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Röhren-Phonovorstufen
Historische Laufwerke
Lies: „Verdi“
Deep Purple in Rock
analog aktuellForum für analoge Musikwiedergabe
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ANALOG AKTUELL 3/20014
„analog aktuell“ ist die Mitgliederzeitschrift der Analogue Audio Association e.V. (AAA).Die Analogue Audio Association e.V. ist ein einge-tragener Verein zur Erhaltung und Förderung der ana-logen Musikwiedergabe. Sie ist beim Amts gericht Reut-lingen unter VR 766 registriert.
Herausgeber:Analogue Audio Association e.V.Postfach 12 27D-72764 ReutlingenTel.: 0 71 21 -2 37 61Fax: 0 71 21 -23 00 67Website: http://www.AAAnalog.deE-mail: [email protected]
Vorstand:Dipl.-Ing.D.Klimo (Vorsitzender)H.-D. Wilmsen (Kassenwart).
Redaktion (verantwortlich):Gernot WeiserSpitalstr. 1266953 PirmasensTel.: +49 - (0) 63 31 - 28 92 02Fax: +49 - (0) 63 31 - 28 92 01ISDN: +49 - (0) 63 31 - 28 92 03 (Fritz, bitte anmelden)E-mail: [email protected]
Anzeigen: Maike Schneider, Gernot Weiser (verantwortlich). (In Zusammenarbeit mit der Geschäfts-stelle der AAA)
Layout: Andrej Klimo und Thomas Wilkens (Konzeption), Gernot Weiser (Realisation)
Titelbild: Markus Duevel, CD-Konzertmöbel
Autoren dieser Ausgabe:Rainer Bergmann, Peter Bruker, Norbert Bürger, Joachim Bung, Johannes Friebe, Dr. Michael Frohne, Bertram Kinderdick, Rainer B. Lehrach, Uwe Mehlhaff, Klaus Rampelmann, Ernst Schmid, Ingo Schröder, Hans-Georg Seidel, Gernot Weiser
Druck:Rohr Druck GmbHMainzer Str.10567657 Kaiserslautern
Für unverlangt eingesandte Texte, Fotos, Illustra tionen oder Datenträger wird keine Gewähr übernommen. Sämtliche Verwertungsrechte (weitere Zeitschriften, andere Daten- und Infor mations träger) angenommener Manuskripte und Il lu stra tionen liegen bei der Analogue Audio Association.Bei Nichtbelieferung im Falle höherer Gewalt beste hen keine Ansprüche gegen die Analogue Audio Association.
Impressum Forum
News
Technik
Musik
Titel
I M P R E S S U M
analog aktuell – AAA
ANALOG AKTUELL 3/2001 5I N H A L T
Leserbriefe 6Digitale Depression oder Vielfalt der Systeme 8Arbeitsgruppe Tonband 9HiFi-Kauf über’s Internet 10W wie Waschtag 16
Aus Presse und www 17Neu auf Vinyl 18analog forum stuttgart 20
Skating-Kraft und Antiskating 28Die sprechenden Maschinen 33Historische Laufwerke 34Plattenspielergalerie 38
Röhren-Phonovorstufen und Übertrager 32
George London 51Lies: „Verdi“ 52Jazz-Reissues 56Reissues – die Nörgelecke 59Musikhören 64Music was my first Love … 68Deep Purple In Rock 76
Editorial 3Impressum linksAAA intern 79Kontakte 80AAA-Mitgliedsfirmen 83
ANALOG AKTUELL 3/2001 9F O R U M
Nun ist es soweit! Die Sparte Tonband
wird in unserem Verein einen festen Platz
bekommen.
ANALOGUE AUDIO ASSOCIATION
(Verein zur Erhaltung und Förderung der
analogen Musikwiedergabe)
Dieser Satz gab mir immer zu denken. Die
analoge Aufnahme ist besonders wichtig,
wenn unser Slogan – Erhaltung und För-
derung der analogen Musikwiedergabe
– attraktiv bleiben soll. Ich möchte nun
meinen Beitrag zur Erhaltung und Förde-
rung zum Thema Tonband leisten. Dazu
will ich versuchen, die Sparte mit Beiträ-
gen so zu gestalten, dass ein reges Inte-
resse an der Technik, Wartung, Beschaf-
fung, Aufnahme und Handhabung ent-
steht. Bitte versuchen Sie mit eigenen
Ideen und Taten zu diesem großen Thema
etwas beizutragen. Ihre Anfragen und
Beiträge erwarte ich über Telefon, Fax
oder e-mail.
Arbeitsgruppe Tonband
Norbert Bürger Wiesentalstr. 8171397 LeutenbachT : 0711-1758202 von 12:00 bis 15:00 F : 0711-17-5 43 01
Email: [email protected]
K o n t a k t
Nun zu meiner Person:Mein Name ist Norbert Bürger. Ich bin
von Beruf Konstrukteur, 46 Jahre alt ver-
heiratet und habe eine Tochter und einen
Sohn.
Mein Hobby begann mit dem Geschenk
meiner Mutter zu meinem 14. Geburts-
tag. Es war ein Magnetophon 250 Hifi
von Telefunken. Bis heute ist die Faszina-
tion der sprechenden Maschinen bei mir
erhalten geblieben. Vor ca. 6 Jahren erfüll-
te ich mir einen Traum, den ich schon
vor 30 Jahren hatte: professionelle Studi-
ogerätschaften. Die Zeiten sind günstig
zum Erwerb alter Studiogeräte. Einen
Teil meiner Geräte werde ich Ihnen in
Wort und Bild vorstellen:
1. Studer A80 – Mono/Stereo deutsche
Schichtlage, 30cm Bandwickel ca. 75 kg
schwer ohne Gehäuse.
2. Telcom C4 für Aufnahme und Wieder-
gabe getrennt.
3. Nagra IS – Vollspur mit Pilot, 13cm
Bandwickel, einzige kleine Nagra mit 3
Motoren-Laufwerk.
4. Mischpult np Elektroakustik AS 5104.2
MKIV.
5. Stereomikrophonpaar Neumann
SKM140 Niere, Kondensator.
6. Stereomikrophonpaar BPM CR-73
Niere und Kugel umschaltbar, Großmem-
bran Kondensator.
Norbert Bürger
ANALOG AKTUELL 3/200110 F O R U M
Hifi -Kauf über’s Internet
Vorbemerkung
Dieser Artikel soll einen Überblick mir bekannter Internet-Adressen zum Thema Hifi -Kauf geben. Im Bericht gehe ich im überwiegenden Maße auf Phonogeräte und Phonozubehör ein.Der Bericht richtet sich in erster Linie an alle, die nicht das „große Geld“ für alles, was „sonst noch zum highfi delen Glück“ gehört, ausgeben wollen oder können: Also die Käufer von Gebrauchtgeräten oder „Schnäppchenjäger“.Die aufgelisteten Adressen können nicht vollständig sein. Die Zeit reichte nicht aus, das Internet vollständig abzugrasen. Und das Internet lässt sich nun mal nicht vollständig abgrasen. Der Artikel ist als Start eines Diskussionsforums gedacht. Ich bin für weitere Tipps und nützliche Hinweise dankbar. Wer Internet-Zugriff hat, kann selbstständig recherchieren und hier in der „analog aktuell“ über neues und brauchbares Adressenmaterial berichten. Also: Nur Mut zum Suchen und Schreiben! Ich gehe davon aus, dass viele Leser das Medium „Internet“ als Informationsquelle nutzen. Daher können brauchbare Tipps immer sinnvoll sein.Noch ein Hinweis der Vollständigkeit halber: Das Internet ist ein sehr schnelllebiges Medium. Ich hatte im September für eine andere Zeitschrift einen ähnlichen Artikel verfasst. Nunmehr musste ich feststellen, dass sich innerhalb eines guten Monats doch einiges getan hat. Aber mehr dazu im laufenden Text.
Tipps und Beobachtungen von Uwe Mehlhaff
ANALOG AKTUELL 3/2001 11F O R U M
Wo und wie fi nde ich interessante Geräte?Die Antwort auf das „Wie“ können wir uns sparen. Schon in
der Bibel stand „Wer suchet, der fi ndet …“.
Wo? Wir wollen hier nicht über „Sperrmüll“ und „Flohmarkt“
reden. Das würde dem Thema und dem Aufwand dieses Berich-
tes nicht gerecht. Sicherlich kann man(n) dort auch fündig
werden. Flohmärkte sind mitunter zeitaufwendig und nicht
immer mit Erfolg gekrönt. Als passionierter Vinylsammler
kann ich ein Lied davon singen …
Wer auf eleganterem Wege gebrauchte Hifi -Geräte sucht, kann
in den gängigen Hifi -Zeitschriften fündig werden. Die Suche
gerade dann, wenn es ganz bestimmte Geräte sein sollen, ist
mühselig, da man alle Anzeigen „durchkauen“ muss und der
erhoffte Erfolg oftmals ausbleibt. Da Fachzeitschriften nichts
kostenlos machen, sind Inhalt und Beschreibung der Geräte
in den Anzeigen meist kurz gehalten und zwangsläufi g kaum
aussagefähig.
Also suchen wir nach einer elektronischen Lösung, die „eierle-
gende Wollmilchsau“, falls es sie geben sollte.
Hifi -Kauf über das Medium „Internet“1
Die „eierlegende Wollmilchsau“, – vorausgesetzt man hat einen
PC und Internet-Zugang – könnte das Medium Internet sein.
Zwar digital; aber was spricht gegen digital, wenn es ein nützli-
ches und komfortables Hilfsmittel ist.
Die in diesem Artikel aufgeführten Adressen bieten unter-
schiedliche Suchmöglichkeiten. Diese wiederum – egal wie
gut oder schlecht – bieten im Gegensatz zu den Fachzeitschrif-
ten die Möglichkeit einer gezielten Suche. Ich betrachte dies
erst einmal als Vorteil gegenüber den Möglichkeiten der Hifi -
Zeitschriften.
Zu einigen Geräten (Minderzahl) gibt es auch Fotos, so dass
man sich einen optischen Eindruck vom gewünschten Gerät
verschaffen kann. Das heißt aber nicht zwangsläufi g, dass das
Foto das tatsächlich zum Verkauf anstehende Gerät enthält. Im
Zweifelsfall fi ndet man hier ein Foto aus einem Hifi -Jahrbuch,
Testbericht etc., deshalb Vorsicht beim Kauf anhand vorliegen-
der Fotos.
Nach meinen Recherchen unterscheidet man zwischen Auk-
tionshäusern und Gebrauchtbörsen. Zur besseren Unterschei-
dung habe ich beide getrennt:
ANALOG AKTUELL 3/200116 F O R U M
Soso, Samstags vor Mittag ziehen Sie über die Flohmärkte und suchen nach Platten, die Besten, die Seltensten und obendrein wie neu. Sie kramen und stöbern in Waschkör-ben und Pappkartons. Sie feilschen und reden braver Leute Waren schlecht. Wenn Sie dann Hunger bekommen, tragen Sie Ihre zehn oder zwölf Neuerwerbungen nach Haus.Und was machen Sie am Nachmittag? Da werden die Plat-ten gesichtet, bewundert, katalogisiert und – gewaschen. Das Tischtuch bleibt also liegen. Sie streifen die Krümel herunter und schaffen sich einigen Platz. Dann wird die erste Platte ausgepackt. Das Cover ist etwas aufgegangen. Dazu nehmen Sie einen guten Kleber, reparieren das Teil und legen es weg. Die Platte können Sie jetzt nicht wieder hineinschieben, denn der Klebstoff enthält Lösungsmittel. Matte Stellen und sogar eine partielle Auflösung des Vinyls könnten die Folge sein. Außerdem ist sie dreckig. Unglaublich, was die Leute so mit ihren Sachen anstellen. Sandkörner sind das! Die pusten Sie einfach weg. Dann der viele Staub. Mal sehen, was sich machen läßt.Sie kennen die Sprühfl aschen, die es für 6 Mark in Bau-märkten, Gärtnereien, Haushaltswarenläden, überhaupt überall gibt. So eine haben Sie. Mit Messingdüse. Und darin befi nden sich zwei Teile destilliertes und entminera-lisiertes Wasser und ein Teil Isopropylalkohol aus der Apotheke. Nicht zuviel anmischen, arbeiten Sie lieber mit frischem Wasser. Die erste Seite also einsprühen und 1 - 2 Minuten einwirken lassen.Dann greifen Sie zum Telosa. Das ist ein Reinigungstuch aus Chemiefaser. Alte DDR-Qualität. In den Zeiten des Umschwungs war es schon für 25 Pfennige (West) zu bekommen. Mit ein paar Nadelstichen ist es zu einem Rohr zusammengenäht (Ihre Mutter macht Ihnen das sicher gern). Es wird dann auf eine gewisse Papphülse geschoben, die in Ihrer Toilette von Zeit zu Zeit anfällt. Paßt haargenau! Mit diesem Gerät führen Sie jetzt auf nasser Platte kreisende Bewegungen in Rillenrichtung und der Abrollrichtung entgegen aus. Nicht drücken. Und
lassen Sie sich Zeit! Das meiste von der Flüssigkeit hat schließlich die Bürste aufgenommen. Den Rest beseitigen Sie mit einem gewöhnlichen Geschirrtuch aus Baumwolle. Nur sauber sollte es sein. Wieder in Rillenrichtung. Unbe-dingt, denn Sie drücken jetzt auch etwas auf. Nun liegt die Platte blitzblank vor Ihnen und Sie können die vielen Kratzer auf ihr sehen (die alle schon vorher da waren). Kratzer bekommen Sie nicht weg. Mit der Rück-seite verfahren Sie ebenso und stecken die Platte dann trocken in eine neue Innentüte, auf der Sie das Datum der Reinigung vermerken. Bei ordentlichem Umgang ist ein erneutes Waschen erst nach Jahren erforderlich. Die alte Tüte werfen Sie nur dann nicht weg, wenn die Songtexte draufstehen oder Sie sonst etwas Interessantes auf sich hat. Anhören können Sie die Platte jetzt ohnehin nicht. Sie haben sie mit dem Baumwolltuch statisch aufge-laden und bekamen ein lebhaftes Prasseln zu hören. Der Effekt läßt von allein nach, rechnen Sie mit 5 Stunden bis 5 Tagen.Jetzt muß noch der häßliche Preisaufkleber weg. Heikle Sache, besonders bei alten DDR-Platten. Ein Fön ist hilf-reich (Fabrikat egal), vielleicht noch ein paar Tropfen vom Reinigungsmittel. Im Zweifel lassen Sie das Ding kleben, es sieht immer noch besser aus als der weiße Schandfl eck, wenn Sie zuviel abziehen.Her mit der nächsten Platte. Vielleicht haben Sie Glück und sie ist sauber. Oder Sie erkennen, daß wirklich nichts mehr zu retten ist. Für diesen Fall gibt es noch die gelbe Tonne. Im Normalfall haben Sie bis zum Abend gut zu tun.So eine Prozedur ist übrigens sehr entspannend und gibt Ihnen endlich Gelegenheit, darüber zu sinnieren, ob Frank Zappa Pierre Boulez verstanden hat – oder Sie keinen von beiden.
W wie Waschtag( … und was machen Sie in Ihrer Freizeit? )
von Rainer B. Lehrach
ANALOG AKTUELL 3/2001 17N E W S
Speakers Corner …
… hat seinen Internetauftritt gründlich überarbeitet, die neue
Website ist grafi sch ansprechend, jedoch nicht überladen, son-
dern sehr bedienerfreundlich.
Zudem hat man die Produktionen von Acoustic Sounds aus
den USA (Analog Productions) in den Vertrieb aufgenommen
ebenso wie die LP-Produktionen von Tacet.
www.speakerscorner.de
„Das spektakuläre Comeback des Vinyls“
titelt die Recklinghäuser Zeitung vom 15.11.2001 in ihrer Rub-
rik „Im Blickpunkt“. 20 Jahre nach ihrer Einführung bröckelt
die CD nicht nur durch die neu eingeführten Medien SACD
und DVD, sondern auch durch das Weideraufleben der Schall-
platte. 1999 sind 450 000 neue Schallplatten über die Laden-
tische gegangen, in diesem Jahr rechne man mit mehr als
eine Million. Fazit: Die LP ist nicht mehr nur Kultobjekt für
Nostalgiker, sondern cool und klanglich überlegen zugleich.
Aus Presse und www
ANALOG AKTUELL 3/200120 N E W S
ANALOG AKTUELL 3/2001 21N E W S
Vorbereitungen
Freitag, 13 UhrDie Vorbereitungen beginnen, zwei Tage mit viel Musik stehen vor der Tür. Und natürlich der große Plattenspielervergleich – ein ehrgeiziges Projekt, mit manchen Unwägbarkeiten und offenen Fragen. Viele Stunden Arbeit liegen schon hinter allen Beteiligten. Viel Zeit wurde investiert, um dieses einzigartige Hörerlebnis möglich zu machen: viele Anrufe getätigt, e-mails verschickt, ein passendes Programm erarbeitet, Workshops organisiert … Es sollte eine besondere Veran-staltung werden – und das wurde sie dann auch.Doch noch ist es nicht ganz so weit, aber die Tage rücken unauf-haltsam näher. Vor mir liegen eineinhalb Stunden Autofahrt nach
Der Plattenspielervergleichein Bericht von Gernot Weiser
Die Laufwerke in „Feuerbach“: BasisDebut, Pluto 10 A, Audio Note TT3, Simon Yorke S 7 (von links)
Stuttgart, zu erwarten sind die üblichen Staus vor dem Wochenende. Es ist ein schöner, sonniger Oktobertag in diesem so überaus schönen Monat, ein Tag, den man gerne auch anders verbringen könnte, besonders wenn man noch Urlaub hat. Aber was tut man nicht alles im Dienste der analogen Musikwiedergabe.
Freitag, gegen 18 UhrDer Aufbau im Novotel Stuttgart Nord beginnt. Schön, den anderen beim Arbeiten zuzusehen. Was aber nicht heißt, dass nicht schon etwas zu tun wäre. So ganz zufällig bin ja doch nicht hier. Der Abend wird lange werden …
ANALOG AKTUELL 3/200128 T E C H N I K
Reibung zwischen Diamant und den Rillenwänden erzeugt eine
zur Rille tangentiale Reibungskraft Ff (siehe Abb. 1). Diese
Kraft hängt von der vertikalen Auflagekraft Fv sowie dem
Reibungskoeffi zienten µ ab [3].
Ff = Fv x µ
Bei 45° Stereorillen ist die Belastung der einzelnen Wand
70,7 % (= sin 45°) der Auflagekraft, so dass die tatsächliche
Reibungskraft gleich 1,4 µ Fv ist.
Der Reibungskoeffi zient µ hängt vom Plattenmaterial, Zustand
der Platte (Sauberkeit, Beschädigungen, Verschleiss),vom auf-
gezeichneten Lautstärkepegel sowie von der Oberfl ächenrau-
higkeit, vom Schliff (sphärisch, elliptisch, van den Hul, Micro-
Ridge etc.) und vom Zustand (neu, abgenutzt) des Abspieldia-
manten ab. Für einen Diamanten mit Shibata-Schliff und 1,5 g
Auflagekraft wurden Werte zw. 0,22 und 0,64 gefunden [10].
Die Reaktionskraft FT geht durch das Armlager. Diese Kraft
als zerfällt in eine der Reibungskraft entgegengesetzte Kompo-
nente gleicher Größe -Ff sowie eine durch die Plattenmitte
gehende Komponente (d.h. senkrecht zur Rillentangente), die
skating-Kraft Fs.
Da diese (bei Nullstellung des Antiskating-Mechanismus) im
Kräftediagramm keine
kompensierende Komponente hat, wird der Tonarm durch diese
Skating-Kraft nach innen gezogen. In Abb.1 ist die Nadelspitze
auf einem der beiden Nullpunkte, daher weist die skating-Kraft
exakt zur Plattenmitte.
Die skating-Kraft wird bestimmt durch die (sich ändernde)
Größe des Winkels φ zw. Rillentangente und effektiver Länge
L (bzw. Kröpfungswinkel Ξ und – sich änderndem – hori-
zontalem Spurfehlwinkel α), Auflagekraft Fv, sowie durch
den mechanischen Widerstand des Tonabnehmers (Nadelträ-
gerdämpfung). In Abb.1 ist φ gleich dem Kröpfungswinkel Ξ.
Bei Abwesenheit einer Skating-Kraft (wie z.B., zumindest theo-
retisch, bei Tangentialarmen) ist die Auflagkraft Fv gleichmäs-
sig auf die beiden Rillenwände (und somit Kanäle) verteilt:
Skating-Kraft und Antiskating
Abb. 1 nach Alexandrovich)
ANALOG AKTUELL 3/2001 33T E C H N I K
In den späten 60er-Jahren habe ich erstmals mit großen Augen in das Innenleben
einer A77 geblickt, die in einem Radio-Laden auf einem Drehteller rotierte. Die
Frage nach dem Preis war ernüchternd. Mir war aber klar – hier stand etwas
Aussergewöhnliches, das ebenso schön wie unerschwinglich war. Die Faszination war
geweckt. Ich wurde Mitarbeiter in der Fabrik, die solche Perlen herstellt.
Revox und Studer, zwei Namen mit magischer Kraft – auch heute noch – für den
HIFI-Fan.
War Willi Studer, der Gründer der Firma Revox, ein außergewöhnlicher Mensch?
Wohl schon, wegen seiner Weitsicht und der Fähigkeit und Zähigkeit, seine Visionen
zu materialisieren. Dazu war die Zeit gekommen: Die sich entwickelnde Technik der
Signalübertragung, -Verstärkung und -Speicherung ermöglichte der HiFi-Branche,
Geräte an der physikalischen Grenze zu bauen. Ein Zug stand bereit, und Studer
war auf der Lokomotive.
Das Buch erzählt die Entwicklungsgeschichte der Schallaufzeichnung beginnend mit
dem Genie Edison und dessen Zeitgenossen. Von der Walze zur Scheibe weiter zum
mit Eisenpulver beschichteten Papierband zum heute bekannten „Tonband“, das
sind die Meilensteine auf dem Weg der Schallaufzeichnung. Hier illustrieren viele
Zeichnungen die gut gestalteten Texte.
Für den Techniker werden die Verfahren kurz beschrieben, für den, der sich für die
Personen interessiert, deren Werdegang. Und das Ganze ist im kurzweiligen Feld der
allgemeinen Wirtschaftsgeschichte Europas eingebettet.
Japanische Konkurrenz und Digitalisierung im Computer-Zeitalter läuteten das
Finale ein. Dazu durchaus selbstkritische Worte des alternden Studer, der nur das
in seinen Firmen produzieren wollte, was er auch verstand. Heute würde man
Kernkompetenz sagen. Studer meinte, der Schuster solle bei seinen Leisten bleiben.
Und das tat er, konsequent bis zum Ende.
Der Autor Peter Holenstein spannt einen weiten Bogen, in dem die Audio-Geschichte
lebendig wird. Eine reich bebilderte Übersicht der Revox- und Studer-Produkte und
Anlagen-Serien runden den Überblick ab.
Die sprechenden Maschineneine Buchempfehlung von Ernst Schmid
Peter Holenstein Die sprechenden MaschinenDas Lebenswerk des Audiopioniers Willi StuderOesch Verlag Zürichrepräsentatives FormatISBN 3858337889DM 120.-
I n f o r m a t i o n
ANALOG AKTUELL 3/200134 T E C H N I K
1. Thorens TD 124/I mit SME 3012-R
Das Gerät wurde ca. 1960 (Seriennummer 14....) gebaut. Es
war früher in einer Schweizer Musiktruhe eingebaut und ist
nur sehr wenig gelaufen. Der TD 124 hat das magnetische
Schwungrad, deshalb ist das SPU an diesem Laufwerk nicht zu
gebrauchen. Der SME-Arm trägt aus optischen Gründen nur
ein SPU-Gehäuse, in das ein magnetischer Tonabnehmer von
Ortofon eingebaut ist.
Das Laufwerk befi ndet sich in der „Ur-Zarge“ von Thorens der
frühen 60er Jahre, in diesem Fall ein perfekter Nachbau. Das
über die Zarge herausragende lange Tonarmbrett, bei dem die
Tonarm-Zuleitungen ohne Umweg über die Zarge direkt zum
Verstärker geführt werden, entspricht der Ur-Version. Das Brett
wurde verwendet, als die lange Thorens-Zarge noch nicht zur
Verfügung stand (erst ab 1965 für TD 124/II).
Der TD 124 stammt von dem Schweizer Spezialisten für TD
124-Restaurierungen, der Firma Schopper in Winterthur. Laut
Herrn Schopper führt die Restaurierungen in seinem Auftrag
ein Pensionär der ehemaligen Thorens S.A., Ste. Croix, im fran-
zösischen Teil des Schweizer Juras durch, der noch „ein ganzes
Wohnzimmer“ voller Ersatzteile besitzt. Allerdings ist dieser Ser-
vicetechniker zur Zeit überlastet, deshalb „ Annahmestopp“:
TD 124
We are specialized in restoration of the vintage swissma-
de TD 124 MK I & > II. With our complete frame -
up restoration without any compromise this turntable
Historische LaufwerkeEin Erfahrungsbericht
von Joachim Bung
Liebe Leserinnen und Leser!Auf der Frankfurter Plattenbörse in der Jahrhunderthalle am 9. September war auch die AAA mit einem Stand vertreten. Ich kam mit der Standbesatzung ins Gespräch, u. a. über meine fünf historischen HiFi-Laufwerke. Ihre Kollegen baten mich darum, diese Geräte und meine Erfahrungen bei der Beschaffung und Restauration Ihnen vorzustellen.
ANALOG AKTUELL 3/2001 35T E C H N I K
will become better than new. But unfortunately, we are
overloaded with questions from all over the world. We
did not suppose that we will have so many requests and
we are not able at the moment to answer your questions
or offer any service. There is only one person who is
specialized for technical support for TD 124 and this
man works only once a week for us. That‘s why we have
to stop for a while with serving you in this case. But
we are working at this problem and will offer soon a
technical handbook for sale. Thank you very much for
your patient and understanding.
Mit dem Service von Schopper habe ich gute Erfahrungen
gemacht. Restaurierte TD 124 wurden von ihm früher zu
„Mondpreisen“ – um 7.000 Franken – angeboten. Dieses Lauf-
werk kostete vor zwei Jahren erträgliche 1.500 Franken plus
600 für die Zarge und 150 für das Brett und kam per Post.
Schopper lässt übrigens auch die wichtigen Gummidämpfer
für die Laufwerksaufhängung und Tonarmbretter fertigen, bei
Thorens längst vegriffen. „Besser als neu“ - mit diesem Slogan
wirbt Schopper für seine Restaurierungen, und diesen kann ich
angesichts des makellosen Zustand und extrem leisen Laufs des
Geräts nur bestätigen.
2. Thorens TD 124/II
in langer Zarge mit SME 3009-R
Ein andere Bezugsquelle für TD 124 ist die Firma HiFi-Thelen
in Wuppertal. Hier sind meine Erfahrungen nicht so positiv.
Die Geräte – Thelen hat meist einen oder mehrere TD 124
auf Lager – sind nicht restauriert und bedürfen in der Regel
einer Revision. Dieses Gerät für 1.000 DM benötigte eine Total-
revision mit Austausch von Reibrad und Stroboskop-Glimm-
lampe sowie neuen Lagern für den Motor (insgesamt 800 DM
zusätzlich).
Tipp: Thelen verfügt über ein riesiges Archiv von Unterlagen
historischer HiFi-Geräte, die mit ein bisschen Glück kurzfristig
ausgeliehen werden können, um sich im nahe gelegenen Copy-
shop davon Farbkopien anzufertigen. Auch bei historischen
Headshells wird man fündig. So konnte ich dort die seltene
Version einer SME-Headshell auftreiben, und zwar noch ohne
die üblichen Löcher zur Gewichtsreduktion und mit dem Logo
„Shure SME“. Meines Wissens wurde diese Version nur kurze
Zeit um 1964 gefertigt, als der Vertrieb beider Fabrikate bei der
Braun AG (damals noch in Frankfurt, Rüsselsheimer Straße)
lag.
ANALOG AKTUELL 3/200138 T E C H N I KT E C H N I K
Plattenspielergalerie
Pluto AudioCD-KonzertmöbelAm Hehenkamp 1, 49143 Bissendorf, Tel.: 05402-983307www.cdkonzert.de
I n f o r m a t i o n e n
ANALOG AKTUELL 3/2001 39T E C H N I KT E C H N I K
Pluto Audio12 A
ANALOG AKTUELL 3/200146 T I T E L
Klimo Viv
MC-Stufe Verstärkung 26 dB Eingangsimpedanz 10 Ohm - 47000 Ohm Röhrenbestückung 2 x E 88 CC
MM-RIAA-Sufe Eingangsimpedanz 47 kOhm RIAA < 0,1 dB (20 Hz - 20 kHz) Eingangsempfi ndlichkeit 1 mV Overload Voltage 350 mV / 1 kHz Frequenzgang 3 Hz - 450 kHz (-3 dB) Ausgangsimpedanz 150 Ohm Verstärkung 35 dB (1 kHz) Röhrenbestückung 2 x E 88 CC; 2 x ECC 81
Abmessungen Verstärkereinheit 120 x 380 x 250 mmAbmessungen Netzteil 140 x 220 x 305 mmGesamtgewicht 12 kgUVP: 4.950 DM / 8.450 DM mit externem Röhrennetzteil
Dipl.-Ing. D. Klimo GmbHPestalozzistr. 572762 ReutlingenTel: 0 71 21 - 2 36 62Fax: 0 71 21 - 23 00 66www.dklimo.dee-mail: [email protected]
Röhren-Phonovorstufen und ÜbertragerVorstellung von Geräten – das war ein vielfach geäußerter Wunsch von Ihnen, liebe
Leserinnen und Leser. Wir werden uns bemühen, dem auch gerecht zu werden.
Die Frage, in welcher Weise das geschehen soll, soll mit der vorliegenden kleinen
Marktübersicht beantwortet werden. Wir stellen Ihnen darum eine Auswahl von
Röhren-Phonovorstufen vor, unkommentiert, lediglich mit den technischen Daten
versehen, die uns die Hersteller und Vertriebe zur Verfügung stellten.
Jedoch: Bilder und Daten machen keine Musik. Wie also klingen die Geräte? Nun:
Das herauszufi nden ist Ihre Aufgabe. Wir möchten Ihnen nicht vor-hören, sondern
Sie sollten sich auf das Urteil Ihrer eigenen Ohren verlassen. Nur Sie kennen Ihre
Musik, Ihre Hör-Vorlieben. Das reicht, um ein Gerät zu beurteilen, das sollten Sie
nicht anderen überlassen.
So seien Sie nun willkommen im Reich der glühenden Leidenschaften!
Gernot Weiser
ANALOG AKTUELL 3/2001 51M U S I K
Dieser Erinnerungsartikel an den großartigen Bassbariton
mit der stimmlichen Aura des Einzigartigen soll versuchen
kurzporträthaft den Kern der Faszination zu umreißen soweit
sich Gesang verbal vermitteln läßt.
George London wurde am 30.5.192O in Montreal geboren und
verstarb am 24.5.1985. Hierzu das Zitat des renommierten
Kritikers Jens Malte Fischer: „Es ist, glaube ich, keine nachträg-
liche Verklärung, wenn ich behaupte, daß London unter den
Sängern der Nachkriegszeit eine Ausnahmeerscheinung von
einem Maß war, wie es heute verlorengegangen zu sein scheint
Ich sehe im Heldenbartionfach beeindruckende Stimmen, aber
ich sehe keinen Boris, Wotan, Holländer, Goivanni, Goloud
von dieser geradezu antiken Größe. Wir werden seinesgleichen
nimmer sehen und hören.“
Wie oft sind solche doch recht pathetisch klingenden Formulie-
rungen als Wortgestanze als hohle Phrase mißbraucht worden,
bei Nachrufen, Ehrungen etc … Ich habe aber diesen Kurzpor-
trätansatz bewußt so gewählt auch auf die Gefahr hin eine
heute gängige Showbizphrase nachzudreschen. Bewußt auch
insofern als mir immer eine starke Skepsis bei Superlativen
jeglicher Art zu eigen ist. Nach Abhören vieler Aufnahmen
George Londons muß ich gestehen, es ist nichts übertrieben,
man muß ihn z.B. als Wotan gehört haben, um die relative
Begrenztheit heutigen Niveaus zu sehen mit Ausnahme des
Dokumente mit der
stimmlichen Aura des Einzigartigen
– George London –ein Kurzporträt von Hans-Georg Seidel
farbigen Bassbaritons Simon Estes, der zwar in Bayreuth vor
Jahren einen großartigen Holländer gesungen hat und den ich
in Düsseldorf auf der Bühne erleben durfte, als Wotan dann
aber in Bayreuth einem dubiosen Regiekonzept zum Opfer viel.
Doch das nur am Rande.
Beispielhaft hervorheben möchte ich Londons Interpretation
des Wotan in der Szene des Abschieds von Brünnhilde (Walkü-
re), leb wohl … Hier dokumentiert sich der gesamte von weich
schmiegsam bis brutal herrisch reichende Farbkosmos von Lon-
dons Stimme. Das Hintereinandersetzen, Ineinanderfl ießen
des Hoffenden, Schmerzdurchströmten, Heroisch Herrischen
und wiederum sich ergebend fast Transzendierenden ist in einer
gesanglichen, farblich emotionalen Akzentuierung manifest
gemacht, die sprachlich nicht mehr transportierbar ist. Man
sollte diese Interpretation gehört haben, um zu wissen was
möglich ist
Tragisch war das Ende von Londons Karriere. Seine schon mit
41 Jahren einsetzende
Stimmbandlähmung zwang ihn zur Aufgabe als sich seine
Karriere zum Höhepunkt entwickelte.
Als Sänger und Darsteller war er ein Jahrhundertereignis. Seine
Hinterlassenschaft auf Tonträgern ist relativ zufriedenstellend.
Der Interessierte wird auch analog noch problemlos fündig
werden.
ANALOG AKTUELL 3/200152 M U S I K
ANALOG AKTUELL 3/2001 53M U S I K
Über Musik zu schreiben ist eine unbestritten schwierige Angelegenheit. Das wissen nicht nur die Autoren der analog aktuell. Auch auf dem büchermarkt gibt es manches, was besser nicht veröffentlicht worden wäre. Hinzu kommt eine Vielzahl verunglückter Kritiken von Konzerten oder Opernaufführungen. Diese sind unzweifelhaft ein Beleg dafür, dass hier das Scheitern an der Tagesordnung ist. Bücher über Musik gibt es jedoch zuhauf. Insbesondere Richard Wagner war und ist immer wieder Gegenstand der literarischen Betrachtung, wobei auch hier neben Weizen viel Spreu zu fi nden ist. Doch nicht die Literatur über Richard Wagner soll hier im Mittelpunkt des Interesses stehen, sondern – zum Abschluss des Verdijahres in der analog aktuell – die Literatur über den italienischen Meister der Oper. Auch hier gilt ähnliches wie bei Wagner: Die Fülle der Bücher über Verdi ist unübersehbar, die Sekundärliteratur füllt ganze Bibliotheken und die Auswahl für den Musikliebhaber ist schwer.Dennoch kam ich nicht umhin, für diesen Beitrag einige der über Verdi erschienenen Bücher auszuwählen, wobei ich hier recht unterschiedliche Publikationen vorstellen will. Unterschiedlich vor allem in der Herangehensweise an Verdi.
Buchempfehlungenvon Peter Bruker
ANALOG AKTUELL 3/200156 M U S I K
ELLA FITZGERALD
SINGS THE GEORGE AND IRA GERSHWIN SONG BOOKS
Verve VS-6082-5
„You can’t go wrong with a Gershwin-tune!“ – so die häufi ge
Ansage in den Ella Konzerten – ob mit einer Big Band, im Duo
mit Joe Pass oder bei Jazz at the Philharmonic Jam Sessions.
Und stets konnte sie sicher sein; jeder der Musiker und jeder im
Publikum kannte den Song.
Die schwierige Aufgabe, aus tausenden von Musical-Songs und
Eintagskompositionen vom Duo George und Ira Gershwin
die besten herauszupicken, übernahm der Produzent Norman
Granz. Über 1 Jahr benötigte der Arrangeur und Orchesterchef
Nelson Riddle, die schließlich ausgewählten „best of“ vom
Broadway-Touch zu befreien und ihnen ein Jazz-Gewand zu
verpassen. Und Ella hatte ein halbes Jahr Zeit, aus den Songs
im Studio schließlich die Endfassung herauszuholen – ein
Riesenprojekt, was nur bei einem Mega-Konzern wie Verve
bezahlbar war.
Alle der Songs sind dutzende, ja hunderte Male von Interpreten
aus dem American Musical Business gesungen worden. Fast
alle sind zigfach von Jazz-Vokalisten und –Instrumentalisten
in unterschiedlichsten Besetzungen interpretiert worden – mal
konventionell, mal avantgardistisch. Die „endgültige und beste“
Interpretation kann und wird es nie geben, sicher ist jedoch,
dass Ella in ihrem Gershwin-Songbook eine ganze Reihe von
„fi rst-class-Versionen abliefert – und immer sind die Songs mit
den dazu gehörenden Einleitungen in der kompletten Fassung!
Die große Bandbreite zwischen Broadway und swingendem
Jazz, den die Gershwin-Brüder ausgelotet haben, bietet Ella eine
willkommene Gelegenheit, an den stilistisch unterschiedlichen
Songs ihre grosses, breitgefächertes Talent zu präsentieren.
Wenn die Vorlagen „The man I love“, „Let’s call the whole
thing off“, „They can’t take that away from me“ heißen, wächst
sie über sich hinaus. Wenn es Songs wie „Boy! What love has
done to me“ oder der Ragtime „Real American Folk Song“
sind, dann kann sie ihren Humor voll aussingen. Die Version
von „Lady be good“ ist wahrscheinlich die einzige ohne
Personnel ELLA FITZGERALD voc / NELSON RIDDLE arr,cond / u.a DON FAGERQUIST tp / BOB COOPER ts / LOU LEVY p / ALVIN STOLLER dr
TracksVol#1 SAM AND DELILAH / BUT NOT FOR ME / MY ONE AND ONLY / LET’S CALL THE WHOLE THING OFF / BEGINNER’S LUCK / OH, LADY BE GOOD / NICE WORK IF YOU CAN GET IT / THINGS ARE LOOKING UP / JUST ANOTHER RHUMBA / HOW LONG HAS THIS BEEN GOING ON? /
VOL #2 ‘S WONDERFUL / THE MAN I LOVE / THAT CERTAIN FEELING / BY STRAUSS / SOMEONE TO WATCH OVER ME / THE REAL AMERICAN FOLK SONG / WHO CARES? / LOOKING FOR A BOY / THEY ALL LAUGHED / MY COUSIN FROM MILWAUKEE / SOMEBODY FROM SOMEWHERE
VOL.#3 A FOGGY DAY / CLAP YO‘ HANDS / FOR YOU FOR ME FOR EVERMORE / STIFF UPPER LIP / BOY WANTED / STRIKE UP THE BAND / SOON / I’VE GOT A CRUSH ON YOU / BIDIN‘ MY TIME / AREN’T YOU KIND OF GLAD WE DID? / OF THEE I SING (BABY)
I n f o r m a t i o n e n
Jazz–Reissuesvon Dr. Michael Frohne
ANALOG AKTUELL 3/2001 59M U S I K
Reissues - die Nörgeleckevon Bertram Kinderdick
Die meisten Reissues stammen inzwischen aus dem Bereich der „U-Musik“. CLASSIC RECORDS setzt dabei mehr auf die Pop-Heroen der 60er und 70er Jahre, während SPEAKERS CORNER mit den Jazz-Labeln MPS, SABA und IMPULSE sowie den LPs von WESTMINSTER eine ambitioniertere und mutigere Repertoirepolitik betreibt. Die englische Firma VIVANTE hat bisher einige formidable Neuveröffentlichungen von Rock-Klassikern (Police, Joe Cocker, Supertramp, John Mayall) publiziert, die von SPEAKERS CORNER vertrieben wurden. Leider hat man in Kiel nicht das komplette Sortiment im Angebot, „Naturally“ von J. J. Cale fehlt beispielsweise.
J. J. Cale: Naturally
A & M AMLS 68105 (VIVANTE)
J. J. Cale hatte zwar erheblichen Einfl uss auf die Musikszene, ohne selbst den ganz
großen Durchbruch zu schaffen. Als er seine Debut-LP „Naturally“ veröffentlichte,
hatte Eric Clapton bereits mit der Coverversion von „After Midnight“ einen seiner
größten Erfolge verzeichnet. Auch „Call Me Te Breeze“ wurde nicht durch J. J. Cale,
sondern durch die Südstaatenrocker Lynyrd Skynyrd zum Hit. Wer das relaxte
Gitarrenspiel und minimalistischen Gesangsstil auf dieser Platte hört, ahnt auch
sofort, wer einst das Vorbild für Mark Knopfler war.
Die Neuveröffentlichung von VIVANTE lässt in punkto Fertigungsqualität keine
Wünsche offen, der Klang ist sauber, präsent und dynamisch. Mir lag zum Vergleich
nur die deutsche (Ariola-) Pressung zum Vergleich vor, die gegen die neue Version
keine Chance hat. Von der Suche nach US-Originalen auf dem SHELTER-Label rate
ich ab. Die Vinyl- und Pressqualität dieser Firma fand ich meist sehr enttäuschend.
(www.vivante.co.uk)
ANALOG AKTUELL 3/200164 M U S I K
Die Steigerung von Schwingung
ist Resonanz
Resonanz ist Schwingen in Rückkoppelung mit der Außenwelt.
Jeder physikalische Körper hat diese Fähigkeit, wir Menschen
haben sie in besonderem Maße. Resonanz ereignet sich beim
Menschen ständig, ununterbrochen von der Geburt bis zum
Tod. Sie ist höchst komplex, höchst emotionshaltig – und wir
nennen sie „Hören“.
„Der ganze Körper ist beim Hören beteiligt.“
Schallwellen der Musik treffen auf unseren Körper und bringen
unsere Haut zur Resonanz. Bauch, Rücken, Handfl ächen, Stirn,
Wangen und natürlich die Trommelfelle schwingen im Takt des
auf uns einwirkenden Schalles. Dabei ist das Ohr zu den diffe-
renziertesten und komplexesten Resonanz-Variationen fähig
(schauen Sie sich im Lexikon noch einmal mit der gebührenden
Bewunderung die geniale Konstruktion der Cochlea an), so dass
wir millionenfach feine Abstufungen des Schalldruckverlaufs
mitschwingend nachvollziehen können. Doch der ganze Körper ist beim Hören beteiligt, jedes Körperteil mit den ihm möglichen
Frequenzen und Amplituden. Die Haut hört, wo immer sie
Luftdruckschwankungen per Reizleitung weitermeldet.
MusikhörenWarum hören wir Musik? Von den tausend möglichen Antwor-
ten gefällt mir eine besonders gut: Weil wir es lieben, zu
schwingen.
Schwingung ist Leben und Lust
Schon ohne Musik sind wir ständig in Schwingung, nur in
diesem Zustand können wir leben. Jederzeit begleiten uns das
Pulsieren des Herzschlags und des Atems, der Wechsel von
Wachen und Schlafen, der Monatszyklus der Hormone, der
Rhythmus des Lidschlags, das Pendeln und Schlenkern der
Extremitäten bei der Fortbewegung. Aber wir müssen nicht nur
schwingen, wir wollen es auch – weil wir dabei den größten
Genuss empfi nden. Zuerst beim Geschaukeltwerden in Mutters
Armen oder im Wiegebett, dann bei den wohltuend periodi-
schen Bewegungen des Körpers, wenn wir hüpfen, tanzen,
rennen. Wir genießen das schwungvolle Hin-und-Her auf der
Kinderschaukel, den Körperrhythmus des Schwimmens und
die runden, ästhetischen Übungen beim Tai Chi. Nicht zuletzt
bei der Liebe gerät der Körper in Schwingungen – Lust pur.
„Schwingen ist ungeheuer ansteckend.“
Schwingung ist also alleine schon eine wunderbare Sache. Erst
zusammen mit Musik gelangen wir aber in eine nächste Dimen-
sion des Schwing-Erlebnisses. Man tanze den Walzer einmal
stumm, einmal zum Klang eines Wiener Salonorchesters, um
den Unterschied zu merken. Schwingen ist ungeheuer anste-
ckend. Wo immer wir akustische Wellenbewegungen ausfi ndig
machen, sind wir sofort dabei, mit zu schunkeln, zu wippen, zu
klatschen, zu marschieren, zu tanzen oder (je nach Musikstil)
auch zu „headbangen“. Aber auch außerhalb des Hörbaren
haben periodische Vorgänge eine große Suggestionskraft für
uns. Denken Sie an Surfi ng im Meer, an die Wellenspiele im
Fußballstadion oder an Karussells aller Art.
Warum möchten wir so gerne mit-schwingen? Wenn wir psy-chologisch deuten, bieten sich Begriffe wie Gemeinschaftsge-
fühl, Identifi kation, Gleichklang der Herzen, vielleicht auch
Gruppenimpuls an. Aber es gibt das Phänomen sogar auf
einer ganz elementaren, physikalischen Ebene. Ein schwingen-
des Luftteilchen zieht das nächste mit, dieses wiederum das
nächste (so entsteht eine Schallwelle). Ein auf der Straße vor-
beifahrendes Auto bringt eine Fensterscheibe zum Klirren, ein
Trompetenton bewegt die Saiten eines Flügels zum leisen Mittö-
nen, die Schwingungen einer Lautsprechermembran regen die
Wände des Boxengehäuses an. Ich spreche von Resonanz.
ein Kommentar von Johannes Friebe
ANALOG AKTUELL 3/2001M u s i k
Music was my fi rst love …
setzt sich heute mal so richtig zwischen alle Stühle. Gemeinhin nennt man das im musikalischen Kontext Crossover. Ursprünglich aus dem Jazz kommend meint der Begriff die Vermischung unterschiedlicher Musikstile, bzw. Stilrichtungen. Hier aber wollen wir den Begriff ruhig einmal wörtlich nehmen, und uns die Mischungen verschiedenster Musikgattungen zu Gemüte führen, die zum Teil nichts, aber auch gar nichts mit Jazz zu tun haben. Da dieser aber durchaus vorkommt, bitte ich vorab schon mal alle Jazzfreunde um Vergebung, wenn ich da etwas verallgemeinere oder Begriffe verwechsele, denn Jazz ist alles andere als meine bevorzugte Musikrichtung; vielleicht gerade mal 60 cm stehen bei mir im Plattenregal. So, nun geht’s aber los.
Rainer Bergmann
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ANALOG AKTUELL 3/2001 69M U S I K
EKSEPTIONWITH LOVE FROM …
Wer von Klassik-Crossover redet oder dar-
über schreibt, der denkt natürlich sofort
an Jacques Loussier’s Play Bach. Zurecht,
und auch ich besitze sie, sogar in drei
verschiedenen Versionen, aber darüber
will ich hier nicht schreiben.
In den 70er Jahren war die holländische
Band Ekseption sehr erfolgreich mit ihrer
ganz eigenen Interpretation von Klassik.
Sie hatten einen ganz unverwechselba-
ren, einzigartigen Sound mit viel Key-
boards, Blechbläsern, Schlagzeug und
Guitarren. Damit interpretierten sie Klas-
sik neu, wenn auch nur in 3 bis 6 Minu-
ten Schnippseln. Die Musik lag stilistisch
irgendwo zwischen Artrock, Jazz und
Kammermusik.
Kennengelernt habe ich Ekseption in der
Schule im Musikunterricht. Unsere Leh-
rerin zeigte uns damals die Möglichkei-
ten auf, wie die 5. Symphonie von Beetho-
ven auch klingen könnte. Ach, der gute
alte Ludwig van, wenn er das hätte hören
können. Ob es ihm wohl gefallen hätte?
Oder wäre er froh gewesen, taub zu sein?
Wir werden es nie erfahren.
Interessant ist die Musik von Ekseption
auf jeden Fall. Diese Doppel-LP aus
dem Jahre 1977 (Philips / Phonogram) ist
sowas wie eine Best of, und bietet einen
umfassenden Querschnitt von 1970 - 75.
Was sie nicht bietet ist Klangqualität.
Alles klingt recht dumpf, kompakt und
fl ach. Sollte jemand eine klanglich gute
Platte von Ekseption kennen, so möge
er (oder sie) mir bitte umgehend davon
berichten. Vielen Dank im Voraus.
LIVING COLOURVIVID
Die Wege der Schallplatte zu den Konsu-
menten sind bekanntlich vielfältig. Mit-
unter führen sie sogar durch Kneipen.
Irgendwann im Jahre 1988, die Studen-
tenzeiten neigten sich stetig ihrem Ende
entgegen, saß ich abends in meiner dama-
ligen Studenten-Stammkneipe, vor mir
ein Glas gefüllt mit dem Bier der Biere
– Guinness. Da erklang eine Musik, die
mich sofort begeisterte. Ich ließ also Guin-
ness Guinness sein, legte die Dartpfeile
beiseite, und ging zur Theke: Sag mal,
was läuft da gerade? – Living Colour!
Sprach der Wirt und zeigte mir das
Cover. Ja, das gab’s wirklich, Plattenspie-
ler in Kneipen. Was soll ich euch sagen,
wenige Tage später war diese LP mein.
(Nicht die aus der Kneipe. Eine nagelneue
natürlich!)
Black Music vom Feinsten in einer gran-
diosen Mischung aus Hardrock, Soul,
Funk und Pop. Eine Verwandschaft mit
Mother’s Finest ist nicht ganz zu verleug-
nen. Die Platte hat genug Drive für Hard-
rockfans einerseits, und genug Soul für
Black Music Fans andererseits.
Spätere Platten sind auch nicht zu verach-
ten, und sicherlich ebenfalls empfehlens-
wert, aber diese hier liegt mir persönlich
besonders am Herzen. Das kann ich von
der Kneipe nicht sagen. Nachdem der
Besitzer wechselte, wechselte auch das
Interieur und das Publikum. Null Flair,
viel zu sauber und zu spießig. Aus und
vorbei.
Apropos sauber: „Vivid“ klingt sauber,
dynamisch und gut durchhörbar. Sicher-
lich auch ein Verdienst des Masterings
von Greg Calbi bei Sterling Sound. Zwei
Stücke wurden übrigens von Mick Jagger
produziert. Erschienen ist sie 1988 bei
CBS / EMI.
GOMEZLIQUID SKIN
Ein beliebtes Thema für Science-Fiction
Filme sind Zeitreisen. Je nach Gusto
kommt da sozialkritisches wie beim
Klassiker „Die Zeitmaschine“ nach dem
Roman von H.G. Wells heraus, harte
Action wie beim „Terminator“ mit Arnold
Schwarzenegger, oder haarsträubend
komisches wie „Ein Ritter in Camelot“
mit Whoopi Goldberg.
Jetzt stellen wir uns mal vor, was passiert,
wenn die Cowboy Junkies ins Jahr 1969
reisen, und dort auf Pink Floyd treffen.
Man beschnuppert sich gegenseitig, fi n-
det sich symphatisch und beschließt nach
einer spontanen Jamsession, sich zusam-
menzutun. Da alles kommerzielle sowie-
so gerade i-bah-pfui ist, geht man zu
einem kleinen Independantlabel, und
macht dort auf Psychedelic-Folk-Rock-
Crossover.
Eine nette Story, aber ich fürchte, für den
Hugo Award oder den Literatur-Nobel-
preis wird es nicht reichen, und zur Hol-
lywoodverfi lmung erst recht nicht. Aber
die Musik kann man kaufen!
Die britische Band Gomez (nebenbei: es
gibt auch eine spanische Band namens
Dover) hat 1999 bei Hut / Virgin diese
Doppel-LP herausgebracht, und ich fi nde,
das ist eine richtig tolle Platte. Unge-
wöhnlich, rauh, vertrackt, vielschichtig,
kreativ und sicherlich nichts für Jeder-
mann. Musik abseits des stromlinienför-
migen Mainstreams. Gomez schaffen es,
sich hier und dort Stilhäppchen zu holen,
durchzumischen und einen eigenen Stil
zu entwickeln, der zu sperrig für gängige
Schubladen ist.
Klanglich ist die Doppel-LP super gera-
ten: gute Durchhörbarkeit, druckvoller,
präziser Klang und eine gute, wenn auch
künstliche Räumlichkeit. Das Ganze sau-
ber gefertigt und im hübschen Klappcover
verpackt. Was wollen wir denn noch
mehr?
ANALOG AKTUELL 3/200176 M U S I K
D e e p P u r p l e
I n R o c k
ANALOG AKTUELL 3/2001 77M U S I K
Die gelegentlich als „Mark II“ bezeichnete Besetzung der Jahre
1969-1973 mit Ritchie Blackmore, Ian Gillan, Roger Glover;
John Lord und Ian Paice ist die Formation, die den Ruf von
Deep Purple als wichtigster Vertreter des „Hard Rock“ (neben
Led Zeppelin) begründete. „Deep Purple in Rock“ gilt neben
„Machine Head“ als wichtigstes und innovativstes Werk der
Gruppe. Recht unbescheiden präsentieren sich die Bandmitglie-
der auf dem Cover: als Monumente in Fels gehauen, wie die
amerikanischen Präsidenten am Mount Rushmore.
Mir liegt dieses Album in zwei Versionen vor: der englischen
Originalpressung von 1970 und einer von den Originalbändern
(digital) remasterten Ausgabe von 1995. Diese „25th Anniversa-
ry Edition“ besteht aus zwei LPs in knatschlila Vinyl. Die
erste Scheibe enthält das Repertoire der Original-LP, die zweite
einige alternative Takes und den ursprünglich nur als Single
veröffentlichten Titel „Black Night“:
Wie klingt’s denn?
Zunächst einmal muss ich feststellen, dass die remasterte Platte
den Charakter der Songs nicht verändert und negative Einfl üsse
der Digitaltechnik nicht zu hören sind. Der Rauschpegel ist
geringer als auf der Originalpressung, der Bass ein wenig
defi nierter, die Stimme von Ian Gillan präsenter und klarer. Die
saubere Pressung und die zusätzlichen Bonustracks machen
mir die Entscheidung leicht: Das Original wird verscherbelt,
die Neuausgabe bleibt in der Sammlung.
Leider besitzt die Platte aufnahmetechnische Schwächen, die
auch ein sorgfältiges Remastering nicht beheben kann. Ein
wirklicher Tiefbass fehlt, und einige Hertz darüber wird der
Sound dann schwammig. Die Titel wurden in drei verschiede-
nen Studios von unterschiedlichen Ingenieuren aufgenommen,
der Klang bleibt aber ähnlich. Zu Beginn einzelner Takes
keimt Hoffnung auf, ich vermeine Transparenz und Feindy-
namik wahrzunehmen. Einige Momente später beginnt der
Tontechniker jedes Mal seine Arbeit und regelt erst einmal den
Dynamikumfang herunter, Abstufungen werden gnadenlos
eingeebnet.
Diese Platte macht daher nur Eindruck, wenn sie mit hoher Laut-
stärke abgehört wird, die Kraft und Energie dieser Musik blei-
ben sonst auf der Strecke. Für „Lautsprechermembran-Scho-
ner“, „Auf-Nachbarn-Rücksicht-Nehmer“, „Wohnraum-Biotop-
Schützer“ und ähnliche Sensibelchen aus der Warmduscher-
Fauna ist diese LP deshalb denkbar ungeeignet. Um mit der
Comic-Figur „Werner“ zu sprechen: „Das muss kacheln!“.
Bertram Kinderdick
Eine Platte – drei paar Ohren
1
Ich behaupte jetzt nicht, diese Platte ist die größte Hardrock-
scheibe aller Zeiten, aber sie ist die erste der größten Hardrock-
scheiben aller Zeiten, die erschienen ist. Der Uhrahn. 1970
erschien sie zum ersten mal, und sie ging ab wie eine Rakete.
1995 erschien bei EMI die „anniversary edition“, in purpurfar-
benem Vinyl, als Doppel-LP im Klappcover. Wer sie damals
nicht gekauft hat, ist zu bedauern. Er ahnt nicht, was ihm
entgangen ist. Zum Beispiel eine Alternativ-Version von Speed
King mit Piano anstelle von Synthesizer (hat was), diverse
Remixe von Roger Glover himself (nur was für Fans), Studioge-
schnatter (muss nicht sein) und die beigepackte Original Single
Version von Black Night (das bringt’s). Und das war nur die
Bonus-LP. Die Innenhüllen sind vollbedruckt mit Bildern, mit
der Bandgeschichte, und der Geschichte dieser LP (alleine das
lohnt schon fast den Kauf).
Der absolute Hammer aber ist die Klangqualität, zwar digital
remastert, aber … tja … ähm … mir fehlen die Worte. Also
wenn die 1970er-LP wegen der Klangqualität abgegangen wäre
wie eine Rakete (Vorsicht: Konjunktiv !), dann müsste die
1995er wie die Enterprise mit Warp 9 (na gut, Warp 8) abge-
hen. Ihr versteht schon, was ich meine. Die haben aus den
Masterbändern rausgeholt, was rauszuholen ging. Nicht mit
topaktuellen Superscheiben zu vergleichen, das gebe ich zu,
aber schon der Wahnsinn.
So, und nun zeigt eurem Hund diesen Artikel und ruft laut:
Such! Oder fl eht euren Dealer an, die Platte aufzutreiben. Oder
fahndet in Internet. Ach übrigens, nur damit ihr nicht auf
dumme Gedanken kommt: nein, ich gebe sie nicht ab, und ich
kenne auch niemanden, der sie abgibt.
Rainer Bergmann
2