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DIE NATURWISSENSCHAFTEN z4. Jahrgang 3. April x936 Heft x4 Fortschritte der Theorie der Atomkerne. Von P. JORDAN, Rostock. Seit einigen Jahren diirfen wir behaupten, die Struktur und Dynamik der Elektronvnhi211en der Atome ebenso weitgehend verstanden zu haben wie die Gesetze der Planetenbewegung. Natfirlich sind wit noch immer weit davon entfernt, etwa alle optischen Spektren rein theoretisch zu be- rechnen oder z. B. alle mSglichen chemischen Ver- bindungen des C-Atoms theoretisch zu ermitteln. Aber auch die Astronomen sind ja weit davon entfernt, die Bahnen und wechse|seitigen StSrun- gen aller Asteroiden wirklich rechnerisch zu er- fassen. Denn hier ergeben sich auf Schritt und Tritt mathematische Probleme yon so ungeheuer- licher Kompliziertheit, dab ihre Bew~ltigung nur bruchstiickweise und nut ganz allm~hlich zu er- reichen ist. Wenn wit trotzdem mit gutem Recht behaupten kSnnen, die Planetenmechanik und die inneratomare Elektronenmechanik in gleicher ~Veise durchaus verstanden zu haben, dann bedeutet das, dab alle diesbeziiglichen Probleme nut noch Probleme der mathematischen Dedulction sind : die induktive Erspiirung neuer 1Vaturgesetze ist auf diesen beiden Gebieten abgeschlossen. Wir kennen die bier mal3gebenden Naturgesetze, und zwar so vollst~ndig, dab wir jede diesbeziigliche Frage, die vom beobachtenden Astronomen oder vom atom- physikal{schen Experh•entator gestellt werden mag, in ein eindeutig formuliertes mathematisches Problem umsetzen kSnnen, dessen LSsung dann allerdings oft sehr groBe rechnerische Schwierig- keiten macht. Aber nach der Erringung dieser Erfolge hat die Forschung ohne ZSgern ihren Hauptangriff auf ein um eine groi3e Stufe schwierigeres Problem gerichtet: die Physik der Kerne steht jetzt im ]3rennpunkt experimenteller und theoretischer Forschung. Das experimentelle MateriM hat in den letzten Jahren eine erstaunliche Bereicherung und Erweiterung erfahren, und an den verschiedensten Punkten haben die Versuche einer Deutung des Gefundenen eingesetzt. Auf aUe diese Unter- suchungen einzugehen, wiirde heute noch ein etwas unzusammenh~ngendes Bfld ergeben; aber es gibt doch bereits eine Reihe sich wechselseitig erg~nzender Feststetlungen, aus denen sich schon eine recht deutliche Vorstellung yon wichtigen Gesetzen des Kernbaus herauskristallisiert hat: dieses Bild vom Bau der Atomkerne soll im folgen- den erl~utert werden. I. Die Bindungsenergie der Keme. Die heutige Theorie der Kerne ist erst durch die Entdecl~ung des Neutrons (CHADWICK) mSgtich geworden. Das Neutron ist ein Teilchen, dessen Nw. I936. Masse nahezu gteich der des Protons ist, das keine Ladung, wohI aber ein hatbzahliges Spinmoment (und ein gewisses zugeh6riges magnetisches Mo- ment ) besitzt; aui3erdem gehorcht es der _Fermi, statistik: Bekanntlich lehrt die Quantentheorie, dab ein Gas aus gleichwertigen Teilchen auch dann, wenn es tatsAchlich keinerlei Kraftwechselwirkun- gen zwischen den Teilchen gibt, bei tiefsten Tem- peraturen Abweichungen von den klassischen idealen Gasgesetzen zeigt; und fiir diese ,,Ent- artung" gibt es 2 verschiedene Typen, die man als Fermistatistik und Bosestatistik unterscheidet. Das Lichtquantengas (Hohlraumstrahlung) z. B. ge- horcht der Bosestatistik; ein aus freien Elektronen bestehendes Gas hingegen folgt der Fermistatistik: diese Feststellung ist gleichbedeutend mit der Aus- sage, dab die Elektronen dem bekannten Pauli- 8chen .~quivalenzverbot geniigen, welches besagt, dab in einem ,,Gas" von Elektronen (z. B. in der ,,Elektronenwolke'" eines Atoms) jeder der (durch 4 Quantenzahlen gekennzeichneten) station~ren Zust~nde eines Einzelelektrons nut mit h6chstens einera (oder andernfalls mit lceinem) Elektron be- setzt sein kann. Auch die Protonen sind erfahrungs- gem~131 dem Pauli-Verbot (Fermistatistik) unter- worfen, w~hrend die a-Teilchen und die SticIe- sto]]kerne I~N der Bosestatistik folgen ~. Allgemein gilt die Regel, da0 eine Teilchenart, die ein halb- zahlig gequanteltes Drehmoment besitzt, der Fermi- statistik gehorcht; Teflchen mit einem ganzzahlig gequantelten Drehmoment dagegen genfigen immer der Bosestatistik. Wichtig ist fiir die Kerntheorie endlich folgende yon der Quantenmechanik (Wellenmechanik) be- wiesene Regel fiir das statistische Verhalten yon zusammengesetzten Teilchen: Es kommt darauf an, ob in der fraglichen Teilchenart eine ungerade oder eine gerade Anzahl yon solchen Bausteinen ent- halten ist, die selber der 2"ermistatistik geniigen -- je nachdem werden die zusammengesetzten Teil- chen ebenfalls Fermistatistik oder abet (bei gerader Anzahl ,,FERMIsCher" Bausteine) der Bosestatistik unterworfen sein. Analog ist tibrigens auch die Halbzahligkeit oder Ganzzahligkeit des Drehmoments (Spin) zu- sammengesetzter Teilchen dadurch bestimmt, ob eine ungerade oder gerade Anzahl von Bausteinen mit halbzahligem Spin vorhanden ist. -- Offenbar sind diese 3 Regeln im Einklang miteinander. 1 Nach Ausweis des H~-Spektrums und der thermo- dynamischen Eigenschaften yon Para- und Ortho- wasserstoff. Nach Ausweis des He2-Spektrums und des N~- Spektrums. I4

Fortschritte der Theorie der Atomkerne

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN z4. Jahrgang 3. April x936 Heft x4

Fortschritte der Theorie der Atomkerne. Von P. JORDAN, Rostock.

Seit einigen Jahren diirfen wir behaupten, die Struktur und Dynamik der Elektronvnhi211en der Atome ebenso weitgehend verstanden zu haben wie die Gesetze der Planetenbewegung. Natfirlich sind wit noch immer weit davon entfernt, etwa alle optischen Spektren rein theoretisch zu be- rechnen oder z. B. alle mSglichen chemischen Ver- bindungen des C-Atoms theoretisch zu ermitteln. Aber auch die Astronomen sind ja weit davon entfernt, die Bahnen und wechse|seitigen StSrun- gen aller Asteroiden wirklich rechnerisch zu er- fassen. Denn hier ergeben sich auf Schritt und Tri t t mathematische Probleme yon so ungeheuer- licher Kompliziertheit, dab ihre Bew~ltigung nur bruchstiickweise und nu t ganz allm~hlich zu er- reichen ist. Wenn wit trotzdem mit gutem Recht behaupten kSnnen, die Planetenmechanik und die inneratomare Elektronenmechanik in gleicher ~Veise durchaus verstanden zu haben, dann bedeutet das, dab alle diesbeziiglichen Probleme nut noch Probleme der mathematischen Dedulction sind : die induktive Erspiirung neuer 1Vaturgesetze ist auf diesen beiden Gebieten abgeschlossen. Wir kennen die bier mal3gebenden Naturgesetze, und zwar so vollst~ndig, dab wir jede diesbeziigliche Frage, die vom beobachtenden Astronomen oder vom atom- physikal{schen Experh•entator gestellt werden mag, in ein eindeutig formuliertes mathematisches Problem umsetzen kSnnen, dessen LSsung dann allerdings oft sehr groBe rechnerische Schwierig- keiten macht.

Aber nach der Erringung dieser Erfolge hat die Forschung ohne ZSgern ihren Hauptangriff auf ein um eine groi3e Stufe schwierigeres Problem gerichtet: die Physik der Kerne steht jetzt im ]3rennpunkt experimenteller und theoretischer Forschung. Das experimentelle MateriM hat in den letzten Jahren eine erstaunliche Bereicherung und Erweiterung erfahren, und an den verschiedensten Punkten haben die Versuche einer Deutung des Gefundenen eingesetzt. Auf aUe diese Unter- suchungen einzugehen, wiirde heute noch ein etwas unzusammenh~ngendes Bfld ergeben; aber es gibt doch bereits eine Reihe sich wechselseitig erg~nzender Feststetlungen, aus denen sich schon eine recht deutliche Vorstellung yon wichtigen Gesetzen des Kernbaus herauskristallisiert hat : dieses Bild vom Bau der Atomkerne soll im folgen- den erl~utert werden.

I. Die Bindungsenergie der Keme. Die heutige Theorie der Kerne ist erst durch

die Entdecl~ung des Neutrons (CHADWICK) mSgtich geworden. Das Neutron ist ein Teilchen, dessen

Nw. I936.

Masse nahezu gteich der des Protons ist, das keine Ladung, wohI aber ein hatbzahliges Spinmoment (und ein gewisses zugeh6riges magnetisches Mo- ment ) besitzt; aui3erdem gehorcht es der _Fermi, statistik: Bekanntlich lehrt die Quantentheorie, dab ein Gas aus gleichwertigen Teilchen auch dann, wenn es tatsAchlich keinerlei Kraftwechselwirkun- gen zwischen den Teilchen gibt, bei tiefsten Tem- peraturen Abweichungen von den klassischen idealen Gasgesetzen zeigt; und fiir diese , ,Ent- ar tung" gibt es 2 verschiedene Typen, die man als Fermistatistik und Bosestatistik unterscheidet. Das Lichtquantengas (Hohlraumstrahlung) z. B. ge- horcht der Bosestatistik; ein aus freien Elektronen bestehendes Gas hingegen folgt der Fermistat ist ik: diese Feststellung ist gleichbedeutend mit der Aus- sage, dab die Elektronen dem bekannten Pauli- 8chen .~quivalenzverbot geniigen, welches besagt, dab in einem ,,Gas" von Elektronen (z. B. in der , ,Elektronenwolke'" eines Atoms) jeder der (durch 4 Quantenzahlen gekennzeichneten) station~ren Zust~nde eines Einzelelektrons nu t mit h6chstens einera (oder andernfalls mit lceinem) Elektron be- setzt sein kann. Auch die Protonen sind erfahrungs- gem~131 dem Pauli-Verbot (Fermistatistik) unter- worfen, w~hrend die a-Teilchen und die SticIe- sto]]kerne I~N der Bosestatistik folgen ~. Allgemein gilt die Regel, da0 eine Teilchenart, die ein halb- zahlig gequanteltes Drehmoment besitzt, der Fermi- statist ik gehorcht; Teflchen mit einem ganzzahlig gequantelten Drehmoment dagegen genfigen immer der Bosestatistik.

Wichtig ist fiir die Kerntheorie endlich folgende yon der Quantenmechanik (Wellenmechanik) be- wiesene Regel fiir das statistische Verhalten yon zusammengesetzten Teilchen: Es kommt darauf an, ob in der fraglichen Teilchenart eine ungerade oder eine gerade Anzahl yon solchen Bausteinen ent- halten ist, die selber der 2"ermistatistik geniigen - - je nachdem werden die zusammengesetzten Teil- chen ebenfalls Fermistat ist ik oder abet (bei gerader Anzahl ,,FERMIsCher" Bausteine) der Bosestatistik unterworfen sein.

Analog ist tibrigens auch die Halbzahligkeit oder Ganzzahligkeit des Drehmoments (Spin) zu- sammengesetzter Teilchen dadurch bestimmt, ob eine ungerade oder gerade Anzahl von Bausteinen mit halbzahligem Spin vorhanden ist. - - Offenbar sind diese 3 Regeln im Einklang miteinander.

1 Nach Ausweis des H~-Spektrums und der thermo- dynamischen Eigenschaften yon Para- und Ortho- wasserstoff.

Nach Ausweis des He2-Spektrums und des N~- Spektrums.

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Vor der Entdeckung des Neutrons stellte man sich naturgem~tB die Kerne als a~a Protonen and Elektronen zusommengesetzt vor. Das fiihrte einerseits zu Folgerungen, die sich empirisch als falsch erwiesen: es mfiBte danach ja yon der Gerad- zahligkeit oder Ungeradzahligkeit der Kernladung abh~ngen, ob ein Kern ganzzahligen Spin besitzt und der Bosestatistik folgt, oder halbzahligen Spin und Fermistat is t ik zeigt. Andererseits aber wurde dutch diese Vorstellung der Kernaufbau voll- st~ndig der Zust~ndigkeit der heute verfiigbaren quantenmechanischen Methoden entzogen, wie folgende •berlegung erkennen l~13t. Das He bei- spielsweise ha t das Atomgewicht 4, was erheblich kleiner als das Vierfache 4,032 des Atomgewichts yon H i s t . Wenn wir uns das ~-Teflchen als aus 4 Protonen und 2 Elektronen aufgebaut vor- stellen, besteht also eine erhebliche Differenz A M (,,Massende]ek$") zwischen der Summe der Massen der getrennten Bestandteile und der Masse des c~-Teilchens; und nach der Relat ivi t~tsmechanik ist dann e2AM die bei Bildung des ~-Teilchens aus sehaen Bestandteilen frei werdende Bindungs- energie.

Da diese Bindungsenergie aber grSfler als die Ruhenergie me I eines Elektrons ist , so miiBte fiir die Elektronen im Kerninnern die tela~ivistisehe Dynamik in extremster Form in Kraf t treten, und die Untersuchung ihrer Wechsel- wirkungen unterehaander und mit den Protonen w~re eha aus dem Rahmen der Quantenmeehanik heraustretendes Problem der Quantenelelc~odyna- raik, dessert Inangriffnahme beim heutigen Stande unserer Methoden hoffnungslos w~re. Dies um so mehr, als der , ,Radius" des Elektrons - - nach der klassischen Theorie gr6Benordnungsm~Big zu ersch~tzen aus # [ r ~ n e ~ - dieselbe Gr6Ben- ordnung wie die Kernradien besitzt, so dab mit einem ganz komplizierten Ineinandergreifen oder Ineinanderfliel3en der Kernelektronen zu rechnen ware, zu dessen Beurteflung uns alle Anhaltspunkte gefehlt h~tten.

Dies Bild ~ndert sich mi t einem Schlage, wenn wit mit H~ISENBE~G die neue Vorstellung anneh- men, dab Protonen wnd Neutroner~ die Bausteine der Kerne sind. Denn da die durch die Atom- gewichte dividierten Massendefekte ha allen F~llen klein sind gegeniiber der Masse eines Protons oder Neutrons, so erkennen wir je tz t den Kern Ms ein Gebilde, ffir welches die gew6hnliehe, rdehtrela- tivistische Quantereraeehanik anwendbar ist. Dabei ergibt sich betreffs Spin and Statistik der Kerne folgendes ehafache Bi ldl :

Atomgewiclat: Spin: Stat~_stik: geradzahlig ganzzahlig Bose ungeradzahlig halbzahlig FER~

Das entspricht in der Tat der Erfahrung (so- welt bis heute eine empirische Entscheidung mSg-

1 Auch die gelegentlich empfohlene Inbetracht- ziehung yon negativen Protonen als weiteren Kernbau- stebaen wiirde daran nichts ~ndern.

Theorie der Atomkerne . [ Die Natur- {wissenschaften

lich gewesen ist), wahrend es ein paar FAlle gibt, bei denen man zu empirisch ]atsehen Ergebnissen k;q~e, wenn man gem~B der alten Vorstellung (Kernaufbau aus Protonen and Elektronen) nicht das Atomgewicht, sondern die Kernladungazahl als maBgebend ansehen wiirde.

Die Problemlage ist abet eine wesentlich andere als bei der Untersuchung der Elektronen- hiillen der Atome, Denn ffir die Elektronen war der Hauptantefl der Wechselwirkungsenergie - - als Cou/ombsehe Energie - - yon vornherein bekannl; nur die Gesetze der Quantenmechanik waren noch unbekannt, als man die Erforsehung dieses Problems begann. Je tz t liegt es gerade umgeketert: die anzuwendenden quantenmechanischen Gesetze kennen wir, aber es fehlt uns eine Kenntnis der in Betracht kommenden Wechselwirkungsenergien - - es ist die erste, dringlichste Aufgabe der theore- tischen Analyse, aus den empirischen DaSen hier- ~ e r Au/schli~sse zu gewinnen.

In erster Approximation zeigen nun die Kerne eine sehr einfache Gesetzm~Bigkeit: sie sind s~mt- lich , ,Tr@]chen" einer ann~hernd gleichartigen ,,Kernfliissigkeit" von stets derselben Dichte und mi t stets derselben Bindungsenergie ~gro Teilchen. Das erstere zeigt sich in der empirischen Tatsache, dab die Kernvolumina proportional den Atom- gewichten, also auch proportional der Anzahl der Kernbausteine shad, Das letztere ergibt sich olden- bar aus der Tatsache, dab alle Atomgewichte auBer dem des Wasserstoffes angen~hert ga~z- zah//g sind, also angen~ihert immer denselben Massende]ekt pro Kernbaustein besitzen; darfiber hhaans zeigen aber sogar noch die kleinen Ab- weichungen yon der Ganzzahligkeit ha erster An- n~therung ein lineares Anwachsen der Gesamt- bindungsenergie mit der Teilchenzahl (Atom- gewicht).

Man k6nnte versucht seha, dies in enger An- lehnung an klassische Vorstellungen so aufzu- fassen, dab die Kernbausteine eine Kraf t auf- ehaander ausiiben, die in gr613erer Entfernung anziehend, von einer gewissen Minimalentfernung r o an hingegen abstol3end wirkt, und zwar so, dab sich schon bei geringer Unterschreitung des Ab- standes r o sehr grofle Absto/3ung ergibt. Anschau- lich ausgedrfickt, hAtten wit also undurchdringliche Kugeln mit wechselseitiger Anziehung. Aber dies primitive Bfld entspricht best immt nicht den wirklichen Verh~Itnissen. Vielmehr haben wir uns nach HEISENBERG und MAJOm~NA die Sache folgendermal3en vorzustellen :

Die Protonen unter sich iJben eine COULOMBSChe AbstoBung aufeinander aus - - es besteht keine Veranlassung anzunehmen, dal3 bei den hier in Frage kommenden wechselseitigen Abst~nden der Teilchen bereits mit einem Ungiiltigwerden des COULOMBSChen Gesetzes zu rechnen sei - - , wenn auch selbstverst~ndlich daneben ehae schw~chere Wechselwirkung der Spinmomente der Protonen vorhanden sein mul3, die abet vernachlAssigbar seha wird. Eine ldassische Absch~tzung des

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Protonenradius liefert nfi~nlich (analog obigem Elektronenradius) die Gr613enordnung io -1" cm; und da die Abst~nde n~chstbenachbarter Teilchen im Kern yon der Gr6Benordnung IO -la cm sind, so sieht jedenfalls betreffs der Protonen (betreffs der Neutronen wissen wir noch zu wenig) die Sache so aus, dab keineswegs ein Zusammenpressen der Teitchen bis auf Minimalabst~knde der Gr613enord- hung des Teilchenradius s tat t f indet ; sondern nu t ein ]3ruchteil ~ IO- ~ des Kernvolums wird durch die Volumina der Protonen ausgeffillt.

Die anziehende, den Kern zusammenhaltende Kraft - - welche natfirlich die COVLOMBsche Wirkung bei weitem iibertreffen mug - - ist da- gegen anzusetzen als eine Wechselwirkung zwischen je einem Proton und ehaem Neutron, und zwar ist diese Wechselwirkung ale eine reine ,,Austausch- kra]#' anzunehmen, d. h. sie ist yon ~hnlicher Art wie die (hom6opolaren) chemischen Valenzkra/te. FormelmAi3ig sei dies kurz erl~utert am Zwei- Mirperproblem, gebildet durch ein Proton and ein Neutron (also dem Kern des sehweren Wasser- atolls ~H entsprechend). Ffir dies Problem be- kommen wit Schr6dingersche EigenJunktionen, welche von den 0 r t e rn tp, v~ und den Spinkoordi- naten Sp, H~ -con Proton und Neutron abh~ngen x :

(~) ~ = ~ ( ~ , s ~ ; ~ , s~);

und wir haben dann die Energie H dieses Systems aufzuschreiben als einen Operator, der auf Funk- t ionen (I) wirkt. Diesen Operator w~hlen wir nach MAJORANA folgendermaSen, als Summe yon k/net£geher und potentieUer Energie:

-- h~ (gradp) ~ (gradlv)~ | . . . .

dabei sollen M~, M~ die Massen yon Proton und Neutron sein, und grad ~, grad ~ beziehen sich auf ve bzw. ~ . M i t r ist natfirlich der wechselseitige Abstand r = Ire - - ~I gemeint. Der Operator Te~- aber ist dadurch definiert, dab seine Anwendung auf eine Funkt ion (x) eine Vertauschung der Orts- koordinaten yon Proton und Neutron bewirkt: (3) T~,v~(~, S~; ~, S~) = 9(~, ~; ~e, S~) . (Es ist wesentlich, dab dabei die Spinkoordinaten Sp, Sy nicht mit vertauscht werden.)

Beziiglich J(r) ist dann noch zu sagen, dab es ffir r>> IO-xacm stark verschwinden muB; etwa in der Form

(4) J(~) = ae- at*

Den Neutronen unter sich eine merkliche Wechsel- wi rknng zuz~schreiben, liegt nach MAJORANA keine Veranlassung vor. Vielmelyr ~ind die erlduterten Annahmen gerade ausreichend zum grundsS~zlichen Verstdndnis der ,,TrSp]chen "-Natur der Kerne.

Die Spinkoordinaten sind so zu verstehen: es sei etwa ein starkes auBeres Magnetfeld H parallel der z-Achse eingeschaltet. Dann bedeutet S~ = + x bzw. , ~ = -- I (andere ~Verte als diese zwei kommen fiir S~ fiberhaupt nicht in Frage), dab der Protonen-Spin parallel bzw. antgparaUel zur Feldrichtung (z-Achse) gestellt ist.

JORDAN: Fortschritte tier Theorie der A±omkerne. 211

Auch wird dadurch, dab die %VechselWirkung je eines Proton-Neutron-Paares ffir die Kern= bindung veranCwortlich ist (wobei es, ~hnlich wie bei den ValenzkrAften in der Chemie, eine gewisse ,,AbsAttigung" gibt), unmittelbarverstAndlich, dab bei den lelchteren Kernen die h~ufigsten und often= bar energetisch stabilsten Isotope zumeist eine gleieh grofle Anzahl yon Protonen und Neutronen enthalten, so dab das Atomgewicht A doppelt so grol3 wie die Kernladungszahl Z ist. Beim Fort- schreiten zu mitt leren und hSheren Kernladungs- zahlen ist dagegen bekanntlich ein dauerndes Anwachsen des Quotienteu A / Z (bis etwa 2,7) zu beobachten; and das verstehen wir jetzt als Wirkung der Coulombsehen Abstoflung der Pro- tonen: Die in einem Kern der Ladungszahl Z dutch diese AbstoBung bewirkte Verminderung der Bindungsenergie ist (nach den elementaren For- meln ffir die Elektrostatik einer hom0gen ge- tadenen Vollkugel) proportional Z~/R, wenn R der Radius des Kernes ist; und wegen der Proportio- nalit~t von tC a mit A, also angenfihert auch mit Z, wird diese die Kernbindung auflockernde COULOMB- sche Energie proportional mit ZV,. Ihr An- wachsen mit Z bedingt, dab bei h6heren Atom- gewichten -4 die Kerne mit einer Protonenzahl, die kleiner als .~-A ist, energetisch bevorzugt (]ester gebunden) shad.

Ffir die quant i ta t ive Verwertung der be- sprochenen Gedanken bietet sich - - jedenfalls ffir die sehweren Kerne - - die sog. Methode yon FERMI-THOMAS als naturgem~l]es Hilfsmittel dar. Sie verf~hrt in solcher Weise, dab sie den Kern (unter Verwischung aller Feinheiten eines et- waigen Schalenbaus oder dgl.) als eine Art ,,Gas" oder ,,Wolke" yon sehr vielen Teflchen auffaBt und ha dieser summarischen Betrachtungsweise dem Umstand Rechnung tr~gt, dab die ,,Tempera- tur" dieses Gases dem absohaten Nullpunkt ent- spricht: es besteht vollkommene , ,Entar tung" des Gases, derart, dab gem~iB dem PAVLI-Verbot unter- halb einer gewissen Energiegrenze a11e station~ren Zust~nde eines Protons oder Neutrons mit je einem Teilchen besetzt sind, w~hrend die h6heren Zu- st~nde s~mttich unbesetzt sind.

Diese Methode erlaubt in der Tat den Nach- weis, dab die obigen Annahmen betreffs der Bin- dungskr~fte im Kern dazu ffihren, dab alle Kerne (abgesehen yon der schwachen Wirkung der Cou/omb~f te ) dieselbe Diehte besitzen, die jeweils innerhalb des ganzen Kernes konstant ist. Doch ist es nicht fiberflfissig, die Verh~ltnisse an der Oberlldche des Kernes genauer zu betrachten: ein unstetiger Sprung der Teilchendichte an dieser Oberfl~che, wie er sich in den soeben ausgesproche- hen Ergebnissen zeigt, wiirde, wie eine genauere Untersuchung zeigt (v. WEIZS~CKER), eine un- endlich groBe zusg~tzliche kinetische Energie der Teilchen ergeben 1. In Wirklichkeit also muB die Teilchendichte in der OberflAchenschicht eines

I Aus Grfinden, die mit den Iteisenbergschen Un- genauigke~tsregdn eng zu~ammenh~ngen.

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~2!2 JORDAN: Fortschritte der

Kernes stetig vom Maximalwert auf Null herunter- sinken; Ifir die schweren Kerne wird man immer- hin diese Oberfl~chenschicht als sehr dfinn an- nehmen darien, so dab ffir den Hauptantei l des Kernvolumens die konstante Teilchendichte be- stehen b l e i b t . Ffir leichtere Kerne hingegen wird etwa eine GAusssche Verteilung der wahren Dichteverteilung nAherkommen. In jedem Falle aber liefert d ie Kernober]lache einen gewissen posi- riven Zusatz zur kinetischen Energie, also eine Verminderung der Gesamtbindungsenergie, welche anschaulich als eine Ober]l~chenspannung des Kernes bezeichnet werden kann. Die Gesamt- energie eines schweren Kernes ist dann die Summe yon 3 Bestandteilen: die mi t dem Kernvolum (oder Atomgewicht) proportionale MAJORAI~Asche Bindungsenergie wird ihrem Betrage nach ver- kleinert dutch die mit Z~/, proportionale Coulomb- energie nnd dutch die Ober]lachenapannungL

Aus derartigen quant i ta t iven Untersuchungen (v. WEIZSXCKER, FLOGGE) ist ermit tet t worden, welche Werte a und a in (4) angenommen werden mfissen, damit die empirischen Massendefekte (Bindungs- energien) far alle-Kerne theoretisch gedeutet wer- den kSnnen, doch sind die sich ergebenden Werte a und a nicht i n sehr befriedigender ~3berein- st immung mit denjenigen Werten, die sich nach genaueren Rechenmethoden ' aus den empirischen Massendefekten der teichtesten Kerne ergeben haben (WlGNER, FEENBERG) - - aus nicht ganz ersichtlichem Grunde ist die FERMI-TI~oMAsSChe Methode bier doch nicht genau genug. Die besten ~Verte scheinen zu sein a = 17o mc*; c~-'/*= 1, 3 • IO -la (m die Masse des Elektrons); aber leider st immen sie wiederum nicht zusammen mit den Ergebnissen betreffs der Streuung yon Neutronenstrahlung an Protonen - - die Lage ist also noch nicht wirldich gekl~rt. Natfirlich wird man auch nicht l~offen k6nnen, aUein aus .den Massendefekten der Kerne die GesetzmAi3igkeiten der Bindungskr~fte vollstAndig zu ermitteln - - auch die in den Elektronenhfillen der Atome herrschenden Gesetze wfirden nicht leicht zu er- kennen sein, wenn uns an empirischen Daten nichts welter zurVerfiigung st~nde, als dieGesamt- b indungsene rg ien in den Grundzustdnden siimt- licher Atome (relativ zum vollst~ndig ionisierten Kern). Abet wit wissen ja fiber die Kerne heute auch schon sonst vielerlei, was sich auf Spin- momente, auf Anregungseffekte usw. bezieht; und es liegen, wie eingangs erwAhnt, auch schon vielerlei Versuche vor, zu ausffihrlicheren dies- bezfiglichen theoretischen Vorstellungen zu ge- langen. Allerdings besteht far alle Spekulationen etwa im Sinne eines ,,Schalenbaus" der Kerne die erhebliche Schwierigkeit, dab nach HEISEN- BERG nut etwa ftir Z < 2o das anschauliche Modell

1 Es gibt endlich auch noch einen kleineren ,,Aus- tausch-Anteil der Coulombenergie", welcher der Bin- dungsenergie proportional geht und diese etwas ver- g~613ert, bzw. die mit Z~/~ proportionale Abstol3ungs- energie etwas vermindert.

Theorie der Atomkerne. [ Die,'Natur- [wissem¢haften

des Aufbaus der Kerne aus Protonen und Neu- .tronen ausreichend zu sein scheint, w~hrend bei gr6Beren-Atomgewichten VerhAltnisse vorliegen, die sich einer unmit telbar anschautichen Vor- stetlung entziehen: die Eigenfunktionen eines schweren Kerns erweisen sich als Superpositionen einerseits aus solchen Eigenfunktionen, die an- schaulich einem Kernaufbau aus Protonen und Neutronen e ntsprechen, und andererseits aus solchen Eigenfunktionen; die dem anschaulichen Fall des Vorhandenseins in sich geschlossener a-Teilehen im Kern entsprechen. Der wirldiche, aus diesen beiden anschaulich Iai3baren FAllen l inear superponierte Zustand ist also durch eine einfache modellmAl3ige Veranschautichung nicht zu erfassen.

Zum Glfick steht aber die Frage der %Vechsel- wirkung Proton-NeutroI~ in engster Beziehung zu einem anderen Problem, yon dessert Unter- suchung aus wir also einen neuen Zugang zu diesem Wechselwir kungsproblem gewinnen.

II. Fermis Theorie der ~-Strahlung.

Im Gegensatz zur a-Strahlung, bei welcher die ausgeschleuderten Teilchen primAr stets diskret testgelegte Energien besitzen, zeigt die fl-Strahlung bei allen radioaktiven Atomen ein kontinuierliches Spektrum, w0hlgemerkt auch dann, wenn alle sekundAren Effekte ausgeschaltet werden, und nur die ~rin~re Strahlung, wie sie den Kern ver- 1ABt, betrachtet wird. Dabei gibt es bei jedem fl-Strahler eine bes t immte Maximalenergie E ~ fiir das ausgeschleuderte fl-Teilchen; insgesamt abet kommen in der Strahlung einer groBen Menge derartiger Atome atte m6glichen Energiewerte von mc ~ (ruhendes Elek tron! )an bis zu Emax vor, in einer IntensitAtsverteilung, die ffir verschiedene fl-Strahler verschieden, aber quat i tat iv ~hnlich ist. MiBt m a n kalorimetrisch die dutch die fl-Strah- lung insgesamt fre'igegebene kinetische Energie, so bekommt man (wenn man noch die Ruh- energien .der Elektronen hinzuaddiert) genau den- selben Wert, der sich auch dutch Integration fiber das" kontinuierliche fl-Spektrhm ergibt.

Es ist unm6glich, diese VerhAltnisse so zu deuten, dab man den einzelnen fl-strahlenden Atomkernen entweder vor oder nach dem Proze~3 verschiedene Energieinhalt4 zuschreibt. Sondern man muB, sofern man niclat eine Auflerkra]t~ aetzung des Energiesatzes annehmen will, die yon PAULI gezogene Folgerung anerkennen, dai3 zu- gleich mit der Emission des fl-Elektrons der Kern noch ein anderea Teilchen emittier~, nnd da~ diese Strahlung sich dutch ein ungeheures Durchdringungs- verm6gen der kalorimetrischen Feststellung (oder einer sonstigen unmittelbaren Beobachtung) entzieht. Diese den Energiesatz aufrecht erhaltende Anf- fassung findet eine starke s ta tze in folgender Tat- sache: Bekanntl ich gibt es in den radioaktiven Zerfallsreihen einige Stellen, wo ein Kern X sowohl zur a-Emission als auch zur a-Emission bef~higt ist, so dab aus ibm ein gewisser Kern X" oder auch

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start dessen ein anderer Kern X'" hervorgehen kann, nach folgendem Schema:

X r Xpt

E', "~ Y ~ E'~ax

Der durch fl-Emission entstandene Kern X ' geht seinerseits dutch a-Strahlung in einen Kern Y fibe~, ,und der "dutch ~-Emission ent- standene Kern X'" verwandelt sich durch fl-Emis- sion eben]alla in einen Kern derselben Art Y. Wenn dann flit X durch Eta= die Grenze des kontinuierlichen fl-Spektrums und dutch E~ die Energie der a-Stratilung bezeichnet wird, wAhrend das fl-Spektrum von X'" die Grenze E ~ und die ~-Strahl'ung yon X" die Energie E~ besitzt, danu besteht erfahrungsgem~B die Bilanz (5) E%~ + E - = ~ : + z,:, ,

die offenbar ganz entschieden fiir den Energiesatz und somit ftir die PAuLIsche Auffassung spricht.

~brigens bestehen (wie wir noch sehen werden) Grfinde anzunehmen, dab die Ruhraasse der ,,Neutrinos" -- so pflegt man die Teilchen dieser durchdringenden Strahlung heute zu benennen - - gleich Null~ ist; danach witre also E ~ unmit telbar gleich der gesamten Energieabgabe eines ]eden Kernes der betreffenden Art beim fl-ProzeB.

Unbedingt notwendig ist die Annahme eines zugleich mit dem fl-Elektron ausgeschleuderten weiteren Teilchens im Hinblick auf Spin und Statistik yon Proton und Neutron. Da Proton, Neutron und Elektron sAmtlich halbzahligen Spin besitzen und der Fermistat is t ik gehorchen, so kann die Umwandlung eines Neutrons in ein Proton - - eine solche muI3 ja nach der HEISEN- BERGschen Grundvorstel lung vom Kernaufbau bei einer fl-Emission vor sich gehen - - nieht unter Aussendung eines Elektrons aUein geschehen: das wfirde unseren obigen Regeln ffir Spin und Statist ik zusammengesetzter Teilchen widerspre- chen. Die Sache kommt in Ordnung, wenn wir dem Neutrino halbzahligen Spin und Fermistatistik zuschreiben. Hierin also unterseheidet sich das Neutrino vom Lichtquant, w~hrend es ihm dutch seine verschwindende Ruhmasse und Ladung ~hnlich ist. Von einem Elektron andererseits unter- scheidet sich das Neutrino nur durch das Fehlen yon Ladung und Ruhmasse~.

x Man dart danach fiberzeugt sein, dab die WeUen- gleichung des Neutrino einfach aus der DIRAeschen Wellengleichung zu erhalten ist, indem man Ladung und Ruhmasse gleich Null setzt. Zwar k6nnte man dem Neutrino, obwohl es keine Ladung hat, dutch eine relativistisch invariante Modifikati0~ der Dirac- Gleichung ein yon Null verschiedenes magne~sehes Moment zuschreiben ; doch scheint die schwache Ionislerungs-Wirkung, welche die Neutrinostrahlung dann zeigen mtil3te, empirisch nicht vorhanden zu sein.

JORDAN: Fortschritte der Theorie der Atomkerne. 213

Wir wollen betonen, dab bei dieser ]~ber- legung keineswegs notwendigerweise das NeutrOn als ,,zusammengesetzt" aus den 3 Bestandteilen Proton, Elektron, Neutrino vorgestellt werden mul3: es geni~gt zu wissen, dab es sich im fl-Prozel~ in diese 3 Teilchen aufl6st, um Stafistik und Halb- oder Ganzzahligkeit des Spinmoments ftir eine dieser 4 Teilchenarten aus der Kenntnis der drei anderen zu ermitteln. In der Tat w~re es un- angemessen, das Neutron als , ,zusammengesetzt" oder , ,aufgebaut" aus Proton, Elektron nnd Neu- tron anzusehen ; denn wir kennen experimentell aueh den ProzeB der Umwandlung eines Protons in ein Neutron unter Emission eines Positrons (positiven Elektrons) und eines Neutrinos (kiinstliche Radio: aktivit~t), so dab man s ta t t dessen ebensogut das Proton als aus Neutron, Positron und Neutrino , ,zusammengesetzt" bezeichnen k6nnte. Die an- gemessene Auffassungsweise wird also die sein, dab wir Elektron und Neutrino (bzw. Positron und Neutrino) als erst beim Umwandlungsprozefl Neutron-Proton (bzw. Proton-Neutron) erzeugt an- sehen, ebenso wie wir ein yon einera Atom emittiertes JLichtquant als erst ira Emissionsakt erzeUgt an- sehen.

Damit bietet sich folgende Auffassungsweise als naturgem~Be Unterlage einer quant i ta t iven Theorie d e r fl-Strahlung dar: Kerne gleichen Atomgewichtes A, abet verschiedener Ladung Z betrachten wi t je tz t als verschiedene Quanten- zust~nde eines und desselben (dutch die Anzaht A seiner Bestandteile charakterisierten) Gebildea. Dieses Gebilde kann also einerseits Lichtquanten emitt ieren (y-Strahtung); es kann andererseits: auch fl-Strahlung emittieren, die wir ganz analog zur ~-Strahlung auffassen, nattirlich unter Be-' achtung des Unterschiedes, dab es sich hierbei stets um Emission von zwei Teilchen zugleich handelt, und dab die , ,Quantenzahl" Z bei einer solchen Emission bzw. der umgekehrten Absorp- tion der ,,Auswahlregel" Z --~ Z 4- I unterworfen ist, die wir hier durchaus in Parallele stellen dfirfen zu den bekannten Auswahlregeln in den optisehen Spektren.

Bei der genaueren Untersuchung der ?-Strah: lung haben wir ein System zu betrachten, welches besteht aus dem Kern einerseits und dem elektro- maffnetischen Strahlungs]elde andererseits. Die Ener- gie dieses Gesamtsysterna ist also yon der Form

(6) H = HKern -[" HLichUeld -{- Hweehselwirkung;

und die Wechselwirkungsenergie hat die Gestalt

( 7 ) H w = - - p~, wo p das elektrische Dipolmoment des 7-Strahlers und ~ die elektrische FeldstArke ist: die Tatsache, dab ~ hier linear eingeht, hat zur Folge, dab in erster AnnAherung die Prozesse des Energie- austauschs zwischen Kern und Strahlungsfeld der- artige sind, dab immer ]e ein Lichtquant erzeugt oder absorbiert wird. Unbedingt notwendig ist es, in dieser das Lichtfeld ebenso wie den Kern Ms ein quantenmechanisches System auffassenden Be-

Page 6: Fortschritte der Theorie der Atomkerne

214 JORDAN; Fortschxitto tier

handlungsweise auch ~ als eine Matrix anzu- setzen.

Frir die Untersuchung der fl-Strahlung haben wir analog ein System zu betrachten, welches aus I. dem Kern, 2. dem Neutrinostrahlungs]etd, 3- dem E, lektronenstrahlungs]eld besteht: man muB sich bier einer Methode bedienen, welche es er laubt , diese beiden Strahlungsfelder in denkbar engster Analogie zum Lichtfeld zu behandeln, t rotz des sehr wesentlichen Unterschiedes, der daxin liegt, dab wit es bier mi t Teilchen zu tun haben, die der Jh~ermistatistik und nicht (wie die Lichtquanten) der Bosestatistik gehorchen. Eine solche Methode gibt es abet (,,zweite Quantelung"; JORDAN- WIGI~ER) ; wit beschreiben das Elektronenwellen- feld durch eine Wellenamplitude ~ = ~o (~) und das Neutrinowellenfeld dutch eine Amplitude ~0 = ~0 (t), wobei ~ und ~0 je tz t (ebenso wie vorhin ~) Matrizen sind, deren nichtkommutat ive Multiplikations- eigenschaften in best immter Weise das PAULIsche ~quivalen'zverbot auszudrricken vermSgen.

Die Wechaelwirleungaenergie zwischen den drei Stricken unseres Gesamtsystems wird dann, um der Tatsache der Emission yon Elektron und Neutrino zugleich zu entsprechen, eine in ~ und bilineare Form haben miissen. Schreiben wir, um dies anzudeuten, kurz

(8) Hw = g{QyJ9 + Qt~t~t}, (g ist ein Zahlfaktor), wo dann g eine auf den Kern alIein bezrigliche Matrix x ist [analog dem p in (7)]. Natrirlich ist der Ausdruck (8) so noch nicht fertig, sondern gibt nur eine ungefAhre Andeutung, wie die Sache aussehen mul3: Wit haben noch gar nicht darauf Rricksicht genommen, dab die Wellenfunktionen frir Elektron und Neutrino je vier Komponenten haben *, und wir mril3ten wahrscheinlich nicht nut diese Ampli- tuden setber, sondern auch ihre Ableitungen mit - nehmen, um den exakten Ausdruck der Wechsel- wirkungsenergie zu bestimmen. FERMI, dem man die hier in den Grundgedanken erlAuterte Theorie der fl-Strahlung verdankt, ha t einen ganz bestimm- ten Ansatz fiir die exakte Gestalt der Wechsel- wirkungsenergie (8) gemacht und die Folgerungen quant i ta t iv durchgerechnet. Aber wir gehen darauf nicht nAher ein, well sich bereits gezeigt hat, dal3 der FERMIsche Ansatz elaveiterungs- bedrirftig ist; es liegen schon diesbezfigliche Ver- suche vor, aber noch kein abschliel3endes Re- sultat.

Die Matrix Q mul3 natfirlich zum Ausdruck bringen, dab bei dieser Emission, wie schon ge- sagt, die Kernladung notwendigerweise um I zu-

x Das t an einer Matrix bedeutet im wesentlichen die komplex Konjugierte [in etwas verallgemeiner- tem Sinne: man mul3 die betreffende Matrix an ihrer Diagonale spivgeln (also Zeilen und Spalten ver- tauschen) und dann noch jedes Matrixelement dutch den konjugiert komplexen Zahlwert ersetzen].

Deren relativistische Transformationseigenschaf- ten in richtiger Weise zu berficksichtigen sind.

Theorie der &tomkerne. [ Die Natur- [wisseaschaffea

nimmt. Man kann dabei die Sache vereinfachen derart, dab man nicht den ganzen Kern, sondern nut das eine VOlt der /~oUmwandlung betroffene ,,schwere Teilchen" betrachtet, welches sich dabei im Kraftfelde des Kernrestes befindet. Dieses ,,schwere Teilchen" ist ein Gebilde, das sowohl als Proton als auch als Neutron auftreten kann. Definieren wir die Gr613e e derart, dab 0 = + I ist, wenn das ,,schwere Teilchen" ein Neutron ist, u n d ~ == - - I , wenn es ein P~oton ist, so be- kommen wir frir Q die Matrix

(o, (o :): (o oO) Die FERMISChen Rechnungen fiikren nun zu

folgendem Ergebnis: Die Gesarati~bergangswahr- aeheinliehkeit frir einen fl-Prozei~ enthMt einen $'ak-tor, der dutch die spezielle Kernstrnktur be- s t immt ist x. Abet die Ingensitatsverteilung ira kontinuierlicherb fl-Spektrura ergibt sich als eine yon allen Einzelheiten der Kernst ruktur un- abhiingige $'unktion der Kernladung Z und der ver]iigbaren Maximalenergie Emax. Dies allgemeine Ergebnis wird natrirlich auch von den n6tigen Ab~nderungen des FERMIschen Wechselwirkungs- ansatzes nicht berfihrt werden; es zeigt uns, dab die Ausmessung der kontinuierlichen fl-Spektren uns sehr genaue Informationen fiber das Wechsel- wirkungsgesetz vermit te ln wird. DaB.die spezielle yon FERMI errechnete IntensitAtsverteilung der Erfahrnng nicht genau genug entspricht, scheint bereits sicher.

FERMI hat terrier gefunden, dab dann, wenn die J~uhmasse des Neutrino gleich Nul l voraus- gesetzt wird, die die Spektratintensit~t dar- stellende Kurve J = J (E) bei E -----/~m~ nicht nur stetig zu NuU heruntergeht, sondern sogar die Nullachse ber~hrt - - und das entspricht in der Ta t der Erfahrung. Dagegen wrirde sich theore- tisch lceine Berrihrnng ergeben, wenn die 1Ruh- masse des Neutrinos yon 1VuU versehieden ware. Es ist wichtig, sich klar zu machen, dal3 dieses FERMISChe Ergebnis sicher nieht dutch die noch notwendigen AbAnderungen der Theorie um- gestoBen werden wird, so dab wir also den daraus gezogenen Schlul3, dab die Ruhmasse des Neutrinos gleich Null sei, auf alte FAlle als zuverlAssig a n - sehen drirfen. Die Sache ha t nltmlich folgenden anschaulicken Sinn: Wenn die Ruhmasse des Neutrinos ungleich Null ware, dann drirfte das Elektron im einzelnen Ealle einmal die maximale Energie F ~ restlos ftir sich in Anspruch nehmen; das Neutrino wrirde dann die Gesehwindigkeit 2gull bekomraen. Abet wenn das Neutrino die Ruhmasse Null hat, dann wrirde bei Emission eines Elektrons mit der ganzen Energie nicht mehr ein Neutrino der Geschwindigkeit Null, sondern einfach gar

x Fiir fl-Umwandlungen, bei welchen der Kernspin unge~indert bleibt, ist fibrigens dieser Faktor angenAhert stets derselbe -- so dab man die mittlere Lebensdauer ffir diese F~dle als Funktion yon Z und E~ax darstellen kann.

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Heft x4. I JORDAN: Fortschri t te der 3, 4. I936J

nichta fibrigbleiben (womit unsere Regeln fiber Spin und Statist ik dann doch verletzt w~ren): des- halb verlangt die Annahme verschwindender l~uh- masse unabh~ngig yon jeder spezielleren Theorie eine Beriihrung der Nullachse dutch die Intensit~ts- kurve J(E) bei E = E . . . .

Von dieser Untersuchung der/~-Strahlung aus f~llt nun ein ganz neues Licht auf die im ersten Tell behandelte Frage der Wechselwirkumj Proton- 2Veu~on. Das COULOMBsche Gesetz ffir die Wechsel- wirkung elektr~scher Ladungen kann als Folgeru~ abgeleitet werden aus dem Ansdruck (7) ffir die Wechselwirkungsenergie zwischen einer Ladung und dem elektromagne$isehen Feld: es ist ja chara~- teristisch ffir die MAXWELLsche Theorie der Elek- trizit~t, dab sie nut Nahewirkungen als primi~r anerkennt und die scheinbare Fernwirkung, die im COULOMBschen Gesetz zum Ausdruck kommt, auf Nahewirkungen zuriickftihrt, indem sie das elektromagnetische Ee/d eine Wechselwirkung der Ladungen vermiUeln 1ABt. Eine derartige Her- leitung des COULOMBSChen Gesetzes aus dem die Wechselwirkung (Nahewirkung) yon Ladung und Feld ausdrfickenden Gesetze ist auch im Rahmen der Quantenelektrodynamik gelungen (DIRAC, FOCK), obwohl das erheblich schwieriger war als in der ldassischen MAXWELLschen Theorie. Ganz ent- sprechend kann man aber aus der durch (8), (9) ausgedrfickten Wechselwirkung yon ,,schwerem Teilchen" und ,,fl-Strahlungsfeld" ( = Elektronen- strahlungsfeld plus Neutrinostrahlungsfeld) eine dutch das ,,fl-Strahlungs]eld" vermi~elte Weehael- wirleung zwisehen ]e zwei ,,sehweren Teilehen" erschlieBen (TAMM, IWANENKO), und zwar ergibt sich gerade eine ,,Aust~uschwechselwirkung" zwi- schen Proton und Neutron in der oben im ersten Teil besproehenen Form: eine wunderbare BestAtigung der dort erreichten Resultate yon ganz anderer Seite her. Freilich abet s teht es noch nicht sehr befriedigend mi t den quant i ta t iven Verh~ltnissen: die spezielle Fm~Mlsche fl-Strahltheorie liefert viel zu kleine Bindungskr~fte fiir die Kerne, so dab sie auch hier ihre Ab~nderungsbedfirftigkeit beweist. Wie schon betont, kann der F~R~Ische Ansatz sehr wohl noeh in mannigfacher Weise umgestal tet werden, ohne den - - sicherlich zutreffenden - - Grundgedanken der F~Rmschen Theorie zu be- eintrt~chtigen; aber es ist augenblieklieh noch keine sichere Entscheidung zwischen den daffir vorliegenden M6glichkeiten zu treffen.

Ganz kurz sei endlich erwtihnt, daB aueh die Frage des magne~isehen Momenta des Protons in diesem Zusammenhang durchsichtiger wird. Wenn man naheliegenderweise vermutet , daB ein Proton sich yon einem Elektron nur kinsichtlich der Ruhnmase unterscheidet, dann bekommt man ~iir das Proton ein magnetisches Spinmoment, das gleich einem ,,Kernmagneton"

h (~o) 4 ~ M c

ist (21/die Masse des Protons). Aber experimentell

Theorie der Atomkerne. 215

ist das sicher falsch; STERN und FI~ISCH fanden ungefAhr 2, 5 Kernmagnetonen. Dies finder nun eine AufldArung dadurch, dab die Wechselwirkung des ,,schweren Teilchens" mit dem fl-Strahlungs- feld auch ein zuadtzliches magnetisehes Moment ffir das Proton ergibt (WICK).

13berraschenderweise scheint auch das Neutron ein yon I~ull verschiedenes magnetisches Moment zu besitzen, so daB man, wenn das wirtdich wahr ist, die Existenz noch einer anderen Art yon Neutronen mi t entgegengesetzt gleichem Verh~lt- nis des mechanischen und magnetischen Spin- moments theoretisch erwarten muB.

l-dteratur. i. Die Literatur betreffs der exper~nentellen Ermitt-

Zungen, auf welche sich die allgemeinen Feststellungen des obigen Aufsatzes griInden, ist so umffangreich, dab auf jeden Versuch diesbeztiglicher Aufz~hlungen ver- zichtet werden muB. Es sei nur kurz hervorgehoben: Betreffs der empirischen Kenntnis der Massende]etcte der Kerne sind ASTON besonders wichtige Resultate zu verdanken. Eine Anzahl sehr genauer Ermittlungen sind ferner auf Grund der Energiebilanzen genau stu- dierter Kernumwandlungsprozesse (Zertrthmmerungen) mSglich gewesen. Die Spinmomente zahlreicher ver- schiedener Kerne (also vor allem die diesbezQglichen ganzen bzw. halben Quantenzahlen; ffir viele F~le aber auch die zugeh6rigen magnetisehen Momente) kennt man aus vielen sorgfAltigen Untersuchungen fiber die Hyperfeinstruktur yon Atomspektren; teflweise aber auch aus Bandenspektren (yon zweiatomigen Molekiilen mit zwei gleichen Bestandteflen). FOr das Prot~ ist das magnetische Moment, wie oben erwAhnt, yon STERN und FRISCH [Z. Physik 85, 4, (I933); vgl. dazu auch C. NgVICK, Z. Physik 85, 2 5 (1933)] nach der Molekular- strahlenmethode (STERN-GERLACH-Effekt an Ha-Mole- kfilen) bestimmt worden. Die Frage, ob eine bestimmte Kernart der BosE- oder FERMi-Statistik gehorcht, ist schwieriger zu entscheiden, haupts/~chlich durch Unter- suchung yon Molekiilspektren (der oben bezeichneten Art). Eine derartige empirische Entscheidung ist m6g- Iich gewesen fiir Proton, 0~-TeiIchen und Stickstoff- kern. Die kontinuierlichen/3-Spektren sind Gegenstand sehr vieler Untersuchungen gewesen, welche auBer den (direkt durch die Lebensdauern gegebenen) Gesara¢- zerfallswahrscheinlichkeiten auch die Intensit~ts- verteilungen fiir eine Reihe yon Beispielen eingehend ermittelt haben; auch filr die kfinstliche RadioaktivitAt liegen bereits entsprechend eingehende Untersuchungen vor. Die ftir die ~berzeugung, dab der Energiesatz gilt (und somit die Neutrinos existieren), wichtige Bilanz (5) ergab sich aus Resultaten yon B. W. SARGENT (PrOC. roy. Soc. Lond. (A) x39 , 659; I933). Entdeckung des Neutrons : I. CHADWICK, Proc. roy. Soc. Lond. (A) I36, 692; I932.

Unberi~cksichtigt blieben im vorliegenden AufsaLz die vielen Untersuchungeu, die aus den ~- und ?-Spek- tren (und damit zusammenhAngenden Streueffekten) Rtickschlilsse auf Anreg~ngsetu/en der Kerne gewinnen. Diese wichtigen Untersuchungen haben namlich auf die oben betrachteten Probleme augenblicklich noch keinen wesentlichen EinflnB gewonneu, obwohl dies -- im Sinne der SchluBbemerkungen yon Teil I -- in Zukunft sicher der Fall sein wird. Auch yon den theoretischen Untersuchungen seien nut die ffir die vorgetragenen ~berlegungen wichtigsten aufge- ffihrt:

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2 1 6 voN LIPPMANN: ~ b e r d e n Stil in den d e u t s c h e n c h e m i s c h e n Ze i t schr i f t en (1935). [ Dio Natur- [wissenschaften

2. Kernau]bau und Kernbindungskrd/te : W . HElSEN- B~EG, Z. P h y s i k 77, I (1932); 78 , 156 (I932); 80, 587 (1933). -- E. MAJORAb~A, Z. P h y s i k 8Z, 137 (I933)- - - G. C. WICK, Z. P h y s i k 84, 799 ( I934) . - - C. F . v. WEtZS:~CKER, Z. P h y s i k 96, 431 (1935)* - - S. FL~3GGE, Z. P h y s i k 96, 459 (1935). -- W. HEISEN- BERG, Z. P h y s i k 96, 473 (1935). - - E. WIGNER, Phys ic . Rev• 43, 252 (1933) - - Z. P h y s i k 83, 253 (1933)- - - n . FEENBERG, Phys ic . Rev . 47, 8o9, 850, 857 (I935).

3- Theorie der fl-Strahlung und ihre Folgerungen: E. FERML Z. P h y s i k 88, I 6 I (1934)- - - [Methode de r , , zwei ten Q u a n t e l u n g " : P. JORDAN U. E. WINNER, Z. P h y s i k 47, 631 (1928)]. - - E. J . KONOPINSKI u. G. E. UHLENBECK, Phys ic . Rev . 48, 7, 1°7 (1935)- - - I6.TAMM, N a t u r e (Lond.) 133, 981 (1934). - - D. IWANENKO, N a t u r e (Lond.) 133, 981 (1934). - - BETHE, Proc. C a m b r i d g e philos. Soc. 31, lO8 (1935). - - %¥, H~ISEN- BERG, Z e e m a n - F e s t s c h r i f t S. lO8; H a a g 1935.

Uber den Stil in den deutschen chemischen Zeitschriften (I935). Von EDMUND 0 . VON LIPPMANN, Ha l l e a. S.

Von h 6 h e r e r Seite e rg ingen zwar a b e r m a l s wieder- hol te u n d seh r d a n k e n s w e r t e Hinweise be t re f f s sp rach - r ich t iger u n d le icht vers tAndl icher A b f a s s u n g a m t - l icher Ber i ch te u n d Schr i f ts t i icke aller A r t ; wie schwie- r ig es aber den n a c h g e o r d n e t e n Stel len ~[iillt, sie zu be- folgen, m 6 g e n einige Beispiele a u s ,,offiziellen" Quellen zeigen, zu denen a u c h de r , ,Re ichsanze ige r" zfthlt: i . W e l t z i n n v e r b r a u c h a u f w A r t s e n t w i c k l u n g ; 2. Z insen- t r a n s f e r s c h u t z a u f l o c k e r u n g s v e r s u c h e ; 3. ReichshAndel- F e s t s t a d t i s t Ha l l e ; 4- Nach te i l e der F ide i -Commis ; 5. Stabi le Quecks i lbe rbewegung ; 6. Mehrsei t ige Op t ik der T a g e s m e i n u n g e n ; 7. Die sAmtl iche uned le Metal l - s t a t i s t i k ; 8. S t a rke E i e r s c h w e m m e ( = ~3berfluB) ; 9. S ta tusquo le r , S t a t u s q u o t e r ; io . Sa lsonberuf le r ; n . Arbe i t sd iens t l e r ; 12. Mitwel t ler ( = Zei tgenossen) ; 13. B e g r a d i g u n g des F lus ses ( = Gerade legung) ; 14. Der ~Vatd in de r E r z s c h l a c h t . . . . die Ver f i l zung des Kle ien- m a r k t e s ; 15. Die ges icher ten FtiBe der F i n a n z r e f o r m ; 16. S te igende Verf l i i ss igung der B a n k e n . . . . de r feuer- f e s ten I n d u s t r i e n ; 17. V e r b e i s t a n d u n g des N. ( = sein Ver te id iger) ; 18. Ri icks ich t a u f b e s c h r ~ n k t e Steuer- zahler ; 19. W e n n die H o c h s c h u l l e h r e r . . . s ich be- te i l igt (min. ErlaB) ; 20. Der E n t w u r f i s t e in p l a ton i sches B o n b o n ohne zeit l iche B i n d u n g . - - Zu d e n R e d ens - a r ten , die v o r z u b r i n g e n sich j e d e r m a n n scheuen sollte, geh6ren u. a. a u c h : d a s Anschneiden z. B. y o n P u n k - ten, d a s Untermauern z. B. y o n Ideen, d a s Anlcurbeln z. B. yon E r f i n d u n g e n , das Verankern z. B. y o n Fo r t - s ch r i t t en , d a s Unt¢rstreichen (sogar , ,mi t w a r m e n W o r t e n " ) z. B. y o n g u t e m Wil len, y o n Kurzs i ch t igke i t der MaBregeln, u. dgl. m e h r !

A u s d e m c h e m i s c h e n Bereiche g ingen a b e r m a l s 275 Belege ein, ffir die den ~ b e r s e n d e r n b e s t e n s zu d a n k e n i s t ; die Q u e l l e n a n g a b e n lagen de r R e d a k t i o n vor, werden abe r a u s den gen i igend b e k a n n t e n Gr t inden n i c h t m i t a b g e d r u c k t . Der R a u m v e r h ~ l t n i s s e ha lbe r k a n n hier n u r e ine kleine A u s w a h l in F rage k o m m e n .

I . Wortungeheuer (lceine Bindestr~he)• 1. A m i n o o x y a t h o x y p h e n y l d i c h l o r a r s i n h y d r o c h l o r i d , 2. Desace ty l t e t r ahydropseudobufo ta l in s f i . u r eme thy l -

ester , 3. Di /~ thy lmesocyc lohexy lbenz th ioca rbocyan in jod id , 4. D i b e n z o y l o x y t h i o c h r o m o m o n o t h i o x a n t h o n , 5. C y c l o p e n t a n o p e r - H y d r o p h e n a n t h r o n .

I I . Falsche Verblndungen (Ein- und Mehrzahl . . . . ); grobe Sprachlehler.

I. I n i h m ver l ie r t . . . wi r Alle u n s e r e n Bera te r . 2. Die Glykoside . . . wird ge t r enn t . 3. E s w u r d e . . . die D e r i v a t e e x t r a h i e r t . 4- D a s B u c h i s t e ine g u t e Arbei t , das j e d e m zu e m p f e h l e n ist. 5. Von de r Saturn- l u n g is t zu sagen, d a b es tiberall i n t e r e s s a n t ist. 6. W i r g e d e n k e n seiner als d e m Al tmei s t e r . 7. Diese S t a t ion

. . . m i t se inen F o r s c h u n g e n . 8. D e u t u n g y o n Spect ra . 9. B e s t i m m u n g des Vi tamin• Io. S~uren des C e r ium

Nr. XV.

u n d des T h o r i u m . i i . Die L u f t wird a m E n d e rein- geblasen . 12. Zei ten, wo . . . . L6sungen , wo . . . . Theo- rien, wo . . . . A n n a h m e n , w o . . . 1 .

111. Falsche und absonderliehe Wortbildungen. I. L i t r igke i t des Gases ( = Zahl der Li ter) . 2. Die

Oberf l~che i s t a lso ke in n a s s e s Motekfilfell. 3. D a m m - w i r k u n g de r L u f t s c h i c h t ( = dampfende ) . 4. E x p o r t d e v i s e n a b h ~ n g i g e n NuB61s. 5- F l f i ss igke i t smagerer A b s o g d u t c h V a k u u m • . . 6. Ra t i ono ide R e a k t i v i t ~ t e n . 7- Die n i c h t reagier te Saure. 8. A g r o c h e m i s i e r n n g des B o d e n a b s o r p t i o n s k o m p l e x e s . 9. Ion i sche U m g e b u n g von E1ektrolyten• 19• C e v i t a m i n s ~ u r e ( = V i t a m i n C). I I . Das verspe iche l te Glykogen. 12. A u s g e p r a g t e T e m p e r a t u r s c h w ~ n z e der S p a n n u n g s k u r v e n . 13. Er - mli l ler tes Mehl . . . . b~mkerisches Wer tu r t e i l . 14. Ana - lyse de r Zel l s tof fabr iksschwier igkei ten . 15. Abf~ll ige H a u t t e i l e ( = z u m AbfaU geh6rend) , i6. E in Proklopf- mi t t e l . 17. Der P r o k o p f v e r b r a u c h . 18. U n t e r b r u c h des B l u t u m l a u f e s . I9. K f i n i k e n m i s c h h a r n . 20. Die E r z e u g u n g s s c h l a c h t wird 80oooo t F e t t be t r agen . 2 i . Die W i r t s c h a f t i s t l tbersetzt , die Preise i iberzogen. 22. R a n k o c h e n u n d R u n t e r k o c h e n de r Sude. 23. Holz- chemi sche r Alkohol . 24. Chemie -Erzeugung , -E in fuhr , -Aus fuhr , - V e r b r a u c h ( = Chemikal ien) ~.

I V . Entstellte und ]alsch gebrauchte Fremdw6rter• I. Diese K6rpe r un i fo rmie ren die Dispersit/~t der

Faxbstoffe . 2. Das P o e m des S t icks tof fs ( = die Wi r - kung) . 3. Die ak tue l l s t en KSrpe r ( = die ak t iv s t en ) . 4. Diese def in ier te Abh~ng igke i t ( = defini t ive) . 5. E in h o m o g e n e s D i s c o n t i n u u m . 6. De lek t rona t ion ( = Ab- s p a l t u n g y o n E lek t ronen) . 7- Der V a c a t s a u e r s t o f f ( = der ganze n6t ige) . 8. Def~kie r te r Sai t . 9. Si lberne A n t i s e p t i k ( = m i t Si lberl6sung). 19, Das adrena l - e k t o m i s c h e K a n i n c h e n . 1I. B e h a n d l u n g de r F e t t s u c h t ,

• . . der Lac t a t i on , m i t Dia t . 13. Der B a n der Benz in- s y n t h e s e . . . . die I n n e n r o h r e u n d Innen te i l e der Syn these . 14. S y n t h e t i s c h e B e n z i n p r o d n z e n t e n .

V. Falscher und unlogischer Wortausdruck. I. A u c h Holz laBt s ich in den L u f t s c h u t z g e d a n k e n

e ino rdnen . 2. Der Un te r s ch i ed zwischen h ine in - gesch ick te r Arbe i t u n d g e m e s s e n e n Calorien is t klein. 3- Ge t~usch te M e h l t y p e n . . . m i t k i ins t l icher Asche. 4- Die le tz te S tu fe . . . ge lang n u r e r s t in b r a u c h b a r e r Ausbeu te . 5. Mit Ess ig herges te l l te r Sal t k a n n in der Theor ie an u n d flir s ich r i ch t ig sein. 6. Die R e a k t i o n i s t nu l l t e r ode r e in Dr i t t e l -Ordnung , . . . die Stel len geh6ren n i ch t de r a m o r p h e n R e a k t i o n s h a u t an . 7. Die Scheibe m i t d e m R a d i u s y o n 5o-facher Dicke des Sperrholzes . 8. Ur inbes t and t e i l e des St icks toffwechsels . 9. Sau te u n d a lkal ische Valenzen der Mas t r a t i on .

1 E ine r de r ve rb r e i t e t e s t en Feh le r ! 2 W e r sprAche y o n E r z e u g u n g , E in - u n d A u s f u h r

der Mus ik s t a r t yon j enen der Musika l ien?