionsfaktoren werden dann möglich sein, wenn eineausreichende Zahl von Neuerkrankungen für dieentsprechende Krebslokalisation erfaßt wurde. Dies wirdin Zusammenarbeit mit dem DIFE (Deutsches Institut fürErnährungsforschung) in Potsdam für Deutschland etwaim Jahr 2004 möglich sein. Hingegen haben Auswertun-gen auf europäischer Ebene für die zusammengefaßtenDaten der an EPIC beteiligten Länder für die häufigenKrebserkrankungen (Brustkrebs, Lungenkrebs,Dickdarmkrebs, Prostatakrebs) bereits begonnen.

EPIC Heidelberg hat die Leitung der EPIC-ArbeitsgruppeLungenkarzinom zur Quantifizierung der Erkrankungsrisi-ken für Ernährungs- und andere Lebensstilfaktoren. Füreinige Tumorentitäten (Magenkrebs, Lungenkrebs) wur-

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den in Kooperationen auf europäischer Ebene weiterevertiefende Projekte initiiert.

Des weiteren wurden die Verzehrsmengen einzelner Le-bensmittelgruppen sowie deren Zubereitungsmethodenzwischen den teilnehmenden Studienregionen vergli-chen. Wissenschaftler der Heidelberger EPIC-Gruppehaben bei der Auswertung folgender Ernährungsmusterauf europäischer Ebene mitgewirkt: „Zufuhr von Ölen undFetten“, „Fleischzufuhr“, „ Zufuhr von Fleisch und Fleisch-produkten klassifiziert nach ätiologischen Hypothesender Krebsentstehung“, „Zubereitungsmethoden vonFisch und Fleisch“.

Deskriptive Analysen der deutschen EPIC-Kohorte hin-sichtlich der Rekrutierung wurden zusammen mit EPIC-Potsdam publiziert. Diese vergleichenden Untersuchun-gen beziehen sich auf Lebensmittelgruppen, Nährstoffeund Rauchgewohnheiten. [64]

Als Teilprojekt von EPIC Heidelberg wurden Untersu-chungen zur Bedeutung von Zubereitungsmethoden, wieBraten und Grillen, für die Krebsentstehung durchgeführt.Basierend auf diesen Ergebnissen wurde derErnährungsfragebogen der zweiten Nachbefragung umeinen Fragekomplex bezüglich der Nahrungsmittelzu-bereitung ergänzt. Das Ziel ist es, die alimentäre Aufnah-me der durch die Zubereitung entstehendenheterozyklischen aromatischen Amine (HAA) bestimmenzu können. [71]

Die Bestimmung von Biomarkern der Nahrungsmittelauf-nahme in den Blutproben stellt eine Auswertungsebenedar. Die fraktionierten Blutproben umfassen auch DNA-Material, um molekulargenetische Untersuchungendurchzuführen. Gen-Umwelt-Interaktionen werden zurBeschreibung von Risikogruppen untersucht. Zur Explo-ration des Zusammenhangs zwischen Ernährung undKrebs wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:„Bedeutung von Cholesterol undCholesteroloxidationprodukten für die Entstehung vonLungenkrebsrisiko“, „Lipidoxidation und Brustkrebs-risiko“. Des weiteren wurden Untersuchungenzur„Risikoabschätzung genetischer Varianz in Kombina-tion mit Ernährungsfaktoren für das Auftreten von Adipo-sitas“ und ,,Assoziationen zwischen Genpolymor-phismen der Immunreaktion und Heuschnupfen“ durch-geführt. [46,47]Im Zusammenarbeit mit dem koordinierenden Zentrumdes IARC in Lyon wird an der Entwicklung einer standar-disierten europäischen Lebensmitteltabelle gearbeitet.

Genetische Epidemiologie (C0505)J. Chang-Claude, L. Beckmann, R. Birr, K.-G. Deck,U. Eilber, P. Galmbacher, U. Gromer, I. Helmbold,S. Hermann, M. Keith, I. Kögel, S. Kropp, I. Reinisch,K. Smit, D. TwardellaKooperationen: Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg(Prof. Dr. H. Bartsch, Dr. A. Risch, Dr. P Schmezer, Prof. Dr. H.Thielmann); Institut für Tropenmedizin, Heidelberg (Prof. Dr. H.Becher); Universitäts-Frauenklinik Heidelberg (Prof. Dr. G.

Bastert, Prof. Dr. D. von Fournier); Pathologisches Institut, Heidel-berg (Prof. Dr. H.F. Otto); Universitäts-Frauenklinik Kiel (PD Dr. M.Kiechle); Universitäts-Frauenklinik Ulm (Prof. Dr. R. Kreienberg);Institut für Humangenetik. Düsseldorf (Prof. Dr. Bartram, Dipl.-math. C. Fischer); Imperial Cancer Research Fund, Leeds, Eng-land (Professor T. Bishop); Medical Research Council, Cam-bridge, England (Professor B. Ponder); Institute of CancerResearch, Sutton, England (Professor M. Stratton); Intituto Nazio-nale per lo Studio e la Cura die Tumori Ort, Italien (Professor F.Berrino); Sämtliche Kliniken der Studienregionen “Rhein-Neckar-Odenwald” und “Freiburg”; Breast Cancer Linkage Consortium;Philipps-Universität, Marburg (Dr. A. Ziegler); BIPS, Bremen (Prof.Dr. R. Frentzel-Beyme); IARC, Lyon, Frankreich (Dr. P. Bofetta)

Genetisch-epidemiologische Studien zurÄtiologie des prämenopausalen BrustkrebsesDas Projekt hat zum Ziel Suszeptibilitätsgene für Brust-krebs und Ovarialkrebs zu lokalisieren, die Bedeutungund Heterogenität der disponierenden Gene zu klärenund die Gen-Umwelt Interaktion zu untersuchen. Die Stu-dien werden von der Deutschen Krebshilfe gefördert. Ineiner Familienstudie zu Brustkrebs und Eierstockkrebswurden Familien mit mindestens drei Brustkrebs- oderOvarialkrebspatientinnen innerhalb von zwei oder dreiGenerationen erfaßt. Der Nachweis von Keimbahn-mutationen des BRCA1-Gens in 33% der Familien mitBrustkrebs sowie Ovarialkrebs und 17% der Brustkrebs-familien mit mindestens 3 Fällen bestätigten eine höherea priori Wahrscheinlichkeit für das BRCA1-Gens in Brust-Ovarialkrebs-Familien. Unterschiede in pathologischenMerkmalen von BRCA1- und BRCA2-bedingten und an-deren Brusttumoren werden ermittelt. Neu erkrankteBrustkrebspatientinnen (£ 50 Jahre) aus zwei Studien-regionen, “Rhein-Neckar-Odenwald” (von 1992 bis 1995)und “Freiburg-Breisgau-Emmendingen-Ortenau” (von1993 bis 1995), wurden erfaßt. Zwei Gruppen vonKontrollpersonen (Schwester Kontrolle, Bevölkerungs-kontrollen aus der gleichen Studienregion) wurden ein-bezogen. Angaben zu exogenen Faktoren wurden erho-ben und biologische Proben (Blutprobe, Paraffinblöckevon Tumorgewebe) für molekulargenetische Untersu-chungen gesammelt. Die Fall-Kontroll-Analyse derFragenbogendaten ergab eine signifikante Risiko-reduzierung mit der Dauer des Stillens, die unabhängigvom Schutzeffekt in Verbindung mit Anzahl der Geburtenwar. Ein hoher täglicher Alkoholkonsum ging mit einemerhöhtem Brustkrebsrisiko einher. Assoziationsstudienwurden durchgeführt, um risikomodifizierende Gene (z.B.im Stoffwechsel von Hormonen wie Progesteron-Rezep-tor-Gen und DNA Reparatur wie BRCA2) beim Brust-krebs zu identifizieren. [5,6,13,19,20,31,48,51,67]Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1993-1997)

Genetisch-epidemiologische Studien zurÄtiologie des OvarialkrebsesNeu erkrankte Ovarialkrebspatientinnen ( 75 Jahre) auszwei Studienregionen, “Rhein-Neckar-Odenwald” und“Freiburg-Breisgau-Emmendingen-Ortenau” (von 1993bis 1995), wurden erfaßt. Bevölkerungskontrollen ausder gleichen Studienregion wurden einbezogen. Angabenzu exogenen Faktoren wurden erhoben und biologischeProben (Blutprobe, Paraffinblöcke von Tumorgewebe) fürmolekulargenetische Untersuchungen gesammelt. Die

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Fall-Kontroll-Analyse der Fragenbogendaten ergab eineeindeutige protektive Wirkung der Einnahme von oralenKontrazeptiva. Der Schutzeffekt war auch für niedrig do-sierte Präparate vorhanden. BRCA1 und BRCA2 wird beiPatientinnen unter 45 Jahren untersucht. [63]Förderung: BMBF „Klinisch-Biomedizinische Forschung“ Pro-gramm (1994-1997)

Datenmanagement und genetisch-epidemiologi-sche Forschung im Förderungsprogramm derDeutschen Krebshilfe e.V. zum familiärenBrustkrebsZiel dieses Projekt ist es, eine zentrale Arbeitsgruppe fürDatenmanagement und genetische Epidemiologie zurSchaffung eines Datenbanksystems für 11 Zentren“Familiärer Brustkrebs” einzurichten. Das Projekt wirddurch die Deutsche Krebshilfe gefördert. Diese Daten-bank soll alle Datensätze, die von den ArbeitsgruppenKlinik, Molekulargenetik und Psychologie der 11 Zentrengeliefert werden, zusammenfassen und dient neuen Er-kenntnissen für die Information, Diagnostik, Beratungund Betreuung Betroffener und ihrer Angehörigen ausHochrisiko-Familien und der Umsetzung der Erkenntnis-se aus der Forschung. [8]Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1998-2000)

Genetische Disposition als Risikomarker fürBrustkrebs bei Schadstoffbelastung durch Aktiv-und PassivrauchenFür verschiedene Genotypen können Umweltfaktoren ver-schiedene Auswirkungen haben. Die Wechselwirkungder genetischen Polymorphismen in 4 möglichen rele-vanten Fremdstoffwechselenzymen, N-Acetyltransferase1 und 2 (NAT1, NAT2), Glutathiontransferase T1 (GSTT1)und Cytochrom-P450-Monooxygenerase 2A6 (CYP2A6)auf das Brustkrebsrisiko in Bezug auf das Aktiv- undPassivrauchen werden untersucht. Von Teilnehmerinnender vorangegangenen Fall-Kontroll-Studie zum Brust-krebs werden zusätzlich detailliertere Angaben zurSchadstoffbelastung durch Aktiv- und Passivrauchen er-hoben. Die molekulargenetischen Untersuchungen wer-den in Zusammenarbeit mit der Abteilung “Toxikologieund Krebsrisikofaktoren” durchgeführt. Verglichen mit we-der aktiv noch passiv exponierten Frauen, ergab sich einum 31% erhöhtes Brustkrebsrisiko für Aktivrauchende.Bei den Nichtraucherinnen war das Passivrauchen miteiner eindeutigen Risikoerhöhung um 50% verbunden.Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1998-2001)

Die Bedeutung der individuellen Strahlenem-pfindlichkeit für die Abschätzung des individuel-len Strahlenrisikos beruflich strahlenexponierterPersonen unter gegebenen Expositions-umständenZiel dieser Studie ist, die Prävalenz von Strahlenempfind-lichkeit abzuschätzen und Risikofaktoren für Strahlenem-pfindlichkeit zu identifizieren. Für die klinische Definitionvon Strahlenempfindlichkeit werden die durch die Strah-lentherapie hervorgerufenen akuten Nebenwirkungen beiBrustkrebspatientinnen in der Abteilung Radiologie derUniversitäts-Frauenklinik Heidelberg herangezogen. Eswird überprüft, ob ein neu zu etablierender in vitro Assay,

der von der Abteilung “Wechselwirkungen von Carcinoge-nen mit biologischen Makromolekülen” entwickelt wird,sich zur Vorbestimmung der klinischen Strahlenempfind-lichkeit der Brustkrebspatientinnen eignet. Eine weitereValidierungsstudie bei Patienten der Thorotrast-Studieder Abteilung “Onkologische Diagnostik und Therapie” istgeplant.Förderung: Bundesamt für Strahlenschutz (1997-2000)

Genetik von komplexen Krankheiten: GenetischeKartierung von Brustkrebsgenen und Darmkrebs-Suszeptiblilitätsgenen durch „haplotype sharinganalysis“ in IsolatpopulationenDie bisher identifizierten Krankheitsgene (BRCA-Gene,HNPCC-Gene), die zu einem stark erhöhten Risiko fürdas Mammakarzinom und das kolorektale Karzinomdisponieren, können das gehäufte Auftreten nur in 30%bis 60% der entsprechenden Familien erklären. Zur Gen-kartierung weiterer zum Brustkrebs und Kolonkrebs dis-ponierender Gene nehmen wir die „haplotype-sharing“Methode in einer Isolatpopulation als eine aussichtsrei-che Alternative zu den traditionellen Ansätzen. Als geeig-nete Isolatpopulation wurde die sorbische Population derOberlausitz ausgewählt, die ethnisch, konfessionell, geo-graphisch, demographisch und historisch einzigartig do-kumentiert ist. In Rahmen des von dem HGF-StrategieFonds geförderten Projektes sollen jeweils ca. 150 “trios”von Brustkrebspatientinnen und Darmkrebspatientenaus der Bevölkerung der Oberlausitz rekrutiert und für einGenom-Scan einbezogen werden.Förderung: HGF Strategie Fonds (1999-2002)

Genetik komplexer Krankheiten: StatistischeMethoden der “haplotype sharing analysis”Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung und Anwendungeiner effizienten „haplotype sharing“ Methode HSA, einerneuen Methode zur statistischen Auswertung einer ge-nomweiten Analyse in der Untersuchung einer komple-xen Krankheit. Die nichtparametrische HSA Methode be-ruht auf dem Prinzip des „Identity by descent“. In einergeeigneten Isolatpopulation erwarten wir, daß ein Teil derPatienten von einem oder wenigen mutationstragendenVorfahren ( foundern ) abstammen. Die Patienten habendie Mutation von einem founder und teilen sich ein Chro-mosomensegment um die Mutation. An dieser Stelle sindsie also „identical by descent“. Während üblichekopplungsanalytische Verfahren die Beziehungen zwi-schen einzelnen Markern und einem Mutationslocus be-trachten, benutzt HSA die Informationen ganzerChromosomensegmente. Vorteile von HSA ist einmal diegeringere Anzahl an Patienten sowie die geringere Anzahlan benötigten Markern.

Es sollen die theoretischen Eigenschaften der HSA an-hand genetischer und populationsdynamischer Grundla-gen für verschiedene genetische Modelle erarbeitet wer-den. Weitere Arbeitsfelder sind die Entwicklung von Tools

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für Simulationen, Haplotypisierungen und die Berück-sichti-gung von fehlenden Daten. Anhand von empiri-schen Daten aus verschiedenen Studien werden die Ei-genschaften der HSA untersucht und validiert. Die Metho-de wird zur Identifizierung von Brustkrebs- und Darm-krebs-Suszeptilitätsgenen in der sorbischen Populationin der Oberlausitz benutzt. [44]Förderung: HGF Strategie Fonds (1999-2002)

The International BRCA1/2 Carrier Cohort StudyAngesichts der vermuteten Natur der BRCA1- undBRCA2-Gene (Tumorsuppressorgene) können exogeneRisikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer somatischenMutation des verbliebenen ‘normalen’ Allels und damitden Zeitpunkt, wann die Krankheit ausbricht, auch Pene-tranz genannt, beeinflussen. Tatsächlich werden in Fami-lien mit BRCA-Mutationen auch Frauen beschrieben, dieerst im hohen Alter Brustkrebs entwickelten oder bis zumhohen Alter gesund bleiben. Es wird Gegenstand derUntersuchung bei Mutationsträgerinnen aus zahlreicheneuropäischen Ländern und aus Kanada sein, denEinfluss exogener Risikofaktoren weiter zu charakterisie-ren und die Bedeutung prophylaktischer Chirurgie für dasErkrankungsrisiko prospektiv zu ermitteln.Förderung: EU/ Europe Against Cancer (2000-2002).

Europäische multizentrische Studie: Assoziatio-nen zwischen Ernährungs- und Lebensstilfak-toren und genetischer Prädisposition im Auf-treten von Brustkrebs bei jungen FrauenDiese multizentrische Studie in 7 Ländern untersucht dieFrage, ob sich bekannte Lebensstil- und Umweltfaktoren,die als Risikofaktoren für Brustkrebs gelten, gleicher-massen auf Patientinnen mit und ohne genetische Dis-position auswirken. Brustkrebspatientinnen in der Rhein-Neckar- und Ortenau-Region sowie im gesamtenBundesland Rheinland-Pfalz, die bei der Diagnose (zwi-schen 1998 und 2002) jünger als 40 Jahre alt waren, sol-len für eine Teilnahme an der Studie gewonnen werden.Daten über Ernährungsfaktoren, verschiedene Lebens-stilfaktoren, Reproduktivitätsfaktoren, und hormonelleFaktoren werden mit selbstauszufüllenden Fragebogengewonnen. Das Risiko einer genetischen Dispositionwird zunächst anhand der familiären Krebserkrankungengeschätzt. Das gewählte „Case-Only“ Studiendesign er-möglicht Gen-Umwelt-Interaktionen mit größerer statisti-scher Power festzustellen, erlaubt jedoch keine Aussageüber die Effekte der einzelnen Risikofaktoren.Förderung: Europäische Union Fifth Framework Program-me(2001-2003).

Verlängertes Follow-up und eingebettete Fall-Kontrollstudie in der Kohortenstudie zurExposition gegenüber künstlichen MineralfasernIm Rahmen der internationalen Kohortenstudie unter Be-schäftigten in der Herstellung künstlicher Mineralfasern(KMF) wurde eine eingebettete Fall-Kontrollstudie mitden Lungenkrebsfällen und geeignetenKontrollpersonen innerhalb der Kohorte durchgeführt, um

das Lungenkrebsrisiko in Bezug auf die beruflicheExposition gegenüber KMF unter Berücksichtigung vonStörfaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum und andereberufliche Expositionen, zu ermitteln.Expositionsbewertungen erfolgen basierend auf Anga-ben eines Expertpanels von Betriebsleitern und Vorarbei-tern sowie auf Angaben von Hinterbliebenen. [52]Förderung: International Agency for Research on Cancer (1996-1998)

Kohortenstudie bei Vegetariern (20 Jahre-Mortali-täts-Follow-up)Lebensstilfaktoren von 1904 deutschen Vegetariern wer-den in Bezug auf ihre Mortalität seit 1978 untersucht. Re-gelmäßige körperliche Aktivität, die Dauer des Vegetaris-mus und der Vegetarier-Status (streng oder moderat)wurden als Determinanten der Gesamt-Mortalität, derKrebsmortalität und/oder der Mortalität an kardiovasku-lären Erkrankungen gefunden. Eine gemeinsame Analy-se von amerikanischen und europäischen prospektivenKohortenstudien ergab eine erniedrigte Mortalität von Ve-getariern verglichen mit Nicht-Vegetariern vorwiegend fürischämische Herzkrankheiten. Der Follow-up dieser Ko-horte wurde bis Ende 1999 weitergeführt für weitere Ana-lysen.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0500Klinische Epidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

[44] Beckmann L., Fischer C.*, Deck K.-G., Nolte I.M.*, teMeerman G*, Chang-Claude J. Exploring haplotype sharingmethods in general and isolated populations to detect gene(s) ofa complex genetic trait. Genet Epidemiol (2001) 21(Suppl): S554-9.[45] Brennan P.*, Bogillot O.*, Greiser E.*, Chang-Claude J.,Wahrendorf J., Cordier S.*, Jockel K.H.*, Lopez-Abente G.*,Tzonou A.*, Vineis P.*, Donato F.*, Hours M.*, Serra C.*, Bolm-Audorff U.*, Schill W.*, Kogevinas M.*, Boffetta P*. Thecontribution of cigarette smoking to bladder cancer in women(pooled European data). Cancer, Causes & Control (2001) 12(6):411-17.

[46] Fremann D.*, Linseisen J., Wolfram G.*, Dietary conjugatedlinoleic acid (CLA) intake assessment and possible biomarkers ofCLA intake in young women. Pub Health Nutr (2001) 4: 947-953.[47] Hagenlocher T., Nair J., Becker N., Korfmann A.*, Bartsch H.Influence of dietary fatty acid, vegetable and vitamin intake onetheno-DNA-adducts in white blood cells of healthy femalevolunteers: a pilot study. Cancer Epidemiology, Biomarkers andPrevention 2001; 10:1187-1191.[48] Hofmann W.*, Jandrig B.*, Classen E.*, Nestle-Kraemling C.*,Chang-Claude J, Scherneck S.* Identification of a recurrentBRCA1 mutation in German breast-cancer and/or ovarian-cancerfamilies. J Cancer Res Clin Oncol (2001) 127(3):200-2.[49] Junkermann H.*, Becker N., Peitgen H.-O.* Konzept undDurchführung der Modellprojekte für Mammographiescreening inDeutschland. Der Radiologe (2001) 41: 328-336.[50] Kilian H.P.*, Skrzypek S.*, Becker N., Havemann K.*Exposure to armament wastes and leukemia: a case-controlstudy with a cluster of AML and CML in Germany. LeukemiaResearch (2001) 25: 839-845.[51] Kropp S., Becher H.*, Nieters A., Chang-Claude J. Low tomoderate alcohol consumption and breast cancer risk by age 50among women in Germany. Am J Epidemiol (2001) 154(7):624-34.[52] Kynast-Wolf G.*, Becker N., Kroke A.*, Brandstetter B.*,Wahrendorf J., Boeing H.* Linear regression calibration -theoretical framework and empirical results in EPIC Germany.Ann. Nutr. Metab. (2001) 45: 255-261.[53] Miller A.B. and Bartsch H. Editorial: Hair dye use andBladder cancer. Int J Cancer (2001) 94: 901-902.[54] Miller A.B., Baines C.J.*, Wall C*. Canadian National BreastScreening Study-2. Results of a randomized trial in women aged50-59 years. Response to Narod. J Natl Cancer Inst (2001)93:396-397.[55] Miller A.B. Commentary: How do we decide at what ageand at what frequency to screen for cancer of the cervix bycervical cytology? Int J Cancer (2001) 94: 889-890.[56] Miller A.B. Commentary: Natural history of cervical humanpapillomavirus infections. Lancet (2001) 357:1816.[57] Miller A.B. Screening for breast cancer with mammography(Letter). Lancet (2001) 358:2164[58] Nieters A., Brems S., Becker N. Cross-sectional study oncytokine polymorphisms, cytokine production after T-cellstimulation and clinical parameters in a random sample of aGerman population. Human Genetics (2001) 108: 241-248.[59] Pitard A.*, Brennan P.*, Clavel J.*, Greiser E.*, Lopez-AbenteG.*, Chang-Claude J., Wahrendorf J., Serra C.*, Kogevinas M.*,Boffetta P.* Cigar, pipe and cigarette smoking and bladder cancerrisk in European men. Cancer, Causes Control (2001) 12(6):551-6.[60] Ramroth H., Altenburg H.-P., Becher H.* Auswahl vonPopulationskontrollen für epidemiologische Fall-Kontroll-Studienunter Verwendung regionaler Stichproben. Informatik, Biometrieund Epidemiologie in Medizin und Biologie (2001) 32: 60-70.61]

[61] Razum O. & Rohrmann S. Der Healthy-migrant-Effekt: Be-deutung von Auswahlprozessen dei der Migration und Late-entry-Bias. Gesundheitswesen (2002)[62] Rittgen W., Becker N. Statistical issues in quality control oforganized mammography screening. J. Epidemiol. Biostatistic2001; 6(6): 425-432.[63] Royar J.*, Becher H.*, Chang-Claude J. Low-dose oralcontraceptives: protective effect on ovarian cancer risk. Int JCancer (2001) 95(6): 370-74.

[64] Schulze M.B.*, Linseisen J., Kroke A.*, Boeing H.*Macronutrient, vitamin, and mineral intake in the EPIC-Germanycohorts. Ann Nutr Metab (2001) 45:181-189.[65] Smith-Warner S.A.*, Spiegelman D.*, Yuan S.-S.*, Miller A.B.,Hunter D.J.* Intake of fruits and vegetables and risk of breastcancer. A pooled analysis of cohort studies. JAMA (2001) 285:769-776.

[66] Smith-Warner S.A.*, Spiegelman D.*, Adami H.-O.*, MillerA.B., Hunter D.J.* Types of dietary fat and breast cancer: apooled analysis of cohort studies. Int J Cancer (2001) 92: 767-774.[67] Wang-Gohrke S.*, Chang-Claude J. Re: Population-based,case-control study of HER2 genetic polymorphism and breastcancer risk. J Natl Cancer Inst 2001; 93(21):1657-9.[68] Woolcott C.G.*, Aronson K.J.*, Hanna W.M.*, SenGupta S.*,McCready D.R.*, Sterns E.E.*, Miller A.B. Organochlorines andbreast cancer risk by receptor status, tumor size and grade (Ca-nada). Cancer Causes and Control (2001) 12: 395-404.[69] Becker N. Epidemiologie bösartiger Neubildungen. In: SiewertJ.R., Harder F., Rothmund M. (Hrsg). Praxis der Viszeralchirurgie.Onkologische Chirurgie. Springer, Berlin Heidelberg (2001) pp 49-64[70] Becker N. Wissenschaftliche Nutzung von Krebsregister-daten. Der Onkologe (2002) in press.[71] Rohrmann S., Becker N. Die Aufnahme heterozyklischer aro-matischer Amine in Deutschland. Ernährungs-Umschau (2001)48: 447 - 450.[72] Miller A.B., Borges A.M.* Intermediate histological effectmarkers for breast cancer. In: Miller AB, Bartsch H, Boffetta P,Dragsted L, Vainio H. Biomarkers in Cancer Chemoprevention.IARC Scientific Publications No. 154. Lyon, International Agencyfor Research on Cancer (2001) pp 171-175.[73] Chang-Claude J. Inherited genetic susceptibility to breastcancer. In: Miller AB et al. (eds.) Biomarkers in CancerPrevention. IARC Scientific Publications (2001) No. 154, Lyon, pp177-190.[74] Miller A.B., Bartsch H., Boffetta P.*, Dragsted L.*, Vainio H.*(Eds). Biomarkers in Cancer Chemoprevention. IARC ScientificPublications (2001) No. 154. Lyon, International Agency forResearch on Cancer, 2001.[75] Pukkala E.*, Söderman B.*, Okeanov A.*, Storm H.*, Rahu M.*,Hakulinen T.*, Becker N., Stabenow R.*, Bjarnadottir K.*,Stengrevics A.*, Gurevicius R.*, Glattre E.*, Zatonski W.*, Men T.*,Barlow L.* Cancer Atlas of Northern Europe. Cancer Society ofFinland, Publication No. 62, Helsinki 2001.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Arbeitsgruppe C0600Umweltepidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Wissenschaftliche MitarbeiterIris Hettinger (0,5)Klaus SchlaeferDr. Brigitte Schlehofer (0,5)Martina Schmidt (geb. Deseyve)Dr. Karen Steindorf (0,5)Awi Wiesel (09/00 - 04/01) ohne Vergütung

Doktoranden/DiplomandenKarsten GeletnekyGael Hammer ( -06/00)

GastwissenschaftlerProf. Dr. Wieslaw Jedrychowski, Warschau,Polen (03-04/00)

Technische MitarbeiterEvelyn Kludt (0,5) - 09/01

Wissenschaftliche Hilfskraft:Martin Ritschel (06/01-05/02)

ZivildienstleistendeMartin Ritschel (08/00-05/01)Frank Seyfried (05/01-04/02)

SekretariatErika Stolte (0,5)( - 11/01)Angelika Lampe (0,25) (12/01 - )

Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie (C0600)Leiter: Prof. Dr. sc.math. Jürgen Wahrendorf

Die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie hat es sich zurAufgabe gemacht, die Bedeutung verschiedener Umwelt-faktoren, wie z. B. elektromagnetische Felder, körperlicheAktivitäten und berufsbedingte Noxen, in Zusammen-hang mit der Entstehung unterschiedlicher Krebserkran-kungen zu untersuchen. Im Rahmen dieser Forschungs-aufgaben sollen neben den klassischen Verfahren derEpidemiologie (Fall-Kontroll-Studien, Kohortenstudienusw.), in denen weitgehend mit den Methoden der Befra-gung durch Interviews gearbeitet wird, auch weitergehen-de Untersuchungen bezüglich des Zusammenhangeszwischen diesen vermuteten Risikofaktoren und körper-spezifischen Bedingungen, wie z.B. Biomarkern, “hostfactors”, genetischen Prädispositionen und Co-Morbiditätdurchgeführt werden. Ebenso werden der Einfluss vonanderen Umweltfaktoren wie z.B. Ernährungs-bedingungen körperliche Aktivität und Rauchen analy-siert [1,2,3,4,5].Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden verschiedeneForschungsprojekte etabliert:Im Mittelpunkt der inhaltlichen Forschungstätigkeiten ste-hen zur Zeit Untersuchungen über den Einfluss vonelektromagnetischen Feldimmissionen, die u.a. durchdie Nutzung von mobilen Kommunikationseinrichtungen(wie z.B. „Handys“) auftreten, auf die Entstehung vonHirntumoren. Zusätzlich soll die kontrovers diskutierteRolle beruflicher Risikofaktoren auf die Hirntumor-entstehung geklärt werden. Ein weiterer Forschungs-schwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt auf der Untersu-chung des Einflußfaktors körperliche Aktivität, der für ver-schiedene Krebsarten als protektiver Faktor in derTumorätiologie diskutiert wird. Hierbei stehen derzeit Stu-dien zu Brustkrebs und zu Kolorektalkarzinomen imVordergrund. In einer virologisch-epidemiologischen Stu-die wird in Zusammenarbeit mit der Abt. AngewandteTumorvirologie des DKFZ die Bedeutung einer Infektionmit adeno-assoziierten Viren auf den Schwanger-schaftsverlauf und die Entwicklung des Embryos unter-sucht, da diese Viren u.a. als Vektoren im Rahmen derTumortherapie diskutiert werden.In Kooperation mit der Universität Mainz werden Datendes Mainzer Kindergeburten-Registers im Hinblick aufangeborene Fehlbildungen und mögliche ätiologischeFaktoren untersucht. Darüber hinaus soll die Prävalenzonkologischer Erkrankungen bei Kindern mit Fehl-bildungen ermittelt werden.Der methodische Forschungsschwerpunkt liegt auf Quan-titativen Risikoabschätzungen. Deren Ziel ist es, aus denErgebnissen von epidemiologischen Studien konkreteAussagen zu dem Gefährdungspotential verschiedenerRisikofaktoren in einer bestimmten Bevölkerung abzu-leiten. Derartige Untersuchungen stellen ein wichtige Ba-sis für Entscheidungen im Öffentlichen Gesundheitswe-sen dar.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Arbeitsgruppe C0600Umweltepidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Dokumentation der Universität Mainz (Prof. Dr. Jörg Mi-chaelis) als gemeinsame deutsche Studiengruppe andiesem Projekt (Kurztitel in Heidelberg: Studie zu Umweltund Gesundheit 2000/2001). Eine Auswertung dergepoolten Studiendaten sowohl für Deutschland als auchim Rahmen eines internationalen multizentrischenStudiendesigns ist nötig, da aufgrund der Seltenheit derzu untersuchenden Tumoren und der noch nicht sehrlange bestehenden Nutzung mobiler Telefone, insbeson-dere in der deutschen Bevölkerung, nur bei großer Fall-zahl mit aussagekräftigen Ergebnissen zu rechnen ist[6,7].

Ziel ist es, für den deutschen Anteil der Fall-Kontroll-Stu-die in den drei Studienregionen Heidelberg, Bielefeld undMainz in einer 3-jährigen Erhebungsphase (bis Ende2003) ca. 700 Patienten, die im Alter von 30 bis 69 Jahrenan primären Hirntumoren (Gliomen, Meningeomen,Akustikusneurinomen) inzident erkrankt sind, aus denjeweiligen regionalen Neurochirurgischen Kliniken zu re-krutieren. Parallel dazu wird eine doppelt so große Anzahlvon Kontrollpersonen (gematcht nach Alter und Ge-schlecht zu den Fällen) aus der Bevölkerung der Studien-regionen (Gesamteinwohnerzahl ca. 5.5 Millionen) be-fragt. Das Studiendesign und das Befragungsinstrument,ein Computer unterstütztes Interview (CAPI), ist für alleStudienzentren der internationalen Studie einheitlich.Schwerpunkt der Befragung ist es, durch ein direktes In-terview die Telefoniergewohnheiten der Studien-teilnehmer detailliert zu erfassen.

Die Vorarbeiten zu dieser Studie wurden bereits 1999durchgeführt. Mit der Rekrutierung von Fällen und Kon-trollen konnte im Oktober 2000, nach Fertigstellung derErhebungsinstrumente und aller Begleitunterlagen be-gonnen werden. Bis Ende 2001 wurden für den deut-schen Studienanteil 263 Hirntumorpatienten als relevantfür die Studie identifiziert, 87% (n=228) konnten interviewtwerden, 106 davon kamen aus den neurochirurgischenKliniken Heidelberg und Mannheim. Von den in den deut-schen Studienregionen insgesamt 729 angeschriebenenKontrollpersonen mussten 65 aus unterschiedlichenGründen (z.B. Sprachproblemen, Wohnortswechsel) aus-geschlossen werden. Von den verbliebenen 664 „rele-vanten“ Kontrollen wurden 341 interviewt, 23 war zukrank, 165 Personen verweigerten die Teilnahme und135 Personen waren noch in Bearbeitung. Im Heidelber-ger Studienzentrum konnte von 266 relevanten Kontrollen116 interviewt werden, 58 Personen verweigerten und 91Kontrollen waren in Bearbeitung.

Die Erhebungsphase der Studie wird Ende 2003 abge-schlossen werden. Mit ersten Ergebnissen ist frühestensAnfang 2004 zu rechnen.

Parallel zur Datenerhebung wurden im Rahmen einerValidierungsuntersuchung die Angaben zum Telefonier-verhalten für die deutschen Studienzentren gemeinsamin Bielefeld durchgeführt und 2002 abgeschlossen. Fürdie Validierung der histologischen Diagnose wird an-hand einer Stichprobe der Studienteilnehmer eineReferenzpathologie in Lyon durchgeführt; die Lokalisati-on der Tumoren wird mit Hilfe der Dokumentation ausbildgebenden Verfahren (MRT, CT) detailliert ermittelt.

Hochfrequente elektromagnetische FelderB. Schlehofer, K. Schlaefer, I. Hettinger, E. Kludt,J. Wahrendorf

In Zusammenarbeit mit: Interphone Study Group: Prof. Dr. MariaBlettner, Dr. Gabriele Berg, Universität Bielefeld, Dr. JoachimSchüz, Prof. Dr. Jörg Michaelis, Universität Mainz; Dr. ElisabethCardis, IARC, Lyon, Frankreich; Prof. Dr. Bruce Armstrong, NSWCancer Council, Kings Cross, Australien; Dr. Martine Hours,Université Claude Bernard Lyon, Frankreich; Dr. Anssi Auvinen,University of Tampere, Finnland; Dr. Liz Findlay, NHS Scotland,Edinburgh, UK; Dr. Christoffer Johansen, Danish Cancer Society,Kopenhagen, Dänemark; Dr. Simon Mann, National RadiologicalProtection Board, Chilton, UK; Prof. Dr. Baruch Modan, The ChaimSheba Medical Center, Tel-Hashomer, Israel (verstorben); Prof.Dr. Daniel Krewski, University of Ottawa, Ottawa, Kanada; Dr.Stefan Lönn, Karolinska Institute, Stockholm, Schweden; Dr. ToruTakebayashi, Keio University School of Medicine, Tokyo, Japan;Dr. Paolo Vecchia, Istituto Superiore di Sanità, Rom, Italien; Dr.Tore Tynes, Norwegian Radiation Protection Authority, Østerås,Norwegen, Dr. Alistair Woodward, University of Otago, Welling-ton, Neuseeland.

Gesundheitsschädigende Wirkungen hochfrequenterelektromagnetischer Felder, wie sie z. B. durch die Nut-zung des Mobilfunks auftreten, wurden in den letzten Jah-ren, nicht zuletzt aufgrund der uneinheitlichen Ergebnissevielseitiger Forschungsaktivitäten, äußerst kontroversdiskutiert. Expositionen mit hochfrequenten elektroma-gnetischen Feldern sind neben dem Gebrauch durcheine Vielzahl mobiler Kommunikationseinrichtungen (z.B. Handys, Funk- oder schnurlose Telefone) auch durchspezifische berufliche Tätigkeiten gegeben. EinHandlungsbedarf für die Erforschung dieses Feldes mitverbesserter Methodik und auf den Ergebnissen voran-gegangener Untersuchungen aufbauender Fragestellun-gen ergibt sich, neben der öffentlichen Besorgnis, auchaus der starken Zunahme der Exposition. So benutztennach Angaben der Telekom Ende 2001 bereits 56 Millio-nen Bundesbürger ein Handy (ca. 65% der bundesdeut-schen Bevölkerung). Studien zur validen Quantifizierunggesundheitlicher Risiken durch Hochfrequenzstrahlungsind somit gerade zum heutigen Zeitpunkt zwingend ge-boten.

Auf dieser Basis führt die International Agency forResearch on Cancer (IARC), gefördert durch das V. Rah-menprogramm der EU, seit dem Jahr 2000 eine interna-tionale, multizentrische, populationsbezogene Fall-Kontroll-Studie zu Tumoren des Kopf- und Halsbereiches(Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome und Parotis-tumoren) durch, an der Australien, Deutschland, Frank-reich, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Kanada,Neuseeland, und die skandinavischen Länder beteiligtsind. Dabei soll die Möglichkeit geprüft werden, in wieweit gesundheitliche Risiken durch die Mobilfunknutzungund durch sonstige Expositionen gegenüberhochfrequenten elektromagnetischen Feldern im privatenund beruflichen Bereich bestehen.

Die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie des DKFZ Hei-delberg (Prof. Dr. Jürgen Wahrendorf) beteiligt sich zu-sammen mit der Arbeitsgruppe Epidemiologie und Medi-zinische Statistik der Universität Bielefeld (Prof. Dr. MariaBlettner) und dem Institut für Medizinische Statistik und

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Arbeitsgruppe C0600Umweltepidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Dieses Vorgehen soll 2002 nach Vorgaben aus Lyondurchgeführt werden.

Berufliche Risikofaktoren für HirntumorenI. Hettinger, B. Schlehofer, J. Wahrendorf

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Anders Ahlbom, Institute for En-vironmental Medicine, Stockholm, Schweden; Prof. Dr. AnnieArslan, International Agency for Research on Cancer (IARC),Lyon, Frankreich; Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Bielefeld;Prof. Dr. Won N. Choi, Manitoba Cancer Treatment & ResearchFoundation, Winnipeg, Kanada (verstorben); Prof. Dr. Graham G.Giles, Anti Cancer Council of Victoria, Victoria, Australien; Prof.Dr. Geoffrey Howe, Columbia University School of Public Health,New York, USA; Prof. Dr. Julian Little, University of AberdeenMedical School, Aberdeen, UK; Dr. Francois Menegoz, Registredu Cancer du Department de l’Isère, Frankreich; Prof. Dr. SusanPreston-Martin, University of Southern California School ofMedicine, Los Angeles, USA; Dr. Philip Ryan, University of Ade-laide, Adelaide, Australien.

Im Rahmen einer Internationalen populationsbezogenenStudie zur Ätiologie von Hirntumoren im Erwachsenen-alter wurden Daten zu verschiedenen potentiellen Risiko-faktoren, aus den Bereichen Ernährung, Lebensstil (z.B.Rauchen und Alkohol), berufliche Tätigkeit und zur medi-zinischen Vorgeschichte erhoben. Die Studie wurde Endeder 80er Jahre nach gleichem Protokoll in acht Studien-zentren in Australien, Kanada, Europa (Frankreich,Deutschland, Schweden) und den USA durchgeführt. Ins-gesamt konnten 331 Meningiom- und 1178 Gliomfälle,sowie 1123 Meningiom- und 1987 Gliomkontrollen(gematcht nach Alter, Geschlecht und Region) rekrutiertwerden. Die Abteilung Epidemiologie des DKFZ hat sichbereits mehrfach an der Auswertung des Datenmaterialsbeteiligt.

Aktuell stehen die Informationen zu beruflichen Risikofak-toren im Mittelpunkt unserer Untersuchungen. Risikofak-toren für Hirntumoren werden für verschiedene beruflicheTätigkeiten und Expositionen kontrovers diskutiert. DieAnalyse des gepoolten Datensatzes der InternationalenFall-Kontroll-Studie soll zur Klärung der Rolle der berufli-chen Tätigkeit und damit verbundener Substanzexposi-tionen im Hinblick auf die Entstehung von primären Hirn-tumoren (Gliomen und Meningiomen) beitragen. Von al-len Studienteilnehmern wurden Daten zu beruflichen Tä-tigkeiten über das gesamte Berufsleben erhoben und in16 Berufsgruppen kategorisiert. Zusätzlich wurden an-hand einer Liste Informationen zu spezifischenSubstanzexpositionen erhalten. Aufgrund von Informatio-nen aus der Literatur standen à priori sechs Berufsgrup-pen im Mittelpunkt der Analysen: „Chemie“, „Metall“,„Elektro“, „Bau“, „Transport“ und „Landwirtschaft“ [8].

Als Hauptresultate liegen vor: Für Gliome konnten keineberuflichen Risikofaktoren identifiziert werden. Für Menin-giome zeigten sich signifikant nahezu 2fach erhöhte Risi-ken in den Kategorien „Bau“ und „Transport“. BezüglichSubstanzexpositionen weisen die beruflichen Exposi-tionen mit Isoliermaterial, Metall- und Metallverbindungenund mit Ölprodukten ein deutlich erhöhtes Risiko nur fürMeningiome auf. Für die Exposition mit kosmetischenProdukten ergab sich ein signifikant dreifach erhöhtes

Risiko für Meningiome. Geschlechtspezifische Unter-schiede konnten herausgearbeitet werden; so basiertedas Ergebnis für Isoliermaterial hauptsächlich auf expo-nierten Männern, und das Ergebnis für kosmetische Pro-dukte überwiegend auf exponierten Frauen.

Da ätiologische Faktoren von Hirntumoren noch immernicht hinreichend geklärt sind und bisher nicht alle Datender Internationalen Hirntumorstudie ausgewertet werdenkonnten, hat sich die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiolo-gie und die AG Epidemiologie und medizinische Statistikder Universität Bielefeld entschlossen, weitere Bereicheder Studie zu untersuchen. So wurde in einer Zusam-menarbeit mit dem französischen Studienzentrum [9] dasRisiko von Tierkontakten auf Hirntumoren untersucht.

Körperliche Aktivität und KrebsK. Steindorf, M. Schmidt

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Wieslaw Jedrychowski, Univer-sität Krakau, Polen; PD Dr. Jenny Chang-Claude, Silke Kropp, Ab-teilung Klinische Epidemiologie, DKFZ

Ein Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität undder Entstehung von Tumoren wird für verschiedeneKrebsarten diskutiert, so z.B. für Darm- und Brustkrebs,aber auch für Gebärmutter- und Prostatakrebs. Körperli-che Aktivität stellt einen Faktor dar, der auf Individual- undauf Bevölkerungsebene in seiner Häufigkeit und Intensi-tät veränderbar ist. Daher besitzt er ein hohes Potentialfür die Gesundheitserziehung und die primäre Präventionvon Tumoren.

Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei der Grö-ße „körperliche Aktivität“ um eine komplexe Variable. Somüssen z.B. Arbeits- und Freizeitverhalten, Verhaltens-weisen in verschiedenen Lebensaltersstufen, jahreszeit-liche Einflüße und Wechselwirkungen zu anderenLebensstilfaktoren wie z.B. der Ernährung und Beruf be-rücksichtigt werden. In der Literatur finden sich verschie-dene Ansätze zur Erhebung und Auswertung von körperli-cher Aktivität, von sehr einfachen Abfragen bis hin zu sehrdetaillierten und aufwendigen Befragungen. Ein Ziel deslaufenden Projektes ist daher die Fortentwicklung undValidierung von standardisierten Erhebungs- undAuswertungsmethoden für verschiedene Arten von kör-perlicher Aktivität. Es wurden verschiedene Kooperatio-nen initiiert, um unsere Forschungsergebnisse in Studi-en zu verschiedenen Krebsformen einzubringen.

Neben diesem eher methodischen Schwerpunkt bestehtein weiteres wichtiges Ziel dieses Projektes darin, dieErkenntnislage für verschiedene Tumoren zu verbessernund somit die Erstellung von konkreten Empfehlungenfür das Gesundheitsverhalten zu unterstützen. Im Rah-men einer Fall-Kontroll-Studie der Universität Krakau (Po-len) zur Entstehung von Kolorektalkarzinomen wurden180 neu an einem derartigen Tumor erkrankte Patientenund 180 Krankenhauskontrollen untersucht. Der Schwer-punkt der Kooperation lag sowohl auf der gemeinsamenBetrachtung von körperlicher Aktivität im Beruf und in derFreizeit, als auch auf der ausführlichen Analyse mögli-cher Wechselwirkungen zu anderen Lebensstilfaktoren

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Arbeitsgruppe C0600Umweltepidemiologie

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

wie z.B. der Ernährung [10,11,12,13]. Im Rahmen einerFall-Kontroll-Studie mit 468 Brustkrebsfällen und 1093Kontrollen wurde in den Jahren 1999 bis 2000 eine aus-führliche Erhebung der körperlichen Aktivität der Studien-teilnehmerinnen vorgenommen. Aus den noch laufendenAuswertungen werden weitere Erkenntnisse zu dem Ein-fluß von körperlicher Aktivität und Brustkrebs hervorge-hen.

Quantitative Risikoabschätzungen undstatistische Methoden in der EpidemiologieK. Steindorf

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Biele-feld; Prof. Dr. Heiko Becher, Universität Heidelberg

Das Ziel von Quantitativen Risikoabschätzungen ist es,die gesundheitlichen Auswirkungen einer Substanz odereiner Lebensbedingung in einer Bevölkerung auf der Ba-sis epidemiologischer und toxikologischer Erkenntnissequantitativ zu beschreiben. Derartige Bewertungen stel-len eine wichtige Grundlage für Entscheidungen im Öf-fentlichen Gesundheitswesen dar. So war die Arbeits-gruppe an der Erarbeitung von Empfehlungen für diedeutsche Strahlenschutzkommission beteiligt. Dabeiwurden verschiedene Konzepte für die Sanierung von In-nenräumen, die mit dem radioaktiven Edelgas Radonbelastet sind, bezüglich ihres gesundheitlichen Nutzensbewertet.

Neben der Durchführung von QuantitativenRisikoabschätzungen anhand von etablierten Verfahrenspielt die Erweiterung des Methodenspektrums einewichtige Rolle. Schwerpunkte liegen dabei derzeit auf dergemeinsamen Untersuchung von Quantitativen Risiko-abschätzungen und Meta-Analysen, deren Ziel es ist, dieInformationen verschiedener Quellen gemeinsam zu be-werten und auf den speziellen Problemen, die sich beider Betrachtung von kleinen Risiken ergeben. Auch dieBerücksichtigung von individuellen Suszeptibilitäten undHoch-Risikogruppen gerät zunehmend in den Vorder-grund von Quantitativen Risikoabschätzungen [14]. Es istzu erwarten, dass das Teilgebiet der QuantitativenRisikoabschätzungen mit der politischen Neuorganisati-on des Verbraucherschutzes zusätzlich an Bedeutung ge-winnt.

Eine stetige Fortentwicklung der generellen statistischenund epidemiologischen Methoden ist für die Epidemiolo-gie unerläßlich, nicht zuletzt durch die rasanten Entwick-lungen in den der Epidemiologie assoziierten Fächernwie der Genetik und der Molekularbiologie. WichtigeAspekte stellen dabei die Entwicklung geeigneterStudiendesigns und Erhebungsmethoden, die Datener-fassung und die Auswertung mit adäquaten statistischenMethoden dar. Im Berichtszeitraum wurden von der Ar-beitsgruppe zwei wissenschaftliche Workshops zu aktu-ellen Themen (Epidemiologische Methoden für dieKrebsfrüherkennung, Verfahren der räumlichen Statistik)veranstaltet.

Angeborene morphologische DefekteK. Schlaefer, J. Wahrendorf, A. Wiesel

In Zusammenarbeit mit: PD Dr. Annette Queisser-Luft, Kinderklinikder Universität Mainz

In der Bundesrepublik Deutschland sind angeboreneFehlbildungen die häufigste Ursache der Kindersterb-lichkeit (ca. ein Viertel aller kindlichen Todesfälle). DiePrävention angeborener Fehlbildungen ist daher einewesentliche Aufgabe der Pädiatrie.

Eine systematische Registrierung von angeborenenFehlbildungen stellt die Grundlage zur Bearbeitung wis-senschaftlicher Fragestellungen und damit auch zur Ur-sachenforschung dar. Epidemiologische Daten und Ana-lysen können Ansatzpunkte zur Prävention von Fehl-bildungen liefern und sind daher wesentliche Grundla-gen für gesundheitspolitische Maßnahmen.

Die intrauterine Entwicklung des Kindes kann durch äu-ßere Störfaktoren (z.B. chemische und physikalische No-xen, Medikamenteneinnahme in der Schwangerschaft,Fehlernährung, ökosoziale Faktoren, beruflicheExpositionen) beeinflusst und sehr empfindlich gestörtwerden. Fehlbildungen können dann die Folge solcherschädigenden Einflüsse sein. Aber noch immer sind inca. 60% der Fälle die Ursachen angeborener Fehl-bildungen nicht bekannt.

Seit 1990 besteht das Mainzer Geburtenregister zur Er-fassung angeborener Fehlbildungen bei Neugeborenen.Ziele dieses Registers sind die Erfassung vonbevölkerungsbezogenen Fehlbildungshäufigkeiten, zeitli-chen und regionalen Trends sowie die Ermittlung von An-satzpunkten zur Ursachenforschung angeborener Fehl-bildungen [15,16]. Dazu werden alle in Mainz geborenenKinder (Lebendgeborene, Totgeborene, spontane undinduzierte Aborte) nach einem standardisierten Schemaklinisch und sonographisch (Hüften und Nieren; bei spe-zieller Indikation Schädel und Herz) untersucht. Die Zu-sammenarbeit mit der AG Umwelt-Epidemiologie desDKFZ besteht bezüglich der Auswertung der epidemiolo-gischen Fragestellungen.Seit 1990 wurden mehr als 38.000 Neugeborene (94,8%aller in der Region Rheinhessen geborenen Kinder) indie anonymisierte Auswertung einbezogen. Bisherigespezielle Auswertungen widmeten sich u.a. den Themen-bereichen: „Pränatale Diagnose von Fehlbildungen: Sen-sitivität pränataler Ultraschalluntersuchungen“, „Mütterli-che Medikamenteneinnahme und Fehlbildungen beimFeten“ und „Mütterliche Adipositas als Risikofaktor fürkindliche Fehlbildungen“.

Derzeitige Schwerpunkte bei den Auswertungen liegen inder Ermittlung möglicher Risikofaktoren (z.B. reproduk-tionsmedizinische Methoden) für die Entstehung angebo-rener Fehlbildungen, in der Überprüfung der mütterlichenperikonzeptionellen Folsäureeinahme zur Prävention vonNeuralrohrdefekten, in der Erstellung der deskriptiven 10-Jahres-Auswertung und in der Prävalenz- Ermittlungonkologischer Erkrankungen bei den Kindern mit Fehl-bildungen der Mainzer Geburtenkohorte [17].

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung S0109Mechanismen der Tumorigenese

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Studie zum Einfluß von Adeno-assoziiertenViren auf die Schwangerschaft (AAVIS).B. Schlehofer, E. Kludt, J. Wahrendorf

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Jörg Schlehofer, AngewandteTumorvirologie, DKFZ; Dr. Gernot K. Beisler, Ärztehaus, Bad-Wildbad

Adeno-assoziierte Viren (AAV) sind helferabhängigenParvoviren (kleine, einzelsträngige, DNA-Viren), mit de-nen sich die meisten Menschen schon in der Kindheit in-fizieren. Sie gelten nicht als humanpathogen, sind tumor-protektiv und werden, aufgrund ihrer Eigenschaft sich un-ter bestimmten Bedingungen ins zelluläre Genom inte-grieren zu können, als mögliche Vektoren in der Gen-therapie diskutiert. In Tierexperimenten und einigenvirologischen Studien zeigte sich jedoch ein Zusammen-hang zwischen AAV und perinatalen Komplikationen. ImRahmen einer prospektiven Studie wird untersucht, wiesich die Antikörperprävalenz der Viren während derSchwangerschaft und beim Neugeborenen entwickelt, obvirale DNA im Fruchtwasser nachweisbar ist und ob In-fektionen mit AAV und/oder seinen Helfern (Papillom- undHerpes-Viren) den Verlauf der Schwangerschaft, die Ent-wicklung des Kindes oder den Geburtsvorgang beein-flussen.

Im Rahmen einer virologisch-epidemiologischen Kohor-ten-Studie wurden alle 405 schwangere Frauen, die zwi-schen Februar 1999 und April 2000 in einerSchwerpunktspraxis für Amniozentese im Raum Pforz-heim behandelt wurden zum Zeitpunkt der Amniozentese(T1) in die Studie aufgenommen. Bei ihnen (n=391) wur-de sowohl zu (T1) als auch direkt nach der Geburt (T2)bei Mutter (n=270) und Kind (n=261) Serum entnommenund auf IgG und IgM Antikörper (AK) gegen AAV mittelsELISA getestet; zusätzlich wurde bei 396 Frauen dasFruchtwasser auf AAV-DNA mittels PCR untersucht. Für246 Studienteilnehmerinnen (61%) sind alle 3 Serum-proben (zwei mütterliche und ein kindliches) und dieFruchtwasserprobe vorhanden. Die Ergebnisse der Te-stung der Seren auf AAV-AK und der Fruchtwasser-untersuchungen auf virale DNA werden z.Zt. abgeschlos-sen. Parallel dazu wurden sowohl zu T1 wie auch zu T2verschiedene, die Schwangerschaft möglicherweise be-einflussende medizinische und lebensstilbedingte Risi-kofaktoren per Fragebogen erhoben, ebenso relevanteDaten bezüglich früherer und des aktuellen Schwanger-schaftverlaufes, der Entbindung und des Kindes. 91%der Fragebogen (n=369) wurden sowohl von den jeweilsbetreuenden Gynäkologen als auch von denGeburtsstationen der Entbindungskliniken ausgefüllt.Der Einfluss von AAV auf den Schwangerschaftsverlaufund die Entwicklung des Neugeborenen wird mittelsmultivariater logistischer Regression anhand der Serum-bzw. Fruchtwasserergebnisse und der Fragebogenan-gaben ermittelt.

Publikationen (*= externe Autoren)[1] *Brennan, P., *Bogillot, O., *Cordier, S., *Greiser, E., *Schill, W.,*Vineis, P., *Lopez-Abente, G., *Tzonou, A., Chang-Claude, J.,*Bolm-Audorf, U., *Jöckel, K.H., *Donato, F., *Serra, C., Wahren-dorf, J, *Hours, M., *T’Mannetje, A., *Kogevinas, M., *Boffeta, P.(2000) Cigarette Smoking and bladder cancer in men: a pooledanalysis of 11 case-control studies. International Journal ofCancer 86: 289-294.[2] *Sala. M., *Cordier, S., Chang-Claude J, *Donato, F., *Escolar-Pujolar, A., *Fernandez, F., *Conzález, C.A., *Greiser, E., *Jöckel,K.H., *Lynge, E., *T’Mannetje, A., *Pohlabeln, H., *Porru, S.,*Serra, C., *Tzonou, A., *Vineis, P., Wahrendorf J, *Boffetta, P.,*Kogevinas, M. (2000) Coffee consumption and bladder cancerin nonsmokers: a pooled analysis of case-control studies inEuropean countries. Cancer Causes and Control 11: 925-931.[3] *Brennan P, *Bogillot, S, *Greiser E, Chang-Claude J, Wahren-dorf, J, *Cordier, S., *Jöckel KH, *Lopez-Abente G, *Tzonou, A,*Vineis P, *Donato, F, *Hours, M, *Serra, C, *Bolm-Audorff, U,*Schill W, A, *Kogevinas, M, *Boffeta, P (2001) The contributionof cigarette smoking to bladder cancer in women (pooledEuropean data). Cancer Causes and Control 12: 411-417.[4] *Pitard A, *Brennan P, *Clavel H, *Greiser E, *Lopez-Abente G,Chang-Claude J, Wahrendorf J, *Serra C, *Kogevinas M,*Boffetta P (2001) Cigar, pipe and cigarette smoking and bladdercancer risk in European men. Cancer Causes and Control 12:551-556.[5] *Kynast-Wolf, G., Becker, N., *Kroke, A., *Brandstetter, B.,Wahrendorf, J., *Boeing, H. (2001) Linear regression calibration -theoretical framework and empirical results in EPIC Germany.Annals of Nutrition and Metabolism, 45: 255-261.[6] *Blettner M, *Michaelis J, Wahrendorf J (2000) Workshop onresearch into the health effects of cellular telephones.Epidemiology 11: 609-611.[7] Blettner M, *Berg G, Wahrendorf J, Schlehofer B, Schlaefer K,*Michaelis J, *Schüz J (2000) Internationale Fall-Kontrollstudiezur Untersuchung des Risikos für die Entstehung von Hirntumo-ren durch den Gebrauch von Handys. ForschungsgemeinschaftFunk NEWS letter 1: 8-12.[8] Schlehofer, B., Hettinger, I., *Ryan, P., *Little, J., *Preston-Mar-tin, S., *Ahlbom, A., *Menegoz, F., *Howe, G.R., *Giles, G.G.,*Blettner, M. (2001) Occupational risk factors for brain tumoursin adults. Results from the international brain tumour case-controlstudy. European Journal of Cancer 37 (Suppl. 6): S23-S24.[9] *Menegoz, R.F., *Little, J., *Colonna, M., *Arslan, A., *Preston-Martin, S., Schlehofer, B., *Blettner, M., *Howe, G.R., *Ryan, P.,*Giles, G.G.; *Rodvall, Y., *Choi, N.W. (2002) Contacts withanimals and humans as risk factors of brain tumor in adult. Aninternational case-control study. European Journal of Cancer, imDruck.[10] Steindorf, K., *Tobiasz-Adamczyk, B., *Popiela, T.,*Jedrychowski, W., *Penar, A., *Matyja, A., Wahrendorf, J.(2000): Combined risk assessment of physical activity anddietary habits on the development of colorectal cancer. Ahospital-based case-control study in Poland. European Journalof Cancer Prevention, 9, 309-316.[11] *Jedrychowski, W., Steindorf, K., *Popiela, T., Wahrendorf J.,*Tobiasz-Adamczyk, B., *Kulig, J., *Penar, A. (2001): Risk ofcolorectal cancer from alcohol consumption at lower vitaminintakes. A hospital-based case-control study in Poland. Reviewson Environmental Health, 16, 213-222.[12] *Jedrychowski, W., *Popiela, T., Steindorf, K., *Tobiasz-Adamczyk, B., *Kulig, J., *Penar, A., Wahrendorf, J. (2001):Nutrient intake patterns in gastric and colorectal cancers. Inter-national Journal of Occupational Medicine and EnvironmentalHealth, 14, 391-395.[13] Steindorf, K., *Jedrychowski, W. (2001): Der Einfluss vonAlkohol und der Aufnahme von Vitaminen auf das Darmkrebs-risiko. Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Bio-logie, 2/3, 309-310.[14] *Becher H., *Grau A., Steindorf K., *Buggle F., *Hacke W.(2000): Previous infection and other risk factors for acutecerebrovascular ischemia: Attributable risks and thecharacterisation of high risk groups. Journal of Epidemiology andBiostatistics, 5, 277-283.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung S0109Mechanismen der Tumorigenese

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Wissenschaftler:Dr. Walter Beerheide (05/00-12/00)Dr. Manfred HergenhahnDr. Jun-Li LuoDr. Gisela Werle-Schneider (50 %) ( - 12/00)

Doktoranden:Firouzeh Biramijamal ( - 10/00)Boris Zielinski ( - 3/01)Zhipei Liu (ab 10/01)Sebastian Günkel (10/01 - )

Technische Angestellte:C. Kalla ( - 12/00)Karl-Rudolf MühlbauerUte Schmitt (50 %) ( - 5/01)Annette Weninger

Die Abteilung C0700 ist erst zu Beginn des Jahres 2000eingerichtet worden; eines der Hauptziele von C0700 istes, die für bestimmte Krebsarten während des Prozessesder Carcinogenese entscheidenden Veränderungen auf-zuspüren und molekularbiologisch zu charakterisieren.Auf der Grundlage solcher Kenntnisse können dannMassnahmen zur Frühdiagnose, zur Behandlung undPrognose, und zur primären Prävention verbessert wer-den. Solche Untersuchungen zu quantitativen Beziehun-gen im Netzwerk der Genexpression, und zuposttranskriptionellen und -translationalenKontrollmechanismen werden unser Verständnis grund-legender Prinzipien von Gewebshomöostase undZellwachstum und damit von Mechanismen derCarcinogenese wesentlich erweitern. Präzise Kenntnisseüber dysregulierte Signaltransduktionswege und Kon-trollmechanismen in Tumoren sind auch Vorausset-zungen für die Entwicklung neuer therapeutischerTargets und entsprechende Pharmazeutika. Ein weiteresZiel von C0700 sind Beiträge zur Frage, ob und in in wel-chem Umfang die erwähnten genetischen Veränderun-gen durch Exposition gegenüber exogenenCarcinogenen, oder eher durch endogene Mechanismen,z.B. in Fällen ererbter genetischer Tumorsuszeptibilität,induziert werden. Zu diesem Problem arbeiten wir neueAnsätze und Verfahren aus.

1. Analyse der Genexpression in Tumoren,Zelllinien, und primären Säugerzellen:Implikationen für die Krebsdiagnose und -chemoprevention.

M. Hergenhahn, M. Hollstein

In Zusammenarbeit mit H-J Gröne, DKFZ; M.Kenzelmann(Abt.Schütz) DKFZ; H. Scherübl, Freie Universitat, Berlin

Das langfristige Ziel dieser Aktivität ist die Beschreibungvon Genexpressionsprofilen und der dazugehörigen Ver-änderungen auf der Proteinebene während der Entste-hungsphase bestimmter Krebsarten des Menschen. Umeine solche Analyse für eine häufig vorkommende Krebs-art durchzuführen, haben wir das Transkriptom von 10phänotypisch noch normalen Prostatageweben und 18nicht-metastasierenden Prostatatumoren verglichen; die-se Analyse wurde auf dem Affymetrix-System der Abtei-lung C0700 mit Affymetrix-Chips (ca. 12.600 Sequenzen)durchgeführt, die neben der x-fachen Veränderung derGenexpression jedes Gens auch seine absolute Genex-pressionshöhe liefern. Die so gewonnenen Werte sindeine entscheidende Voraussetzung zur Etablierung quan-titativer Beziehungen im genetischen Netzwerk der Pro-stata. Erstmals haben wir weiterhin Expressionsprofilevon Tumorepithel- und -stromazellen in Prostatatumorenmit Hilfe einer effizienten, von M.Kenzelmann verbesser-ten Amplifikationsmethode von Nanogramm-Mengen vonRNA dargestellt. Unsere Daten [1] bestätigen die Datenanderer und erweitern sie wesentlich um die Daten ausden Mikrodissektionen.

In experimentellen Studien mit primären Zellen und Zell-linien können wir jetzt untersuchen, wie Genexpressions-muster durch Pharmazeutika, Tumorpromotoren wie TPAoder bestimmte Hormone, oder durch chemopräventiveSubstanzen verändert werden. Als ersten Ansatz dazu ha-ben wir die Hemmung der Induktion von Epstein-Barr Vi-rus durch den Tumorpromotor TPA in transgenen B-lym-phoiden Zellen (Raji DR-LUC-Zellen, in Zusammenarbeitmit Dr. A. Polack, GSF Neuherberg, hergestellt und vali-diert) untersucht. Die Induktion des EBV in B-Gedächtnis-zellen könnte eine Rolle bei der Entstehung von EBV-as-soziierten Epithel und B-Zelltumoren spielen; eine wenigtoxische Substanz, die bei Menschen mit hohem EBV-Ri-siko (z.B. Patienten nach Organtranplantation, AIDS-Kran-ken) diese Induktion verhindert, könnte daher von hohempräventivem Wert sein. Wie von uns kürzlich beschrieben[2], ist das chemopräventive Curcumin (die gelbe Sub-stanz im Curry) ein geeigneter Kandidat für diese Aufga-be, da sie über die Hemmung der Transkription von EBV-Genen und zellulären Genen und weitere Funktione dieVirusinduktion verhindert. Wir untersuchen z.Zt. die Gen-expression in Raji-DR-LUC auf Affymetrix-Chips mit demZiel, erstmals zelluläre Gene, die an der EBV-Induktionbeteiligt sind, zu identifizieren.

Abteilung Genetische Veränderungen bei der Carcinogenese (C0700)Leiterin: Dr. Monica Hollstein

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung C0700Genetische Veränderungen bei der Carcinogenese

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

2. Mutationsanalyse von TumorsuppressorGenen in Tumoren des Menschen.

F. Biramijamal, M. Hollstein

In Zusammenarbeit mit: A. Allameh, Teheran, Iran; A. Mandard,Caen, Frankreich; H-J Gröne, DKFZ.

Obwohl über die Hälfte aller Tumoren von PatientenMutationen im p53-Gen aufweisen, die die Funktion desp53-Proteins entscheidend verändert, gibt es einegrosse Bandbreite bei der Prävalenz dieser Tumoren,und beim p53-Mutationsspektrum in verschiedenenTumorklassen [3].

Die Fluktationen der Häufigkeit, des frühesten Auftretensder Mutation und der Art der Basenveränderungen hän-gen von zahlreichen Faktoren ab, zu denen die jeweiligeHistopathologie eines Tumors und die verschiedenenRisikofaktoren, denen die Patienten ausgesetzt waren,gehören [4]. So sind spezifische ‘Signatur’-Mutationenmit verschiedenen krebserzeugenden Faktoren assozi-iert worden; umgekehrt könnte man bei Tumoren unbe-kannter Ätiologie aus spezifischen Mutationsmustern ei-nen Rückschluss auf die verursachenden Faktoren zie-hen. Es ist z.B. gut etabliert, dass Tabakgenuss und Alko-holkonsum die Hauptursachen desPlattenepithelcarcinoms (SCC) des Ösophagus in denU.S.A. und Europa sind [5]. Keiner dieser beiden Fakto-ren scheint jedoch eine wichtige Rolle bei denentsprechenden SCCs im Iran zu spielen, der die welt-weit höchste Inzidenz an diesem Tumor aufweist. In einerkürzlich veröffentlichten Studie zeigten wir, dass diePrävalenz von p53-Mutationen in Ösophagus-SCCs über60 % liegt, dass das Mutationsmuster sich deutlich vondem in anderen Teilen der Welt unterscheidet, und dasses auf eine besondere inflammatorische Ätiologie hin-weist [6].

3. Entwicklung von Mausmodellen, dieGene des Menschen tragen, fürmolekularepidemiologische Studien, wiefür die präklinische Testung vonneuartigen Pharmazeutika, die aufOncoproteine and mutierteTumorsuppressor Proteine wirken.

J.L. Luo, M. Hergenhahn, M. Hollstein

In Zusammenarbeit mit G. P. Pfeifer, Beckman Research Institute,Duarte, California, USA; ZQ Wang, International Agency forResearch on Cancer, Lyon, Frankreich; C.C. Harris und P.Hussain, National Cancer Institute, Bethesda, USA.

Obwohl das p53-Gen hoch konserviert durch die Evoluti-on gegangen ist, gibt es Unterschiede in der Nuklein-säuresequenz und daher auch in der Aminosäurenketteder DNA-Bindungsdomäne (DBD) des p53-Proteins beiMensch und Maus. Diese beeinflussen einerseits dasMutationsspektrum, und andererseits die Raumstrukturder Komplexe des p53-Proteins mit sich selbst(Tetramer) und anderen Transkriptionsfaktoren. Wir ha-ben daher eine Maus geplant und hergestellt, bei der mit‘Knock-in’-Technik die für die DBD-kodierende Maus-

DNA-Sequenz in beiden Maus-Allelen durch die DBDsdes humanen p53-Gens ersetzt wurde [7]. Mit einer Rei-he von biochemischen Untersuchungen konnten wir zei-gen, dass das chimäre Maus-Mensch-Gen in völlig nor-maler Weise transkribiert und translatiert wird, und dassverschiedene Funktionen des Wiltyp-Proteins in derHupki-Maus (human p53 knock-in, patentiert) erhaltensind [7]. Chronische UVB-Exposition und Untersuchungder Maushaut auf p53-Mutationen längst bevor Tumorenentstanden, erlaubte mit hochempfindlichen Methodenden Nachweis einer Anhäufung von Mutationen im p53-Gen, die denen in Hauttumoren von sonnenexponiertenPatienten entsprachen [8]. Wir können mit diesem bishereinzigartigen Mausstamm oder seinen Derivaten wichti-ge Untersuchungen zur Genese menschlicher Tumorendurchführen. So können z.B. Substanzen präklinisch un-tersucht werden, die 1) die Anhäufung solcher Mutationenverhindern (Prävention), 2) das p53-Protein vorüberge-hend ausschalten (um unerwünschte Nebeneffekte vonChemo- und Radiotherapie auf gesunde Zellen einesPatienten zu verhindern), 3) mutiertes Protein wieder ‘zu-rechtbiegen’ (Konformationsänderung von der mutiertenzur WT-Konformation) und damit Tumorzellen in dieApoptose treiben sollen.

Publikationen: (* = externer Koautor)[1] Ernst, T., Hergenhahn, M., Kenzelmann, M., *Cohen, C.,Bonrouhi, M., Weninger, A., Klären, R., Gröne, E.F., *Wiesel, M.,*Güdemann, C., *Keuster, J., *Schott, W, *Stähler, G., *Kretzler,M., Hollstein, M., and Gröne, H-J.: Decrease and gain of geneexpression are equally discriminatory markers for prostatecarcinoma. A gene expression analysis on total andmicrodissected prostate tissue. Am. J. Pathology. In press[2] Hergenhahn, M., Soto, U., Weninger, A., *Polack, A., *Hsu, C.-H., *Cheng, A.-L. and Rösl, F.: The chemopreventive compoundcurcumin is an effective inhibitor of BZLF1 mRNA induction inRaji-DR-LUC cells. Molecular Carcinogenesis (2002) 33:137-145.[3] *Hainaut, P.; Hollstein, M.: p53 and human cancer: The first tenthousand mutations. Adv. Cancer Res. vol. 76 (2000) 8 -137.[4] Yang, Q., Wesch, H., *Mueller, K-M., Bartsch, H., *Wegener,K., Hollstein, M.: Analysis of radon-associated squamous cellcarcinomas of the lung for a p53 gene hotspot mutation. Br. J.Cancer 82 (2000) 763-766.[5] *Mandard, A.M., *Hainaut, P., Hollstein, M.: Genetic steps inthe development of squamous cell carcinoma of the esophagus.Mutation Res. 462 (2000) 335-342.[6] Biramijamal, F., *Allameh, A., *Mirbod, P., Gröne, H-J., Koomägi,R., and Hollstein, M.: Unusual profile and high prevalence of p53mutations in esophageal squamous cell carcinomas fromNorthern Iran. Cancer Res. (2001) 61: 3119-3123.[7] Luo, J-L., Yang, Q., *Tong, W.M., Hergenhahn, M., *Wang, Z-Q., and Hollstein, M.: Knock-in mice with a chimeric human/murine p53 gene develop normally and show wild-type p53responses to DNA damaging agents: a new biomedical researchtool. Oncogene (2001) 20:320-328.[8] Luo, J-L., *Tong, W-M., *Yoon, J-H., Hergenhahn, M.,Koomägi, R., Yang, Q., *Galendo, D., *Pfeifer, G.P., *Wang, Z-Q.,and Hollstein, M.: UV-induced DNA damage and mutations nHupki (human-p53 knock-in) mice recapitulate p53 patterns insun-exposed human skin. Cancer Res. (2001) 61: 8158-8163.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Stabsstelle S0103Krebsprävention

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

1. Rauchertelefon als zentrale Hotline zurRaucherentwöhnung

Die Bereitstellung evidenzbasierter Entwöhnungsan-gebote für eine große Zahl von Rauchern bei möglichstgeringen Kosten erfüllt nur die telefonische Raucher-beratung. In Deutschland bestehen unterschiedliche Ar-ten der Informationsvermittlung und Beratung an Telefo-nen. Ein strukturiertes Beratungsprotokoll sowie Datenzur in Anspruchnahme und Effektivität liegen lediglichbeim Rauchertelefon des DKFZ vor [1].Das Rauchertelefon hat sich nicht nur für ratsuchendeRaucherinnen und Raucher sowie deren Angehörigen,sondern auch für Journalisten zu einem bundesweitenInformationsdienst entwickelt.

2. Massenmediale Nichtraucherkampagne im2-Jahres-Rhythmus nach den internationalen Quitand Win Konzepten

Die Stabsstelle Krebsprävention führte im Jahr 2000 dieerste Nichtraucherkampagne „Rauchfrei bis Mai - Quitand Win 2000“ in Deutschland durch. Trotz einer kurzenVorbereitungsphase von nur 2 Monaten war es möglich,25.000 Raucherinnen und Raucher zu bewegen, an derKampagne teilzunehmen und diese zu motivieren, dasssie wenigstens einen Monat lang, vom 1. Mai 2000 an,versuchen nicht zu rauchen. Der langfristige Erfolg derKampagne liegt in der dauerhaften Beibehaltung desNichtrauchens. Eine Nachbefragung 12 Monate späterergab, dass 30% dauerhaft abstinent geworden sind undweitere 6% sich als abstinent bezeichnen, jedoch anga-ben, während der vergangenen Monate zwischenzeitlichrückfällig geworden zu sein. [2]Die Stabsstelle Krebsprävention koordiniert auch diezweite Nichtraucherkampagne „Rauchfrei 2002“.Massenkampagnen dieser Art haben noch einen weite-ren Effekt: Durch die Nutzung sämtlicher Medien wieRundfunk, Fernsehen, Internet und Print-Medien wird dieMotivation von Raucherinnen und Rauchern zum Rauch-stopp gesteigert und gleichzeitig die Akzeptanz des Nicht-rauchens erhöht. Dieser Medieneffekt trägt dazu bei,dass auch stabile Raucher zunehmend erwägen, denRauchstopp vorzunehmen. Deshalb sind Kampagnen,die sich an Raucher richten, von besonderer Bedeutung.Die Praktikabilität dieser Kampagnen auch in Deutsch-land wurde durch die Stabsstelle demonstriert.

3. Curriculum für Gesundheitsberufe zurTabakabhängigkeit und Raucherentwöhnung

In Deutschland bestand bis zum Jahr 2000 das Problemunzureichender Ausbildungs- und Fortbildungsmöglich-keiten für Gesundheitsberufe, welche auf evidenz-basierten Methoden Raucherentwöhnung durchführenwollten. Die Stabsstelle Krebsprävention entwickelte des-halb gemeinsam mit führenden deutschenRaucherentwöhnungsexperten ein Handbuch [3] für ein4-stündiges Curriculum zur Tabakabhängigkeit undRaucherentwöhnung, welches von der Bezirks-ärztekammer Nordbaden als Baustein für die Suchtme-dizin anerkannt wurde. Das Curriculum wird im DKFZ,aber auch im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen

Stabsstelle Krebsprävention (S0103)Leiterin: Dr. med. Martina Pötschke-Langer � 06221 42-3007; FAX 06221 42-3020; e-mail: [email protected]

Wissenschaftliche MitarbeiterDipl.-Psych. Dr. Annette BornhäuserDipl.-Psych. Peter Lindinger

Projektkoordination: Susanne Schunk

Technische Mitarbeiter mit WerkvertragChrista Leiber Dr. Erna MotschDagmar Metz Roswita PetersenElke Treml (09/99-10/00)

Freie Mitarbeiter des Rauchertelefones vom Gesund-heitsamt Mannheim, der AOK Rhein-Neckar und des Ge-sundheitsamtes Kreis Bergstrasse Heppenheim

PraktikantenNina Grunze (02/01-05/01) Marcella Munoz (06-07/01)Markus Notheis (08-10/01) Carmen Schletterer (10/01-06/02)

Auszubildende Kauffrauen für BürokommunikationNicole Helker (12/99-03/00) Nina Edelmann (04-06/00)Madeleine Marquetant (07-09/00)Sonja Herrmann (09-12/00) Stephanie Kretz (09-12/00)Simone Burkhard (01-03/01) Dagmar Jarek (04/01-06/01)Sarah Koch (07/01-08/01)

Kooperationen (ausgewählt):International: Dr. Derek Yach und Prof. Dr. Pekka Puska, WorldHealth Organization, Genf, Schweiz; Dr. Haik Nikogosian, WorldHealth Organization, Kopenhagen, Dänemark; Dr. ScottLeischow, National Cancer Institute, USA; Mike Pertschuk,Advocacy Institute, Washington, USA; Sibylle Fleitmann -European Network for Smoking Prevention, Brüssel, Belgien; Dr.Liisa Elovainio, Cancer Society of Finland, Helsinki, Finland;Margaretha Haglund, International Women Against Tobacco,Stockholm, Schweden; Patti White, Health Development Agency,London, UK; Steve Crone, Quit, London, UK; Clive Bates, ActionSmoking or Health (ASH), London, UK; Andrew Hayes, UICC,Brüssel - BelgienNational: PD Dr. Anil Batra, Universtitätsklinik für Psychiatrie undPsychotherapie Tübingen; Dr. Pal Laszlo Bölcskei, MedizinischeKlinik des Klinikum Nürnberg Nord, Nürnberg; Dr. ChristophKröger, IFT, München; Dr. Reiner Hanewinkel, IFT Nord, Kiel; Dr.Frank Lehmann und Dr. Justina Engelbrecht, BundesärztekammerKöln; Prof. Dr. Karl Mann, Lehrstuhl für Suchtforschung derRuprecht-Karls Universität Heidelberg und Klinik für Abhängig-keitsverhalten, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mann-heim; Prof. Dr. Peter Drings, Thorax Klinik, Heidelberg; VolkerBeck, Deutsche Krebsgesellschaft, Frankfurt; Prof. Dr. FriedrichWiebel, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit, Eching;Dr. Uwe Prümel-Philippsen, Bundesvereinigung für Gesundheit,Bonn; Rolf Hüllinghorst und Dr. Raphael Gassmann, DeutscheHauptstelle gegen die Suchtgefahren, Hamm; Dr. Eva Kalbheim,Deutsche Krebshilfe, Bonn; Prof. Dr. Gerhardt Simon, DeutscheLungenstiftung, Donaustauf; Martin Vestweber, Deutsche Herz-stiftung, Frankfurt; Gisela Marsen-Storz und Peter Lang, Bundes-zentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln

Die Stabsstelle Krebsprävention hat 2000/2001 den Ar-beitsschwerpunkt Tabakprävention und Tabakkontrolleweiter ausgebaut. Dabei wurden folgende Projektedurchgeführt:

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Stabsstelle S0103Krebsprävention

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

für Ärzte, Suchttherapeuten und anderen Ge-sundheitsberufe durchgeführt.

4. Die Rauchersprechstunde - Beratungskonzept fürGesundheitsberufe

In Zusammenarbeit mit führenden deutschen Suchtme-dizinern und Therapeuten entwickelte die StabsstelleKrebsprävention ein Beratungskonzept, das als Einzelbe-ratung konzipiert wurde und eine vorhandene Lückeschließen soll zwischen Kurzberatung und intensivenGruppenprogrammen. Das Konzept Raucher-sprechstunde ist modular aufgebaut, um den unter-schiedlichen Ansprüchen und organisatorischen Rah-menbedingungen in Kliniken, Praxen, Beratungsstellen,Gesundheitsämtern und anderen Einrichtungen gerechtzu werden. Die Rauchersprechstunde kann von Ärzten,Apothekern, Psychologen, Sozialarbeitern, Sozialpäda-gogen, Krankenschwestern und Krankenpflegern sowieexaminierten Mitarbeitern anderer Gesundheitsberufedurchgeführt werden. Das Konzept wurde auch alsErgänzung zum Stufenprogramm in der Arztpraxis „Freivon Tabak“ der Bundesärztekammer und der Kas-senärztlichen Vereinigung entwickelt.Die Rauchersprechstunde bildet die Grundlage einerRahmenvereinbarung des BKK Bundesverbandes mitdem Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte vom10. September 2001. Dort wird festgestellt, dass dasKonzept Rauchersprechstunde für die werksärztlichePraxis geeignet ist. Werksärzte können eine separateKostenpauschale erhalten, wenn sie eine Fortbildung zurUmsetzung der Rauchersprechstunde absolviert habenund eine darauf basierende Beratungsleistung erbrin-gen.Das Beratungskonzept erschien als erster Band einerneuen Reihe des DKFZ, der „Roten Reihe - Tabakpräven-tion und Tabakkontrolle“. Diese Publikationsreihe ergänztbestehende Publikationen der BZgA und der DeutschenHauptstelle gegen die Suchtgefahren, Einrichtungen, mitdenen die Stabsstelle Krebsprävention eng zusammen-arbeitet. [4]

5. Entwurf eines nationalen TabakkontrollprogrammesVerhältnisorientierte Tabakkontrollmaßnahmen stellendie Basis für eine erfolgreiche Absenkung desRauchverhaltens in allen Bevölkerungsgruppen, insbe-sondere bei Kindern und Jugendlichen dar. Hierzu gehö-ren unter anderem drastische Tabaksteuererhöhungen,Bekämpfung des Zigarettenschmuggels, ein umfassen-des Tabakwerbeverbot, Abbau der Zigarettenautomaten,Durchsetzung des Nichtraucherschutzes und Schaffungrauchfreier Zonen sowie Produktregulation von Tabakwa-ren, umfassende Verbraucherinformation und großeWarnhinweise auf Zigarettenpackungen. Da keine dieserMaßnahmen bisher realisiert wurde, kann Deutschlandals in der Tabakkontrolle rückständiges Land bezeichnetwerden [5]. Zu diesem Ergebnis kommt auch derSachverständigenrat für die Konzertierte Aktion imGesundheitswesen zum August 2001. Der Rat empfiehlteinen grundsätzlichen Neuanfang in derTabakkontrollpolitik und mahnt die Umsetzung dieserMaßnahmen durch die Politik an. Die Stabsstelle Krebs-prävention hat deshalb einen Entwurf für ein nationalesTabakkontrollprogramm auf der Basis wissenschaftlichüberprüfter Maßnahmen in Zusammenarbeit mit über 30

deutschen Wissenschaftlern entwickelt. Dieses Strate-giepapier für wirkungsvolle Tabakkontrollmaßnahmenwird im Jahr 2002 mit wichtigen Institutionen des deut-schen Gesundheitswesens abgestimmt und in die ge-sundheitspolitische Diskussion eingebracht.Aus aktuellem Anlass wurde bereits im September2001ein Fact Sheet zum Tabakwerbeverbot herausgege-ben. [6]Dieses Fact Sheet wurde als Argumentationshilfe für ge-sundheitspolitische Entscheidungsträger und Journali-sten geschrieben und enthält die wissenschaftlichenBegründungen für ein umfassendes Tabakwerbeverbot.

6. WHO Partnerschaftsprojekt TabakabhängigkeitDie Stabsstelle Krebsprävention war maßgeblich an derProjektentwicklung des WHO PartnerschaftsprojektesTabakabhängigkeit, eines Vier-Länder-Projektes derWHO Kopenhagen, beteiligt. Die Stabsstelle hat dabeidie Leitung der deutschen Arbeitsgruppe Raucher-entwöhnung übernommen und gemeinsam mit anderenEinrichtungen Empfehlungen für die Behandlung derTabakabhängigkeit entwickelt [7]

7. WHO Projekt „Don’t Be Duped“Im Rahmen der Tobacco Free Initiative der WHO Genfwurde 1999 eine internationale Arbeitsgruppe der„Change Agents“ gegründet, welche in über 20 Länderndie Kampagne der WHO „Don’t Be Duped“ unterstützt.Ziel ist es dabei, die Rolle der Tabakindustrie in politi-schen Entscheidungsprozessen transparent zu machenund den Industrieeinfluss zu begrenzen.[8]Die Stabsstelle Krebsprävention ist in dieserinternationalen Arbeitsgruppe aktiv beteiligt und vermitteltdie Ergebnisse an die Mitgliedsorganisationen der deut-schen Koalition gegen das Rauchen, welche, nebendem Deutschen Krebsforschungszentrum, auch dieDeutsche Krebshilfe, Krebsgesellschaft, Lungenstiftung,Herzstiftung, Bundesvereinigung für Gesundheit,Bundesärztekammer, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen undGesundheit sowie die Deutsche Hauptstelle gegen dieSuchtgefahren umfassen.

8. Framework Convention on Tobacco ControlDa die Tabakepidemie ein weltweites Problem ist, habensich die Mitgliedsstaaten der WHO darauf geeinigt, eineweltweit gültige Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle(Framework Convention on Tobacco Control) zu erarbei-ten. Die Verhandlungen um die Texte und die Protokolledes Rahmenabkommens werden seit 2000 geführt.Die Stabsstelle Krebsprävention hat in enger Zusam-menarbeit mit der Internationalen Framework ConventionAlliance und insbesondere mit der Action on Smoking orHealth (ASH) London Kommentare zu den Verhandlungs-texten erarbeitet und auf einem Hearing imBundesministerium für Gesundheit vorgetragen. DieKommentare zum Rahmenabkommen werden regelmä-ßig erneuert und den Gegebenheiten angepasst.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Pötschke-Langer M, Lindinger P: Das Rauchertelefon desDeutschen Krebsforschungszentrums - eine nationale Hotline alsniederschwelliges Angebot zur Raucherentwöhnung. HausteinK.-O. (Hrsg.) Vorträge der 2. Deutschen Nikotinkonferenz, 99-103, 1999[2] Pötschke-Langer M: Rauchfrei 2002. DAZ 142, 66-69, 2002[3] Deutsches Krebsforschungszentrum, Bundesvereinigung fürGesundheit, Barmer (Hrsg) Tabakabhängigkeit und Raucher-entwöhnung. Heidelberg, Bonn, Wuppertal 2001

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

S0108Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Wissenschaftliche MitarbeiterDr. Florian Gotzes (- 09/99)Dr. Odilia Popanda (jetzt C0200)

Doktorand (Medizin)Jin Joo Park

Prof. Thielmann ging 1999 in Ruhestand. Die Arbeitenseiner früheren Abteilung Wechselwirkungen vonKarzinogenen mit biologischen Makromolekülen wer-den z. T. in der Abteilung C0200 weitergeführt (s. auchden dortigen Bericht). Prof. Thielmann ist zur Zeit bis2004 in die Senatskommission zur Prüfung gesundheits-schädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsge-meinschaft berufen.

Tätigkeit in der Senatskommission zurPrüfung gesundheitsschädlicher Arbeits-stoffe der Deutschen Forschungsgemein-schaftH.W. Thielmann

Seit 1996 ist H. W. Thielmann Mitglied der Senatskom-mission der DFG zur Prüfung gesundheitsschädlicher Ar-beitsstoffe. Laut Mandat erarbeitet die Kommission diewissenschaftlichen Grundlagen des Schutzes der Ge-sundheit vor toxischen Stoffen am Arbeitsplatz. Ergebnis-se der Kommissionsarbeit sind wissenschaftliche Emp-fehlungen zur Aufstellungen von MAK-Werten (“MaximaleArbeitsplatzkonzentration”), zur Einstufung krebserzeu-gender Arbeitsstoffe, zur Bewertung fruchtschädigenderund erbgutschädigender sowie weiterer Wirkungen. Dar-über hinaus greift die Kommission weitere aktuelle Pro-bleme der Gesundheitsgefährdung durch Arbeitsstoffeauf und schlägt Lösungsmöglichkeiten vor.

Die Arbeitsergebnisse der Senatskommission werden inForm ausführlicher wissenschaftlicher Begründungendurch die DFG veröffentlicht. Keine der Publikationenträgt die Namen der beteiligten Autoren, damit nicht sei-tens wirtschaftlicher, politischer oder sonstiger Interes-sengruppen angegriffen werden können. Die Publikatio-nen werden als Empfehlungen dem Bundesminister fürArbeit und Sozialordnung übergeben. Dieser kann denEmpfehlungen - unverändert oder geändert - in geeigne-ter Form Rechtsverbindlichkeit als Grundlage des Arbeit-schutzes verleihen.

Die Kommission arbeitet in wissenschaftlicher Freiheitund Unabhängigkeit. Sie ist in der Auswahl und in derPrioritätensetzung der Prüfung von Arbeitsstoffen undweiterer zu untersuchender Probleme an Weisungennicht gebunden. Ziel der Kommissionsarbeit ist alleinder nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft mögli-che und gebotene Schutz der Gesundheit der Beschäftig-ten und deren Nachkommen.

Es versteht sich von selbst, dass die Kommissionsarbeitein Ganzes darstellt. Folglich lässt sich der von einemeinzelnen Mitglied geleistete Anteil nicht herauslösen undgesondert beschreiben.

In ca. 30 Sitzungen der Kommission bzw. ihrer Ad-hoc-Ar-beitsgruppen wurden Bewertungskonzeptionen entwik-kelt, Stoffe beurteilt und die Ergebnisse in den Kommis-sionsmitteilungen “MAK- und BAT-Werte-Liste” der Jahre2000 und 2001 - jeweils in deutschen als auch engli-schen Fassungen - veröffentlicht [1,2]. In den Broschürensind ca. 160 Änderungen und Neuaufnahmen pro Ar-beitsjahr dokumentiert. Für jede Neuaufnahme und Än-derung wurden detaillierte wissenschaftliche Begründun-gen erarbeitet. Deren Veröffentlichung erfolgte in derMonographiensammlung “Gesundheitsschädliche Ar-beitsstoffe - Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begrün-dungen von MAK-Werten” (Herausgeber: H. Greim) der

Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (S0108)Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz Walter Thielmann

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

S0108Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Jahre 2000 und 2001 (30. bis 33. Lieferung) mit jeweils400-500 Druckseiten pro Lieferung [3]. In der “MAK- undBAT-Werte-Liste 2001” wurden nunmehr die Grundsätzedargelegt, wie die Kommission bei ihren Bewertungen,insbesondere der Ableitung von MAK-Werten vorgeht. Inden einschlägigen Kapiteln sind die Kriterien für die Ein-stufung von Stoffen in folgende Wirkkategorien festge-schrieben: Kanzerogenität, Keimzellmutagenität, Frucht-schädigung, Sensibilisierung, Hautresorption, zulässigeKurzzeit-Überschreitung.

Bei der Überprüfung zahlreicher Arbeitsstoffe auf krebs-erzeugende Wirkung wurden folgende Stoffe als Kanze-rogene erkannt und aufgrund ihres Wirkmodus und ihrerWirkungsstärke in eine der fünf Kanzerogen-Kategorieneingestuft [1-5]:Bitumen (Kategorie 2, d. h. krebserzeugend beim Ver-suchstier);Nickelmetall und dessen Verbindungen (Kategorie 1,d. h. krebserzeugend beim Menschen); Cobaltmetall unddessen Verbindungen, 1,4-Dichlorbenzol, Naphthalin,Glycidol (Kategorie 2);Formaldehyd (Kategorie 4; diese Kategorie wurde ge-schaffen, um Kanzerogene zu charakterisieren, deren pri-märer Angriffspunkt nicht die DNA des Erbguts ist; MAK-Wert für Formaldehyd, bei dessen Einhaltung kein nen-nenswerter Beitrag zum Krebsrisiko für den Menschen zuerwarten ist: 0.3 ml/m3);Tri-n-butylphosphat (Kategorie 4; MAK-Wert: 1 ml/m3);Tetrachlormethan (Kategorie 4 mit dem MAK-Wert von 0.5ml/m3);Ethylbenzol, Dichlormethan, Diethanolamin, Laurinsäure,Terpentinöl, Kresol, 4-Nitroanilin, Toluylendiisocyanat so-wie Xylidin-Isomere (Kategorie 3 A; diese Kategorie istSubstanzen vorbehalten, deren Wirkmodus zwar bekanntist, für die jedoch mangels Daten kein MAK-Wert festge-legt werden kann).In die Verdachtskategorie 3 B wurden eingeordnet:Biphenyl, Blei, Benzochinon, Methyl-tert-butylether,Molybdäntrioxid, Nitromethan, 2,4,6-Trinitrophenol u. a.Keimzellmutagene Wirkung wurde für folgende Stoffenherausgearbeitet und begründet: Benzo[a]pyren, Cobaltund dessen Verbindungen, 1,4-Dichlorbenzol, 1,4-Di-chlorbuten, Naphthalin, Trichlorethen u. a.

MAK-WerteFür 21 Stoffe änderten sich die MAK-Werte bzw. wurdenerstmals ermittelt [1-3]. In 10 Fällen wurde nach einge-hender Prüfung der bestehende Wert bestätigt. Für 31Stoffe konnten aufgrund fehlender Daten keine MAK-Wer-te festgelegt werden. Auf besondere Gefährdung in derSchwangerschaft wurden 26 Stoffe überprüft und ent-sprechend klassifiziert.

Bedeutung der individuellen Strahlen-empfindlichkeit für die Abschätzung desindividuellen Strahlenrisikos beruflichstrahlenexponierter PersonenTeilaktivität: Entwicklung eines In-vitro-Testsys-tems zur Erfassung der StrahlenempfindlichkeitH.W. Thielmann, F. Gotzes, J.J. Park, L. Edler**Biostatistik (R0700) DKFZ

In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. B.-S. Kim (Yonsei-UniversitätSeoul, Süd-Korea), Prof. Dr. D. von Fournier (Radiologische Klinikder Universität Heidelberg), Dr. W. Haase (Klinik für Radiotherapieund radiologische Onkologie der St.-Vincentius-Krankenhäuser,Karlsruhe), Prof. Dr. M.-L. Sautter-Bihl (Klinik für Radiotherapiedes Städt. Klinikums Karlsruhe), Prof. Dr. E. Hagmüller (KlinikumHeilbronn).Zusatzfinanzierung: Forschungsvorhaben StSch 4116 des Bun-desamtes für Strahlenschutz, Neuherberg

Zur Abschätzung der individuellen Strahlenempfindlich-keit wurden Lymphozyten von Brustkrebspatientinnenherangezogen und zwei zellphysiologische Parameterbestimmt: 1) die Anzahl der Basenfehlpaarungsstellen,die - nach Bestrahlung der Zellen mit 137Cs (�-Quelle) invitro - im Zuge der replikativen DNA-Synthese auftreten;2) die Anzahl von strahleninduzierten DNA-Brüchen sowiederen Beseitigung durch Reparatur.

Zu 1). Testprinzip. Nach �-Bestrahlung enthält die DNA-Matrize der Lymphozyten veränderte (d. h. teilzerstörte)Basen, u. a. 8-Oxoguanin, das bei der stimulierten DNA-Replikation mit dem falschen Nukleotid Adenin anstelledes korrekten Cytosins paart und folglich Cytosin in denTochterstrang dirigiert. Die Reparatur dieser Fehlpaarungerfolgt durch selektive enzymatische Abspaltung des Ade-nins aus dem 8-Oxoguanin : Adenin-Paar. Die Abspaltungwird durch eine spezifische Glykosylase-Endonukleaseder Lymphozyten katalysiert, kann jedoch, nach Zell-Lyse,auch von einem zugesetzten Enzym z. B. aus E. coli aus-geführt werden. Der durch das Enzym bewirkte - unver-meidliche - DNA-Einzelstrangbruch wird anschließendmit der Methode der alkalischen Elektrophorese ermittelt[7]. Die Häufigkeit der DNA-Strangbrüche ist somit einMaß für die Anzahl an Basenfehlpaarungen, und dieseBasenfehlpaarungen können zu Mutationen werden, fallsdie Zelle sie nicht rechtzeitig eliminiert. Die Hypothese(die zu verifizieren oder zu widerlegen ist) unterstellt,dass Basenfehlpaarungen und deren Reparatur bestim-mende Variable der Strahlenempfindlichkeit sind [7].

Zu 2). Bei 25 Patientinnen wurde die Einzelzell-Gelelek-trophorese zur Abschätzung der Strahlenempfindlichkeitbenutzt. Im einzelnen wurden die Lymphozyten jeder Pati-entin in vitro mit �-Strahlen einer 137Cs-Quelle bestrahlt,Dosis-Wirkungskurven erstellt sowie die zeitabhängigeEliminierung von DNA-Schäden (DNA-Strangbrüchen) fürmehrere Bestrahlungsdosen bestimmt. Das Abklingender Strahlenschäden gibt Auskunft über das DNA-Repa-raturvermögen der Zelle. Vereint man die Dosis-Wir-kungs- und Dosis-Zeit-Kurven, die für die Lymphozytenjeder Patientin gewonnen wurden, so erhält man eineDosis-Zeit-Wirkungsfläche.

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

S0108Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Für den geplanten Vergleich dieser Schädigungs- undReparaturcharakteristik mit den klinischen Zeichen derStrahlenempfindlichkeit stellte sich das Problem, wie diein der Dosis-Zeit-Wirkungsfläche steckenden Informatio-nen zu einer einzigen quantifizierenden Messgröße verei-nigt werden konnten.

Derzeit existiert für die Datenfülle der Einzelzell-Gelelek-trophorese kein validiertes und bindendes Auswertungs-verfahren. Das ist einer der Gründe, weshalb die regula-torische Toxikologie diese Elektrophorese bislang nichtals verlässlichen Test anerkennt. Die OECD urteilt eben-falls zurückhaltend. Um das Defizit zu kompensieren, ent-wickelten wir folgende Auswertungsmethode und stelltensie in das Internet [8,9] (www.interscience.wiley.com/em):Die Dosis-Zeit-Wirkungsfläche - gebildet jeweils für DNA-Wanderungsverzögerung im elektrischen Feld (“Olive tailmoment”) sowie weiteren Messparametern (“tail DNA”,“tail inertia”) - wird mittels der doppelten Ableitung dieserWirkungsfläche nach Zeit und Dosis zu einer einzigenGröße (genannt: 2D) komprimiert [7-9]. Die rechnerischeDarstellung lautet: d2F/dt,dx [F bedeutet die von Dosisund Zeit bestimmte Wirkungsfläche; (F = f(t,x)].

Aus diesem Rechenverfahren resultierten für jede Pati-entin mindestens zwei quantitative integrale Mess-größen, die, jede für sich genommen, die weit über tau-send Einzeldaten eines Dosis-Zeit-Wirkungsexperimentswiederspiegeln und den klinischen Zeichen der Strahlen-empfindlichkeit gegenübergestellt werden können [7,8].

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] MAK- und BAT-Werte-Liste 2000 (Deutsche und englischeVersionen) Senatskommission der Deutschen Forschungsge-meinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher ArbeitsstoffeMitteilung 36 (2000), VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim.[2] MAK- und BAT-Werte-Liste 2001 (Deutsche und englischeVersionen) Senatskommission der Deutschen Forschungsge-meinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher ArbeitsstoffeMitteilung 37 (2001), VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim.[3] Autoren der MAK-Kommission, u. a. H. W. Thielmann:“Acetonitril”, “Bitumen”, “Formaldehyd”, “1,4-Dichlorbenzol”,“Biphenyl”, “Ölsäure”, “Naphthalin” und weitere Stoffe. In Greim,H. (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten (MaximaleArbeitsplatzkonzentrationen). 30., 31., 32. u. 33. Lieferung,Wiley-VCH-Verlag, Weinheim, 2000 und 2001.[4] Occupational Toxicants, Critical Data Evaluation for MAKValues and Classification of Carcinogens. Vol. 14; Autoren derMAK-Kommission, u. a. Thielmann, H. W.; Herausgeber: H. Greim,Commission for the Investigation of Health Hazard of ChemicalCompounds in the Work Area.. Wiley-VCH, Weinheim, 2000.[5] Occupational Toxicants, Critical Data Evaluation for MAKValues and Classification of Carcinogens. Vol. 16; Autoren derMAK-Kommission, u. a. Thielmann, H. W.; Herausgeber: H. Greim,Commission for the Investigation of Health Hazard of ChemicalCompounds in the Work Area.. Wiley-VCH, Weinheim, 2001.[6] *Greim, H., *Reuter, U., and Thielmann et al. (contributors).Classification of carcinogenic chemicals in the work area by theGerman MAK Commission: current examples for the newcategories. Toxicology 166, 11-23 (2001).

[7] Thielmann et al., Die Bedeutung der individuellen Strahlen-empfindlichkeit für die Abschätzung des individuellen Strahlen-risikos. In: Bundesamt für Strahlenschutz, Fachbereich Strahlen-hygiene, Programmreport 2000. Herausgeber: W. Donhäri, R.Gödde, A. Schmitt-Hannig, M. Williams. Wirtschaftsverlag NW/Verlag für neue Wissenschaft GmbH.[8] B. S. Kim*, J. Park, L. Edler, D. von Fournier*, H. W. Thielmann(2000) A measure of DNA damage/repair in the single-cell gelelectrophoresis (SCGE/comet) assay. International BiometricSociety, The XXth International Biometric Conference, Berkeley,Band 1, S. 152, ISSN-1606-8653.[9] B. S. Kim*, J. J. Park, L. Edler, D. von Fournier*, W. Haase*, M.-L. Sautter-Bihl*, F. Gotzes, H. W. Thielmann (2002) New measureof DNA repair in the single-cell gel electrophoresis (comet)assay. Environ. Molec. Mutagen. 40, 50-56.

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung S0109Mechanismen der Tumorigenese

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

WissenschaftlerDr. Richard Gminski

SekretärinElfriede Mang

_______________

*) Anmerkung: Der Gründungsdirektor und frühere Leiter der Ab-teilung Mechanismen der Tumorgeneses wurde als Emeritus vomStiftungsvorstand mit nachstehenden Aufgaben - ohne Budgetdes DKFZ - betraut: Koordination der Israelkooperation desDKFZ; Vorsitz der Vergabekommission des Dr. Emil-Salzer-Prei-ses für Krebsforschung; Beratung externer Forschungsprojekteoder -institutionen bezügl. Problemen präventiver und/oder regu-latorischer Toxikologie, z.B. Ägypten-Projekt, EC-Projekte, phar-mazeutische Firmen; Herausgabe verschiedener wissenschaftli-cher Zeitschriften und Publikation eigener, wissenschaftlicherAktivitäten.

In den Berichtszeitraum fiel die Beratung des DeutschenMuseums, bei der Planung, Entwicklung und Einrichtungeiner grundlegend neuen, ständigen Ausstellung, die anhistorisch bedeutenden und museumspädagogisch ge-eigneten Beispielen die Entwicklung von Pharmazie undBiomedizin im 19. und 20. Jahrhundert darstellen soll.Darunter fallen u.a. auch Aspekte der Krebsverhütung, -vorbeugung und -erkennung sowie der Therapie vonKrebskrankheiten. Um den unterschiedlichen Zielgrup-pen der Besucher die umfangreichen Informationen at-traktiv zu vermitteln, z.B. unter dem Motto “Du selbst bistChemie”, werden moderne Multimedia-Techniken inten-siv genutzt. Die am 5. Mai 2001 eröffnete ständige Aus-stellung soll bei den Feierlichkeiten zum 100. Jahrestagder Gründung des weltbekannten Museums im Jahr2003 einen Höhepunkt bilden [1]. - Das aktive Interessedes Berichterstatters an der Geschichte der Krebsfor-schung - Wissenschaftsgeschichte und deren nationaleUmsetzung [siehe Research Report 2001 (1999/2000)]fand einen weiteren Niederschlag in einem historischenKurzessay zum Internationalen Symposium “100 Yearsof Organized Cancer Research” [2].

Publikationen[1] Fachbeirat Pharmazie des Deutschen Museums, in: Deut-sches Museum München, Museumsführer Pharmazie, 2. Auflage,Redaktion A. Klubertanz, Selbstverlag Deutsches Museum (ISBN3-924183-56-2), München 2001, S. 118.[2] Hecker, E. Historical essay on the general scientific and of anorganized national approach to the fight against cancer, In: 100Years of Organized Cancer Research - 100 Jahre organisierteKrebsforschung, eds. Wolfgang U. Eckart, A.W. Bauer, GeorgThieme Verlag Stuttgart 2000, pp. 5-10.

In der Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse liegt derSchwerpunkt im Berichtsabschnitt auf den Arbeitsgebie-ten “Biochemische Wirkungsmechanismen vonTumorpromotoren (S0109-1/2)” und “Umweltrelevanzvon Tumorpromotoren als Krebsrisikofaktoren für denMenschen (S0109-3)”. Im Arbeitsgebiet S0109-1/2 wurdeeine früher postulierte Hypothese zum Wirkungs-mechanismus der Diterpenester(DTE)-Promotoren überRezeptoren vom Typ der Proteinkinasen der PKC-Multi-enzymfamilie in initiierten Zielzellen weiter geprüft [vgl.Research Report 2001 (1999/2000)]. Im ArbeitsgebietS0109-3 wurden erstmals - basierend auf der 1998 vor-geschlagenen allgemeinen Strategie zur Prüfung ver-dächtiger, umweltrelevanter Materialien auf ein möglichesKrebsrisiko durch konditionalkanzerogene (tumor-promovierende) Wirkung - zur Risikoprüfung speziellequantitative Testpläne geschaffen. Dabei waren die zuverwendenden in vitro Teste unter mechanistischen Ge-sichtspunkten und so auszuwählen, daß sie die Risiko-ermittlung und -bewertung von Umweltmaterialienschnell und kostengünstig ermöglicht. Langjährige Be-mühungen haben gezeigt, daß das Krebsrisiko durchTumorpromotoren am besten in reproduzierbaren soge-nannten “Toxprognosen” für das Versuchstier ausge-drückt wird. Diese sind zur Extrapolation auf das Krebs-risiko des Menschen in analoger Weise geeignet, wie fürden Fall der klassischen Solitärkanzerogene in langjähri-ger Praxis erprobt. Die Bestimmung des Krebsrisikoswird modelhaft für die Einwirkung von Tumorpromotorendes DTE-Typs auf Menschen vorgenommen. Die erziel-ten Toxprognosen können in der prädiktiven bzw.regulatorischen Toxikologie jeweils bis hin zur Begrün-dung legislatorischer Maßnahmen Anwendung finden. ImBerichtszeitraum wurden auf diesem Wege erstmalsToxprognosen für zahlreiche homöopathischeUrtinkturen oder Arzneimittel bestimmt (vgl. unten sowievorausgehende Research Reports bzw. Ergebnis-berichte).

Abteilung Mechanismen der Tumorigenese (S0109)Leiter: Prof. em. Dr.rer.nat. Erich Hecker*)

Telephon: 06221-424500; Fax: 06221-424498; e-mail: [email protected]

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Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung S0109Mechanismen der Tumorigenese

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

Biochemische Wirkungsmechanismen vonTumorpromotoren (S0109-1,2)E. Hecker, K. Schlatterer, G. KrauterIn Zusammenarbeit mit: U. Zillmann, Zentrales Tierlabor DKFZ, L.Edler, Biostatistik, DKFZ; P. Chandra, Gustav-Embden-Zentrumder biologischen Chemie, Universität Frankfurt.

Es wurde gezeigt, daß eine in vivo Behandlung adultermuriner Epidermis mit dem Hyperplasiogen und Tumor-promotor des Diterpenester (DTE)-Typs TPA zu Ergebnis-sen führt, die bezüglich der Expression des Proteins p10mit denen unbehandelter neonataler muriner Epidermisvergleichbar sind [1]. Protein p10 findet sich somit nichtnur in adulter muriner Epidermis [Research Report 2001(1999/2000)], die mit nicht-promovierenden Hyperplasio-genen oder mit promovierenden DTE behandelt wordenwar, sondern auch in neonataler muriner Epidermis. Eswird daher angenommen, daß das Protein eher mit zellu-lären Proliferations- bzw. Differenzierungsprozessen imZusammenhang steht als mit spezielleren tumor-promo-vierenden Prozessen. Die Tatsache, daß p10 auch in Pa-pillomen und Karzinomen zu finden ist, widerspricht die-ser Hypothese nicht, da diese Tumoren proliferative Ten-denz zeigen. Versuche zur Sequenzierung des Proteinsp10 resultierten in zwei neuen Partialsequenzen, derenPrimärstruktur keine grundsätzlichen Ähnlichkeiten mitschon bekannten Proteinen zeigten. - In unabhängigenUntersuchungen der molekularen Wirkung vonTumorpromotoren des Okadasäure-Typs (Hemmer vonProteinphosphatase), wurde von Japanischen Autorenberichtet, daß sie eine Expression des bekanntenZytokins Tumornekrose-Faktor � (TNF�) auslösen [2].Sie führen erste Versuche an, die wahrscheinlich ma-chen, daß auch TPA die Expression von TNF� auslösenkann. Die Autoren vermuten, daß z.B. membranständigeFormen von TNF� an interkriner Wachstumskontrolle be-teiligt sein können.

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Schlatterer, K.; Schlatterer, B.; Krauter, G.; Hecker, E.;*Chandra, P.: A novel polypeptide P10 expressed in tumor-promoter-treated murine epidermis and in untreated neonatalmurine epidermis. Anticancer Research 20 (2000) 289-292.[2] *Fujiki H. and *Suganuma M.: Unique features of the okadaicacid activity class of tumor promoters, J Cancer Res and ClinOncol 125, 150-55 (1999).

Umweltrelevante Tumorpromotoren alsKrebsrisikofaktoren für den Menschen(S0109-3)E. Hecker, R. Gminski, P. ZahnIn Zusammenarbeit mit: L. Edler, Biostatistik DKFZ; M. Nawito,S.M.A.D. Zayed, National Research Center, Kairo, Ägpten; H.Metelmann, Fa. Heel Biologische Heilmittel GmbH, Baden-Baden.

Modellfall “berufsbedingte Einwirkung” von Tumor-promotoren des DTE-Typs.Der Wildtyp von Euphorbia lagascae ist eine Spezies dergroßen botanischen Gattung Euphorbia (ca. 1600 Spezi-es), die zu einer der größten Pflanzenfamilien, den Eu-phorbiaceaen (Wolfsmilchgewächsen), zählt. Alle Pflan-

zen der Gattung Euphorbia enthalten einen haut-reizenden Milchsaft (Latex), ihr Samen meist mehr oderweniger große Mengen an Pflanzenfetten. In ariden Ge-genden Spaniens ist E. lagascae als ein weit verbreitetesUnkraut bekannt (z.B. Region und Stadt Murcia). DasSamenöl enthält hohe Anteile von Vernolsäure (13-expoxy-9-octadecen-Säure), die als nachwachsenderRohstoff für die Oleochemie von Interesse ist. Mit demZiel, die Nutzung von E. lagascae im Sinne des“sustainable development” als einer neuen nachwach-senden Quelle für Samenöl zu erforschen, wurden derlandwirtschaftliche Anbau der Pflanze und ihre Toxikolo-gie im experimentellen Maßstab in einer anteiligen ECConcerted Action untersucht. Im Rahmen des vorausge-gangenen VOSFA-Projekts [Vegetable Oils with SpecificFatty Acids (Air-CT93-1817)] wurde von uns bereits ge-funden, daß das Samenöl stark hautreizend ist. Außerdem Samenöl erwiesen sich auch alle anderenPflanzenteile von E. lagascae als hautreizend. Als irritie-rende Prinzipien treten hauptsächlich Ester des 12-Des-oxyphorbols auf. Im Zweistufenmodell an der Mäusehaut[standardisiertes Initiations/Promotions(I/P)-Protokoll 16]zeigte sich das Samenöl als mittelstarker Tumor-promotor [siehe Ergebnisbericht 1999 (1998/99)]. In derdem VOSFA-Projekt nachfolgenden EC geförderten“Concerted Action” (PL 98/4460) wurden von uns chemi-sche Analysen und toxikologische Bestimmungsweisenfür DTE-Promotoren in Samenöl der Pflanze erarbeitet [1-3]. Darüberhinaus wurden Schutzmaßnamen aufgezeigt,die eine sichere - krebsrisikofreie - Handhabung und Ver-arbeitung der zu erntenden Pflanzen sowie des Samen-öls und der Abfallprodukte (Preßkuchen, Stroh) gewähr-leisten können. Als Ergebnis der Concerted Action wurdeempfohlen, in Zukunft zu versuchen, durch klassischeZüchtung und Selektion bzw. durch Anwendung geeigne-ter gentechnologischer Ansätze, jeweils unter toxikologi-scher Begleitung, Sorten von E. lagascae anzustreben,die sich durch geringen oder gar keinen DTE-Toxingehalt- bei Erhalt hoher Ausbeuten an gewünschtem Produkt(Vernolsäure) - auszeichnen. - Erste Versuche zielgerich-teter, toxikologisch begleiteter Pflanzenzucht, in Analogiezu der für E. lagascae vorgeschlagenen, waren für denals nachwachsende Quelle für Ölsäure von uns früheruntersuchten Wildtyp von Euphorbia lathyris erfolgreich(vgl. vorausgehende Ergebnisberichte). Beide Pflanzenkönnten danach in der Zukunft eine bedeutende Rolle alsökonomisch innovative und ökologisch sinnvolle nach-wachsende Rohstoffquellen spielen [3].

Modellfall “ernährungsbedingte Einwirkung” vonTumorpromotoren des DTE-Typs.Milch von Ziegen, deren Futter Beimischungen von haut-reizenden Wolfsmilchgewächsen enthält, waren Gegen-stand der Untersuchungen im DKFZ-Projekt P513, einerKooperation mit dem National Research Center in Kairo,Ägypten. Dabei ist gezeigt worden, daß in Ägypten im grü-nen Futter von Ziegen die hautreizend und hyperpla-siogen wirkenden Euphorbia-Arten E. peplus, E.helioscopia und E. nubica als Verunreinigungen häufigvorkommen. Daß, wie zu vermuten, tatsächlich aktiveDTE-Promotoren, die in E. peplus vorkommen, aus dem

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Forschungsschwerpunkt CKrebsrisikofaktoren und Krebsprävention

Abteilung S0109Mechanismen der Tumorigenese

DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001

damit verunreinigten Futter in die Milch von Mutterziegenübergehen können, wurde bereits berichtet [vgl.Research Report 2001(1998/99)]. Im vorliegenden Berichtszeitrum erhieltenMutterziegen grünes Futter, das mit E. helioscopia bzw. E.nubica verunreinigt war [4]. Das Futter, das über einenZeitraum von vier Wochen (30g/Tag/Ziege) verabreichtwurde, führte zur Vergiftung der Mutterziegen, deren Er-scheinungsbild dem bei der Futterverunreinigung mit E.peplus analog war. Die säugenden Jungtiere wurdendurch die Muttermilch ebenfalls vergiftet, wobei es zu ein-zelnen Todesfällen kam. Durch mikrochemische Techni-ken (HPLC) wurde nachgewiesen, daß das im obigenFütterungsprotokoll verabreichte Pflanzenmaterial haut-reizende Promotoren des Ingenan-Typs (E. helioscopia)bzw. hautreizende Promotoren des Tigliantyps (E.nubica) enthält [5]. Schließlich wurde nachgewiesen,daß die Milch der Muttertiere Diterpenester desjenigenStrukturtyps enthält, der in den verunreinigenden Pflanzenvorkommt. Damit bietet es sich an, für die Milch, entspre-chend der von uns 1998 vorgeschlagenen Prüfstrategie,Prüfpläne zu entwickeln, die das mit dem Genuß derMilch durch den Menschen verbundene Krebsrisiko alsToxprognosen z.B. für Oesophaguskarzinom, abschätzenlassen (siehe oben).

Modellfall “arzneiliche Einwirkung” von Tumor-promotoren des DTE-Typs.Phytomedizinische Präparate aus Wolfsmilch- undSeidelbastgewächsen werden in der Ethnomedizin zahl-reicher Völker häufig angewandt, z.B. in Indien [6]. Fürdas Beispiel homöopathischer Urtinkturen obiger Prove-nienz, die in westlichen Ländern handelsüblich sind,wurden im Berichtszeitraum - in Fortführung unserer all-gemeinen Teststrategie von 1998 [vgl. Ergebnisbericht1999 (1998/99)] - spezielle Prüfpläne entwickelt mit demZiel, für jede Urtinktur das mit der phytomedizinischen An-wendung verbundene iatrogene Krebsrisiko durch tumor-promovierende oder/und solitärkanzerogene Wirkungenzu bestimmen [7].

Publikationen (* = externe Koautoren)[1] Hecker, E. and Gminski, R. Bioassays and microchemicalmethods to analyse skin-irritant and tumor promoting diterepenesester toxins in Euphorbia species, in The development ofEuphorbia lagascae as a new oil crop within the Europeancommunity (FAIR CT 98/4460): EC-Concerted Action (PL 98/4460): Proceedings Workshop II, Cambridge, UK, eds. S.K. Cook,M.A. Froment and D. Turley, published by ADAS, Boxworth,Boxworth, Cambridge 2000, S. 6-22.[2] Hecker, E. Overall summary of safety issues, in The develo-pment of Euphorbia lagascae as a new oil crop within theEuropean community (FAIR CT 98/4460), EC-Concerted Action(PL 98/4460): Proceedings Workshop II, Cambridge, UK, eds.S.K. Cook, M.A. Froment and D. Turley, published by ADAS,Boxworth, Boxworth, Cambridge 2000, S. 44.[3] Hecker E. and Gminski R. Toxicology and Occupational Safety,in: Development of Euphorbia lagascae as a new industrial oilcrop (FAIR CT 98/4460), EC-Concerted Action (PL98/4460):Handbook, eds. D. Turley, M. Froment and S. Cook, ISBN189923608x, ADAS Consulting Ltd., Wolverhampton UK 2000, S.25-26.

[4] *Nawito, M., *Ahmed, Y.F., *Shalaby, S.I., *Nada, A., *Zayed,S.M.A.D. and Hecker, E. IV. Toxicologic and pathophysiologicobservations in lactating goats and their suckling kids fed on theirritant herbs Euphorbia nubica and Euphorbia helioscopia: anetiologic model for investigations on the putative risk of cancerby consumption of food polluted with tumor promoters, J CancerRes and Clin Oncol, 127, 34-39 (2001).[5] *Zayed, S.M.A.D., *Farghaly, M., *Soliman, S.M., *Gotta, H.,Sorg, B. and Hecker, E. V. Skin irritant and tumor promotingditerpene ester toxins of the tigliane and ingenane type in theherbs Euphorbia nubica and Euphorbia helioscopia contaminatingfodder of livestock, J Cancer Res and Clin Oncol, 127, 40-47(2001).[6] Treiber, H-J.: Über die medikamentöse Behandlung von Krebs-erkrankungen in der traditionellen indischen Heilkunde. Dissertati-on Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Fach Eth-nologie, Univ. Heidelberg, 1999.[7] Gminski, R., Über ein mögliches kanzerogenes (iatrogenes)Krebsrisko durch ausgewählte homöopathische Urtinkturen -Standardisierte Prüfpläne und resultierende Toxprognosen für 33Urtinkturen, Workshop des Projekts DKFZ/HEEL 1992-97 am24.11.00 im DKFZ, Heidelberg.