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POLITIK UND RECHT | KURZ GEMELDET | FORSCHUNG | FORSCHUNGSSTELLE │ TERMINE
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Forschungsstelle Glücksspiel
Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim
Newsletter Februar (1/2019)
Anmeldung zum 16. Symposium Glücksspiel
__________________________________________________________________________
Im kommenden März (12. und 13. März 2019) wird das bereits 16. Symposium Glücksspiel
der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim stattfinden. Neben vielen sehr
unterschiedlichen wissenschaftlichen Vorträgen etwa zu Regulierungsthemen, technischen
Entwicklungen im Glücksspielbereich oder Suchtfragen wird es dieses Jahr auch zwei
hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen zum aktuellen Regulierungsbedarf und zur
Glücksspielsuchtprävention als öffentliche Aufgabe geben. Bitte denken Sie daran, dass eine
Anmeldung zum Symposium nur noch bis zum 25. Februar 2019 möglich ist.
Bitte beachten Sie auch den neuen Veranstaltungsort (Audimax, Garbenstraße 30, 70593
Stuttgart).
Link zum Programm und zur Anmeldung
Entwicklungen in Europa
__________________________________________________________________________
Seit dem 1. Januar 2019 ist der schwedische Online-Glücksspielmarkt geöffnet. Insgesamt 60
Unternehmen (mit teilweise mehreren Webseiten) haben nun eine Lizenz für den
schwedischen Online-Markt erhalten und bieten dort ihr legales Angebot an. Mit der Öffnung
des Marktes wurden, wie bereits berichtet, auch Möglichkeiten zur Blockierung von
Finanzströmen zu illegalen Anbietern, die Schaffung eines Straftatbestandes für illegale
Glücksspielwerbung, die Möglichkeit, Warnhinweise durch die Internetanbieter auf illegalen
Online-Casinoseiten zu schalten, und verschiedene Spielerschutzmechanismen geschaffen.
Ob die schwedische Liberalisierung an die oft erwähnte dänische Erfolgsgeschichte anknüpfen
kann, wird die Zukunft zeigen. Die schwedische Regulierungsbehörde Spelinspektionen hat
bereits eine Warnung ausgesprochen, an die Anbieter, die es Versäumen, ihr System an das
verpflichtende nationale Sperrsystem anzubinden. Bei Verstößen kann die Aufsichtsbehörde
schwere Geldstrafen oder gar einen Lizenzentzug verhängen.
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Forschungsstelle Glücksspiel
In Großbritannien ist derzeit einige Bewegung im Markt. Britische Glücksspielunternehmen
haben sich im Dezember 2018 freiwillig darauf verständigt, dass sie während Live-Sportevents
keine Werbung mehr im Fernsehen schalten. Das Ausmaß an Glücksspielwerbung im TV hat
in Großbritannien zuletzt die Öffentlichkeit erregt. Die Selbstverpflichtung soll ab Sommer 2019
wirksam werden. Von Regierungsseite wird dort gerade ebenfalls diskutiert, ob Kredit- und
Debitkarten zur Zahlung von Glücksspieldienstleistungen verboten werden sollen. Die
Gambling Commission wird sich zunächst damit beschäftigen, bevor weitere Schritte
unternommen werden. Mehrere englische Banken haben den Konsumenten bereits die
Möglichkeit eingeräumt, Zahlungen via Online-Banking an Glücksspielanbieter zu begrenzen
oder zu unterbinden. Recherchen des BBC haben in den vergangenen Wochen
Datenunstimmigkeiten bei der britischen Selbstsperrplattform „GAMSTOP“ ergeben. Über
50.000 Personen haben sich bereits über diese Plattform selbst gesperrt. Bereits im November
2018 hat die Aufsichtsbehörde Geldstrafen in Höhe von insgesamt 14 Millionen Pfund gegen
Unternehmen verhängt, die gegen die Lizenzbedingungen (bspw. Terrorismusbekämpfung,
Geldwäscheprävention und Spielerschutz) verstoßen haben.
Das fast vollständige Werbeverbot für Glücksspielprodukte in Italien wird seine volle Wirkung
erst im Juli entfallen. Durch Intervention der italienischen Fußballprofiliga Serie A kurz vor
Weihnachten konnte für diese eine Schonfrist mit der Regierung ausgehandelt werden.
Sonstige Werbung für Glücksspiel ist seit dem 1. Januar 2019 verboten. Zum gleichen Datum
sind auch eine Reihe von Steuererhöhungen in Kraft getreten.
Auch in der Schweiz gilt seit 1. Januar ein neues Geldspielgesetz. Durch das neue Gesetz
wurde die Möglichkeit des legalen Online-Casinospiels in der Schweiz geschaffen. Dies gilt
allerdings nur für Anbieter, die in der Schweiz bereits eine terrestrische Spielbankenlizenz
haben. Ausländische Anbieter werden somit faktisch ausgeschlossen. Daraufhin haben sich
bereits einige bekannte Anbieter freiwillig aus dem Schweizer Markt zurückgezogen, um nicht
der Internetzensur zum Opfer zu fallen. Allerdings kooperieren einige inländische
Lizenzinhaber mit ausländischen Firmen, die das entsprechende Knowhow für das Online-
Geschäft haben. Bis zum 1. Juli 2019 gilt noch eine Übergangsregelung, da erst dann die
regulären Online-Lizenzen erteilt werden. Ab dann sollen ausländische (illegale) Anbieter ohne
Lizenz rigoros zensiert werden.
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Forschungsstelle Glücksspiel
Kurz gemeldet __________________________________________________________________________
Urteil zum unerlaubten Glücksspiel
Bereits am 18. Oktober 2018 hat die 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz einem
Anbieter aus Gibraltar die Tätigkeit für in Deutschland befindliche Personen untersagt (Az. 15
O 184/17). Das beklagte Unternehmen vermittelt im Internet Wetten auf den Ausgang der
staatlichen Lotterien. Eine der Landeslotteriegesellschaften hat dazu eine
wettbewerbsrechtliche Klage auf Unterlassung eingereicht. Das Gericht bejahte diese
Auffassung und sprach der Klägerin Schadensersatz zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Weitere Informationen:
Anwaltskanzlei Lenné
Landgericht Koblenz
Betway im Visier
Die belgische Glücksspielaufsichtsbehörde hat gegen den Anbieter betway ein
Sanktionsverfahren eingeleitet. Die Vorwürfe gegen das Unternehmen beziehen sich auf die
mangelnde Transparenz, was die Eigentümerstruktur betrifft, und die Anhäufung von
Lizenzen. Dem Unternehmen könnte aufgrund der Verfehlungen eine hohe Geldstrafe oder
Lizenzverlust drohen.
Weitere Informationen:
The Brussels Times
Bericht zum illegalen Glücksspiel in Dänemark
Die dänische Glücksspielaufsichtsbehörde „Spiellemyndigheden“ hat am 30. Dezember 2018
einen Bericht zu ihren Bemühungen im Kampf gegen das illegale Glücksspiel veröffentlicht.
Die Behörde fokussiert sich darin auf den Online-Markt. Dieser wird mittels fortlaufender
Websuchen überwacht. Webseiten ohne dänische Lizenz und in dänischer Sprache werden
zunächst verwarnt und dann ggf. durch die dänischen Telekommunikationsanbieter blockiert.
Aus der sinkenden Anzahl illegaler Glücksspielinternetseiten in Verbindung mit einer
konsequenten Marktüberwachung folgert die Behörde den Erfolg der Liberalisierung.
Weitere Informationen:
Spiellemyndigheden
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Forschungsstelle Glücksspiel
Schwarzgrüner Koalitionsvertrag in Hessen
Die beiden hessischen Koalitionspartner haben in ihrem kürzlich veröffentlichten
Koalitionsvertrag auch einige Absichtserklärungen zum Bereich Glücksspiel eingearbeitet (S.
86). Die Landesregierung will sich etwa für eine qualitative Regelung bei der
Konzessionsvergabe im Bereich Sportwetten sowie einer insgesamt kohärenteren und somit
rechtssicheren glücksspielrechtlichen Regelung in Deutschland einsetzen.
Weitere Informationen:
Koalitionsvertrag
Nicht-regulierter Markt in Deutschland wächst weiter
Laut dem Jahresreport der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder für das Jahr 2017 wuchs
der illegale Markt laut Angabe der Geschäftsstelle von 2016 auf 2017 um weitere drei
Prozentpunkte auf nun 22 % Anteil am Gesamtmarkt. Insgesamt ist der deutsche
Glücksspielmarkt im selben Zeitraum um 6 % auf 14.173 Mio. Euro Bruttospielertrag
gewachsen. Das Wachstum entfällt allerdings zu einem großen Anteil auf den nicht regulierten
Markt und dort besonders auf Casinospiele und Sportwetten.
Weitere Informationen:
Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder
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Forschungsstelle Glücksspiel
Forschung __________________________________________________________________________
Die vorgestellten Publikationen in dieser Rubrik des Newsletters geben lediglich die Meinung der jeweiligen Autoren der Originalbeiträge wieder. Die Publikationen wurden ausgewählt, um dem Rezipientenkreis einen Einblick in die aktuellen wissenschaftlichen Diskursstränge zu geben. Intendiert ist eine neutrale Zusammenfassung aktueller wissenschaftlicher Publikationen.
Rezension zur Studie „Expertise zur wissenschaftlichen Evidenz der Spieler- und
Jugendschutzmaßnahmen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag (2012): Ein
systematischer Review“
Nun liegt der Literaturüberblick von Jens Kalke und Tobias Hayer zu Maßnahmen für den Spielerschutz vor. Es wurden nur quantitative Primärstudien berücksichtigt, die in peer-reviewten Fachzeitschriften in englischer oder deutscher Sprache bis Ende 2016 veröffentlicht wurden. Viele Studien stammen aus Kanada. Aus Deutschland flossen nur fünf Primärstudien in die Betrachtung ein. Auf Grund der 115 in die Untersuchung eingeschlossenen Studien werden 15 Handlungsempfehlungen formuliert.
Diesen Handlungsempfehlungen ist sicherlich uneingeschränkt zuzustimmen, allerdings sollte nicht nur der gesellschaftliche Nutzen, sondern auch die gesellschaftlichen Kosten der jeweiligen Maßnahmen berücksichtigt werden. Dieser Aspekt fehlt.
Die Handlungsempfehlungen zu Werberestriktionen, Verfügbarkeitseinschränkungen und zu dem technischen Spielerschutz fehlen bzw. fallen sehr dürftig aus und spiegeln eigentlich nicht den Stand der wissenschaftlichen Diskussion wieder. Dies zeigt deutlich die Grenzen der in der Studie gewählten Vorgehensweise auf.
Wenn keine quantitativen Primärstudien in peer-reviewed Fachzeitschriften zu bestimmten Maßnahmen vorliegen, bedeutet dies jedoch nicht, dass sich keine wissenschaftlichen Aussagen machen lassen.
So lassen sich aus den Erfahrungen mit der Tabak- und Alkoholwerbung sehr wohl wissenschaftlich begründete Schlussfolgerungen für die Regulierung der Glücksspielwerbung ziehen (vgl. Becker, T.: Werbung für Produkte mit einem Suchtgefährdungspotential: Tabak-, Alkohol und Glücksspielwerbung aus rechtlicher, ökonomischer und psychologischer Sicht. Schriftenreihe zur Glücksspielforschung Band 5. Frankfurt: Peter Lang 2010). Auch kann hier auf die reichhaltige Marketingliteratur zurückgegriffen werden, die sich umfassend mit der Werbewirksamkeit und dem Werbeerfolg auseinandersetzt. Neuere neurobiologische Studien ergänzen dies.
Auch zu dem Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit und einem pathologischen Spielverhalten lassen sich basierend auf der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur tiefergehende Schlussfolgerungen ziehen (vgl. Becker, T.: Verfügbarkeit und Sucht beim Automatenspiel. Schriftenreihe zur Glücksspielforschung Band 15. Frankfurt: Peter Lang 2015).
Auch in Bezug auf Handlungsempfehlungen zu dem technischen Spielerschutz halten sich die Handlungsempfehlungen sehr zurück, obwohl es auch hier einen weitgehenden Konsens unter Wissenschaftlern über die Bedeutung einzelner Merkmale, wie die Ereignisfrequenz, gibt (vgl. Meyer, G., Fiebig, M., Häfeli, J. & Mörsen, C. (2011). Development of an assessment tool
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to evaluate the risk potential of different gambling types. International Gambling Studies, 11(2), 221-236).
Auf der anderen Seite ist bei der durch die Autoren gewählten Vorgehensweise weitgehend sichergestellt, dass nicht eine "faktenbasierte Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags" oder "zu Fakten gibt es keine Alternative" vorgespiegelt wird, wobei es sich in Wahrheit um Stellungnahmen im Interesse der jeweiligen Auftraggeber handelt. Hier ist den Autoren uneingeschränkt zuzustimmen. Letztendlich zeigt sich unserer Meinung nach jedoch im wissenschaftlichen Diskurs, ob das wissenschaftliche Streben nach Wahrheit im Vordergrund steht, oder ob die Interessen von Auftraggebern unreflektiert bedient werden. Allerdings ist nachzuvollziehen, dass für Nicht-Wissenschaftler dieser Diskurs oft nicht nachzuvollziehen ist und Stellungsnahmen kaum von wissenschaftlichen Aussagen zu unterscheiden sind. Hier liegt der Verdienst der vorliegenden Studie, die deutlich macht, welche Aspekte bisher in quantitativen Primärstudien untersucht wurden und welche Aspekte nicht.
Allerdings sollten Nicht-Wissenschaftler und Regulierer nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass über die Handlungsempfehlungen der Autoren hinausgehende wissenschaftliche Aussagen nicht möglich seien.
Quelle:
Link zur Studie
A Meta-analysis of Brief Personalized Feedback Interventions for Problematic Gambling
Peter und Kollegen gehen in ihrer Meta-Analyse der Frage nach, inwiefern eine personalisierte
Rückmeldung über das eigene Spielverhalten als einfach umzusetzende Intervention etwa an
Geldspielgeräten oder im Online-Glücksspiel einen Effekt auf die in Glücksspiel investierte Zeit
und das ausgegebene Geld hat. Diese Meldungen haben oft das individuelle Spielverhalten
im Vergleich zu einer Normgruppe zum Inhalt („Sie haben X % mehr Geld ausgegeben als…“).
Die Studie beinhaltet 16 Interventionen dieser Art aus 11 unterschiedlichen Studien, die jeweils
eine solche Intervention im Vergleich zu einer Kontrollgruppe untersucht haben. Es zeigt sich
ein schwach positiver Effekt für diese Interventionen. Besonders wirksam scheinen diese
Interventionen bei Personen mit intensiveren Spielverhalten und in Verbindung mit
weiterführenden Informationen wie etwa Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten etc. zu
sein. Ein Feedback in Verbindung mit psychologischen Testscores scheint hingegen die
Wirksamkeit der Interventionen zu mildern.
Die Autoren empfehlen die Nutzung dieser einfachen Spielerschutzinterventionen. Allerdings
weisen sie auch auf einen möglichen Boomerang-Effekt hin, so dass manche Spieler aufgrund
des Vergleichs ihr Spielverhalten intensivieren würden. Deshalb sollte das Feedback für
verschiedene Gruppen von Spielern individualisiert erfolgen.
Quelle:
Journal of Gambling Studies
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Transformation of Sports Betting into a Rapid and Continuous Gambling Activity: a
Grounded Theoretical Investigation of Problem Sports Betting in Online Settings
Parke und Parke vertreten in ihrem Artikel die These, dass sich das Online-Sportwettangebot
durch technische Entwicklungen zunehmend zu einem reinen Glücksspiel entwickelt. Dies
untermauern sie durch die Beobachtung, dass in Therapieangeboten immer mehr
Glücksspieler mit Sportwettproblematiken auftauchen. Zurückgeführt wird dies auf
Entwicklungen wie der Einführung von Live-Wetten, Cash-Out-Optionen, neuere schnelle
Einzahloptionen, Rückholoptionen für Auszahlungen, dem Wetten etwa auf Halbzeitstände
oder Wetten auf unbekannte Amateurwettbewerbe sowie die ständige Verfügbarkeit durch
Wett-Apps.
Zur Untersuchung nutzen die Autoren Verhaltensdaten und Tiefeninterviews von 19
Probanden, die als problematische Spieler und Sportwettennutzer klassifiziert werden können.
Sie folgern aus ihren Daten, dass durch die Erhöhung der Ereignisfrequenz auch das
Schadenspotenzial von Sportwetten erhöht wurde. Die Autoren empfehlen, für einen besseren
Spielerschutz für mehr Spielunterbrechungen im Sinne von Pausen etwa bei der Einzahlung
etc. zu sorgen. Dies kann sowohl durch gesetzliche Vorgaben verpflichtend für den Anbieter
als auch durch die Spieler selbst (Responsible Gambling) umgesetzt werden.
Quelle:
Journal of Gambling Studies
Social influences normalize gambling-related harm among higher risk gamblers
Russel und Kollegen gehen in ihrer Studie der Frage nach, welchen Einfluss die unmittelbaren
sozialen Kontakte auf das eigene Glücksspielverhalten haben. Dabei vergleichen die Autoren
Nicht-Spieler mit verschiedenen Gruppen unterschiedlich stark von problematischem
Spielverhalten gefährdeter Spieler. Als Datengrundlage nutzen sie dazu die Angaben von 784
australischen Befragten zu ihren sozialen Netzwerken. Zur Analyse verwenden sie die
egozentrierte Netzwerkanalyse und vergleichen die unterschiedlichen Gruppen mittels
Varianzanalyse. Ihrer Analyse nach haben problematische Spieler in ihrem Netzwerk
überdurchschnittlich viele Spieler und auch problematische Spieler. Die Autoren folgern aus
ihren Analysen, dass durch die sozialen Beziehungen Glücksspielnutzung generell, aber auch
problematisches Glücksspielverhalten normalisiert wird. Sie empfehlen deshalb, den Fokus
nicht nur auf individuelle Interventionen zur Schadensbegrenzung zu legen, sondern verstärkt
die gesellschaftlichen Normen, die sich in solchen Netzwerken verfestigen, in den Blick zu
nehmen.
Quelle:
Journal of Behavioral Addictions
Factors associated with social casino gaming among adolescents across game types
Veselka und Kollegen untersuchen in ihrer Studie die Nutzung von „social casinos“, also
kostenlosen glücksspielähnlichen Angeboten, durch Heranwachsende. Die Autoren
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unterscheiden dabei unterschiedliche Typen dieser Spiele (Poker, Automaten und Facebook-
Spiele) und gehen der Frage nach, wie diese Angebote von Jugendlichen genutzt werden. In
drei kanadischen Provinzen wurden dazu 10.035 Schüler im Alter von 13 bis 19 Jahren befragt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bereits 12,4 % dieser Kohorte in den letzten drei
Monaten solche Angebote nutzten. Im Vergleich zu denjenigen, die „social casinos“ nicht
nutzen, spielen die Nutzer dieser Angebote häufiger auch monetäre Glücksspielangebote und
können häufiger als problematische Glücksspieler klassifiziert werden. Besonders häufig
nutzen Raucher, Männer und Jugendliche mit Peers oder Eltern, die spielen, diese simulierten
Glücksspielangebote.
Quelle:
BMC Public Health
Effects of Gambling Diagnostic Criteria Changes from DSM‑IV to DSM‑5 on Mental
Disorder Comorbidity Across Younger, Middle‑Aged, and Older Adults in a Nationally
Representative Sample
Nicholson et al. stellen in ihrem Artikel der Frage, welche Veränderungen sich dadurch
ergeben, dass zur Diagnose von pathologischem Glücksspiel nun das Diagnoseinstrument
DSM-5 anstelle des DSM-IV verwendet wird. Die Zahl der Kriterien, die für eine solche
Diagnose erfüllt sein müssen, hat sich durch den Versionswechsel reduziert (mindestens 4
von 9 Kriterien im DSM-5 anstatt 5 von 10 Kriterien im DSM-IV). Insofern werden nun auch
Personen als pathologische Glücksspieler diagnostiziert, die sich zuvor noch unter dem
kritischen Niveau bewegt hatten. Die Autoren interessierten sich insbesondere dafür, ob sich
durch diesen Wechsel auch der Anteil der Personen verändert, die zusätzlich zur
Glücksspielproblematik eine komorbide Erkrankung aufweisen, und wie sich diese
Veränderung in unterschiedlichen Altersklassen auswirkt. Zu diesem Zweck haben die Autoren
Umfragedaten des amerikanischen National Epidemiological Survey for Alcohol and Related
Conditions (NESARC) ausgewertet. Die verwendeten Daten wurden bereits in den Jahren
2001 und 2002 generiert.
Unter den knapp 42.000 Personen, die Angaben zu allen relevanten Fragen gemacht hatten,
waren gemäß DSM-IV 77 pathologische Spieler; wurden die Kriterien des DSM-5 angelegt,
erhöhte sich die Zahl auf 135 Personen. Entgegen der ursprünglichen Annahmen der Autoren
unterschieden sich die mit DSM-5 diagnostizierten pathologischen Spieler im Hinblick auf ihre
komorbiden Erkrankungen nicht signifikant von den pathologischen Spielern gemäß DSM-4.
Wurden die verschiedenen Altersgruppen genauer analysiert, ergaben sich jedoch
Unterschiede. Pathologische Spieler, die mindestens 55 Jahre alt waren und nach DSM-5 als
pathologische Spieler galten, wiesen häufiger Angststörungen auf als die gleichaltrigen
pathologischen Spieler gemäß DSM-IV. Generell lag die Anzahl der Personen mit komorbiden
psychischen Erkrankungen unter den mit DSM-5 diagnostizierten pathologischen Spielern in
dieser Altersgruppe höher als bei gleichaltrigen pathologischen Spielern gemäß DSM-IV.
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Die Autoren folgern, dass das Therapieangebot für pathologische Spieler, die über 55 Jahre
alt sind, im Hinblick auf die verstärkten psychischen Komorbiditäten überdacht und angepasst
werden sollte.
Weitere Informationen:
Journal of Gambling Studies
Besprechung der „Fokusstudie zu den Erfahrungen der dänischen Liberalisierung des
Glücksspielmarktes“
Im Auftrag des Deutschen Lotto- und Totoblicks wurden die Erfahrungen der dänischen
Liberalisierung des Glücksspielmarktes von Ramboll Management Consulting
zusammengestellt.
Es wurden vier Themenbereiche untersucht: Regulatorische Rahmenbedingungen, Staatliche
Einnahmen, Marktstruktur und Marktentwicklung sowie gesellschaftliche Folgen. Eine Reihe
von Informationen ist in der Veröffentlichung zu finden.
Aus der Studie wird ersichtlich, was Deutschland von dem Beispiel Dänemarks lernen kann.
Eine Glücksspielkommission ist zuerst einmal mit den notwendigen Mitteln auszustatten. Im
Jahr 2016 hatte die dänische Glücksspielbehörde 79 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ebenfalls ersichtlich wird, wie wichtig die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen ist und
welche Aufgaben eine Glücksspielaufsichtsbehörde zu leisten hat.
Die Angaben in der Studie deuten darauf hin, dass das illegale Angebot seit der Liberalisierung
deutlich reduziert wurde, auf etwa 20 Prozent. Webseiten werden gesperrt. Webcrawler
werden eingesetzt. Zahlungssperren wurden bisher noch nicht angewendet. Es wird in der
Studie betont, dass es auch bei einer Liberalisierung einer konstanten Aufsicht des
Glücksspielmarktes und einer aktiven Bekämpfung illegalen Glücksspiels bedarf.
Eine Begleiterscheinung der Liberalisierung in Dänemark ist der deutliche Anstieg der
Ausgaben der Glücksspielanbieter für Werbung. In der Studie wird deutlich gemacht, dass
eine Liberalisierung der Werbung mit erheblichen negativen Effekten verbunden ist. Auch hier
kann Deutschland etwas lernen. Bei einer Liberalisierung des Marktes wäre darauf zu achten,
dass die gesetzlichen Vorgaben für Werbung weiterhin vornehmlich dem Spielerschutz dienen
sollten und nicht dem Interesse der Anbieter.
In der Studie nicht erwähnt wird, dass die dänische Glückspielkommission bereits im Jahr 2000
gegründet wurde und erst 2012 Lizenzen vergeben wurden. Dänemark hat erst eine
Aufsichtsbehörde gegründet und dann Jahre später den Markt geöffnet. Die Erfahrungen mit
der Liberalisierung von Sportwetten in Deutschland macht deutlich, welche Fehler hier in
Deutschland gemacht worden sind. Eine wichtige Schlussfolgerung ist, dass erst eine
funktionierende Glücksspielaufsichtsbehörde zu schaffen ist, bevor dann später eine
Liberalisierung erfolgt.
Die Studie gibt einen umfassenden Überblick über den dänischen Glücksspielmarkt. Jedem
Leser, der Interesse an dem dänischen Modell hat, ist die Studie zu empfehlen.
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Neue Veröffentlichung in der Schriftenreihe zur Glücksspielforschung __________________________________________________________________________
Der neueste Band der Schriftenreihe zur Glücksspielforschung von Dr. Sven Buth trägt den
Titel „Subtypen pathologischer Glücksspieler – Ergebnisse einer latenten Klassenanalyse“.
Die Studie gibt einen umfassenden Überblick über Differenzierungen innerhalb der Gruppe
der pathologischen Spieler. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei das Pfadmodell von
Blaszczynski und Nower. Dieses Modell begreift die Spielsuchtgenese als zeitliche Abfolge
von kognitiven und psychologischen Entwicklungsprozessen.
Es wird aufgezeigt, dass sich die Motivation für die Spielteilnahme in Abhängigkeit von der
psychischen und seelischen Gesundheit, Persönlichkeitsmerkmalen und der Präsenz weiterer
problematischer Verhaltensweisen (z. B. Substanzmissbrauch) unterscheidet. In dem
Pfadmodell werden drei Subtypen unterschieden: der verhaltenskonditionierte Problemspieler,
der emotional anfällige Problemspieler und der antisozial impulsive Problemspieler. Es ist der
große Verdienst von Buth, nicht nur einen umfassenden Überblick über die Literatur zu den
Subtypen pathologischer Spieler zu geben, sondern auch die verschiedenen
Entwicklungspfade zu einem pathologischen Spielverhalten differenziert zu diskutieren. Es
wird weiterhin ein umfassender Überblick über empirische Untersuchungen zu Subtypen bzw.
dem Pfadmodell gegeben. Die Hauptthese der empirischen Untersuchungen von Buth besteht
in der Einteilung pathologischer Spieler in drei Gruppen: emotional (psychisch) gesunde
Spieler, emotional-vulnerable Spieler und emotional-vulnerable-impulsive Spieler.
Die ausgewerteten Daten basieren auf einer Stichprobe, welche im Rahmen eines Projektes
des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD-Hamburg) gesammelt
wurden. Die Ergebnisse der Studie verweisen darauf, dass der Erfolg von Bemühungen zur
Überwindung von Spielsucht in hohem Maße davon abhängt, welchem Grad an psychischer
Belastung die Betroffenen ausgesetzt sind. Mit einer latenten Klassenanalyse werden drei
Subgruppen pathologischer Spieler identifiziert, die sich hinsichtlich ihres Niveaus der
bestehenden emotionalen und psychischen Belastungen voneinander unterscheiden. So
verschieden die Charakteristika dieser drei Spielergruppen sind, so unterschiedlich ist auch
ihr Hilfebedarf. Somit verdeutlicht dieser Band die Notwendigkeit einer
problemgruppenspezifischen Diversifizierung des Hilfesystems bei gleichzeitiger
Intensivierung von Prävention und Post-Treatment-Begleitung. Die Differenzierung in
verschiedene Subtypen liefert eine Erklärung dafür, warum etwa 80% der pathologischen
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Spieler ohne nennenswerte formelle Therapieangebote in Anspruch zu nehmen, ihre
Problematik überwinden. Darüber hinaus wird deutlich, dass nicht nur die Versorgung von
pathologischen Spielern verbessert werden kann, wenn den Subtypen differenziert Rechnung
getragen wird, sondern auch die Maßnahmen zum Spielerschutz könnten verbessert werden.
Für die unterschiedlichen Subtypen sind auch unterschiedliche Maßnahmen im Spielerschutz
sinnvoll.
Link:
Peter Lang Verlag
Teilnahme an Expertenbefragung __________________________________________________________________________
Der geschäftsführende Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel Prof. Tilman Becker wurde im
vergangenen Jahr in einer Expertenbefragung zur Studie „CONSUMER PROTECTION IN EU
ONLINE GAMBLING REGULATION“ der „European Gaming and Betting Association“ befragt.
In der Studie geht es um die Umsetzung der Empfehlungen der Europäischen Kommission
bezüglich des Konsumentenschutzes im Online-Glücksspiel. Die Ergebnisse dieser Studie
liegen jetzt vor und können teilweise online eingesehen werden.
Link:
European Gaming and Betting Association
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Forschungsstelle Glücksspiel
Termine __________________________________________________________________________
21.02.2019
Blockchain Future Festival
Veranstalter: 0711 Büro GmbH
Veranstaltungsort: Stuttgart (Perkins Park)
Mit einem Vortrag von Prof. Dr. Tilman Becker und Dennis Schlegel (blockLAB
Stuttgart) zum Thema „Blockchain für den Glücksspiel- und Sportwettenmarkt“.
22.02.2019
Spielerschutz in Baden-Württemberg - Eine Zwischenbilanz zur Umsetzung des
Landesglücksspielgesetzes
Veranstalter: Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim, Baden-
Württembergischer Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH,
Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V., Die Zieglerschen e. V.
Veranstaltungsort: Stuttgart
12. bis 13.03.2019
16. Symposium Glücksspiel
Veranstalter: Forschungsstelle Glücksspiel
Stuttgart
03. bis 05.04.2019
24. Tübinger Suchttherapietage
Träger: Universitätsklinik Tübingen Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung,
Baden-Württembergischer Landesverband für Prävention und Rehabilitation (BWLV),
Tübinger Förderverein für abstinente Alkoholabhängige e.V.
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Impressum: __________________________________________________________________________
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Wir freuen uns über Ihre Empfehlungen zu aktuellen Publikationen und Veranstaltungen.
Das Team der Forschungsstelle Glücksspiel
_________________________________________ Besuchen Sie uns online, treten Sie direkt mit uns in Kontakt oder besuchen Sie uns auf unseren Social Media-Seiten.
Web: gluecksspiel.uni-hohenheim.de E-Mail: [email protected]
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Postanschrift: Universität Hohenheim Forschungsstelle Glücksspiel (502) Schwerzstraße 46 70593 Stuttgart Telefon: +49 (0)711 459 – 23898 bzw. 22122 _________________________________________ Redaktion: Tilman Becker, Marius Wuketich und Andrea Wöhr Wenn Sie unsere Arbeit unterstützen wollen, können Sie Mitglied des Fördervereins werden oder uns mit einer Spende unterstützen. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der folgenden Seite:
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