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Für alle Schulanfänger · 8 Zuvor K indergarten und Grundschule Hand in Hand, dass ist die Vision, die diesem Buch zugrunde liegt. Hand in Hand im Hinblick auf • die Entwicklungsförderung

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Für alle Schulanfänger

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Margarita Hense / Gisela Buschmeier

Kindergarten und GrundschuleHand in Hand

Chancen, Aufgaben und Praxisbeispiele

Don Bosco

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

1. Auflage 2002 / ISBN 3-7698-1377-4© 2002 Don Bosco Verlag, MünchenUmschlag: Michael BrandelFotos: Martin Henze, Kinderstube Regenbogen, SalzkottenGisela Buschmeier, Kindergarten Almeflöhe, Salzkotten-NiederntudorfProduktion: Don Bosco Grafischer Betrieb, Ensdorf

Gedruckt auf umweltfreundlichem Papier.

Geheimnisvolle Zeichen?!Ganz einfach!

Wenn Sie der Ansicht sind, dass die Zusammenarbeit von Kindergartenund Grundschule bessere Lernchancen für die Ihnen anvertrauten Kinderbietet, und Sie eine solche Kooperation starten wollen,

finden Sie in diesem Buch jede Menge grundlegender Informationen und guter Ideen,wie man die Zusammenarbeit aufbauen kann, welche Anlässe sich besonders dazu eignenund wie eine echte Partnerschaft zwischen Schule und Kita entstehen kann.

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Inhalt

Zuvor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Kapitel IKooperation ist unverzichtbar . . . . . . 9Pädagogische Notwendigkeit .. . . . . . . . . . 9

Übergänge im Kindesalter .. . . . . . . . . . 10Ein soziales Netz knüpfen ... . . . . . . . . 12Aufeinander aufbauendeLernprozesse .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Ausschöpfung vonBildungsressourcen ... . . . . . . . . . . . . . . . . 19BildungspolitischeKonsequenzen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Rechtliche Grundlagen ... . . . . . . . . . . . . . . 25Kooperationsgebote der Bundes-länder .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Ministerielle Empfehlungen ... . . . . . . 25

Kapitel IIKooperation setzt Information überden Kooperationspartner voraus . . . 28Entwicklungsgeschichte des Kinder-gartens .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Entwicklungsgeschichte der Grund-schule .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Berufsprofil Erzieherin ... . . . . . . . . . . . . . . 32Berufsprofil Lehrer/Lehrerin ... . . . . . . . . 38

Institutionelle Rahmenbedingungen .. 44Kindertageseinrichtung ... . . . . . . . . . . . 44Grundschule .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Das „Bild vom Kind“ in denelementarpädagogischenHandlungskonzepten ... . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Der Situationsansatz .. . . . . . . . . . . . . . . . 57Montessori-Pädagogik .. . . . . . . . . . . . . . . 58Reggio- Pädagogik .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Das „Bild vom Kind“ in der Grund-schule .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61Leitbilder, Konzeptionen und Schul-programme ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Kapitel IIIHindernisse in der Kooperation . . . . . 67Beharrungstendenzen ... . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Die Entwicklung in der DDR ... . . . . . 68Die schul- und jugendpolitischeEntwicklung in der BRDnach 1945 ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Organisatorische Probleme ... . . . . . . . . . . 71Fehlendes Problembewusstsein aufbeiden Seiten ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72Unterschiede im Status, Selbstver-ständnis und Selbstbewusstsein ... . . . . 73Unterschiedliche institutionsspezifischeLeitvorstellungen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

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Inhalt

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Fehlende Unterstützung durch Auf-sichtsbehörden und Träger .. . . . . . . . . . 74Wenig konkret gefasste Kooperations-gebote .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Ergebnisse einer Befragung in Kinder-gärten und Grundschulen ... . . . . . . . . . . . . 76

Hindernisse und Probleme aus Sichtder Schule .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Hindernisse und Probleme aus Sichtder Erzieherinnen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Kapitel IVAnlässe zur Kooperation . . . . . . . . . . . . . . 81Kooperationsanlässe mit Blick aufdie Kinder .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Fragen der Kinder zur Einschulung 82Die schulärztliche Untersuchungund die Schulfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 83Besuch aus dem ersten Schuljahr .. 84Die Lehrerin besucht dieSchulanfänger .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84Schulanfänger besuchen dieSchule .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Lernerfahrungen und Bildungs-geschichte der Schulanfänger .. . . . . . 87Einstimmung der Schulanfänger aufden neuen Lebensbereich ... . . . . . . . . . 88Korrespondenzen undPatenschaften .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Der erste Schultag .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90Gemeinsam nutzbare Räume,Außenspielflächen, Material .. . . . . . . . 91Gemeinsame Feste, Ausflüge,Gottesdienste, Projekte .. . . . . . . . . . . . . . 91

Kooperationsanlässe mit Blick aufdie Eltern ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Fragen der Eltern zurSchulfähigkeit und zur bevor-stehenden Einschulung ... . . . . . . . . . . . 93Informationsabende für Eltern derSchulanfänger .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94Elternmitwirkung im Hinblick aufdie Einschulung und die Gestaltungdes ersten Schultages .. . . . . . . . . . . . . . . . 96

Kooperationsanlässe mit Blick aufdie Kooperationspartner .. . . . . . . . . . . . . . . 97

Beratende Funktion der Erzieherinnenin Fragen der Schulfähigkeit . . . . . . . . 98Hospitationen in der Nachbarschuleoder im Nachbarkindergarten ... . . . 98Austausch über Zusammenarbeithinsichtlich der Schulkinder-betreuung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Ausbildung mit Einblick .. . . . . . . . . . . . 98Gesprächskreise .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Gemeinsame Fortbildungen ... . . . . . . 99Gesetzliche Grundlagen undEmpfehlungen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Konsequenzen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

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Inhalt

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Kapitel VPraxisbeispiele gelungenerKooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101Beispiel 1: Ein Kooperationskalender 101Beispiel 2: Die Zahl Sieben ... . . . . . . . . . . 107Beispiel 3: Ein Arbeitskreis .. . . . . . . . . . . . 112Beispiel 4: „Brücken bauen“ durchBildung von Patenschaften ... . . . . . . . . . . 115Beispiel 5: Kinder erklären Schulefür Kinder .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Beispiel 6: „Das komische Gefühlim Bauch“ ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125Beispiel 7: Vertraglich festgelegteKooperation ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129Beispiel 8: „Lieber Herr Lauströer“ .. . . 138Kurz gesagt .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Zum Schluss .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143Danke ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145Literatur .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

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Zuvor

Kindergarten und Grundschule Hand inHand, dass ist die Vision, die diesem

Buch zugrunde liegt.Hand in Hand im Hinblick auf• die Entwicklungsförderung von Kindern• den Übergang vom Kindergarten zur

Grundschule ohne Risiken und Brüche• aufeinander aufbauende Lernprozesse, im

Kindergarten angebahnt und in der Schu-le als Lernvoraussetzungen aufgegriffen

• die Ausschöpfung von Bildungsressourcen• die Knüpfung eines sozialen Netzes für die

Schulanfänger.

Dass Kindergarten und Grundschule aneinem Ort zum Wohl der Kinder effektivzusammenarbeiten, ist entscheidend vompersönlichen Engagement der beiden Päda-gogengruppen in Kindergarten und Grund-schule abhängig.Der Entwicklungsprozess eines Kindesnimmt keine Rücksicht auf die jeweiligeBildungseinrichtung, die das Kind geradebesucht, und auf die Tatsache, ob mit dernachfolgenden Institution im Interesse desKindes kooperiert wird. Im Hinblick auf dieEntwicklungsförderung der Kinder ist die

Zusammenarbeit benachbarter pädagogi-scher Institutionen Kindergarten und Grund-schule pädagogisch zwingend geboten.Auf diesem Hintergrund ist es uns ein An-liegen, bei den Pädagogen/Pädagoginnen inKindergarten und Grundschule über dieInhalte des vorliegenden Buches dafür zuwerben, aus pädagogischer Verantwortungaufeinander zuzugehen und die Aufgaben zuergreifen, die sich im Übergang vom Kinder-garten zur Grundschule, beim Wechsel voneinem Lebensbereich zum anderen beidenInstitutionen stellen.Ein Verständnis für die pädagogische Not-wendigkeit, die Chancen und Aufgaben derZusammenarbeit bei Erzieherinnen ausKindergärten und Lehrern/Lehrerinnen ausGrundschulen aufzubauen, durchzieht dasganze Buch. Die dort vorgestellten Überle-gungen begründen plausibel, dass Kinder-garten und Grundschule aufeinander ver-wiesene und miteinander zu verbindendeBereiche darstellen, die ihre Erziehungs-aufgabe nur dann wirklich zum Wohle derKinder wahrnehmen können, wenn sie siegemeinsam ergreifen und bewältigen. Kin-dergarten und Grundschule Hand in Hand!

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Kapitel IKooperation ist unverzichtbar

Pädagogische Notwendigkeit

Kooperation ist unverzichtbar. Von die-ser Annahme wird ausgegangen, wenn

im Folgenden für die Zusammenarbeit vonKindergarten und Grundschule geworbenwird. Die Kooperation ist unerlässlich bezo-gen auf folgende Sachverhalte:• eine optimale Entwicklungsförderung,• belastete Übergänge,• aufeinander aufbauende Lernprozesse

durch eine gleiche Sicht von Bildung undErziehung,

• die Knüpfung eines sozialen Netzes(durch Kooperation und Beziehungsan-bahnung),

• die Ausschöpfung von Bildungsreserven.

Diese Sachverhalte/Fakten verdeutlichendie pädagogische Notwendigkeit einer Ko-operation von Kindergarten und Grund-schule. Bei dem Wort Kooperation schwingtFolgendes mit:• Kooperative Arbeit heißt: Mehrere Perso-

nen arbeiten zusammen zwecks Errei-chung eines Ergebnisses, welches unterden gegebenen Randbedingungen nur

gemeinsam, aber nicht einzeln erzieltwerden kann.

• Kooperation fällt nicht vom Himmel, son-dern findet im Kontext konkreter struk-tureller Bedingungen statt und muss aufsachlicher, persönlicher und der Bezie-hungsebene von den beteiligten Personenimmer wieder neu erarbeitet werden.1

• Aufgabengerechte Kooperation ist durchGesetzesnormen und organisatorisch odervertraglich gesicherte Kooperationsfor-men allein nicht zu erreichen. Zusammen-arbeit muss sich in einem kooperativenArbeitsklima zur Selbstverständlichkeitentwickeln.2

• Kooperation ist bewusste, von allen Be-teiligten verantwortete, zielgerichtete,gleichwertige und konkurrenzarme Zu-sammenarbeit.3

Das Erfordernis einer Zusammenarbeit vonKindergarten und Grundschule fußt nichtnur auf der pädagogischen Notwendigkeit,sondern auch auf gesetzlichen Grundlagen.

1 Lütje-Klose/Willenbring, 19992 Lexikon der sozialen Arbeit, 19933 Lütje-Klose/Willenbring, 1999

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Kooperation ist unverzichtbar

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Auf beide Aspekte wird in Kapitel I näher ein-gegangen und dadurch das Warum der Zu-sammenarbeit erhellt.

Übergänge im Kindesalter

Mit Blick auf die pädagogische Notwendig-keit der Zusammenarbeit von Kindergartenund Grundschule können mehrere Aspektezur Begründung angeführt werden. Die Be-rücksichtigung von Übergängen im Kindes-alter und die damit im Zusammenhang ste-hende Entwicklungsförderung der Kindermarkiert einen der aufgezeigten Aspekte.Zwei Experten in Fragen der kindlichen Ent-wicklung sehen als Voraussetzung für einegelungene Entwicklungsförderung der Kin-der die Bewältigung von Übergängen imKindesalter an. Urie Bronfenbrenner undWassilios Fthenakis gehen davon aus, dassdie Bewältigung von Übergängen bzw. derenNichtbewältigung die weitere Entwicklungder Kinder beeinflusst.Bronfenbrenner geht in seinem entwick-lungsökologischen Ansatz davon aus, dassdie Umwelt für Verhalten und Entwicklungbedeutsam ist, wie sie wahrgenommen wird,und nicht, wie sie in der objektiven Realitätsein könnte. Ein ökologischer Übergang fin-det statt, wenn eine Person ihre Position inder ökologisch verstandenen Umwelt durcheinen Wechsel ihrer Rolle, ihres Lebensbe-

reiches oder beider verändert. Solche ökolo-gischen Übergänge kommen das ganze Le-ben vor, wie zum Beispiel: Das Kind geht inden Kindergarten bzw. die Kinder kommenin die Schule. Jeder ökologische Übergangist Folge wie Anstoß von Entwicklungspro-zessen.Im Hinblick auf die Entwicklungsförderungvon Kindern sind nach Bronfenbrennerjedoch an die Übergänge von einem Lebens-bereich in einen anderen bestimmte Voraus-setzungen geknüpft. Er nimmt an, dass dieKapazität eines Lebensbereiches wie Eltern-haus, Schule oder Arbeitsplatz als günstigerEntwicklungskontext zu wirken, von Vor-handensein und Art der sozialen Verbindun-gen zwischen den Lebensbereichen abhängt,zum Beispiel: von gemeinsamer Beteili-gung, Kommunikation und dem Ausmaß anInformation über den neuen Bereich. Fernerist von entscheidender Bedeutung das Aus-maß und die Beschaffenheit der Kenntnisse,die in einem Lebensbereich über den ande-ren vorhanden sind, sowie der Einstellun-gen, die zu ihm bestehen.4

Bei Fthenakis steht der Begriff „Übergang“für alle kritischen Lebensereignisse, die aufder individuellen, der familiären und derkontextuellen Ebene eine Phase von Verän-derungen mit sich bringen.

4 Bronfenbrenner, 1981

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Übergänge sind prozesshafte Geschehnisseund lösen beim Einzelnen starke Emotionenund Stress aus, die auf individueller wie so-zialer Ebene zu bewältigen sind. Sie bedin-gen einen Wandel im subjektiven Selbstbildund in der persönlichen Identität, der erlebtwird als Statuspassage und Kompetenzge-winn wie z.B. beim Eintritt des Kindes in denKindergarten oder die Grundschule.Darüber hinaus bringen Übergänge eineAusweitung der Lebens- und Bezugsräume,eine Reorganisation bisheriger Beziehun-gen und das Einfinden in neue Rollen mitsich. Jeder Übergang hat seine eigenen In-halte mit spezifischen Anforderungen. Sosetzt beispielsweise für Kinder bei den Über-gängen Familie – Kindergarten und Kinder-garten – Grundschule ein Pendeln zwischendiesen Lebensbereichen ein.

Die erfolgreiche Bewältigung von Übergän-gen bzw. deren Nichtbewältigung wirkt sichauf die weitere Entwicklung von Kindernaus. Eine erfolgreiche Bewältigung stärktdie Kompetenz von Kindern, während sichbei Nichtbewältigung die Wahrscheinlich-keit erhöht, dass auch nachfolgende Über-gänge nicht adäquat bewältigt werden kön-nen (erfolgreicher Eintritt in den Kindergar-ten und vermuteter erfolgreicher Eintritt indie Schule). Fthenakis empfiehlt daher dieAusbildung von Bewältigungskompetenzenund die Stärkung der Resilienz (Wider-

Der Übergang vom Kindergarten zur Grund-schule ist von Seiten der Eltern mit dem An-spruch verbunden, dass die Kinder denAnforderungen der Schule entsprechen undihre schulische Laufbahn möglichst ohneProbleme beginnen. Unter Berücksichtigungdieses Aspektes halte ich eine gute Verzah-nung zwischen Kindergarten und Grund-schule für selbstverständlich. Nur im Zusam-menwirken aller Beteiligten, vor allem inZeiten der Übergänge, hier vom Kindergartenzur Grundschule, kann es gelingen, die Ent-wicklung des Kindes zu einer eigenverant-wortlichen und gemeinschaftsfähigen Per-sönlichkeit zu ermöglichen.Annelie Segin, Fachberaterin für Kindertagesein-richtungen der Stadt Paderborn

standskraft). Er versteht darunter Basis-kompetenzen, die als Schutzfaktoren dieKontinuität der Entwicklung gewährleistensollen.Diese übergreifenden Kompetenzen undFähigkeiten werden zudem dringend benö-tigt, um später auch Übergänge mit Risikenund Unsicherheiten aufgrund der gesell-schaftlichen Veränderungen erfolgreich zumeistern.5

Im Hinblick auf die Entwicklungsförderungvon Kindern durch Berücksichtigung von

5 Fthenakis, 2000

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Die Zusammenarbeit zwischen Kindergartenund Grundschule ist für mich eine unabding-bare Voraussetzung, um unsere Grundschul-kinder, insbesondere die Schulanfänger, kon-tinuierlich in ihrem Lern- und Entwicklungspro-zess zu begleiten, voranzubringen und zufördern. Je intensiver die beiden Einrichtungenmiteinander kooperieren, desto besser könnendie Kinder gefördert und gefordert werden.Ein wesentlicher Aspekt der Zusammenarbeitist dabei für mich, dass die beiden Institutionenzwar zu verschiedenen Zeiten die Kinder be-gleiten, aber in ihrer Bedeutsamkeit für diekindliche Entwicklung gleichwertig nebenein-

Übergängen im Kindesalter erweist sich dieZusammenarbeit von Kindergarten undGrundschule als unerlässlich. Beide Institu-tionen tragen demnach mit ihren Einflüssendazu bei, dass das Kind die für seine Entwick-lung benötigte Begleitung und Unterstüt-zung erhält, um den Übergang erfolgreichzu bewältigen.

Ein soziales Netz knüpfen

Die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit er-gibt sich auch aus dem pädagogischen An-spruch, dass vor dem Eintritt des Kindes in

die Schule Beziehungsarbeit geleistet wer-den muss. Die Beziehungen der Schulanfän-ger zum Lehrer/zur Lehrerin müssen ange-bahnt werden. Kinder und Lehrer müssensich miteinander so vertraut machen, dasssie sich gegenseitig transparent einschätzenkönnen. Beziehungsarbeit beim Übergangvom Kindergarten in die Schule leisten Leh-rer und Lehrerinnen, wenn sie vor Eintrittdes Kindes in die Schule genug Zeit haben,um eine Beziehung zu den einzelnen Kin-dern ihrer Klasse aufbauen zu können. Die-ser Aufbau der Beziehungen erleichtert dieEingewöhnung in die neue Umgebung,nicht als Element der Kontinuität, sondernals personale Ressource. Wer in guten Be-

ander stehen. Mit dem Eintritt des Kindes in dieSchule wird die Arbeit des Kindergartens fort-gesetzt, nicht etwas völlig Neues begonnen.Durch die bessere Kenntnis von Arbeitsweisenund didaktischen Schwerpunkten der Kinder-gartenarbeit kann der Übergang zwischen Kin-dergarten und Grundschule kindgerecht ge-staltet werden, d.h. die Kinder werden dortabgeholt, wo sie sind. Gleichzeitig findet zwi-schen Lehrerinnen und Erzieherinnen ein Pro-zess wechselseitigen Lernens (z.B. im Hinblickauf methodische Möglichkeiten) statt.M. Gau, Konrektorin, Grundschule Kaukenberg,Weißdornweg, 33100 Paderborn

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ziehungen lebt, hat genügend personaleRessourcen, um die Anpassung an eine neueSituation aus sich heraus zu leisten.6

Beziehungsanbahnung ist eine Vorausset-zung bzw. ein wichtiges Element im Hinblickauf die Knüpfung eines sozialen Netzes.Soziale Netzwerke entwickeln sich aus infor-mellen Beziehungen sozialer Nähe im Unter-schied zu formellen und funktionalen Ver-knüpfungen durch Organisationssysteme.7

Soziale Netze zeichnen sich durch folgendeQualität aus: Sie basieren auf verbindenderBetroffenheit (die in den Interaktionenzwischen den Mitgliedern emotionale undkognitive Begleitprozesse ermöglicht), sieschaffen Kompetenzen durch gemeinsameErfahrungen, sie sorgen für Lebendigkeitund Dynamik. Durch Kooperation von Kin-dergarten und Schule, durch Kontaktzwischen Erzieherinnen und Lehrkräften,zwischen Schulanfängern und den zukünf-tigen Lehrerinnen wird das soziale Netz fürdie Kinder geknüpft. Die Kinder müssenbeim Übergang vom Kindergarten zur Schu-le ihr eigenes soziales Netz erneuern. Diesesbedarf der Unterstützung durch begleitendeErwachsene (Erzieher, Lehrer) in beiden Be-reichen. Die Kinder müssen eingebettet seinin ein Netz von personalen Beziehungen,denn Beziehungen schaffen personale Res-

6 Dollase, 20007 Lexikon der sozialen Arbeit, 1993

sourcen, die dem Kind das Bewältigen vonneuen Entwicklungsaufgaben und neuenHerausforderungen wie den Übergang in dieSchule erleichtern. Aus diesem Grunde istdarauf zu achten, dass die personalen Bezie-hungen des Kindes bei der Zuordnung ineiner Schulklasse berücksichtigt werdenund dass die Lehrerinnen ausreichend Zeitvor und nach Schuleintritt bekommen, umBeziehungen zu den neuen Kindern aufzu-bauen. Diese gewünschte Beziehungsan-bahnung ist nur auf dem Wege einer part-nerschaftlichen Kooperation zwischen Kin-dergarten und Grundschule zu realisieren.

Die Zusammenarbeit von Kindergarten undGrundschule ist für mich unverzichtbar, weilein nahtloser Übergang den Kindern Vertrau-en und Sicherheit bietet. Die kindliche Ent-wicklung erleidet somit keinen Rückschritt.Mit gemeinsam vereinbarten Zielen könnenKindergarten und Grundschule im Vorfeldden Kindern positive Eindrücke vermitteln,so dass sie dem neuen Lebensabschnittohne Ängste begegnen.Dazu zählt auch die gegenseitige Über-nahme von Ritualen und Liedgut. Vor allemschwächeren Kindern wird dadurch derÜbergang um ein wesentliches erleichtert.Auch unter dem Aspekt der Öffentlichkeits-arbeit ist die Zusammenarbeit sinnvoll, weildie Fachkräfte beider Institutionen eine pä-dagogische Arbeit zum Wohle der Kindersignalisieren. Unter dem Aspekt der Quali-

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tätssicherung ist es wichtig, die vorhande-nen Ressourcen zu nutzen. Dieses gegen-seitige Engagement und das Wissen vonein-ander trägt zu einem positiven Schulanfangder Kinder bei.Alexandra Wulf, Leiterin der Kindertagesstätte„Astrid Lindgren“, Büren-Steinhausen

Sicht auszugehen ist, die aufeinander auf-bauende Lernprozesse fördert, nicht blo-ckiert und als Konsequenz Kooperation un-vermeidbar macht.

Der Bildungsauftrag für den Bereichdes KindergartensFragt man nach dem Bildungsauftrag fürden Kindergarten und legt dazu die Sicht-weisen des Kinder- und JugendhilfegesetzesKJHG und die Ausführungsgesetze der Bun-desländer (Kindergartengesetze) zugrunde(für NRW das Gesetz über Tageseinrichtun-gen für Kinder GTK), so kann festgehaltenwerden:Das KJHG will die Entwicklung des Kindeszu einer eigenverantwortlichen und ge-meinschaftsfähigen Persönlichkeit geför-dert wissen. Diese Aufgabe umfasst die Bil-dung, Betreuung und Erziehung des Kindes.Das Leistungsangebot soll sich pädagogischund organisatorisch an den Bedürfnissender Kinder und ihrer Familien orientieren.Die Ausführungsgesetze der jeweiligen Bun-desländer zum KJHG, in NRW das Gesetzüber Tageseinrichtungen für Kinder (GTK),konkretisieren die Grundaussagen im KJHGzur Förderung von Kindern in Tageseinrich-tungen.Die in diesen „Kindergartengesetzen“ for-mulierten Vorstellungen sind weitgehendidentisch und beziehen sich auf folgendeEinzelaspekte:

Aufeinander aufbauende Lernprozesse

Eine weitere Notwendigkeit zur Zusammen-arbeit von Kindergarten und Grundschuleergibt sich auch aus dem Anspruch, dass dieErziehungs- und Bildungsarbeit der Grund-schule hinsichtlich ihrer Zielsetzung undihrer pädagogischen Maßnahmen auf dieLernvoraussetzungen eingeht, die die Kin-der bereits aus der Familie und dem Kinder-garten mitbringen8.Wenn in beiden Bereichen Kindergartenund Grundschule bei Wahrung ihrer Eigen-ständigkeit von einer gleichen Sicht von Bil-dung und Erziehung ausgegangen werdenkann, erleichtert dies die Zusammenarbeitund ermöglicht Lernprozesse, die aufeinan-der aufbauen, sich ergänzen und vertiefen.Auf diesem Hintergrund ist zu fragen, wel-che Sichtweise in dem jeweiligen Bereichvorliegt und inwieweit von einer gleichen

8 Kultusminister des Landes NRW, Die Schule inNRW, 2001

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• Der eigenständige Erziehungs- und Bil-dungsauftrag des Kindergartens wird inmehreren Kindergartengesetzen beson-ders hervorgehoben. Er wurde bereits imStrukturplan für das Bildungswesen imJahr 1970 definiert und wies dem Kinder-garten den Status zu, erste Stufe im Bil-dungswesen zu sein, weil der Kindergartendurch geplante Lernprozesse die Persön-lichkeitsentwicklung des Kindes fördert.

• Im Elementarbereich des Bildungs-systems sollen die Grundlagen für daszukünftige Lernen gelegt werden. Den

Kindern soll ein Bildungsangebot ge-macht werden, das sowohl ihre Entwick-lungsmöglichkeiten ausschöpft als auchEntwicklungsrückstände und umweltbe-dingte Benachteiligungen frühzeitig aus-zugleichen sucht. Der Kindergarten isteine Bildungseinrichtung, die allen Kin-dern anzubieten ist.

• Der Bildungsauftrag ist nicht vom Erzie-hungsauftrag zu trennen. Erziehung, Bil-dung und Betreuung sind nur in engerVerknüpfung pädagogisch zu verantwor-ten.

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• Der Auftrag des Kindergartens muss inenger Beziehung zur Erziehungsaufgabeder Familie bestimmt werden.

• Der Bildungsauftrag umfasst die Förde-rung der Persönlichkeitsentwicklung. Siekann nur erfolgreich sein, wenn die Er-ziehungsberechtigten über Ziele, Inhalteund Methoden der Arbeit im Kindergartenumfassend und laufend informiert wer-den.

• Im Kindergarten als Elementarbereichdes Bildungswesens wird das Fundamentfür den weiteren Bildungsweg gelegt.

• Hauptanliegen der Förderung der Kinderim Kindergarten ist die Gesamtentwick-lung der Kinder, die emotionale, moto-risch-sensorische, kognitive und sozialeProzesse einschließt.

Die Zielsetzung der Förderung im Kinder-garten wird im Situationsansatz näher be-leuchtet, der eine Gesamtkonzeption für diepädagogische Arbeit im Kindergarten dar-stellt. Er verdeutlicht das „Wie“ einer Bil-dung, Betreuung und Erziehung im Kinder-garten. Mehrere Varianten dieses Konzepteshaben auf sich aufmerksam gemacht undsind in der Praxis beachtet worden, auch istder Ansatz inzwischen weiterentwickeltworden.

Die Leitvorstellungen zur Bildung und Er-ziehung im Kindergarten lassen sich auf

dem Hintergrund der Kindergartengesetzeund des Situationsansatzes bezüglich ihrerEckpunkte so zusammenfassen:• Förderung der Kinder zu einer eigenver-

antwortlichen und gemeinschaftsfähigenPersönlichkeit

• Berücksichtigung der Einheit von Bil-dung, Erziehung und Betreuung

• Förderung der Gesamtentwicklung derKinder, die emotionale, motorisch-senso-rische, kognitive und soziale Prozesse ein-schließt

• Berücksichtigung von Lebenssituationenund Grundbedürfnissen von Kindern, Pla-nen und Gestalten des Kindergartenall-tags mit den Kindern, Offenheit für neuentstehende Situationen

• Erziehung und Förderung der Kinder alsgemeinsame Aufgabe von Familie undTageseinrichtung

• Kontinuierliche Zusammenarbeit mitEltern

Der Bildungsauftrag derGrundschuleFragt man danach, welche Vorstellungenvon Bildung und Erziehung für die Grund-schule vorliegen, bekommt man Auskunftüber die Richtlinien und Lehrpläne, die dieeinzelnen Bundesländer für die Grundschu-le herausgegeben haben. Die Richtlinien fürdie Grundschule in NRW verdeutlichen, wel-

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ches Verständnis von Bildung und Erzie-hung der Grundschule zugrunde liegt:• Alle Schüler sollen unter Berücksich-

tigung ihrer individuellen Voraussetzun-gen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung,in den sozialen Verhaltensweisen, sowie inihren musischen und praktischen Fähig-keiten gleichermaßen umfassend geför-dert werden.

• Grundlegende Fähigkeiten, Kenntnisseund Fertigkeiten sollen in Inhalt undForm so vermittelt werden, dass sie denindividuellen Lernmöglichkeiten undErfahrungen der Kinder angepasst sind.

• Durch fördernde und ermutigende Hilfezu den systematischen Formen des Ler-nens soll hingeführt und damit dieGrundlage für die weitere Schullaufbahngeschaffen werden.

• Die Lernfreude der Schüler soll erhaltenund weiter gefördert werden.

Die Richtlinien und Lehrpläne halten an denGrundsätzen der sozialen Koedukation allerKinder und der individuellen Förderung deseinzelnen Kindes fest und stehen damit inder Tradition der Grundschule. Die Grund-sätze können nur unter Berücksichtigungder jeweiligen Lebensbedingungen der Kin-der verwirklicht werden.

Die Ausführungen zu Bildung und Erzie-hung in der Grundschule können bezüglich

ihrer Eckpunkte (angelehnt an die Richtli-nien für die Grundschule in NRW) so zusam-mengefasst werden:• Berücksichtigung der jeweiligen Lebens-

bedingungen der Kinder• Schule als nicht nur Unterrichtsstätte,

sondern zugleich Lebens-, Lern- und Er-fahrungsraum

• Die Bildungs- und Erziehungsarbeit derSchule muss auf die der Familie und desKindergartens Rücksicht nehmen

• Grundlegende Bildung über Anbahnungvon Selbst- und Welterkenntnis, überHinführung zur Urteilsfähigkeit, zuselbstständigem und verantwortungsbe-wusstem Handeln, über Aufbau von Hal-tungen und Einstellungen, die für diePersönlichkeitsentwicklung und für diemündige Teilhabe am gesellschaftlichenLeben erforderlich sind

• Die Kinder sollen zunehmend in die Lageversetzt werden, mitzudenken, mitzupla-nen und mitzugestalten

• In sinnvollen Zusammenhängen lernenund das Gelernte auch anwenden können

• Erziehender Unterricht, keine reine Wis-sensvermittlung, auch kein reines Verhal-tenstraining, sondern Hilfe, um selbst-ständig zu werden

• Das gesamte Schulleben entscheidet da-rüber, ob die Grundschule die Kinder zuselbstständigem und verantwortungsbe-wusstem Handeln befähigt

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Kooperation ist unverzichtbar

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Eine Gegenüberstellung der Leitvorstellungen von Bildung und Erziehungim Kindergarten und in der Grundschule

Grundschule

• Aufbau von Haltungen und Einstellungen, diefür die Persönlichkeitsentwicklung und für diemündige Teilhabe am gesellschaftlichen Le-ben erforderlich sind

• Lernsituationen, die Kopf, Herz und Hand derKinder gleichermaßen ansprechen und in de-nen Arbeit und Spiel, Leistung und Freude,Unterrichten und Erziehen, Leben und Schulenicht als unvereinbar erfahren werden

• Erziehender Unterricht, keine reine Wissens-vermittlung, kein reines Verhaltens-Training,sondern Hilfen zum Selbstständigwerden

• Berücksichtigung der Lebensbedingungender Kinder

• Kinder sollen zunehmend in die Lage versetztwerden, mitzudenken, mitzuplanen und mit-zugestalten

• Rücksichtnahme auf die Bildungs- und Erzie-hungsarbeit der Familie und des Kindergar-tens

• Vielfältige Möglichkeiten zur Eigenaktivitätschaffen

• Die Lernfreude der Schüler erhalten und wei-ter fördern

• Kenntnisse und Fertigkeiten sollen den Kin-dern dabei helfen, ihre Lebenswirklichkeit zuerkunden, zu deuten und zu gestalten

Kindergarten

• Förderung der Kinder zu einer eigenverant-wortlichen und gemeinschaftsfähigen Per-sönlichkeit

• Gesamtentwicklung der Kinder

• Berücksichtigung der Einheit von Bildung, Be-treuung und Erziehung

• Ausgehen von Lebenssituationen der Kinder

• Den Alltag mit Kindern planen und gestalten

• Rücksichtnahme auf die Lebenswelt der Fa-milie

• Eigenaktivität des Kindes herausfordern undstärken und die Selbstständigkeit fördern

• Lernfreude stärken durch selbsttätige Hand-lungen

• Elementare Kenntnisse über die Umwelt ver-mitteln durch ein breites Angebot von Erfah-rungsmöglichkeiten

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Wie an der Gegenüberstellung der instituts-eigenen Leitvorstellungen der Sozialpäda-gogik und der Schulpädagogik zu Bildungund Erziehung deutlich wird, haben sich dieLeitvorstellungen in den letzten Jahren an-genähert, sind aber nicht deckungsgleich.9

Es gibt jedoch viel Gemeinsames im Ver-ständnis von Bildung und Erziehung unddies erleichtert die Verständigung über auf-einander aufbauende Lernprozesse.Das Eingehen der Schule auf die Lernvor-aussetzungen, die die Kinder aus Familieund Kindergarten mitbringen, kann als An-spruch nur auf dem Wege der Kooperationverwirklicht werden. Die Basis für ein Zu-sammenwirken ist auf dem Hintergrundsich angenäherter Leitvorstellungen vonBildung und Erziehung vorhanden.

Ausschöpfung von Bildungsressourcen

Die pädagogische Notwendigkeit der Zusam-menarbeit von Kindergarten und Grund-schule ergibt sich auch aus dem Erfordernisder Ausschöpfung von Bildungsreserven.Diese Bildungsreserven können unter ande-rem auf dem Wege der Kooperation ausge-schöpft werden. Wie Fthenakis zutreffend an-merkt, wird es von Bildung und Erziehungabhängen, ob die heranwachsenden Genera-

9 Hacker, 1998

tionen den Ansprüchen, Herausforderungenund Belastungen gewachsen sein werden, mitdenen sie die Welt von Morgen konfron-tiert.10 Auf dem Wege in die Wissensgesell-schaft nimmt auch die Bedeutung des Nicht-wissens zu, das aus der fehlenden Kompetenzzur Erschließung oder dem fehlenden Zu-gang zum Wissen resultiert. Nichtwissenkann auch bedeuten, nicht zu wissen, was eszu wissen gibt11. Alle Entwicklungskontextefür Kinder, wie beispielsweise die Familie, dieKindertageseinrichtung und die Schule, tra-gen mit ihren pädagogischen ArrangementsVerantwortung dafür, dass Kinder in der Ge-genwart gefördert werden, um auch in derZukunft Entwicklungsaufgaben erfolgreichzu bewältigen.

Die Bildungsressourcen in Deutschlandwerden, so zahlreiche Befunde einschlägigerStudien und namhafter Bildungsexperten,jedoch nicht optimal ausgeschöpft.So liegen nach der TIMS/III Studie die Leis-tungen deutscher Schüler/-innen in den un-tersuchten Fächern (Mathematik, Naturwis-senschaft) im internationalen Vergleich imMittelfeld. Dies gilt sowohl für die berufli-chen Schulen als auch für die gymnasialeOberstufe. Die TIMSS-Ergebnisse lassensich als Indikator für die gesellschaftliche

10 Fthenakis, 200011 Delphi-Befragung, 1998

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Wertschätzung von Bildung und Bereit-schaft, Mittel, Zeit und Anstrengungen inLernprozesse zu investieren, deuten. Die Be-funde geben Anlass zur Nachdenklichkeit.12

Die vierte OECD-Studie „Bildung auf einenBlick“ stimmt ebenfalls nachdenklich im

12 Bos/Baumert, 1999

Hinblick auf Bildungsinvestitionen inDeutschland. Ein Vergleich der direktenöffentlichen Ausgaben für Bildungseinrich-tungen in Europa verweist Deutschland mitSpanien vor Griechenland an die vorletzteStelle.Betrachtet man hingegen die Gesamtaus-gaben aus öffentlichen und privaten Quel-

Annika (6 Jahre)

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len für Bildungseinrichtungen, dann er-zielt Deutschland einen durchschnittlichenPlatz, Rang 5. Das bedeutet, dass die Bil-dungsausgaben Deutschlands für einen ho-hen Ausbildungsstand im Ländervergleichnur im Durchschnitt liegen. Dieses Ergebniskann zur Standortbestimmung beitragenund weist darauf hin, dass es großer Anstren-gungen bedarf, das Niveau zu halten bzw. zusteigern.13

Auch der neueste Pressebericht zum OECD-Bericht 2000 verdeutlicht, dass Deutschlandmit seinen Ausgaben für Schulen im Primär-bereich im OECD-Vergleich und auch imVergleich mit den wichtigsten Industriena-tionen deutlich unter dem Durchschnittliegt.

Auf Defizite der Bildungspolitik im Hinblickauf die frühen Jahre macht Donata Elschen-broich in ihrem viel beachteten Beitrag inder Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom26. November 1997 aufmerksam. In diesemBeitrag formuliert sie unter der Überschrift:„Wissensfreie Kindheit – Bildungspolitikmacht einen Bogen um die frühen Jahre“,dass die krassen Qualitätsunterschiede desAufwachsens hingenommen bzw. gar nichterst wahrgenommen werden, weil die An-sprüche gering sind an das in diesen Jahren

13 Reinland-Pfalz und Saarland, Schulverwaltung, 4/1998

Mögliche. Nach ihrer Einschätzung fehlenBilder davon, was ein anregendes Bildungs-milieu für Kinder auf der Höhe der Zeit seinkönnte. Es braucht einen Kanon der Bil-dungserlebnisse, die heute jedem Kind zu-stehen, als Grundstandards kindlicher Ent-wicklungsqualität.In einem weiteren viel beachteten Beitragvon ihr in der Zeit vom 25.10.2001 macht siedarauf aufmerksam, dass viele deutsche Kin-dergärten noch weit davon entfernt sind, Bil-dungsstätten zu sein. Nach Elschenbroichwird der Bildungsauftrag des Kindergartenssein, Eigenschaften und Fähigkeiten, dieKinder mitbringen, zu steigern. Im Kinder-garten kann den Kindern die Welt ein Laborwerden, ein Atelier, eine Werkstatt, ein Waldoder ein Mond. Sie fragt nach, warum es kei-ne öffentlichen Preise gibt für Kindergärten,die etwas Neues wagen und zeigen, was Bil-dung in diesem Alter heißen kann. Sie fragtweiter, warum gerade Deutschland undÖsterreich mit ihrer Erzieherausbildung anFachschulen das Schlusslicht in Europa bil-den. Nach Elschenbroich stehen die Konse-quenzen für Lernen und Bildung in den frü-hen Jahren noch aus, insbesondere für denBereich Kindergarten, der aus ihrer Sichtein ideales Milieu ist für das neue Verständ-nis des Lernens. Die deutsche Erzieheraus-bildung müsste von kleiner Flamme auf einanspruchsvolles Niveau gehoben werden.Elschenbroich fordert mit ihrem Beitrag die

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längst fälligen Bildungsinvestitionen im Be-reich Kindergarten ein.Auch Tietze macht Bildungsdefizite aus.Er fasst das Kernergebnis seiner Studie sozusammen: Die globale pädagogische Pro-zessqualität in den deutschen Kindergarten-gruppen liegt – auch nach einem Vierteljahr-hundert Kindergartenreform – lediglich imBereich gehobener Mittelmäßigkeit. Die pä-dagogische Qualität insgesamt gesehen hateine erhebliche Bedeutung für die Entwick-lungsförderung der Kinder. Die bisherigenfachlichen und fachpolitischen Instrumen-te, um pädagogische Qualität zu steuern undzu sichern, sind offensichtlich unzurei-chend. Dies ist nicht tolerierbar und bedarfdringend der Verbesserung.14

Dass es um die Bildungspolitik/Bildungsin-vestitionen in Deutschland nicht gut bestelltist, kann letztendlich an den Ergebnissender Bildungsstudie Pisa (Programme for In-ternational Student Assessment) verdeut-licht werden. Die Zeit vom 06.12.2001 undder Spiegel vom 10.12.2001 haben Ergebnis-se dieser Schul-Studie breit vorgestellt undwerten sie als neue Bildungskatastrophe, alsein Versagen des deutschen Bildungssys-tems. Die Bildungsstudie löste nicht nur beiden Bildungsforschern einen Schock aus,auch Eltern sind bestürzt über die deutscheBildungswirklichkeit. Deutschland liegt im

14 Tietze, 2001

Ländervergleich überall im unteren Drittel.In allen 3 getesteten Bereichen (Lesen, Ma-thematik, Naturwissenschaft) ist der deut-sche Durchschnittsschüler schlechter alssein internationales Pendant.In der Lesekompetenz erreichen Deutsch-lands 15-jährige mit 484 Punkten Rang 21von 31 Ländern – weniger als ihre tsche-chischen oder spanischen Altersgenossen.Der Abstand zu Finnland, dem Primus imLändervergleich bezogen auf die Lesekompe-tenz, ist dramatisch. Kaum besser als beimLesen schlugen sich die deutschen Schülerin den beiden anderen Pisa-Disziplinen:Jeweils Platz 20 in mathematischer undnaturwissenschaftlicher Kompetenz, eine imVergleich der Organisation für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung (OECD)ebenfalls deutlich unterdurchschnittlicheLeistung. Nach der Darstellung im Spiegelkommen 25 % der Prüflinge im Umgang mitmathematischen Problemen nicht einmalüber das Grundschulniveau hinaus. Die Wur-zel des Bildungsübels liegt aus der Sicht desOECD-Manns Schleicher im Umgang mit demGeld. Wenn es um Autobahnen geht, sprichtder deutsche Staatshaushalt von Investitio-nen, Bildungsausgaben dagegen sind keineInvestitionen, das sind Kosten.15

Die Förderung der Schüler kostet aber Geld.Die meisten erfolgreichen Pisa-Länder ha-

15 Pisastudie, der Spiegel vom 10.12.2001, S. 75

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ben in den vergangenen Jahren in die Bil-dung große Summen investiert – Deutsch-land hat seinen Etat in den letzten Jahrendagegen kaum erhöht.Auftraggeber der Untersuchung Pisa ist dieOrganisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung OECD. Betei-ligt sind 32 Staaten, davon 28 Mitgliedsstaa-ten der OECD. Sie wollen mit Hilfe von Pisaprüfen, wie leistungsfähig ihre Bildungssys-teme sind. Dazu werden die Leistungen von15-jährigen getestet. An Ergebnissen wirdu.a. veröffentlicht: Ein Profil der Kenntnisseund Fähigkeiten von Schülerinnen undSchülern gegen Ende der Pflichtschulzeit.An den aufgezeigten Befunden wird deut-lich, dass ein bildungspolitischer Aufbruchim Hinblick auf die Ausschöpfung von Bil-dungsressourcen dringend geboten ist.

Bildungspolitische Konsequenzen

In einer Gesellschaft, in der das Wissen einezentrale Rolle spielt, kommt dem Bildungs-system eine veränderte Rolle zu. Diese ver-änderte Rolle beinhaltet eine stärkere Ori-entierung der Bildungseinrichtungen anden Lernenden. Diese bewusste Orientie-rung betrifft vor allem Übergänge zwischenKindergarten und Grundschule. Die Schulewird noch stärker auf die Kooperation mitdem Kindergarten angewiesen sein und auf

die Chancen, die im Kindergarten geförder-ten Kompetenzen für die weitere Förderungabzufragen und im schulischen Bereich zunutzen. Der Übergang vom Kindergarten indie Schule wird nach Fthenakis entspre-chend pädagogisch zu gestalten sein.16

Auch Tietze geht auf die Zusammenarbeitvon Kindergarten und der Grundschule ein.Er stellt ein bedenkliches Defizit beider So-zialisationsinstanzen im Hinblick auf denorganisierten professionellen Austausch he-raus und fordert gemeinsame Fortbildungfür Lehrer und Erzieher.

Was bedeutet das nun für eine lebendige Zu-sammenarbeit von Kindergarten undGrundschule, eine Zusammenarbeit, diesich noch stärker an den Lernenden orien-tiert? Das heißt Chancen aufzugreifen, dieim Kindergarten geförderten Kompetenzenabzufragen und im schulischen Bereich zunutzen. Im Kindergartenbereich ist der Bil-dungsaspekt stärker zu betonen und sind be-sonders im letzten Kindergartenjahr ver-mehrt Bildungsgelegenheiten den Kindernzu eröffnen. Die Zurückhaltung gegenüberder Förderung der kognitiven Entwicklungist aufzugeben.17

Im Übergang vom Kindergarten zur Grund-schule sollte wünschenswert ein Austausch

16 Fthenakis, 200017 Hacker, 2001

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zwischen den Pädagogen/Pädagoginnen derSchule und den Erzieherinnen des Kinder-gartens erfolgen über das, was die Schulan-fänger an geförderten Kompetenzen in dieSchule mitbringen.• Welche Bildungsgelegenheiten wurden

im Kindergarten den Schulanfängern er-öffnet?

• In welchen Projekten konnten sie welcheLernerfahrungen machen, wurde ihrLerneifer wie aufgegriffen?

• In welchen Bereichen wurden besondereBegabungen deutlich. Wodurch wurde ihrbesonderes Interesse stimuliert? Wie ist esum ihre Sprachkompetenz bestellt?

Im Austausch zwischen Kindergarten undGrundschule sollten nicht nur auf die Ge-samtgruppe bezogene Informationen trans-portiert werden, auch das einzelne Kind mitseinen speziellen Begabungen und Stärkenist Gegenstand des Austausches. Auf demWege eines so umfassenden kollegialen Aus-tausches werden Anknüpfungspunkte fürdas Ausschöpfen von Bildungsressourcengefunden, die durch Bildungsinvestitionengestützt werden müssen (Mittel für Fortbil-dung, erweitertes Stundenkontingent fürdie Pädagogen in beiden Bereichen), denneine am Kind orientierte Kooperation istnicht zum Nulltarif zu haben.„Lebenslanges Lernen setzt Verantwortung,Motivation und eine bessere Verzahnung

Die Zusammenarbeit von Kindergarten undGrundschule ist für mich unverzichtbar, weil– das Kind im Mittelpunkt des Interesses und

der Arbeit beider Einrichtungen steht,– nur dadurch eine kontinuierliche Entwick-

lung der Kinder gewährleistet sein kann,– die Kinder möglichst nahtlos von einer Ein-

richtung in die andere wechseln sollen,– frühzeitige Kontakte und Absprachen zwi-

schen beiden Einrichtungen die Arbeit er-leichtern,

– der Austausch der Erfahrungen für die ge-meinsame Arbeit fruchtbar und anregend ist,

– die gesellschaftlichen Probleme, die da sind,gemeinsam erkannt und berücksichtigt wer-den können,

– alle Kinder eine umfassende, von kontinuier-lichen Erziehungs-, Förderungs- und Bil-dungszielen geprägte Betreuung erfahrensollen,

– unsere gemeinsamen Forderungen nachFortbildung und Zusammenarbeit politischmehr Nachdruck erhalten und in der Öffent-lichkeit stärker bewusst werden.

Hedwig Thiele, Schulleiterin der Städt. Gemein-schaftsgrundschule, Josefschule, Briloner Str. 23,33142 Büren

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einzelne Grundschule muss daher die unter-schiedlichen vorschulischen Lernerfahrun-gen der Kinder in die Entwicklung spezifi-scher Arbeitsweisen schulischen Lernenseinbeziehen.“An anderer Stelle heißt es: „In der Phase derSchulanfangsphase ist es wichtig, dassSchule, Elternhaus und vorschulische Ein-richtungen aufeinander zugehen und ver-stärkt zusammenarbeiten. Geeignet sind• gemeinsame Besprechungen sowie ge-

genseitige Besuche von Erzieherinnenoder Erziehern und Lehrkräften,

• Besuche der Kindergartenkinder in derGrundschule,

• gemeinsame Unternehmungen und Ver-anstaltungen,

• die gemeinsame Elternarbeit und• die beratende Tätigkeit vorschulischer

Einrichtungen.“

Kooperationsgebote der Bundesländer

Die Zusammenarbeit von Kindergarten undGrundschule bedarf einer gesetzlichen Ab-sicherung, damit sie sich als regelhafte Ar-beitsweise verbreiten und etablieren kann.Um diesem fachlichen Gebot die notwendigeVerbindlichkeit für beide Seiten zu verlei-hen, sollte es auf Landesebene• sowohl im Kita-Gesetz als auch im Schul-

gesetz verankert und

und Abstimmung der einzelnen Bildungsbe-reiche voraus. Reger Austausch zwischenKindergarten und Schule kann als Ausdruckvon gemeinsamer Verantwortung betrach-tet werden. Für eine sinnvolle Zusammen-arbeit ist es wichtig, nicht nur über Schwie-rigkeiten, sondern auch über gelungeneAktivitäten miteinander zu sprechen.“18

Rechtliche Grundlagen

Ministerielle Empfehlungen

Im Beschluss der Kultusministerkonferenzzur „Arbeit in der Grundschule“ (vom05.05.1994) haben sich die Länder u.a. auchauf eine gemeinsame Linie zur Zusammen-arbeit von Kindergarten und Grundschulegeeinigt. Unter dem Gliederungspunkt 2„Eintritt in die Grundschule und Anfangs-unterricht“ wird formuliert:„Die Zusammenarbeit der Grundschule mitden Kindergärten und die gegenseitigeKenntnis der pädagogischen Konzepte för-dert den problemfreien Übergang vom Ele-mentar- in den Primärbereich.Die kontinuierliche Lernentwicklung derKinder steht im Mittelpunkt aller konzeptio-nellen Überlegungen zum Schulbeginn. Die

18 Bildungsrevolution in Deutschland – Empfehlungendes Forums Bildung, 2001

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Kooperation ist unverzichtbar

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• zugleich durch den Erlass von Vollzugs-hinweisen oder Empfehlungen, die die zu-ständigen Ressorts gemeinsam herausge-ben, konkretisiert werden.

Eine Recherche zeigt, dass alle 16 Bundes-länder von dieser Idealvorstellung noch weitentfernt sind (Stand Mai 2002):• Einige Bundesländer haben lediglich in

ihrem Kita-Gesetz oder Schulgesetz einKooperationsangebot festgeschrieben,das erforderliche Pendant auf der Gegen-seite fehlt.

• Viele Bundesländer haben nur Empfeh-lungen erlassen, in denen sie die Notwen-digkeit der Zusammenarbeit betonen.Empfehlungen, denen kein gesetzlichesKooperationsangebot zugrunde liegt,sind lediglich Orientierungshilfen und da-mit geringer in ihrem Appellcharakterund ihrem Verbindlichkeitsgrad.

Angesichts dessen ist die Zusammenarbeitvon Kindergarten und Grundschule inDeutschland noch überwiegend der Belie-bigkeit preisgegeben, dem Engagement derPädagogen in beiden Bereichen überlassen.Die fehlende gesetzliche Absicherung ist ein„Stolperstein“ auf dem Weg, die Kooperationzu einer Selbstverständlichkeit auszubauen.Als vorbildlich sind daher die Initiativen derLänder Bayern, Nordrhein-Westfalen, Saar-land und Thüringen herauszustellen:

• Nordrhein-Westfalen mit seinem Erlassvom 05.05.1988

• Bayern mit seiner (neu gefassten) Be-kanntmachung vom 29.06.1998

• Saarland mit seiner Handreichung zumÜbergang vom Kindergarten zur Grund-schule 2001

• Thüringen mit seinen Empfehlungen undAnregungen 2002

Sie haben innovative Rahmenkonzeptionenfür die Zusammenarbeit vorgelegt. Sie ge-ben der Kooperation entscheidende Impulseund schärfen das Bewusstsein für ihre Sinn-haftigkeit und ihre Notwendigkeit unter denpädagogischen Fachkräften auf Seiten derKindergärten und der Grundschule.Es scheint, dass bei allen 16 Bundesländerndas Thema Zusammenarbeit von Kindergar-ten und Grundschule zurzeit wieder mehr inden Blick gerückt ist. Das verdeutlichen dievon mehreren Bundesländern aktualisier-ten Empfehlungen.

Der Bericht über gemeinsame Beratungenvon der Ständigen Konferenz der Kultusmi-nister der Länder und Arbeitsgemeinschaftfür Jugendhilfe19 weist ebenfalls auf die Not-wendigkeit der Zusammenarbeit von Kin-dergarten und Grundschule hin. Der Berichtmanifestiert, dass der Kindergarten einen al-

19 Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, September2000

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Kooperation ist unverzichtbar

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tersgemäß spezifischen Bildungsauftrag hatund damit auch den Auftrag, Kindern denÜbergang in die Institution „Schule“ zu er-leichtern. Schul- und Sozialpädagogik soll-ten sich gegenseitig bei der Betreuung derSchulkinder, unter der Beachtung ihres spe-zifischen eigenständigen Bildungs- und Er-ziehungsauftrags, weitest möglich stützen.Auf dem Hintergrund einer noch nicht zu-frieden stellenden rechtlichen Absicherungder Zusammenarbeit von Kindergarten undGrundschule steht im Hinblick auf eine ef-fiziente Kooperation dringend Folgendes an:• Die Kooperation muss in allen Bundes-

ländern in Form von auf Gegenseitigkeitberuhenden gesetzlich verankerten Ko-operationsangeboten rechtlich abgesi-chert werden, die als Rahmenkonzeptepraxisnahe Leitlinien signalisieren undzukunftsweisend sind.

• Die in den jeweiligen Kooperationsange-boten formulierten Inhalte und Maßnah-men müssen auf mehr Verbindlichkeit hinausgerichtet sein.

• Kooperation muss als ein Qualitätsmerk-mal in beiden Institutionen etabliert wer-den.

• Die Aufsichts- und Trägerbehörden müs-sen die Kooperationsbemühungen offi-ziell unterstützen und absichern, damitdiese gegenüber der Öffentlichkeit, vor al-lem den Eltern, legitimiert sind.

Mit der Diskussion um die „Wissensgesell-schaft, das Weltwissen der Kinder“ und derBildungsreform, vor allem im Kontext der An-näherung der EU-Staatengemeinschaft, istdie Zusammenarbeit von Kindergarten undGrundschule wieder stärker ins Blickfeld ge-raten. Sind die heutigen Kinder noch fit fürdie Schule? Was benötigen Kindergarten-kinder für Basiswissen, um dem Schulalltaggerecht zu werden? Das sind Fragen, diesich die Pädagogen beider Institutionen neustellen müssen. Nach eingehender gemein-samer Zäsur muss überlegt werden, ob diebisherigen Kooperationsformen ausreichenoder neue gemeinsame Wege bestritten wer-den müssen. Dieses kann nicht verordnetwerden, sondern kann nur vor Ort in gemein-samer Kooperation geschehen. Das vorlie-gende Arbeitsbuch soll dabei helfen, die ge-meinsame Aufgabe zu erleichtern.Bernd-Michael Breuksch, Referatsleiter, ReferatTageseinrichtungen für Kinder, NRW

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Wie im Kapitel I belegt, haben sich dieinstitutseigenen Leitvorstellungen,

die Sichtweisen bezüglich Erziehung undBildung der Sozialpädagogik bzw. Schulpä-dagogik angenähert, sie sind aber nichtdeckungsgleich. Damit nicht Vor- oderFalschurteile die Oberhand behalten, mussbei beiden Gruppen die Bereitschaft wach-sen, sich offen und neugierig für die Infor-mationen der anderen Seite zu zeigen bzw.sich über den Kooperationspartner umfas-send zu informieren (Berufsbild, Arbeitsfeld,pädagogische Herausforderungen, Schwer-punktsetzungen).Kooperation setzt Kenntnisse über den Ko-operationspartner voraus, das ist der Leitge-danke, der diesem Kapitel II vorangestelltist. Für beide Kooperationspartner ist eswichtig, ein realistisches Bild von der Part-nerinstitution zu erwerben, das nicht redu-ziert ist auf das jeweils andere Gebäude mitseiner ihm eigenen Raumgestaltung undRaumnutzung, sondern inhaltlich gefülltwird, und zwar mit dem spezifischen Bil-dungsauftrag, den Rahmenvorgaben, die derpädagogischen Arbeit vorgegeben sind, dem

Bild vom Kind, das der Arbeit zugrunde liegtund den Leitbildern, Pädagogischen Kon-zepten und Schulprogrammen, die zur Er-füllung des Bildungsauftrages handlungs-leitend sind. Kenntnisse über das je eigeneBerufsprofil verdeutlichen das Selbstver-ständnis des Kooperationspartners, das denHabitus prägt, und Einblicke in die Entwick-lung des Verhältnisses von Kindergartenund Grundschule sensibilisieren für die je-weiligen Traditionen und Strukturen.Denn den der Schule vorausgehenden Le-bensbereich genauer kennen, heißt die Kin-der besser kennen. Auf diesem Hintergrundist es für die Lehrerin/den Lehrer wichtig,ein realistisches Bild von der Institution zuerwerben, welche die Kinder immerhin dreiJahre formt.

Zu dieser Information gehört auch die his-torische Entwicklung des Verhältnisses vonKindergarten und Grundschule, damit dieWurzeln beider Bereiche nachvollzogenwerden können. Kooperation, die auf wech-selseitiger Kenntnis über Aufgaben und Ar-beitsweisen sowie über Trägerstrukturen

Kapitel IIKooperation setzt Informationüber den Kooperationspartner voraus

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Kooperation setzt Information voraus

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des Kooperationspartners gründet, wirdschließlich zu einem zeitgemäßen Selbst-verständnis beider Bereiche führen.20

Wenn wir die Situation des heutigen Ver-hältnisses von Kindergarten und Grund-schule verstehen wollen, macht es Sinn, ei-

20 Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, September2000

nen Blick in die historische Entwicklung derbeiden Institutionen zu nehmen.

Entwicklungsgeschichtedes Kindergartens

Die Kindergartengeschichte beginnt im 19.Jahrhundert mit Kinderbewahranstaltenund Kleinkinderschulen in katholischer

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oder evangelischer Trägerschaft. Zur Zeitder Industrialisierung bestand aussozialfür-sorgerischen Gründen ein großer Bedarf anBetreuungsformen für Kinder, da häufig bei-de Elternteile berufstätig waren. Eine ersteKonzeption der Kleinkinderziehung entwi-ckelte Friedrich Fröbel, der 1840 seine„Musteranstalt zur Pflege des Tätigkeitstrie-bes der Kinder“ gründete.Fröbels umfassendes Erziehungskonzeptbeinhaltete Ansätze von Rousseau, Come-nius und Pestalozzi und erweiterte dassozialfürsorgerische Motiv um eine erzie-herisch-bildende Zielsetzung. Mittels rich-tiger Spielförderung sollten die Grundla-gen für eine allseitige Bildung der kindli-chen Persönlichkeit vorbereitet werden.Mit Fröbels moderner Kleinkinderziehungidentifizierten sich vor allem die bürgerli-chen Familien. Für die Arbeiterfamilienerrichtete Fröbels Großnichte HenrietteSchrader-Breymann 1873 in Berlin einenVolkskindergarten.Anfang des 20. Jahrhunderts belebten dieIdeen von Maria Montessori aus Italien auchdie Vorschulerziehung in Deutschland. DasKind wurde nun noch stärker in den Mittel-punkt des pädagogischen Denkens und Han-delns gerückt.Mit der Schulreform nach dem ersten Welt-krieg 1920 stellten Vertreter des Allgemei-nen Deutschen Lehrervereins und zahlrei-che Schulreformer erstmals die Forderung

nach einer Einheit von Kindergarten undGrundschule. Die Reichsschulkonferenzentschied sich jedoch für eine organisatori-sche und pädagogische Trennung der beidenEinrichtungen, so dass der Kindergarten derJugendwohlfahrt zugeordnet wurde und da-durch der sozialpolitische Aspekt für denVorschulbereich eine besondere Bedeutungerhielt.21

Die vielen vorschulischen Einrichtungenmit ihren unterschiedlichen Benennungen,Richtungen und Trägerschaften wurden imJahre 1930 in Preußen mit ministeriellemErlass zu einer einheitlichen Bezeichnungzusammengeführt. Sie sollten von nun an„Kindergärten“ heißen.Bis zur nächsten Reformdiskussion Endeder sechziger Jahre war das öffentliche Inte-resse an der Kleinkinderziehung in dendeutschen „Kindergärten“ sehr gering, sodass Veränderungen in diesem Bereich nichtanstanden.

Entwicklungsgeschichteder Grundschule

Die Entwicklung der Grundschulerziehungbeginnt mit der Gründung der „AllgemeinenDeutschen Grundschule“ im Jahre 1919. Als

21 vgl. Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom14.06.1922

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Ergebnis der Reformpädagogik entstandeine eigenständige, kindorientierte Erzie-hungskonzeption, die alle Kinder des Volkesunentgeltlich vereinigte. Sie löste damit diewenig kinderfreundliche Schule des 19.Jahrhunderts ab, deren allgemeines Erzie-hungsziel das Heranbilden eines treuen undbrauchbaren Staatsdieners war.Kernpunkte der Reformpädagogik warenu.a. die Aktivierung der natürlichen Bereit-schaft zum Lernen beim Kind und die Ge-staltung der Schule zu einer Lebensstätte.Das Kind wurde, ähnlich wie bei Fröbel, zumBezugspunkt der pädagogischen Überlegun-gen, die Berücksichtigung seiner eigenenNatur erhielt Unterstützung durch die ent-stehende Kinderpsychologie. Die Reformbe-strebungen in dieser pädagogischen Aufbau-phase wurden allerdings dadurch belastet,dass die Grundschule die Vermittlungsfunk-tion für die weiterführenden Schulen er-hielt.Nach dem zweiten Weltkrieg 1945 entwi-ckelte die Grundschule keine neuen Impul-se, die Erziehung im Vor- und Grundschul-alter wurde in der Öffentlichkeit wenigbeachtet.

Erst Mitte der 60er Jahre erreichte eine er-neute Reformdiskussion, die zunächst diegymnasiale Oberstufe umfasste, auch denKindergarten und die Grundschule. Die Er-kenntnisse der Humanwissenschaften wie-

sen eine hohe Lernbereitschaft und Lernfä-higkeit der Kinder im Vorschul- und Grund-schulalter nach. Das führte zu verstärktenFördermaßnahmen vor allem im kognitivenBereich, um die bildungspolitischen Ver-nachlässigungen der vergangenen Jahre zubeheben. Aber die Kinder, die im Mittelpunktaller Veränderungen stehen sollten, hatteman wieder einmal aus dem Blick verloren.Mit dem Grundschulkongress 1969 gründe-te sich daher der „Arbeitskreis Grundschulee.V.“, der die Zielsetzungen für eine Neuge-staltung des Schulanfangs formulierte, umdie vorhandenen Schwierigkeiten beimÜbergang in die Grundschule auszuräumen.So wurden mehr Kontinuität und eineWeiterführung der Erziehungs- und Lern-prozesse des Kindergartens gefordert. Über-prüfungen durch Schulreifetests solltenentfallen und die individuelle Förderung desKindes erhielt eine besondere Bedeutung.Kindergarten und Grundschule standen vonnun an bei allen Reformen in einem unmit-telbaren Wechselverhältnis zueinander.

Der Deutsche Bildungsrat forderte 1970 denAusbau des Kindergartens als Elementarbe-reich des Bildungswesens, zur Grundschuleals Primarstufe sollte ein gleitender Über-gang durch eine zweijährige Eingangsstufegeschaffen werden. Die Vorverlegung desSchuleintrittsalters auf das vollendete fünfteLebensjahr plante man bis 1980. Die Bun-

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desregierung und die Ständige Konferenzder Kultusminister der Länder unterstütz-ten 1970 zunächst diese Forderungen, ver-änderten allerdings 1973 im Bildungsge-samtplan ihre Zielsetzungen dahingehend,dass sie vorrangig den Ausbau des Elemen-tarbereiches betonten.

Modellversuche sollten über eine Vorver-legung der Schulpflicht entscheiden und sofinden sich Fünfjährige in Vorklassen, Ein-gangsstufen und Kindergärten. Da mit demAbschluss des Modellversuchs keine ein-deutigen Ergebnisse verbunden waren undder unglückselige Streit der beiden Minis-terien, Sozialministerium und Kultusmi-nisterium um die Zuordnung der Fünfjäh-rigen anhielt, zeichnete sich in den einzel-nen Ländern keine einheitliche Auffassungin der Zuordnung der Fünfjährigen ab.Schließlich übernahmen alle Bundeslän-der die Entscheidung der Landesregierungvon Nordrhein-Westfalen, wonach dieFünfjährigen im Kindergarten verblieben.Die Eigenständigkeit von Kindergarten undGrundschule wurde damit verstärkt,gleichzeitig aber auch die Trennung derbeiden Institutionen. Die politische Ent-scheidung beendete auch die jahrelange en-gagierte erziehungswissenschaftliche Dis-kussion um die Sicherung der Kontinuitätim Elementar- und Primarbereich.

Die Idee von einem kindgerechten Übergangblieb trotz institutioneller Trennung erhal-ten und veranlasste die einzelnen Länderre-gierungen bis in die heutige Zeit mittels Er-lasse oder Empfehlungen eine pädagogischeZusammenarbeit zu ermöglichen.22

Berufsprofil Erzieherin

Die Berufsbezeichnung Erzieher/Erzieherinwird für die Gruppe sozialpädagogischerFachkräfte verwandt, die in der Regel einesozialpädagogische Ausbildung auf derFachschulebene absolviert hat. Der Berufder Erzieherin umfasst heute die früher ge-trennten Berufe Krippenerzieherin, Kinder-gärtnerin, Hortnerin, Jugenderzieherin undHeimerzieherin. In ihrer beruflichen Arbeitkönnen Erzieherinnen sowohl in Einrich-tungen der Kleinkind- und Kindererziehungtätig werden als auch in der pädagogischenArbeit mit Kindern und Jugendlichen au-ßerhalb der Schule und des Ausbildungs-bzw. Arbeitsplatzes.23 Von Erzieherinnenwird erwartet, dass sie in ihrem Arbeitsfeldbestimmte Aufgaben wahrnehmen und die-se entsprechend dem Erziehungs-, Bil-dungs- und Betreuungsauftrag, wie er in den

22 Horn, 198223 Bundesanstalt für Arbeit, Blätter der Berufskunde,

2000

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Kindertagesstättengesetzen der einzelnenBundesländer formuliert ist und den welt-anschaulichen Grundrichtungen der Trägersignalisiert wird, gestalten.24

AufgabenErzieherinnen werden im Rahmen ihrerAusbildung dazu befähigt• in sozialpädagogischen Bereichen selbst-

ständig sozialpädagogisch mit Gruppenzu arbeiten,

• in Unterstützung oder Ergänzung zumElternhaus, Kinder und Jugendliche in ih-rer Entwicklung vielseitig zu fördern,

• Kinder und Jugendliche zu Eigenverant-wortung und Selbstvertrauen, Selbstbe-stimmung und Selbstverwirklichung zuführen,

• zu gemeinschaftlichem Verhalten undHandeln anzuhalten, ihre Entschei-dungsfreudigkeit, ihre Lernbereitschaftund ihr kritisches Urteilsvermögen zustärken,

• Kinder und Jugendliche zu geistiger Be-weglichkeit und schöpferischem Tun an-zuregen.

Im Rahmen der Arbeit in Tageseinrichtun-gen für Kinder, d.h. in sozialpädagogischenEinrichtungen wie Kinderkrippe, Kinder-

24 Militzer/Demandewitz/Solbach, 1999

gärten, Kindertagesstätten hat die Erziehe-rin vorrangig familienergänzende und -un-terstützende Aufgaben. Dieses Aufgabenpro-fil hat sich auf dem Hintergrund gesell-schaftlicher Wandlungen herauskristalli-siert, die auch die Familie tangieren. Die An-regungen des Elternhauses reichen heutefür eine optimale Förderung der Kinder oftnicht mehr aus.In den Tageseinrichtungen für Kinder (inden Kitas) ist es Aufgabe der Erzieherin, einpädagogisches Arrangement zu schaffen, be-stehend aus Anregungen und Lernimpul-sen, so dass das noch nicht schulpflichtigeKind vielfältige Erfahrungen sammelnkann. Dabei greift die Erzieherin die alters-spezifische Entwicklung und die bis dahingemachten Erfahrungen der Kinder auf undbietet sich den Kindern als Entwicklungsbe-gleiterin an. Sie ermöglicht planvoll neueLernanregungen, wobei sie das besondereSpiel- und Lernbedürfnis der Kinder dieserAltersstufe berücksichtigt.Die Erzieherin muss den Lern- und Erfah-rungsraum der Kinder so gestalten, dass siesich geborgen fühlen, Vertrauen zu sich undanderen gewinnen, freiwillig und mit Freu-de spielen, erkunden und arbeiten sowiemiteinander und mit Erwachsenen Freund-schaft schließen. Sie sollen zu vielseitigerAuseinandersetzung mit sich und ihrer Um-welt befähigt und herausgefordert werden.Das planvolle Vorgehen der Erzieherin un-

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terstützt die zunehmende Fähigkeit der Kin-der zu eigenaktivem, selbst gesteuertemHandeln.25

TätigkeitsmerkmaleDas Arbeitsfeld der Erzieherin erfordertmehr als nur Freude an der Arbeit undGeschick im Umgang mit Kindern. Sozial-pädagogische Probleme (entwicklungs-gestörte Kinder, Kinder aus belastetenFamiliensituationen, Kinder mit Migrati-onshintergrund) werden bereits in Tages-einrichtungen für Kinder deutlich. Aufdiesem Hintergrund werden die Aufgabenvielfältiger und schwieriger. Schwerpunkteder Tätigkeiten einer Erzieherin sind dieBeobachtung und die Analyse von Bedin-gungen pädagogischen Handelns sowie diePlanung und Gestaltung der pädagogischenArbeit mit dem Ziel, die Tageseinrichtungenzu einem Lebens- und Erfahrungsraum fürKinder und Familien einzurichten. Dadurchverändert sich die Arbeit der Erzieherin vonfür die Kinder hin zu mit den Kindern arbei-ten, lernen, erleben.

Die Tageseinrichtung für Kinder als Lebens-und Erfahrungsraum für Kinder und Fami-lien einzurichten, heißt für die Erzieherin,den Alltag mit Kindern zu organisieren und

25 Bundesanstalt für Arbeit, Blätter zur Berufskunde,2000

zu gestalten. Dabei steht das Kind mit seinerLebenssituation und seinen Bedürfnissenim Mittelpunkt aller Überlegungen. Die Er-zieherin ist für die Bedingungen zuständig,unter denen Lernprozesse stattfinden. DieOrientierung an inhaltlichen Vorgaben inForm von Lehrplänen spielt in Tageseinrich-tungen für Kinder keine Rolle, so dass die Er-ziehungsziele – unter Einbezug von Eltern –aus der aktuellen Situation vor Ort abzulei-ten und zu legitimieren sind, d.h. aus denLebensbedingungen und Vorerfahrungender Kinder sowie den Bedingungen des Ein-zugsgebietes. Auf diesem Hintergrund istein pädagogisches Konzept zu erarbeiten,als Leitfaden für die Arbeit, das der Lebens-situation von Kindern und ihren Familien,den Bedingungen der Einrichtung, den Er-fordernissen des Einzugsgebietes ent-spricht. Die Erzieherin ist u.a. aufgefordert,angesichts veränderter Lebensbedingungendie Teilhabe von Kindern am Leben ihresWohngebietes zu unterstützen und zu för-dern. Diese verantwortungsvolle Aufgabekann die Erzieherin nicht allein, sondernnur in enger Zusammenarbeit mit anderenErzieherinnen und Fachleuten bewältigen.Ihre Tätigkeit ist zudem dadurch gekenn-zeichnet, dass sie weitgehend selbstständig,zum Teil mit anderen Erzieherinnen, übereinen längeren Zeitraum mit einer Gruppevon Kindern zusammenlebt. Über eine Öff-nung der Tageseinrichtung bringt sich die

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Erzieherin darüber hinaus mit ihrer Arbeitstärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit,was dazu beiträgt, das Ansehen von Erziehe-rinnen zu verbessern.

AusbildungDie Ausbildung zur Erzieherin erfolgt über-wiegend in Vollzeitform. Zahlreiche Ausbil-dungsstätten setzen in der Regel im zweitenJahr besondere Akzente und Schwerpunkte,zum Beispiel auf den Elementarbereich oderdie Heimerziehung. In den meisten Bundes-ländern besteht auch die Möglichkeit, un-ter bestimmten Voraussetzungen die Ab-schlussprüfung zur Erzieherin als Schul-fremde oder Externe durchzuführen, ohnedass eine staatlich anerkannte Fachschulefür Sozialpädagogik besucht worden ist.An die zweijährige schulische Ausbildungin einer Fachschule für Sozialpädagogikschließt sich ein einjähriges Berufsprakti-kum an, das an der Fachschule betreut wird.Schulische Voraussetzung für die Zulassungzur Fachschule für Sozialpädagogik, an derErzieherinnen ausgebildet werden, ist in derRegel der mittlere Bildungsabschluss, d.h.das Abschlusszeugnis der Realschule, oderein diesem mindestens gleichwertiger Bil-dungsabschluss.

FortbildungAuf dem Hintergrund der vielfältigen Aufga-ben der Erzieherin kann während der zwei

Jahre an der Fachschule und des einjährigenBerufspraktikums nur eine Grundausbil-dung erfolgen. Daher ist die persönlicheFortbildung z.B. durch Teilnahme an Ar-beitskreisen und Fortbildungsseminarensowie systematische Weiterbildung unver-zichtbar. Das gilt nicht nur für Erzieherin-nen, die sich für bestimmte sozialpädago-gische Berufsfelder spezialisieren wollen,sondern für alle Erzieherinnen, um auf derHöhe der Zeit die pädagogische Arbeitgestalten zu können. Voraussetzung fürWeiterbildung ist in der Regel die staatlicheAnerkennung als Erzieherin und eine an-schließende mindestens einjährige prakti-sche Tätigkeit in sozialpädagogischen Ein-richtungen.

Entwicklung des BerufsbildesLange Zeit war das Leitbild der Kindergärt-nerin die verständnisvolle, treu sorgende,musisch begabte und mehr gefühlsmäßighandelnde Mutter. Orientiert an diesemLeitbild wurde sie quasi neben der Mutterstehend zur (Kindergarten-)Tante. Die mitdieser Ausrichtung verbundene Feminisie-rung des Berufes wurde dadurch noch ver-stärkt, dass er für lange Zeit eine der wenigenMöglichkeiten zur beruflichen Emanzipati-on der Frau darstellt. Mit steigender Indust-rialisierung und fortschreitender Demokra-tisierung wuchs die Bedeutung der Erzie-hung für die Lebens- und Berufschancen des

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Einzelnen. Dadurch verschob sich der sozi-alpflegerische Charakter der Einrichtungenimmer mehr zu Gunsten von Bildungsauf-gaben, die der Kindergarten wahrzunehmenhat. Er soll dazu beitragen, die begrenztenErfahrungen und Möglichkeiten der häusli-chen Erziehung zu ergänzen. Mit dieser Ent-wicklung geht die Notwendigkeit eines ge-wandelten beruflichen Selbstverständnissesder Erzieherin und ihrer Arbeit einher: Von

der mütterlichen Kindergärtnerin hin zurfachlich kompetenten Pädagogin. Die seit1970 eingeführte Berufsbezeichnung Erzie-herin entspricht diesem Wandel im berufli-chen Selbstverständnis und im Aufgaben-profil. Verfolgt man jedoch die Entwicklungder Kleinkind- und Sozialpädagogik von An-beginn an, so muss herausgestellt werden,dass ständig um die Konturen eines ange-messenen Berufsbildes für Pädagogen in die-

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sem Feld gerungen wurde – eine Anstren-gung, die auch heute noch nicht abgeschlos-sen ist.

Gegenwärtige SituationDer Beruf der Erzieherin hat sich inzwi-schen gut etabliert. Die Zahl der Beschäf-tigten ist in den letzten Jahren sehr ange-stiegen. Seit 1974 hat sich die Zahl der inKindertageseinrichtungen tätigen Personenmehr als verdoppelt. Zur zahlenmäßigenAusweitung des Erzieherberufes hat primärder Rechtsanspruch auf einen Kindergar-tenplatz beigetragen, der mit einem erheb-lichen Ausbau an Kindergartenplätzen ein-herging und neue Erzieherarbeitsplätzeschuf.Auf dem Hintergrund sich wandelnder Le-benssituationen von Kindern und Familienist es nach dem Kinder- und Jugendhilfe-gesetz eine Aufgabe der Kindertagesein-richtungen, eine kind- und familiengerechtesoziale Dienstleistung anzubieten mit mög-lichst viel Mitgestaltung von Kindern undFamilien. Dieser Auftrag der Kitas trägt dazubei, dass sich das Aufgabenspektrum der Er-zieher erweitert und ausdifferenziert. Eswird heute ein anspruchsvolles fachlichesProfil in der Praxis der Kindertageseinrich-tungen erwartet.

Zum gewandelten Berufsprofil der Erziehe-rin gehört neben der Arbeit mit Kindern das

Knüpfen von sozialen Netzen für Kinder undFamilien. Ferner steht angesichts der ver-schiedenen Herkünfte und kulturellen Hin-tergründe der Kinder auch die Konzeptioneiner alle Kinder ansprechenden interkultu-rellen Praxis an. Es entwickelt sich ein Berufmit neuen Gestaltungsmöglichkeiten, derden Handlungsrahmen, den das traditionel-le Berufsbild abgesteckt hat, bei weitemübersteigt. Es sind immer mehr gefragt• planerische Kompetenz,• sozialpolitischer Durchblick,• strategisches Handlungsvermögen,• Durchsetzungskraft,• Formulierungskompetenz und• die Fähigkeit, Anliegen von Kindern in

der Öffentlichkeit zu vertreten.

Mit dieser breiteren sozialpädagogischenAusrichtung zielen die pädagogischen An-forderungen ein Berufsprofil an, das im eu-ropäischen Vergleich den Bestrebungen inskandinavischen Ländern und auch in Groß-britannien nahe kommt. Es unterscheidetsich deutlich von einem eher lehrerähnli-chen Profil, wie es beispielsweise in Frank-reich und Belgien in langer Tradition ge-wachsen ist.26

26 Colberg-Schrader, 2000

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Berufsprofil Lehrer/Lehrerin

Die Berufsbezeichnung Lehrer/Lehrerin hatihre Wurzeln in dem Wort „lehren“. Die Be-deutung des Wortes Lehren lässt sich um-schreiben mit „wissend machen“, „erfahrenhaben“, „erwandert haben“ oder „auf derSpur sein“. Reste des Wortstammes findensich auch in „Geleise“ und „leisten“, sowieim Wort „List“ im Sinne von Klugheit. Damitwäre der Lehrer der Wissende, der Gelehrte,der andere wissend machen kann. Er hebtsich mit seinem berufsmäßigen Lehrertumvom natürlichen Lehrertum ab, das wir z.B.im häuslichen Miteinander der Familie ken-nen. Sein berufsmäßiges Lehren soll erzie-hend und bildend sein und ist daher immereingebunden in einen Sinnhorizont, der ge-schichtlich variiert. So finden wir im abend-ländischen Raum zunächst ein stark religiösgeprägtes Lehrerbild, das sich durch Karlden Großen verändert. Neben Klosterschu-len entwickeln sich Stadtschulen mit einerstärker gesellschaftlich orientierten Zielset-zung.Die Entwicklungsgeschichte der „Lehrerin-nen“ geht auf die Äbtissin Lioba zurück (710-782), die als „erste Lehrerin Deutschlands“bekannt ist. Die weltlichen „Lehrfrauen“ ge-hören mit den Lehrern zur Zunft der Hand-werktreibenden. Die Aufgaben des Lehrersbeschreibt erstmalig Comenius (1592-1670). In Preußen wird 1763/65 die Schul-

ordnung und die Position des Lehrers neudefiniert. Es entwickelt sich der eigeneBerufsstand des staatlich geprüften Volks-schullehrers. Mit der Einführung der Demo-kratie als Staatsform ist auch für Lehrerin-nen eine staatliche Anstellung möglich. DasBildungswesen des jungen deutschen Staa-tes erhält ab 1918 den gesetzlichen Auftrag,zu demokratisieren und das Grundrecht aufBildung verfassungsmäßig zu sichern.In den 70er Jahren wurde die Lehrerausbil-dung auf eine wissenschaftliche Grundlagegestellt und aus den pädagogischen Institu-ten wurden pädagogische Hochschulen.

AufgabenIn jeder Gesellschaft stellt sich die Aufgabe,dem Nachwuchs das notwendige Wissenund Können zu vermitteln, ihn in die gel-tenden Sitten und Wertordnungen einzu-führen. Mit der stärkeren gesellschaftlichenDifferenzierung wachsen auch die Anforde-rungen an den Lehrer/die Lehrerin. DieAufgaben des Lehrers wandeln sich daherentsprechend der gesellschaftlichen Erwar-tungen. In den 70er Jahren betonte manstärker die Bedeutung der didaktischenStruktur und der einzelnen Unterrichtsfak-toren für einen gelingenden Lernprozess.Dem Lehrer/der Lehrerin fiel dabei die Rollezu, die Lernprozesse anzuregen, in Gang zusetzen und zu steuern. Die erzieherischeKompetenz war weniger gefragt.

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In den 80er Jahren erkannte man, dass manbei diesem Ansatz die Bedeutung der Persondes Lehrers und der Lehrerin verkannt hat-te. Folglich formulierte man: Das wichtigsteCurriculum ist die Person des Lehrers, denndie Bedeutung eines Unterrichtsgegenstan-des erschließt sich nur über ihn. Damit wareine große Erwartung an die Persönlichkeitdes Lehrers gestellt.

Die gegenwärtige Diskussion zielt in eine an-dere Richtung. Damit der Schüler nicht vonden Lernanforderungen der Schule „über-wältigt“ wird, wird er selbst als Subjekt sei-nes Lernens angesehen und angesprochen.Schülerinnen und Schüler sollen lernen,eigenständig zu lernen und Lernprozesseselbst zu steuern. Damit verändert sich dieRolle der Lehrkraft. Ihr Platz ist nicht längerauf dem „Katheder“, sondern neben denSchülerinnen und Schülern. Gefragt ist dieKompetenz des Fachexperten und des Bera-ters. Dieser Prozess verläuft individuellhöchst unterschiedlich und soll vom Lehrerproduktiv für die Unterrichtsgestaltung ge-nutzt werden.Mit Lehren und Unterrichten verbinden wirheute daher vielfältige Erfahrungen undAufgaben: Der Lehrer gibt dem Schüler Hil-festellung bei der Auswahl und Bewältigungder vielen Informationen. Er ermöglicht Pri-märerfahrungen mit Sachverhalten und för-dert die gesamtseelische Erlebnisfähigkeit

des Schülers. Außerdem gibt er Anregungzur Eigengestaltung und zum selbsttätigenLösen von Problemen. Der Lehrer lässt Fer-tigkeiten körperlicher und geistiger Artgezielt üben und führt in die Methoden desLernens ein. Er befähigt die Schüler zumselbsttätigen Weiterlernen und weckt dabeidie Lernfähigkeit des Schülers.Neben der Unterrichtsarbeit ist die Erzie-hungsarbeit für die Lehrerinnen und Lehrerschwieriger geworden. Die heutige Schüler-generation wird oft beschrieben als undiszi-pliniert und aggressiv, sie zeigt aufgrundunterschiedlicher sozialer und ethnischerHerkunft eine sehr ungleiche Prägung. Auf-gabe des Lehrers ist es daher, die Auseinan-dersetzung der Kinder mit ihrer sozialräum-lichen Umwelt zu initiieren, damit die Kin-der lernen, mit den raumzeitlichen Bedin-gungen ihres Alltagslebens ihr soziales Mit-einander zu regeln und zu organisieren.

Die Aufgabe des Führens ergibt sich daraus,dass der Lehrer eine ganze Klasse vor sichhat. Es bedarf eigener Maßnahmen und be-sonderer Fähigkeiten, die einzelnen Schülerzur Gruppe zu formen, sie zu freudiger Mit-arbeit, diszipliniertem und verantwortli-chem Gemeinschaftsverhalten zu gewin-nen. Die Klasse soll außerdem in die größeresoziale Einheit der Schule eingegliedertwerden ohne dabei den Einzelnen zu über-sehen.

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Das Beraten steht in engem Zusammenhangmit dem Unterrichten und Erziehen. ImEingehen auf die ganz individuellen Bedin-gungen hilft der Lehrer aufgrund seiner viel-seitigen Fachkenntnisse bei der Klärung desEinzelfalles und der zu treffenden Entschei-dungen.Mit dem Beurteilen fällt dem Lehrer eine be-sonders schwere Aufgabe zu, die er gegen-über den Schülern, deren Eltern und Teilender Öffentlichkeit zu leisten hat. In vielenkleinen Äußerungen des Schulalltags wieauch in Zeugnissen mit Urkundencharakterfällt er über Lernleistung und Verhalten sei-ner Schüler Urteile, die von weittragenderWirkung für deren weiteres Leben sein kön-nen.

In all diesen Aufgaben ist der Lehrer Mittlerzwischen erwachsener und junger Genera-tion, zwischen der Gesellschaft und demEinzelnen. Er erfüllt den Auftrag der Gesell-schaft, indem er den Einzelnen dazu befä-higt, Verantwortung zu übernehmen undeinen Beitrag zum Ganzen zu leisten.Indem er sich sozial benachteiligten Kin-dern besonders zuwendet, fördert er sozialeGerechtigkeit und Integration. Durch Mit-verantwortung und humane Formen derKonfliktbewältigung bahnt er Einstellun-gen und Verhaltensweisen an, die insgesamtzur Humanisierung der Gesellschaft beitra-gen sollen.

Eine wesentliche Aufgabe des Grundschul-lehrers ist es, die Kinder an das gemeinsameLeben und Lernen im schulischen Rahmenzu gewöhnen, sie zur Beherrschung der Kul-turtechniken anzuleiten und ihnen grund-legende Fragestellungen der verschiedenenFächer aufzuschließen. Zugleich sollen dieKinder die Grundschuljahre als eine Zeit fro-hen und sinnvoll erfüllten Kinderlebens er-fahren und damit eine gute Vorbereitung fürdie weiterführenden Schulen erhalten. Dersoziale Ausgleich und die soziale Integrationsind in der Grundschule von besonderer Be-deutung.

TätigkeitenLehrer unterrichten eine Klasse mit durch-schnittlich 20 bis 30 Schülern. Die Unter-richtszeit ist der Vormittag, an Ganztags-schulen ist der Lehrer auch am Nachmittagals Ansprechpartner anwesend und erledigtdort dann seine Vor- und Nachbereitungen.Die Tätigkeit des Grundschullehrers er-streckt sich auf alle oder doch die meistenFächer. Dies sind die mehr rational betontenFächer: Sachunterricht, Deutsch und Ma-thematik und im musischen Bereich dasSingen und Musizieren, das bildnerische Ge-stalten, aber auch Sport oder Schwimmen.Die Erteilung des Religionsunterrichtes istkeine Pflicht.Diese vielseitigen Anforderungen könnennegativ als auch positiv gesehen werden. Das

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besondere Interesse gilt dem lernendenKind und seiner Auseinandersetzung mitder Sache. Dies ist Gegenstand der Didaktikin dem pädagogischen Studium und führt zuKenntnissen in angemessenen Unterrichts-verfahren und Unterrichtsformen. Eine guteUnterrichtsgestaltung stellt eine organisa-torische Leistung dar und erfordert eine Rei-he von Unterrichtstechniken. Die Unter-richtsgestaltung ist immer eine persönlicheLeistung des Lehrers.

Mit dem Unterrichten wird die erzieherischeTätigkeit des Lehrers verbunden. Er hilft denKindern, sich in die Gruppe einzufügen undsorgt für rücksichtsvolles Benehmen, Ord-nung und zuverlässige Arbeitsweise. Erweckt die Lernfreude der Kinder, führt dieKinder zu Lernerfolgen, lobt und straft, be-lehrt und warnt, ermuntert und weist zu-recht. Der Lehrer sorgt für eine ansprechen-de Gestaltung der schulischen Umgebung,organisiert besondere Unternehmungenund schafft eine heitere und anregende At-mosphäre.Er bemüht sich, wenn nötig, um Einzelfall-hilfe, weiß um die sozialpsychologischen Er-scheinungen des Gruppenlebens und kenntgeeignete Maßnahmen und Fähigkeitenzum Führen einer Klasse. Er weiß um diekörperlichen Belastungen des Schulalltagsfür die Schüler und agiert bzw. reagiert ent-sprechend.

Weitere Pflichten des Lehrers/der Lehrerin:• Teilnahme an Konferenzen und Bespre-

chungen außerhalb des Unterrichts• Mentorentätigkeit bei der Ausbildung

junger Kollegen• Entwurf eines Jahreslehrplanes mit Mo-

nats- und Wochenzielen• Tägliche sachliche und methodische Vor-

bereitung• Ständige Kontrolle der Schülerleistun-

gen durch Führung von Lehrnachweisen,Schülerbogen

• Zusammenarbeit mit dem Schularzt, demSchulpsychologen, dem Berufsberaterund Sozialarbeitern

• Sprechstunden, Elternabende und Haus-besuche

AusbildungBildungsvoraussetzungen für Lehrkräfte:• Allgemeine Hochschulreife• Unter Umständen fachgebundene Hoch-

schulreife oder Begabten-Sonderprüfung• Persönliche Eignung• Gesundheitliche Tauglichkeit• Nachweis deutscher Staatsangehörigkeit

Inhalt des Studiums:• Erziehungswissenschaftliches Grundstu-

dium• Fachwissenschaftlich-fachdidaktisches

Studium• Schulpraktische Ausbildung

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Nachweise und Prüfungen:• Prüfungsordnungen der Länder und Stu-

dienordnungen der Hochschulen regelnPflichtveranstaltungen, Referate undschriftliche Ausarbeitungen

• Erste Lehramtsprüfung als Abschluss desersten Ausbildungsteils

• Zweite Lehramtsprüfung nach Vorberei-tungsdienst als Referendar

• Abschließende Befähigung zur Anstel-lung auf Lebenszeit nach Beamtengesetzab 27. Lebensjahr

FortbildungEine Form der Lehrerfortbildung ist dieschulinterne Fortbildung, SCHILF genannt.Sie kann von einer kleinen Gruppe, einemTeilkollegium oder dem Gesamtkollegiumrealisiert werden. Je nach Bedürfnislage gibtes verschiedene Möglichkeiten:• Die Pädagogische Konferenz ist eine Son-

derform der Lehrerkonferenz und gehtüber die Grenzen einer bloßen Bespre-chungskonferenz hinaus. Erörtert wer-den Themen, die für die Beteiligten päda-

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gogisch bedeutsam und notwendig sind.In dieser nachmittäglichen Veranstaltungvon maximal drei bis vier Stunden könnennur Fortbildungswege eingeleitet, nichtaber abgeschlossen werden.

• Pädagogischer Tag oder Studientag sindderzeit in den meisten Bundesländern dieHauptformen schulinterner Lehrerfort-bildung.

• Systemberatung bedeutet, dass Fragenund Probleme durch Klärungshilfe vonaußen unterstützt werden. Die Schule alsSystem oder das Kollegium als Teilsystemsteht im Mittelpunkt der Beratung, inten-sive Analyse der Schwierigkeiten ermög-licht umfassende und vielfältige Interven-tionen.

• Organisationsentwicklung ist nicht iden-tisch mit den Zielen von SCHILF. Ziel derOrganisationsentwicklung ist die Verbes-serung der humanen Arbeitsbedingungenund die Erhöhung der Effizienz schuli-scher Leistungen.

Gegenwärtige SituationMit dem Wandel der Kindheit und der Kin-derwelten haben sich auch die Ziele und Me-thoden des Grundschulunterrichts ändernmüssen. Der Traum des Bischofs JohannAmos Comenius, die Kinder könnten wieexerzierende Soldaten im Gleichschritt ler-nen, ist endgültig ausgeträumt. Die Unter-schiedlichkeit der Kinder erfordert zieldiffe-

rentes Lernen, um die Förderung aller Kin-der zu erreichen. Unsere Grundschule wirdimmer wieder kritisiert. Die einseitige Beto-nung fachwissenschaftlicher und fachdidak-tischer Ansprüche kennzeichnet oft nochdas Rollenverständnis der Lehrerin/des Leh-rers. Fachwissen ist der Dreh- und Angel-punkt in der Lehrerausbildung als auch inder Unterrichtspraxis. Methodische und so-ziale Zielsetzungen treten demgegenüberdeutlich zurück. Die Methodik der Schülerwird eher als deren Privatsache angesehen.Lehrpläne und Schulbücher fördern die ein-seitige Fixierung auf die Stoff- bzw. Wissens-vermittlung, die in der Regel mit direktivem,also lehrerzentriertem Verfahren einher-geht. Wirkliches fachliches Lernen stehtund fällt aber mit der Methodenbeherr-schung, der Teamfähigkeit und der Ge-sprächskompetenz der Schüler. Der Lehr-stoff muss möglichst aktiv und anschaulichstrukturiert aufgenommen werden, wennsich Kenntnisse und Erkenntnisse nachhal-tig einprägen sollen.Aber einige Grundschullehrerinnen undGrundschullehrer haben selbst begonnen,ihre Schule in die Hand zu nehmen und um-zugestalten: mit neuen lebensweltbezo-genen Unterrichtsthemen, mit aktivieren-den, zur Selbstverantwortung befähigendenUnterrichtsmethoden und mit der Öffnungder Schule zu Umwelt, Natur und Gemein-wesen.

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Mit kritischer Neubesinnung auf die Rolleals Lehrerin und Lehrer wurden in schulin-ternen Fortbildungen standortbezogeneSchulprogramme und Schulprofile erarbei-tet.Um Schule und Unterricht zeitgemäßer, ef-fektiver und entlastender zu gestalten wirdaber an der Forderung nach grundlegenderSanierung des Bildungssystems festgehal-ten. Schulen müssen intern Mittel und Wegefinden, um sich selbst aus der Misere zu zie-hen.Die Zukunft beginnt in der Grundschule,hieß es schon 1996. Zwei Leitlinien sind seitdem zu verzeichnen: Zum einen geht es da-rum, die Grundschule durch ausgeweiteteund verlässliche Zeiten für die Alltags- undBerufsplanung der Familien, insbesondereder Frauen, kalkulierbar zu machen. Zumanderen gibt es Bemühungen, dem selbst-ständigen Lernen der Kinder stärkeres Ge-wicht zu verleihen.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Kindertageseinrichtung

Aufgaben und ZieleZur Frage nach den Aufgaben und Zielen desKindergartens gibt das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG) mit seinem § 22 eine ers-te Auskunft. Danach soll in Kindergärten dieEntwicklung des Kindes zu einer eigenver-antwortlichen und gemeinschaftsfähigenPersönlichkeit gefördert werden. Die Aufga-be umfasst die Bildung, Erziehung und Be-treuung des Kindes. Das Leistungsangebotsoll sich pädagogisch und organisatorisch anden Bedürfnissen der Kinder und ihrer Fa-milien orientieren. Bei der Wahrung ihrerAufgaben sollen die in der Einrichtung täti-gen pädagogischen Fachkräfte und andereMitarbeiter mit den Erziehungsberechtig-ten zum Wohl der Kinder zusammenarbei-ten. Die Erziehungsberechtigten sind an denEntscheidungen in wesentlichen Angele-genheiten der Tageseinrichtung zu beteili-gen.

Diese Grundaussagen zu den Aufgaben undZielen der Kindertageseinrichtungen sind inden jeweiligen Ausführungsgesetzen derBundesländer zum Kinder- und Jugendhil-fegesetz (KJHG), in den Kindertagesstätten-gesetzen weiter ausdifferenziert und näherbestimmt.

14 Zum Weiterlesen:

Kalb, Peter E. (Hrsg.): Die Schule entwickeln, Beltz-Verlag, Weinheim/Basel 2001.

Haarmann, Dieter/Kalb, Peter E. (Hrsg.): Grund-schule 2000, Beltz-Verlag, Weinheim/Basel 1999.

Bundesanstalt für Arbeit: Blätter zur Berufskunde –Lehrer/Lehrerin an Grund- und Hauptschulen,Nürnberg/Bielefeld.

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Institution, Trägerschaft, AufsichtKindergärten und Tageseinrichtungen fürKinder, auch Kindertageseinrichtungen(Kita) genannt, sind Tageseinrichtungen,die überwiegend Kinder vom vollendetendritten Lebensjahr bis zum Beginn derSchulpflicht aufnehmen. Neueste Entwick-lungen führten aber dazu, dass in manchenKindertagesstätten schon unter Dreijährigeaufgenommen werden.Der Kindergarten hat einen eigenständigenErziehungs- und Bildungsauftrag. Die Ei-genständigkeit ergibt sich aus der Eigenartder Kinder dieser Altersgruppe. Die Kinderwerden im Kindergarten altersgemischt be-treut, gefördert, erzogen und gebildet. DerKindergarten bietet Kindern einen Lebens-und Erfahrungsraum, der ihnen neue Lern-und Interaktionsfelder eröffnet und so ihreEntwicklung positiv stimuliert. Der Kinder-garten ist eine familienergänzende und fa-milienunterstützende Institution und hatseinen Bildungsauftrag im ständigen Kon-takt mit dem Elternhaus wahrzunehmen.Der Besuch des Kindergartens ist freiwillig,eine Kindergartenpflicht gibt es nicht. SeitEinführung des Rechtsanspruchs auf einenKindergartenplatz (in Kraft getreten 1996)ist die Zahl der Kindergartenplätze sehrausgeweitet worden, so dass eine hohe Ver-sorgungsquote mit Kindergartenplätzen in-zwischen erreicht werden konnte. Für denBesuch des Kindergartens wird ein Eltern-

beitrag erhoben, der bezüglich der Höhe undder Bemessungsgrundlage in den einzelnenBundesländern unterschiedlich ist. Die Öff-nungszeiten sind in den letzten Jahren zu-nehmend am Bedarf der Eltern orientiertworden.Träger von Kindergärten sind die örtlichenTräger der öffentlichen Jugendhilfe, diesonstigen kreisangehörigen Gemeinden undGemeindeverbände sowie die anerkanntenTräger der freien Jugendhilfe. AnerkannteTräger der freien Jugendhilfe sind die Kir-chen und Religionsgemeinschaften des öffent-lichen Rechts sowie die auf Bundesebenezusammengeschlossenen Verbände der freienWohlfahrtspflege. Die Gruppenstärke beträgtin Kindergärten 25 Kinder, in Kindertages-stättengruppen mit größerer Altersmischungoder Integrationsgruppen 20 Kinder.

EinzugsbereichDie Planungsverantwortung für die Einrich-tung von Kindergärten (Tageseinrichtun-gen) obliegt dem örtlichen Träger der öffent-lichen Jugendhilfe (Jugendamt). Die Pla-nung ist darauf auszurichten, dass in jedemWohnbereich ein dem Bedarf entsprechen-des Angebot an Tageseinrichtungen für Kin-der in zumutbarer Entfernung bereitgestelltwird. Der Weg von der Wohnung zum Kin-dergarten soll grundsätzlich nicht mehr Zeitals 15 bis 20 Minuten Fußweg in Anspruchnehmen.

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Gemeinschaftsbezogenheit einer Gruppeentsprechen. Es hat sich für jede Gruppeeine Fläche von 68 m² als angemessen er-wiesen. „Eine differenzierte Gestaltung derRäume regt Kinder zu unterschiedlichenAktivitäten an, ermöglicht nebeneinanderEinzelaktivitäten und Aktivitäten in kleine-ren Gruppen, erlaubt Angebote der Erziehe-rin neben dem freien Spiel der Kinder,schafft Freiräume für selbstständiges Han-deln und hält Ruhe- und Rückzugsmöglich-keiten für Kinder bereit.“ 27

AußenspielbereichAngesichts des eingeschränkten Spielraumswird den Kindern im Kindergarten eine aus-reichende Außenspielfläche angeboten. Aufdiese wird nur verzichtet, wenn sie am Ge-bäude nicht bereitgestellt werden kann. DieAußenspielfläche muss den unterschiedli-chen Aktivitäten der Kinder entsprechen,ihr Bewegungs-, Erkundungs- und Spielbe-dürfnis befriedigen und ihre Motorik entwi-ckeln und differenzieren. Die Gestaltung istder Altersstufe entsprechend vorzunehmen.

Erzieher-Kind-SchlüsselWie viele ausgebildete pädagogische Fach-kräfte in einer Gruppe tätig sind, variiert vonBundesland zu Bundesland. In Nordrhein-Westfalen muss in jeder Kindergruppe ne-

27 Militzer/Demandewitz/Solbach, 1999

Raum/GrößeEin Kindergarten muss über eine hinrei-chende Anzahl von geeigneten Räumen ver-fügen. Die erforderliche Fläche ist abhängigvon der Zahl der Gruppen und von dem Alterder zu betreuenden Kinder. Als erforderlichhat sich für jede Gruppe eine eigene Spiel-,Bewegungs- und Funktionsfläche erwiesen.Die Räume sollen dabei so angeordnet sein,dass sie sowohl ihrer Funktion als auch der

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ben der Gruppenleiterin eine Ergänzungs-kraft oder eine Berufspraktikantin tätig sein.In eingruppigen Einrichtungen sind zweisozialpädagogische Fachkräfte erforderlich.Andere Einrichtungsarten bzw. Gruppenar-ten, die in Kombination mit Kindergarten-gruppen möglich sind, wie zum Beispielkleine altersgemischte Gruppen für Kindervon vier Monaten bis zum Beginn der Schul-pflicht, erhalten außer der Gruppenleiterinund der Ergänzungskraft eine zweite Fach-kraft.

ZeitDie Planung im Kindergarten muss den ge-samten Tagesablauf umfassen. Im Unter-schied zur Schule kennt der Kindergartenkeine Tätigkeiten, die zu einer bestimmtenZeit oder in einer bestimmten Zeiteinheitdurchzuführen sind. Es gibt nur wenige Ak-tivitäten, die aus organisatorischen und pä-dagogischen Gründen zu einer bestimmtenZeit für die gesamte Gruppe in Frage kom-men. Ein starrer Tagesablauf nach einem be-stimmten Schema würde eine starke Füh-rung durch die Erzieherin erfordern und dieEigeninitiative der Kinder weniger zum Tra-gen kommen lassen. Das Tagesgeschehen istvielmehr an den gesetzten Zielen, die zumBeispiel ein längeres thematisches Projektdominieren, zu orientieren. Die Kinderbrauchen ausreichende und zusammenhän-gende Zeitspannen für das Spiel und andere

Aktivitäten. Zeitliche Flexibilität im Tages-ablauf trägt dazu bei, dass sich neben Spon-taneität und Aktivität Spielprozesse übereinen längeren Zeitraum hin entwickeln.Außerdem verhindern starre zeitliche Re-geln, dass die Kinder ihren eigenen Rhyth-mus von Aktivität und Ruhe finden können.

Pädagogisches KonzeptAls pädagogisches Konzept dominiert inDeutschland (noch) der Situationsansatz. Eskommen aber auch Sonderformen vor, diesich an klassischen (Waldorf, Montessori)und neueren Konzepten (Reggio) orientie-ren. Internationale frühpädagogische Kon-zepte sind in der Praxis der Kindergärten sogut wie nicht verwirklicht und werden aucherst zunehmend diskutiert.28 Die Dominanzdes Situationsansatzes geht auf die Bildungs-reform zurück. Wie im Bildungswesen insge-samt sollen auch vor der Schule Curricula –verstanden als neue Inhalte und neue Lern-formen – den Kern der Reform bilden. Der Si-tuationsansatz ist ursprünglich ein Konzeptder Curriculumreform. Situationsansatzheißt im eigentlichen Wortsinn: von Lebens-situationen ausgehend. Für das situationsbe-zogene Konzept ist grundlegend, von Lebens-situationen und Grundbedürfnissen von Kin-dern auszugehen, den Alltag mit Kindern zuplanen und zu gestalten und dabei offen für

28 Fthenakis/Textor, 2000

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neu entstehende Situationen zu sein. DasPrinzip der Orientierung an der Lebenssitua-tion, den Bedürfnissen und Interessen vonKindern soll zur Grundlage der Planung undGestaltung der pädagogischen Arbeit in denverschiedenen Kindergruppen in Kindergär-ten werden. Das Konzept schließt die Arbeitmit Kindern unter drei oder über sechs Jahre,mit behinderten Kindern und mit Kindernaus zugewanderten Familien mit ein. Alltäg-liche Situation meint unterschiedlicheAspekte: Die Lebenssituation der Kinder mitihrer Biografie, ihrem familiären und sozia-len Umfeld, die aktuelle Situation mit der mo-mentanen Befindlichkeit der Kinder und dasaktuelle (Spiel-)Geschehen im Kindergar-ten.29

Der Situationsansatz berücksichtigt einekontinuierliche Zusammenarbeit mit denEltern in vielseitigen Bezügen. Zum Kon-zept des Situationsansatzes gehört die aktiveRolle der Eltern. Sie sind Experten und Mit-betroffene, wenn es um kindliche Lebenssi-tuationen und Erfahrungsbereiche geht.Ein lebensweltbezogenes Arbeitskonzeptwie der Situationsansatz führt schließlichauch zur Öffnung von Tageseinrichtungen.

29 Militzer/Demandewitz/Solbach, 1999

Die Lebenswelt auch außerhalb des Kinder-gartens wird auf dem Hintergrund diesesKonzeptes einbezogen. Ferner findet aucheine Vernetzung von Bereichen statt, diesich ebenfalls für Kinder und deren Familienengagieren. Die Aspekte Orientierung ander Lebenssituation, Vorrang des sozialenLernens, Mitwirkung von Kindern, Zusam-menarbeit mit Eltern und Öffnung zumGemeinwesen sind Eckpfeiler des Situati-onsansatzes. Durch ihn hat sich der Kinder-gartenbereich verändert und die breiteInanspruchnahme des Kindergartens durchseine Konzeption gestützt.30

Das Konzept des Situationsansatzes wird je-doch zurzeit bezüglich seiner konzeptbe-dingten Schwächen hinterfragt und disku-tiert. Es werden ihm angelastet• wissenschaftliche Defizite• Resistenz gegenüber Forschungsvorha-

ben• unbefriedigende Evaluation• bildungskonzeptionelle Mängel, das heißt

eine fehlende Anthropologie, die einseiti-ge Sicht des Kindes, das unzureichendeLernkonzept

• Fehlen einer pädagogischen Pragmatik31

30 Faust-Siehl, 200131 Fthenakis, 2000

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Ein Blick in die PraxisHövelhof ist eine Stadt mit ca. 16.000 Einwoh-nern zwischen Paderborn und Bielefeld. Im Ortgibt es acht Kindergärten mit insgesamt 515Plätzen. Der katholische Kindergarten St. Jo-hannes liegt mitten im Zentrum an der Haupt-schule, zwischen Rathaus und Pfarrkirche,umgeben von Mietshäusern, sozialem Woh-nungsbau und Geschäftshäusern. Als einerder ersten Kindergärten im Ort besteht er seitüber 40 Jahren. Im Jahre 2001 ist die Einrich-tung grundlegend renoviert und erweitert wor-den. Jetzt verfügt sie über ca. 400 m² Innen-und ca. 2000 m² Außenfläche.

75 Kinder im Altern von 3–6 Jahren finden Platzin drei Gruppen. Jeder Gruppe ist neben demGruppenraum (42 m²) ein Nebenraum (20 m²)zugeordnet. Diese sind nach einem Raum-in-Raum-System ausgestattet. Podeste, verschie-dene Ebenen und Einbauten gliedern einengroßen Raum in mehrere kleine. Nach diesemKonzept setzen wir den Raum als „dritten Er-zieher“ ein. Den Kindern sind so Rückzugs-möglichkeiten geboten, sie können ähnlich wiezu Hause in verschiedenen Zimmern spielenund ihre Erfahrungen machen. Jeder Raumwird anders wahrgenommen, es variieren Grö-ße, Licht, Temperatur und Geruch. In ihrer Di-mension sind diese Räume für Kinder leichterzu überschauen und zu erobern. Sie geben soeher ein Gefühl der Sicherheit und Intimität.Alle Räume im Haus sind den Kindern weitest-gehend zugänglich. Küchen befinden sich in

allen Gruppenräumen und ermöglichen so Er-fahrungen aus dem lebenspraktischen Be-reich. Im Büro werden gelegentlich die erstenKontakte zum PC hergestellt.

Die Eltern können ihre Kinder Montag bis Frei-tag in der Zeit von 07:30–12:30 Uhr und von14:00–16:30 Uhr in unsere Einrichtung brin-gen. Morgens sollten die Kinder bis 09:00 Uhrda sein, mittags gilt eine Abholzeit von 11:45–12:30 Uhr, nach Absprache bis 13:00 Uhr. BeiBedarf werden auch Kinder über Mittag be-treut. Die Kindergärten haben eine maximaleSchließungszeit von 30 Tagen, verteilt auf daslaufende Kindergartenjahr, die in der Regel inden Schulferienzeiten liegen.Im Rahmen des Bildungsauftrages gestaltetsich die Arbeit mit den Kindern. Den Tages-verlauf bestimmen in unserer Einrichtung zuzwei Dritteln das Freispiel und einem DrittelAngebote. Im Freispiel bestimmen überwie-gend die Kinder, wo sie spielen, mit wem siespielen, was sie spielen, wie lange sie spielen.Diese Entscheidungen können nach Abspra-che auch außerhalb der eigenen Gruppe ineinem anderen Spielbereich liegen. Freispielgreift in der Regel während der Bringzeit(07:30–09:00 Uhr) und Abholzeit, darüberhinaus im Wechsel mit einem gezielten Ange-bot während des Vor- und Nachmittags. Wäh-rend des Freispieles gelten Regeln und Ab-sprachen, die der Orientierung dienen. Die Er-zieherin greift so viel wie nötig, aber so wenigwie möglich ein. Das Freispielangebot bein-

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Grundschule

Aufgaben und ZieleIm Hinblick auf die Aufgaben und Ziele derGrundschule erhalten wir eine erste Orien-tierung aus den Empfehlungen zur Arbeit inder Grundschule (Veröffentlichung der Kul-tusministerkonferenz in der Fassung vom06.05.1994). Hier wird herausgestellt, dasses Aufgabe der Grundschule ist, Kinder mitunterschiedlichen individuellen Lernvor-aussetzungen und Lernfähigkeiten so zufördern, dass sich Grundlagen für selbst-ständiges Denken, Lernen und Arbeiten ent-

haltet neben dem Rollenspiel das Spiel mitKonstruktionsmaterialien, den künstlerischästhetischen Bereich, Malen, Gestalten undWerken mit verschiedensten Materialien, di-daktische Spiele, Erfahrungen mit Literaturund Medien. Fantasie, Kreativität und Eigen-initiative haben in allen genannten Bereicheneinen hohen Stellenwert. Für die Kinder ist dieFreispielzeit eine große Herausforderung, dasSozialverhalten ist während dieser Phase be-sonders gefordert.Das gezielte Angebot betrifft die unterschied-lichen Förderbereiche (Sprachförderung, psy-chomotorische Sensibilisierung, Wahrneh-mungsschulung, Förderung im kognitivenBereich, Grob- und Feinmotorik, religiös-sozia-le Aspekte, Singen und Spielen) und orientiertsich situationsbezogen sowie an jahreszeitli-

chen und kirchlichen Höhepunkten. Dieses ge-zielte Angebot kann auch ein gruppenüber-greifendes Projekt sein, das über einen länge-ren Zeitraum zum Schwerpunkt der Angebotegemacht wird. Während der Angebotszeit legtdie Erzieherin nach sorgfältiger Planung undAbsprache mit den Kindern die Zeit und die In-halte der Angebote fest.10 pädagogische Mitarbeiter, Vollzeit-, Integra-tions- und Vertretungskräfte sind für diese pä-dagogische Vielfalt zuständig. In regelmäßigenTeambesprechungen, auf Gruppenebene undin Ausschusssitzungen wird die Arbeit mit denKindern vorbereitet, organisiert und reflektiert.Die Teilnahme an Fortbildungen, kollegiale Be-ratung und selbstkritisches Handeln sind ineinem Team unverzichtbar.Ingrid Winzig, Leiterin

wickeln, sowie Erfahrungen im gestaltendenmenschlichen Miteinander vermittelt wer-den.Nach diesen Empfehlungen leistet dieGrundschule im Rahmen ihres Erziehungs-auftrages auch einen Beitrag zu einer grund-legenden Wertorientierung, indem sie beiden Kindern Selbst- und Welterkenntnis an-bahnt, sie schrittweise zu Urteilsfähigkeitund zu selbstständigem und verantwor-tungsbewusstem Handeln hinführt.Das Hauptanliegen der Grundschule ist ent-sprechend den Empfehlungen die Förde-rung aller Schülerinnen und Schüler, die

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ganzheitlich alle Sinne erfassen soll. DieGrundlegung der Bildung erfordert ebensodie fachbezogene Aneignung von grundle-gendem Wissen. Grundlegende Inhalte,Zielsetzungen und Anforderungen, die zurBewältigung von Lebenssituationen didak-tisch und pädagogisch geeignet sind, müs-sen sich kontinuierlich in den Fächern undLernbereichen der Grundschule wieder fin-den. Die für den Bildungsprozess der Grund-schule wichtigen Lerninhalte werden so-wohl in fach- und lernbereichsbezogenen alsauch in fächerübergreifenden Lehr- oderRahmenplänen dargestellt.Faktenwissen dient der Orientierung im All-tag und erleichtert routiniertes Handeln.Die Schülerinnen und Schüler sollen aberauch lernen, wie Wissen erworben, gespei-chert und verfügbar gemacht werden kann.In allen Fächern und Lernbereichen müssendie Schülerinnen und Schüler die für dasweitere Lernen grundlegenden Kenntnisse,Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben. Dasgilt insbesondere auch für das Lesen, Schrei-ben und Rechnen.

Lernen in der GrundschuleIn der Sichtweise der Empfehlungen knüpftdas Lernen in der Grundschule an die vor-und außerschulischen Erfahrungen an undschafft so die erforderlichen Voraussetzun-gen für ein erfolgreiches Arbeiten in weiter-führenden Schulen.

Die in der Regel vorhandene Lernfreude beiden Schulanfängern soll erhalten bzw. wei-terentwickelt werden. Es geht darum, dasKind im Lernprozess als Subjekt zu sehen, esals aktiv handelndes Individuum anzuerken-nen, die Achtung vor seiner Würde in denMittelpunkt der Arbeit zu stellen und denUnterricht entsprechend zu gestalten. DieAufgabe der Lehrer besteht darin, die kom-plizierten und zum Teil widersprüchlichenLernverläufe als Vermittler kultureller Tra-ditionen, als Ansprechpartner und Beraterzu begleiten. Sie initiieren, gestalten und be-obachten, stellen Anforderungen und gebenindividuelle Hilfen. Sie werden zu wichtigenBezugspersonen, von denen Schülerinnenund Schüler verlässliche Zuwendung erwar-ten.Für die Organisation schulischen Lernensbedeutet dies: Es sind Arbeitsformen zu ent-wickeln und zu verwirklichen, die allenSchülerinnen und Schülern die erforderli-chen individuellen Entwicklungsmöglich-keiten bieten und zugleich Gelegenheitengemeinsamen Lernens eröffnen.In unterschiedlichen Unterrichtssituatio-nen sollen die Schülerinnen und Schüler zu-nehmend die Fähigkeiten entwickeln, sichfür Inhalte und Methoden, für Sozialformenbeim Lernen, für den Arbeitsplatz bzw. dieArbeitsmittel zu entscheiden und ihre Arbeitselbst zu kontrollieren. Sie können ihrenIdeenreichtum und ihre Selbstständigkeit

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vor allem in der Gestaltung der selbst be-stimmten Arbeitsphasen (Freie Arbeit) undin der Mitgestaltung der Tages- und Wo-chenplanarbeit entfalten. Gemeinsames Le-ben und Lernen in der Schule, das solcheSpiel- und Handlungsräume für Schülerin-nen und Schüler eröffnet, wird als „Öffnungvon Schule“, als „offener Unterricht“ oder als„offenes Lernen“ bezeichnet.Die Empfehlungen machen darauf aufmerk-sam, dass die Grundschule als Lern- undLebensraum Geborgenheit und Sicherheitvermitteln muss. Es ist ihre Aufgabe, Iden-tifikationsmöglichkeiten zu bieten, sie ist soauszugestalten, dass sich die Schülerinnenund Schüler in ihr wohl fühlen und die ihrenMöglichkeiten entsprechenden Lern- undEntwicklungschancen erhalten.Für das Lernen der Kinder in der Grund-schule ist es wichtig, dass sich Sach- und So-ziallernprozesse wechselseitig bedingenund stützen. Vor diesem Hintergrund ge-winnt die Gestaltung eines reichhaltigenSchullebens, z.B. Klassenfeiern, Schulfeste,Spiel- und Sportfeste, Wandertage und Klas-senfahrten in der Sichtweise der Empfeh-lungen besondere Bedeutung. Eine enge Ko-operation zwischen den Lehrkräften einerKlasse und dem Lehrerkollegium der Schulesowie die vertrauensvolle und kontinuierli-che Zusammenarbeit mit den Eltern sindwichtige Voraussetzungen für gute Grund-schularbeit.

Institution, Trägerschaft, AufsichtNach dem Gesetz zur Ordnung des Schulwe-sens in NRW (§2) ist der Schulaufbau inorganischer Entwicklung und sozialer Ge-rechtigkeit zu gestalten. Der Erfüllung derSchulpflicht dient zunächst die für alle Kin-der verbindliche Grundschule. Der §3 stelltheraus, dass eine erfolgreiche Bildungs- undErziehungsarbeit der Schule durch Klassen-stärken zu gewährleisten ist, die einen erzie-henden Unterricht ermöglichen. Die Klas-senstärken sind für mehrzügige Schulenunter Berücksichtigung der Zügigkeit in derRegel auf 29 bis 30 Schüler zu begrenzen. DieMindestgröße je Klasse beträgt 15 Schüler.Nach § 16 vermittelt die Grundschule die all-gemeine Grundlage für die weitere Bildung.Zu den Voraussetzungen eines geordnetenSchulbetriebes gehört in der Regel, dassGrundschulen mindestens einzügig sind.Grundschulen sind nach §17 Gemeinschafts-, Bekenntnis- oder Weltanschauungsschulen.Schulträger ist nach § 2 des Schulverwal-tungsgesetzes NRW, wer für die Einrichtung,Organisation und Verwaltungsführung dereinzelnen Schulen rechtlich unmittelbar dieVerantwortung trägt und zur Unterhaltungder Schule eigene Leistungen erbringt. Schu-len, für die das Land, eine Gemeinde oder einGemeindeverband Schulträger ist, sind öf-fentliche Schulen. Nach § 10 sind Gemeindenverpflichtet, Grundschulen zu errichten undfortzuführen.

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Das gesamte Schulwesen steht – so §14 – un-ter der Aufsicht des Landes. Sie wird alsSchulaufsicht und als allgemeine Aufsichtausgeübt. Die allgemeine Aufsicht ist dieStaatsaufsicht über die Schulträger nachden dafür geltenden gesetzlichen Vorschrif-ten. Die Schulaufsicht umfasst die Dienst-und Fachaufsicht, die staatliche Ordnung,Förderung und Pflege des Schulwesens. Siehat die pädagogische Selbstverantwortungzu pflegen, Schulträger, Schulleiter, Lehrerund Schüler zur Erfüllung der ihnen oblie-genden Pflichten anzuhalten und das Inte-resse der kommunalen Selbstverwaltung ander Schule zu fördern.Oberste Schulaufsichtsbehörde ist die Be-zirksregierung. Diese nimmt in ihrem Ge-biet die Schulaufsicht über die Schulenwahr. Dieser obliegt insbesondere die Siche-rung der fachlichen Anforderungen im Un-terricht.Untere Schulaufsichtsbehörde ist das Schul-amt. Es übt die Schulaufsicht über die inseinem Gebiet liegenden Grundschulen,Hauptschulen und Sonderschulen aus. DieSchulaufsicht wird in den kreisfreien Städ-ten und in den Kreisen durch das Schulamtausgeübt.

Raum/GrößeDie Grundsätze für die Aufstellung vonRaumprogrammen für allgemeinbildendeSchulen und Sonderschulen gelten für die

Grundschule und die Schulen der Sekundar-stufe I mit einem Zusatz für die gymnasialeOberstufe (Sekundarstufe II) sowie für dieSonderschulen.Als Flächenmaß werden Quadratmeter (m²)zugrunde gelegt. Die Grundsätze für die Auf-stellung von Raumprogrammen für allge-meinbildende Schulen und Sonderschulenbeziehen sich nur auf die Räume, die zumin-dest im weiteren Sinne für den Unterrichtbedeutsam sind. Die Gestaltung der Verwal-tungsflächen und sonstiger Nebenflächenist in das pflichtgemäße Ermessen desSchulträgers gestellt. Die Pausenfreiflächesollte mit 5 m² je Schülerin und Schülernicht unterschritten werden.

Lehrer-Schüler-Schlüssel/KlassenbildungswerteDer Lehrer-Schüler-Schlüssel ist abhängigvon den Klassenbildungswerten. Die Klas-sen werden auf der Grundlage vonKlassenfrequenzrichtwerten, Klassenfre-quenzhöchstwerten und Klassenfrequenz-mindestwerten sowie Bandbreiten in derRegel als Jahrgangsklassen gebildet. In derGrundschule und in der Hauptschule be-trägt der Klassenfrequenzrichtwert 24. Esgilt die Bandbreite 18 bis 30. In der Grund-schule kann eine Unterschreitung der Band-breite bis auf den Mindestwert von 15 von derSchulleiterin oder dem Schulleiter zugelas-sen werden, wenn die vom Schulträger

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gemäß § 9 SchVG gebildeten Schulbezirkeden Besuch einer anderen Schule derselbenSchulart ausschließen.Relationen „Schüler je Stelle“: GrundschuleKlassen 1 bis 4 gleich 24,9 Schüler je Stelle.

Unterrichtsfächer, Stundentafel,UnterrichtszeitDer Unterricht umfasst die Fächer Sprache,Sachunterricht, Mathematik, Sport, Musik,Kunst, Textilgestaltung, Religion sowie denFörderunterricht; auch die Begegnung mitanderen Sprachen wird im Rahmen desUnterrichts ermöglicht. Schülerinnen undSchülern, deren Muttersprache nichtDeutsch ist, wird muttersprachlicher Unter-richt angeboten, sofern entsprechender Un-terricht zugelassen ist und die personellenVoraussetzungen vorliegen.

Die Berechnungseinheit für die in der Stun-dentafel angegebenen Wochenstunden be-trägt 45 Minuten. Die Unterrichtszeit wirdunter Berücksichtigung der Belastbarkeit,der Konzentrationsfähigkeit und der Bewe-gungsbedürfnisse der Schülerinnen undSchüler sowie der fachlichen Notwendigkei-ten variabel gestaltet und durch ausreichen-de Pausen gegliedert.Die Berechnungseinheit von 45 Minuten jeUnterrichtsstunde gibt zusammen mit derPausenzeit – mindestens 50 Minuten beisechs Unterrichtsstunden – den Rahmen fürdie tägliche Unterrichtszeit vor.32

32 aus: Grundlegende Bestimmungen für die Primar-stufe; hier Verordnung über den Bildungsgang inder Grundschule in der Fassung vom 14. November1996, zuletzt geändert durch Verordnung vom 14.Dezember 2000

Ein Blick in die PraxisAn unserer Grundschule – einer Gemein-schaftsgrundschule der Stadt Köln – werdenzurzeit ca. 350 Kinder in 13 Klassen und demSchulkindergarten unterrichtet. Unser Ziel istes, auf der Grundlage der Richtlinien und Lehr-pläne für die Kinder Lernsituationen zu schaf-fen, in denen Kopf, Herz und Hand der Kinderangesprochen werden und in denen sie mit-denken und mitgestalten können. So möchtenwir ihnen helfen, selbstständig zu werden undverantwortungsbewusst im Umgang mit ihren

Mitmenschen, der Natur und den Materialienzu handeln. Dabei soll die Lernfreude der Kin-der erhalten und das Vertrauen in die eigenenFähigkeiten gestärkt werden.Ich erlebe gerade zusammen mit meinen 23Kindern die ersten aufregenden Schulwochen.Das 1. Schuljahr an unserer Schule ist dreizü-gig und meine beiden Kolleginnen und ich ver-suchen, sehr eng miteinander zu arbeiten. Ausdiesem Grund treffen wir uns wöchentlich zu ei-ner Stufenkonferenz, um die letzten Tage zu re-flektieren und die nächste Woche zu planen.

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Zudem versuchen wir, eine grobe Vier-Wo-chen-Planung, da dies vor allem zur Beschaf-fung von Unterrichtsmaterialien eine Vereinfa-chung darstellt.Der Vormittag an unserer Schule beginnt seitden Herbstferien mit „Gleitzeit“. An den Ein-gangstüren zu den Schulgebäuden werdenselbst gebastelte „Ampeln“ um 08:00 Uhr vonrot auf grün gestellt – alter Schulbeginn 08:15Uhr – und die Kinder können nun innerhalb dernächsten 15 Minuten sich in die Klasse bege-ben. Dies beinhaltet natürlich auch für die Ge-staltung des Unterrichts Konsequenzen. DieKinder kommen nicht nur zu unterschiedlichenZeiten in unsere Klassen – ich versuche, jedesKind persönlich zu begrüßen –, sondern star-ten somit auch während des offenen Anfangsindividuell in ihren Schultag. In dieser Phase,die sich in meiner Klasse meistens über die ers-te Schulstunde (09:00 Uhr) erstreckt, könnensich die Kinder in ihrem Tempo wieder in derGruppe einfinden und Kontakte zu Mitschülernbzw. zu mir aufnehmen. Somit beginnt der Un-terricht in einer wesentlich ruhigeren Atmo-sphäre (z.B. kein Gedränge im Treppenhausund an der Garderobe) und viele Kinder kön-nen die bereits entstandene Hektik zwischenWecken und Betreten der Schule hinter sichlassen und sich auf das inhaltliche Lernen ein-stimmen.Während des Offenen Anfangs suchen sich dieKinder selbstständig ihre Arbeit. Dabei bietensich ihnen unterschiedliche Möglichkeiten:– Bücher in der Leseecke

– Material zum Fach „Rechnen“– Material zum Fach „Sprache“– Material zur Schulung der „basalen Wahr-

nehmung“– Beenden einer angefangenen Arbeit vom

Vortag

Zudem können sie die Sozialform und den Ar-beitsort (Klasse oder Flur) frei wählen. Der Of-fene Anfang ist auch für mich eine sehr wichti-ge Zeit. So kann ich u.a.– sehr gut die Entwicklung der sozialen Kon-

takte und das Arbeitsverhalten der Kinder be-obachten

– neue Materialien in einer kleinen Gruppe ein-führen und diese Kinder anschließend zu Ex-perten ernennen

– Unterrichtsinhalte des Vortages mit einigenKindern (z.B. erkrankte Kinder) zur Wieder-holung nochmals aufgreifen

– zur Zeit die ersten eigenen Leseversuche derKinder individuell begleiten und weiter för-dern

Das Klingeln einer Eieruhr beendet diese freieArbeitsphase und die Kinder erhalten nun einpaar Minuten, um die Materialien an den ent-sprechenden Platz zu stellen und/oder an ih-ren Tisch zurückzukehren. Die Aufräumzeitwird von ruhiger Musik begleitet. Anschließendbeginnt die „gemeinsame Unterrichtszeit“.Da ich z.Z. alle Stunden selber in der Klasse un-terrichte, bin ich nicht an den vorgegebenen 45Minuten-Rhythmus gebunden. In der folgen-den Phase beschäftigen wir uns meistens mit

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dem Buchstaben der Woche und dem FreienSchreiben. Nach einer allgemeinen Einfüh-rung (Thematisieren des Buchstabens sowieSchreibübungen) finden im weiteren Verlaufder Woche vertiefende Übungen statt, die u.a.auch während des offenen Anfangs bearbeitetwerden. Dabei sollen die Kinder den Buchsta-ben mit verschiedenen Sinnen verinnerlichenund somit unterschiedliche Zugangsweisenzum Buchstaben erhalten.Stationen zur haptischen Wahrnehmung– Die Kinder kneten den Buchstaben der Wo-

che– Der Buchstabe wird mit Heftzwecken auf Sty-

ropor gesteckt– Der Buchstabe wird mit Tesakrepp vor der

Tafel aufgeklebt und in Schreibrichtungnachgelaufen

– Ein mit Filz auf Holz geklebter Buchstabewird mit geschlossenen Augen unter mehre-ren identifiziert

Stationen zur optischen Wahrnehmung– Die Kinder identifizieren zwischen anderen

Buchstaben und Zeichen den Buchstabender Woche und malen ihn bzw. das entspre-chende Feld an.

– Auf Wortkarten soll der jeweilige Buchstabeder Woche erkannt und farbig markiert wer-den.

Station zur akustischen Wahrnehmung– Die Kinder sollen beim gezeichneten Begriff

den entsprechenden Laut lokalisieren, d.h.ob und an welcher Stelle (Anlaut, Inlaut undEndlaut) sich der Buchstabe im Wort befindet.

Zudem sollen die Kinder anhand von unter-schiedlichen Aufgabenstellungen möglichstviele Wörter mit dem Buchstaben der Wocheschreiben und ein gemeinsames Buchstaben-plakat erstellen, auf dem sie zum „Buchstaben-spruch der Woche“ eigene Wörter mit dem je-weiligen Buchstaben schreiben.In der oft abschließenden Mathephase erhal-ten die Kinder nach einer gemeinsamen Ein-führung die Möglichkeit, ihre neuen Erkennt-nisse individuell (z.B. eigenes Arbeitstempo,Auswahl der Hilfsmaterialien) zu vertiefen. Mei-ne Einführungsphase findet meistens im Sitz-kino vor der Tafel statt. Die Kinder lernen einenneuen Sachverhalt oder eine neue Übungs-form kennen. Nach einigen Beispielen dürfendie ersten Kinder, die den Inhalt verstanden ha-ben, an ihren Platz zurückkehren und dort wei-ter arbeiten. Somit löst sich nach und nach dieGruppe auf und ich kann mit den in diesem Mo-ment schwächeren Kindern sehr konzentriertvor der Tafel das Problem erarbeiten. DieseGruppe kann natürlich auch durch zurückkom-mende Kinder wieder vergrößert werden. Zu-dem wiederhole ich häufig – besonders beineuen Sachverhalten wie z.B. der Grundvor-stellung des Subtrahierens – die Thematik inder nächsten Mathephase oder während desOffenen Anfangs nochmals in Kleingruppen.Hierzu nutze ich dann den vor der Klasse be-findlichen Gruppentisch, während die anderenKinder in der Klasse arbeiten. So kann ich jedesKind nochmals genau beobachten und vor-handene Schwierigkeiten erkennen.

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Am Ende des Tages findet eine kurze Reflexi-onsphase statt, in der jedes Kind für sich selbstüberlegen soll, ob es sich heute an die erarbei-teten Klassenregeln gehalten hat und was esnoch verbessern kann. Hierdurch möchte ichden Kindern helfen, die noch Probleme im Be-reich der Sozialkompetenz haben. Wenn Kin-der während der Reflexion einen wichtigenAspekt ansprechen, erinnere ich es am nächs-

ten Morgen mit der Bitte daran, sich in diesemBereich heute besonders anzustrengen.Anschließend beginnt die Melodie unseresSchlussliedes und meine Kinder packen ihrenRanzen und räumen ihren Platz auf. Wir findenuns vor der Tafel zum Stehkreis ein und singenunser Lied.Udo Merschmann, Lehrer einer Grundschule derStadt Köln

Das „Bild vom Kind“ in elementar-pädagogischen Handlungskonzepten

In deutschen Kindergärten werden unter-schiedliche Handlungskonzepte zugrundegelegt. In einigen Kindergärten wird die Ge-staltung der pädagogischen Arbeit an derMontessori-Pädagogik orientiert, in ande-ren an der Waldorf- oder Reggio-Pädagogik.Die Mehrzahl der Kindergärten ist am Situa-tionsansatz orientiert. Jedem dieser Hand-lungsansätze liegt ein je eigenes Bild vomKind zugrunde.

Der Situationsansatz

Kaum ein Ansatz ist so vielfältig interpretiertund weiterentwickelt worden, wie der Situa-tionsansatz. Er hat Wochen- und Rahmen-

pläne abgelöst und konzentriert sich auf diekonkrete Lebenssituation von Kindern undErwachsenen. Dem Situationsansatz liegtfolgendes „Bild vom Kind“ zugrunde:• Das Kind als kompetente, fähige und

absichtsvolle Persönlichkeit, die sich aufvielerlei Art und so gar nicht hilflos mitProblemen, Eindrücken und Interessenauseinander setzt, die Lösungen will, siesucht und bestimmt, wann sie sie gefun-den hat.

• Die Bedürfnisse der Kinder entwickelnsich in der Situation und durch ihrenFortgang, den das Kind praktisch han-delnd mit Fantasie, Gefühlen, Gedankenund Deutungsarbeit – oft im Dialog mitanderen Kindern zusammen – aktiv be-einflusst.33

33 Kazemi-Veisari, 1997

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Montessori-Pädagogik

Maria Montessori hat bereits vor über 100Jahren zu einer veränderten Sicht des Kin-des beigetragen. Für sie liegt alles wesentli-che Potential für die kindliche Entwicklungim Kind selbst. Montessori glaubt an die ver-borgenen schöpferischen Kräfte im Men-schen und erwartet von den Pädagogen, dasssie diese wecken und aktivieren und das Kindzur Selbstständigkeit motivieren. Der Rufdes Kindes: „Hilf mir, es selbst zu tun!“

In der Montessori-Pädagogik hat das Kindein Recht auf Spontaneität und freie Entfal-tung. Das Kind lernt in dieser Freiheit, isthöchst motiviert und konzentriert. Es lässtsich nicht stören und nicht ablenken undbraucht am allerwenigsten die Gängelungund Hilfestellung durch den Erwachse-nen.34 Montessori geht davon aus, dass alleLebewesen die Fähigkeiten besitzen, aus derUmgebung genau das zu wählen, was not-

34 Becker-Textor, 1997

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wendig ist, um das Leben zu erhalten und zugestalten. Nach ihrer Vorstellung wird dasKind das Material wählen, das in seiner Si-tuation momentan für seine Entwicklungam wichtigsten ist.

Montessori schreibt dem Kindesalter beson-ders sensible Perioden zu. Es handelt sichum besondere Empfänglichkeiten, die imKindesalter auftreten. Sie sind von vorüber-gehender Dauer und dienen nur dazu, demKind bestimmte Fähigkeiten zu ermögli-chen. Sobald dies geschehen ist, klingt diebetreffende Empfänglichkeit wieder ab. Soentwickelt sich jeder Charakterzug auf-grund eines Impulses und während einereng begrenzten Zeitspanne. Montessori un-terscheidet verschiedene sensible Perioden:

• Von der Geburt bis zu drei Jahre: Sprach-liche Entwicklung

• Eineinhalb bis vier Jahre: Entwicklungund Koordination der Muskulatur, Inte-resse an Gegenständen

• Zwei bis vier Jahre: Verfeinerung der Be-wegungen, Beschäftigung mit der Wahr-heit und Wirklichkeit, Entwicklung einerVorstellung von Zeit und Raum

• Zweieinhalb bis sechs Jahre: Verfeinerungder Wahrnehmungen mit Hilfe der Sin-neserfahrungen

• Drei bis sechs Jahre: Empfänglichkeit fürEinflüsse seitens der Erwachsenen

• Dreieinhalb bis viereinhalb Jahre: Schrei-ben, zeichnen

• Vier bis viereinhalb Jahre: Entwicklungdes Tastsinns, taktile Wahrnehmung

• Viereinhalb bis fünfeinhalb Jahre: Lesen

Die kindliche Entwicklung teilt Montessoriin Stufen ein:a) Stufe von der Geburt bis zum sechsten Le-

bensjahr, Prozess der Ich-Findung,Selbstständigkeit durch Selbsttätigkeit

b) Stufe vom sechsten bis zwölften Lebens-jahr, Übergang vom Konkreten zum Abs-trakten

c) Stufe der Adoleszenz, hier geht das Indi-viduum von seinen Gefühlen für die Per-sonen in seiner nächsten Umgebung überzu einem abstrakten sozialen Gefühl fürunbekannte Personen, für die Welt alsGanzes.

d) Stufe, in der das Kind/der Jugendliche umseine Möglichkeiten weiß, sich in der Kul-tur zu entwickeln und seine Verantwor-tung dafür kennt.

Nach Montessori vermag uns nur das Kindselbst zu enthüllen, welcher der natürlicheBauplan des Menschen ist. Das Kind ist nichtein leeres Gefäß, das die Erwachsenen mitihrem Wissen angefüllt haben und das denErwachsenen alles verdankt. In der SichtMontessoris ist das Kind der Baumeister desMenschen, und es gibt niemanden, der nicht

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von dem Kind, das er selbst einmal war, ge-bildet wurde. In der Montessori-Pädagogikvollziehen sich Erziehung zur Selbststän-digkeit und schöpferisches Lernen nurdurch eigenes Tun. Das Kind muss aus sichheraus aktiv werden, aus seinen Ideen undFähigkeiten Aktivitäten entwickeln, sich anseinen eigenen Zielvorstellungen orientie-ren können.35

Reggio-Pädagogik

Vielen ist die Reggio-Pädagogik durchSchlüsselsätze wie „Hundert Sprachen hatdas Kind“ oder „Was tut der Wind, wenn ernicht weht?“ bekannt. Aufmerksam sind vie-le auch über die Raumgestaltung und Mate-rialausstattung auf dieses pädagogischeHandlungskonzept geworden.Die Auseinandersetzungen um das „Wie“ derKindererziehung begann in Reggio Emiliaunmittelbar nach dem Krieg. Es ging damalsdarum, dem bis 1945 vom Faschismus be-stimmten Vorschulwesen demokratischeund soziale Erziehungsformen entgegenzu-setzen. Die wichtigsten Zielsetzungen warendemzufolge eine Erziehung zur Demokratie,Solidarität und sozialen Gerechtigkeit. Eswar ein Leitziel, auf dem Weg einer neuenKindererziehung zum Aufbau einer neuen

35 Becker-Textor, 1997

Gesellschaft beizutragen. Diese politischeDimension von Erziehung findet sich bisheute im Konzept der Reggio-Pädagogik. Siebeschreibt die Kindererziehung als Teil um-fassender gesellschaftlicher Prozesse undbetont den engen Zusammenhang von Poli-tik, Kultur und Erziehung.In ihrer Philosophie gründet die Reggio-Pä-dagogik auf die Bewegung aller Dinge undVerhältnisse. Innerhalb dieser Bewegungnehmen Menschen mit ihren gemeinsamenErfahrungen und Handlungen eine zentraleStelle ein. Sie sind gestaltende und prozess-haft sich entwickelnde Subjekte im dialogi-schen Austausch miteinander sowie mitDingen und Verhältnissen. So beschreibendie Pädagogen/Pädagoginnen in Reggio ihreArbeit auch als eine „Pädagogik des Wer-dens“.In der Sicht der Reggio-Pädagogik sind dieKindergärten keine Schutzzonen, sondernKommunikations- und Erfahrungsstätten,die alle Beteiligten und ihren Alltag einbe-ziehen. Die pädagogischen Fundamente derReggio-Pädagogik werden oftmals wenigerbeachtet als die Raumgestaltungselemente,die Materialausstattung und die Projekte,die durchgeführt werden.

Die Reggio-Pädagogik hat ein reiches „Bildvom Kind“. Das Kind ist aus Sicht der Reg-gio-Pädagogik von Anfang an stark. Es kom-muniziert mit Personen und Dingen seiner

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Das „Bild vom Kind“in der Grundschule

Ein neues Bild vom Kind zeichnet die Frank-furter Erklärung zum BundesGrundschul-Kongress von 1999. Darin ist formuliert,dass die Grundschule der Zukunft die Ten-denz zur Gleichmacherei aufzugeben hat.Stattdessen öffnet sie sich organisatorischund didaktisch der Vielfalt der Kinder, um je-dem Kind in seiner individuellen Lebenslagegerecht zu werden. Zugleich unterstützt siegemeinsames Leben und Lernen. DieGrundschule der Zukunft ist Lern- und Le-bensstätte der Kinder, sie ermöglicht es, dasLernen zu lernen und Lernzuversicht zuentwickeln. Sie ist so gestaltet, dass sie auchein Modell für gemeinsam verantwortetesMiteinanderleben ist, denn nur, wer Kindermutig und stark macht, ihr Leben und Ler-nen ein Stück selbst in die Hand zu nehmen,der schafft Bildungseinrichtungen, die aufdas neue Jahrtausend vorbereiten.Damit sind Schulwirklichkeit und Visionenals Zielrichtung einer „guten Schule“ in derFrankfurter Erklärung wieder zu finden miteinem Bild vom Kind, das selbstständig undselbstverantwortlich die Gegenwart bewäl-tigt (Gegenwartsbewältigung) und ebensofür sein zukünftiges Leben vorbereitet wird(Zukunftsvorbereitung).

Umgebung und ist nicht passiv und unfähig.Das Kind wird nicht verstanden als biolo-gisch vorherbestimmt, aber auch nicht alsgänzlich bestimmbar von der Umwelt. DieEntwicklung des Kindes wird nicht aufge-fasst als ein in bestimmten Stufen linear ab-laufendes Schema, bei dem es zu einer fort-schreitenden Ansammlung von Wissen, Fer-tigkeiten und Fähigkeiten kommt. Die Ent-wicklung des Kindes ist nicht vorherbe-stimmbar und vorhersagbar.In der Welt der Reggio-Pädagogik ist im Kinddie innere Sprache, die kommunikative Be-reitschaft reicher als die ausgedrückte Spra-che. Daraus entwickelt sich eine Grundlageder Reggio-Pädagogik, nämlich das Rechtdes Kindes und die Möglichkeit, Sprachenzu entwickeln für die Eindrücke, die es ge-wonnen hat. Unter Sprachen und Kommu-nikation wird nicht allein das gesprocheneWort verstanden, sondern vielzählige undvielseitige Ausdrucksmittel. Je nach Entwi-ckeltheit der Wahrnehmungsfähigkeit wen-det sich das Kind neuen Informationen undGegenständen zu, während die wahrgenom-menen Informationen und Gegenständeihrerseits die geistigen Aktivitäten der Kin-der lenken.36

36 Kazemi-Veisari, 1997

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In diesem Rahmenplan von 1995 spiegelt sichschon das neue Bild vom Kind wider:– Viele Kinder sind Einzelkinder, wachsen in

Kleinfamilien, oft nur mit einem Elternteil auf,sie brauchen die Erfahrung des Zusammen-lebens und gemeinsamen Arbeitens.

– Sie müssen dabei frühzeitig die Gleichbe-rechtigung von Männern und Frauen, Jun-gen und Mädchen respektieren lernen undsich entsprechendes „Rollenverhalten“ an-eignen.

– Durch die Berufstätigkeit der Eltern fehlt vie-len Kindern von Geburt an „Nestwärme“ undungestörte Spielzeit.

– Menschen vieler Nationen leben unter unsund Europa wächst allmählich zusammen.Verständnis und Toleranz gegenüber frem-den Sitten und Gebräuchen sind zu weckenund zu festigen.

– Im Interesse der gesellschaftlichen Integra-tion Behinderter haben behinderte und nichtbehinderte Kinder von Anfang an zu lernen,sich zu achten, miteinander zu leben und zuarbeiten.

– Existenzangst und Konkurrenzdruck der Er-wachsenen fördern die Neigung, eigene In-teressen rigoros durchzusetzen, um so wich-tiger wird die Erziehung zu Rücksicht undMitmenschlichkeit.

– Angesichts wachsender Gewaltanwendungim Alltag und Gewaltdarstellungen in den Me-

dien müssen Kinder lernen, Probleme undKonflikte ohne Gewalt friedlich zu bewältigen.

– Massive Medienwerbung weckt bei Kindernoft riesige Konsumwünsche und Lebensan-sprüche, dagegen sind kritisches Urteilsver-mögen und auch Verzichtbereitschaft zu ent-wickeln.

– Gegen die bedrohliche Zerstörung und Aus-beutung der natürlichen Umwelt ist Kindernfrühzeitig ein verantwortlicher Umgang mitder Natur und ihren Lebewesen nahe zu brin-gen.

– Der zunehmende Verlust an unmittelbarer,nicht über Medien gewonnener Erfahrungerfordert verstärkte Gelegenheiten für die di-rekte, aktive und handelnde Begegnung mitder Umwelt.

– Auch in der kindlichen Lebenswelt schreitetdie Technisierung fort, der Sinn für vernünf-tigen und verantwortlichen Umgang mittechnischen Gegenständen ist zu weckenund zu fördern.

– Die Freizeit der Kinder wird zunehmend ver-plant, die Schule muss ihnen Freiräume ge-währen, zu sich selbst zu kommen, Selbst-ständigkeit und Eigenverantwortung auszu-bilden.

– Die immer komplizierter und wechselvollerwerdenden späteren Lebens- und Berufsauf-gaben verlangen die Entwicklung von Krea-tivität, Flexibilität und lebenslanger Lernbe-reitschaft.

Das „Bild vom Kind“ im Hessischen Rahmenplan der Grundschule

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Zusammenfassend wird deutlich, das heuti-ge Bild vom Kind ist vielschichtig und kom-plex wie unsere gesellschaftlichen Struktu-ren und Lebensmuster. Kindergarten undGrundschule öffnen sich zunehmend den ver-änderten Lebenswelten mit einer „Pädagogikvom Kinde aus“ und richten ihre Wirklich-keiten und Visionen an den Lern- und Ent-wicklungsprozessen der Kinder aus. Mit die-ser Offenheit zum Kinde hin, nehmen sie dasKind als Subjekt seines Lebens ernster, min-dern seine Objektrolle und schaffen die Basisfür das oft geforderte „lebenslange Lernen“.

Leitbilder, Konzeptionen undSchulprogramme

LeitbilderLeitbilder in Kindergärten und Grundschu-len bringen das Selbstverständnis einerEinrichtung auf den Punkt (leitende Ziele,zentrale Werte, Prinzipien). Sie werdenschriftlich fixiert. Leitbilder werden langfris-tig angelegt, damit sie einen Orientierungs-rahmen für die zukünftige Entwicklung derjeweiligen Einrichtung bieten können. VieleSchulen und Kindertageseinrichtungen ver-fügen bereits über schriftlich niedergelegteLeitbilder, die bei angestrebter Kooperationeine erste grundlegende Information überden jeweiligen Kooperationspartner bieten.

Pädagogische Konzeptionen in Kindergär-ten und Schulprogramme in der Grund-schule geben ein Bild davon wieder, wie dasLeitbild mit Leben gefüllt wird. Es sindschriftlich formulierte Handlungskonzepte,die verdeutlichen, wie das pädagogische An-gebot im Kindergarten umgesetzt wird unddas konkrete Vorhaben (Arbeitsprogramm)in der Schule erreicht werden soll. Auf die-sem Hintergrund vermitteln pädagogischeKonzeptionen bzw. Schulprogramme einenEinblick in die Kindergarten- oder Schul-wirklichkeit. Sie sind ein weiterer Bausteinim Rahmen einer fundierten Informationüber den Kooperationspartner.

Zum Weiterlesen:

Kalb, Peter E. (Hrsg.): Die Schule entwickeln, Belz-Verlag, Weinheim/Basel 2001.

Haarmann, Dieter/Kalb, Peter E. (Hrsg.): Grund-schule 2000, Belz-Verlag, Weinheim/Basel 1999.

Grundschulverband Arbeitskreis Grundschulee.V.: Zukunft beginnt in der Grundschule, 2001.

Pädagogische Handlungskonzepte von Fröbel, biszum Situationsansatz, in: Kindergarten heute spe-zial 97.

Militzer, Renate/Demandewitz, Helga/Solbach,Regina: Tausend Situationen und mehr, Votum Ver-lag, Münster 1999.

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport: Kita-debatte, Was tut der Wind, wenn er nicht weht?,Band 1, Land Brandenburg 1994.

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KonzeptionEine Konzeption ist die schriftliche Ausfüh-rung aller inhaltlichen Schwerpunkte, die indem betreffenden Kindergarten für die Kin-der, die Eltern, die Mitarbeiterinnen selbst,den Träger und die Öffentlichkeit bedeutsamsind.37 Sie gibt Auskunft darüber, wie tat-sächlich gearbeitet wird und verzichtet aufbloße Absichtserklärungen. Jede Konzep-

37 Krenz, 1996

tion zeigt daher das besondere Profil einerInstitution und ist von allen Mitarbeitern ineiner gemeinsamen Arbeit erstellt worden.Die Konzeption sollte umfassen:1. eine Einleitung2. den Auftrag der Kita3. den pädagogischen Ansatz4. besondere Schwerpunkte5. Bedeutung und Stellenwert des Spiels6. die Person der Erzieherin7. Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen

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18. Zusammenarbeit mit den Eltern19. Zusammenarbeit mit dem Träger10. Zusammenarbeit mit Fachdiensten und

Institutionen11. Fort-, Weiter- und Zusatzausbildungen12. Anleitung von Praktikantinnen13. Rahmenbedingungen

SchulprogrammDas Schulprogramm ist das schriftlich for-mulierte Handlungskonzept einer Schule.Im Schulprogramm werden die von allengetragene pädagogische Grundhaltung(Schulleitbild) und die konkreten Vorhaben(Arbeitsprogramm) zur Erreichung derschulischen Ziele genannt und begründet.Das Schulprogramm skizziert die Schwer-punkte der Schule, ist Grundlage für die Be-wertung des Erreichten (Evaluation) und istnützlich für die Öffentlichkeitsdarstellungder Schule. Ein Schulprogramm gründetauf einem Prozess, an dem alle Schulmit-glieder beteiligt sind und deren Vorstellungvon einer guten Schule hier Raum erhalten.An vielen Schulen werden verschiedensteAspekte von Qualitätsentwicklung und -si-cherung bereits seit langem verwirklicht.Der Anspruch Qualität systematisch zu si-chern und weiter zu entwickeln, ist in letzterZeit jedoch umfassender geworden. Die Rea-lisierung dieses Anspruches ist mittlerweilein vielen europäischen Ländern mit dem Be-griff Schulprogramm eng verbunden. Das

Schulprogramm ist Kristallisationspunktder Qualitätsentwicklung und Maßstab, andem die Entwicklung der Schule zu messenist. Was steht im Schulprogramm?38

• Leitvorstellungen der Schule: Welchengemeinsamen Werten fühlen wir uns ver-pflichtet?In Form einiger weniger prägnanter Leit-sätze kommen „Philosophie“ und pädago-gische Grundorientierung der Schulezum Ausdruck.

• Entwicklungsstand und Ziele: Was habenwir erreicht, vor welchen Herausforde-rungen stehen wir und welche Ziele setzenwir uns? Schulspezifische Lehrplange-staltungen, Schwerpunkte und Stärken,die für die Schule bedeutsam sind, werdenfestgehalten und in ausgewählten Quali-tätsbereichen Ziele definiert, die in dennächsten Jahren erreicht werden sollen.

• Vorhaben zur Zielerreichung: WelcheMaßnahmen erscheinen uns am geeig-netsten, die gesteckten Ziele zu errei-chen? Und woran werden wir erkennen,dass sie erfolgreich waren?Das Schulprogramm enthält zu jeder Ziel-vereinbarung konkrete Vorhaben und be-schreibt, welchen Beitrag sie zur Zieler-reichung leisten sollten.

38 Kalb, 2001: Beitrag von Schratz/Ranicki

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• Aktionsplan zur Umsetzung: Was tun wir,um die geplanten Vorhaben zu verwirkli-chen? Die einzelnen Schritte zur Zieler-reichung werden präzisiert, erforderlicheRessourcen, verbindliche Zeitpläne undklare Verantwortlichkeiten festgehalten.

• Maßnahmen der Überprüfung: Wie über-prüfen wir den Fortschritt? Die Einschät-zung der erreichten Ergebnisse soll nachtransparenten Kriterien erfolgen. Dazusind auch Zeitpunkt, Methode und ge-

planter Ablauf der schulinternen Evalua-tion festzulegen.

Auf dem Wege zu mehr Selbstständigkeitund Eigenverantwortung werden in dennordrhein-westfälischen Schulen u.a.Schulprogramme als Instrumente der qua-litätsorientierten Selbststeuerung geschrie-ben. In Nordrhein-Westfalen haben alleSchulen flächendeckend bis zum Ende desJahres 2000 ein Schulprogramm erarbeitet.

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Kapitel IIIHindernisse in der Kooperation

Reformen und Veränderungen, Innova-tionen und Weiterentwicklungen be-

dürfen bestimmter Bedingungen. Ist derReformdruck groß genug und sind entspre-chende Voraussetzungen vorhanden, ist dasGelingen wahrscheinlicher.39 Die Koopera-tion von Kindergarten und Grundschule hatderzeit solche günstigen Bedingungen nochnicht, obwohl sich auf dem Hintergrund derErgebnisse der PISA-Studie ein zunehmen-der Reformdruck abzeichnet. Die Hinder-nisse zur Kooperation überwiegen noch im-mer. Sie zu thematisieren ist daher der ersteSchritt zu ihrer Bewältigung.

Beharrungstendenzen

Historisch gewachsene Strukturen und de-ren Beharrungstendenzen stehen einer Ko-operation von Kindergarten und Grund-schule immer wieder im Wege. Unter demWort Struktur verstehen wir das Gefüge, denAufbau oder die innere Einrichtung beiderInstitutionen. Strukturen haben ordnendeWirkungen, die recht langlebig sein können.

39 Hacker, 1998

Für unser gesellschaftliches Leben zählendazu: Sitten, Gebräuche, Kultur, Familieund auch die Schule.40 Behinderungen derKooperation zwischen Kita und Schuledurch Beharrungstendenzen vorhandenerStrukturen sind in einem Artikel von Hildevon Ballusek41 zusammengetragen worden.Darin wird deutlich, dass schon im 19. Jahr-hundert in Deutschland die Trennung zwi-schen fürsorgerischen und schulischen Zu-ständigkeiten existierte. Mit der Einführungder gesetzlichen Schulpflicht von 1920 wur-de Schule zwar eine verbindliche Einrich-tung für alle Kinder, während die Fürsorgeoder Wohlfahrt, zu der auch der Kindergar-tenbereich zählte, als kompensatorischeEinrichtung für bestimmte Kinder und Ju-gendliche galt und der Jugendwohlfahrt zu-geordnet wurde.Diese Trennung war anfangs aber keinestrikte, da Lehrer auch in der Wohlfahrts-pflege tätig waren. Die Trennung von Ju-gendwohlfahrt und Bildungssystem wurdeletztlich aber durch die Reichsschulkonfe-

40 Schlippe/Schweitzer, 1996; Beitrag von Haken, S.64–65

41 Ballusek, 06/1994

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renz von 1920 und das 1922 verabschiedeteReichsjugendwohlfahrtsgesetz verfestigt.Eine größtmögliche Verbindung zwischenbeiden Bereichen wurde von der Mehrheitder das Gesetz vorbereitenden Ausschuss-mitglieder abgelehnt. Die Freien Wohl-fahrtsverbände lehnten die Integration ausAngst vor staatlichem Einfluss ab, und dieVertreter der Schule waren an einer Aus-grenzung der Jugendwohlfahrtsmaßnah-men aus dem Schulwesen interessiert.

Während des Nationalsozialismus wurdenalle reformerischen Tendenzen zerstört oderdem staatlichen Interesse untergeordnet.Nach dem zweiten Weltkrieg entwickeltensich zwei deutsche Staaten mit unterschied-lichem Interesse an öffentlicher und privaterErziehung und Bildung.

Die Entwicklung in der DDR

Schon 1946 wurde für die Sowjetzone einGesetz zur Demokratisierung der deutschenSchule erlassen. Es war das erklärte Ziel, dieUnterschiede zwischen den Schichten ein-zuebnen und gerade den Kindern von Arbei-tern und Bauern bessere Bildungschancenzu bieten. Der Kindergarten wurde als Bil-dungseinrichtung definiert, die Grundschu-le sollten alle Kinder bis zum 14. Lebensjahrbesuchen.

Ähnlich wie die Schulen sollten Kindergär-ten und Horte die Erziehung der Kinder indemokratischem Sinne und frei von allenRassen-, faschistischen, militärischen undanderen reaktionären Ideen und Tendenzengestalten.Die Reformpädagogik bestimmte zunächstdie Lehre an den Schulen. Diese Tendenzenwurden später von der SED-Pädagogik ab-gewertet und der Lehrer erhielt die Funktioneiner politischen Führungskraft.Mit der Einrichtung betrieblicher Kinder-gärten wurden berufstätige Mütter entlastet,gleichzeitig war damit aber auch die Verbin-dung zwischen der Erziehung der Kinderund der beruflichen Praxis der Mütter engerals in völlig separaten Erziehungseinrich-tungen. Ein Glaubenssatz der sozialistischenPolitik war es, den Gegensatz zwischen Bil-dung und Erziehung zu überwinden, dennWissensvermittlung stand immer in einempädagogischen Kontext.1952 erließ die DDR eine Verordnung überdie Einrichtungen der vorschulischen Er-ziehung und der Horte. Darin wurde dieZuständigkeit für die außerunterrichtlicheBetreuung von Schulkindern den Kinder-tagesstätten auf die Horte als eigenständigeEinrichtungen übertragen. Weil der außer-unterrichtlichen Erziehung ein ähnlicherhoher Stellenwert wie der schulischen Bil-dung zuerkannt wurde, wurde 1953 eineVereinheitlichung der Ausbildung von Leh-

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rern, Pionierleitern, Kindergärtnerinnenund Erziehern in Heimen und Horten be-schlossen. Im Unterschied zum Lehrer er-hielt der Heim-/Horterzieher und Pionier-leiter die Ausbildung und Befähigung nurfür zwei Unterrichtsfächer. Damit erhieltendie Horterzieherinnen eine vierjährige Aus-bildung an den Instituten für Lehrerbil-dung, mit der Befähigung zur Arbeit als Er-zieherin und der Lehrbefähigung für denUnterricht in der Unterstufe der allgemein-bildenden Schulen. Eine Aufwertung erhieltdie Arbeit auch durch eine Angleichung derBezahlung an die Unterstufenlehrerin unddas gleiche Mitspracherecht im Pädagogi-schen Rat der Schulen.

Hortarbeit war gesellschaftlich der Bil-dungsarbeit gleichgestellt. Die Wertschät-zung der beiden Bereiche zeigte sich noch-mals 1978 in den Ausbildungsrichtlinien,nach denen Lehrerinnen und Horterziehe-rinnen die gleiche Ausbildung erhielten underst am Ende des Studiums entschiedenwurde, wer als Lehrerin und wer als Horter-zieherin an der Schule eingesetzt wurde.Kennzeichnend für den Schulhort war auchdie enge Zusammenarbeit von Lehrerinnenund Horterzieherinnen. Beide Gruppen hat-ten auch engen Kontakt zu den Eltern zuhalten.

Die schul- und jugendpolitischeEntwicklung in der BRD nach 1945

In den Besatzungszonen der Westalliiertenund stärker noch in der 1949 gegründetenBundesrepublik wurde an die vor den Kriegbestehenden Strukturen angeknüpft. Diesbedeutete eine Aufrechterhaltung der Tren-nung zwischen Jugendhilfe und Jugendpfle-ge auf der einen Seite und dem Bildungssys-tem auf der anderen Seite. Diese Trennungbeinhaltete auch die hierarchische Gliede-rung zwischen den mit Kindern befasstenBerufsgruppen, insbesondere den Erziehe-rinnen und Grundschullehrerinnen.Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von1922 bildete die Grundlage für den Bereichder Jugendhilfe. Das Bundesgesetz wurdevon den Kommunen in eigener Regie umge-setzt, unter Wahrung des Subsidiaritäts-prinzips. Träger der freien Jugendhilfe hat-ten demnach Vorrang vor den kommunalenTrägern bei der Beschaffung von Einrich-tungen der Jugendhilfe und dazu zählteauch der Kindergartenbereich. Der Staat be-hielt sich ein gewisses Eingriffsrecht vor auf-grund von Aufsichts- und Finanzierungskri-terien.Durch die Vorrangstellung der Wohlfahrts-verbände gelang es den beiden christlichenVerbänden Diakonie und Caritas, eine starkeStellung auf dem Gebiet der Jugendhilfe zuentwickeln.

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Allerdings bildete Berlin West eine große Aus-nahme in dieser Hinsicht. Die Trennung zwi-schen Jugendhilfe und Bildungssystem bliebzwar erhalten, das Subsidiaritätsprinzip wur-de jedoch durch bewusstes staatliches Han-deln zurückgenommen als 1955 der Ausbauder Kindertagesstätten von der SPD zum Re-gierungsprogramm erklärt wurde.

Während die Jugendhilfe aufgrund desSubsidiaritätsprinzips den privaten Trägerneinen großen Spielraum ermöglichte, hatteder Staat ein deutliches Interesse ander Ausgestaltung der Bildungspolitik. DasSchulwesen wurde hierarchisch und elitärorganisiert und Reformansätze der erstenNachkriegszeit wurden rückgängig ge-macht. Mit Unterstützung der CDU gelangdie Förderung der katholischen und evange-lischen Schule. Die Erhaltung der Bekennt-nisschule war auch dem damals CDU regier-ten Nordrhein-Westfalen wichtig. Die Lehrerhatten die Kinder in allen Unterrichtsfä-chern im Geiste ihres Glaubens zu erziehen.Die Bildungsdiskussion der 60er Jahrekonnte einige Neuerungen bewirken: DieAufhebung der Trennung von Bildung undErziehung wurde in der Diskussion um glei-che Bildungschancen für alle Kinder und dervon der GEW geforderten Ganztagsschuleerneut thematisiert. Untersuchungen erga-ben, dass Tagesschulen vor allem von berufs-tätigen und/oder allein erziehenden Müt-

tern und/oder Müttern mit mehreren Kin-dern favorisiert wurden. Aber auch bei an-deren Müttern waren Elemente wie Mittag-essen in der Schule oder Wegfall der Haus-aufgaben sehr erwünscht. Die Gesamtschulemit Ganztagscharakter bot die Lösung meh-rerer Probleme an: Betreuungsangeboteauch für Kinder berufstätiger Mütter undspätestmögliche Selektion.Da die Gesamtschule aber die Sekundarstufeund nicht die Primarstufe betraf, wurde dieGanztagsbetreuung von Grundschulkin-dern in diesem Zusammenhang nicht the-matisiert. So war mit der Bildungsreformwiederum keine einheitliche Betrachtungder beiden Bereiche Jugendhilfe und Bil-dung verbunden.Die Kinder erhielten mit dem Hort eine dritteSozialisationsinstanz neben Familie undSchule. In Berlin West wurde allerdings 1970die Gesamtschule zur Regelschule erklärtund die Ganztagsschule für Grundschüler er-heblich ausgebaut. Allerdings existierte auchdort die strikte Trennung zwischen Schuleund „Freizeitbereich“, womit auch eine Tren-nung der Aufgaben von Lehrern/-innen undErziehern/-innen verbunden war.

Die Trennung der beiden Berufsgruppenentwickelte sich nach 1945 durch die Verän-derung in der Ausbildung der Volksschul-lehrer. Die früheren Seminare wurden anPädagogische Hochschulen verlegt, damit

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verbesserte sich der Status, die Anerken-nung und Besoldung der Grundschullehrer.

Im sozialpödagogischen Bereich entstandenzwei Hierarchieebenen:• an Fachschulen für Sozialpädagogik die

Ausbildung zur Erzieherin,• an Fachhochschulen die akademische

Ausbildung zum Sozialpädagogen.Die Differenzierung innerhalb des Berufsfel-des hatte Vorrang vor einer Neustrukturie-rung der menschenbildenden Berufe.

Für die gesamte Bundesrepublik gilt seit1991 das Kinder- und Jugendhilfegesetz, dasden präventiven Charakter weitaus mehr be-tont. Damit wird der öffentlichen Kinderer-ziehung mehr Gewicht beigemessen als bis-her. Die Kultusministerkonferenz forderteine stärkere Zusammenarbeit zwischen Ju-gendhilfe und Schule, da die sich verändern-den Bedingungen des Aufwachsens von Kin-dern auch Auswirkungen auf schulischesLernen haben.Aus der Sicht von Ballusek ist es angesichtsder Starrheit der Bürokratien eher unwahr-scheinlich, dass es zwischen den verschiede-nen Verwaltungen von Kindergarten undGrundschule zu einer entsprechenden Ko-operation kommt.Die Beharrungstendenzen der aufgezeigtenhistorisch gewachsenen Strukturen wirddemnach zukünftig auch immer wieder ein

Hindernis in der Zusammenarbeit zwischenden beiden Institutionen sein.

Organisatorische Probleme

Einer vielfältigen und fruchtbaren Zusam-menarbeit stehen eine Reihe organisatori-scher Probleme im Wege. Hospitationen derLehrer/Lehrerinnen im Kindergarten, umeinen Einblick in die Kindergartenwirklich-keit zu bekommen, die zukünftigen Schul-anfänger bereits in ihrem Lebensraum Kin-dergarten zu erleben, ist vor allem einZeitproblem.Lehrer vierter Klassen übernehmen vielfachden Anfangsunterricht. Genau diese Lehrersind in derselben Zeit, in der sie gefordertsind, mit dem Kindergarten im Interesse derSchulanfänger zu kooperieren, mit demÜbergang nach der Grundschule beschäftigtund somit in ihrer Aufmerksamkeit ander-weitig gebunden.

Ein weiteres Problem stellen die Einzugsbe-reiche von Kindergarten und Grundschuledar, die sich häufig nicht decken, was zu ei-ner unübersichtlichen Kooperationsstruk-tur führt. Darüber hinaus sind viele Schulennicht in der Lage, zu einem relativ frühenZeitpunkt die Lehrkräfte der Anfangsphasezu benennen, so dass die Knüpfung eines so-zialen Netzes durch frühzeitige Kooperation

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und Beziehungsanbahnung nicht gewähr-leistet werden kann. Die derzeitigen Koope-rationsbemühungen, die immer noch einzusätzliches Engagement der beteiligten Pä-dagogen darstellen, sind durch Entlastungs-stunden nicht abgedeckt.In den kooperierenden Institutionen ist aus-reichende personelle und materielle Aus-stattung für eine fruchtbare Zusammenar-beit nicht gewährleistet, welches ein nichtzu unterschätzendes Hindernis darstellt.

Darüber hinaus entstehen Kooperations-hindernisse, wenn die Zusammenarbeit zuaufwändig organisiert wird, wenn alle Betei-ligten die zeitlichen Ressourcen dafür nichthaben und die Kooperation durch langwie-rige und umständliche Gesprächsregeln er-schwert wird, die Gruppen, die aufeinandertreffen, zu groß sind und ungünstige Zeit-punkte, die stark ins Privatleben hinein rei-chen, gewählt werden.Motivationsprobleme sind dann oftmals dieFolge von Koordinierungsproblemen. Aufge-blähte Kooperationstreffen sind ein Stolper-stein auf dem Wege zu einer Kooperation, dielangfristig verankert werden soll. SowohlErzieherinnen als auch Lehrer/Lehrerinnenhaben erst einmal genug mit ihrer täglichenpädagogischen Arbeit zu tun und eine zusätz-liche Kooperation ist oftmals nur durch Über-stunden zu erkaufen. Dies ist ein Zustand, dernicht weiter geduldet werden kann.

Fehlendes Problembewusstseinauf beiden Seiten

Ein weiteres Hindernis bezüglich der Zu-sammenarbeit von Kindergarten undGrundschule ist die Kompetenzfrage. Sie be-zieht sich sowohl auf das Wissen von der Ma-terie Übergang, wie auf die Einschätzung derBedeutung des Problems. Die beiden Fakto-ren hängen zusammen, da mit dem Einblickin die Zusammenhänge die Einschätzungder Bedeutung wächst.42

Das Wissen um die Entwicklungsförderungvon Kindern bei Berücksichtigung vonÜbergängen im Kindesalter ist bei beiden Pä-dagogengruppen wenig ausgebildet, ebensowenig das Wissen um das Erfordernis derKnüpfung eines sozialen Netzes für dieSchulanfänger durch Kooperation und Be-ziehungsanbahnung (siehe Kapitel I).Unwissenheit über die Bedeutung des The-mas Zusammenarbeit trifft beide Pädago-gengruppen, sie muss auf dem Wege derFortbildung abgebaut werden.Darüber hinaus muss der Stellenwert derZusammenarbeit bereits in der Erzieher- wieLehrerausbildung verankert werden. InDeutschland sind Jugendhilfebereich undSchulbereich strikt voneinander getrennt.Erzieherinnen und Lehrer/-innen haben inder Ausbildung und der Organisation ihrer

42 Hacker, 1998

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Einrichtungen keine Berührungspunkte,sie werden völlig verschieden ausgebildetund lernen kaum etwas über die je andere In-stitution. Abhilfe könnten hier gemeinsameFortbildungen sowie ein zielorientiertesmehrwöchiges Praktikum im jeweiligen an-deren Bereich schaffen.

Unterschiede im Status, Selbst-verständnis und Selbstbewusstsein

Unterschiedliche Ausbildungsgänge undAusbildungsbedingungen mit unterschied-lichen Vergütungen wie das unterschiedli-che Bild, das sich die Öffentlichkeit von denbeiden Institutionen Kindergarten bzw.Schule macht, haben in den Köpfen der Be-troffenen zu Unterschieden im Status, imSelbstverständnis und damit auch im Selbst-bewusstsein geführt. Vorurteile und gesell-schaftlich gewachsene Einstellungen sindals Hindernisse und Schwierigkeiten nichtimmer manifest latent, aber um so wirksa-mer und wirkungsvoller. Dieser Umstand istder psychologische Hintergrund und dieKeimzelle für Ungereimtheiten und Reser-viertheiten, ja, für Missverständnisse imUmgang miteinander.43

Von der Kindergartenseite her kann erwar-tet werden, die Schule möglichst wenig vor-

43 Hacker,1998

urteilsbelastet wahrzunehmen und sich aufdie aktuelle Schulwirklichkeit einzustellen.Das gilt ebenso für die Einstellung der Schu-le zum Kindergarten. Schulvorbereitung istnicht Aufgabe des Kindergartens, auch dasletzte Kindergartenjahr soll dem „Genussder Gegenwart“44 gewidmet sein. Eine „Wa-genburg-Mentalität“45 blendet jedoch aus,dass Elementar- und Primarbereich als auf-einander folgende Stufen im Bildungswesenund Abschnitte im Leben von Kindern undEltern untrennbar miteinander verbundensind.Es wäre wünschenswert, wenn es als Aufgabeder Professionellen in beiden Bereichenverstanden würde, Unterstellungen undVorurteile zu prüfen und zu überwinden.Eine Aufgabe auch für die Fortbildung inbeiden Bereichen, hierzu die entsprechendePlattform zu bieten.

Unterschiedliche institutionsspezifi-sche Leitvorstellungen

Wie im Kapitel I belegt, haben sich die insti-tutionseigenen Leitvorstellungen der Sozi-alpädagogik bzw. der Schulpädagogik in denletzten Jahren zwar angenähert, sie sindaber nicht deckungsgleich. Die Sichtweisen

44 Faust-Siehl, 200145 Faust-Siehl, 2001

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bezüglich Bildung und Erziehung in beidenBereichen sind nicht völlig konträr, bietenjedoch noch viel Spielraum für Missver-ständnisse und Irritationen. Das wird beson-ders deutlich in der Frage der Schulfähigkeitund Schulvorbereitung. Auch in diesen bei-den Fragen begegnen sich sozialpädagogi-sche Fachkräfte und Lehrer und Lehrerin-nen mit verschiedenen Leitvorstellungen,die einem jeweils anderen Selbstverständnisentspringen. Im Verständnis des Kindergar-tenbereiches (heute noch breit vertreten)bedarf es zur Schulfähigkeit keiner beson-deren Förderprogramme und Maßnahmen,beinhaltet doch die Kindergartenzeit mit ih-ren pädagogischen Inhalten Vorbereitungauf das Leben und somit auch den nächstenLebensabschnitt Schule. Den Kindernmöchte der Kindergarten auf der LinieKorczaks ein Recht auf den „heutigen Tag“zugestehen, ohne direkte Verwertbarkeit fürden nächsten Lebensabschnitt Schule.Die Schule dagegen fordert eine Anschluss-fähigkeit auf das Anfangsniveau der Grund-schule und eine stärkere Ausrichtung desletzten Kindergartenjahres auf die Schul-vorbereitung. In der Frage der Schulvorbe-reitung und Schulfähigkeit als Beispiel fürinstitutionseigene Leitvorstellungen gibt esbisher noch keinen tragfähigen Konsenszwischen beiden Bereichen Kindergartenund Schule und dies stellt ein Hindernis inder Kooperation dar. Der Eigengeist der In-

stitution wirkt noch immer bremsend. 46 AlsErgebnis der PISA-Studie sind beide Bil-dungskonzepte – im Kindergarten wie imSchulbereich – stark in der Diskussion u.a.auch im Hinblick auf ihre Anschlussfähig-keit. Institutionseigene Leitvorstellungenwerden sich relativieren lassen müssen.

Fehlende Unterstützung durchAufsichtsbehörden und Träger

Wie bereits im Kapitel I unter RechtlichenGrundlagen aufgezeigt, haben viele Bundes-länder das Erfordernis der Zusammenarbeitlediglich durch Empfehlungen betont,denen kein gesetzlich verankertes Koopera-tionsgebot zugrunde liegt. Auf diesem Hin-tergrund sehen die Aufsichts- und Träger-behörden auch keine Veranlassung, dieKooperationsbemühungen durch klar for-mulierte Erwartungen an die Einrichtungenin ihrer Zuständigkeit abzustützen.Weder im Kindergartenbereich noch imSchulbereich stellt die Kooperation zwi-schen Kindergarten und Grundschule einQualitätskriterium dar, was im Zusammen-hang mit Qualitätsentwicklung und Quali-tätssicherung sehr verwundert und die Be-liebigkeit der Zusammenarbeit geradezufördert.

46 Hacker, 1998

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Die Aufsichts- und Trägerbehörden sind da-gegen in der Verantwortung, die Kooperati-onsbemühungen offiziell zu unterstützenund abzusichern, damit diese gegenüber derÖffentlichkeit, vor allem den Eltern, legiti-miert sind und den pädagogischen Stellen-wert erhalten, der ihnen im Interesse derKinder (eines Übergangs ohne Brüche undRisiken) zukommt.Die jeweiligen Ministerien sind hier auf-gefordert, die Kooperationsbemühungennicht nur durch Empfehlungen zu betonen,die lediglich Appellcharakter haben, son-dern durch verbindliche Kooperationsgebo-te, die auch für die Praxis handlungsleitendsind.Ob die Ergebnisse der PISA-Studie einen Re-formdruck auslösen, der sich auf die Ver-bindlichkeit des Zusammenwirkens vonKindergarten und Grundschule auswirkt,bleibt abzuwarten. Die Verbindlichkeit derKooperation beider Bereiche sollte eine Kon-sequenz aus den Ergebnissen der PISA-Stu-die sein, da nur auf dem Wege der Koopera-tion, wie im Kapitel I vorgestellt, Bildungs-ressourcen ausgeschöpft werden können.

Wenig konkret gefassteKooperationsgebote

Wie in Kapitel I bereits belegt, ist die Zusam-menarbeit von Kindergarten und Grund-

schule noch immer der Beliebigkeit preisge-geben und dem zusätzlichen Engagementder Pädagogen in beiden Bereichen überlas-sen. Die Ursache liegt in den wenig konkretgefassten Empfehlungen zur Zusammenar-beit und der fehlenden Rechtsverbindlich-keit. Demzufolge wissen die Kooperations-partner zu wenig über Kooperationsformenund sehen nicht die Brisanz der Aufgaben-stellung.47 Ein Hauptgrund ist allerdings,dass in den Empfehlungen nur ein Rahmenvorgegeben ist, der erst durch hinreichendkonkrete Anregungen ausgefüllt werdenmuss. Nur auf dem Hintergrund gesetzlichveränderter Kooperationsgebote sowohl imKita-Gesetz als auch im Schulgesetz veran-kert und durch den Erlass von Vollzugshin-weisen oder Empfehlungen konkretisiert,die die zuständigen Ressorts gemeinsam he-rausgegeben haben, können die Aufsichts-behörden im Kindergarten wie im Schulbe-reich die Verbindlichkeit der Umsetzungeinfordern.Schule und Kinder- und Jugendhilfe müssenlernen, sich als Institutionen in einem Netzvon Sozialisationsfeldern zu verstehen, mitklaren Zuständigkeitsgrenzen aber ebensoklaren Verbindungen und dem Willen zurKooperation.48

47 Hacker, 199848 Zehnter Kinder- und Jugendbericht, 1998

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Ergebnisse einer Befragung in Kinder-gärten und Grundschulen

Allen Kindergärten und Grundschulen imKreis Paderborn wurde ein Fragebogen mitoffenen Fragen angeboten, die auf möglicheHindernisse und Schwierigkeiten in der Zu-sammenarbeit ausgerichtet waren. Es wur-den Hindernisse und Schwierigkeiten aufder• personalen Ebene,• der organisatorisch-institutionellen Ebe-

ne und• auf der fachlichen Ebene sowie Vorschläge

zu ihrer Behebung (in den drei Bereichen)angefragt.

Der Rücklauf der Befragung war insgesamtzufrieden stellend und ermöglicht das Ein-blenden von Aussagen über Hindernisse undSchwierigkeiten, die von den Pädagogen/Pä-dagoginnen in Kindergarten und Grund-schule gesehen werden.Es überrascht, dass auf der Schulseite in al-len 3 Bereichen von 1/3 der Befragten keineHindernisse benannt werden.Hier nun eine Auswahl der Befragungser-gebnisse:

Hindernisse und Probleme aus Sicht derSchule

Aus der Sicht der Schulleiter/-innen derGrundschulen wird auf der personalen wieauf der organisatorisch/institutionellenEbene sehr häufig das Zeitproblem benannt,welches ein Hindernis in der Zusammenar-beit darstellt:• begrenzte Arbeitszeit von Erzieherinnen

und Lehrer/innen• fehlende Zeit, sich noch mit der Kinder-

gartenarbeit auseinander zu setzen, da imMoment auch im GrundschulbereichNeuerungen auf die Kollegen einströmen

• jede einzelne Person ist zeitlich sehr ein-gebunden, so dass sich eine Zusammen-arbeit auf ein Minimum reduziert

• der Zeitaufwand bei der Terminkoordi-nation

Von den Schulleitern/Schulleiterinnen derGrundschule werden auf der organisato-risch-institutionellen Ebene folgende Hin-dernisse und Schwierigkeiten benannt:• Datenschutz: man muss die Kinder auch

beim Namen nennen dürfen• Zuordnung Schule – Kindergarten: durch

die freie Kindergartenwahl und die dage-gen stehende gebundene Schulzuwei-sung muss fast jede Schule mit 5–6 Kin-dergärten in Kontakt treten, was einen in-tensiven Austausch erschwert

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• Wenig Klarheit über die Notwendigkeitder Kooperation, zu wenig Kenntnis überden Bildungsauftrag des Kindergartens.

Auf der fachlichen Ebene wird an Hindernis-sen und Schwierigkeiten von der Schulseitevorgebracht:• Für Schulen ist es schwierig, dass die Kin-

dergärten oft sehr unterschiedliche Kon-zepte haben und dass aus Sicht der Schuleteilweise zu wenig im Kindergarten aufdie Anforderungen des 1. Schuljahres hin-gearbeitet wird.

• Bei den Erzieherinnen ist zu wenig Fach-kompetenz bei der Diagnostik von Früh-schäden, Behinderungen oder individuel-len Entwicklungsrückständen vorhanden,sowie fehlende Anleitung entsprechenderMaßnahmen zur Behebung der festgestell-ten Störungen.

• Fehlende Information bei den Erzieherin-nen im Hinblick auf die schulischen Vor-aussetzungen (Feinmotorik, Grobmoto-rik, visuelle Wahrnehmung).

• Die Ziele und Inhalte der jeweiligen Ein-richtung sind nicht hinlänglich bekannt.

• Geringe Kenntnisse der Lehrer/-innenüber Inhalte und Ziele der Kindergarten-arbeit.

• Die gesetzlichen Grundlagen und die me-thodisch/didaktischen Vorgehensweisensind auf beiden Seiten zu wenig zurKenntnis gebracht worden.

An Vorschlägen zur Behebung der Hinder-nisse und Schwierigkeiten wird von derSchulseite her eingebracht:• Entlastungsstunden für einen Ansprech-

partner in jeder Schule• Gegenseitige Information über Ziele und

Wege der entsprechenden Arbeit• Einen festen Ansprechpartner von der

Kindergarten- wie von der Schulseite• Regelmäßige Gespräche nicht nur zwi-

schen Kindergartenleiterin und Schullei-tung

• Austausch Kindergartenteam – Lehrerder Anfangsklasse, Besuch des Lehrers imKindergarten, Austausch über die Schul-erfahrungen der Erstklässler 6 Wochennach Einschulung

• Gesellschaftliche Aufwertung der Zusam-menarbeit, durch qualifiziertere Ausbil-dung auf beiden Seiten wird die Situationverbessert

• Unbürokratisches Verwirklichen von Ver-besserungsvorschlägen aus der Praxis undEntlastungsstunden für die Pädagogenauf beiden Seiten

• Zielvereinbarungen der Kooperation durchbeide Ministerien, von dort Ausformu-lierung von Erwartungen, Zielen und Ver-fahrensweisen der Evaluation der Koopera-tion

• Eine wechselseitige Wahrnehmung der je-weiligen Arbeit mit ihren veränderten An-forderungen in regelmäßigen Abständen

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• Zu einem Konferenztermin mit entspre-chender Thematik die Erzieherinnen ein-laden

• Wohnortnahe Zuweisung der Kindergär-ten

• Vertrauliche Gespräche über die Kindersollten ohne Zustimmung der Elternmöglich sein

• Für die Schule wäre es wünschenswert zuwissen, was besonders im letzten Kinder-gartenjahr gemacht wird (Themenberei-che)

• Kennenlernen von Richtlinien des Kin-dergartens und der Grundschule

• Gemeinsame Konferenz mit fachlichemHintergrund

• Angleichung der pädagogischen Schwer-punkte und Ziele in Kindergarten undGrundschule auf Landesebene

• Austausch Kindergartenkonzept – Schul-programm, Austausch über Schwerpunk-te der Arbeit des 1. Schuljahres, Hospita-tionen um die jeweilige pädagogischeArbeit nachvollziehen zu können

• Austausch über fachliche Themen, ge-meinsame Elternabende

• Erhöhung der fachlichen Standards ins-besondere im Erzieherinnenaustausch

Die Ergebnisse der Befragung bestätigen diein diesem Kapitel aufgezeigten Hindernisseund Schwierigkeiten der Kooperation. Die

Hauptursachen49 klingen auch in den Be-fragungsergebnissen an:

a) Strukturelle Ursachen, wie• die Distanz zwischen den Berufsgruppen

der Erzieherinnen und der Lehrerinnen• das Zusammentreffen von zwei Stufen des

Bildungssystems, die in Deutschland bisin die organisatorischen Einzelheiten voneigenen Gesetzmäßigkeiten bestimmtsind

• Kontinuität als Organisationsprinzipspielt eine relativ geringe Rolle. Elemen-tar- und Primärbereich sind nicht auf An-schlussfähigkeit hin konzipiert.

b) das Zusammentreffen unterschiedlicher„Philosophien“.

Hindernisse und Probleme aus Sicht derErzieherinnen

Aus Sicht der Erzieherinnen wird auf derpersonalen wie auch auf der organisato-risch-institutionellen Ebene häufig das Zeit-problem genannt• Das Stundenkontingent der Erzieherin-

nen ist so knapp bemessen, dass einfachdie Zeit fehlt.

• Mangels Zeit ist das Kennenlernen derLehrer schwierig.

49 Hacker, 1998

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• Zu wenig Zeit für Austausch zwischen Er-zieherin und Lehrer/-in.

Darüber hinaus wurde auf der personalenEbene von den Erzieherinnen angemerkt:• Häufiger Personalwechsel – junge Kolle-

ginnen haben eine starke Hemmschwelleim Umgang mit Lehrern

• Wenig Interesse seitens der Schule• Keine oder geringe Akzeptanz des anderen

Berufsstandes• Unterschiedliche Lehrer haben unter-

schiedliche Vorstellungen von der Not-wendigkeit der Zusammenarbeit.

Von den Erzieherinnen wird auf der organi-satorisch-institutionellen Ebene neben demZeitproblem als Hindernis benannt:• Organisation von Zusammenarbeit wird

häufig auf das Kindergartenpersonal ab-geschoben.

• Jede Einrichtung hat ihr Arbeitsumfeld,das heißt wenig Berührungspunkte.

• Kinder der Einrichtung besuchen drei un-terschiedliche Schulen.

• Schule ist am anderen Ort, daher kein di-rekter Kontakt zum Lehrer.

Auf der fachlichen Ebene wird an Hindernis-sen vorgebracht:• Ausbildung ist nicht verknüpft, ältere

Lehrer haben wenig Einblick in die Kin-dergartenarbeit, kennen den Bildungs-

auftrag nicht, Hospitation in der Schuleist unerwünscht.

• Unterschiedliche Ansichten bezüglichZiele und Methoden von Erziehung undBildungsauftrag.

• Wenig Austausch seitens der Schule überKonzepte oder die Entwicklung einzelnerKinder.

An Vorschlägen zur Behebung der Hinder-nisse und Schwierigkeiten wird von der Kin-dergartenseite her eingebracht:

Auf der personalen Ebene:• Informationen über die jeweilige Ausbil-

dung• Kennenlernnachmittage, -abende• Kindergärten, die zur selben Schule ge-

hören, könnten sich zusammentun undeine Kraft benennen, die für die Zusam-menarbeit zuständig ist, Kontakt pflegtund einrichtungsübergreifend informiert

• Besuch einzelner Lehrer in der Einrich-tung, um einen Einblick zu erhalten

• Ein höheres Stundenkontingent

Auf organisatorisch-institutioneller Ebene:• Übergangsmodelle andenken• Die Anzahl der Treffen für die Zusammen-

arbeit sollte festgelegt werden• Gemeinsame Fortbildungen, z.B. zum

Arbeitskreis der Erzieherinnen auch eineEinladung an die Schule schicken

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• Verpflichtung von regelmäßigen Treffen,die wechselweise von beiden Institutio-nen vorbereitet werden

Auf der fachlichen Ebene:• Regelmäßige Fachgespräche über Kin-

dergartenarbeit, Regeln und Erziehungs-stile als Pflicht

• Besuche von Referendaren und Pädago-gen im Kindergarten, gemeinsame Kon-ferenzen zum gegenseitigen Verständnisund Kennenlernen

• Hospitationsmöglichkeiten für Erziehe-rinnen sollten von der Schule angebotenwerden (Regelangebot)

Im Vergleich zur Schulseite, wo ein Drittelder Lehrer/-innen keine Probleme sehen,sind es bei den Erzieherinnen ca. 20 %, die inder Zusammenarbeit keine Hindernisse an-geben.

Die verantwortlichen Bildungspolitiker, diefür eine Kooperation zuständigen Ministe-rien sind aufgerufen, entsprechende Rah-menvorgaben zur Behebung der Hinder-nisse und Schwierigkeiten zu schaffen unddafür Sorge zu tragen, dass die Kooperationvon der Beliebigkeit in eine Verbindlichkeitüberführt wird.

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Kapitel IVAnlässe zur Kooperation

Pädagogen/Pädagoginnen in Kindergar-ten und Grundschule, die die pädagogi-

sche Notwendigkeit der Zusammenarbeitnachvollziehen können und kooperierenwollen, ohne auf gesetzliche Verbindlichkeitzu warten, bieten sich eine Vielzahl von Ko-operationsanlässen. Diese können drei Be-reichen zugeordnet werden:• Kooperationsanlässe mit Blick auf die

Schulanfänger• Kooperationsanlässe mit Blick auf die El-

tern der Schulanfänger• Kooperationsanlässe mit Blick auf die Ko-

operationspartner• Kooperationsanlässe mit Blick auf die ge-

setzlichen Grundlagen

Auf einige Kooperationsanlässe wird nähereingegangen, da sie im Hinblick auf das Leit-ziel der Kooperation (Entwicklungsförde-rung durch Berücksichtigung von Übergän-gen im Kindesalter) sehr bedeutsam sind.

Kooperationsanlässe mit Blickauf die Schulanfänger• Fragen der Kinder hinsichtlich der bevor-

stehenden Einschulung• Die schulärztliche Untersuchung und die

Weichenstellung für die Schulfähigkeit• Kinder des 1. Schuljahres besuchen mit

ihrem Lehrer den Kindergarten• Der Lehrer/die Lehrerin der Anfangsklas-

se besucht den Kindergarten• Die Schulanfänger besuchen die Schule• Der Lehrer/die Lehrerin der Anfangsklas-

se informiert sich im Kindergarten überdie Lernerfahrungen der Schulanfängerund über die Bildungsgelegenheiten, dieihnen eröffnet wurden/werden

• Einstimmung der Schulanfänger auf denneuen Lebensbereich Schule und Förde-rung der Schulfähigkeit

• Korrespondenzen und Patenschaften• Die Gestaltung des 1. Schultages• Gemeinsam nutzbare Räume, Außen-

spielflächen, Materialien• Gemeinsame Feste, Ausflüge, Gottes-

dienste, Projekte, Unternehmungen

Kooperationsanlässe mit Blick aufdie Eltern• Fragen der Eltern bezüglich der Schulfä-

higkeit ihres Kindes und der bevorstehen-den Einschulung

• Informationsabende für Eltern der Schul-anfänger

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• Elternmitwirkung im Hinblick auf dieEinschulung und die Gestaltung des 1.Schultages

Kooperationsanlässe mit Blickauf die Kooperationspartner• Beratende Funktion der Erzieher/-innen

hinsichtlich Fragen der Schulfähigkeit• Personelle „Verzahnung“ der pädagogi-

schen Bezugspersonen durch Hospitatio-nen in der Nachbarschule/im Nachbarkin-dergarten

• Gemeinsamer Austausch über Modalitä-ten einer engeren Zusammenarbeit hin-sichtlich der Schulkinderbetreuung: ImHort, im Schulkinderhaus, im Schulkin-dergarten und anderen Betreuungsfor-men

• Gesprächskreise Lehrer/-innen und Er-zieher/-innen

• Gemeinsame Fortbildungen und Teilnah-me an der Fortbildung des Kooperations-partners

Kooperationsanlässe mit Blickauf die gesetzlichen Grundlagen• Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen

und der Trägererwartungen• Einlösung bildungspolitischer Erwartun-

gen

Kooperationsanlässe mit Blick aufdie Kinder

Der Entwicklungsprozess eines Kindesnimmt keine Rücksicht auf die jeweilige pä-dagogische Institution, die gerade besuchtwird, und deshalb wären Übergänge ohneBrüche und Risiken zwischen benachbartenpädagogischen Einrichtungen eine zwangs-läufige Konsequenz (Hauzenberger 1994).Die Realität vermittelt jedoch in vielen Fäl-len noch den Eindruck, als gäbe es kaum ei-nen Anlass, aufeinander einzugehen undüber persönliche wie institutionelle Kontak-te zum Wohl des Kindes und seiner Entwick-lungsförderung – soweit als nötig und mög-lich – pädagogisch wirksam zu werden (Hau-zenberger 1994).

Fragen der Kinder zur Einschulung

Um ein realistisches und positives Bild vonSchule entstehen zu lassen, muss das Kindvielfältige Informationen über die neue In-stitution erhalten. Nur eine enge Koopera-tion von Kindergarten und Grundschuleschafft in Kenntnis der konkreten Verhält-nisse jene Voraussetzungen, die den Start insSchulleben erleichtern.50

50 Hacker, 1998

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Jedes Kind wird im Hinblick auf Schule freu-dige Aspekte nennen können. Neben demErlernen des Rechnens, Lesens und Schrei-bens freuen sich zukünftige Schulanfängerauf die Pausen, auf das Spielen mit demFreund, auf das Turnen, auf null Fehler, aufkeine Hausaufgaben usw. Aber auch Ängstesind vorhanden, die thematisiert werdensollten. Schulanfänger ängstigen sich vorden großen, wilden Kindern auf dem Schul-hof, vor schlechten Noten, vor dem Hinfallenauf dem großen Klettergerüst, davor, falscheHausaufgaben gemacht zu haben usw. DieFragen und Aussagen der Kinder könnenvon den Erzieherinnen festgehalten und anden Rektor/die Rektorin oder die zukünftigeLehrerin/den zukünftigen Lehrer in schrift-licher oder mündlicher Form gerichtet wer-den.

Schulärztliche Untersuchung undSchulfähigkeit

In Nordrhein-Westfalen ist die schulärztli-che Untersuchung gesetzlich vorgeschrie-ben.51 Anhand der in großen Teilen Nord-rhein-Westfalens standardisiert ablaufendenUntersuchung kann der Schularzt/dieSchulärztin durch Anwendung von aner-

51 Bereinigte Amtliche Sammlung der Schulvorschrif-ten BASS 2001/2002 § 3 Abs. 2

kannten Testkriterien wichtige Informatio-nen zum jeweils erreichten Entwicklungs-stand geben.Nach Absprache mit den Erziehungsberech-tigten wird das Ergebnis der Schulanfänger-untersuchung als Entscheidungshilfe fürdie Beschulungsform an die zuständigeGrundschule weitergegeben. Erhebliche Be-denken des Schularztes/der Schulärztin ge-gen die Einschulung führen in der Regel zurZurückstellung des Kindes durch die Schul-leiterin/den Schulleiter.Bei nicht eindeutigen schulärztlichen Gut-achten als Entscheidungshilfe für die Be-schulungsform oder bei Irritationen der El-tern über das Ergebnis wird ein GesprächSchule-Schularzt-Kindergarten erforder-lich. Die Erzieherinnen des Kindergartenskönnen ihre Kenntnisse zum Entwicklungs-stand des Kindes (im Altersvergleich) ein-bringen, damit die Weichen im Hinblick aufEinschulung oder Zurückstellung vomSchulbesuch richtig gestellt werden.Die Grundschule sollte die Fachkräfte desKindergartens bei Fragen der Schulfähig-keit der Kinder hören, da die Erzieherinnendie Kinder längerfristig beobachtet habenund mit ihrer Einschätzung und ihren Be-funden helfen können, vor allem dann, wennZweifel an der Schulfähigkeit bestehen. Wasdie Erzieherin von den ihr anvertrautenSchuldaten der Lehrkraft mitteilt, ist vorabmit den Eltern abzustimmen. In jedem Fall

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bedarf die Informationsweitergabe an dieSchule auch der schriftlichen Einwilligungder Eltern, die zu Beginn des Einschulungs-verfahrens einzuholen ist.

Besuch aus dem ersten Schuljahr

Zur Einstimmung der Kinder auf den neuenLebensbereich Schule eignet es sich, dassder Lehrer/die Lehrerin des 1. Schuljahresmit Kindern des 1. Schuljahres den Kinder-

garten besucht. Über Schule wird da-durch umfassender informiert, weildie Schülerperspektive einbezogenist. Gegebenenfalls können die Schul-kinder auch von ihrem 1. Schultag er-zählen, wie sie mit Neugierde, Erwar-tungen und Ängsten fertig gewordensind. Sie können mitteilen, was siebisher in der Schule schon gelernt ha-ben und was ihnen an Schule Spaßmacht. Ein vielfältiges und positivesBild von Schule zu vermitteln, ist dasHauptanliegen dieses Besuches.Durch diesen Besuch kann die Freudeund Erwartung auf die Schule erhöhtwerden.52

Die Lehrerin besucht die Schulan-fänger

Sobald im Lehrerkollegium geklärtist, wer die Anfangsklasse über-nimmt, ist es im Hinblick auf dieKnüpfung eines sozialen Netzes

52 Hacker, 1998

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durch Kooperation und Beziehungsanbah-nung unverzichtbar, dass der Lehrer/dieLehrerin die Schulanfänger im Kindergar-ten besucht.Wie aus der Praxis berichtet, haben dieSchulanfänger insbesondere auch Fragenzur Person des Lehrers/der Lehrerin. Siemöchten gern wissen, ob sie einen Lehreroder eine Lehrerin bekommen, ob er/sie altoder jung ist, ob er/sie streng ist und vieleHausaufgaben aufgibt, ob sie in der Schuleauch zur Toilette außerhalb der Pausen ge-hen dürfen, frühstücken dürfen wie im Kin-dergarten, die Großen sie auf dem Schulhofnicht herumschubsen usw.53

Die Fragen der Kinder müssen aufgegriffenund die Beziehungen der Schulanfängerzum Lehrer/zur Lehrerin angebahnt wer-den. Kinder und Lehrkraft müssen sich mit-einander so vertraut machen, dass sie sichgegenseitig einschätzen können. Zu dieserBeziehungsanbahnung ist der erste Besuchder Lehrkraft ein erster Schritt und in seinerTragweite nicht zu unterschätzen.Damit dieser erste Besuch des Lehrers/derLehrerin im Kindergarten auch dem Ziel derBeziehungsanbahnung entspricht, ist eswichtig, dass der Besuch von beiden Koope-rationspartnern gemeinsam vorüberlegtund gestaltet wird. Die gemeinsame Gestal-

53 Fragen der zukünftigen Schulanfänger, erhoben imKindergarten Lichtenau-Husen

tung sollte auf das Leitziel der Beziehungs-anbahnung inhaltlich ausgerichtet werden.Beide Kooperationspartner sind hier mit ih-ren pädagogischen Ideen und ihrer Kreati-vität gefragt. Sollte der Lehrer/die Lehrerinder Anfangsklasse nicht frühzeitig fest ste-hen, so kann der Rektor/die Rektorin stell-vertretend den Part des Besuches im Kinder-garten übernehmen. Der Besuch darf imInteresse der Kinder, ihrer Fragen und ih-rem Eingebettetsein in ein soziales Netz vonpersonalen Beziehungen wegen organisato-rischer Defizite nicht ausfallen. Wie schonim Kapitel I herausgestellt, müssen dieSchulanfänger eingebettet sein in ein Netzvon personalen Ressourcen, die dem Kinddie Bewältigung neuer Entwicklungsaufga-ben und neuer Herausforderungen, wie denÜbergang in die Schule, erleichtern.

Schulanfänger besuchen die Schule

Mit dem Wechsel vom Kindergarten zurGrundschule verändert sich die Lebensweltdes Kindes. Die Schule zeichnet sich ausdurch eigene Kriterien der Zugehörigkeit,eines bestimmten Rollenstatus, Beziehun-gen und Tätigkeiten.54

In der Auseinandersetzung mit dem bevor-stehenden Schulanfang können sich daher

54 Bronfenbrenner, 1981

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starke Gefühle, zuweilen auch Stress beimzukünftigen Schulkind entwickeln.Im Rahmen der Kooperation von Kindergar-ten und Grundschule ist darum ein Besuchder neuen Institution im letzten Kindergar-tenjahr sehr wichtig. Die neue Umgebungmit der vertrauten Kindergruppe und derErzieherin zu erkunden, fördert die Sicher-heit und das Selbstvertrauen beim Kind.Planung und gemeinsame Absprachen zwi-schen Erzieherin und Lehrkräften tragen

zum guten Gelingen dieses ersten Schulbe-suchs bei. Dabei ist zu berücksichtigen, dassdie Kinder Kenntnis von der spezifischenKultur der Schule erhalten, dass sie die un-terschiedlichen Räume und deren Funktion,sowie unterschiedliche Personen und derenAufgaben kennen lernen.55

Beim Schulbesuch erfährt das Kind, dasssich der Schulalltag zwar vom Kindergar-

55 Griebel/Niesel, 2002

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tenalltag unterscheidet, jedoch bestimmteVerhaltensregeln, Unterrichtsformen undRituale gleich bleiben. Es erhält einen erstenEinblick in den Unterrichtsablauf, lerntSchulmaterialien kennen und hat die Mög-lichkeit, sich noch offene Fragen von derLehrperson, den Schülern und der Erziehe-rin beantworten zu lassen.Dem Kindergartenkind bedeutet es sehr viel,in einer Schulstunde selbst aktiv zu sein undeinfache Arbeitsaufträge ausführen zu dür-fen. Dies können bestimmte künstlerischeProdukte sein, die dann den Klassenraumam ersten Schultag schmücken und die neueUmgebung bekannter machen. In jedemFalle sollte der Besuch Ängste abbauen undLust auf Schule machen.56

Lernerfahrungen und die Bildungs-geschichte der Schulanfänger

Im Hinblick auf die Ausschöpfung von Bil-dungsressourcen ist es unverzichtbar, dassim Übergang vom Kindergarten zur Grund-schule ein Austausch zwischen Lehrer/Leh-rerin und Erzieherinnen des Kindergartenserfolgt über das, was die Schulanfänger anKompetenzen, Kenntnissen und Erfahrun-gen in die Schule mitbringen. Diese Erwar-

56 Pädagogisches Institut Bozen, Brücken bauen,1996

tung steht in einem Zusammenhang mit dervon Fthenakis formulierten Forderung, dassdie Schule die Chancen nutzt, die im Kin-dergarten geförderten Kompetenzen für dieweitere Förderung abzufragen und im schu-lischen Bereich zu nutzen. 57 Dieser Besuchsollte wünschenswert nach dem 1. Besuchdes Lehrers/der Lehrerin im Kindergartenerfolgen und an die beim 1. Besuch gemach-ten Erfahrungen anknüpfen. Der Austauschkönnte sich an folgenden Leitfragen orien-tieren:• Welche Bildungsgelegenheiten wurden

im Kindergarten den Schulanfängern er-öffnet?

• In welchen Projekten konnten sie welcheLernerfahrungen machen?

• In welchen Bereichen wurden besondereBegabungen deutlich?

• Wodurch wurde ihr besonderes Interessestimuliert?

• Wie ist es um ihre Sprachkompetenz be-stellt?

• Welche Lieder wurden an die Kinder he-rangetragen, welche Reime, Verse, Inhaltevon Kinderliteratur sind ihnen vertraut?

Im Austausch zwischen Kindergarten undGrundschule sollten nicht nur auf die Ge-samtgruppe bezogene Informationen trans-portiert werden, auch das einzelne Kind mitseinen speziellen Begabungen ist Gegen-

57 Fthenakis, 2000

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stand des Austausches. Auf dem Wege einesso kollegialen Austausches werden Anknüp-fungspunkte für das Ausschöpfen von Bil-dungsreserven gefunden. Dieser Austauschüber die Bildungsgeschichte der Gruppe derSchulanfänger aber auch jeden einzelnenKindes bedarf der Abstimmung mit den El-tern, die im Hinblick auf die Weitergabe vonDaten/Informationen über ihr Kind ihr Ein-verständnis erteilen müssen.Ein Austausch mit dem Ziel, an die bisheri-gen Lernerfahrungen der Kinder im An-fangsunterricht anzuknüpfen, erforderteine inhaltliche Abstimmung auf Seiten bei-der Kooperationspartner. Darüber hinausbenötigt ein so anspruchsvoller pädagogi-scher Austausch Raum und Zeit und kannnicht so nebenbei geleistet werden.Dieser 2. Besuch des Lehrers im Kindergar-ten und die dort gesammelten Informatio-nen über die Bildungsgeschichte der Kinderwird möglicherweise das Bild von Elemen-tarerziehung und -bildung neu ordnen. DerLehrer spricht beispielsweise mit einem an-deren Background über den Kindergarten,etwa gegenüber den Eltern. Möglicherweisewerden brauchbare Elemente gefunden, diein den Anfangsunterricht übertragen wer-den. Besuche dieser Art befördern neue Er-fahrungen, die die Qualität des Anfangsun-terrichts verbessern, die didaktische undpädagogische Kompetenz erweitern und da-mit die Arbeit des Schulanfangs erleichtern.

Über solche wichtigen Effekte dieses Besu-ches wird ein Teil des Aufwands „zurückge-geben“58 Dieser Kooperationsanlass ist vonzentraler Bedeutung im Hinblick auf dieAusschöpfung von Bildungsressourcen.

Einstimmung der Schulanfänger aufden neuen Lebensbereich

Der Kindergarten soll sich wünschenswertauf die Schule beziehen, denn sie ist dienächste Stufe im Lebenslauf der Kinder.Eine eigenständige Vorbereitung auf dieSchule meint aber nicht, schulspezifischesLernen vorwegzunehmen. Es meint statt-dessen:• genaue Beobachtung der Kinder: Erzie-

herinnen sollten wahrnehmen, was dieKinder können, was sie gern machen, wassie an Herausforderungen brauchen;

• Projekte, die die Kinder herausfordern,ihre Unternehmungs- und Entdeckungs-lust ansprechen;

• Arbeiten in einer Gruppe von Gleichaltri-gen: Herausforderungen, denen sich Kin-der vor dem Übergang in die Schuledurchaus stellen dürfen;

• die Kindergartenzeit muss ein attraktivesEnde bekommen, das letzte halbe Jahrdarf nicht nur ein lästiges Auslaufen sein.

58 Hacker, 1998

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Anlässe zur Kooperation

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Auf dem Hintergrund einer so verstandeneneigenständigen Schulvorbereitung werdenin den meisten Kindergärten die Schulan-fänger im letzten Jahr ihrer Kindergarten-zeit als eigene Gruppe in kleineren Zeitein-heiten auf den zukünftigen LebensbereichSchule eingestimmt und vorbereitet.Zur Einstimmung und eigenständigenSchulvorbereitung gibt es zurzeit kein ver-bindliches Curriculum, so dass es den Erzie-herinnen weitgehend überlassen ist, wie sieKinder mit der Schule vertraut machen. DieErzieherinnen richten sich dabei nach ih-rem eigenen Ansatz und den Wünschen derEltern. Das „Wie“ der Einstimmung undSchulvorbereitung ist jedoch ein wichtigerKooperationsanlass zwischen Kindergartenund Grundschule. Der Kindergarten ist auf-gerufen das „Wie“ dem Kooperationspartnergegenüber zu verdeutlichen, damit die imKindergarten gemachten Lernerfahrungenund angebahnten Kompetenzen der Schul-anfänger von der Schule nachvollzogen undaufgegriffen werden können.Der Kindergarten leistet für die Vorberei-tung auf die Schule eine gute Vorarbeit,wenn er die Fähigkeiten fördert, die dieÜbernahme der Schülerrolle erleichtern.Schule spielen ist hier u.a. eine Form derSchulvorbereitung, die sich zu einem Pro-jekt Schulvorbereitung ausweiten lässt.59

59 Niesel/Griebel, 2002

Korrespondenzen und Patenschaften

Korrespondenzen und Patenschaften zwi-schen Kindergartenkindern, Lehrern/Leh-rerinnen und Grundschülern intensivierenund personalisieren die Beziehungspartner-schaft.Gegen Ende der Kindergartenzeit wächst dieErwartung in Bezug auf die Schule. Das Kindhat bei Schulbesuchen und durch Besuchedes Lehrers/der Lehrerin im Kindergartenschon viel über die neue Institution erfah-ren. Allerdings ist es bei den Begegnungenmeistens in der Gruppe angesprochen wor-den. „Liebe Sabine, heute schreibt dir deineLehrerin …,“ könnte der Anfang eines klei-nen Briefes lauten. Mittels einer Korrespon-denz wird das Kind stärker als Individuumangesprochen und es entsteht eine Persona-lisierung der bisherigen Beziehung.Eine ähnliche Korrespondenz kann auchzwischen einer Schulklasse und den zukünf-tigen Schulanfängern entstehen. GeradeMitschüler können am Anfang Orientie-rungspersonen sein, die im Schulalltag Hil-festellung geben. Solche Patenschaften sindauf das Mitwirken der beteiligten Lehrer an-gewiesen und geben nur dann einen Sinn,wenn sie vor Schulbeginn aufgenommenwurden.60

60 Hacker, 1998

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besonderer Tag im Schülerlebensoll er einen feierlichen Rahmenerhalten, andererseits soll Schu-le auch schon Schule sein. DieNeuankömmlinge möchten se-hen, was mit dem Statuserwerbdes Schülers von ihnen gefordertwird.Bekannte Rituale aus dem Kin-dergarten und gemeinsamesLiedgut vereinfachen den Ein-stieg, geben Sicherheit und för-dern das Gemeinschaftsgefühl.Bei folgenden Eintrittsritualenkönnen die im Rahmen der Ko-operation entwickelten gemein-samen Inhalte angewandt wer-den:

Die kirchliche EinsegnungMit den Eltern, Lehrern/Lehre-rinnen nehmen häufig auch Er-zieherinnen und Kindergarten-kinder als Gäste an der Feier teil.

Die Feierstunde in der SchuleDie Willkommensgesten der Schulgemein-schaft sollten in einem für den Schulanfän-ger überschaubaren Rahmen geschehenund eine ermutigende und vertrauensvolleAtmosphäre ausstrahlen.

Der erste Schultag

Beim Übergang vom Kindergarten in dieSchule steigern sich Vorfreude und Anspan-nung am ersten Schultag zu einem emotio-nalen Höhepunkt im Familienleben.61 Als

61 Griebel/Niesel, 2002

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Die erste SchulstundeDie erste Schulstunde kann anknüpfen anden Schulbesuch im Mai/Juni oder auch anein Projektthema aus der Kindergartenzeit,das Institutionen übergreifend vom Lehrer/der Lehrerin genutzt wird. Der mit denSchulanfängern im Vorfeld gestaltete Klas-senraum ist den Kindern vom Schulbesuchher bekannt und bietet daher einen sicherenRahmen.

Die SchultüteMit der im Kindergarten gebastelten undvon den Eltern gefüllten Schultüte wird derBeginn im neuen Lebensabschnitt zu einem„runden“ Erlebnis.

Laut Griebel/Niesel gibt es in fast jederSchulklasse einzelne Kinder, die am erstenSchultag weinen und sich nur schwer vonihren Eltern trennen können. Ein Grund fürdiese Trennungsangst liegt in dem Gefühlder Überforderung, in der neuen, noch un-übersichtlichen Situation, in der Kinder dieNähe von Vater und Mutter suchen. Aberauch Mütter und Väter erleben den erstenSchultag ihres Kindes oft mit gemischtenGefühlen, so dass der Schulanfänger nichtnur seine eigene Befindlichkeit erlebt, son-dern auch die seiner Eltern. Dies weist aufdie Wichtigkeit eines Elternabends in derSchulvorbereitung hin, wo Eltern ihre eige-ne Gefühlslage reflektieren können, damit

ihr Kind sie bei der Übergangsbewältigungnicht als belastend erlebt.

Gemeinsam nutzbare Räume,Außenspielflächen, Material

Ein weiterer Kooperationsanlass sind ge-meinsam nutzbare Räume, Außenspielflä-chen, Material. Wenn Lehrer und Erziehersich als pädagogische Nachbarn betrachten,finden sie Gelegenheit, Räume, über die derKooperationspartner nicht verfügt (Werk-raum, Turnhalle, PC-Raum der Schule, Au-ßenspielfläche), sowie Materialien des Kin-dergartens (Liedgut, Bilderbücher) dem Ge-genüber anzubieten. Die oftmals kindge-rechtere Ausgestaltung der Außenspielflä-che des Kindergartens kann als Erlebnisbe-reich der Schule projektbezogen zugänglichgemacht werden.

Gemeinsame Feste, Ausflüge,Gottesdienste, Projekte

Es gibt Kooperationsanlässe, die sich eig-nen, die Kinder des 1. Schuljahres in denKindergarten bzw. die Schulanfänger in dieSchule einzuladen. Es sind dies oftmals An-lässe zur Teilnahme an Festen, Ausflügen,Gottesdiensten oder die Teilnahme an einemProjekt, welches gleichermaßen Schulkin-

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der und Schulanfänger einbezieht. Hiersteht das gemeinsame Erleben im Mittel-punkt der Kooperationsaktivität. Beispiel-haft eignen sich hier:• Erzieherinnen basteln Weihnachts-

schmuck mit ihren „Ehemaligen“• Gemeinsame Adventsfeier von Schulkin-

dern des 1. Schuljahres und den Schulan-fängern

• Gemeinsame Faschingsfeier in der Schulefür die Kinder der 1. Klasse und die Schul-anfänger

• Maifest im Kindergarten – Schulkinderder 1. Klasse führen einen Tanz vor

• Flohmarkt in der Schule – Kinder der 1.Klasse veranstalten einen Flohmarkt fürSchulanfänger

• Picknick und Wanderung der 1. Klasseund Schulanfänger

• Schulkinder des 1. Schuljahres laden dieSchulanfänger zu einer Turnstunde ein(orientiert an einer erfolgreichen Zusam-menarbeit zwischen Kindergarten undGrundschule in Passau-Heining)

Im gemeinsamen Erleben von Festen, Aus-flügen, Gottesdiensten, Projekten wird dieScheu vor dem neuen Lebensbereich einStück weit abgebaut und Beziehungen kön-nen angebahnt werden.

Kooperationsanlässe mit Blickauf die Eltern

In vielen Kooperationsmodellen für denÜbergang sind Eltern die „dritte Instanz“ ne-ben Kindergarten und Schule. Einer selbst-bewusster gewordenen Elternschaft, einerZusammenarbeit mit Eltern auf der Basis ei-ner Erziehungspartnerschaft kann wederdie Rolle der bloßen Adressaten noch die desnützlichen Kindergarten- bzw. Schulhel-fers, der Feste und Feiern mitgestaltet, zu-gemutet werden.62 Diese Funktionen sindnicht grundsätzlich abzulehnen: Wenn sichaber die Kooperation mit Eltern nur daraufbeschränkt, können Eltern leicht ihr Inte-resse an der Schule und ihren pädagogi-schen Zielen verlieren.Dem Übergangskonzept zufolge müssen dieEltern die Transaktionen, die ihr Kind zu be-wältigen hat, ebenfalls bewältigen und zwarin zweifacher Hinsicht: Zum einen für die ei-gene Person (aus Eltern eines Kleinkindeswerden Eltern eines Kindergartenkindes,aus Kindergarteneltern werden Schulkind-eltern), zum anderen sind sie Unterstützungihres Kindes bei diesem Übergang zumSchulkind.63

Neben den vielfältigen Möglichkeiten derZusammenarbeit zwischen Kindergarten

62 Hacker, 199863 Griebel/Niesel, 2002

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und Grundschule ist vor allem die Zusam-menarbeit mit den Eltern von großer Bedeu-tung. Die Eltern sollen neben den Vertreterndes Kindergartens und der Grundschuleeine gleichberechtigte Rolle im Gefüge allerbeteiligten Kooperationspartner einneh-men. Demzufolge erfolgt Kooperation zwi-schen Elternhaus, Kindergarten undGrundschule

gartenjahr werden daher viele Eltern unru-hig und unsicher betreffend der Schulfähig-keit ihres Kindes. Aufgrund der hohen Er-wartungen äußern einige Eltern Zweifel, obim Kindergarten genügend getan wird, umdie Kinder angemessen auf die Schule vor-zubereiten. Die Erzieherin ist die erste An-sprechpartnerin, wenn es in den Fragen derEltern um die kindliche Entwicklung geht.Eltern möchten wissen, was ihr Kind schongut kann und wo es vielleicht noch Unter-stützung braucht. Ob es sich im Kindergar-ten anders verhält als zu Hause, wenn es umSelbstständigkeit und Ordnung geht. Elternwünschen sich Sicherheit bezogen auf dieSchulfähigkeit ihres Kindes. Daher ist es ihrRecht, Antworten auf zentrale Fragen zu er-halten, die häufig auch ein Kooperationsan-lass sind, wie z.B. die vorzeitige Einschulungoder die Notwendigkeit einer anderen Be-schulungsform für ihr Kind.Viele Fragen von Eltern lassen sich in Ein-zelgesprächen mit der Erzieherin nur beant-worten, wenn im Rahmen der Kooperationvon Kindergarten und Grundschule ein gu-ter Informationsaustausch über die jeweili-ge Arbeitsweise vorhanden ist. Ansonstenbietet der im Herbst von beiden Institutio-nen gestaltete Eltern-Infoabend die Mög-lichkeit, auf die vielfältigen Fragen derEltern auch von schulischer Seite direkt ein-zugehen und ihnen Sicherheit für die Über-gangssituation zu vermitteln.

Fragen der Eltern zur Schulfähigkeit undzur bevorstehenden Einschulung

Die Zeit des Übergangs ist in der Elternarbeitein besonders sensibler Bereich, der nichtvom Kindergarten allein getragen werdenkann, sondern schon frühzeitig in Koopera-tion mit der Schule gezielter Maßnahmenbedarf.Mit der Schule beginnt nach Meinung vielerEltern der oft zitierte „Ernst des Lebens“. Siewünschen ihrem Kind und sich, dass derSchulalltag möglichst problemlos laufenmöge und sich von Anfang an gute Leistun-gen beim Kind einstellen. Im letzten Kinder-

Elternhaus

Kindergarten Grundschule

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Informationsabende für Elternder Schulanfänger

Zwei in der Aufgabenstellung unterschiedli-che Informationsabende für Eltern sindsinnvoll:64 Der erste, noch vor der Schulein-schreibung, findet im Kindergarten statt(Zeitpunkt: Oktober bis Januar). Der zweitesteht mehr in der Regie der Schule (Zeit-punkt: April oder Mai).Die beiden Abende gemeinsam vorzuberei-ten, ist eine zentrale Aufgabe zwischen Kin-dergarten und Grundschule und somit einKooperationsanlass. Elternvertreter solltenmit ihren Ideen und Vorschlägen in die Ge-staltung jeweils einbezogen werden, dennsie können stellvertretend für die anderenEltern dazu beitragen, dass das Aufstellenvon Tagesordnungspunkten am Informati-onsbedarf der Eltern orientiert wird.

Der erste Elternabend im KindergartenIn der Vorbereitung des ersten Elternabendsist zu bedenken, dass Eltern die Arbeit vonKindergarten und Schule mitprägen. Siekönnen sie fördern oder auch beeinträchti-gen. Im Sinne einer partnerschaftlichen Zu-sammenarbeit sollte daher die Erziehungs-arbeit der Eltern anerkannt und ihnen dieZusammenhänge der Bildungsarbeit in Kin-dergarten und Schule aufgezeigt werden.

64 Hacker, 1998

Fragen, die Eltern beschäftigen65:– Wie bereitet der Kindergarten auf den

Schulanfang vor?– Wie verhält sich die Schule zu dieser Vor-

bereitung?– Welchen Beitrag können sie selbst, die El-

tern, zur Erleichterung des Übergangs leis-ten?

– Wie wird die Arbeit in der Schule fortge-führt?

– Was sind die wesentlichen Unterschiedezwischen Kindergarten- und Grundschul-arbeit?

Es ist wichtig, den Eltern zu erklären, dassihr Kind kein Lernanfänger ist, wenn es indie Schule kommt, sondern sich bereits vielWissen und Erfahrungen durch eigene Ak-tivitäten angeeignet hat. Neu für ihr Kind istallerdings das organisierte und systemati-sche Lernen in der Institution Schule. Essollte deutlich werden, dass sich das Lernenvor der Schule vom Lernen in der Schule un-terscheidet.66 Die Erzieherinnen sind aufge-rufen, das Spiel in seiner unschätzbarenBedeutung und seiner schulvorbereitendenFunktion darzustellen. Es ist handelndeAuseinandersetzung mit der gesamten Um-

65 Hacker, 199866 Speck-Hamdan, 2001

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welt und somit besteht ein Zusammenhangzwischen Spiel und Schulfähigkeit. Der Leh-rer/die Lehrerin muss schließlich bestäti-gen, dass bezogen auf die Kriterien derSchulfähigkeit, der Kindergarten damit ihreErwartungen erfüllt.Es sollte außerdem deutlich werden, dassÜbergänge unser ganzes Leben kennzeich-nen und dass die zukünftigen Schulanfängermit dem Eintritt in den Kindergarten schonwichtige Übergangserfahrungen sammelnkonnten, die als „Kompetenzen“ vorhandensind. Durch den Eintritt in die Schule wirddas Kind allerdings mit vielen neuen Erleb-nissen, Chancen, Anforderungen und Prob-lemen konfrontiert, die auch das Leben sei-ner Familie beeinflussen und berühren. Esist bekannt, dass Kinder unterschiedlichlange brauchen, um sich auf eine neue Si-tuation einzustellen. Sie benötigen auch un-terschiedliche Formen der Unterstützungbei der Übergangsbewältigung. Das Ziel derÜbergangsgestaltung sollte daher lauten:„Soviel Kontinuität wie nötig“ – nicht „wiemöglich“.67

Der herausfordernde Charakter der neuenSituation sollte in gewissem Umfang erhal-ten bleiben. Es muss allerdings darauf ge-achtet werden, dass keine Überforderungenentstehen. Die Eltern werden erfahren, dass

67 Griebel/Niesel, 2002

die erfolgreiche Meisterung und Bewälti-gung der neuen Anforderungen die Leis-tungsbereitschaft des Kindes stärkt, Fähig-keiten weckt, sowie Fertigkeiten und Kräfteim Sinne eines Entwicklungsfortschrittesfördert.Ein so gestalteter Elternabend wird die El-tern motivieren, an der Übergangssituationmitzuwirken, die Kriterien der Schulfähig-keit bei ihrem Kind zu bedenken und zu för-dern, um den Schuleintritt ihres Kindes zuerleichtern. Wie dies im Elternhaus gesche-hen kann, lässt sich in Kleingruppen gut er-arbeiten. Dabei profitieren die Eltern, de-ren erstes Kind in die Schule kommt, vondem Erfahrungsaustausch mit Eltern, dieschon ein Kind in der Schule haben. Die Er-gebnisse können im Plenum vorgestelltwerden und bieten somit allen Eltern An-regungen und Hinweise zur Unterstützungihres Kindes.

Aus Kindergarten-Eltern werden Schul-kind-Eltern, auch dieser Aspekt sollte beimElternabend nicht fehlen. So wie sich der Ta-gesrhythmus für das Kind verändert, wird erauch Einfluss auf das gesamte Familienle-ben nehmen und sollte im Vorfeld schon ein-mal genauestens durchdacht werden. Aufzusätzliche Betreuungsformen wie die be-treute Grundschule oder Hort, falls vorhan-den, sollte hingewiesen werden. Schön ist es,wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter

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einen kurzen Einblick in die Rahmenbedin-gungen des Betreuungsangebotes gibt undzu einem Tag der Offenen Tür einlädt.Der Rektor/die Rektorin oder eine Lehrerin/ein Lehrer wird die Fragen der Eltern zumSchulalltag beantworten, sie über die Ein-schreibung und Anmeldung ihres Kindes inder Grundschule informieren und auf denzweiten Elternabend in der Schule hinwei-sen.Kindergarten und Grundschule stellen denEltern die Planung der Aktivitäten für dieSchulanfänger im letzten Kindergartenjahrvor und informieren über die gemeinsamenKontakte, die sich aus dem Kooperationska-lender jährlich ergeben.Zum Abschluss des ersten Informations-abends ist es sinnvoll, die Eltern zu Eltern-sprechnachmittagen in den Kindergarteneinzuladen, um im persönlichen Gesprächweitere Fragen zur Schulfähigkeit ihres Kin-des und zum Übergang in Ruhe zu erörtern.

Der zweite Elternabend in der SchuleJetzt steht das Thema Schule und Schulan-fang im Mittelpunkt des Elternabends. DieKooperationspartner (Lehrer/in – Erzieher/in) berichten eingangs über ihre gemeinsa-me Vorbereitungsarbeit und signalisierendadurch den Eltern, dass sich beide Partnergleichermaßen für einen gelungenen Schul-start der Kinder engagieren. Zentral bei die-sem zweiten Elternabend ist die Darstellung

der Schule, des schulischen Lernens und desSchullebens. Eltern an solchen Abendenauch in besonderer Weise zu aktivieren, ge-hört zu den Hochformen der Elternabende.Hier können die Erzieherinnen ihre Erfah-rungen mit aktivierenden Methoden in diegemeinsame Vorplanung dieses zweiten El-ternabends einbringen.

Elternmitwirkung im Hinblick aufdie Einschulung und die Gestaltungdes ersten Schultages

Auch für die Eltern bedeutet der Eintritt desKindes in die Schule die Begegnung mit ei-ner anderen Kultur. Sie wissen nicht, wieThemen in der Schule behandelt werden, fürdie in der Familie Übereinkünfte bestehen.Es muss nicht sein, dass Schulkultur und Fa-milienkultur getrennt voneinander existie-ren und eine Beteiligung der Eltern an derschulischen Kultur nicht vorgesehen ist. Jeaktiver die Eltern an der Schule partizipie-ren, desto eher ist zu erwarten, dass die un-terschiedlichen Kulturen sich gegenseitiganregen.68

Auf dem Hintergrund eines solchen Sach-verhaltes kommt der Elternmitwirkung hin-sichtlich der Einschulung und der Gestal-

68 Griebel/Niesel, 2002

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tung des 1. Schultages eine besondere Be-deutung zu. Im Kindergarten sind die El-ternvertreter vielleicht mit ihren Kompe-tenzen vielfältig einbezogen und in ihrerFunktion nicht nur auf die Gestaltung vonFesten und Feiern reduziert worden. Siewurden in Grundsatzfragen der pädagogi-schen Arbeit gehört und haben sich als Kor-rektiv der pädagogischen Arbeit zum Wohlder Kinder einbringen können. Diese einge-übte Mitgestaltung sollte im Übergang vomKindergarten zur Schule nicht brachliegen,sondern konstruktiv genutzt werden. So istes denkbar, dass die gewählten Elternvertre-ter (von den Erzieherinnen angeregt) stell-vertretend für alle Eltern der Schulanfängerihre Erwartungen an eine kindorientierteEinschulung und die Gestaltung des 1.Schultages an die Schule weiterleiten undsich als Anwalt der Kinder dort einbringen.Zum Beispiel könnte der Lehrer/die Lehre-rin der Anfangsklasse in eine Sitzung des El-ternbeirats eingeladen werden mit dem Ziel,ihre Erwartungen und Vorstellungen imHinblick auf die bevorstehende Einschulungund Gestaltung des 1. Schultages dem Leh-rer/der Lehrerin mit auf den Weg zu geben.Als Nebeneffekt der Berücksichtigung derElternmitwirkung im Übergang vom Kin-dergarten zur Schule wird den Elternvertre-tern signalisiert, dass Elternmitwirkungauch in der Schule willkommen ist undnicht nur ein lästiges Übel.

Kooperationsanlässe mit Blickauf die Kooperationspartner

Schon immer gab und gibt es engagierte Pä-dagogen in Kindergarten und Grundschule,die sich als pädagogische Nachbarn betrach-ten und dieses gemeinsame Verständnis alsBasis für eine fruchtbare Zusammenarbeitsehen.69 Da Kindergarten und Grundschuleaber rechtlich unterschiedlich verankerteBildungsinstitutionen mit je eigenem päda-gogischen Auftrag sind, ist die Frage nach ei-ner möglichen Zusammenarbeit als pädago-gische Fragestellung immer aktuell.

Wie können wir im Interesse der Kinder wir-kungsvoll zusammenarbeiten, wo finden wirKooperationsanlässe? – das ist die brennen-de Frage engagierter Pädagogen in beidenBereichen. Pädagogen mit einem Blick fürdas pädagogisch Notwendige warten nichtauf optimalere Rahmenbedingungen, dieeine Kooperation erleichtern, sondern ge-hen schon jetzt im Interesse der Kinder aufden pädagogischen Nachbarn „in der Grund-schule oder im Kindergarten“ zu. Sie findenlohnende Kooperationsanlässe.

69 Hauzenberger, 1994

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Beratende Funktion der Erzieherinnenin Fragen der Schulfähigkeit

Wenn der Schulleiter/der Lehrer/die Lehre-rin Zweifel an der Schulfähigkeit des Kindeshat, ist die Erzieherin die erste Ansprech-partnerin. Sie kann über die Entwicklungdes Kindes im Altersvergleich fachkundigeAuskunft geben und ihre Einschätzung, diesie anhand bestimmter Kriterien gewonnenhat, in das Gespräch über die richtige Wei-chenstellung für das Kind (Einschulungoder Zurückstellung vom Schulbesuch) ein-bringen.

Hospitationen in der Nachbarschuleoder im Nachbarkindergarten

Gegenseitige Hospitationen ermöglichendem Kooperationspartner wertvolle Einbli-cke in die Schul- bzw. Kindergartenwirk-lichkeit. Auf die Fragen der Kinder in ihremÜbergang vom Kindergarten zur Grund-schule können die Lehrer/-innen und Erzie-her/-innen realitätsnahe Antworten finden,wenn ihnen der jeweils andere Lebensbe-reich vertraut ist und sie auf die konkreteWirklichkeit Bezug nehmen können. Durchgegenseitige Hospitationen wird die „päda-gogische Nachbarschaft“ angebahnt undpersönlicher Kontakt aufgebaut.

Austausch über Zusammenarbeithinsichtlich der Schulkinderbetreuung

Ein weiterer Kooperationsanlass kann derAustausch über die an der Schule bzw. imKindergarten praktizierte Form der Schul-kinderbetreuung sein. Jugendhilfe undSchule sind nach einer Stellungnahme derStändigen Konferenz der Kultusministerder Länder (1999) aufgerufen, sich im In-teresse der Kinder hinsichtlich einer quali-tativ guten Schulkinderbetreuung weitestmöglich zu unterstützen. Je intensiver dieKenntnis über den jeweils anderen Partner-bereich ist, desto eher kann die gewünschteUnterstützung erfolgen.

Ausbildung mit Einblick

Noch ist es keineswegs Standard, dass imRahmen der Erzieherinnenausbildung undder Ausbildung zum Lehrer/zur Lehrerinder Primarstufe ein Praktikum im Partner-bereich ermöglicht wird.Für die zukünftigen Erzieherinnen wie dieLehrer/-innen ist es von unschätzbaremWert, die jeweilige nachbarschaftliche päda-gogische Institution kennen zu lernen, dieBildungspläne zu vergleichen und Einblickin die Arbeitsweise der anderen Institutionzu bekommen. Auf diesem Wege wird ein

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Bewusstsein für die Notwendigkeit einerKooperation frühzeitig angebahnt.

Gesprächskreise

Zur Förderung der Zusammenarbeit zwi-schen Kindergarten und Grundschule hatsich die Bildung von Arbeits- und Ge-sprächskreisen bewährt.Erzieher/-innen sowie Lehrer/-innen einzel-ner Kindergärten und Grundschulen kom-men zu gemeinsamen Konferenzen oderGesprächen zusammen. Dabei stehen die ge-genseitige Information über das Bildungs-und Erziehungsgeschehen in Kindergartenund Schule, die Darstellung des jeweilseigenen Arbeitsansatzes und seiner Zielset-zung sowie der Austausch über Formenpraktischer Zusammenarbeit im Mittel-punkt.Von den Gesprächskreisen gehen wichtigeImpulse für die Zusammenarbeit aus. Siebieten zugleich die Möglichkeit, die in derpraktischen Arbeit gewonnenen Erfahrun-gen auszuwerten. Die Gesprächskreise sol-len regelmäßig stattfinden und nicht zugroß sein, damit sie arbeitsfähig bleiben.70

70 aus: Gem. RdErl.d. Kultusministeriums und des Mi-nisters für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Lan-des NRW, 1988

Gemeinsame Fortbildungen

In gemeinsamen Konferenzen und Ge-sprächskreisen der beiden Kooperations-partner ergeben sich Fragestellungen zurZusammenarbeit als auch zur Schulfähig-keit der Kinder, die sich am besten in ge-meinsamen Fortbildungen klären lassen. Inden Empfehlungen oder Bekanntmachun-gen einiger Bundesländer sind daher ent-sprechende Aufforderungen an die Pädago-gengruppen beider Institutionen enthalten.Das Bayerische Staatsministerium für Un-terricht, Kultur, Wissenschaft und Kunsterkennt in seiner gemeinsamen Bekannt-machung mit dem Staatsministerium fürArbeit und Sozialordnung, Familie, Frauenund Gesundheit von 1998 die Teilnahme ananerkannten Fortbildungen als dienstlichan. Es bedarf allerdings einer vorherigenAbsprache mit dem zuständigen Schulamt.

Gesetzliche Grundlagen undEmpfehlungen

Die Recherche zu den gesetzlichen Grund-lagen hat belegt, dass in vielen Bundeslän-dern die Zusammenarbeit zwischen Kinder-garten und Grundschule lediglich überEmpfehlungen geregelt und auf einen rei-nen Appellcharakter reduziert ist. Die Ver-bindlichkeit ist allgemein nicht gewährleis-

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zichtbar sind und dem Stand der aktuellenKooperation vor Ort entsprechen. Der Wegder kleinen Schritte ist auch in diesem Falloft erfolgversprechender als der große Ent-wurf.Die Fülle der Kooperationsanlässe wird viel-leicht vorschnell mit dem Hinweis auf diefehlende Zeit ad acta gelegt. Man sollte sichjedoch vergegenwärtigen, dass Kooperationmehrere Stufen der Intensität haben kann.Die Bandbreite reicht von einer Minimalko-ordination, die gerade noch den Empfehlun-gen und Erlassen gerecht wird, über eine ge-staltete und verantwortete Kooperation biszu einer zunehmenden Verflechtung, die dasletzte Kindergartenjahr und das erste Schul-jahr umschließt.Für eine von beiden Institutionen gestalteteund verantwortete Kooperation muss beibeiden Pädagogengruppen geworben wer-den. Eine zunehmende Verflechtung solltebei Wahrung der Eigenständigkeit beiderBereiche bildungspolitisch angestoßen unddurch entsprechende Leitlinien auf den Weggebracht werden.

tet. Sind diese Empfehlungen jedoch in ihrerZielsetzung und inhaltlichen Füllung hin-reichend plausibel, so dass sie von den Prak-tikern in Kindergarten und Grundschule aufdem Hintergrund pädagogisch vorgetrage-ner Argumentation nachvollzogen werdenkönnen, bieten sie Anlass zur Kooperation.Einen weiteren Kooperationsanlass stellendie Empfehlungen der Ständigen Konferenzder Kultusminister (1994, 2000) dar, die aufdie Notwendigkeit der Zusammenarbeit vonKindergarten und Grundschule hinweisen.

Konsequenzen

Es wäre praxisfremd, die Vielzahl der Koope-rationsanlässe in jedem Fall abarbeiten zuwollen, dazu fehlen zurzeit die erforderli-chen personellen Ressourcen und Rahmen-vorgaben. Es kommt für die Praktiker imKindergarten und in der Grundschule da-rauf an, aus der Vielzahl die Kooperations-anlässe auszuwählen, die im Hinblick auf dieEntwicklungsförderung der Kinder unver-

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Kapitel VPraxisbeispiele gelungener Kooperation

Die im Folgenden vorgestellten Koope-rationsbeispiele wollen Kindergärten

wie Grundschulen motivieren, aufeinanderzuzugehen und den Übergang vom Kinder-garten zur Grundschule gemeinsam zu ge-stalten. Gelungene Kooperation setzt, wie anden Beispielen deutlich wird, gemeinsamePlanung, Handlung und Reflexion voraus.Nach einer Studie des Deutschen Jugendin-stitutes sind diejenigen Kooperationsmo-delle erfolgreich, die auf der Basis gemein-samer gleichberechtigter Arbeitsgruppenberuhen und gemeinsame Planung, Hand-lung und Reflexion zur zentralen Maxime ih-rer Kooperation machen.

Beispiel 1: Ein Kooperationskalender

Eine Kooperation der Grundschule Altenau-tal und des Städtischen Kindergartens Wun-derland Lichtenau-HusenDieses Beispiel dokumentiert, wie Grund-schule und Kindergarten über einen Ko-operationskalender ihre Zusammenarbeitstrukturieren und verbindlich festlegen.Zwei Kooperationsanlässe werden ausführ-licher dargestellt: Der Besuch des Lehrers

im Kindergarten und seine Nachbereitungmit der Gruppe der Schulanfänger sowie dieWünsche der Schulanfänger hinsichtlich ih-rer neuen Lebenssituation Schule. Der Ko-operationskalender ist ein Arbeitsplan, deralle wichtigen Daten der Zusammenarbeitenthält. Er wurde gemeinsam aus den posi-tiven Erfahrungen der vergangenen Jahreentwickelt und ist ein gemeinsames Vorha-ben der Kooperationsgemeinschaft. Schuleund Kindergarten bringen Vorschläge für ei-nen solchen Kalender ein. Der November istein günstiger Zeitpunkt zum Einstieg in dieKooperation. Der Kooperationskalendersieht folgendermaßen aus:

1. Die Namen der Klassenlehrer/-innenwerden rechtzeitig im November/Dezem-ber bekannt gegebenDies geschieht mit der Einladung zu einemgemeinsamen Infoabend in der Grundschu-le für die Eltern der Schulanfänger. Die Neu-gier der Schulanfänger, nun endlich etwasüber die Schule zu erfahren, ist groß undgleichzeitig ein Anlass, mit dieser GruppeProjekte durchzuführen (siehe Punkt 2).

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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„Was wünsche ich mir in der Schule?“– Wir sollen auch mal mit der Schule weg-

fahren und in den Wald spazieren gehen.– Ich möchte lesen und schreiben lernen.– Ich möchte auch Kunst machen.– Ich möchte, dass da ein Spielplatz ist mit

ganz vielen Sachen.– Wir wollen alle in der Schule Spaß haben.– Wir freuen uns auf ganz viele Pausen.– Ich möchte ganz, ganz viel lernen.– Ich möchte turnen.– Ich finde es schön, dass man in der Schule

aufzeigen muss.– Ich möchte in der Pause auf das Kletter-

schiff.– Ich möchte in der Schule auch mal mit den

anderen Klassenschülern ein Picknickmachen.

– Wir wollen auch mal frei haben.– Ich möchte Rechnen lernen.– Ich möchte Schwimmen lernen.– Ich möchte viel Sport machen.

Kinder sollen viel voneinander wissen, überGefühle sprechen können sowie lernen, die-se in Worte zu fassen.

3. Der Klassenlehrer stellt sich im Januar/Februar im Kindergarten vor.Diesen Termin zur ersten Beziehungsan-bahnung spricht der Lehrer vorher telefo-nisch mit der Kindergartenleiterin ab. BeidePersonen teilen sich ihre Erwartungen andiesem Vormittag mit. Der Lehrer bringtschulische Materialien wie Mäppchen undBücher des ersten Schuljahres mit, sowieeine Handpuppe mit Name „Ele“, welche dieKinder beim Lernen durch das erste Jahrbegleiten wird. Nachdem die Kinder demLehrer alle Spielbereiche mit ihren Möglich-keiten vorgestellt haben, treffen sich alle aneinem gemütlichen Tisch zu einer gemein-samen Frühstücksmahlzeit, die bereits früham Morgen von den Kindern zubereitet wur-de. In dieser Runde bietet sich ein gegensei-tiges Kennenlernen durch Blickkontakteund Fragestellungen an. Anschließendbleibt den Kindern und Lehrern noch genü-gend Zeit, sich im Freispiel näher zu kom-men. Der Lehrer erfährt, wenn auch nurbegrenzt, Näheres über besondere Fähigkei-ten, Interessen oder aber auch Schwierigkei-ten der Kinder. Dieses Wissen gibt ihm dieMöglichkeit, von Anfang an individuell aufjedes Kind einzugehen. Weitere Ziele diesesBesuches sind, bei den Kindern Vertrauen

2. Verstärkte Arbeit mit der Schulanfän-gergruppeDurch die verschiedenen Aktivitäten verfol-gen die Kooperationspartner die Ziele, dassdie Kinder ein Gruppenzugehörigkeitsge-fühl entwickeln und dass ihnen der neueLernbereich immer vertrauter wird. Die

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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zu wecken, die Schulfreude hervorzurufenund, wenn auch nur aus Zeitgründen im ge-ringen Umfang möglich, den Kindergartenmit seinen Arbeitsformen und Arbeitsinhal-ten kennen zu lernen (der Schule liegt aucheine Kindergartenkonzeption vor).

4. Die Eltern erhalten rechtzeitig dieBedarfsliste für die Beschaffung derSchulutensilien.Um die Kinder mit den Schulutensilien ver-traut zu machen, werden diese als Anschau-ungsmaterial und für verschiedene Spielemit in den Kindergarten gebracht.

5. Die Einschulungsuntersuchung findetim Kindergarten statt. Der Schulleiter (sel-ten der Klassenlehrer) ist anwesend.Die Kinder werden in ihrer vertrauten Um-gebung untersucht und können an diesemTag weitere Kontakte mit dem Schulleiterbzw. dem Lehrer knüpfen oder vertiefen.

6. Gemeinsame Spielnachmittage mitKindergarten- und Grundschulkindernfinden statt.Hierzu werden die Schüler von den Kinder-gartenkindern schriftlich eingeladen. DieSchulkinder bringen – so weit sie es möch-ten – ihre Schultasche mit. Den Kindergar-tenkindern werden dann die verschiedenenHefte, Bücher und Schulmäppchen gezeigt.Sie hören immer sehr aufmerksam zu, wenn

die Schulkinder mit Begeisterung und sehrkindgemäß von ihren Erfahrungen aus demSchulalltag berichten. Man schenkt ihnenGlauben – denn schließlich waren es einstdie guten Freunde, von denen man schonimmer während der Kindergartenzeit vielabschauen und lernen konnte. Rollenspielesind an diesem Tag etwas ganz besonderes.Erstklässler, die Lust haben, erstellen von ih-

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Turnstunde, Maike (6 Jahre)

8. Besichtigung des Schulgebäudes unddes SchulhofesDas Schulgebäude ist in der Regel durchFreizeitangebote fast allen Kindern bekannt.Bei einem Rundgang durch das Schulgebäu-de zeigt der Lehrer einige Klassenräume,Garderoben, Büro, Lehrerzimmer undTurnhalle. In der großen Pause werden dieKindergartenkinder von den Schülern zumErkunden des Spielgeländes eingeladen.Hier zeichnet es sich schon immer eindeutigab, dass die Kinder fast ausnahmslos zu die-sem Zeitpunkt dem Schulleben angstfrei be-gegnen.

rer Schule ein Bilderbuch, das in der Ein-richtung bleibt: Ein Buch von Kindern fürKinder gemacht!

7. Schulbesuch der Lernanfänger mit ih-ren Erzieherinnen in der Klasse des zu-künftigen Lehrers.Die Kindergartenkinder werden vom Schul-leiter begrüßt und nehmen dann am umge-stalteten Unterricht der Klasse 4 des künfti-gen Lehrers teil. Sie bekommen einen erstenEinblick in den Unterricht und können andiesem Tag sehen, hören und erleben, was siein der Schule erwartet.

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„Wie wünsche ich mir meinen Lehrer?“Mein Lehrer soll– nett sein.– sich freuen, wenn wir ganz toll Hausaufga-

ben gemacht haben.– an manchen Tagen nicht ganz so viel mit

uns lernen und auch mal mit uns in denWald gehen.

– gut mit uns lernen.– mit uns das Spiel „Obstsalat“ spielen.– uns trösten, wenn wir traurig sind und

wenn wir das Lernen nicht verstehen, soller uns helfen.

– mit uns Mädchen gegen Jungen Fußballmachen.

– gut Sport machen.– nicht so schimpfen, wenn wir Fehler im

Schreiben machen.– nicht böse sein, wenn wir mal Sportsachen

vergessen haben, dann soll er die Mutteranrufen, ob sie die Sachen dann bringenkann.

– nicht böse sein, wenn wir zu spät kommen.– wenn das Lernen so lange war und so an-

strengend, soll er mal in der Klasse mit unsspielen.

– die Klasse richtig schön machen.– wenn wir morgens kommen „Guten Mor-

gen“ zu uns sagen.– wenn wir etwas nicht verstehen, uns sa-

gen, was das so bedeutet.– auch mal Witze sagen können.– aufpassen, dass wir uns nicht kloppen.– nicht so viele Hausaufgaben aufgeben.

9. Der Verkehrssicherheitsberater unter-stützt die Arbeit zur „Verkehrssicherheit“.Spielerisch erarbeitet der Verkehrssicher-heitsberater mit den Kindern bestimmteVerkehrssituationen und sucht mit ihnennach einer gemeinsamen Lösung. Die Elternwerden zu einem Infoabend eingeladen. Esist wichtig, dass die Kinder vor dem Schul-beginn ihren Schulweg kennen lernen, da-mit diese Herausforderung nicht zusätzlichden Übergang erschwert. Aus diesem Grunderleben die Kinder und Pädagogen gemein-sam eine Schulbusfahrt, sprechen vor Ortüber Gefahren an der Bushaltestelle undüben das richtige Überqueren der Fahrbahn.Eltern haben anschließend die Aufgabe, abder Bushaltestelle den individuellen „Nach-Hause-Weg“ zu üben.

10. Kindergartenkinder gehen mit einemSchulkind zur Schule.Dieses Angebot wird von allen Kindern an-genommen. Sie erleben einen 4-Stunden-Schultag und bekommen einen Einblick in„echten“ Schulunterricht. Es wird ihnen dasGefühl vermittelt, dass sie hier viel Interes-santes und Neues lernen können. Bei Prob-lemen besteht die Möglichkeit, einen sol-chen Tag zu wiederholen.

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Pascal (6 Jahre)

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Beispiel 2: Die Zahl sieben

Eine Kooperation zwischen dem Kindergar-ten Passau-Heining und der Hans-Carossa-Grundschule, HeiningAn diesem Praxisbeispiel kann nachvollzo-gen werden, wie die Schulanfänger über eingemeinsam gestaltetes Projekt von Kinder-garten und Grundschule (die Einführungder Zahl 7) wertvolle Lernerfahrungen ma-chen und ein Stück weit auf Schule einge-stimmt werden. Das Projekt hat jeweils mitder Hälfte der Schulanfängergruppe in derSchule bzw. im Kindergarten begonnen undwurde in der Partnerinstitution fortgeführt.Die Kooperation der beiden Institutionen istan der zentralen Maxime der gemeinsamenVorbereitung, Handlung und Reflexion aus-gerichtet worden.

Was in der Schule geschieht:Die Lehrerin der Anfangsklasse berichtet:Das Märchen von „Schneewittchen und densieben Zwergen“ ist für diese Unterrichts-stunde prädestiniert und bildet die Rah-menhandlung. Die Märchenwelt ist fürKindergartenkinder ebenso faszinierend,bekannt und vor allem motivierend wie fürErstklässler. So wählte ich als Einstieg eingroßes Bild von Schneewittchen an der Sei-tentafel. Schnell erkannten die Kinder, dassheute das Märchen „Schneewittchen“ imMittelpunkt stehen wird. Ich erzählte das

11. Kinder erhalten in den Ferien einen Ein-ladungsbrief vom Klassenlehrer.Positiv ist, dass Kinder mit diesem Brief dasGefühl bekommen, dass es um sie geht, dasssie wichtig sind und sie der Brief zur Haupt-person werden lässt.

12. Die Familie erhält einen Brief zur Ein-schulungsfeier.Diese Feier findet statt mit bekannten Per-sonen der Kinder: Eltern, Großeltern, Ge-schwister und Erzieherinnen sind eingela-den. Diese Feier wird von Seiten der Schulesehr gründlich vorbereitet und gestaltet.

Das Ziel aller Kooperationsformen ist es, denÜbergang vom Kindergarten zur Grund-schule für die Kinder so einsichtig, gleitendund problemlos zu gestalten, dass auch diesensiblen Kinder, die sich nur zögerlich aufneue Bezugspersonen und neue Situationeneinstellen können, den Übergang nahtlos be-wältigen. Andererseits darf aber auch der Ef-fekt des Neuen und der gesunde Anreiz, dasNeue zu erkunden, durchaus erhalten blei-ben. Die Möglichkeiten für einen reibungs-losen Übergang vom Kindergarten zurGrundschule sind damit aber noch langenicht erschöpft.

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Märchen, bis Schneewittchen im Zwergen-haus ankam, wo es für Schneewittchen vielzu entdecken gab. Die Schul- und Kinder-gartenkinder durften jetzt frei erzählen, wassie bereits als Erfahrungshintergrund auf-weisen konnten. Der Bekanntheitsgrad die-ses Märchens zeigte sich in der zahlreichenWortmeldung der Kinder. Etwas schüchter-nen Kindergartenkindern musste man mit-unter mit aufmunternden Worten oderHilfsformulierungen über die anfänglichenHürden helfen, wogegen recht lebhafte Vor-schulkinder oft schon etwas gebremst wer-den mussten und an die Gesprächsregelnherangeführt wurden. Die Meldetechnik istbei den Vorschulkindern manchmal nochetwas problematisch, doch hier werden die„frischgebackenen Erstklässler“ in diePflicht genommen. Sie sollen ihren Ex-Kin-dergartenfreunden mit gutem Beispiel vor-angehen und das richtige Verhalten de-monstrieren, was sie natürlich voller Stolzund Eifer gerne ausführen. Das Aufrufen derBesucher-Kinder klappte sehr gut, weil sieaufgeklebte Namensschilder trugen. Nachdiesem Unterrichtsgespräch, das immerwieder von den 7 Zwergen handelte, hängteich gemeinsam mit sieben freiwilligen Kin-dern 7 Zwergenbilder an die Tafel. Dabeiversuchte ich natürlich immer wieder, dieKindergartenkinder in das aktive Unter-richtsgeschehen einzubinden. Nun zähltenwir gemeinsam die 7 Zwerge. Erfahrungs-

gemäß können schon viele Vorschulkinderbis 10 oder sogar weiter zählen. Wichtig istdabei immer wieder zu betonen, dass Vor-schulkinder, die dazu noch nicht in der Lagesind, sich in keiner Weise schämen müssen,weil wir schließlich in der Schule sind, umetwas Neues zu lernen. Außerdem habenviele Erstklässler hier auch noch kaumeinen Wissensvorsprung. Anschließend galtes, jedem der 7 Zwerge das passende „Tür-schild“ zuzuordnen. Verbal begleitet mit derSprechreihe: „Das ist der Zwerg mit demTürschild 1“ erhielt jeder Zwerg an der Tafelsein Nummernschild. Je ein Kindergarten-und ein Erstklasskind hängten gemeinsamdie Türschilder zum passenden Zwerg, weildie Kenntnis der Ziffern bei den Besucher-Kindern noch nicht vorausgesetzt werdenkann. Da die Zahl „7“ für meine Erstklässlerauch neu war, fanden sie sehr bald die Ziel-angabe für diese Stunde (die Zahl 7). In derfolgenden Einarbeitungsphase, die nach wievor in das Märchen eingebettet war, durftendie Schüler Schneewittchen bei vielen Tä-tigkeiten helfen. Ein Tisch wurde gedecktmit sieben Tellerchen, sieben Gläschen, sie-ben Becherchen … usw. Dieses aktive Han-deln mit den konkreten Gegenständen istfür die Schüler motivierend, veranschau-licht auf einfache Weise den Lerninhalt undlockt selbst zurückhaltende Kinder aus derReserve. Während die Gegenstände auf denTisch gelegt wurden, zählten alle Schüler

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laut mit (als Kontrolle, damit sich Schnee-wittchen nicht verzählt!)Eine kurze Bewegungsphase (7 mal klat-schen, hüpfen, hämmern …) war die Über-leitung zu der Phase mit konkreten Ding-symbolen. An der Seitentafel warteten leereMengenschleifen darauf, mit Siebenermen-gen gefüllt zu werden.Mit dem Arbeitsauftrag: „Schneewittchenmuss für ihre 7 Zwerge die Arbeitsgeräte inOrdnung halten“ erhalten je zwei Kinder(gemischte Gruppe!) eine Tüte mit Ding-symbolen (Laternen, Körbe, Hacken, Schau-feln …), die in die Mengenschleife eingeord-net werden sollen. Nicht in jeder Tüte warengenau sieben Dinge! Manchmal waren es zuviele oder zu wenige. Schneewittchen rich-tete aber immer genau sieben her, d.h. dieSchüler mussten überschüssige weglegenbzw. fehlende ergänzen. Die Dingsymbolewurden in die Mengenschleife geheftet unddie Zahlkarte 7 dazugehängt.Mit dieser Aktivität beendete ich den ge-meinsamen Erarbeitungsteil und teilte denKindern ein „Zwergenarbeitsblatt“ aus. Hierdurften die Vorschulkinder je nach Wissenund Können entweder nur anmalen oderGegenstände zu Siebenermengen zusam-menfassen oder Dinge auf 7 ergänzen. DieKindergartenkinder zeigen sich ja immerbesonders stolz, wenn sie mit einer schrift-lichen Arbeit nach Hause gehen dürfen undihre Schularbeit damit dokumentieren kön-

nen. Die Erstklässler mussten das Blatt„richtig“ bearbeiten. Selbstverständlichwurde auch hier wieder auf Zusammenar-beit gesetzt, das heißt die Schulkinder hal-fen den Kindergartenkindern bei auftreten-den Schwierigkeiten. Auf das Schreiben derZahl 7 ging ich in dieser Stunde absichtlichnoch nicht ein, da die Form der Zahl 7 Ge-genstand der Kindergartenarbeit war.Astrid Pritz, Lehrerin Klasse 1 a, Hans-Ca-rossa-Volksschule, Heining

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Was im Kindergarten geschieht:Der Kindergarten praktiziert diese Zusam-menarbeit seit 20 Jahren. Die GrundschuleHeining und der Kindergarten Heining ar-beiten nach einem Jahreskonzept, welchessich die Erzieherinnen der beiden Institutio-nen jedes Jahr neu erstellen. Ergänzend zudiesem Konzept werden Projekte gestartet.Die Erzieherin berichtet: Zehn Kinder derersten Klasse und zehn Schulanfänger des

Kindergartens treffen sich im Turnraum desKindergartens. Es sind Holzstäbe in zweier-lei Längen im Raum verteilt. Jedes Kinder-gartenkind sucht sich ein Schulkind alsSpielpartner. Die Kinder ordnen die Stäbeder Größe nach. Der Begriff kurz/lang wirdintensiviert und gefestigt durch akustischesKlatschen und Stampfen.Nun holen die beiden Spielpartner sich vonjeder Länge einen Stab. Das Schulkind ist

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mandos. Nach langem Rutschen und Verän-dern gelingt es diesen beiden Kindergrup-pen.

Im Anschluss lege ich ein großes Papierblattin den Raum. Mit dicken Stiften dürfen dieKinder lauter Siebener auf das Blatt malen.Große und kleine Zahlen, dicke und dünne.Ich stelle fest, dass das Umsetzen der Formvon der körperlichen Darstellung in dieSchreibform keine Schwierigkeiten berei-tet. Jedes Kind malt eifrig und ist stolz mit-helfen zu dürfen. Ich fotografiere das fertigeBlatt.Schließlich folgen noch einige Entspan-nungsübungen, bei denen wieder die beidenSpielpartner zusammenarbeiten.Mit einem kurzen Lied verabschieden sichdie Kinder voneinander und gehen wieder indie Schule und die Kindergartengruppen zu-rück.Durch diese Kontakte werden die schuli-schen Unsicherheiten der Kindergartenkin-der spielerisch abgebaut. Die Schulkindergehen wieder in ihre vertraute Schulwelt zu-rück. Gegenseitiges Verspötteln wird ver-mieden. Die Großen übernehmen Verant-wortung für die Kleinen, sie bleiben bis zumSchulbeginn hilfreiche Partner.Gabriele Blöchl, Kindergartenleitung imKindergarten Passau-Heining, Raiffei-senstr. 6, 94036 Passau

verantwortlich, dem schüchternen, zögern-den Kindergartenkind zu helfen. Es darf mitdiesen 2 Stäben gespielt werden. Viele For-men entstehen. Manche Formen wirken be-kannt und werden von den Kindern benannt.Da die kognitive Bearbeitung der Zahl „7“ inder Schule schon vorangegangen ist, stellendie Kinder schnell den Bezug zu der erarbei-teten Zahl her. Viele gleiche Zahlen liegen imRaum. Die Kinder fühlen mit den Händenihre Zahl ab. Nun soll im Raum mit allenHölzern eine große Zahl „7“ erstellt werden.Alle Kinder müssen zusammenarbeiten. DasUnter-, Ein- und Überordnen ist gefordert.Jedes Kind muss den eigenen Stab einfügen.Es ist selbst verantwortlich und ein wichti-ges Mitglied in der Gesamtgruppe, dass die„7“ entstehen kann. Keiner darf sich ausklin-ken, sonst entstehen Lücken.

Die beiden Spielpartner sollen nun eine„Kindersieben“ mit dem eigenen Körperdarstellen. Schnell einigt man sich, dass dasSchulkind den langen und das Kindergar-tenkind den kurzen Balken darstellt. Beidesind wieder aufeinander angewiesen und esentstehen enge, partnerschaftliche Bindun-gen. Diese Übung wird erneut erweitert. Allezusammen stellen neben der „7“ aus Holzeine „7“ aus Kindern dar. 20 Kinder müssensich dabei koordinieren und absprechen.Hier übernehmen die Schulkinder die Kom-

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schiedlichen Einrichtungen. Zugrunde lie-gende Konzepte werden transparent ge-macht und es werden Bereiche deutlich, indenen Abstimmungen erforderlich sind. Zielist es, den Übergang vom Kindergarten inunsere Schule für die Kinder möglichst sanftzu gestalten und Anschlussfähigkeit zuschaffen. Daraus ergeben sich für die Zusam-menarbeit im Arbeitskreis folgende Schwer-punkte:• Erweiterung der Kenntnisse über die Ar-

beit in den einzelnen Einrichtungen• Gemeinsame Begleitung der Kinder vom

Kindergarten an bis zum Ende der Schul-eingangsphase

• Aufeinander aufbauende Elternarbeit• Vorbereitung und Durchführung gemein-

samer Projekte• Gemeinsame Nutzung vorhandener

Räumlichkeiten, z.B. des Snoezelen-Rau-mes der Schule

• Entwickeln von Konzepten zur Verkehrs-erziehung

• Enge Zusammenarbeit im BereichSprachförderung

Auf der Ebene persönlicher BegegnungKind-Erzieherin-Lehrer sind folgende For-men der Zusammenarbeit vereinbart:• Hospitationen der zukünftigen Klassen-

lehrer in den Kindergärten: Kennenler-nen der „Fast-Schulkinder“ und Gesprä-che mit den Erzieherinnen

Beispiel 3: Ein Arbeitskreis

Eine Kooperation zwischen der Grundschu-le Kleine Kielstraße, Dortmund, mit denumliegenden Kindergärten im Einzugsge-biet der SchuleAn diesem Beispiel wird verdeutlicht, wie dieZusammenarbeit zwischen Kindergartenund Grundschule über einen regelmäßigstattfindenden Arbeitskreis inhaltlich ge-staltet und strukturiert wird. Der Arbeits-kreis versteht sich als Verantwortungsge-meinschaft für Schulanfänger im Übergangvom Kindergarten zur Grundschule. Er legtdie für einen kindorientierten Übergang er-forderlichen Kooperationsschritte fest undsetzt mit der Sprachförderung für die Schul-anfänger mit geringen Deutschkenntnisseneinen besonderen Akzent.

Schule und Kindergarten in Verantwor-tungsgemeinschaft für das Kind„In die Grundschule Kleine Kielstraße wer-den Kinder aus etwa 20 verschiedenen Kin-dergärten bzw. Kindertagesstätten einge-schult. Eine enge Zusammenarbeit ist auf-grund dieser Vielzahl nicht mit allen Ein-richtungen möglich, es besteht aber eine in-tensive Kooperation mit einigen umliegen-den Kindertageseinrichtungen.Regelmäßige Treffen in einem Arbeitskreisund gegenseitige Hospitationen erlaubenEinblicke in die alltägliche Arbeit der unter-

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• Gegenseitige Besuche einzelner Klassenund Kindergartengruppen: Durchfüh-rung gemeinsamer Aktivitäten, Einladun-gen zu Festen, Vorführungen usw.

• Rückmeldungen über die Entwicklungder Kinder in Gesprächen zwischen Leh-rerinnen und Erzieherinnen

Deutsch als ZweitspracheEltern, deren Kinder Deutsch als Zweitspra-che lernen, machen sich oft Sorgen, ob dieSprachkenntnisse ihres Kindes ausreichen,um erfolgreich am Unterricht teilnehmenzu können. Auch wenn einige Familienschon seit mehreren Generationen in

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der Tagesordnung stehen hier Themen, wel-che die Eltern jetzt besonders beschäftigen,wie „Was braucht mein Kind für einen gutenSchulanfang?“, „Wie kann ich mein Kind zuHause fördern?“, „Wie wird heute in derSchule gelernt?“ usw.In einer „Schnupperwoche“ können außer-dem die künftigen Schulkinder mit ihren El-tern und Erzieherinnen den Unterricht ei-ner ersten Klasse besuchen.Eltern haben so Gelegenheit, sich ausführ-lich zu informieren. Sie erfahren Wichtigesüber das Lernen in der Schule und wie sieihre Kinder vorbereiten müssen. Das hilftihnen und ihren Kindern, sich auf die Ein-schulungsphase einzustellen und Ängsteabzubauen. Zu erleben, wie Schule und Kin-dergarten kooperativ miteinander umge-hen, kann sicher dazu beitragen, dass Elternsich früher auf eine vertrauensvolle Zusam-menarbeit mit der Schule einlassen können.Dem Kind wird durch all diese Elemente ei-ner Verantwortungsgemeinschaft Eltern-haus-Kindergarten-Schule ein geglückterÜbergang ermöglicht.“Brigitte Thiel, Konrektorin, GrundschuleKleine Kielstraße 20, 44145 Dortmund

Deutschland leben, kommt es vor, dass Kin-der bei Schuleintritt über sehr geringeDeutschkenntnisse verfügen. Bei der Schul-anmeldung im November wird deshalb einbesonderes Augenmerk auf die Sprachfähig-keiten der Kinder gelegt. Kinder, die nochSchwierigkeiten mit der deutschen Sprachehaben, erhalten schon ein halbes Jahr vorSchulbeginn eine besondere Förderung. InAbsprache mit ihren ErzieherInnen könnensie an einem Sprachprojekt in ihrem Kin-dergarten teilnehmen und/oder erhaltenSprachförderung an zwei Nachmittagen inder Schule.Gespräche mit den jeweiligen Kindergärtengibt es außerdem darüber, welche Kinder ammotopädischen Turnen teilnehmen sollen,das in der Schule angeboten wird.Kontakte zu den Eltern der zukünftigenSchulanfänger werden nicht erst bei der An-meldung ihrer Kinder geknüpft. Im Kinder-garten ergibt sich auf einem Informations-abend für die Eltern eine erste Begegnungmit der Schulleitung und Vertretern des Ge-sundheitsamtes. Daran schließen sich regel-mäßige Gesprächskreise in der Schule an, andenen auch Erzieherinnen teilnehmen. Auf

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Beispiel 4: „Brücken bauen“durch Patenschaften

Eine Kooperation zwischen der Grundschu-le Salzkotten-Tudorf und dem kommunalenKindergarten Almeflöhe, NiederntudorfDie freundschaftlichen Beziehungen zwi-schen Schulanfängern und Erstklässlernaus der Zeit des gemeinsamen Kindergar-tenbesuches sind eine wertvolle Basis für ei-nen kindorientierten Kooperationsansatz.Aus den bekannten emotionalen Vorausset-zungen können sich brückenbauende Ideenentwickeln, die Kindergarten und Grund-schule für sich nutzen sollten. Die folgendeKooperationsmaßnahme verstärkt das vor-handene Beziehungsnetz. Die Besichtigungeines Steinbruchs im Rahmen des Jahres-themas: „Die phantastischen Fünf – Was un-sere Finger alles tun!“ berücksichtigt die ge-gebenen Beziehungen zwischen den beidenKindergruppen und erweitert sie zu Paten-schaften. Darüber hinaus ermöglicht esneue gemeinsame Kontakte und Eindrücke,die jede Institution dann auf ihre Art im Rah-men des Bildungsauftrages und des Koope-rationsgedankens nutzen kann.Schon seit längerem bestand der Wunschnach einer gemeinsamen Aktivität mit derGrundschule, um Berührungsängste oderStress mit der Übergangssituation bei be-stimmten Kindern abzubauen bzw. so ge-ring wie möglich zu halten.

Gerade für Kinder mit Risikofaktoren ist derAufbau der Schutzfaktoren, Selbstsicherheitund Selbstvertrauen, eine mögliche Hilfe.Daher stellten wir uns im Erzieherinnen-team die Frage: Welche Form des „Lernens“eignet sich am besten für eine gemeinsameAktivität mit den Kindern des ersten Schul-jahres? Wie können wir Bildungsgelegen-heiten im Hinblick auf die Übergangssitua-tion derart nutzen, dass sie gleichzeitig die

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Mama bringt mich mit Regenschirm zur Schule; Andrea (6,2 Jahre)

Selbstsicherheit und das Selbstvertrauender zukünftigen Schulanfänger fördern?Gibt es gemeinsame Anknüpfungspunkte?Unsere Wünsche und Ideen konnten wir baldauf Regionalkonferenzen zur Zusammenar-beit von Kindergarten und Grundschule anden Rektor unserer Grundschule herantra-gen. Auch die Lehrerin des ersten Schuljah-

res zeigte sich interessiert, da sie in einerFachzeitschrift von einem institutionen-übergreifenden Projekt zwischen Kinder-garten und Grundschule gelesen hatte. Seitzwei Jahren ist es uns nun möglich, im letz-ten Kindergartenjahr mittels eines gemein-samen Projektes eine besondere „Brücke“zwischen den beiden Institutionen zu bauen

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und die bildenden Aspekte für beide Kinder-gruppen altersentsprechend zu nutzen.

Was war Thema des Projektes?Das Jahresthema: „Die phantastischen Fünf– Was unsere Finger alles tun!“ ergab sichaus dem Anbau von drei Gruppennebenräu-men und der Erfahrung zahlreicher Kinder-gartenkinder, die aus den Neubaugebieten

im Ort zu uns in die Einrichtung kommen(situationsorientierter Ansatz).Steine haben dabei eine besondere Bedeu-tung, nicht nur für die Bauwilligen, sondernganz besonders für unser Dorf Niederntu-dorf. Ein riesiger Steinbruch liefert auchheute noch das Material für Trockenmauern,Treppen, Wege und Fensterbänke. Früherwurden ganze Häuser aus diesen Steinen

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Grundschule und ließen sich mit folgendenTeilzielen beschreiben:Auf der kognitiven Ebene förderten wir dieSensibilisierung für den gemeinsamenWohnort und es entstand ein erster Kontaktzur Grundschule.Wir lernten außerdem die Arbeitswelt vonErwachsenen kennen und fanden einenZugang zur natürlichen, sozialen, wirt-schaftlichen und kulturellen Umwelt unse-rer Kinder. Die unterschiedlichen Stein-sorten ermöglichten Differenzierung undKreativität. Wir erfuhren bei der Erarbei-tung des Themas vieles über die Bedeutungvon Steinen in unserer Gesellschaft undKultur, indem wir Denkmäler und Grabstei-ne aufsuchten. Entdeckendes Lernen sollteunsere Erfahrungen leiten.Auf der sozial-emotionalen Ebene wurdenalte Freundschaften zwischen Erstklässlernund Kindergartenkindern neu belebt undzu Patenschaften erweitert. Wir stelltenLebensnähe her und Berührungsängstewurden abgebaut. Durch die Stärkung des„Wir-Gefühls“ förderten wir die Persönlich-keitsentwicklung, so dass sich die Schutzfak-toren Selbstsicherheit und Selbstwertgefühlerweiterten. Mit den Gemeinwesenorientie-rungen ermöglichten wir Kontakte zu neuenMenschen.Auf der körperlichen Ebene sorgte die Freu-de am gemeinsamen Tun und Erleben fürden Abbau von Ängsten und negativem

erbaut und als weithin sichtbares Zeichen istnun frisch renoviert der Kirchturm zu se-hen.Darum planten wir auf Wunsch der Schul-anfänger mit dem ersten Schuljahr einen ge-meinsamen Besuch des Steinbruchs.

Welche Ziele verfolgte das Projekt?Die Ziele ergaben sich aus dem Auftrag derbeiden Institutionen Kindergarten und

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dergartenkindern, den Eltern als auch denErstklässlern der Grundschule.

Ideen zur WirkungskontrolleMit folgenden Fragen reflektierten wir unserProjekt:• Wird das Projekt dem Auftrag der jeweili-

gen Institution gerecht?• Wird es den Kindern gerecht?• Wie erleben es die Eltern?• Wie erleben es die Erzieherinnen und Leh-

rerinnen?• Wird das Projekt dem Kooperationsge-

danken gerecht?

Eine positive Reflexion auf allen Ebenen er-mutigte uns Erzieherinnen, im folgendenJahr wiederum mit einer anderen Lehrerinein neues Projekt zu starten. Unser neuesThema lautet derzeit: ‚Wasser, unser Leben’.Inzwischen besuchten wir gemeinsam mitden Erstklässlern das Klärwerk und imFrühling werden wir die „Geburt eines Flus-ses“ beobachten.Bei der Planung unserer Aktivitäten mitden Schulanfängern war es uns wichtig, diethematische Anbindung an das allgemeineJahresthema beizubehalten. So konnten alleKindergartenkinder daran beteiligt werden,unsere „Großen“ und „Ehemaligen“ aller-dings auf eine besondere Art.Gisela Buschmeier, Leiterin

Stress. Mit Hüpfkästchenspielen, meditati-ven Entspannungsgeschichten, Erzählstei-nen und einem Theaterstück zu einem Bil-derbuch förderten wir die kreativen undschöpferischen Tätigkeiten im Umgang mitSteinen und somit die Fein- und Grobmoto-rik, als auch die sinnliche Wahrnehmung beiden Kindern.

Mit welchen Schritten solltedas Projekt entwickelt werden?Nach den gemeinsamen Planungsgesprä-chen mit der Lehrerin und Lehramtsanwär-terin des ersten Schuljahres erläuterten wirauch den Eltern der zukünftigen Schulan-fänger die Bedeutung des Projektes. Es waruns wichtig, sie partnerschaftlich an der Ak-tivität zu beteiligen. Mütter erklärten sichbereit, mit einer Kindergruppe „Marmorku-chen“ zu backen, Väter organisierten imRahmen des Steinprojektes eine Wanderungzum nahen Eisenbahnviadukt, der vor über100 Jahren aus dem örtlichen Stein erbautwurde.Die Besichtigung des Steinbruchs und denabschließenden Besuch in der Grundschuledokumentierten wir in einer Projektmappeals Jahresbuch der Schulanfänger. Jeweilsein Schulkind übernahm die Patenschaft fürein Kindergartenkind. Die kreativen Ergeb-nisse unseres Themas präsentierten wir ineiner kleinen Ausstellung den jüngeren Kin-

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Beispiel 5:Kinder erklären Schule für Kinder

Eine Kooperation zwischen der Grundschu-le Salzkotten-Tudorf und dem kommunalenKindergarten Almeflöhe, NiederntudorfDas im Folgenden beschriebene Kooperati-onsbeispiel ist Teil einer Examensarbeit zur2. Staatsprüfung für das Lehramt an derGrundschule und knüpft an ein gemeinsa-mes Projekt von Erstklässlern und Schul-anfängern im Rahmen eines Jahresthemasdes Kindergartens an. Es erweitert die sonstreguläre Kooperationspraxis und dient derErleichterung des Übergangs in den neuenLebensbereich. Erstklässler übernehmen inder mit der Lehramtsanwärterin geplantenUnterrichtsstunde die Lehrerrolle, damitSchulanfänger „Schulluft“ schnuppernkönnen.Grundlage der Kooperationsmaßnahme wardas gemeinsame Projekt „Besuch des Stein-bruchs in Niederntudorf“ im Rahmen desJahresthemas ‚Die phantastischen Fünf’ desKindergartens „Almeflöhe“. Der hier darge-stellte Besuch der Schulanfänger in derSchule baut darauf auf und führt das Projektweiter.

IntentionDas Kooperationsbeispiel stellt eine situati-onsbezogene Handlungsmöglichkeit zurErleichterung des Schuleintritts dar, wie sie

unter den vor Ort gegebenen Bedingungenals weiterer Teil der sonst regulären Koope-rationspraxis stattgefunden hat. Geleitetwurde es durch wesentliche Erkenntnissedes entwicklungsökologischen Ansatzesnach Bronfenbrenner:• Der Übergang in einen neuen Lebensbe-

reich kann erleichtert werden, wenn der inEntwicklung begriffenen Person schonvor dem Übergang vielfältige, korrekte In-formationen zukommen, um den Aufbaumöglichst realistischer Vorstellungen zuunterstützen.

• Das entwicklungsfördernde Potenzial ei-nes neuen Lebensbereichs kann gestei-gert werden, wenn die Person den Über-gang nicht allein, sondern in Begleitunganderer Personen vollzieht, mit denen siean früheren Lebensbereichen teilgenom-men hat.

Fragestellungen, die die Kooperationsmaß-nahme geleitet haben, waren folgende:• Wie kann der Übergang vom Kindergarten

zur Grundschule noch mehr begleitetwerden, als es in der bisherigen regulärenKooperationspraxis schon stattfindet?

• Wie können gemeinsame Aktivitäten vonKindergarten- und Schulkindern ange-legt und genutzt werden, um einen erstenEinblick in Schule und Schulalltag zu ge-winnen bzw. zu vermitteln, also erste In-formationen über Schule zu bekommen?

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Die Aufgabe bestand also darin, eine gemein-same Aktion von Kindergarten- und Schul-kindern so anzulegen, dass Schule aus derSicht von Schulkindern und durch sie denzukünftigen Schulanfängern näher ge-bracht wird.

Folgende Ziele hat der Besuch der Schulan-fänger in der Schule verfolgt:• Soziale Beziehungen zwischen den Kin-

dern beider Institutionen sollten herge-stellt bzw. erneut intensiviert werden.

• Die Schulanfänger sollten einen erstenEinblick in Schule erhalten.

• Durch solche emotionalen Beziehungenzum und Informationen über den neuenLebensbereich sollten Ängste und Unsi-cherheiten im Hinblick auf den Schulein-tritt abgebaut und an deren Stelle eine po-sitive Erwartungshaltung gesetzt werden.

Planung und Durchführung einesBesuchs der Schulanfänger in der Schulemit den ErstklässlernDer Schwerpunkt des Besuchs lag auf demersten „Unterricht“ in der Klasse. Schulesollte aus der Sicht der Schulkinder unddurch sie den Kindergartenkindern nähergebracht werden, so dass den Erstklässlerneine wichtige Rolle bei der Planung undDurchführung zukam.Freundschaften und erste Beziehungen wa-ren bei dem gemeinsamen Besuch im Stein-

bruch schon aufgefrischt bzw. hergestelltworden. Diese sollten nun zu Patenschaftenausgebaut werden. So begleitete jedesSchulkind sein Patenkind durch die Schul-stunde.

Die erste Aufgabe der Erstklässler war, diePatenkinder einzuladen. Dazu gestaltetendie Kinder eine Einladungskarte, auf die sieeinen Einladungstext von der Tafel abschrie-ben, der je nach Leistungsstand und Fähig-keiten im motorischen Bereich in vollerLänge oder auf wesentliche Aussagen ver-kürzt aufgeschrieben wurde. Die Einla-dungskarte verzierten die Kinder mit eige-nen Bildern. Auf die Vorderseite wurde einFoto geklebt, das jedes Kind bei seiner Lieb-lingstätigkeit in der Klasse zeigt. Das Fotodiente als weiterer Schreibanlass, da die Kin-der es kommentieren sollten, z.B.: Rechnenist toll. Timon.In weiteren planenden Gesprächen mit denKindern äußerten sie Ideen dazu, was zu-künftige Schulanfänger wohl gerne über denUnterricht in der Schule wissen möchtenbzw. was ihnen gezeigt werden sollte, damitsie etwas darüber erfahren, wie Unterrichtist. Ich wies die Kinder darauf hin, dass eswichtig für die Patenkinder sein kann, eineihnen vertraute Tätigkeit aus dem Kinder-garten in der Schule wieder zu finden. DiePaten einigten sich schließlich darauf, denPatenkindern beizubringen, ein Wort zu

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schreiben. Eine weitere Tätigkeit sollte dannaber auch sein, etwas zu basteln. Der Besuchsollte durch die gemeinsame Frühstücks-pause abgerundet werden. Die endgültigeGestaltung der Besuchsstunde ergab sichaus dem Thema „Frühlingsblumen“, das inder Klasse behandelt wurde. Zur Tulpe wur-de das Gedicht „Die Tulpe“ von Josef Gug-genmos gelesen und in Bewegung und

Klang umgesetzt. Es entstand die Idee, diesals kleines „Theaterspiel“ den Patenkindernvorzuführen. Das Wort, das den Patenkin-dern zu schreiben beigebracht werden soll-te, war damit auch gefunden, nämlich „Tul-pe“. Abschließend sollte eine Tulpe gebasteltwerden.Die Besuchsstunde schließlich war so ange-legt, dass ich mich während des größten

Das war mein erster Schultag

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Teils der Stunde zurücknehmen und denPaten die „Lehrerrolle“ überlassen konnte,die neben ihren Patenkindern saßen undihnen beim Schreiben und Basteln halfen.Diese gemeinsamen Tätigkeiten waren da-rauf angelegt, die Beziehung zwischen Pateund Patenkind zu intensivieren. Die Patenschlüpften gerne in die „Lehrerrolle“, die siesehr gewissenhaft ausführten. Sie erklärtenihren Patenkindern den richtigen Umgangmit dem Arbeitsblatt zum Wort „Tulpe“,zeigten ihnen, wie in die darauf vorgegebe-nen Hohlbuchstaben die „richtigen“ Buch-staben geschrieben werden und achteten aufeine bewegungsrichtige Schreibweise derBuchstaben. Beim Basteln halfen sie gege-benenfalls beim Auflegen und Umranden derSchablone. Die verbleibende Zeit wurde ge-nutzt, um den Patenkindern den Klassen-raum mit seinen verschiedenen Lern- undSpielangeboten, der Leseecke und der Früh-lingsblumenausstellung, die in der Wochedie Klasse schmückte, zu zeigen. Hier er-klärten die Paten, zeigten, wie verschiedeneÜbungsmaterialien zu gebrauchen sind,zeigten Buchstaben an der magnetischenBuchstabenwand oder lasen ihrem Paten-kind in der Sitzecke etwas vor. Die Rolle derPaten kann hier mit einem Zitat der Kinder-gartenleiterin treffend beschrieben werden:„Kinder erklären Schule für Kinder.“Bei der Ankunft der Patenkinder in der Klas-se war die typische Spannweite aller Erwar-

tungshaltungen und Verhaltensweisen zuerkennen. Einige wirkten eher zurückhal-tend und scheu, andere, die schon guteFreunde als Paten in der Klasse vorfanden,wirkten sicherer und machten den Ein-druck, als fühlten sie sich im Klassenzimmergleich heimischer und vertrauter. Sie nah-men auch eher Kontakt mit mir auf und lie-ßen sich auf Gespräche mit mir ein.Während ein Junge schon weinend ins Klas-senzimmer kam und nicht von der Seite sei-ner Erzieherin wich, verloren andere beimgemeinsamen Singen des Begrüßungsliedesund beim kurzen szenischen Gedichtvortragvon der Tulpe ihre Scheu. Bei dem dann fol-genden Unterrichtsgespräch über das WortTulpe beteiligten sich bereits einige Paten-kinder, brachten ihr Wissen über die Tulpeein, benannten Buchstaben und fanden rich-tige Anlautwörter. Der Stundenablauf ent-hielt bis dahin im gemeinsamen Singen, imkurzen szenischen Spiel und im Sitzkreis alsSozialform viele, aus dem Kindergarten be-kannte Elemente. Dies und auch das ge-meinsame Basteln mit den Paten hat sicherdazu geführt, dass selbst der Junge, der zu-vor nur neben seiner Erzieherin gesessenhatte, sich schließlich mit anderen Kindernan einen Tisch setzte und mitbastelte.Aber auch das Schreiben als neue Anforde-rung an die Patenkinder war in der Stundeein angemessenes Element, um die Erwar-tungshaltung der Kinder bezüglich Schule

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zu befriedigen. Durch die Schreibhilfe, diedurch die Hohlbuchstaben gegeben war unddurch die Hinweise der Paten, stellte die Auf-gabe für niemanden eine Überforderung,sondern vielmehr eine Herausforderung dar,die zu bewältigen war.

RückmeldungSowohl auf Seiten der Paten als auch auf Sei-ten der Patenkinder hatte die Besuchsstundeeine positive Wirkung. Als Paten wurde denErstklässlern die Möglichkeit eröffnet, Ver-antwortung zu übernehmen, eine Aufgabe,die sie gern erfüllten. Ein Mädchen äußertesich in einem an den Besuch anschließendenGespräch zur Aufgabe als Patin: „Ich fand esgut, mich um jemanden zu kümmern.“ IhreAufgabe, den Schulanfängern Schule zu er-klären, hielt die Paten dazu an, bei neuenschulischen Anforderungen zu helfen undFragen bezüglich des neuen Umfeldes zu be-antworten. Die Paten konnten soziale Erfah-rungen machen sowie Kompetenzen im Mit-einander wie Helfen, Ermutigen und dasEingehen auf den anderen aufbauen.Auch die Schulanfänger äußerten sich in ei-nem Gespräch mit der Erzieherin positivüber den Besuch in der Schule.Das Beste der Schulstunde war für die meis-ten das Basteln der Tulpe, an zweiter Stelle

wurde das Theaterstück genannt und einKind fand es schön, miteinander zu essen.71

Diese Äußerungen unterstreichen noch-mals die Bedeutung der Paten, aber auch,wie wichtig es ist, den Schulanfängern ne-ben Neuem auch vertraute Tätigkeiten zumInhalt der Stunde zu machen. Zwei Kinderäußerten auch ungute Gefühle bei dem Ge-danken an Schule, es überwog aber im All-gemeinen eine positive Grundstimmung.Schulanfänger in einem ersten Schritt„Schulluft schnuppern zu lassen“, noch be-vor sie bei einem nächsten Besuch das zu-künftige Klassenzimmer und den zukünfti-gen Klassenlehrer kennen lernen, kann dasneue schulische Umfeld in Etappen den Kin-dern vertraut machen.Rita Schiene, LAA, Katholische Grundschu-le Tudorf

71 Reflexion zum Besuch der Schulanfänger in derSchule, notiert von der Kindergartenleiterin Frau Gi-sela Buschmeier

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Beispiel 6:„Das komische Gefühl im Bauch“

Eine Kooperation zwischen der Grundschu-le Vechta und dem Kindergarten im Ein-zugsgebiet der SchuleEtwas Neues zu beginnen, bedeutet fürSchulanfänger, sich aus dem vertrauten Le-bensbereich Kindergarten in die InstitutionSchule hinauszuwagen. Mit dem Gedanken

an den Schulanfang verbinden sich auch Ge-fühle der Angst. In diesem Praxisbeispiel ver-sucht die Lehrerin der Grundschule Vechtaüber das Medium Bilderbuch, die Gefühleder Kinder hinsichtlich der neuen Lebens-situation Schule mit ihnen zu verarbeiten.

„Nach vier Jahren gemeinsamen Arbeitensund Lebens in der Schule gebe ich meine

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Klasse ab. Es heißt Abschied nehmen vonden Kindern, die in dieser Zeit zu einer Ge-meinschaft zusammenwuchsen, in der unsErfolge und Misserfolge gleichermaßen ver-banden und wir, getragen von gegenseitigemRespekt, miteinander und voneinander lern-ten. Nun beginne ich wieder mit einer erstenKlasse. Das „komische Gefühl im Bauch“stellt sich ein. Ich erinnere mich an die Prob-leme des Anfangs, an die neuen Gesichter,die so unterschiedlichen Erwartungen dereinzelnen Kinder, die Eltern, deren Wün-sche und Anforderungen ich nicht einzuord-nen wusste, die veränderten Rahmenbedin-gungen der Schulorganisation.Gerade für die Kinder ist der Beginn diesesneuen Lebensabschnitts nicht ohne Irrita-tionen. Gewohntes verlassen, Unbekannteserobern, das kann Angst machen. Bei Besu-chen im Kindergarten war zu beobachten,dass es zwei Reaktionsweisen gibt, zwischendenen zwar noch viele Facetten liegen, diesich aber deutlich voneinander absetzen: DieKinder der einen Gruppe sind extrem ängst-lich und schüchtern, sie mögen sich nichtäußern und haben Angst vor jeder Verände-rung. Die Kinder der zweiten Gruppe reagie-ren unangemessen lebhaft, sie hören kaumzu, balgen sich (meist sind es Jungen) oderkaspern herum, oft wenden sie sich fremdenPersonen mit einer ungerechtfertigten star-ken Emotionalität zu. Beiden Gruppen ge-meinsam ist eine starke Reaktion auf den

Wechsel vom (gewohnten) Kindergarten zur(noch fremden) Schule. Das Ziel des im Fol-genden beschriebenen Vorhabens, das imKindergarten durchgeführt wurde, war, dasSelbstwertgefühl der Kinder zu stärken. Siesollten erfahren, dass sie Angst haben dür-fen, dass diese Angst vor dem Neuen dazu-gehört und umgesetzt werden kann in einemproduktiven Umgang mit der Realität. Siesollten auch erfahren, dass Kraftmeierei undLautstärke keine angemessenen Mittel sind,mit denen neue Situationen bewältigt wer-den können, ebenso wenig wie der Rückzugin die Passivität.

Das Buch „Billi und die Schule“ von Cathe-rine und Laurence Anholt, Annette Betz Ver-lag, war Arbeitsgrundlage des Vorhabens:Billi kommt bald in die Schule. Er freut sichdarauf, andererseits würde er am liebsten zuHause bleiben bei seiner Mutter und bei sei-nen Freunden, den Vögeln im Garten. Diefüttert er jeden Morgen. Sie haben keineAngst vor ihm, denn Billi kann ganz langeruhig stehen, ohne sich zu bewegen. Als einkleiner Spatz aus dem Nest fällt und die an-deren Vögel ihn verjagen wollen, nehmenBilli und seine Mutter den kleinen Vogel mitins Haus und versorgen ihn. Nachdem ersich die Nacht über ausgeruht hat, fliegt eram Morgen davon. So wie dem kleinen Spat-zen geht es auch Billi. Nachdem er seineAngst überwunden hat und die Schule be-

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ginnt, ist auch „das komische Gefühl“ ver-schwunden.72

Das Vorhaben teilte sich in zwei Bereiche:I. Kontaktaufnahme der Schule mit dem

KindergartenII. Durchführung des Buchprojekts „Billi

und die Schule“

I. Kontaktaufnahme der Schulemit dem KindergartenMit dem Kindergarten verabredete ich sechsTermine. Diese Termine wurden am Infor-mationsbrett ausgehängt, so dass die Elterninformiert waren. Sechs bis höchstens achtKinder hatte ich mir pro Gruppe vorgestellt,die Aufteilung sprach ich mit den Erziehe-rinnen ab. Ein separater Raum im Kinder-garten wurde organisiert, zeitlich hatte ichetwa 20 Minuten für jeden Besuch einge-plant. Damit war die erste Hürde genommenund das Vorhaben konnte beginnen.Bei einem ersten Besuch gewann ich einenEinblick in den Kindergartenalltag. Inzwanglosen Gesprächen mit den Erzieherin-nen und Kindern knüpfte ich erste Kontakte,erhielt Auskunft über Bräuche, Rituale undZeitabläufe und besichtigte Räume und Ma-terialien. Vieles war mir bekannt, aber eini-ges doch neu. Die Übernahme einiger Ritua-

72 Es empfiehlt sich, die Seiten des Bilderbuchesselbst zu nummerieren, beginnend bei der erstenTextseite, da die Seitenzahlen fehlen.

le – zum Beispiel das freie Spiel am Tages-beginn – würde sicherlich den Anfang in derSchule erleichtern.

II. Billi und die SchuleFür dieses Vorhaben bereitete ich folgendeMaterialien vor:• Buch „Billi und die Schule“• Zeichenpapier, Wachskreiden

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• Vogelposter von einheimischen Vögeln• großes Poster von Billi (vom 4. Schuljahr

gemalt)• Schablonen eines kleinen Spatzes pro

Gruppe, eine kleine Feder pro Kind• Lied- und Spiel „Alle Vögel schaukeln“ von

M. Jehn

Was weißt du über Vögel?Zuerst machten wir uns miteinander be-kannt und sprachen über das Vogelposter.Nach dem Austausch von Erfahrungen mal-ten die Kinder den Vogel, den sie besondersgut kannten. Hierbei war sehr gut das un-terschiedliche Arbeitsverhalten zu beob-achten. Während einige sich eifrig ansWerk machten, brauchten andere viel Mutund gutes Zureden für den ersten Strichaufs Papier. Bei den Namen gab ich eben-falls Hilfestellung, wobei mir die Kinder eif-rig versicherten, wenn sie in die Schulekämen, dann könnten sie bestimmt ihrenNamen schreiben.

Was Billi alles kannZu diesem Besuch brachte ich das Poster vonBilli mit, das mein viertes Schuljahr gemalthatte. Die Kinder staunten und ich konntedie Erwartung spüren, dass sie nun endlichauch in die Schule kommen wollten. Dannzeigte ich ihnen das Buch und las die erstenfünf Seiten vor. Die Situation, wo beschrie-ben wird, dass Billi besonders gut ganz lange

still stehen kann, spielten die Kinder nach.Sie erzählten eifrig, was sie besonders gutkonnten, machten es vor und malten es an-schließend. Während des Malens notierteich die dargestellten Situationen, denn dieseBilder wollte ich später mit gedrucktem Textin die Klasse hängen.

Billi und der SpatzZuerst erzählten die Kinder, was sie von derBilli-Geschichte behalten hatten. Anschlie-ßend erhielt jedes Kind eine kleine Feder.Die Kinder streichelten die Feder und warenfasziniert, dass der kleine Spatz so zart undfein und klein ist. Dessen Geschichte las ichweiter vor von Seite 8 bis Seite 17. Die Seiten12 und 13 ließ ich aus, da es hier nur um dieSpatzengeschichte gehen sollte. Die Kinderäußerten sich, wie sich der kleine Spatz amAbend gefühlt haben musste und wie er sichfühlte, als er in den Morgenhimmel flog. Diebeiden Situationen spielten wir nach. DieAufgabe, einen kleinen Spatz aus Papier zubasteln, erledigten die Kinder später in ihrerGruppe. Das war schon ein bisschen wie„Hausaufgaben“. Die Spatzen wollte ich spä-ter mit in die Schule nehmen, um die Kinderam ersten Schultag zu begrüßen.

Billi geht zur SchuleBevor ich den Kindern den Rest der Ge-schichte vorlas, besuchten die „Schulexper-ten“ die Gruppen. Das waren jeweils zwei

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Kinder meines vierten Schuljahres, die ineine Schultasche Dinge hineingepackt hat-ten, von denen sie meinten, dass sie für dieNeuen wichtig seien. In den Gruppen stell-ten sie diese Dinge vor und beantwortetenFragen. Was für ein Vergnügen, zu sehen,mit welchem Eifer die Großen die Fragender Kleinen beantworteten und wie wichtigdie Schulsachen waren! Nun hatten die Kin-der eine schon genauere Vorstellung vonSchule und konnten den Schluss der Ge-schichte gut nachempfinden.

RückblickDie Durchführung des Vorhabens verliefnicht immer reibungslos, da zeitliche undorganisatorische Schwierigkeiten auftraten.Mit kollegialer Hilfe und beiderseitigemEntgegenkommen waren diese aber schnellgelöst. Durch die häufigen Besuche bekamich Einblicke in den Ablauf des Kindergar-tenalltags und zwischen den Kindern undmir entwickelte sich zunehmend mehr einvertrautes Verhältnis. Das ließ den Schulan-fang sowohl für die Kinder als auch für michzu einem Ereignis werden, dem wir mit ge-spannter und froher Erwartung entgegensa-hen.Damit möchte ich Mut machen, die Zusam-menarbeit zwischen Kindergarten undSchule zu intensivieren. Für die Lehrerin-nen der Schulanfänger bedeuten die Ein-sichten, die sie während der Durchführung

des Vorhabens gewinnen können, notwendi-ge Voraussetzungen für einen an den Kin-dern orientierten Anfangsunterricht, für dieKinder bedeutet es den Abbau von Ängstenund für die Erzieherinnen ist dieser Aus-tausch Bestätigung und Anregung für dieweitere Arbeit.73

Bärbel Teller, Lehrerin der GrundschuleVechta

Beispiel 7:Vertraglich festgelegte Kooperation

Eine Kooperation zwischen dem evangeli-schen Kindergarten Emmertsgrund und derGrundschule Emmertsgrund, HeidelbergAn diesem Beispiel kann verdeutlicht wer-den, was pädagogische Visionen vermögenund im Interesse der Kinder in Gang setzen.Es ist beiden Institutionen gelungen, einHandlungskonzept der Zusammenarbeit zuentwickeln und die mehr personenbezogeneZusammenarbeit durch einen Kooperati-onsvertrag von der Beliebigkeit in eine Ver-bindlichkeit zu überführen.

73 Das Vorhaben ist in der Zeitschrift „Praxis Grund-schule“ des Westermann Verlages, Heft 1/2000,ausführlich beschrieben.

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Nahtlos vom Kindergartenin die GrundschuleUnsere Kindertageseinrichtung liegt im„Emmertsgrund“, einer Trabantenstadt vorden Toren Heidelbergs und gehört zur Evan-gelischen Kirchengemeinde.Der Emmertsgrund wurde vor fast 30 Jahrenaus dem Boden gestampft und nach undnach bevölkert. Hier leben Familien aus un-terschiedlichen Herkunftsländern in vielfäl-tigen Familienstrukturen, sie haben vieleverschiedene kulturelle, religiöse und welt-anschauliche Hintergründe. Diese interkul-turelle Zusammensetzung erfordert von denFamilien eine ständige Auseinandersetzungmit ihnen fremden Lebensweisen, bietet vie-le Begegnungsmöglichkeiten und Erfah-rungen, birgt aber auch die Gefahr der Aus-sonderung und des Rückzugs in die eigenen,engsten Kreise.Eine relativ große Anzahl benachteiligterFamilien steht einer relativ kleinen Anzahlgut situierter Familien gegenüber. UnserKindergarten ist ein Spiegelbild des Stadt-teils, die Kinder kommen aus 17 verschiede-nen Ländern, sie sind Deutsche, Ausländer,Aussiedler, Asylanten, Flüchtlinge. Zur Zeitbetreuen wir 66 Kinder im Alter von 2 bis 11Jahren.Der Kindergarten wurde 1974 eröffnet undbegann, da es noch keine eigenen Räumegab, in zwei Klassenzimmern der Grund-schule Emmertsgrund. So ergab sich von

Beginn an eine „Nähe“ zur Schule, die auchnicht abriss, als wir 1976 in ein eigenes Hausumziehen konnten.

Beginn der KooperationsbemühungenEin gemeinsames Ziel von Kindergarten undSchule soll es sein, den Kindern den Über-gang zu erleichtern, Brüche zu verhindernund die Kinder auf die Schule – und dieSchule auf die Kinder vorzubereiten. Be-dingt durch das Umfeld und die Herkunft derFamilien ist das eine unserer wichtigstenAufgaben und wir haben von Anfang an ver-sucht, alle Möglichkeiten zu nutzen.Wir haben die Schule mit den Kindern er-kundet, am Unterricht teilgenommen, dieTurn- und Schwimmhalle genutzt, die Leh-rerin in den Kindergarten eingeladen undgemeinsame Elternabende oder Nachmitta-ge gestaltet. Wir waren uns bewusst, dass dasimmer ein Problem der zur Verfügung ste-henden Zeit und des persönlichen Einsatzesvon beiden Seiten war und haben in diesenJahren gute und schlechte Erfahrungen ge-macht. Ein Ziel war, sich die Erwartungenund Gegebenheiten für alle beteiligtenGruppen bewusst zu machen:

Die Kinder: Die Mehrzahl der „Vorschulkin-der“ freut sich auf die Schule, sie sind neu-gierig und bereit, endlich lesen, schreibenund rechnen zu lernen. Aber auch Unsicher-heit und Ängstlichkeit sind zu spüren, die

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Erwartungen der Erwachsenen (Eltern)sind groß und die Zukunft in der Schuleweitgehend unbekannt. Die Räumlichkei-ten in der Schule, der Schulweg und derSchulhof sind den Kindern zwar durch ver-schiedene Unternehmungen bekannt, dieneuen Personen (Lehrer, Mitschüler) je-doch weder namentlich noch persönlichvertraut.

Die Eltern: Die Eltern möchten für ihre Kin-der einen guten Schulstart, sie erwarten,dass diese im Kindergarten intensiv auf dieSchule vorbereitet werden. Erinnerungenan die eigene Schulzeit können Beunruhi-gungen und Besorgnis wecken. Ihnen istzum größten Teil bewusst, dass die „behü-tete“ Zeit für ihre Kinder vorbei geht unddiese in einen Bereich gehen, den die Eltern

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kaum beeinflussen können. Ihre Kinderwerden jetzt von fremden Personen beur-teilt.

Die Erzieherinnen: Die Erzieherinnen sind,besonders im Jahr vor der Einschulung, mitden Fragen und Erwartungen der Elternkonfrontiert. Die Kinder sollen möglichstviel „lernen“, um einen guten Einstieg zu ha-ben. Gleichzeitig schließt aber der eigen-ständige und pädagogische Auftrag des Kin-dergartens (Erziehung, Bildung, Betreuungim Vorschulalter) ein Vorwegnehmen vonschulischem Lernen aus. Im Rahmen diesesAuftrags sind die Erzieherinnen aber starkan einer Zusammenarbeit mit der Schule in-teressiert, weil sie einen positiven Übergangvom Kindergarten in die Schule für „ihre“Kinder erreichen und begleiten wollen.

Die Lehrerinnen: Die Lehrkräfte der Grund-schule wissen oft nur wenig über die Arbeiteines Kindergartens. Für sie steht die Ein-schulung kaum im Bezug zum vorherge-henden Lebensabschnitt der Kinder. Selbst-verständlich freuen sie sich über Kinder, diegut auf die Schule vorbereitet sind unddurch ihre Erfahrungen in der Lage sind,sich in den Klassenverband einzufügen.Kontakte und Verbindungen vor der Ein-schulung sind häufig, auch wenn sie ge-wünscht werden, aus Mangel an Zeit und Or-ganisation nicht möglich.

Gemeinsame Besprechungen des Kinder-gartens mit der Schule sollten Ansprücheund Vorstellungen klären, Einladungen zugemeinsamen pädagogischen Fortbildungs-veranstaltungen waren ein guter Ansatz, diegegenseitige Akzeptanz zu vertiefen. Wir ha-ben erkannt, dass wir voneinander viel ler-nen und erfahren können – und das sollteausgebaut werden, unter Wahrung der Ei-genständigkeit des jeweils spezifischen Er-ziehungs- und Bildungsauftrags der Institu-tionen. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dassdiese unverbindliche Art von Kooperationoft beliebig gehandhabt wurde, so dass in ei-nem Jahr die Kinder durch eine gute Zusam-menarbeit besser vorbereitet waren als imanderen. Immer wieder haben wir versucht,die Kooperation zu stabilisieren.

Die Entstehung desKooperationsvertragesDas „Stadtteilgespräch Emmertsgrund“ istein Treffen aller Gruppen und Einrichtun-gen, die hier im Stadtteil beruflich oder eh-renamtlich mit Kindern und Jugendlichenzu tun haben. Es findet in unregelmäßigenAbständen statt, je nach der aktuellen Situa-tion. Hier werden Probleme besprochen,Ideen entwickelt, Anträge an die Stadtver-waltung formuliert und Situationsanalysenerstellt. Dieses Stadtteilgespräch bestehtseit Beginn der Kinder- und Jugendarbeitund ist einem ständigen Wechsel der einzel-

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beit aus der Sicht der jeweiligen Einrich-tung

• Auflistung der personellen, zeitlichen undräumlichen Rahmenbedingungen für dieKooperation

• Erstellung eines inhaltlichen und zeitli-chen Rahmenplans für ein Schuljahr

• Einigung auf ein Förderkonzept• Klärung der notwendigen Arbeitsmittel• Verknüpfung von gemeinsamer Zielset-

zung, Förderkonzept mit Ausarbeitun-gen, Arbeitsebenen und zeitlichem Rah-menplan zu einer Handlungskonzeption

• Entwurf einer Vereinbarung mit ver-pflichtenden Arbeitsaufträgen zwischenden Kooperationspartnern zur Umset-zung der Kooperation. Diese Vereinba-rung soll von den beteiligten Institutio-nen und ihren Trägern unterzeichnet wer-den.

Während dieser Entwicklungen in der Ar-beitsgruppe wurden schon bestehende Ko-operationsangebote weitergeführt und ein-zelne Vorhaben des Kooperationsmodellsausprobiert, umgesetzt und bei Bedarf auchwieder geändert:• Besuche der Kooperationslehrerin im

Kindergarten: Hier erlebt sie die Kinder,die in die Schule kommen und die Kinderlernen sie als Lehrerin kennen.

• Die Vorschulkinder besuchen die Schule,lernen das Gebäude kennen und nehmen

nen Mitglieder oder Gruppierungen unter-worfen – kreative und starre Phasen wech-seln sich ab. Als Leiterin unseres Kindergar-tens bin ich Mitglied dieses Arbeitskreises.Hier können wir die Interessen unserer Kin-der in der Öffentlichkeit vertreten und hierentstand die Idee, einen regelrechten Ko-operationsvertrag zwischen den Kinderta-geseinrichtungen (es gibt noch drei städti-sche Einrichtungen) und der Grundschulezu entwickeln. Die bisherigen Erfahrungenzeigten, dass die Kooperation langfristig ge-plant werden muss und sich nicht nur aufden Einschulungszeitpunkt beziehen kann.Sie muss die Unterstützung aller Beteiligtenhaben und darf nicht nur als Last auf weni-gen Personen liegen, mit denen dann dasProjekt steht und fällt.

Unter der Federführung der Schulsozial-arbeit, die durch die Stadt Heidelberg undden Verein „päd-aktiv Heidelberg“ an derGrundschule vor einigen Jahren eingerich-tet wurde, bildeten wir 1998 eine Arbeits-gruppe, bestehend aus den Leiterinnen dervier Kitas, einem Fachbereichsleiter derStadt Heidelberg, einer Kooperationslehre-rin, der Schulleitung und dem Sozialpäda-gogen der Schulsozialarbeit. In dieser Ar-beitsgruppe erfolgten in einem Zeitraumvon zwei Jahren folgende Arbeitsschritte:• Formulierung von Bedingungen und Zie-

len für eine konstruktive Zusammenar-

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an Unterrichtseinheiten teil: Der äußereRahmen und der Ablauf ist ihnen dadurchnicht mehr fremd.

• Die Vorschulkinder werden von der Schu-le zu kleinen Veranstaltungen eingeladen(Spielnachmittag, Theateraufführungusw.): spielerische Erfahrungen mit demLebensraum Schule.

• Die Kooperationslehrerin kommt zumVorschulelternabend und beantwortetFragen der Eltern.

• Die Erzieherinnen unterstützen dieSchule bei der Einteilung der Klassen, da-mit Freundschaften und bestehende„Kleinarbeitsgruppen“ nicht auseinan-der gerissen werden und Kinder, die sichgegenseitig helfen oder behindern könn-ten entsprechend in die Klassen verteiltwerden.

• Mit Zustimmung der Eltern können dieErzieherinnen mit der Lehrerin über be-stehende Probleme bei einzelnen Kindernsprechen und es werden gemeinsame Lö-sungsmöglichkeiten erarbeitet.

Um diese Kooperation noch effektiver zu ge-stalten, muss für die Erzieherinnen und dieLehrerinnen der Grundschule mehr Zeit zurVerfügung stehen, die Lehrerinnen der zu-künftigen ersten Klassen sollten vor der Ein-schulung den Kindergarten besuchen unddie Erzieherinnen in den ersten Klassen hos-pitieren. So lernen sie die beiden Arbeitsfel-

der kennen und können dieses Wissen für dieKinder nutzen.

Weitere gemeinsame Aktionen und Maßnah-men wurden geplant und ausprobiert, z.B.:• Schulanmeldungsfest für Eltern und Kin-

der mit einem kleinen Programm• Einladung der Vorschulkinder zu einem

Sport- und Spielfest in der Schule• Gespräche mit den Eltern bei Unsicher-

heit über die Schulfähigkeit• Aussage des Kindergartens zur Schulfä-

higkeit des Kindes.

Beispiel AnmeldungsfestDie Kinder und die Eltern treffen sich im Kin-dergarten und gehen gemeinsam mit den Er-zieherinnen zur Schule. Dort wird eine Dia-Geschichte erzählt, gespielt und gesungen.Anschließend arbeiten die Kinder in Klassen-räumen mit den Lehrerinnen an einer kleinen„Schulaufgabe“, die Eltern stärken sich beiKaffee und Kuchen, erledigen den bürokra-tischen Teil (wobei die Erzieherinnen beiBedarf helfen können) und alle zusammengehen dann, nachdem der Kuchen auf-gegessen ist, wieder zurück in den Kinder-garten.

Das Handlungskonzept für die Kooperationnahm Gestalt an und wurde durch die Er-probungsphasen stabilisiert. Die gemeinsa-me Zielsetzung ergab sich aus den Planun-gen und Erfahrungen dieser zwei Jahre und

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dann war der Kooperationsvertrag unter-schriftsreif.In einer kleinen Feierstunde wurde am23.10.2000 die Vereinbarung von den Ko-operationspartnern unterschrieben – unddamit haben sich alle verpflichtet, sich andiesen Vertrag zu halten.

Die Erfahrungen mit demKooperationsvertragDie vertraglich festgelegte Kooperation läuftjetzt seit fast zwei Jahren. Alle Beteiligtenhalten sich an die vereinbarten Schritte unddas Konzept steht nicht nur auf dem Papier.Die Arbeitsgruppe trifft sich weiterhin, umden Verlauf zu überprüfen, neue Erfahrun-gen einzubringen, weitere Ideen zu entwi-ckeln und einzubauen. Diese ständige Kon-trolle und der Austausch sind notwendig,um die Qualität weiter zu entwickeln und beiProblemen schnell handeln zu können.Für unseren Kindergarten hat dieser Wegder Kooperation positive Auswirkungen.Zum einen fühlen wir uns in unseren jahre-langen Bemühungen um eine effektive Zu-sammenarbeit mit der Schule bestätigt.Zum anderen brauchen wir jetzt nicht mehrum Kooperationsmöglichkeiten zu bitten,

sie werden zu einer Selbstverständlichkeitund wir haben das Recht, die Erfüllung desVertrages einzufordern.Durch die Zusammenarbeit aller Einrich-tungen wurden viele Ideen entwickelt, dieuns auf einen guten Weg gebracht haben undvon dem vor allem die Kinder profitieren. Eswerden Vorurteile und Berührungsängstebei den Erwachsenen langsam abgebaut undeine größere Transparenz zwischen den In-stitutionen ermöglicht.Natürlich hängt eine „gute“ Kooperationweiterhin von den Menschen ab, die daranarbeiten. Eine lustlose und erzwungene Ein-haltung des Vertrages wäre schlimmer, alsdie vorher ganz und gar personenabhängigeZusammenarbeit. Der Vertrag muss am Le-ben gehalten, mit Leben gefüllt und immerwieder im Gespräch überprüft werden.Für die Kinder und Eltern – und das war un-ser Ziel – haben wir damit viel erreicht. DerÜbergang zwischen Kindergarten und Schu-le ist nahtlos und macht allen viel Spaß.Bärbel Rolf, Kindergartenleiterin, Evange-lischer Kindergarten Emmertsgrund, Fo-rum 3, 69126 Heidelberg, Tel: 06221/382369Fax: 06221/351261,E-Mail: [email protected]

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Vereinbarung

Prolog:Jedes Jahr steht für ca. 100 bis 120 Kinder dieEinschulung in die Emmertsgrund-Schule be-vor. Der überwiegende Teil dieser Kinder voll-zieht diesen Schritt in einen neuen Lebensab-schnitt unmittelbar aus dem Besuch einer dervier Kindergärten und -tagesstätten im Stadt-teil heraus. Ein großer Teil dieser Kinder wie-derum kommt aus Familien fremdsprachli-cher Herkunft und auch aus Familien, die (zu-dem) soziale Schwierigkeiten zu bewältigenhaben.Aufgrund der Verdichtung von Problemlagenfür Kinder, des hohen Kinderanteils sowie derAnzahl der Einrichtungen im Stadtteil, ergibtsich für den Emmertsgrund in besondererWeise die Notwendigkeit, den Übergang die-ser Kinder vom vorschulischen Bereich in dieGrundschule planvoll, koordiniert und mög-lichst bruchlos zwischen den Einrichtungenunter Einbezug der Familien zu gestalten.

Erklärung:Die beteiligten Personen, Einrichtungen undihre Träger bzw. übergeordneten Stellen aner-

kennen hiermit ihre damit verbundene Verant-wortung und verpflichten sich, das vorliegen-de Handlungskonzept konstruktiv zu unter-stützen und umzusetzen.Konsequenterweise wird der jetzt erstrebteStand der Koordination der Kräfte als Basis füreine permanente Weiterentwicklung eines ge-samtheitlichen, durchgängigen und präventivorientierten Förderkonzepts verstanden.Nicht zuletzt soll damit auch dem Erziehungs-auftrag der Kindergärten und Kindertages-stätten einerseits und der Verwaltungsvor-schrift des Kultusministeriums zur Kooperati-on von Kindergärten und Grundschule ande-rerseits, auch unter den nicht einfachen Be-dingungen im Emmertsgrund, Rechnung ge-tragen werden.

Anlagen:• Handlungskonzeption zur Kooperation der

Kindergärten und -tagesstätten und derGrundschule im Emmertsgrund

• Unterschriftenliste

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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• Installation eines Netzwerkes frühzeitigerund durchgängiger Förderung.

• Förderung von Sprache, Wahrnehmung,Motorik und Sozialverhalten der Kinder.

4. Methoden:• Hospitationen in den Kindergärten und in

der Schule sowie fachlicher Austauschüber die Entwicklung der Kinder.

• Gemeinsame Elternabende „Mein Kindkommt in die Schule“ in den Kindergärten.

• Gemeinsam geplante und durchgeführtekind- und elterngerechte schulische An-meldetage.

• Einladungen von Kindergartenkindern undderen Eltern zum Tag der offenen Tür, Fes-ten, Spiel- und Sporttagen der Schule.

• Schule als Thema für Stadtteilerkundung inden Kindergärten.

• Patenschaften durch ältere Schüler für Erst-klässler.

• Entwicklung und Durchführung der Be-darfsfeststellung, der Elterngespräche undVermittlung von Hilfsangeboten.

5. Personelle Rahmenbedingungen• 2 Kooperationslehrer/-innen mit je 3 Wo-

chenstunden (möglichst zukünftige Erst-klasslehrer/-innen).

• Einarbeitung der Kooperationsstunden indie Arbeitszeitpläne von Leiter/-innen undMitarbeitern in den Kindergärten.

Handlungskonzeption zur Kooperationder Kindergärten und -tagesstättenund der Grundschule Emmertsgrund74

Gemeinsame Zielsetzungen für die Koopera-tion der Kindergärten und der Grundschule imEmmertsgrund:

1. Zielgruppe:• Alle Kinder, die im nächsten Jahr schul-

pflichtig werden oder werden können, ins-besondere Kinder mit besonderem Förder-bedarf.

2. Zweck:• Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauf-

trags von Kindergärten und Grundschule(insbesondere Verwaltungsvorschrift zurKooperation zwischen Kindergärten undSchule des Kultusministeriums vom18.11.93).

3. Pädagogische Ziele:• Erleichterung des Übergangs vom Kinder-

garten zur Grundschule für Kinder und de-ren Eltern.

• Vorbereitung von Kindern und Eltern aufden schulischen Alltag (Räume, Zeitstruk-tur, Lehrer/-innen).

74 päd-aktiv e.V. – Schulsozialarbeit an der Em-mertsgrund-Schule

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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8. Qualitätssicherung:• Dokumentation der Ziele und des Ablaufs

der Kooperation.• Regelmäßige Arbeitsgruppen auch auf Lei-

tungsebene (Steuerungsgruppe).• Reflexionsgespräche.• Rückverankerung der Kooperation in das

Handlungsprofil der einzelnen Einrichtun-gen.

• Reflexion im Elternbeirat der Einrichtun-gen.

• Einbeziehen der Träger bzw. der überge-ordneten Stellen.

9. Kriterien für den Erfolg:• Aufbau und Annahme eines frühzeitigen

Beratungs- und Förderungssystems.• Erfolg in der Eingangstufe.• Elternmitarbeit.• Vertrauensvolle Zusammenarbeit der be-

teiligten Einrichtungen.

6. Ziele + Formen der Kooperation:• Aufbau von Vertrauen und Akzeptanz.• Vorstellen und Austausch der Erziehungs-

konzepte bzw. der Lehr- und Förderpläne.• Frühzeitige Planung und Absprache bezüg-

lich Terminen und Personen.• Gemeinsame Ausarbeitung eines Förder-

konzepts und einer Arbeitsplanung sowieden Arbeitsebenen.

• Verbindliche Vereinbarungen zur Umset-zung.

7. Elternarbeit:• Vorstellen der Kooperation der beteiligten

Institutionen.• Gemeinsame Elternabende im Kindergar-

ten.• Gemeinsame Elterngespräche.• Zustimmung der Eltern zur Kooperation er-

wirken.• Fremdsprachige Eltern besonders berück-

sichtigen.

Beispiel 8:„Lieber Herr Lauströer …“

Kooperation zwischen dem KindergartenAlmeflöhe Salzkotten-Niederntudorf undder Katholischen Grundschule TudorfDie Schulanfänger unserer vier Kindergar-tengruppen stimmen wir im letzten Kinder-gartenjahr mit unterschiedlichen Aktivitä-ten auf den neuen Lebensbereich Schule ein.

Kleine und größere gemeinsame Projekte,die auch in Kooperation mit der Grundschu-le stattfinden, sowie wöchentliche Sprach-spiele lassen den vorbereitenden Prozess gutvoranschreiten, so dass wir im Frühjahr mitden Kindern ganz konkret über den zu er-wartenden Schulalltag sprechen können.Neben freudiger Erwartung zeigt sich in denGesprächen immer auch Angst vor dem neu-en Lebensbereich.

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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Schulanfänger haben Angst davor, dass sievon den Jungen auf dem Schulhof angegrif-fen oder geärgert werden, dass sie schlechteNoten kriegen, auf der Schaukelbrücke hin-fallen oder falsche Hausaufgaben machen.Sie haben Angst vor den großen, wilden Kin-dern oder davor, dass sie im Rechnen nichtgut sind.Im Kontakt mit dem Schulleiter entschie-den wir uns für das Schreiben eines Briefes,mit dem wir ihm die freudigen und Angstmachenden Erwartungen mitteilen wollten.Jede Schulanfängergruppe war beim For-mulieren des Textes durch einen von ihnenernannten Sprecher/Sprecherin vertreten.

Abschließend wurde der Brief von allen Kin-dern unterschrieben und durch die vierGruppensprecher zum Rektor der Grund-schule gebracht.Den Schulanfängern gefiel die Korrespon-denz, denn sie fühlten sich mit ihren Gefüh-len ernst genommen. Diese Form der Zu-sammenarbeit eignet sich außerdem sehrgut, wenn die beiden Institutionen Kinder-garten und Grundschule in größerer Entfer-nung zueinander liegen.Gisela Buschmeier, Leiterin des viergruppi-gen Kindergartens Salzkotten-Niederntu-dorf

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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Lieber Herr Lauströer!Im Sommer kommen wir alle in die Schule. Darauf freuen wir uns schon. Wir lernen danndas Lesen, Schreiben und Rechnen. Wir denken, dass wir gute Noten kriegen, weil wirimmer die Hausaufgaben machen. Wir bringen auch unseren Tornister mit.Aber wir haben auch ein wenig Angst. Jonas hat Angst davor, vom Klettergerüst ge-schubst zu werden. Jessica fürchtet sich vor den großen Jungen, die sie fangen, umrennenoder anschreien.Die Jungen haben Angst davor, von den Mädchen „angemotzt“ zu werden.Wir wünschen uns eine gute, liebe Lehrerin oder einen Lehrer.Guter Herr Lauströer, schick uns bitte einen Brief von der Angst zurück!

Es grüßen herzlich

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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Praxisbeispiele gelungener Kooperation

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Kurz gesagt

An den vorgestellten Praxisbeispielen wirddeutlich, dass dort die Kriterien einer erfolg-reichen Kooperation, d.h. gemeinsame Pla-nung, Handlung und Reflexion berücksich-tigt sind. Beide Partner in Schule und Kin-dergarten, aufeinander bezogen, agieren ef-fektiv im Hinblick auf einen kindorientier-ten Übergang vom Kindergarten zur Grund-schule.Darüber hinaus dokumentieren die Praxis-beispiele, dass es engagierte Pädagogen/Pä-

dagoginnen in Kindergarten und Grund-schule gibt, die sich als pädagogische Nach-barn75 betrachten und dieses gemeinsameVerständnis als Basis für eine fruchtbare Zu-sammenarbeit sehen. Die Pädagogen/Päda-goginnen in den vorgestellten Praxisbeispie-len finden Anlässe aufeinander zuzugehenund über persönliche wie institutionelleKontakte zum Wohl jedes einzelnen Kindespädagogisch wirksam zu werden.

75 Hauzenberger, 1994

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Zum Schluss

Wir plädieren und werben für einen wei-teren Ausbau der Kooperation von

Kindergarten und Grundschule, der im Hin-blick auf die Entwicklungsförderung derKinder und den Übergang vom Kindergartenzur Grundschule geboten ist. Wenn auch derbesondere Aufbau unseres Bildungswesensund das relative „Eigenleben“ der benach-barten Institutionen Kindergarten undGrundschule die Kooperation erschweren,ist auch heute schon, wie an den Beispielenim Kapitel V aufgezeigt, eine effektive Zu-sammenarbeit möglich. Die beschriebenenKooperationsformen stellen bereits eine be-achtliche Reform dar, die mit einer Reformdes Denkens und der Einstellung der betrof-fenen Pädagogen/Pädagoginnen in beidenBereichen begann und in den kooperativenAktivitäten ihren Ausdruck findet.

Der Übergang vom Kindergarten in dieSchule ist Chance und Herausforderung fürKinder, Erzieher/-innen, Lehrer/-innen undEltern zugleich. Um dem Anliegen einerEntwicklungsförderung der Kinder, einesÜbergangs vom Kindergarten zur Schule ge-recht zu werden, müssen die Vertreter dereinzelnen Bereiche, Kindergarten, Schule,Elternhaus miteinander in Kontakt treten,

sich austauschen und gemeinsam nach Ver-bindungen suchen. Sie stehen alle gemein-sam in der Aufgabe, die Entwicklung desKindes voranzubringen und zu unterstüt-zen. Sie sollen sich kennen lernen und Ein-blicke in ihre Arbeitsfelder geben. Dasschafft eine Atmosphäre der Akzeptanz undeine Basis für ein gelebtes Miteinander. Esgeht darum, die gegenseitige Fremdheit derbeiden Einrichtungen abzubauen. Erzieher/-innen, so noch Praxisrealität, wissen oft we-nig von Schule und Lehrer/-innen wissenwenig von Kindergärten. Grundvorausset-zung für eine effektive Kooperation ist es je-doch, dass sich sowohl Kindergarten wieSchule als pädagogische Nachbarn begrei-fen, die informiert sind über den Kooperati-onspartner, sein berufliches Selbstverständ-nis, seinen pädagogischen Auftrag und seinespezifischen Handlungsweisen. Unverzicht-bar ist auf diesem Hintergrund, dass sichLehrer/-innen mit der Pädagogik des Kin-dergartens und Erzieher/-innen mit der Pä-dagogik der Schule befassen, um zu wissen,wovon sie reden, wenn sie übereinander re-den.

Die Verstärkung der Bildungsaufgaben inden Kindergärten, in vielen Bundesländern

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Zum Schluss

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schon vor den Ergebnissen der PISA-Studieangestoßen, wird die Kindergärten und dieGrundschulen einander näher bringen, sodass das Bedürfnis nach Kooperation nochweiter steigen wird. Für das Verhältnis vonKindergarten und Grundschule wird sich dieVerstärkung von Bildungsaufgaben im Kin-dergarten beim Übergang vom Kindergartenin die Grundschule positiv auswirken, weilbeide Seiten durch Zusammenarbeit dieQualität ihrer Arbeit verbessern können.76

Wegweisend sind folgende Möglichkeiten zueinem weiteren Ausbau der Kooperation:• eine Intensivierung der Zusammenarbeit

zwischen Kindergarten und Grundschuleim Hinblick auf die zukünftigen Schulan-fänger im letzten Kindergartenjahr

• Einblick der Kinder in den zukünftigenLebensbereich Schule

• Erarbeitung eines gemeinsamen Kon-zepts von Kindergarten und Schule für dieGestaltung des Übergangs, welches die re-gionalen Besonderheiten und deren Mög-lichkeiten berücksichtigt. In dieses Kon-zept bringen sich alle an diesem Prozessbeteiligten Personen ein.

• Zwischen vorschulischen und schuli-schen Lernprozessen muss mehr An-schlussfähigkeit gesichert werden, dasbedeutet, dass die im Kindergarten ange-

76 Elfter Kinder- und Jugendbericht Februar, 2000

bahnten Kompetenzen in der Schule alsLernvoraussetzungen aufgegriffen wer-den, der Kindergarten hält Anschluss andas Anfangsniveau der Grundschule.

• Wünschenswert wäre, den vorschuli-schen und schulischen Bereich in denBundesländern jeweils in einem Ressortzu verankern und die Verbindlichkeit derZusammenarbeit gesetzlich festzuschrei-ben. Noch weitreichender, dass der Be-such des Kindergartens kostenlos seinsollte wie der Schulbesuch.

• Bei den Bemühungen um den weiterenAusbau der Kooperation sollen Erzieher/-innen, Experten/-innen und Eltern vor-rangig gehört werden, damit die Diskus-sion nicht von Finanzexperten dominiertwird.

• Die immer noch vorherrschende wechsel-seitige Ausblendung der jeweils anderenSeite ist Schritt für Schritt zu überwin-den.

• Die Fortbildung von Erzieher/-innen undLehrer/-innen im Hinblick auf den Ausbauder Kooperation vor Ort ist zu intensivie-ren.

• Kindergarten und Grundschule brauchenÖffentlichkeit. Erste Partner sind hier dieEltern. Sie müssen wissen, was ihre Kin-der im Kindergarten und in der Grund-schule für die Entwicklung profitieren,was sie lernen. Kooperationsmodelle zwi-schen Kindergarten und Grundschule

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Danke

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müssen weiterentwickelt und allen Kin-dergärten und Grundschulen über Ar-beitsmaterialien zugänglich gemachtwerden.

Es sei noch angemerkt, dass die in dem vor-liegenden Buch zusammengetragenen Ge-danken und Überlegungen zur Zusammen-arbeit von Kindergarten und Grundschulenicht den Anspruch auf Vollständigkeit er-heben, es gibt gewiss noch vieles zu ergän-zen. Die Ausführungen wollen zum Nach-

denken anregen, die Diskussion vor Ort an-stoßen und das Kooperationsgeschehen be-reichern.Sie wollen dazu ermutigen, dass Kindergar-ten und Grundschule im Interesse der Kin-der als pädagogische Nachbarn schon jetztaufeinander zugehen und nicht abwarten,bis sich die Rahmenbedingungen der Koope-ration entscheidend verbessert haben.Kindergarten und Grundschule Hand inHand, das ist nicht erst seit PISA zwingenderforderlich.

Danke

Kooperation bieten und zum Initiativwer-den anregen:• Der Kindergarten Wunderland Lichte-

nau-Husen,• der Kindergarten Passau-Heining und die

Hans Carossa-Grundschule Heining,• die Grundschule Kleine Kielstraße Dort-

mund,• die Grundschule Salzkotten-Tudorf,• der Kindergarten Almeflöhe Salzkotten-

Niederntudorf,• die Grundschule Vechta und• der Evangelische Kindergarten Emmerts-

grund Heidelberg.

Danke sagen wir allen Schulanfängern, diemit ihren ausdrucksvollen Zeichnungen zurIllustration des Themas beigetragen haben.Ein Dankeschön auch der Kinderstube Re-genbogen, der wir eine Vielzahl von Fotosverdanken.Danke auch den Erzieher/-innen und Leh-rer/-innen, die mit ihren Statements ausPraxissicht die Notwendigkeit der Zusam-menarbeit unterstreichen.Ein besonderer Dank gilt den Kindergärtenund Grundschulen, die mit ihren Praxisbei-spielen eine Orientierung zum Ausbau der

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