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Sigmund Freud Gesammelte Werke 1893-1939 1893-1909
Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen
bestimmten Symptomenkomplex als »Angstneurose«
abzutrennen
(1913)*)
Es ist schwierig, etwas Allgemeingültiges von der Neurasthenie auszusagen,
solange man diesen Krankheitsnamen all das bedeuten läßt, wofür Beard ihn
gebraucht hat. Die Neuropathologie, meine ich, kann nur dabei gewinnen, wenn
man den Versuch macht, von der eigentlichen Neurasthenie alle jene
neurotischen Störungen abzusondern, deren Symptome einerseits untereinander
fester verknüpft sind als mit den typischen neurasthenischen Symptomen (dem
Kopfdruck, der Spinalirritation, der Dyspepsie mit Flatulenz und Obstipation),
und die anderseits in ihrer Ätiologie und ihrem Mechanismus wesentliche
Verschiedenheiten von der typischen neurasthenischen Neurose erkennen
lassen. Nimmt man diese Absicht an, so wird man bald ein ziemlich einförmiges
Bild der Neurasthenie gewonnen haben. Man wird es dann dahin bringen,
schärfer, als es bisher gelungen ist, verschiedene Pseudoneurasthenien (das Bild
der organisch vermittelten nasalen Reflexneurose, die nervösen Störungen der
Kachexien und der Arteriosklerose, die Vorstadien der progressiven Paralyse und
mancher Psychosen) von echter Neurasthenie zu unterscheiden, ferner werden
sich — nach Möbius' Vorschlag — manche Status nervosi der hereditär
Degenerierten abseits stellen lassen, und man wird auch Gründe finden, manche
Neurosen, die man heute Neurasthenie heißt, besonders intermittierender oder
periodischer Natur, vielmehr der Melancholie zuzurechnen. Die einschneidendste
Veränderung bahnt man aber an, wenn man sich entschließt, von der
Neurasthenie jenen Symptomenkomplex abzutrennen, den ich im folgenden
beschreiben werde und der die oben aufgestellten Bedingungen in besonders
zureichender Weise erfüllt. Die Symptome dieses Komplexes stehen klinisch
einander weit näher als den echt neurasthenischen (d. h. sie kommen häufig
zusammen vor, vertreten einander im Krankheitsverlauf), und Ätiologie wie
Mechanismus dieser Neurose sind grundverschieden von der Ätiologie und dem
Mechanismus der echten Neurasthenie, wie sie uns nach solcher Sonderung
erübrigt.
Ich nenne diesen Symptomenkomplex »Angstneurose«, weil dessen
sämtliche Bestandteile sich um das Hauptsymptom der Angst gruppieren lassen,
weil jeder einzelne von ihnen eine bestimmte Beziehung zur Angst besitzt. Ich
glaubte, mit dieser Auffassung der Symptome der Angstneurose originell zu
sein, bis mir ein interessanter Vortrag von E. Hecker 1) in die Hände fiel, in
welchem ich die nämliche Deutung mit aller wünschenswerten Klarheit und
Vollständigkeit dargelegt fand. Hecker löst die von ihm als Äquivalente oder
Rudimente des Angstanfalles erkannten Symptome allerdings nicht aus dem
Zusammenhange der Neurasthenie, wie ich es beabsichtige; allein dies rührt
offenbar daher, daß er auf die Verschiedenheit der ätiologischen Bedingungen
1893-1909
Über den psychischen Mechanis-
mus hysterischer Phänomene
Über die Berechtigung, von der
Neurasthenie einen bestimmten
Symptomenkomplex als »Angst-
neurose« abzutrennen
I. Klinische Symptomatologie derAngstneurose
II. Vorkommen und Ätiologie derAngstneurose
III. Ansätze zu einer Theorie derAngstneurose
IV. Beziehung zu anderen Neurosen
Die Freudsche psychoanalytische
Methode
Über Psychotherapie
Zwangshandlungen und Reli-
gionsübungen
Der Dichter und das Phantasieren
Die ›kulturelle‹ Sexualmoral und
die moderne Nervosität
Charakter und Analerotik
Der Familienroman der Neurotiker
Allgemeines über den hysterischen
Anfall
Bemerkungen über einen Fall von
Zwangsneurose
I. Aus der Krankengeschichte
A. Einleitung in die Behandlung
B. Die infatile Sexualität
C. Die grosse Zwangsbefürchtung
D. Die Einführung ins Verständnis derKur
E. Einige Zwangsvorstellungen undderen Übersetzung
F. Die Krankheitsveranlassung
G. Der Vaterkomplex und die Lösungder Rattenidee
II. Zur TheorieA. Einige allgemeine Charaktere derZwangsbildungen
B. Einige psychische Besonderheitender Zwangskranken - ihr Verhältniszur Realität, zum Aberglauben undzum Tod
C. Das Triebleben und die Ableitungvon Zwang und Zweifel
1910-1919
1920-1939
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-Gesammelte Werke
Psychoanalyse
(1893-1939)
Freud - Psychoanalyse: Neurasthenie und »Angstneurose« http://www.textlog.de/freud-psychoanalyse-neurastheni...
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hier und dort keine Rücksicht genommen hat. Mit der Kenntnis dieser letzteren
Differenz entfällt jeder Zwang, die Angstsymptome mit demselben Namen wie
die echt neurasthenischen zu bezeichnen, denn die sonst willkürliche
Namengebung hat vor allem den Zweck, uns die Aufstellung allgemeiner
Behauptungen zu erleichtern.
______________________
*) [Niederschrift vermutlich im Jahre 1903. — Erstveröffentlichung: Internationale
Zeitschrift für Ärztliche Psychoanalyse, Bd. 1 (4), 1913, S. 359-62. — Gesammelte
Werke, Bd. 8, S. 422-7.]1) E. Hecker (1893). — Die Angst wird geradezu unter den Hauptsymptomen der
Neurasthenie angeführt in der Studie von Kaan (1893).
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