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Ein offener Wettbewerb in zwei Phasen – geht das denn, geht das denn gut? Erst denkt man ja, es werden viel zu viele Arbei- ten eingereicht, deren qualifizierte Bewertung im Preisgericht schaffen wir doch nie. Dann natürlich auch, dass die renommierten Büros erst gar nicht einreichen (die oftmals als Garant einer realisierbaren Planung angesehen wer- den). Und außerdem ist das zu viel Aufwand und dauert alles viel zu lang. Der offene und zweiphasige Realisierungs- wettbewerb für die Erweiterung der Friedrich- Schiller-Universität, ein neuer kleiner Stadtteil am Inselplatz mitten in der Stadt Jena, widerlegt diese Vorurteile. Es wurden 88 Arbeiten in der ersten Phase eingereicht – eine gute Anzahl, um im Januar 2017 in der ersten Preisgerichts- sitzung 19 Arbeiten nach intensiven Diskussionen für die vertiefte Bearbeitung auszuwählen. Ende April 2017 wurde dann ein Projekt einstimmig als Sieger herausgefiltert. Ein Vorteil eines solchen offenen Verfahrens liegt natürlich in der Chance, dass alle teilnehmen können, auch die sogenannten „jungen“ oder „kleinen“ Büros. Es ist hier wichtig, in der ersten Phase die Anforderungen so überschaubar zu halten, dass sie für die teilnehmenden Büros mit vertretbarem Aufwand zu leisten sind, um nicht zu viel Arbeit von zu vielen Teilnehmern zu vernichten. Dafür muss die Aufgabenstellung auf den Punkt gebracht werden: Sie muss ein- fach und klar formuliert sein. Ideen sind gefragt, eine verfrühte Vertiefung ist hier noch nicht erforderlich. Gut ist, dass das Preisgericht bei jeder Runde seine Sinne schärft, die Aufgabe besser verste- hen lernt. Waren bei der ersten Vorbesprechung noch die einzelnen Mitspieler und die jeweils speziellen städtebaulichen und funktionalen Komponenten neu, wird mit jeder Runde auch für die erfahrenen Preisrichter die Aufgabenstel- lung und die wirklichen Bedürfnisse von Nutzer und Stadt klarer und eindringlicher. Jeder kann so immer qualifizierter abstimmen, bekommt die Komplexität der Aufgaben besser in den Griff; so zählt dann im Ergebnis nicht mehr nur die schönere Zeichnung, sondern das bessere Konzept. Auch können sich die Nutzer besser in die Diskussion einbringen, können mitgenommen werden, in unserem Fall in einer durchaus auch kontroversen, aber immer zielführenden Diskus- sion über die notwendigen oder auch nicht notwendigen Wünsche und Anforderungen. Architekten und Bauherr/Nutzer können besser verstehen, was die anderen fachlich vertreten, können aufeinander zugehen, aufeinander ein- gehen. Lernen. Und auch mal gegen die eigene (vielleicht vorgefasste) Meinung stimmen. Dies ist ein unschätzbarer Vorteil. So bringt dieses Verfahren allen etwas: den teil- nehmenden Architekten einen überschaubaren Aufwand in der ersten Phase bei gleichzeitiger Chance für (noch) unbekannte Büros. In der zweiten Phase, honorierte, gut ausgearbeitete Konzepte, die den Bauherren und Nutzern eine Vielfalt an Lösungsansätzen bieten und dem Preisgericht eine fundierte Grundlage bei der Beurteilung der angebotenen Arbeiten. Und die geringe „verlorene“ Zeit ist sofort wieder eingespielt, wenn man berücksichtigt, wie viele Abstimmungsrunden mit den Nutzern oder der Stadt nun schon gelaufen sind, wie viele Hinweise nun schon eingegangen sind. Obwohl bei dem Ergebnis des Wettbewerbs Inselplatz nun doch weitgehend renommierte und keine der jungen Büros ganz vorne dabei waren, bietet diese effiziente Art von Wettbe- werb allen Büros die Chance der Beteiligung – und garantiert dem Auslober Rechtssicherheit (ein nicht zu verachtender Gesichtspunkt) und immer ein gutes, am Inselplatz in Jena sogar ein herausragendes Ergebnis. Weitermachen! Gastkommentar von Prof. Ulrike Lauber 4/1 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 20 6/2017 wa Prof. Ulrike Lauber Vorsitzende des Preisgerichts

Gastkommentar von Prof. Ulrike Lauber neu, wird mit jeder Runde auch für die erfahrenen Preisrichter die Aufgabenstel-lung und die wirklichen Bedürfnisse von Nutzer und Stadt klarer

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Page 1: Gastkommentar von Prof. Ulrike Lauber neu, wird mit jeder Runde auch für die erfahrenen Preisrichter die Aufgabenstel-lung und die wirklichen Bedürfnisse von Nutzer und Stadt klarer

Ein offener Wettbewerb in zwei Phasen – gehtdas denn, geht das denn gut?Erst denkt man ja, es werden viel zu viele Arbei-ten eingereicht, deren qualifizierte Bewertungim Preisgericht schaffen wir doch nie. Dannnatürlich auch, dass die renommierten Büroserst gar nicht einreichen (die oftmals als Garanteiner realisierbaren Planung angesehen wer-den). Und außerdem ist das zu viel Aufwandund dauert alles viel zu lang.Der offene und zweiphasige Realisierungs-wettbewerb für die Erweiterung der Friedrich-Schiller-Universität, ein neuer kleiner Stadtteilam Inselplatz mitten in der Stadt Jena, widerlegtdiese Vorurteile. Es wurden 88 Arbeiten in derersten Phase eingereicht – eine gute Anzahl, umim Januar 2017 in der ersten Preisgerichts-sitzung 19 Arbeiten nach intensiven Diskussionen

für die vertiefte Bearbeitung auszuwählen. EndeApril 2017 wurde dann ein Projekt einstimmigals Sieger herausgefiltert.Ein Vorteil eines solchen offenen Verfahrens liegtnatürlich in der Chance, dass alle teilnehmenkönnen, auch die sogenannten „jungen“ oder„kleinen“ Büros. Es ist hier wichtig, in der erstenPhase die Anforderungen so überschaubar zuhalten, dass sie für die teilnehmenden Büros mitvertretbarem Aufwand zu leisten sind, um nichtzu viel Arbeit von zu vielen Teilnehmern zuvernichten. Dafür muss die Aufgabenstellungauf den Punkt gebracht werden: Sie muss ein-fach und klar formuliert sein. Ideen sind gefragt,eine verfrühte Vertiefung ist hier noch nichterforderlich. Gut ist, dass das Preisgericht bei jeder Rundeseine Sinne schärft, die Aufgabe besser verste-hen lernt. Waren bei der ersten Vorbesprechungnoch die einzelnen Mitspieler und die jeweilsspeziellen städtebaulichen und funktionalenKomponenten neu, wird mit jeder Runde auchfür die erfahrenen Preisrichter die Aufgabenstel-lung und die wirklichen Bedürfnisse von Nutzerund Stadt klarer und eindringlicher. Jeder kannso immer qualifizierter abstimmen, bekommt dieKomplexität der Aufgaben besser in den Griff;so zählt dann im Ergebnis nicht mehr nur dieschönere Zeichnung, sondern das bessereKonzept. Auch können sich die Nutzer besser in dieDiskussion einbringen, können mitgenommenwerden, in unserem Fall in einer durchaus auch

kontroversen, aber immer zielführenden Diskus-sion über die notwendigen oder auch nichtnotwendigen Wünsche und Anforderungen.Architekten und Bauherr/Nutzer können besserverstehen, was die anderen fachlich vertreten,können aufeinander zugehen, aufeinander ein-gehen. Lernen. Und auch mal gegen die eigene(vielleicht vorgefasste) Meinung stimmen. Diesist ein unschätzbarer Vorteil.So bringt dieses Verfahren allen etwas: den teil-nehmenden Architekten einen überschaubarenAufwand in der ersten Phase bei gleichzeitigerChance für (noch) unbekannte Büros. In derzweiten Phase, honorierte, gut ausgearbeiteteKonzepte, die den Bauherren und Nutzern eineVielfalt an Lösungsansätzen bieten und demPreisgericht eine fundierte Grundlage bei derBeurteilung der angebotenen Arbeiten. Unddie geringe „verlorene“ Zeit ist sofort wiedereingespielt, wenn man berücksichtigt, wie vieleAbstimmungsrunden mit den Nutzern oderder Stadt nun schon gelaufen sind, wie vieleHinweise nun schon eingegangen sind.Obwohl bei dem Ergebnis des WettbewerbsInselplatz nun doch weitgehend renommierteund keine der jungen Büros ganz vorne dabeiwaren, bietet diese effiziente Art von Wettbe-werb allen Büros die Chance der Beteiligung –und garantiert dem Auslober Rechtssicherheit(ein nicht zu verachtender Gesichtspunkt) undimmer ein gutes, am Inselplatz in Jena sogar einherausragendes Ergebnis.Weitermachen!

Gastkommentar von Prof. Ulrike Lauber

4/1 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 20 – 6/2017 wa

Prof. Ulrike LauberVorsitzende des Preisgerichts

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Auslober /OrganizerFreistaat Thüringenvertreten durch das Thüringer Ministerium fürInfrastruktur und Landwirtschaft (TMIL)

Stadt JenaDezernat III Stadtentwicklung & Umwelt

Koordination/Coordination C4C | competence for competitionsachatzi dahms GbR, Berlin

Wettbewerbsart /Type of CompetitionOffener zweiphasiger Realisierungswettbewerb

Teilnehmer /ParticipantArchitekten und Ingenieure mitLandschaftsarchitekten

Beteiligung /Participation1. Phase: 88 Arbeiten2. Phase: 19 Arbeiten

Termine /ScheduleAbgabetermin 1. Phase 15. 12. 2016Preisgerichtssitzung 1. Phase 16./17. 01. 2017Abgabetermin Pläne 2. Phase 22. 03. 2017Abgabetermin Modell 2. Phase 29. 03. 2017Preisgerichtssitzung 2. Phase 28. 04. 2017

Fachpreisrichter /JuryProf. Ulrike Lauber, Berlin/München (vors.)Prof. Heike Hanada, Berlin/PotsdamIngo Kanehl, KölnTobias Micke, BerlinMichael Dane, WeimarProf. Dr. Franz Pesch, DortmundAmandus Sattler, München

SachpreisrichterUwe Feige, Kommunalservice JenaDr. Dieter Gentsch, TMWWDG ErfurtAndrea Böttger, TMWWDG ErfurtProf. Olaf Langlotz, MD, TMIL ErfurtDenis Peisker, Stadt JenaProf. Dr. Walter Rosenthal, FSU Jena

Preisgerichtsempfehlung/Recommendation by the JuryDas Preisgericht empfiehlt, die Verhandlungenmit den Verfassern der Arbeit des ersten Preisesmit dem Ziel aufzunehmen, sie mit der weiterenBearbeitung zu beauftragen.

ModellfotosMichael Miltzow

WettbewerbsaufgabeFür die Friedrich-Schiller-Universität sollen zen-trale Funktionen und Abteilungen durch denNeubau eines zeitgemäßen Campus gebündeltund moderne Studien- und Arbeitsbedingungengeschaffen werden.Das Vorhaben auf dem lnselplatz (siehe auchwa 06/2009) östlich der Jenaer Altstadt und indirekter Nachbarschaft zum denkmalgeschütz-ten Hauptgebäude ist für die Universität vonherausragender Bedeutung. Ein Campus in derStadt bietet sowohl für die Universität als auchfür die Stadt Jena ebenso große Vorteile wie erauch Anforderungen stellt. Es ist ein zentralerTeil der Aufgabenstellung einen anregenden Ortdes Austauschs und des Miteinanders mit hoherAufenthaltsqualität für die Universitätsange-hörigen und die Bürger der Stadt Jena zu schaf-fen, an dem der Universität Jena eine prägendeEinbindung in das urbane Umfeld in besondererWeise gelingt.Im Wettbewerbsgebiet sind für die Planungs-aufgabe 4 Baufenster ausgewiesen auf die-sen sollen für die Friedrich-Schiller-Universität 4 Neubauten entstehen:Mathematik & Informatik 7.131 m2

Bibliothek & Cafeteria 5.983 m2

Institut für Psychologie 4.820 m2

Rechenzentrum 2.122 m2

Im Baufenster 4 sind zwei Baufelder festzule-gen: eines für Gebäude der Universität sowieeines für das zu planende öffentliche Parkhausder Stadt Jena mit ca. 500 Stellplätzen.

Competition assignmentA contemporary campus shall bundle centralfunctions and departments of the Friedrich-Schiller-University and create modern study andworking conditions. The project at Inselplatzbeside the listed main building is very importantfor the university. A campus in the city offersgreat advantages but also demands, thus itshall become an exciting place of exchangeand cooperation for the university and the city,integrated into the urban environment.Mathematics & Computer Science 7,131 m2

Library & cafeteria 5,983 m2

Institute of Psychology 4,820 m2

Data Centre 2,122 m2

Plot 4 shall comprise one lot for a university buil-ding and one for a public car park for 500 cars.

1. Preis /1st Prize (€ 60.000,–)CODE UNIQUE Architekten, DresdenVolker Giezek · Martin Boden-PerocheMitarbeit: Paul Schmelzer · Johannes KruschwitzDominic Geppert · Michael BaerL.Arch.: QUERFELD EINS Landschaft I Städtebau I Architektur, DresdenAnnegret StöckerMitarbeit: Sebastian Lensch · Sebastian Weingart

2. Preis/2nd Prize (€ 40.000,–)Heinle Wischer und Partner GbR, BerlinChristian PelzeterMitarbeit: Jan Giesen · André WollmannL.Arch.: UKL Ulrich Krüger Landschaftsarchitekten, DresdenMitarbeit: Johannes Werner

3. Preis/3rd Prize (€ 30.000,–)Henn GmbH, BerlinMartin HennMitarbeit: Klaus Ransmayr · Marc Teufel Iva Baljkas Pick · Klemens SitzmannL.Arch.: Rainer Schmidt Landschaftsarch., BerlinProf. Rainer SchmidtMitarbeit: Robin Krajpowicz · Henry Anderson Michal KiszkielisBrandschutz: Peter Stanek

Anerkennung /Mention (€ 10.000,–)pbr Planungsbüro Rohling AG Architekten Ingenieure, BraunschweigHeinrich EustrupMitarbeit: Nicolas Rojas Bojaca Constantin Ruminski · Hilke Eustrup Evelyn Wendt-Salmhofer · Adrian BorchersL.Arch.: Kuttner und Kahl GbR, HamburgKarin Kuttner · Carsten KahlModell: Mark Blume, Braunschweig

Anerkennung /Mention (€ 10.000,–)Lankes Koengeter Architekten, BerlinHans Josef LankesL.Arch.: Birke ZimmermannLandschaftsarchitekten, BerlinFlorian Birke

Anerkennung /Mention (€ 10.000,–)wörner traxler richterplanungsgesellschaft mbH, DresdenMartin RichterMitarbeit: Matthias Herda · Eric Puchta Mario Rütz · Christian Xyländer Christian Börner · Ingo Börner Justus Grützner · Monika Sikiewicz Marlen RichterL.Arch.: Rehwaldt Landschaftsarch., DresdenTill Rehwaldt

Anerkennung /Mention (€ 10.000,–)Zaha Hadid Architects, LondonJames HeverinMitarbeit: Johannes Hoffmann Richard Wasenegger · Victor Orive Alex Bilton · Paul Bart · Sven Torres Ines Fontoura · Muriel Boselli · Nabil Randeree Anthony Awanism · Vincent Konate · Adrian YiuL.Arch.: realgrün Landschaftsarchitekten GmbH, MünchenKlaus-Dieter NeumannMitarbeit: Patrizia ScheidTragwerk: Panta Ingenieure, HamburgBrandschutz: HHP West, BielefeldTGA: Winter Ingenieure, Hamburg Fassade: Emmer Pfenninger AG, MünchensteinKosten: Wenzel + Wenzel, Frankfurt

Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität JenaCampus at Inselplatz - Friedrich-Schiller-University of Jena

wa 6/2017 – 21 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 4/1

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1. Preis /1st prize CODE UNIQUE Architekten, Dresden · QUERFELD EINS Landschaft I Städtebau I Architektur, Dresden

Auszug aus der PreisgerichtsbeurteilungDie strukturelle Leitidee der städtebaulichen Konfigu-ration liegt in der Ausformung von drei großen Schollenzu einem Ensemble aus „prägnanten Stadtbausteinen“.Es gelingt, die Gebäudekubaturen gut proportioniert inden Stadtraum einzugliedern, sowohl in der Erdge-schosszone als auch in der allgemeinen Gebäudstruktur.Durch die Höhenversprünge in den Fassadenabwicklun-gen werden die Dimensionen gebrochen und sehr gut indie städtebauliche Umgebung eingepasst.Mit der kleinteiligen Gliederung der Erdgeschoss-flächen entstehen fließende Übergänge zwischen denöffentlichen und halböffentlichen Räumen. Die Lageder Zugänge an diesen Durchwegungen lassen die an-gestrebte Belebung der Räume realistisch erscheinen.Die Straßen und Plätze sind gut proportioniert undgestaltet. Der Brunnen auf dem Inselplatz bildet einenwirkungsvollen Mittelpunkt, auch die Zonierung derBewegungs- und Sitzflächen ist gut durchdacht.Aus der Differenzierung der Baukörper, Plätze und Zu-gänge ist eine Adressbildung nicht eindeutig ablesbar,jedoch entsteht eine Quartiersidentität, die vor allemauch durch die feingliedrige Ausbildung einer – je nachNutzung unterschiedlich entwickelter – Fassade ge-prägt wird. Proportionen und Farbgebung der modula-ren Fassadenbauteile reflektieren auf die Altstadt vonJena in einer geglückten Modernität.Die Nutzungsverteilung ist sinnvoll auf die drei großenSchollen aufgegliedert: Die Mitte des Campus zum In-selplatz hin nehmen Bibliothek und Cafeteria ein. DerZugang zur Bibliothek führt über eine große Freitreppeentlang der Gasse zum Lutherplatz ins Obergeschoss.Diese Stufenanlage kann sowohl zur Erschließung alsauch zum belebenden Aufenthalt einladen. Der Teilbe-reich der Bibliothek nach der Querpassage ist vom Ein-gangsbereich abgehängt und lässt sich nur über dasObergeschoss erreichen,das ist für die Nutzungsauf-teilung problematisch.Der Nutzungsbereich Mathematik wird im Erdgeschossgroßzügig über das Hörsaalfoyer erschlossen. ImObergeschoss bieten die verschiedenen Bürostruktu-ren genügend flexible Nutzungsmöglichkeiten.Die Anordnung der Nutzungsbereiche der Psychologieim Hochhaus wird geschickt konzipiert. Durch die Aus-weitung des Gebäudes in den ersten drei Geschossenkann der große Hörsaal konstruktiv gut angeordnetwerden und so eine günstige Lastabtragung des Hoch-hauses gewähren.Die Anordnung von Rechenzentrum und Parkhaus ineinem gemeinsamen Baukörper wird als problematischfür die Flexibilität der Struktur angesehen. Das Rechen-zentrum hat bei guter Grundstruktur einige Mängel inder Nutzungsaufteilung. Das Parkhaus hat ein sehr ge-ringes Stellplatzangebot. Die Parkhausfassade erfährtim Erdgeschoss zum Inselplatz mit einer Ladenflächeeine positive Aktivierung.Die Fassaden aus durchgefärbten Betonfertigteilenversprechen eine langlebige und dauerhafte Qualität.Die Entwurfsidee, einen strukturellen Zusammenhangder Gebäude herzustellen, den Gebäuden im Einzel-nen jedoch mit Hilfe von feinen Modifikationen eineeigene Identität zu verleihen, wird als besonders ge-lungen bewertet.Der Vorschlag der Verfasser stellt einen hervorragen-den und wohl gestalteten Beitrag für einen wirtschaftli-chen, funktionalen und zukunftsfähigen Ausbau derHochschule in der Altstadt dar.

4/1 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 22 – 6/2017 wa

Städtebauliches Konzept

Erdgeschoss M. 1:2.000

Ansicht Nord M. 1:1.250

BF 1 Mathematik und Informatik Erdgeschoss M. 1:1.250

Ansicht Ost M. 1:1.250

BF 1 1. OG M. 1:1.250

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wa 6/2017 – 23 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 4/1

Ansicht West M. 1:1.250

BF 2 Bibliothek Erdgeschoss M. 1:1.250

BF 3 Psychologie Erdgeschoss M. 1:1.250 BF 3 1. OG M. 1:1.250

BF 4 Rechenzentrum/Parkhaus Erdgeschoss M. 1:1.250

BF 4 1. OG M. 1:1.250

BF 2 1. OG M. 1:1.250

BF 3 2. OG M. 1:1.250

Ansicht Süd M. 1:1.250

Schnitt Ost-West M. 1:1.250

Fassadenmodule

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2. Preis /2nd prize Heinle Wischer und Partner GbR, Berlin · UKL Ulrich Krüger Landschaftsarchitekten, Dresden

Auszug aus der PreisgerichtsbeurteilungDas Entwurfskonzept sieht fünf prägnante Stadtbau-steine vor, die zusammen ein überzeugendes städte-bauliches Ensemble bilden. In seiner Körnung fügt essich gut in das historisch geprägte Stadtviertel ein. Dieeinzelnen Baukörper werden durch entsprechendkleine, aber gezielt platzierte Außenräume ergänzt. Dieklare kraftvolle Freiraumplanung beeindruckt auchdurch minimal definierte Gestaltungselemente, wiezum Beispiel der Einsatz von LED-Lichtfeldern, undwenigen, aber raumbildenden Bäume.Der Inselplatz entspricht insgesamt in seiner Form undDimensionierung den Voraussetzungen für einenneuen Campusplatz. Der Weg führt direkt vom Haupt-gebäude durch den Campus auf den Platz und verbin-det so bestehende und neue Stadtstrukturen eindeutigund klar. Hier hätte sich das Preisgericht allerdings einenoch größere Belebung des Inselplatzes durch die An-ordnung von mehr Gebäudeeingängen gewünscht.Insbesondere die Bibliothek, das Kernstück der Cam-pusanlage, lässt einen direkten Zugang vom Inselplatzvermissen. Die alleinige Ausrichtung zum Lutherplatzwird daher kritisch bewertet. Auch die konkurrierendeAnordnung von Cafeteria und Bibliothek in Bezug aufden Inselplatz wird kritisiert.Das Bibliothekskonzept mit seiner gestaffelten Bau-weise und seiner großen Dachterrasse wird begrüßt,gleichzeitig wird jedoch die Gestaltung seiner überpro-portional großen Fläche in Frage gestellt. Insbeson-dere das eingelassene große Oberlicht stellt einebe sondere Herausforderung dar. Die Lage der Cafete-ria am Inselplatz trägt zur Belebung des Platzes bei.Die Bereiche Mathematik und Informatik sowie Psycho-logie sind gut konzipiert, insgesamt wird die Flexibilitätder Nutzungen als gut eingeschätzt.Das freistehende Gebäude für das Rechenzentrum istgut strukturiert. Das Parkhaus hat ein etwas geringesStellplatzangebot. Im Erdgeschoss des Parkhauseswird auf der Platzseite eine Kita vorgeschlagen, welcheden Platz zusätzlich beleben soll. Ob dies schon diegeeignete Funktion für diesen Bereich ist, wird bezwei-felt; die Vorhaltung der Fläche aber wird begrüßt.Die Gestaltung der Fassade mit Jenaer Muschelkalkgreift ein typisches Motiv der Stadt auf und verbindetein traditionelles Material mit modernen Elementeneiner horizontalen Fenstergliederung, wobei eine stär-kere Ausdifferenzierung des gewählten Motivs für un-terschiedliche Bauten und Funktionen vermisst wird.Die geschätzten Kosten liegen im erwarteten Bereichund versprechen eine wirtschaftliche Realisierbarkeit.Insgesamt können das städtebauliche Konzept, dieVerortung und Ausarbeitung der einzelnen Nutzungs-bereiche sehr wohl überzeugen.

4/1 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 24 – 6/2017 wa

Lageplan

Leitidee Erdgeschoss M. 1:2.500

BF 1 Ebene 00 M. 1:1.250

Ansicht West M. 1:1.250

Ansicht Nord M. 1:1.250

BF 1 Ebene 01 M. 1:1.250

Funktionale Umsetzung

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wa 6/2017 – 25 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 4/1

BF 2 Ebene 00 M. 1:1.250 BF 2 Ebene 01 M. 1:1.250 BF 2 Ebene 03 M. 1:1.250

Ansicht Süd M. 1:1.250

BF 3 Ebene 10M. 1:1.250

BF 4 Ebene 00 M. 1:1.250

BF 4 Ebene 03 M. 1:1.250

BF 3 Ebene 04M. 1:1.250

BF 3 Ebene 07M. 1:1.250

BF 3 Ebene 00 M. 1:1.250 BF 3 Ebene 01M. 1:1.250

BF 4 Ebene 01 M. 1:1.250

Schnitt B-B M. 1:1.250

Ansicht West M. 1:1.250

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3. Preis /3rd prize Henn GmbH, Berlin · Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten, Berlin

Auszug aus der PreisgerichtsbeurteilungSechs Baukörper bilden die Fassung des Inselplatzesund stellen eine klare und eigenständige Weiterentwick-lung des Bebauungsplanes dar. Die entstehende Kör-nung wird dabei durch verschiedene Vor- und Rück-sprünge der Fassaden unterstrichen, was zur angeneh-men Maßstäblichkeit der Gebäude und Räume beiträgt.Das neue Ensemble vermag es, sich selbstverständlichin den Kontext der Jenaer Innenstadt einzufügen.Der Beitrag bietet ein eindrucksvolles Außenraumkon-zept mit einem durchgängigen Motiv, das den StandortJena aufgreift und interpretiert. Die Baumpflanzungenwerden begrüßt, die Hochbeete hinterfragt. Auch wirddie öffentliche Nutzung der Höfe nachts kontrovers dis-kutiert. Sechs Wege führen von allen Richtungen aufden kompakten und teilweise baumüberstandenen In-selplatz im Zentrum, die räumliche Verdichtung wirdhier durch die Anordnung öffentlicher Nutzungen wieHörsaal und Cafeteria sehr gut unterstrichen. Die beidenstadträumlichen Zugänge am Lutherplatz und am Kup-ferhütchen sind ebenfalls durch Baumgruppen hervor-gehoben, am Lutherplatz wirkt der großzügige Eingangder Bibliothek einladend und schafft hier eine starkeAdresse für den neuen Campus, wenn auch dem Insel-platz so die belebende Erschließung der Bibliothek fehlt.Die Organisation der Bibliothek wird als ein hervorra-gender Beitrag gewürdigt und wird besonders hinsicht-lich der Erschließung, Wegeführung und Staffelung derNutzungsintensitäten begrüßt.Die grundsätzliche Struktur der Institutsgebäude er-laubt effiziente und flexible Grundrisse, die für fast allegeplanten Institute einen hohen Gebrauchswert ver-sprechen. Die vorgeschlagene Organisation des Be-reichs Mathematik und Informatik allerdings ist ausNutzersicht eher ungünstig und bringt durch die Auf-teilung auf zwei Gebäude logistische Schwierigkeitenmit sich. Bei der Psychologie führt die Lage der Semi-narräume im 5. OG zu Einschränkungen und wird kri-tisch gesehen. Das Hochhaus über dem ebenerdigenHörsaal führt zu einem erhöhten konstruktiven Aufwand. Da das Rechenzentrum vom Parkhaus abgerückt ist,entsteht ein logischer Andienungsweg dazwischen. Erbirgt zudem das Potential, die benachbarten Gebäudezukünftig potentiell unabhängig umnutzen zu können.Das Angebot von erweiterten Servicefunktionen implatzzugewandten Erdgeschoss vor dem Parkhaus isteine gute Antwort auf diese Nachbarschaft.Die Ausformulierung der Fassaden wird kontrovers dis-kutiert: die Nähe zu Themen aus dem Wohnungsbau er-scheint für den universitären Kontext nicht angemessenund das erzeugte Bild bleibt hinter den Ansprüchen anein neues Universitätsquartier in der gewachsenen In-nenstadt zurück. Insgesamt entsprechen die Fassadennicht der gewünschten funktionalen Flexibilität.Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit stellt der Entwurf einenpositiven Beitrag dar und verspricht eine sehr gute Rea-lisierbarkeit über den gesamten Lebenszyklus. Insge-samt gelingt ein guter und funktionaler Beitrag, derstädtebaulich und maßstäblich überzeugen kann.

4/1 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 26 – 6/2017 wa

Lageplan

Urban Campus Durchlässigkeit/Konnektivität Programmierung/Aktivität Erdgeschoss M. 1:2.500

FSU Hauptgebäude Achse

Erdgeschoss M. 1:1.250

Schnitt AA M. 1:1.250

Ansicht Nord M. 1:1.250

OG 1 M. 1:1.250

OG 3

Baufeld 01

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wa 6/2017 – 27 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 4/1

Ansicht West M. 1:1.250

Ansicht Ost M. 1:1.250

Erdgeschoss M. 1:1.250

Baufeld 04

OG3Bibliothek Hof – Liberty

Inselplatz

Baufeld 03

Am Lutherplatz

OG 1 M. 1:1.250EG M. 1:1.250

OG 2 M. 1:1.250 OG 3 M. 1:200 OG 5 M. 1:200

EG M. 1:200 OG 1 M. 1:200 OG 2 M. 1:200

OG 12 M. 1:200

Baufeld 02

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4/1 Campus am Inselplatz – Friedrich-Schiller-Universität Jena 28 – 6/2017 wa

1 – 1. Preis CODE UNIQUE Architekten, DresdenQUERFELD EINS, Dresden

2 – 2. Preis Heinle Wischer und Partner GbR, Berlin UKL Landschaftsarchitekten, Dresden

3 – 3. Preis Henn GmbH, Berlin Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten, Berlin

Anerkennungen4 – pbr Planungsbüro Rohling AG, Braunschweig Kuttner und Kahl GbR, Hamburg

5 – Lankes Koengeter Architekten, Berlin Birke Zimmermann Landschaftsarchitekten, Berlin

6 – wörner traxler richter planungsges.mbH, Dresden Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden

7 – Zaha Hadid Architects, London realgrün Landschaftsarchitekten GmbH, München

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