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01/2010 Das Journal Nr. 1/2010 - Dezember 2010 Seite 5 Gen-Diagnostik zur Verbesserung der Arzneimittel- wirksamkeit und -sicherheit Seite 14 Depression und Antidepressiva Seite 24 Innovative Antitumortherapeutika Einblicke und Ausblicke – Gegenwart und Zukunft der Pharmazie DAS JOURNAL Professor Theodor Dingermann Dr. Hiltrud von der Gathen Dr. Henrik Müller FORTBILDUNG aktuell

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ber

20

10

Seite 5

Gen-Diagnostik zur Verbesserung der Arzneimittel-wirksamkeit und -sicherheit

Seite 14

Depression und Antidepressiva

Seite 24

Innovative Antitumortherapeutika

Einblicke und Ausblicke – Gegenwart und Zukunftder Pharmazie

DAS JOURNAL

Professor Theodor Dingermann

Dr. Hiltrud von der Gathen

Dr. Henrik Müller

FORTBILDUNG

aktuell

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wir freuen uns, Ihnen heute die Premieren-Ausgabe unseres Fortbildungs-

Journals für Westfalen-Lippe zu präsentieren.

„Fortbildung aktuell – Das Journal“ bietet Ihnen eine attraktive Alternative zu

unseren klassischen Präsenzfortbildungen und unserem E-Learning-Angebot

„LEO für alle“. Denn unser Ziel ist es, von unserem Fortbildungskonzept und

–angebot möglichst alle Apothekerinnen und Apotheker in Westfalen-Lippe

zu begeistern.

Dabei lautet die Devise „Drei mal drei“: Das Journal wird ab 2011 dreimal

jährlich erscheinen. Und es wird jeweils drei Fachbeiträge enthalten.

Die erste Ausgabe steht unter dem Motto „Einblicke und Ausblicke – Gegen-

wart und Zukunft der Pharmazie“. Wir freuen uns besonders, dass Theodor

Dingermann, Professor des Jahres 2009, das Journal mit seinem Beitrag zum

Thema „Gen-Diagnostik zur Verbesserung der Arzneimittelwirksamkeit und

–sicherheit“ bereichert. Er veranschaulicht eindrucksvoll, wie das komplexe

Therapieszenario durch die Krankheit, aber auch durch die Individualität des

Einzelnen beeinflusst wird. Dank erfolgreicher Genomforschung ist die Indivi-

dualität des Einzelnen bestimmbar und kein Buch mit sieben Siegeln mehr.

Vor etwas mehr als einem Jahr starb Robert Enke. Im Artikel „Depression und

Antidepressiva - Beratung in der Apotheke“ thematisiert Dr. Hiltrud von der

Gathen die zunehmend in der Gesellschaft auftretende Krankheit Depression

und vermittelt uns einfühlsam, wie wir Patienten erfolgreich beraten können.

Welche Arzneimittel haben einen Wandel in der Tumortherapie eingeläutet?

Der Artikel „Innovative Antitumortherapeutika“ von Dr. Henrik Müller soll

Ihnen das Verständnis und die Beurteilung der wichtigsten dieser Arzneimittel

erleichtern.

Nach der Lektüre können Sie sich wie gewohnt den Lernerfolgskontrollen zu

den einzelnen Artikeln im internen Bereich unter www.akwl.de stellen und

sich damit weitere zwei Fortbildungspunkte pro LEO sichern.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen, Lernen und Punkten!

Gabriele Regina Overwiening Dr. Andreas WalterGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGaGabriele Regina Overwieninininininininininininininininininining g g g g g g g g

Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 3

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Impressum:

„Fortbildung aktuell“

der Apothekerkammer Westfalen-Lippe,

zweimal jährlich Fortbildung aktuell,

dreimal jährlich Fortbildung aktuell - Das Journal

Herausgeber:

Apothekerkammer Westfalen-Lippe,

Bismarckallee 25, 48151 Münster,

Tel: 251/520050, Fax: 0251/521650,

E-Mail: [email protected], Internet: www.akwl.de

Redaktion: Dr. Henrik Müller

Layout: Vanessa Averhage

Autoren dieser Ausgabe:

Professor Theodor Dingermann,

Dr. Hiltrud von der Gathen,

Dr. Henrik Müller

„Fortbildung aktuell“ und „Fortbildung aktuell - Das

Journal“ erscheinen ab 2011 regelmäßig fünfmal

im Jahr. Der Bezugspreis ist für die Mitglieder der

Apothekerkammer Westfalen-Lippe im Kammerbei-

trag enthalten.

Au"age: 7.500 Exemplare

Nachdruck – auch in Auszügen – nur mit

schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.

EDITORIAL

Gabriele Regina Overwiening

Präsidentin der

Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Andreas Walter

Geschäftsführer der

Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 3

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Gen-Diagnostik zur Verbesserung der Arzneimittelwirksamkeit und -sicherheit

Zwei Entwicklungen der letzten Zeit mit

einem enormen Potential für Synergie-

effekte hinsichtlich von Konsequenzen

für die Behandlung von Krankheiten

treffen mit Macht aufeinander:

-

lichen Genoms, oder genauer ge-

sagt, die Entschlüsselung mensch-

licher Genome

-

ständnis von Krankheiten.

-

radigmenwechsel gleichkommen. Wir

-

Krankheit hin zur Behandlung eines

genetischen Ausstattung, auf deren Ba-

sis sich eine Krankheit entwickelt hat,

die ihrerseits ganz typische genetische

Professor Theodor Dingermann, Frank-

kürzlich mit der Carl-Mannich-Medaille

Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 5

-

-

onsmuster eine immer stärkere Basis

-

Therapie ausgerichtet wird.

-

lagen von Krankheiten verstehen, de-

Krankheiten „einfache“ Konzepte der

Behandlung diesem Kenntnisstand

nicht mehr gerecht werden: So kön-

mit identischer Histologie in ihrem

Wachstumsverhalten und in ihrem

-

lich unterscheiden. Hinzu kommt,

dass Patientinnen und Patienten teils

dramatisch unterschiedlich auf eine

Therapie reagieren, da die

Medikamente, die sie zur The-

rapie erhalten, auf der Basis

der genetischen Ausstattung

des einzelnen Patienten sehr

-

sage der Wirksamkeit und der

gestatten, zu den wichtigsten

Trends, die derzeit die medi-

-

schen.

Hand: Könnte man diejenigen

Patienten identi$zieren, die

auch tatsächlich von der The-

rapie pro$tieren, würde man

Diagnostik jenseits des Erkennens von Krankheiten

Professor Theodor Dingermann

-

sundheitssystem von Kosten entlasten,

die gerade nutzlose Behandlungen un-

nötigerweise verursachen.

Weitläu$g wird dies als personalisierte

Konzept allerdings als strati$zierte

personalisierter Medizin spricht

man dann, wenn eine für einen ganz

-

derte therapeutische Intervention –

im Sinne eines Unikats – eingesetzt

wird.

Strati#zierung

Abb. 1 Genetische Heterogenität bei Patienten und

deren Krankheiten

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6 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

einmal gar nicht vermutet würde: die

zur Erhärtung einer Krankheitsvermu-

um angemessene, nach dem Stand

des Wissens optimale therapeutische

-

-

menge mehr und mehr in der Lage,

-

-

zu identi$zieren, die sich nicht unmit-

können: Entweder kommt es wegen

der diagnostizierten Genommutation

zu einem späteren Zeitpunkt mit an

Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-

keit zu einer Krankheit, wie z. B. im Fal-

le einer Chorea Huntington (prädiktiv-

und andere Erkrankungen – wird we-

gen der diagnostizierten Genommuta-

-

scheinlicher als das normalerweise der

-

-

stritten, und ihr Einsatz wurde jüngst

durch ein Gesetz (Gendiagnostik-Ge-

1

Prädiktive Diagnostik im Sinne von Arz-

neimittelsicherheit und -verträglichkeit

Prädiktive Gendiagnostik (oder viel-

-

Arzneimittelwirksamkeit/-verträglich-

möglichst umfassende individuelle Ty-

-

-

tienten de$niert werden, für die je-

weils angepasste Therapieschemata

Bei einer strati$zierten Therapie greift

man auf das ganz normale Arzneimit-

telrepertoire zu. Allerdings erfolgt die

Wahl der richtigen Arzneimittelthera-

pie

1. auf der Basis der molekularen Krank-

heitscharakteristika, und

2. auf der Basis der individuellen Aus-

stattung des Patienten mit Enzy-

-

mitteln verantwortlich sind.

Entscheidung zeigen sich erst dann,

wenn der Patient tatsächlich erkrankt

-

dings auf sehr innovativen Parametern

-

te Entscheidung lassen sich prinzipiell

-

men, denn diese Marker werden ver-

-

-

sächlich erkrankt.

Das Problem Diagnostik

humanen Genomsequenzen und durch

die rapide wachsenden Fortschritte in

der molekularen Charakterisierung von

Krankheiten, Krankheitsgenesen und

Ansätzen zur Behandlung von Krank-

-

Professor Theodor Dingermann

-

wirksamkeit und Arzneimittelverträg-

lichkeit eines einzelnen Patienten ver-

ist als prädiktiv-deterministisch einzu-

-

hersagen treffen, welche Arzneimittel

wirken können oder welche vertragen

-

Genetische Grundlagen

Nukleotiden, die ein menschliches Ge-

nom enthält: Etwa 3,2 Milliarden Ba-

eines haploiden Genoms und folglich

etwa 6,4 Milliarden Basenpaare die

-

auf 46 Chromosomen – 44 Autosomen

auf. Wir nennen diese Punktmutati-

onen SNPs (single nucleotide polymor-

Genome näherungsweise in circa 6,4

Millionen Bausteinen unterscheiden

können. Umgekehrt sind ca. 6,39 Mil-

identisch.

12 Millionen SNPs wurden im Rahmen

des HapMap-Projekts zwischenzeitlich

nahezu vollständig identi$ziert und

charakterisiert. Ein weiteres Resultat

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 7

Gen-Diagnostik

werden. Allerdings erhöhen derartige

Mutationen das Risiko, zu erkranken

– nämlich dann, wenn zusätzlich auch

Die unterschiedlichen „Qualitäten“

von Punktmutationen

physiologische Konsequenzen. Nur sel-

ten kann dies vorhergesagt werden, so

dass man letztlich die physiologischen

Auswirkungen einer Mutation – wie

nahezu alles in der Medizin – empirisch

ermitteln muss.

-

mutationen in nichtcodierenden Ge-

-

nelle Konsequenzen.

Punktmutationen in Kontrollregi-

gehen, dass ein nachgeschaltetes

-

tion im codierenden Bereich das Co-

das noch lange nicht, dass sich dies

sein, was dazu führen kann, dass sich

die Konzentration des Proteins im

-

zeichnen wir diesen Mutations-Typ

als „stille Mutation“ oder als einen

„synonymen Basenaustausch“, den

-

weisen kann.

-

stehen wir einen Basenaustausch,

der zu einer anderen Aminosäure-

-

-

sich die ursprüngliche und die neue

Aminosäure in ihrem chemischen

eher ähnlich sind, wird man Funk-

tions- oder Aktivitätsänderungen

nicht.

-

onen. Bei den Nonsense-Mutationen

wird ein Codon für eine Aminosäure

in ein Stoppcodon umgewandelt.

-

dass verkürzte Proteinvariationen

resultieren, die in aller Regel funk-

tionslos sind. Etliche monogene-

Nonsense-Mutationen in einem rele-

vanten Gen zurückführen. Z. B. führt

TAG (die Umwandlung des ersten

Nukleotids des Codons 39 von C

schweren Form der β-Thalassämie.

-

onen geht in aller Regel eine Base

verloren, oder es wird im Laufe der

Replikation eine Base zu viel einge-

-

sense-Mutation – ein sehr schwer-

wiegendes Ereignis, da sich dadurch

entstehen im Anschluss an die Mu-

tationsposition völlig neue Protein-

machen, so dass die resultierenden

Proteine auch in aller Regel funkti-

onslos sind.

-

dieses Projektes war die Erkenntnis,

so genannten Haplotypen, vorkom-

-

schaft geschlossen werden kann, weil

werden.

-

weder „ganz normal“ oder unschäd-

lich, und nur ein relativ kleiner Rest der

-

Mutation in einem Gen auftritt, kann

Kopie dieses Gens auf dem Partner-

chromosom funktionell kompensiert

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8 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

schwere Konsequenzen, da in einer

solchen Situation ein Intron nicht ent-

fernt werden kann und keine korrekte

mRNA entstehen kann.

individueller genetischer Charakteristi-

-

-

-

2011, Individualisierte und optimierte

Arzneimitteltherapie: Wirksamkeit und

Diagnostik molekularer Krankheits-

charakteristika

-

-

das zugrunde liegende Prinzip erkannt

hat.

-

-

3 4,

Professor Theodor Dingermann

Abb. 2 Patienten mit Kolon-Karzinom profitieren von einer Therapie mit Panitumumab nur dann, wenn sie keine Mutation im ras-Gen

aufweisen (links). Panitumumab ist gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor EGFR gerichtet und unterdrückt die Bindung von

EGF an den Wachstumsfaktorrezeptor und damit z. B. die Zellproliferation.

die zur Behandlung des Kolon-Karzi-

noms zugelassen sind. Beide Antikörper

-

zeptor – den epidermalen Wachstums-

-

%äche der Tumorzellen und verhindern,

dass der passende Wachstumsfaktor an

nicht mehr möglich, dass die Tumorzel-

len durch einen Wachstumsfaktor zur

ständigen Teilung stimuliert werden

-

türlich, dass die Tumorzellen tatsächlich

diesen Wachstumsfaktorrezeptor auch

-

getroffen wird.

so relativ enttäuschend waren die Thera-

pieerfolge, die man mit diesen Antikör-

dass sie genetisch stark verändert sind.

Und dies umso mehr, je fortgeschrittener

Karzinomen ist die Aktivierung eines

zweiten, ganz ähnlichen Signalwegs wie

der, der durch den erwähnten Wachs-

-

-

keit, wenn eine Mutation in einem Gen

Liegt eine solche Mutation vor, macht

Wachstumsfaktorrezeptor mit einem der

-

gangen wird.

Kolon-Karzinomen erkrankt waren. Bei

dem einen Kollektiv lag keine Mutation

Wie vorhergesagt erwies sich die Be-

Patienten ohne die Mutation im ras-Gen

Kollektiv mit einer Mutation im ras-Gen.

schnell und schränkten den Einsatz der

Antikörper auf solche Patienten ein, die

an einem Kolon-Karzinom ohne eine

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 9

Diagnostik im Bereich des metabo-

lischen Potentials eines Patienten

-

in allen Zellen vorhanden sind und folg-

um Mutationen in Genen, die für Prote-

ine kodieren, die eingenommene Arz-

notwendig sein, um ein Arzneimittel für

inaktives Arzneimittel – ein so genann-

tes Prodrug – im Körper zu aktivieren.

Im allgemeinen ist es so, dass die „aktive

Gendosis“, d. h. die Zahl der Gene, die

kodieren, proportional zur jeweiligen

Genkopie für ein aktives Enzym auf den

-

als „extensive metabolizer (EM)“. Ist eine

-

tiert, dass dieses Gen ein inaktives Enzym

kodiert, sprechen wir von einem „inter-

mediate metabolizer (IM)“.

Genkopien mutiert, resultiert daraus

der „poor metabolizer (PM)“-Phänotyp.

Gen-Diagnostik

Genkopie dupliziert

oder auch ampli$ziert

wir von einem „ul-

tra rapid metabolizer

(UM)“-Phänotyp (Ta-

Je nach dem ob das

Substrat für ein Me-

tabolisierungsenzym

ein Prodrug oder

ein aktiver Wirkstoff

ist, ergeben sich un-

terschiedliche Kon-

sequenzen. Wenn

man die Extreme

betrachtet, muss bei

Vorliegen eines PM-

Phänotyps bei einem Prodrug die Do-

sis erhöht, bei einem UM-Phänotyp

jedoch die Dosis reduziert werden, um

eine annähernd normale Wirksamkeit

oder Verträglichkeit erwarten zu kön-

nen. Umgekehrt verhält es sich, wenn

ein aktiver Wirkstoff verabreicht wird.

Hier muss bei Vorliegen eines PM-Phä-

notyps die Dosis reduziert, bei Vor-

liegen eines UM-Phänotyps die Dosis

deutlich erhöht werden, um eine an-

nähernd normale Wirksamkeit oder

Verträglichkeit erwarten zu können.

Die Gene, die hier relevant sind, kodie-

ren die Enzyme der Phase I- und Phase

Tabelle 1 CYP-Phänotyp und dessen Konsequenz hinsichtlich Me-

tabolisierung, wobei zwischen aktiver Substanz und Prodrug dif-

ferenziert werden muss.

II-Metabolisierung. Das sind vor allen

die Cytochrom-P450-Isoenzyme (CYPs)

und Enzyme wie N-Acetyltransferase

(NAT), Thiopurin-Methyltransferase

(TPMP), Dihydropyrimidin-Dehydro-

genase (DPD) und andere (Abb. 3). Im

Wesentlichen sind es die Enzyme, die

aus den Kuchendiagrammen heraus-

ragen, die häufig Mutationen aufwei-

sen und daher als Polymorph einge-

stuft werden.

Die gilt es zu beachten, wenn man

individuelle Probleme bei der Arznei-

mittelwirksamtkeit und Arzneimittel-

verträglichkeit verhindern will.

Abb. 3 Phase I- und Phase II-Metabolisierung. Die Enzyme, die aus den Kuchendiagrammen herausragen, weisen häufig Mutationen auf.

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1. Aktivierung eines Prodrugs

-

Cytochrom-P450-Enzyme chemisch in

-

-

zinomen eine ähnliche Rolle spielt, wie

-

Auch er vermittelt Wachstumssignale –

-

Tumors, von dem gezeigt wurde, dass

-

-

Wachstum von Resttumorzellen, die

nicht operativ entfernt werden konn-

-

muli in den Zellkern zu senden.

10 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Professor Theodor Dingermann

Betroffene Frauen nehmen das Medi-

-

gie ist sehr erfolgreich. Allerdings auch

hier wieder nicht so erfolgreich, wie das

theoretisch zu erwarten wäre.5,6

dass einige Patientinnen nicht in der

-

deln. Schuld daran ist ein unzureichend

aktives Enzym aus der Gruppe der Cy-

-

Wirkstoffs nicht generieren können.

genetische Testung von Patientinnen,

-

opa ist man hier noch deutlich zurück-

haltender.

Abb. 4 Aktivierung von Tamoxifen zur Wirkform Endoxifen. Unzureichende Aktivität von

CYP2D6 sorgt für fehlende Wirksamkeit von Tamoxifen.

2. Veränderte Metabolisierung

von CYP2D6-Substraten

Unter den Cytochrom-P450-Isoenzy-

-

-

wirksamkeit und Arzneimittelverträg-

lichkeit verursachen kann.

Folgende CYP2D6-Allele sind in diesem

Kontext von Relevanz:

-

typ. Zusammen mit dem Haplotyp

charakterisieren diese Allele den so

-

Position 296 im Protein zu einem

Aminosäureaustausch von Argenin

nach Cystein kommt, hat das physio-

logisch keine Konsequenzen.

-

sentiert ein komplett funktionsloses

Nukleotids zu einer Leserastermuta-

tion und in der Konsequenz zu einer

-

synthese kommt. Unter Kaukasiern

-

nien praktisch nicht vorkommt.

-

-

stische Mutation dieses Haplotyps

pharmazeutischer Sicht ein hoch re-

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 11

Gen-Diagnostik

Abb. 5

Abb. 6

-

-

quenz, wohingegen andere Ethien

Gens. Man $ndet dieses Allel in fast

-

-

-

Translation eines funktionsfähigen

Proteins nicht mehr möglich macht.

unter Kaukasiern. Allerdings liegt

die Frequenz dieses Allels unter der

-

plotyp, der phänotypisch auffällig

-

kleotiden ist die Aminosäure Lysin

Proteins und damit eine reduzierte

Proteinkonzentration zur Folge ha-

dieses Allels nicht unumstritten ist,

wird es heute zu den Allelen mit ein-

geschränkter Funktionalität gezählt.

-

-

Teilweise ist dieser Haplotyp sogar

das dominante Allel, so dass auch Einfluss von Mutationen auf die Enyzmaktivität und daraus resultierende Dosisanpassungen

am Beispiel von Antidepressiva und Neuroleptika.7

Abb. 7

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12 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Professor Theodor Dingermann

homozygote Träger sehr häu$g

entsprechenden Medikamenten ver-

ursachen kann.

-

durch Aminosäureaustausche einen

Phänotyp.

-

Und leicht lässt sich vorstellen, zu wel-

chen unerwünschten Arzneimittelwir-

kungen es praktisch kommen muss,

wenn solche Patienten mit den Norm-

aufzählen, wo heute schon eine The-

rapie entscheidend optimiert werden

könnte, wenn man in die Therapie-

entscheidung nicht nur Krankheitsre-

levante Parameter, sondern auch Pati-

-

-

-

wirken können.

-

-

enten müssen höhere Konzentrati-

onen an Wirkstoff erhalten. Werden

sie mit einem Prodrug therapiert, so

das Prodrug durch die erhöhte En-

zymaktivität sehr ef$zient in die ak-

-

-

depressiva oder Neuroleptika.

Prof. Kirchheiner die Wirkstoffe unter-

-

7

Man erkennt wie stark teilweise die

-

-

ZUSAMMENFASSUNG

molekularen Medizin wissen.

Krankheit einerseits und den Patienten andererseits.

-

rieren sollte.

-

-

-

klinischen Studien nahelegen.

Literatur:1 -

desrecht/gendg/gesamt.pdf2 -

diktive Gendiagnostik in den Händen des

Apothekers. Pharm. Ztg. 151, 608-6193

-

dicines/000558/ human_med_000769.

4

-

dicines/000741/human_med_001128.

5

113-216 Schroth W, Antoniadou L, Fritz P et al.

-

7 J Kirchheiner, K Nickchen, M Bauer, M-L

Wong, J Licinio, I Roots and J Brockmöller

-

of allelic variations to the phenotype of

drug response. Molecular Psychiatry 9,

442–473

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aus Angst als Schwächling dazustehen,

aus gut gemeinten Ratschlägen der

-

fen.

hinaus das Augenmerk auf eine Er-

krankung gerichtet, an der statistisch

gesehen jeder 5.

erkrankt. Frauen

-

troffen als Männer,

schwerer fällt, Hil-

fe in Anspruch zu

ihnen die Gefahr von Suizidversuchen

-

-

land etwa 4 Millionen Menschen von

-

treut. Bei ca. 1 Million wird die richtige

sich wegen anderer Beschwerden in

Behandlung, hinter denen sich jedoch

den richtig diagnostizierten Patienten

werden weniger als die Hälfte ausrei-

Behandlung sind nur noch wenige

100.000 Patienten compliant.2

„Depression ist eine organische Erkrankung und nichts,

wofür man sich schämen muss.

Sie unterscheidet sich nicht so wesentlich von einem

Meniskusabriss, wie man in der ruppigen Fußballwelt

vielleicht denkt.“1

-

14 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Depression und Antidepressiva - Beratung in der Apotheke

Dr. Hiltrud von der Gathen

Dr. Hiltrud von der Gathen, Castrop-

-

Ickerner Mark-Apotheke, Castrop-

Depression - Hintergrundwissen

-

Was war geschehen? Weltmeister-

schaft? Europameisterschaft? Ein Sieg

in der Champions League?

Nein – der mehrfach in Umfragen des

1 Sein

nahezu erstarren und löste europaweit

-

nie gehört hatten, wurden von dem

Sog kollektiver Trauer mitgerissen.

-

pression. Sein Tod konfrontierte mit

und des Wegsehens gelegt wird. Ein

-

-

kend muss gesagt werden, dass sich

-

Erfolg sich nicht von einem Tag auf den

anderen einstellt.

„Depression,

das ist nicht Traurigkeit,

das ist Grauen.“

amerikanischer Schriftsteller, der de-

Hier ist Aufklärung angesagt, hier ist

das Beratungsteam der Apotheke ge-

fordert, dem Patienten mit Rat und Tat

-

mögliche Erkrankung anzusprechen,

ihm organische Auslöser und Behand-

lungsmöglichkeiten aufzuzeigen und

ihm dringend in seinem eigenen In-

teresse zu raten, einen Arzt/Facharzt

lassen.

Wie äußert sich eine Depression?

-

schiedene Einträge zu dem Stichwort.

-

drom“ charakterisiert die Erkrankung

-

drom“ drückt aus, dass es sich um einen

um ein einzelnes Symptom handelt.

Im Zentrum des Emp$ndens steht der

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-

nel, an dessen Ende er kein Licht erkennen kann und auch

-

ten können.

Was sollte das Team bei der Kommunikation mit depressiven Pa-

tienten beachten?

sogar erfahrene Psychiater eine tiefe, von innen heraus auf-

Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 15

Depression und Antidepressiva

Robert Enke (1973-2009)

Das Foto wurde mit freundlicher Unterstützung der Robert-Enke-Stiftung

zur Verfügung gestellt.

„Die Depression

ist eine Erkrankung der „Losigkeiten“.

Der Erkrankte fühlt sich gefühllos, hoffnungslos, schlaf-

los, antriebslos, hil"os, freudlos.“3

-

4

Gerade dieses Unvermögen der Mitmenschen ist für den Pa-

das Gefühl „Schlechtdraufsein“ zu kennen, und sparen nicht

Sinn des Wortes Rat-„Schläge“ und werden vom Patienten

auch so empfunden. Sie sind meistens sicher gut gemeint,

-

-

traurig zu sein, das sicher jeder Mensch schon einmal kennen

So sollte das Beratungsteam der Apotheke sich im Gespräch

mit einem depressiven Patienten hüten, Ratschläge zu ge-

denen er gar nicht in der Lage ist, da das „Nichtkönnen“

-

-

-

mert alles nur noch.

-

Situation für Sie“, „Ich sehe, das es Ihnen nicht gut geht“.

Im Gespräch sollten Fragen vermieden werden wie „Wann

-

tient erneut mit seinen negativen Emp$ndungen auseinan-

denn die ganze Zeit ausgehalten? „Was hat Ihnen geholfen,

Ihr Leid zu tragen?“, da nun die Gedanken auf mögliche po-

sitive Ereignisse fokussiert werden.4

Auch ist es wenig hilfreich, dem Patienten vor Augen zu hal-

-

der wohlgeraten sind, der Ehepartner verständnisvoll ist, die

-

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an einen notwendigen Wechsel der

Perspektiven heranzuführen und de-

verändern.

Im Gespräch in der Apotheke ist es

dass er eine gute Chance hat, wieder

„ganz gesund, ganz der Alte zu wer-

den“, wenn er die Therapie richtig zu

ihrer Gesundung, dass dieser fortwäh-

rende Hinweis während der Therapie

sehr wichtig war, auch dann, wenn sie

es in der akuten Situation nicht glau-

Gesagten verspürten.4

-

-

tor Andrew Solomon in seinem Buch

„Saturns Schatten“, „fühlen wir uns

-

-

mung zerstören sie sowohl Bindungen

an andere als auch die Fähigkeit, in

Wie wird eine Depression ausgelöst?

-

-

wechsels im Gehirn.

Wie Untersuchungen an eineiigen Zwil-

Code allein nicht für die Auslösung ei-

4

„Der Depressive ist so wenig in der

Lage, Gefühle zu emp�nden,

wie er mit einem gebrochenen Fuß

laufen könnte.“1

Plank-Instituts für Psychiatrie, München

16 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Hiltrud von der Gathen

Umwelt hat vielmehr einen entschei-

denden Ein%uss.

-

von Anerkennung und persönlicher

-

-

pression verwechselt werden. Manche

Menschen können jedoch in eine End-

losschleife der Trauer hineingeraten,

in der sie wie in einem Hamsterrad das

-

-

sion ist folglich eine organische Erkran-

kung wie Herzinsuf$zienz, Magenulcus

Erklärungsversuche für die Pathogene-

wichtigsten gehört die Monoamin-

Mangel-Hypothese. Im Zentrum des

Geschehens steht ein Ungleichgewicht

der Monoamine, vor allem der Boten-

stoffe Serotonin und/oder Noradrena-

lin.5

-

Ungleichgewicht wie-

-

gen und hemmen die

Wiederaufnahme der

-

sultieren höhere Kon-

zentrationen der Trans-

mitter im synaptischen

Spalt und eine anschlie-

Während die pharma-

kologische Wirkung der

greift, kann die klinische Besserung der

-

an Botenstoffen und die daraus resul-

-

dichte die einzige Ursache für Erkran-

kung und Therapieerfolg ist.

dass der Entzug der essenziellen Ami-

nosäure Tryptophan aus der Nahrung

zu einer Senkung des Serotonin-Ge-

einer gestörten synaptischen Plastizität

Knüpfen und Lösen von synaptischen

-

-

Hypothese liefert einen interessanten

Ansatz für eine Erklärung, warum Psy-

-

ner direkten Beein%ussung und Akti-

vierung der synaptischen Aktivität und

Plastizität.5

�����������

Abb. 1 Das Antidepressivum reguliert/stabilisiert bestimmte

Botenstoffe im Gehirn, bringt die Botenstoffe wieder in

Balance, gleicht die Botenstoffe aus, hilft dem Gehirn, die

Botenstoffe besser zu managen.

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Tabelle 2 Fragebogen der WHO

Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 17

Depression und Antidepressiva

wenn er im Beratungsgespräch in der

aufgeklärt wird. Man kann den Auslö-

-

-

-

helfen, diesen Zuckerhaushalt wieder

-

sammennehmen den Zuckerspiegel zu

normalisieren, gelingt es einem an ei-

-

gan erkrankt ist, dass ein Ungleichge-

-

sitive Gefühle verantwortlich sind, ist

Erklärung entlastet den Patienten en-

orm, da er die Erkrankung weniger als

-

-

menschen seine Erkrankung adäquat

zu erläutern.

So steigt das Risiko nach Herzinfarkt,

-

-

-

der Altersdepression in unserer Gesell-

In den letzten beiden Wochen…

Die ganze Zeit

(5 Punkte)

Meistens

(4 Punkte)

Über die Hälfte der Zeit(3 Punkte)

Weniger als die Hälfte der Zeit(2 Punkte)

Ab und zu

(1 Punkt)

Zu keinem Zeitpunkt

(0 Punkte)

(1) bin ich froh und guter Laune

(2) fühle ich mich ruhig und entspannt

(3) fühle ich mich aktiv und voller Energie

(4) fühle ich mich beim Aufwachen frisch und ausgeruht

(5) ist mein Alltag vol-ler Dinge, die mich interessie-ren

Körperliche Erkrankung Depressionshäu#gkeit in %

Myokardinfarkt 20

30 - 50

30 - 50

20 - 30

40

Chronisches Nierenversagen 20 - 30

Tabelle 1 Körperliche Erkrankung und Depressionshäufigkeit

schaft ein weit unterschätztes. Hier sind

die Erkrankung und ihre notwendige

Behandlung aufzuklären. Alten Men-

schen kann dadurch zusätzliches Leid

gelindert werden.6,7

erkranken.8

Wie wird eine Depression festgestellt?

einen erfahrenen Hausarzt/Facharzt er-

Empfehlung von Johanniskrautpro-

dukten in die Hand des Apothekers.

-

wickelt, der dem Arzt eine erste Ein-

schätzung der möglichen Erkrankung

Das Ergebnis ergibt sich durch einfaches

Addieren der Punkte bis auf maximal 25

Punkte. 0 Punkte bedeutet geringstes

Wohlbefinden und niedrigste Lebensqua-

lität, 25 Punkte größtes Wohlbefinden

und höchste Lebensqualität. Bei einer

Punktzahl von ≤ 13 Punkte besteht der

Verdacht auf eine depressive Störung.

In einem nächsten Schritt wird die Ein-

teilung der Depression in leicht, mittel,

schwer vorgenommen.

Grundlage sind die von WHO erstellten

ICD-10 Kriterien, die vom DIMDI heraus-

gegeben werden.9

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Depression“ veröffentlicht und kann wie

alle Leitlinien unter www.versorgungs-

leitlinien.de oder www.awmf-leitlinien.

de eingesehen werden.12

Abb. 2 stellt das Therapieschema vor.

Bemerkenswert ist, dass bei leichtem oder

mittlerem Schweregrad alternativ Psycho-

therapie oder Phamakotherapie empfoh-

len wird, bei der leichten Form sogar erst

dem Freundeskreis, bes-

ser mit dem Erkrankten

umgehen zu können.

Dabei ist es wichtig, im

Auge zu behalten, dass

eine Therapie nicht 100 %

vor einem Suizid schützen

kann. Sie könnte das nur,

wenn der Patient in eine

Zwangsjacke gehüllt, an

eine Eisenkugel gefes-

selt, von einem Wärter

rund um die Uhr über-

wacht würde. Dies wäre

jedoch mit der mensch-

lichen Freiheit nicht zu

vereinbaren. Dennoch ist

der Name „Freitod“ in

diesem Zusammenhang

kritisch zu sehen. Der Er-

krankte wählt nicht frei-

willig den Strick oder den

Zug. Die biochemischen

Veränderungen seiner

Gehirnstruktur weisen

ihm diesen Weg als letz-

ten Ausweg.

Außerdem verursacht

eine Depression hohe

Kosten im Gesundheits-

wesen. Bei den Krank-

schreibungstagen lag

Depression im Jahr 2008

auf Platz 3 nach Rücken-

schmerzen und akuten

Erkältungen. Fast 5 %

aller Fehltage beruhen auf der Diagnose

„depressive Episode“. Die Bundesagen-

tur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

schätzt die volkswirtschaftlichen Kosten

durch Produktionsausfall für 2007 auf 4,4

Milliarden Euro.11

Wie wird eine Depression behandelt?

Seit November 2009 ist die S3-Leitlinie/Na-

tionale Versorgungsleitlinie „Unipolare

18 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Hiltrud von der Gathen

Zu den Hauptsymptomen einer Depressi-

on zählen demnach:

-

keit

Als Zusatzsymptome gelten:

-

merksamkeit

Selbstvertrauen

-

perspektiven

Symptomkombinationen, die mindestens

zwei Wochen bestehen, führen zu der fol-

genden Einteilung:

2 Haupt- plus 2 Zusatzsymptome

2 Haupt- plus 3-4 Zusatzsymptome

3 Haupt- plus 4 und mehr Zusatzsymp-

tome

Eine weitere Einteilung bietet die Hamil-

ton-Depression-Skala.10

Warum muss eine Depression behan-

delt werden?

Die Depression ist eine potenziell tödli-

che Erkrankung wegen der Gefahr eines

Suizides. In Deutschland sterben mehr

Menschen durch Selbstmord allgemein als

durch Verkehrsunfälle. Wie das Kompe-

tenznetz Depression meldet, wird jeder 2.

Selbstmord von Depressiven verübt. Etwa

10 bis 15 % aller depressiven Patienten

bringen sich um.9

Die Therapie schützt folglich den Patien-

ten vor einer Gefährdung seiner selbst.

Sie hilft auch dem Umfeld, der Familie,

Abb. 2 Therapie depressiver Störungen nach

der Leitlinie „Unipolare Depression“

Differentialdiagnostik der Depression

Leichte

Depression?

Mittelgradige

Depression ?

Schwere

Depression?

Aufklärung /

Psychoedukation

Aufklärung /

Psychoedukation

Aufklärung /

Psychoedukation

Ja Ja Ja

Partizipative

Entscheidung

Partizipative

Entscheidung

Partizipative

Entscheidung

Aktiv abwartende

Begleitung

(14 Tage)

Anhaltende/

verschlechterte

Symptomatik

Ja

Psychotherapie

ODER

Pharmakotherapie

Psychotherapie

ODER

Pharmakotherapie

Psychotherapie

ODER

Pharmakotherapie

Beobachten / Monitoring (1x/Woche)

Klinische Wirkungsüberprüfung

nach 3-4 Wochen

Besserung

> 50%

Besserung

< 50%

Fortsetzen der

Therapie

Monitoring alle

2-4 Wochen ab

dem 3.Monat

> 4 Wochen

Ja

Therapieanpassung

/ Ergänzung

Monitoring alle

1-2 Wochen

Ja

Ja

Ja Ja

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nach einer 14 Tage andauernden aktiven, abwartenden Beglei-

tung. Erst ab der dritten Stufe wird eine Pharmakotherapie obli-

gatorisch angeraten, ebenfalls begleitet durch Psychotherapie.

Der Ansatz, eine leichte oder mittelschwere Depression ohne Arz-

neimittel, allein mit Psychotherapie in den Griff zu bekommen,

wird sicher von vielen Seiten begrüßt. Die zur Therapie einge-

setzten Psychopharmaka haben sowohl bei der Bevölkerung als

auch in der Presse als auch in der Politik ein schlechtes Image.

Der positive Einfluss der Psychotherapie wird sicher von nieman-

dem bestritten. Vor überzogenen Erwartungen an eine „Thera-

pie ohne Nebenwirkungen“ muss jedoch eindrücklich gewarnt

werden. Zum Einen wirkt die Psychotherapie wie die Pharma-

kotherapie erst nach einer Latenzzeit von mehreren Wochen. Es

stellt sich zu recht die Frage, wie der Patient diese Zeit übersteht.

Zum Anderen gibt es bei der Psychotherapie ähnlich wie bei Arz-

neimitteln „Unverträglichkeiten“ und „Nebenwirkungen“. Muss

der Patient nach einigen Wochen feststellen, dass er mit dem

eingeschlagenen Weg der Psychotherapie, mit dem Psychothe-

rapeuten nicht zu recht kommt, ist wertvolle Behandlungszeit

vertan.

Wie lange sollte eine Depression behandelt werden?

Die kluge Antwort lautet: „So lange wie nötig.“ Diese Antwort

ist differenziert zu betrachten. Die Leitlinie empfiehlt, nach Re-

mission der Symptome mindestens 4 Monate weiter zu behan-

deln. Da die Remission frühestens nach 4 bis 6 Wochen eintritt,

dauert eine Behandlung mindestens 6 Monate.

Die frühere Ansicht, dass die Depression episodenhaft auftritt,

nur vereinzelt im Leben vorkommt, weicht zunehmend der Er-

kenntnis, dass sie eher eine chronische oder chronisch-rezidivie-

rende Erkrankung ist. Ähnlich wie an einer

Grippe kann man mehrmals im Leben an ei-

ner Depression erkranken. Ca. 20 % der Pa-

tienten bleiben nach einer erfolgreichen Be-

handlung dauerhaft gesund. Wenn die erste

Episode im Alter von über 50 Jahren auftritt,

ist wahrscheinlich eine Dauerbehandlung

zur Prophylaxe weiterer Schübe nötig. Das

Gleiche gilt, wenn es in jüngeren Jahren zu 3

Episoden innerhalb von 5 Jahren gekommen

ist.13

Es ist immer sinnvoll, nach einer längeren be-

schwerdefreien Zeit einen Auslassversuch zu

unternehmen und die Arzneimittel ausschlei-

Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 19

Depression und Antidepressiva

chend abzusetzen. Dies darf aber nur unter intensiver ärztlicher

Beobachtung geschehen, um festzustellen, ob die Symptome

wiederkehren. Nur so kann die Behandlung wenn nötig recht-

zeitig fortgesetzt werden.

Antidepressiva - Hintergrundwissen

Zum Einsatz kommen Nicht-Selektive-Monoamin-Reuptake-Inhi-

bitoren (NSMRI) wie Amitriptylin und Selektive-Monoamin-Reu-

ptake-Inhibitoren (SMRI) wie Citalopram. Flankierend können

vor allem zu Therapiebeginn auch Tranquillantien wie Benzodia-

zepine eingesetzt werden.

Kaum eine Arzneimittelgruppe ist so starken Diffamierungen

ausgesetzt wie die Psychopharmaka und damit auch die bei De-

pression eingesetzten Antidepressiva und Tranquillantien (Abb.

3). Laut Pschyrembel sind Psychopharmaka Heilmittel, die die Ak-

tivität des ZNS beeinflussen. Man behandelt folglich ein Organ

und nicht die Seele, wie der Name „Psychopharmaka“ vermuten

lassen könnte. Eine Behandlung der Seele als nicht-stoffliches

Gebilde ist prinzipiell nicht möglich.

Das in der Bevölkerung tief verankerte Bild der Psychopharma-

ka beschwört Szenarien herauf, wie mit Tabletten und Tropfen

„vollgepumpte“ Menschen teilnahmslos mit stumpfem Gesichts-

ausdruck ihr Dasein in Anstalten fristen und offenbar kaum zu

einer menschlichen Regung mehr fähig sind. Ihre ursprüngliche

Persönlichkeit scheint verändert, vielleicht sogar irreversibel ver-

loren gegangen zu sein.

Der preisgekrönte Film „Einer flog übers Kuckucksnest“ von Mi-

los Forman aus dem Jahr 1975 prägt ein grausames Bild der Psy-

chiatrie bis heute. Der Korea-Kriegsveteran McMurphy, brillant

von Jack Nicholson gespielt, wird nach einem eindrucksvollen

Abb. 3 Entwicklung der Verordnungshäufigkeit von Psychopharmaka zwischen 1999 und 2008 (s. Arzneimittelverordnungsreport 2009).

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20 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Hiltrud von der Gathen

Worauf sollte bei einer Erstverordnung

Antidepressiva hingewiesen werden?

Antidepressiva werden in der Regel so-

wohl einschleichend als auch ausschlei-

chend dosiert. Durch die einschleichende

Dosierung werden Unverträglichkeiten

so weit wie möglich vermieden. Die aus-

schleichende Dosierung verhindert ein er-

neutes Aufflammen der Erkrankung. Aus

der Notwendigkeit der ausschleichenden

Dosierung ergibt sich der unbedingte

Hinweis an den Patienten, dass eigen-

mächtige Dosisänderungen oder gar ei-

genmächtiges Absetzen schwere Folgen

haben können. Nicht selten werden Ab-

setzphämomene wie Unruhe, Nervosität,

Stromschlaggefühle dann als Abhängig-

keit vom Arzneimittel interpretiert. Diese

Interpretation ist falsch. Vom Patienten ist

ein therapieadäquates Verhalten zu for-

dern. Wenn er sich beispielsweise zu einer

Knieoperation entschließt, dann weiß er

vorher, dass er nach erfolgter Operation

eine gewisse Zeit nur mit Gehhilfen gehen

darf. Er darf sie nicht zu früh weglegen,

weil er deren Nebenwirkungen spürt wie

beispielsweise Schmerzen in den Armen

oder Schultern oder weil er bemerkt, dass

die Muskeln in dem nicht belasteten Bein

sichtbar abgebaut werden. Die zu frühe

Belastung des operierten Beins bedroht

den Erfolg der Operation immens.

Vor Beginn der Behandlung muss dem de-

pressiven Patienten deshalb klar gemacht

werden, dass er sich auf eine mindestens

sechsmonatige Therapiedauer einstellen

muss. Dieser lange Zeitraum sollte nicht

als Belastung, sondern als Notwendigkeit

empfunden werden. Aus diesem Grund

ist es wichtig, dem Patienten die Angst

vor der Einnahme des Arzneimittels zu

nehmen. Ihm ist die Wirkung patienten-

gerecht zu erläutern, damit es nicht eine

black-box für ihn darstellt, sondern eine

in der Wirkung kalkulierbare Substanz,

die seine Empfinden positiv beeinflusst

und die Erkrankung wirksam lindert.

Außerdem muss darauf hingewiesen

werden, dass sich seine Stimmung in den

ersten zwei Wochen wahrscheinlich nicht

ändern wird. Bedauerlicherweise nimmt

er bei allen Antidepressiva die Neben-

wirkungen früher wahr als die Hauptwir-

kung. Hier ist Durchhaltevermögen ge-

fragt. Wird der Patient über die Wirkung

aufgeklärt und nicht darüber im Unklaren

gelassen, wird sein Wille, die Therapie

durchzuhalten, nachhaltig gestärkt.

Dazu sind Hinweise zur Beeinträchtigung

der Reaktionsfähigkeit bei der Abgabe

aller Antidepressiva wichtig. Der Pati-

ent muss wissen, dass der Versicherungs-

schutz erlischt, wenn bei einem Unfall

ein Kausalzusammenhang mit der Arz-

neimitteleinnahme besteht. Sogar ein

Führerscheinentzug kann die Folge sein.

Aus diesem Grund ist der Patient darauf

hinzuweisen, dass er besonders nach Erst-

einnahme die eigene Reaktionsfähigkeit

eingehend beobachtet und die nötigen

Schlussfolgerungen daraus zieht. Im Falle

der Selektiven-Serotonin-Reuptake-Inhi-

bitoren wie Citalopram (Cipramil®) oder

Sertralin (Zoloft®) ist kaum eine Sedie-

rung zu erwarten. Deshalb reicht hier die

Beobachtung im Allgemeinen aus. Da die

Nicht-Selektiven-Monoamin-Reuptake-

Inhibitoren wie z. B. Amitriptylin (Saro-

ten®), Opipramol (Insidon®), und Doxe-

pin (Aponal®) ausgesprochen sedierend

wirken, sollte hier dem Patienten geraten

werden, in den ersten Tagen weder ein

Kfz zu führen noch Maschinen zu bedie-

nen, bei denen ein Unfallrisiko besteht.

Auch Zweiradfahrer oder Fußgänger soll-

ten über die Beeinträchtigung der Reak-

tionsfähigkeit Bescheid wissen, damit sie

ihr Verhalten anpassen können.

Der Genuss von Alkohol sollte während

der Therapie mit Antidepressiva gänzlich

unterbleiben. Auf eine daraus resultie-

rende Potenzierung der Nebenwirkungen

muss der Patient hingewiesen werden.

Für die Nicht-Selektiven-Monoamin-Reu-

ptake-Inhibitoren/NSMRI empfiehlt das

Wirkstoffdossier der ABDA-Datenbank

Alkoholkarenz. Die Alkoholtoleranz ist

vermindert. Die zentrale Dämpfung wird

Antidepressiva

… machen nicht abhängig… helfen, das Licht am Ende

des Tunnels zu sehen

… verändern nicht die Persönlichkeit… geben Mut,

die Erkrankung zu überstehen

… sind keine „Mach-mich-glücklich-Pillen“

… sind eine Gehhilfe für den Weg aus der Depression

… verändern nicht das Bewusstsein … helfen zur alten Persönlichkeit zurück

… führen nicht zu Apathie

... steigern nicht zwangsläufig Appetit und Gewicht

Tabelle 3 Notwendige Imagekorrektur der Antidepressiva

Aufmischen seiner Mitpatienten in der

Psychiatrie vollkommen ruhig gestellt

und sitzt mit absolut leerem Blick völlig

teilnahmslos herum. Das ist das Schicksal,

das Patienten fürchten, und hier ist Auf-

klärung notwendig.

Tabelle 3 gibt eine Übersicht über die

notwendige Imagekorrektur. Über die In-

halte ist der Patient im Beratungsgespräch

aufzuklären, damit er nicht aus Unkennt-

nis, aus Sorge über die angewandten Arz-

neimittel, die notwendige medikamentö-

se Therapie abbricht oder gar nicht erst

beginnt.

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 21

Depression und Antidepressiva

Inhalte der Beratung

bei der Erstverordnung von Antidepressiva

- Einschleichende und ausschleichende Dosierung

- Angaben zur Therapiedauer

- Angaben zum Einsatz des therapeutischen Effekts

- Beeinflussung der Reaktionsfähigkeit

- Umgang mit Alkohol

Welche Interaktionen

sind bei der Anwendung zu beachten?

Als unerwünschte Wirkungen kann die Anwendung von

interagieren einzelne Arzneistoffe mit dem Cytochrom-P-

Wirkung verändert werden können.15

Serotonin-Syndrom -

Einnahme mehrerer serotonerg wirkender Stoffe entsteht.

mentale, autonome und vegetative Symptome. Zu den men-

zu den neuromuskulären Krämpfe und zu den vegetativen

vermehrtes Schwitzen.

Zu den serotonerg wirkenden Antidepressiva gehören so-

-

-

-

16

-

achten.

QT-Zeit-Verlängerung -

verstärkt. Bei Einnahme der Selektiven-Serotonin-Inhibitoren/

SSRI ist Vorsicht geboten. Der Einfluss auf die Verkehrstüchtig-

keit wird als gering eingestuft. Auf größere Mengen Alkohol ist

immer zu verzichten.14

-

on mehrer Arzneistoffe hervorgerufen, die dieses Phänomen

CERT-Klassi$zierung in drei Klassen eingeteilt. Klasse 1 ver-

ursacht das höchste Risiko. Hier $ndet man unter anderem

verschiedene Neuroleptika, Amiodaron, Sotalol, Clarithro-

die SSRI als auch die NSMRI.

Agranulozytose -

-

-

Cytochrom-P-450-Systems in der

-

in ihrer Wirkung verändert werden können. Weiterhin ist es

-

gehemmt wird, können andere Arzneistoffe unter Umstän-

den stärker wirken.

-

-

-

17

-

-

-

nommen werden müssen.

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22 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Hiltrud von der Gathen

ZUSAMMENFASSUNG

sich nicht um eine Erkrankung der Psyche, der Seele han-

-

-

-

lehnt werden.

-

spräch soll das kommunikativ geschulte, pharmazeutische

-

machen können, was der Patient von einer Therapie erwar-

ten kann und wie er Antidepressiva richtig anwendet.

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe, wie es weitergeht!

In Teil 2 wird das für die kompetente Beratung notwen-

dige Spezialwissen zu den Selektiven-Serotonin-Reuptake-

-

Argumenten der Patienten motiviert werden kann, sich

-

Literatur:

1 Er hielt es nicht mehr aus, Spiegel 2009, 47.

2 -

pharmaka“ Westfälisch-lippischer Apothekertag 2007.

3 -

4 -

haus, 4. Au%age 2009.

5

6

7

Kohlhammer, Stuttgart 2005.

8

9

10

11

12

13

14 -

15 Gerdemann, A.; Griese, N.: Interaktionscheck in der Apotheke,

16

17 AMK Mitteilung 12, März 2010

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 23

Depression und Antidepressiva

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24 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Innovative Antitumortherapeutika

Dr. Henrik Müller

Dr. Henrik Müller, Münster

-

kammer Westfalen-Lippe

-

Hoffnungslosigkeit prägen die ersten

Gedanken nach dem Befund. Wie lan-

-

Hil%osigkeit, die in eine Phase der An-

Im Jahr 2006 wurden etwa 426.000 Men-

1 Bei den Frauen hat

60.000 Neuerkrankungen den traurigen

-

kungen.2

Bundesamtes sind Tumorerkrankungen

nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen

die zweithäu$gste Todesursache in

-

desfälle gehen auf Tumorerkrankungen

zurück.2

Abb.1 Die häufigsten Todesursachen von Männern und Frauen in Deutschland im Jahr 2008

der operativen Entfernung des Tumors,

der Strahlentherapie und der medika-

mentösen Behandlung mit Zytostatika

dank der Entwicklung neuer Arznei-

stoffe sehr verändert.

-

agieren mit so genannten Proteinki-

nasen, die in den letzten Jahren als

Angriffspunkte neuer onkologischer

Therapieansätze identi$ziert wurden.

-

-

-

und sorgt sie für eine selektive Zerstö-

-

kungen?

ausgewählte innovative Antitumorthe-

Zytostatika

Das physiologische Prinzip einer Zytos-

tatika-basierten Chemotherapie besteht

darin, schnell teilende Tumorzellen se-

lektiv zu zerstören. Eine vollständige

Selektivität gibt es nicht, daher werden

immer gesunde, sich häufig teilende Zel-

len ebenfalls beschädigt und zerstört. Be-

troffen sind dabei beispielsweise die Epi-

thelzellen der Schleimhaut (Mukosa) des

Verdauungstraktes sowie die blutbilden-

den (hämatopoetischen) Zellen im Kno-

chenmark. Die Folge sind schwerwiegen-

de Nebenwirkungen wie Entzündung der

Mundschleimhaut, Durchfall, Haarausfall,

Übelkeit, Erbrechen.

Physiologische Funktion der Proteinki-

nasen

Wenn man die Bedeutung der Proteinki-

nasen in Tumorzellen verstehen will, muss

man sich zunächst vor Augen führen, dass

die Proteinkinasen keine „Erfindungen“

oder spezifischen Merkmale von Tumor-

zellen sind, sondern ebenfalls in gesunden

Zellen im Körper vorkommen. Wussten

Sie, dass Proteinkinasen die zweitgrößte

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 25

Innovative Antitumortherapeutika

kann dadurch zu- oder abnehmen. Stellen

Sie sich die durch Proteinkinasen realisier-

te Phosphorylierung als einen molekula-

ren Schaltmechanismus vor! Dieser mole-

kulare Schalter wechselt von der „Aus“ in

die „An“-Position und gewährleistet, dass

der von außen an die Zelle gerichtete Sti-

mulus in eine biologische Antwort über-

setzt wird.4

Wie wird der Prozess der Signalübertra-

gung auf molekularbiologischer Ebene

in Gang gesetzt?

In Kurzform läuft die Aktivierung ei-

ner solchen Proteinkinase in folgenden

Schritten ab: (1) Die Bindung des Ligan-

��

���

��������� ������������

������������������������������������������������

�������������������������� ����

������� ��������������������!������

� �

Abb. 2 Übertragung eines extrazellulären Signals nach intrazellulär und Überset-zung in eine biologische Antwort über Proteinkinasen – Gegenspieler: Proteinphosphatasen.

�������

���

�� ������������ ����������������

������������ ����������!���� "��#�� ��#���

��� ��� ���

Abb. 3 Verlauf der Aktivierung einer Proteinkinase

den (z. B. ein Wachstumsfaktor) an seine

Zielstruktur bewirkt die Aktivierung. (2)

Zwei Rezeptor-Einzelteile verschmelzen

zu einer funktionsfähigen Einheit. Diesen

Vorgang nennt man Dimerisierung. (3)

Danach folgt die Phosphorylierung. Dabei

wird die Signalweiterleitung in die Zelle

durch weitere Phosphorylierungsschritte

gefördert. Eine Kinase führt zur Phos-

phorylierung der nächsten Kinase und

sorgt so für eine effiziente Übersetzung

eines extrazellulären Stimulus in eine ak-

tive zelluläre Antwort (Abb. 3). Von ent-

scheidender Bedeutung ist dabei, dass die

Phosphorylierung immer reversibel ist,

so dass die zelluläre biologische Antwort

nicht dauerhaft, sondern nur transient,

also vorübergehend, ist.

Eine Dysfunktion der Proteinkinasen

ist mit einer Vielzahl inflammatorischer

und proliferativer Erkrankungen wie z.

B. Rheumatoider Arthritis, Psoriasis oder

Tumorerkrankungen verbunden. Im Zu-

sammenhang mit Krebs spielt die erhöhte

Aktivität von Proteinkinasen eine bedeu-

tende Rolle. Mögliche Ursachen sind: Zu-

nahme der konstitutiven Funktionalität,

Überexpression der Proteinkinase, Über-

expression von stimulierenden Faktoren

bzw. verringerte Expression von hemmen-

den Faktoren. Die überaktivierten

Proteinfamilie in menschlichen Zellen dar-

stellen? Die Gene, die für Proteinkinasen

kodieren, machen etwa 1,7 % des gesam-

ten menschlichen Genoms aus. Es existie-

ren mehr als 500 solcher Proteinkinasen

im menschlichen Organismus.3

Proteinkinasen sind in der Lage, andere

Proteine zu modifizieren. Proteinkinasen

sind dadurch charakterisiert, dass sie eine

Phosphatgruppe von Adenosintriphos-

phat (ATP) auf andere Proteine übertra-

gen können. Diesen Vorgang nennt man

Phosphorylierung. Man könnte die Prote-

inkinasen vereinfacht als „Phosphatüber-

träger“ bezeichnen.

Drei Aminosäuren dienen als „Empfän-

ger“ (Akzeptor) für das Phosphatmolekül.

Handelt es sich bei dem Akzeptor für die

Phosphatgruppe um die Aminosäure Ty-

rosin, spricht man bei dem übertragenden

Enzym von einer Tyrosinkinase. Stellen die

Aminosäuren Serin oder Threonin die Ak-

zeptoren für Phosphat dar, so bezeichnet

man diese entsprechend als Serin- oder

Threoninkinasen.

Gegenspieler der Proteinkinasen sind Pro-

teinphosphatasen, die für die Entfernung

von Phosphatgruppen zuständig sind

(Abb. 2). Die eingeführte Phosphatgruppe

verändert die biologischen Eigenschaften

des Proteins – die Aktivität des Proteins

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26 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Henrik Müller

-

-

naltransduktion und steuern so:

-

-

-

-

5,6,7

Proteinkinasen als Targets für die Tu-

mortherapie

-

sonders folgende Proteinkinasen von

Bedeutung:

-

-

faktorrezeptor

stimulierende Wachstumsfaktorre-

zeptor

-

dermale Wachstumsfaktorrezeptor

-

-

torrezeptor

-

-

zeptor für Stammzellfaktor

1. Trastuzumab (Herceptin®) –

der Beginn einer Ära

-

mit der Zulassung des monoklonalen

-

sehenerregende Sprunginnovation

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Abb. 4 Wirkprinzip von Trastuzumab (Herceptin®): extrazelluläre Blockade des HER2-Rezeptors.

wurde deutlich,

wie die individua-

lisierte Tumorthe-

rapie Schlüssel für

eine erfolgreiche

Behandlung von

Tumorpatienten

sein kann. „Indi-

-

Patientinnen von

einer Therapie mit

-

$tieren, andere je-

wird vor einer mög-

lichen Therapie mit

Mammakarzinom-

Patientin auf die

der Proteinkinase

HER2 hin unter-

sucht. HER2 stellt

eine Proteinkina-

Mammakarzinom-Patientinnen vor-

kommt. HER2 gehört zu den epider-

malen Wachstumsfaktorrezeptoren.

Herstellung einer Infusionslösung

-

nisierten IgG1-Antikörper, der gegen

den menschlichen epidermalen Wachs-

tumsfaktorrezeptor HER2 gerichtet ist.

-

-

zur Aktivierung von HER2 notwendige

Kinase nicht mehr aktiviert werden.

-

-

mittelten Blockade von HER2 kommt

die Weiterleitung der Signale in die

8,9,10

Nebenwirkungsfreie Therapie mit

Trastuzumab?

Achtung! HER2-Rezeptoren kommen

nicht nur in Tumorzellen vor, sondern

auch in anderen gesunden Zellen. Tras-

tuzumab kann deshalb auch zu Herz-

schäden führen – gerade in Kombinati-

on mit Anthrazyklinen, die im Rahmen

der Tumortherapie als Zytostatika ein-

gesetzt werden.

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 27

Innovative Antitumortherapeutika

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Abb. 5 Extrazelluläre Blockade des EGF-Rezeptors durch Cetuximab (Er-bitux®).

2. Cetuximab (Erbitux®) –

ein Antikörper für alle Fälle?

Bindet der epidermale Wachstumsfak-

tor EGF an seinen Rezeptor EGFR, wird

die intrazelluläre EGFR-Signalkaskade

aktiviert. Als Folge wird die Zellproli-

-

-

diesen Zelltyp von einem anderen un-

terscheiden und werden dysplastisch.

Angiogenese, Zellwanderung und Inva-

die Tumortherapie dar.11

-

per, der gegen EGFR gerichtet ist. Cetu-

-

renden Kolorektalkarzinoms sowie zur

Therapie von Patienten mit Plattene-

-

reich.

-

den Patienten. Im Gegensatz zu Trastu-

nicht notwendig.

höhere Af"nität zum EGF-Rezeptor auf

als endogene Liganden wie EGFR oder

TNFα -

-

-

z u k o m m e n d e

Signal nicht

ins Zellinnere

weitergeleitet

werden kann:

die „EGFR-An-

tenne“ der Zelle

-

dass der Rezep-

tor internali-

siert wird und

damit von der

verschwindet,

-

gulierung“ des

Rezeptors ist die

Folge.12

Patienten mit

Kolorektalkar-

zinom weisen

-

pression auf. Bedeutet das für diese

-

-

-

ten K-Ras-Mutationen steuert genauso

die Erfolgschancen einer Behandlung

mit Kolorektalkarzinom, die diese Mu-

tation nicht aufweisen, können von

-

tieren. K-Ras ist ein Tumorsuppressor-

Gen, das damit Tumorunterdrückende

-

deutet dies, dass die Tumorprogression

-

-

rapie ist nur dann erfolgreich, wenn

ist komplizierter. Nicht nur die Entwick-

lung eines neuen Antitumortherapeuti-

kums mit einem neuen Ansatzpunkt ist

entscheidend. Es ist genauso wichtig,

Biomarker zu identi"zieren, die den

Therapieerfolg vorhersagen können.

EGFR und Krebs

schlechten Prognose. Sie ist ein An-

zeichen für ein schlechtes Ansprechen

auf die Therapie sowie ein Marker für

Krankheitsprogression, verstärkte Me-

-

wartung.9

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3. Bevacizumab (Avastin®) – dem Tu-

mor den Lebenssaft entziehen

Schon im Jahr 1971 stellte Judah Folk-

man die Hypothese auf, dass Tumore

-

-

dass Tumore den sogenannten „Schlaf-

zustand“ verlassen können, indem sie

Signale produzieren und aussenden,

den Tumor dann mit Nährstoffen und

Sauerstoff und können so das weitere

Wachstum gewährleisten.13

umfassendes Bild der molekularen

Mechanismen der sogenannten An-

und fördert die Bildung von Angio-

28 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Henrik Müller

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Abb. 6 „Angiogenetic Switch“ – Aktivatoren der Angiogenese übertreffen die Inhibitoren.

Abb. 7 Stadien der Angiogenese im Überblick:

(1) Der Tumor ist ohne direkte Anbindung an das Gefäßsystem.

(2) Ausschüttung von VEGF durch den Tumor

(3) VEGF regt die Angiogenese an, es kommt zur Ausbildung von Blutgefäßen, die die Versorgung es Tumors gewährleisten und so das weitere Wachstum des Tu-mors ermöglichen.

(4) Über das neu ausgebildete Gefäßsystem können Krebszellen über die Blutbahn Metastasen ausbilden. (Abb. von der Firma Roche zur Verfügung gestellt.)

Bevacizumab (Avastin®) ist ein mono-

klonaler Antikörper, der VEGF abfängt,

bevor dieser an den VEGF-Rezeptor über-

endotheliale Rezeptoren und steuert

so die Proliferation der Endothelzel-

len. Im Zusammenspiel mit weiteren

proangiogenen Faktoren kommt es

Gleichgewicht zwischen pro- und an-

tiangiogenen Faktoren wird auch als

durch den »angiogenetic switch« wird

eine massive Proliferationsphase in-

-

haupt binden kann. Der Ligand VEGF wird

unschädlich gemacht, bevor dieser die

Signaltransduktion in Gang setzen kann

(Abb. 8).

Als Folge wird die Vaskularisierung des

Tumors verringert, das vorhandene Tu-

morgefäßsystem normalisiert und die Bil-

dung neuer Tumorgefäße gehemmt. Das

Tumorwachstum wird inhibiert und der

Tumor ausgehungert.15

Das innovative Konzept von Bevacizumab

besteht darin, im Vergleich zu Trastu-

zumab oder Cetuximab den Liganden der

Proteinkinase zu neutralisieren.

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 29

Innovative Antitumortherapeutika

Arzneistoff (Handelsname)

Ziel- struktur

Indikation

Trastuzumab (Herceptin®)

HER2Metastasierter Brustkrebs, Brustkrebs im Frühstadium, Metastasiertes Magenkarzinom

Cetuximab (Erbitux®)

EGFRMetastasiertes Kolorektalkarzinom, Plattenepithelkarzi-nom im Kopf- und Halsbereich

Bevacizumab (Avastin®)

VEGF

metastasiertes Kolorektalkarzinom, metastasiertes Mam-makarzinom, Patienten mit inoperablem fortgeschritte-nem, metastasiertem oder rezidivierendem nicht klein-zelliges Bronchialkarzinom, fortgeschrittenem und/oder metastasiertes Nierenzellkarzinom

Tabelle 1 Antikörper, die als innovative Antitumortherapeutika eingesetzt werden und gegen Proteinkinasen gerichtet sind.

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Abb. 8 Wirkprinzip von Bevacizumab (Avastin®) – Abfangen des extra-zellulären Stimulus VEGF, bevor dieser an seinen Rezeptor binden kann.

nase BCR-ABL. Bei

etwa 90 % der Pa-

tienten mit einer

CML ist das so ge-

nannte Philadel-

phia-Chromosom

vorhanden, das

durch Transloka-

tion von geneti-

schem Material

zwischen den

Chromosomen 9

und 22 entsteht.

Als Folge davon

resultiert die Ver-

knüpfung der Ty-

rosinkinase ABL

des Chromosoms

9 mit einem Frag-

ment des BCR-Gens auf dem Chromosom

22. Die so mutierten Zellen produzieren

das chimäre Fusionsprotein, die Kinase

BCR-ABL. Diese Kinase ist im Vergleich

zur normalen, nicht mutierten ABL-Form

viel aktiver. Dies führt zur unkontrollier-

ten Zellvermehrung der weißen Blutkör-

perchen. Die unkontrollierte Vermehrung

der weißen Blutkörperchen ist dabei von

essenzieller Bedeutung für die Entstehung

der CML. Die Zielstruktur von Imatinib ist

genau diese Kinase BCR-ABL (Abb. 9, Seite

30). In BCR-ABL-positiven Zelllinien wird

deshalb selektiv die Proliferation inhibiert

und die Apoptose induziert.

Imatinib interagiert nicht nur mit BCR-

ABL, sondern hemmt auch weitere Prote-

inkinasen. Dies steht im Zusammenhang

mit der Erweiterung des Indikationsspekt-

rums von Imatinib (Tabelle 2).

Imatinib ist keine „gezielte Waffe“

CAVE! Die Abelsonkinase ABL schützt in

Kardiomyozyten im Herzen vor oxidati-

vem Stress und fungiert als Apoptosepro-

tektor. Diese Kinase wird durch Imatinib

aber ebenfalls gehemmt!

Wenn man die Tyrosinkinaseinhibitoren

untereinander vergleicht, lassen sich zwei

Gruppen unterscheiden: Die erste Grup-

pe umfasst solche Verbindungen, die als

Hemmstoffe gegen eine spezifische Pro-

teinkinase eingesetzt werden. Die zweite

Gruppe beinhaltet Substanzen, die als In-

hibitoren gegen mehrere Proteinkinasen

entwickelt wurden. Derartige Verbindun-

gen werden als sogenannte Multikinas-

einhibitoren bezeichnet. Momentan sind

drei Multikinaseinhibitoren in Deutsch-

land als Arzneimittel zugelassen: Sorafe-

nib (Nexavar®), Sunitinib (Sutent®) und

Pazopanib (Votrient®) (Tabelle 2). Bei-

spielsweise sind die Hauptangriffspunkte

von Pazopanib die Proteinkinasen VEGFR,

PDGFR und c-kit.17

-

„Nebenwirkung“ der Angiogenese

-

-

sinkt, Stoffe können in das umliegende

mehr in optimaler Konzentration in den

Tumor und verliert so an Wirksamkeit.

4. Tyrosinkinaseinhibitoren – ATP ver-

drängen, Proteinkinasen stoppen

Die Wirkung dieser Arzneistoffe beruht

auf einer Interaktion mit der ATP-Bin-

dungsstelle der entsprechenden Kinase.

Diese Kinaseinhibitoren verdrängen kom-

petitiv ATP und binden stattdessen an die

ATP-Bindungsstelle. Deshalb werden sie

auch ATP-Mimetika („ATP-Mimetics“) ge-

nannt. Sie bewirken somit, dass die Phos-

phorylierung von Substraten unterbleibt

und die Aktivierung von Zielstrukturen

nicht mehr umgesetzt werden kann. Da

die ATP-Bindungsstelle der Kinase intra-

zellulär lokalisiert ist, handelt es sich dem-

nach um eine intrazelluläre Hemmung des

Signaltransduktionsweges. Darin besteht

der Unterschied zu den bisher beschrie-

benen Antikörpern, die extrazellulär an-

greifen. Das prominenteste Beispiel für

einen Tyrosinkinaseinhibitor ist die Ver-

bindung Imatinib (Glivec®). Imatinib wird

schwerpunktmäßig zur Behandlung der

Chronischen Myeloischen Leukämie (CML)

eingesetzt. Imatinib hemmt die Tyrosinki-

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30 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2010 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Dr. Henrik Müller

sich um eine

Proteinkina-

se, der eine

Schlüsselfunk-

tion in der in-

trazellulären

Signalkaska-

de zukommt.

Gleichgewicht

-

rischen und

aktivierenden

-

-

wachstum und Angiogenese sowie ver-

dieses Tor.19,20,21

der neuen Antitumortherapeutika hat

ein neues Kapitel in der Bekämpfung von

Tumorzellen eingeleitet. Keineswegs sind

die neuen Antitumortherapeutika jedoch

Arzneistoff (Handelsname)

Indikation Einnahmehinweise nach Fachinformation

Imatinib (Glivec®)

Chronische myeloische Leukämie,Gastrointestinale Stromatumore (GIST), Erwachsene mit myelodys-plastischen, myeloproliferativen Erkrankungen

Zu den Mahlzeiten

Dasatinib (Sprycel®)

Chronische myeloische Leukämie, Akute lymphati-sche Leukämie

Unabhängig von den Mahlzeiten

Nilotinib (Tasigna®)

Chronische myeloische Leukämie bei Resistenz gegen Imatinib

Nie mit Nahrungsmitteln zusammen, zwei Stunden vor der Einnahme, 30 min. nachher keine Nahrungsmittelzufuhr

Erlotinib (Tarceva®)

Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom, Pankreas-karzinom

Eine Stunde vor oder zwei Stunden nach einer Mahlzeit

Gefitinib (Iressa®)

Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom mit aktivie-renden Mutationen der EGFR-Proteinkinase

unabhängig von den Mahlzeiten

Lapatinib (Tyverb®)

Brustkrebs mit Überexpression von HER-2 Mindestens eine Stunde vor oder mindestens eine Stunde nach einer Mahlzeit

Pazopanib (Votrient®)

Fortgeschrittenes NierenzellkarzinomNüchtern/mindestens eine Stunde vor oder mindestens zwei Stunden nach einer Mahlzeit

Sunitinib (Sutent®)

Metastasiertes Nierenzellkarzinom Gastrointestina-le Stromatumore (GIST)

Mit oder ohne Nahrung

Sorafenib (Nexavar®) Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom, Leberzell-

karzinom

Unabhängig von einer Mahlzeit oder zusammen mit einer leicht oder mäßig fettreichen Mahlzeit; bei einer fettreichen Mahlzeit Einnahme mindestens eine Stunde vor bzw. zwei Stunden nach dem Essen

Tabelle 2

Übersicht über die in Deutschland zugelassenen Proteinkinaseinhibitoren, wichtige Indikationsgebiete und Einnahmehinweise.

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Abb. 9 Der Prototyp der Proteinkinaseinhibitoren Imatinib (Glivec®): Blockade der intrazellulär lokalisierten ATP-Bindungsstelle der Proteinkinase BCR-ABL.

Alkohol und Nahrungsmittel in ihrer Akti-

-

-

-

-

mit oder ohne Nahrung eingenommen

18

5. Temsirolimus (Torisel®) –

Tor zur intrazellulären Hemmung

-

inkinase, die „downstream“ von der mem-

-

-

richtete Proteinkinase durch Temsirolimus

Nierenzellkarzinom und Mantelzellkar-

zinom angewandt wird, ist ein selektiver

-

Fachinformationen studiert oder die AB-

harmlos einzustufen sind. Myelosuppres-

-

enormen Zunahme der Zulassungen von

Arzneistoffen zu rechnen, die mit Prote-

inkinasen interagieren. Apothekerinnen

-

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Innovative Antitumortherapeutika

Literatur

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19 Krämer, I. Temsirolimus – der erste zur antineoplastischen Therapie

55-60. 20

21

Pharm. Ztg.

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��������Abb. 10 Temsirolimus (Tosirel®): intrazellulärer Proteinkinasein-hibitor, der an mTOR bindet und ausschaltet.

-

kompetenz können sie zusammen mit dem Arzt und Patienten

ZUSAMMENFASSUNG

-

griffspunkte moderner Antitumorthera-

peutika dar.

-

Faktors oder durch Blockade des Rezep-

-

hemmt werden. Beispiele hierfür sind:

Aktivität von Proteinkinasen, indem

sie an die ATP-Bindungsstelle andocken

und damit die Phosphorylierung der

Proteinkinase unterdrücken. Angriffs-

punkte der Proteinkinasen liegen damit

auf der intrazellulären Seite. Prototyp

dieser neuen Wirkstoffklasse ist Imati-

zielgerichtete Tumortherapie nicht we-

sentlich selektiver als die klassische Che-

motherapie.

-

-

herapeutika sind deswegen keineswegs

als eher harmlos einzustufen.

-

zen keine Resistenzen induzieren kön-

-

zelle gehemmt ist, kann ein anderer

-

-

gen.

-

therapie liegt nicht nur in neuen An-

titumortherapeutika mit neuen Wirk-

Biomarkern, die den Therapieerfolg

vorhersagen können. Statt dem Prinzip

„Trial and Error“ kann die „Individua-

lisierung“ der Therapie neue Möglich-

keiten öffnen und weiter Hoffnung im

LEO NICHT VERGESSEN!

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