Geistiges Leben 2006-5

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    Zum Verstndnis der EntsprechungenZum Verstndnis der Entsprechungen

    Dem Herzen Jesu zugewandtDem Herzen Jesu zugewandt

    Leibhaftig leben im Atem GottesLeibhaftig leben im Atem Gottesuere und innere Liebeuere und innere Liebe

    Das Himmelreich leidet GewaltDas Himmelreich leidet GewaltDas Los des Menschen nach dem TodeDas Los des Menschen nach dem Tode

    Das innere GebetDas innere GebetDas Schweigen in der StilleDas Schweigen in der Stille

    Er suchte Prajapati, den Herrn der MenschenEr suchte Prajapati, den Herrn der Menschen

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    SPENDENKONTENBaden-Wrttemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen

    Kto. 7818500173 BLZ 60050101BIC: BWBK DE 6S 605 IBAN: DE27600501017818500173Postgiro Stuttgart Kto. 9096-705 BLZ 600 100 70Kreisspark. Miesbach/Tegernsee Kto. 430 203 240 BLZ 711 525 70Creditanstalt Bankv. Graz (A) Kto 01873 312 101 BLZ 11 000Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3

    IMPRESSUMHerausgeber: Lorber-Gesellschaft e.V.Verwaltungsanschrift: Postfach 114

    83731 Hausham / DeutschlandTel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294

    E-Mail-Anschrift: [email protected]

    Internet-Seite: www.Lorber-Gesellschaft.deSchriftleitung: Klaus W. KardelkeRedaktion: Hans-Gerd Fischer, Angelika Penkin,

    Michael Nolten

    INHALTGedicht Die schwerste Bitte S. 2Klaus W. Kardelke Editorial S. 3Jakob Lorber Zum Verstndnis der Entsprechungen S. 5Angelika Wenzel Dem Herzen Jesu zugewandt S. 13Jakob Lorber Und htte der Liebe nicht S. 29Dr. Gisela von Stosch Leibhaftig leben im Atem Gottes S. 30Joahnnes Tauler uere und innere Liebe S. 33Jakob Lorber Das Himmelreich leidet Gewalt S. 38Emauel Swedenborg Das Los des Menschen nach dem Tode S. 39Gerhard Teesteegen Das innere Gebet S. 41Meister Eckhart Die sieben Stufen kontemplativen Lebens S. 42Madame Guyon Das innere Gebet S. 43Johannes Fischedick Gesprche in der Kammer S. 44Jakob Lorber Dein Herz denkt an Mich zuletzt S. 46

    Adalbert Geduhn Das Schweigen in der Stille S. 47Jakob Lorber Heilige Lebenslehre S. 52Sadhu Chellappa Er suchte Prajapati, den Herrn der Menschen S. 51Jakob Lorber Der reiche Frst S. 59

    Weisheitsgeschichten S. 61Verschiedenes S. 63

    Mit Namen des Verfassers versehene Beitrge mssen nicht mit der Auffassung derSchriftleitung bereinstimmen.

    Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich auf freiwilliger Spendenbasis.Beitrge richten Sie bitte an die Schriftleitung.

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    Jahrgang 26 2006 Heft 5

    - Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -

    Wer recht leben will, der kann es in jeder Kirche. Ich sage zuniemanden: Werde Katholik oder werde ein Protestant oder werde

    ein Grieche, sondern: was einer ist, das bleibe er wenn er will.Sei er aber was er wolle, so sei er ein werkttiger Christ,

    und das im Geiste und in der Wahrheit;denn jeder kann, wenn er es will,

    das reine Wort Gottes haben.(Erde 73)

    Auf der Erde gibt es nur eine wahre Kirche, und diese ist dieLiebe zu Mir in Meinem Sohne, welche aber ist der Heilige Geistin euch und gibt sich euch kund durch Mein lebendiges Wort, unddieses Wort ist der Sohn, und der Sohn ist Meine Liebe und ist in

    Mir und Ich durchdringe Ihn ganz, und Wir sind eins, und so binIch in euch, und eure Seele, deren Herz Meine Wohnsttte ist, ist

    die alleinige wahre Kirche auf der Erde. In ihr allein ist ewigesLeben, und sie ist die alleinseligmachende.(Haushaltung Gottes Bd.1; 4,9)

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    2 GL 5/2006Die schwerste Bitte

    Die schwerste Bitte: Dein Wille geschehe

    Dein Wille geschehe! So sprach ich gerne,

    als Not und Trbsal und Sorge ferne.Dann kamen Stunden, so bang und so schwer,

    da wollt es kaum ber die Lippen, o Herr.Wenn das Herze blutet, die Seele weint,

    wenn der helle Tag uns wie Nacht erscheint,dann, dann ist es unsagbar schwer

    zu sprechen: Dein Wille geschehe, o Herr!Dann mchte ich rufen: Herr, muss es denn sein?

    Nur das nicht, nur das nicht, o Vater, nein!Und das Herze strubt sich, den Weg zu gehen,es kann den Allmchtigen nicht verstehen,

    und es ruft wohl in all dem Schmerz und der Pein:Mein Gott, mein Gott, soll das Liebe sein?

    Und wieder und wieder: O Vater vergib,vergib meine Zweifel, Du hast mich doch lieb.

    Verzehrt sich mein Herz auch in Weh und in Pein,muss dennoch Dein Weg der rechte sein.

    Dein Wille geschieht zwar, wenn ichs auch nicht will,doch macht dieses Wissen das Herz mir nicht still.

    Herr lehr Du mich rufen von Herzensgrund,dass ich sprech mit dem Herzen,

    nicht nur mit dem Mund:Dein Wille geschehe! - Nicht, wie ich will!

    Nur so wird es in mir allmhlich still.Herr, wende mein Herz ganz ab von der Welt,

    und fhre Du mich, wie es Dir gefllt.Sind rau auch die Wege und dornenvoll,ich wei, du fhrst mich dennoch wohl.

    Dies soll meine tgliche Bitte sein:Dass ich nichts mehr begehr, als Dich, Herr, allein.

    Dein Wille geschehe, wenn die Sonne lacht,Dein Wille geschehe in Trbsalsnacht,

    Dein Wille geschehe, jetzt und ewiglich,

    so nimm Herz und Hnde und fhre mich!Wenn ich auch das Ziel Deiner Wege nicht seh,

    Du fhrst doch mich wohl Herr:DEIN WILLE GESCHEH!

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    GL 5/2006 3

    EditorialWelch eine Gnade und ein Segen ist es, in diesem kurzen Erdenleben Gott in

    Jesus Christus als unseren Heiland und himmlischen Vater erkennen und lieben zulernen. In dieser Liebe zu Ihm werden wir erfllt von Seinem Geist, welcher SeinWesen in uns neu gestalten will.

    Alles hat Er in die Hnde bzw. Herzen Seiner Kindern gelegt, nichts ist mehrsein, nicht einen Stein nennt Er Sein eigen, um Sein Haupt drauf zu legen.

    Groes haben wir empfangen, aber selten genug ist uns bewusst, was in unsereHerzen an geistigen Reichtmern verborgen liegt, haben wir doch alle von seinerFlle genommen Gnade um Gnade. (1. Joh. 1,16)

    So mahnt Paulus: Was habet ihr wohl, das ihr nicht zuvor empfangen httet;so ihr es aber empfangen habet, was tut ihr denn, als so ihr es nicht empfangenhttet?! (Lao. 3,4)

    Die Kindschaft Gottes haben wir empfangen aber warum tun wir dennbestndig so, als wren wir Kinder dieser Welt?

    Als Seine Nachfolger sind wir Aufnahmegefe Seiner erbarmenden Liebeund wenn wir uns Ihm im Gebet, der Stille und inneren Einkehr zuwenden undunsere Herzen Ihm hinhalten, so kann Er in unser Leben einflieen und uns nachSeinem Bilde umgestalten. Dazu ist es notwendig, dass wir tglich Seinen Geist inSeinem Worte in uns aufnehmen und im Herzen bewegen. Lasset das WortChristi reichlich wohnen in euch. sagt die Schrift. (Kol 3,16)

    Und gerade wir sind mit Seinen alten und neuen Worten in Flle gesegnet, in

    denen wir Gott tglich selbst begegnen knnen, so wir es nur wollen.In Seinem Wort ist Er selbst zu uns herabgekommen, wie es im Prolog des

    Johannes-Evangeliums heit: Und Gott war das Wort. Und so wohnt das WortGottes reichlich unter Seinen Kindern, will aber mehr noch in ihnen Wohnungnehmen.

    Der Vater nimmt uns aber auch in die Verantwortung und mchte, dass seinWort in uns und unserem Leben Frchte trage. Denn die Liebe gibt und geniet,und Ich will auch genieen, was Ich gegeben habe! (GEJ.02_115,07)

    Alles hat Er uns gegeben und hat alles fr uns getan, damit wir zu Seinen

    freien und selbstndigen Kindern heranreifen knnen.Ich ging als Jesus dir voran, gab alles, alles hin fr dich; bei dir, Mein Kind,

    nun frag Ich an: Was tust du nun fr Mich? (Loblieder)Doch was knnen wir fr Gott tun? Alles kann Ich euch geben, antwortet Er,

    nur allein die freie Liebe eures Herzens zu Mir, diese kann Ich niemandemgeben! (Haushaltung Gottes I 142,4)

    Gott ist die Liebe und Er legte sie in Form Seines Geistes in unser Herz. Undals die Ewige Liebe selbst, mchte Er wieder geliebt werden. Seine Sehnsucht istes, Seine Liebe als Kindesliebe zurckzuerhalten. Der Vater mchte von Seinen

    Kindern geliebt werden, das ist Seine grte Seligkeit, denn dadurch wird SeinWesen in Seinen Kindern gestaltet und Er findet Sich in Ihnen wieder.

    Mge der himmlische Vater uns die Gnade geben, Ihn doch ber alles liebenzu lernen. Euer Klaus W. Kardelke

    Editorial

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    4 GL 5/2006In eigener Sache

    In eigener Sache

    Zwei Jahre konnten wir nun Dich, lieber Leser, mit den Heften desneuen Geistigen Lebens erfreuen. Eine kleine Zeitschrift frchristliche Mystik herauszugeben, deren Basis die wertvollen TexteJesu durch Jakob Lorber sind, war und ist unser Anliegen.

    Das Geistige Leben wurde bisher aus dem Spendenaufkommen desjeweils laufenden Jahres finanziert. Leider reichte das Spenden-aufkommen der letzten Jahre nicht, um die laufenden Kosten zudecken. Die Lorber-Gesellschaft subventionierte daher aus ihren

    Rcklagen das jeweilige Heft sowie den Kalender, der in diesem Jahrnicht erscheinen wird. Nun sind die Rcklagen aufgebraucht.

    Sehr gerne wrden wir das Heft in der vorliegenden Form und Auflageweiterhin kostenlos anbieten, sind jedoch auf Deine Untersttzungdurch Gebet und Spenden angewiesen.Das Heft erscheint zweimonatlich in einer Auflage von 3200 Stck, diein alle Welt versandt werden. Die Kosten belaufen sich fr Herstellungund Versand auf ca. 2 Euro pro Heft. Obwohl dieser Preis sehr gnstigist, reichen die jhrlichen Spendenmittel nicht aus, das Heft zufinanzieren und die weiteren Aufgaben der Gesellschaft zu erfllen.

    Wir bitten Dich deshalb um Deine Frbitte und mgliche finanzielleUntersttzung, damit das Heft auch im nchsten Jahr weiterhin in dieserForm und Auflage erscheinen kann.

    Wir danken Dir von Herzen fr Deine tatkrftige Untersttzung.

    Die Redaktion

    Und das sage Ich ihm auch noch dazu, dass Ich jedem, der beitragenwird zur Ausbreitung des Lichtes aus Mir, zur Erkenntnis des Gutenaus Meiner Liebe und des Wahren aus Meiner Weisheit fr die bald

    folgende groe Verherrlichung Meines Namens, die Neugeburt und in

    derselben auch die baldige volle Wiedergeburt mit einem neuen Namenschenken werde; und Ich will ihn machen zum Zrtling Meiner Liebe.

    (Himmelsgaben Bd. 1_40.04.19,03)

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    Zum Verstndnis der Entsprechungenzwischen der Natur- und Geisterwelt

    Es ist in dieser Zeit etwas schwer - selbst fr jemand, der in allenmglichen Wissenschaften wohl bewandert ist, eine solche Theorieaufzustellen, durch die der Begriff Entsprechung ihm vollends klargemachtwerden knnte, weil die einst gar sehr hohe und von den Alten sogar frheilig gehaltene Wissenschaft der Entsprechungen ganz verloren gegangenist, so wie die Lesung der Hieroglyphen und der Keilschrift.

    Ich will euch denn anstatt einer immerhin schwer zu verstehendenTheorie die Sache ganz einfach durch ein paar leicht fassliche Beispiele

    errtern, und die Theorie wird sich dazu schon von selbst leicht findenlassen.

    Es heit in einem Diktate: Man suche leicht zu findendeEntsprechungen und lse durch sie die (instinktartigen) Urteile auf! - Nunseht, das geht also: Jemand aus euch, entweder ruhend in seinemWohnzimmer oder irgendwohin im Freien mit oder ohne Geschftewandelnd, bekommt pltzlich einen Gedanken, als ginge er einem groenBerge zu, der bis ber seine halbe Hhe sehr dicht bewaldet und am Fue

    mit allerlei Gestrpp umwachsen ist. Hoch ber dem Wald aber ersieht erdennoch Bergbauerngehfte und cker und Wiesen und ber diesen hocherst mchtige steile Felsenspitzen und -zacken, studiert und sucht aberdann auch gleich irgendwo einen mglich guten Aufweg durch dasGestrpp und durch den dichten Wald.

    Er umgeht mit seinem Gedanken den ganzen Berg bald, findet abernirgend etwas von einem Aufwege, wird dadurch ordentlich gedanken-missmutig und lsst bald den ganzen Gedanken fahren, obwohl dieser so

    noch teilweise wieder auftaucht wie ein im Erlschen begriffenesLampenlicht, wenn das l schon auf den letzten Tropfen steht. Seht nun!Diesen Gedanken oder vielmehr dieses recht lebhafte Gedankenbild hatder Seele ein jenseitiger hherer Geist gleichsam in den Weg gelegt. Wasfhlt die Seele aber dabei? - Sicher eine Art Unbehaglichkeit, ganz hnlichmit jener bei einem wichtigen, aber mit einer Menge schwer zuberwindenden Schwierigkeiten verbundenen Vorhaben. Und eben diesesunbehagliche drckende Gefhl ist schon das gewisse instinktartige Urteil,das durch die leicht und bald zu findende Entsprechung also aufgelstwerden kann:

    Ein irgend greres geschftliches Unternehmen gleicht einem imGedanken geschauten Groberge, dessen weit gedehnter Fu mit allerlei

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    beinahe undurchdringlichem Gestrpp bewachsen und dessen Brustberaus dicht bewaldet ist. Der weit gedehnte, dicht umstrppte Fuentspricht der groen Schwierigkeit des Anfangs der Unternehmung, und

    das Gestrpp entspricht den bervielen und stechenden Sorgen. Der dichteWald entspricht der sehr beschrnkten Vorteilsaussicht bei demUnternehmen und dass es einer langen und beharrlichen groen Mhe

    bedrfen wird, um bei dem Unternehmen zu einer reinen und Vorteilbringenden Aussicht zu gelangen.

    Und gelangt man dann auch nach vielen Mhen und Anstrengungendahin, so zeigen sich diese nur gering entsprechend den Bergbauern-gehften, den mageren ckern und Wiesen. Am Ende kommen noch gar

    steile Felsenwnde, Spitzen und Zacken, und diese entsprechen wiederdem frmlich unmglichen Hhersteigen zur Gewinnung vorteilhafter undgrerer Aussichten, weil die sehr mhsame (kostspielige) Erreichung derVorteilsaussichten, wie das Gedankenbild zeigte, schon an und fr sicheine nur ganz geringe war.

    Was wollte nun ein hherer Geist dem Wandler durch diesesGedankenbild sagen? - Das wird nun die Prfung des ueren undgeordneten Verstandes bald heraushaben, und die Folgerung wird alsoganz kurz lauten: Lasse deine vorgehabte Unternehmung stehen, denn du

    wirst damit wenig Gewinnes erzielen und dich am Ende des groenKostenaufwandes und der vielen Mhen und Sorgen mit nur sehr magerenVorteilen begngen mssen, mit denen du dir keinen hheren Aufschwungwirst verschaffen knnen.

    Ganz geistig aber wird dann der obige reine Verstandessatz also lauten:Siehe, du nur um irdischen Gewinn besorgte Seele, also zahlt die Welt ihreDiener und Knechte!

    Nun, durch dieses Bild wird ein jeder sich leicht selbst eine Regel zur

    doch sicher helleren Einsicht dessen bilden knnen, was ein instinktartigesGemtsurteil - als vom Herzen kommend und nicht vom Gehirne - an undfr sich ist, was eine Entsprechung ist und wie sie zur Lse desGemtsurteiles zu verwenden ist. - Ich werde dir aber in dieser Wochegelegentlich noch ein paar solcher Beispiele geben, woraus dann ein jederschon nahe fr alle mglichen Flle sein Licht wird schpfen knnen. -Mein Segen und Frieden mit euch Amen.

    Also schreibe noch ein paar weitere Beispiele zur Ergnzung des

    Verstndnisses der Entsprechungen.Jemand geht am Tage oder in der Nacht irgend eines Weges so ganz inder natrlichsten und sowenig als mglich bewegten Gemtsverfassung.Auf einmal stt er mit seinem Fue an etwas auf dem Wege Liegendes

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    und wird dadurch schon erregter und aufmerksamer. Der Gegenstand, derauf dem Wege lag, bestand in einem Stck morschen Holzes, das irgendeinArbeiter dahin warf und dann gleichgltig liegen lie, was fr unsere

    Sache aber von keiner Bedeutung ist.Unser Wanderer geht seines Weges weiter, und als er seiner frherenErregung schon wieder mehr und mehr ledig ist, kommt ein Hunddahergesprengt, der, irgend zurckgeblieben, nun seiner Herrschaftnachrannte. So ganz unschuldig fr sich auch diese zweite Erscheinungwar, so hatte sie aber doch auf unseren Wanderer einen schon mchtigerenEindruck gemacht, denn er dachte sich: Wenn der Hund etwa wtendgewesen wre, wie leicht htte er mich gar sehr beschdigen knnen! -

    Von nun an bleibt unser Wanderer schon gemtswacher und sieht sichfleiig nach allen Seiten um und kommt nun ohne einen weiteren Anstandganz wohlbehalten an sein Ziel, wo er ein Geschft abzumachen hat.

    Nun, was wre denn da fr unseren Geschftswanderer aus diesen zweiErscheinungen und Begegnungen zu entnehmen auf dem Wege derEntsprechungen - oder was hat ein hherer jenseitiger Geist ihm dadurchsagen wollen?

    Sehen wir nur gleich auf das instinktartige Urteil des Gemts. Wielautet es oder in was uert es sich? - In einer Art von ein wenig mit rger

    und ngstlichkeit untermengter Spannung. Nun, dazu lsst sich jaaugenblicklich die unfehlbarst richtige lsende Entsprechung finden undheit Vorsicht und Wachsamkeit. Und was sagt denn dann das uereVerstandeskriterium dazu? - Nichts als das: Auf dem Wege und bei einemGeschft kann man nie zur Genge vorsichtig und wachsam bei jedemTritt und Schritt sein!

    Nun, hat man das, so hat man auch die Sprache eines warnendenGeistes schon vllig verstanden, denn diese drfte dann also lauten: Der

    Mensch, mit dem du ein Geschft abmachen willst, gleicht dem Wege (dasist dann die Hauptentsprechung), den du zum Geschftemachen gewandert

    bist. Er, der andere, wird dir zuerst einen Vorteil fr dich vorspiegeln, derdich berraschen und aus deiner ruhigen Verfassung bringen wird, - aberdu sei vorsichtig und halte nichts darauf, denn der gezeigte Vorteil istgleich dem Stcke faulen Holzes am Wege! Solches wirst du mit einigemVerstande bald einsehen.

    Aber er wird dir dann auch den Nachteil ganz beredt zu zeigen

    anfangen, der fr dich erwachsen kann, wenn du mit ihm das Geschftnicht abmachst, - aber auch darin liegt nichts Wahres. Seine Beredsamkeitist nichts als ein ihm allein treuer und nachrennender Hund, der dich zwarsehr berrascht, du aber bei einigem Denken sogleich dahinter kommen

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    musst, dass die sich erweisen sollende Gefahr so gut wie gar keine ist unddu bei der Abmachung des Geschftes mit Vorsicht und Wachsamkeitvorzugehen hast.

    Die rein geistige Entsprechung aber ist: Wachet und betet, auf dass ihrnicht fallet in die Versuchung und in ihre bse Macht.Ich zeigte euch hier die richtige Entsprechung als Sprache eines reinen

    jenseitigen Geistes darum nur bei einer unscheinbarsten natrlichenBegegnung, damit jeder aus euch daraus entnehmen kann, wie die reinenguten Geister selbst bei den geringfgigsten Begegnungen auf demLebenswege allzeit um das Wohl des Menschen bekmmert sind undreden mittels Entsprechungen am liebsten mit den Menschen, so diese nur

    einigermaen, wenn auch nur ganz dumpf und instinktartig, sie verstehen.Geht es auf diese Weise aber schon durchaus nicht, so wirken sie aufdie Gedanken und auf die daraus entstandenen Gefhle, wie Ich euchgestern einen solchen Fall gezeigt habe. Nun, geht es aber auch damit nichtvorwrts, so bearbeiten sie die ihnen zur Leitung anvertrauten Menschendurch Trume und auch durch andere Zeichen und wachgerufeneAhnungen.

    Aber auch diese sind nur selten so zu nehmen, wie sie sind und was siedarstellen. Nur in auerordentlichen und uerst dringenden Fllen haben

    sie ihre ganz bildlich dargestellte natrliche Bedeutung und erwahren sichdann ohne Entsprechung auch also in der Wirklichkeit. Aber in wenigerdringenden Fllen sind auch so manche Trume und Ahnungen undgewisse mehr geisterhafte Zeichen nur auf dem Wege der Entsprechungenfr den ueren Menschenverstand zu lsen, so wie die meisten Bcherdes Alten und auch des Neuen Testaments.

    Nehmen wir noch einen Traum von ganz geringer Gattung. Es trumtjemandem, dass er sich in einer groen Stadt befindet, sich darin nicht

    auskennt, gassenauf und gassenab wandert und das Gesuchte nicht findenkann. Alles ist fremd und verkehrt, und die Gassen nehmen kein Ende undwerden oft so enge, dass man gar nicht durchkommen kann. Durch dasvergebliche Suchen und Auf- und Abrennen in den Gassen und durch daslstige Engwerden derselben wird die Seele gengstet und erweckt danngleich den Nervengeist und darauf durch diesen auch den Leib und suchtihn nun wach zu halten, um ja nicht im Schlafe noch einmal in die lstigeStadt zu geraten. Was hat denn ein weiser jenseitiger Geist damit der Seele

    sagen wollen?Betrachten wir gleich das Urteil des Gemts. Es heit: ngstlichdrckendes Gefhl und Abscheu. Was ist dazu eine lsende und leicht zufindende Entsprechung? (Ich sage darum leicht zu findende Entsprechung,

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    weil sie schon im ersten instinktartigen Gemtsurteile wurzelt.) -Verabscheuung eines wirren, das freie Lebens- und Erkenntnisgefhl

    beengenden Zustandes.

    Nun kommt der uere Verstand dazu und findet nun gleich in solcheiner Stadt das getreue Abbild allen materiellen Welttreibens, durch dasdie freie geistige Ttigkeit der Seele das ihr eigentmliche Heimische umkeinen Preis mehr finden kann trotz allen Suchens und sie in der Gefahrsteht, von der Materie verschlungen zu werden, was die stets engerwerdenden Gassen anzeigen.

    Was sagt dann also ein weiser jenseitiger Geist der Seele damit? - ImGewhle der Welt und ihren wirren Gngen und Gassen findest du deine

    eigenste Heimat und ihren Frieden nicht! - und als weitere Folge diesesSatzes lautet es: Also begebe dich nicht in die verlockenden Gefahrendieser Welt; denn bist du einmal in ihren Irrgngen, so wirst du dichschwerlich je wieder ganz zurechtfinden.

    Ganz geistig aber lautet die Sache: Fliehe die Welt und suche nur das,was des Geistes ist!

    Sehet, also knnet ihr berall und bei jeder Gelegenheit und bei jederErscheinung anfnglich mit der Geisterwelt der reinsten Art zu redenanfangen. Geht das im Anfange auch etwas spieig und holperig, mit der

    Zeit und durch fleiige bung kann ein jeder es zu einer groen Fertigkeitund sogar zur Anschauung der Geister und zu wrtlicher Korrespondenzmit ihnen und auch mit Mir Selbst bringen. - Ich werde euch aber noch ein

    paar grere Beispiele geben. Fr jetzt Meinen Segen euch MeinenKindern Amen.

    Also noch ein paar Entsprechungsbeispiele zur klareren Einsicht derEntsprechungen zwischen Natur- und Geisterwelt.

    Habet nun recht acht darauf, was da gesagt wird! - Es gibt Menschen

    auf der Welt, die oft vor den unbedeutsamsten Dingen und Erscheinungeneine gewisse unvertilgbare Furcht, einen Abscheu und ganz sicher abereine mindere oder grere Antipathie haben. Der eine wird fiebrigangeregt beim Anhren gewisser fein kreischender Tne, ein anderer beimAnfhlen einer rauen Flche, ein dritter kann ein gewisses Rauschen wieetwa mit dem Papiere nicht ertragen, ein vierter wird misslaunig, wenn

    jemand hinter ihm geht oder fhrt, und eine Menge Menschen gibt es, dievor gewissen Tieren, besonders vor den Reptilien einen ungemeinen

    Abscheu haben, wie auch Menschen, die gewisse Physiognomien andererMenschen nicht ertragen knnen, denn sie sind ihnen widerwrtig und oftunertrglich.

    Alle solche wie immer gearteten Antipathien gegen verschiedene Dinge

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    und Erscheinungen sind im Grunde auch instinktartige Urteile des Gemts,das stets wach gehalten wird von einem jenseitigen so genanntenSchutzgeiste. Verstnden diese Menschen, durch Entsprechungen solche

    Urteile aufzulsen und sie dann prfend weiter auszudehnen, um zu denreineren geistigen Entsprechungen zu gelangen, da wrden sie gleich nachallen Seiten hin recht gut einzusehen anfangen, wie sie erstens mit solchenGefhlen daran sind und was ihnen damit ihre Schutzgeister sagen undanzeigen wollen, und zweitens wrden sie aus dem dann auch dieHeilmittel gegen solche Gemtsunannehmlichkeiten in sich selbst wohlerkennen und sich davon befreien knnen. Ohne dem aber ist ein hhererSchutzgeist dann in einem fort gentigt, das unangenehme Gefhl in der

    Seele zu unterhalten, damit die Seele sich allzeit das entfernt halte, wasteils ihrem Leibe und teils aber auch ihr selbst einen Schaden bringenknnte.

    Der eigentliche Grund aber liegt darin: Die Disposition der Naturgeisterder Leibesmaterie ist eben eine solche, die eine verborgene Neigung zueben jenen Dingen und Erscheinungen hat, die dem Leibe schon bei einernur einigermaen intensiveren Berhrung bald einen empfindlichenSchaden bringen wrden. Darum sorgt dann der Geist, dass die Seele vorsolchen Schwchen ihres Leibes und Nervengeistes eine bleibende

    Antipathie hat und daher sich bei solchen ihr widrigen Dingen undErscheinungen bald aus dem Staube macht und sich vor grerennachteiligen Wirkungen schtzt und anderen leicht entstehen knnendenGefahren ausweicht.

    Wir wollen aber eine solcher Erscheinungen nun ein wenig durch dasgeistige Fernrohr der Entsprechungen beschauen und sehen, was daherauskommen wird!

    Nehmen wir zum Beispiel einen Menschen, der hinter sich keinen

    fahrenden Wagen und auch so keinen Hinterhergnger ertragen kann. SeinGemt fhlt allzeit ein Missbehagen mit einiger Furcht und mitunter auchrger vermengt. In eines solchen Menschen Leibe wohnen Naturgeister,deren Bestreben ein antipositiv-polarisches, somit ein hinterhltiges undgewisserart hinterlistiges ist, welche natrlich ganz unverschuldeteEigenschaft der Leibesnaturgeister sich dann auch zunchst durch dieAffektion der Nerven dem Nervengeiste mitteilt und dadurch in einefhlbare Korrespondenz mit der Seele tritt.

    Geht nun ein solcher Mensch auf einer Strae und hinter ihm fhrtwenn auch noch in einer ziemlichen Entfernung ein Wagen oder es gehtziemlich eiligen Schrittes ein Mensch hinter ihm her, so werden dadurchsogleich die eigenschaftlich hnlichen Leibesnaturhinterhaltsgeister

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    infolge des Assimilationsdranges erregt und durch sie dann auch dieNerven und ihr Lebensther oder Geist. Das merkt die Seele alsbald, wirktdem gleich entgegen und schiebt ihren Leib auf die gefahrlose Seite und

    wartet sogar ab, bis alles Hinterhaltige vorgefahren oder vorgegangen ist,und es ist dann damit auch alles Missbehagen verschwunden.Damit wre nun der zum Teil natrliche und zum Teil transzendental

    natrliche Grund von der in Rede stehenden Lebenserscheinung dargetan.Aber wie sieht es da mit der Entsprechung aus?

    Das Gemtsurteil darber ist: Missbehagen, Furcht, rger.- Wasentspricht dem gegenber? Natrlich das, was ihm hilft, Schutz gibt unddas Gemt wieder beruhigt, und das besteht nach dem ueren

    Verstandesurteil darin: Frs erste den Rcken sicheren Orts seinerSchwchen wegen decken, dann frs zweite der Gefahr mutig das Gesichtzuwenden und endlich ganz geduldig abwarten, bis die Gefahr vorber ist.

    Was kommt nun endlich fr eine entsprechende Schlussfolgerungheraus? - Den noch so geringen Feinden im Rcken ist niemals zu trauen!Kehre dem Feinde das Angesicht zu, stelle dich sicher und habe einen Mutmit Geduld, so wirst du ber alle deine hinterlistigen Feinde den Siegdavontragen.

    Daneben kommt hier auch eine sittliche Entsprechung heraus und diese

    lautet: Besser zehn offene Feinde vor dem Angesicht als ein Hinterlistiger- und ein reiender Wolf im Schafspelz ist gefhrlicher als ein offener inseinem Wolfsbalg.

    Dies ist nun hiermit mglichst klar dargetan worden, und wir httensonach nur noch einen Fall zu errtern, und zwar jenen der Ahnungen undetwas unheimlichen Zeichen. Dies wird sich auch besser durch ein kurzesBeispiel zeigen lassen, als durch was immer fr eine noch so grndlicheTheorie.

    Jemand bekommt auf einmal ein banges Gefhl und denkt hin und herund kann dazu keine Ursache finden. Er fhlt sich wie verlassen oder wieeiner, der erfhrt, dass einer seiner besten Freunde pltzlich, ohne sichirgend beurlauben zu knnen, eine weite Reise hatte unternehmen mssen.Ist das Gefhl so geartet, so wende man sich liebernst fragend an densicher gegenwrtigen Schutzgeist, gebe acht entweder in auerordentlichenFllen auf den ersten klar ausgesprochenen Namen oder sicher auf einanderes pltzlich entstandenes Gedankenbild. Mit dem verfahre man auf

    die vorbeschriebene Art, und es wird im auerordentlichen Falle entwederder Name eines leidenden oder gar verstorbenen nahen Anverwandten oderguten Freundes durch einen schtzenden jenseitigen Geist ohneEntsprechung klar ausgesprochen werden - oder der von irgendeinem

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    schweren irdischen Ungemache getroffene Freund oder Anverwandte wirdaus den ihm sehr hnlichen Gemtsentsprechungen sehr leicht zu erkennensein.

    Gewhnlich aber kommen solche Andeutungen in den Trumen vor,wo sie dann noch leichter zu lsen sind.Es hat zwar alles, was nur irgend auf der Erde im Angesichte eines oder

    des andern Menschen geschieht, irgend eine tiefere, ins Geistigebergehende oder auch ganz rein geistige Bedeutung, die man auf demWege der Entsprechungen finden kann, wennschon manchmal anfangsnicht ganz sicher, aber annhernd immer. Es ist aber auch gar nicht ntig,dass jemand gar zu allem die Entsprechung finden soll. Nur bei ganz

    besonderen Anlssen kann er sich in dieser ersten Vorschule derKorrespondenz mit den Geistern ben.Ist diese erste Stufe einmal so ziemlich begriffen und durchgebt, dann

    erst kommt eine zweite und endlich gar dritte und hchste Stufe, zu dersich entweder die Anleitung mit einiger Mhe von selbst wird findenlassen - oder Ich Selbst werde sie so wie diese nun geben und das meistedavon schon in eines jeden Herz legen.

    Sollte aber jemand hie und da nicht gleich ganz im klaren sein, sowerde er darum nicht ngstlich, denn dies kommt schon mit der Zeit; unter

    der Zeit aber steht jedem Meiner lieben Freunde und Kinder der freie Wegzu Meinem Herzen offen. Mein Segen und Meine Gnade mit euch Amen.

    (Himmelsgaben Bd.3_58.04.20,01-44)

    *******

    Des Herrn Wort und Lehre ist gleich wie alle Seine Werke. Er gibt unsSeine Lehre in Samenkapseln; diese mssen wir erst sen ins Erdreich

    unseres Geistes, welches Erdreich da heiet Liebe, da wird der Same dannaufgehen und zu einem Baume der wahren Erkenntnis Gottes und unserer

    selbst werden, und wir werden von diesem Baume dann zur rechten Zeit

    vollreife Frchte zum ewigen Leben sammeln knnen.Liebe aber ist das Erste; ohne diese gedeiht keine Frucht des Geistes!

    Se in die Luft den Weizen; siehe, ob er wachsen und dir eine Frucht

    bringen wird! So du aber das Weizenkorn legest in ein gutes Erdreich, dawird es wachsen und dir vielfache Frucht bringen. Die rechte Liebe aber

    ist ein rechtes Erdreich fr das geistige Weizenkorn, das uns aus desHerrn Munde erteilt wird.

    (Gr.Ev.Joh. Bd. 1, Kap. 43,4-5)

    Zum Verstndnis der Entsprechungen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Dem Herzen Jesu zugewandt

    Angelika Wenzel

    Als die Zeit gekommen war, begann Gott Sein eigentlichesErlsungswerk. In Jesus Christus wurde Er sichtbarer Mensch auf Erden,um die Herzen aus Stein in Herzen aus lebendigem Fleisch zu verwandeln.

    Der menschgewordene Gottes-Sohn Jesus Christus schuf als HerzGottes Seinem Vater einen lebendigen gttlichen Leib. Wie ein Keim imErdreich begraben, begann mitten in der alten verlorenen Welt das Herzeines neuen geheimnisvollen Organismus zu schlagen.

    Nach Christi Auferstehung sollte Seine wachsende Gemeinde Sein Zeit

    und Raum berschreitender Leib werden. Der unsichtbar sich erweiterndeLeib Christi ist der Sauerteig, der die alte Welt durchsuern undumwandeln wird in eine einmtige Menschheit, einen kosmischenGroorganismus auf dieser Erde, der zum gttlichen Vater-Herzenzurckkehrt. Erlsung wurde so zu einem im hchsten Sinn organischenVorgang in der Entwicklung der Menschheit: Wie es die Aufgabe desHerzens ist, das Blut des Lebens in die Glieder des Leibes zu bringen, sohat Christus, das Herz des groen Menschheits-Leibes, mit Seinem Blut

    dieses Werk vollbracht.Deshalb ist immer wieder so eindrucksvoll vom Blut Christi die Rede,das uns aus der Gefangenschaft der gefallenen Menschheit ablst und mitneuem Blut versieht. In Ihm haben wir die Erlsung durch SeinBlut (Eph.1,7) Das Blut Jesu, Seines Sohnes, reinigt uns von allerSnde (der alten Welt). (1.Joh. 1,7)

    Von dem verkehrten, von den Ahnen (dem alten Kosmos)berkommenen Wandel seid ihr losgekauft worden mit Seinem kostbarenBlut, dem Blut Christi. (1.Petr. 1,19)

    Anstelle des alten verderbten Blutes wird neues gttliches Blut in dieAdern des neuen Leibes eingeflt (Transfusion): Wer Mein Blut trinkt,hat ewiges Leben. (Lk. 6,54)

    Sein Blut komme ber uns und unsere Kinder riefen die verstocktenJuden, indem sie ber das Blutgericht des fr sie falschen Messiasspotteten. Aber Jesus vergoss Sein gttliches Blut nicht zum Gericht,sondern zur Erneuerung des Lebens in alle Herzen der ganzen Welt.

    So zeugt das Blut dafr, dass Christus nicht nur das Haupt, sondern

    ebenso auch das blutspendende Herz Seines mystischen Leibes und der inZukunft einmal vllig umgewandelten Menschheit ist.

    Paulus spricht immer wieder vom Blut Christi, das in Seinen Glubigen

    Dem Herzen Jesu zugewandt

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    flieend, diese als Glieder zu Seinem Leib macht, denn Blut ist dergemeinsame Kraftstrom aller Leibesglieder:

    Jetzt aber in Jesus Christus seid ihr, die ihr einst (einander und Gott)

    fern waret, nahe geworden (d.h. miteinander verbunden) durch das BlutChristi. (Eph. 2,13) Alles Blut fliet aus dem Herzen.Weil Christus Gottes Liebe und Weisheit vereint hat, ist Er auch das

    Haupt Seines Leibes..., Er stiftete Frieden (d.h. Einheit) durch das BlutSeines Kreuzes, (um) zu vershnen sowohl was auf Erden (die irdischeMenschheit) als auch was im Himmel (die himmlische Engelwelt). (Kol.1,18)

    Und Ich werde, wenn Ich von der Erde erhht bin, alle an Michziehen. (Job. 16,32)

    So wird aus der uneinigen, weil unerlsten Menschheit ein Leib und einGeist in Einheit, und das ist der mystische Leib Jesu Christi.

    Wenn die geheime Offenbarung auch in Bildern des weltlichen Kriegesden Kampf des messianischen Reiches gegen die satanischen Mchte

    beschreibt, so geht es doch dem Messias um die Rckfhrung desgefallenen Kosmos und der gefallenen Menschenwelt zur Vershnung.

    Das wahre Haupt ber die Schpfung und die Menschen soll Luziferdie Herrschaft entreien, aber auf die Weise des Herzens, dargestellt im

    Lamm, das neben dem Thronenden steht.Das Lamm, ein Wesen, das als Schlachtopfer sein Leben und Blut

    hingegeben hat, ist kein Bild des Hochmuts und der Gewalt, sondern derwahren gttlichen Macht, versinnbildlicht durch seine sieben Hrner.

    Es ist die Macht der Sanftmut und der Liebe, die vom Herzenausgehen. Die Blutstrme des Lammes ergieen sich in die Adern der imKampf verwundeten Gotteskinder. Christus als Opferlamm bedeutet Herzder Menschheit, das Lamm lsst sein Blut in den geistigen Leib Christi

    einflieen. Dieses Lamm ist das Herz, das lebend sein Blut hingibt, wieChristus auf Golgatha und in ewiger Gegenwart uns seine Liebe lebendigzuflieen lsst.

    Zur Erfahrung einiger MystikerinnenZu Beginn des 13. Jahrhunderts brach das gttliche Herz ins

    Bewusstsein der Menschheit ein; es war eine unmittelbare, dasmenschliche Denken berwltigende Herz-Offenbarung ntig geworden.

    Die Offenbarung des Herzens Jesu beginnt in einem franzsischenFrauenkloster mit einer gttlich-menschlichen Liebesgeschichte.Eines Tages spricht Jesus zu Luitgardis (1182-1246), sie mge den

    Blick von ihrem weltlichen Liebhaber weg - und Ihm, dem Herrn,

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    zuwenden. Jesus zeigt ihr in einer Vision Seine geffnete Brust und Seineblutende Seitenwunde. Er schlgt ihr den Austausch der Herzen vor, sodass nun nicht mehr ihr Herz, sondern Sein Herz in ihrer Brust schlage.

    Das entspricht dem, was Paulus ausdrckte: Nicht ich lebe, sondernChristus lebt in mir. (Gal. 2,20) D.h. Jesu Herz ist sein Herz geworden.Derselbe Paulus, der wie kein anderer Christus als Haupt des Allsverkndete, war auch der Vertraute des Herzens Jesu, den er so sehr liebte.

    Auch Luitgardis zieht aus dem Herzen Jesu ihre Lebenskraft. Sie trinktin ihren Visionen das Blut aus dem verwundeten Herzen Jesu: Sie erfhrtse Umarmungen des Herrn, der das Herz Seiner Gemahlin an Sein Herzzieht.

    Was Jesus hier offenbart und fordert von dem Ihm ergebenenMenschen, ist etwas anderes als furchtsame Unterwerfung vor dererhabenen Majestt des All-Herrschers, sondern vielmehr liebendeHingabe und Partnerschaft mit Ihm, dem gttlichen Brutigam.

    Auf Luitgardis folgen weitere Frauen, denen sich das Herz Jesu in ganzhnlicher Weise offenbart.

    Das erleben insbesondere drei Nonnen des deutschen Klosters Helftaim 13. Jahrhundert: Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackebornund Gertrud die Groe.

    Jesus drckte Sein heiliges Herz auf das Herz Seiner Geliebten,schreibt Mechthild von Hackeborn.

    Gertrud die Groe berichtet in ihrem Buch Gesandter der gttlichenLiebe, von typischen Offenbarungen fr diese neue Epoche.

    Bei aller Ehrfurcht erwchst in diesen Frauen ein neuer Glaubensgeist.Was bei ihnen auffllt ist, dass sie in tiefster Demut Jesus anreden als ihrenber alle Maen erhabenen, heiligsten Herrn, den Allherrscher, und dann,fast im gleichen Atemzug, in innigster Zrtlichkeit und Liebes-Vertrautheit

    Ihn ihren Herzens-Brutigam nennen knnen.Nicht der Kopf, nur das reine, lebendige Herz vermag eine solche

    Vereinigung scheinbar unvereinbarer Gegenstze. Das Herz verbindetGott und Mensch, Himmel und Erde, Anbetung und Liebe; es eint Geistmit Seele und Leib.

    Diese bermenschliche Vereinigung von Haupt und Herz vollbringt nurein in Gott versenktes dreifaches Herz des Menschen; das bedeutet, dassdas geistige Herz auch das seelische und leibliche mit Seinem Liebe-Feuer

    in Brand steckt, so dass das seelische Fhlen und das sinnliche Empfindenverklrt oder vergeistigt werden.Im Buch der Offenbarungen der Heiligen Gertrud der Groen(1252-

    1302) spricht das gttliche Herz Jesu zur sterbenden Seele einer ihrer

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Mitschwestern. Ich umfasse dich aufs innigste in meinem gttlichenHerzen und stelle dich Gott, dem Herrn, meinem himmlischen Vater vor.

    Nach diesen Worten wurde die glckliche, ja tausendmal glckliche

    Seele vom Krper befreit und in jenes einzige, hocherhabene Heiligtum,das seste Herz Jesu, aufgenommen.Einmal fragte Gertrud ihre Mitschwester Mechthild um Rat wegen ihrer

    eigenen Offenbarungen. Da wurde Mechthild in einer Vision von Jesuskundgetan, dass die Wirksamkeit Meiner Gottheit ganz aus der Liebehervorblht und grnt. Ganz grnt und blht sie in dieser Seele. Darinaber, dass du ihr Herz an Meine Seele angeschmiegt siehst, erkenne, dassIch Mir ihr Herz zubereitet habe, dass sie zu jeder Stunde die Einstrmung

    Meiner Gottheit unmittelbar aufzunehmen vermag.Auf eine andere Frage erhlt Gertrud die Antwort, dass Ihm, Jesus, aneiner Erwhlten die Freiheit des Herzens am besten gefalle, oder Er sagtwieder: Wenn du verlangst, den Heiligen Geist zu empfangen, so musstdu zuvor nach Art Meiner Jnger Meine Herz-Seite und Meine Hnde

    berhren. Nicht kirchliche Gebote und Verbote, sondern Freiheit undzrtlich inniges Liebesverhltnis sind der Weg zum Herzen des Erlsers -denn wahre Liebe ist nur in Freiheit mglich.

    Wie sehr das Herz das Organ des gott-menschlichen Liebesaustausches

    ist, wird darin offenkundig, dass die Schlge ihres Herzens bestndig indie Schlge Meiner Liebe verschlungen werden und hieran finde Ich Meinunaussprechliches Wohlgefallen.

    Gttliche Musik oder Mystik ist dieser rhythmische Einklang derHerzen oder die Herzenszwiesprache.

    Johannes, der Jnger, den Jesus liebte, ist auch der Jnger, der wrdigwar, Zeuge himmlischer Geheimnisse zu sein. Er war es auch, der Gertruddieses Geheimnis offenbarte:

    Whrend sie nun beide an der Brust Jesu ruhten. ..und als sie aus derBewegung der hochheiligen Pulsschlge eine unaussprechliche Wonneschpfte, sagte sie zum Hl. Johannes:

    Hast nicht auch du, Geliebter Gottes, die Wonne dieser heiligstenPulsschlge empfunden, als du beim Abendmahl an derselben

    beseligenden Brust ruhtest?Auf die Frage, weshalb er nicht das Geringste davon niedergeschrieben

    habe, antwortete er: Meine Aufgabe war es, fr die noch junge Kirche

    von dem unerschaffenen Worte Gottes des Vaters ein Wortniederzuschreiben, woran die Erkenntnis des ganzen Menschen-geschlechtes bis ans Ende der Welt sich hinlnglich versuchen kann,obgleich es dennoch von niemand je vollkommen erfasst werden kann. Die

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Sprache jener beseligenden Pulsschlge aber ist der neueren Zeit aufbe-wahrt, damit die bereits alternde und in der Liebe Gottes erkaltende Weltdurch das Anhren solcher Geheimnisse wieder erwrmt werde.

    In dieser Rede des Johannes ist offenbart, wie dem Haupt des erhabenenWort-Lehrers Jesus das Herz des gttlichen Liebhabers ergnzend folgensollte. Im neuen Geist dieser Erfahrung ist der Schwerpunkt nicht so sehrdie Gebote des Lehrers zu befolgen, als vielmehr die Bitte an Ihn:So bildedenn mein Herz nach deinem Herzen.

    Oft wurde die recht naturalistisch anmutende Mystik der Nonnen alsreligis verbrmte und verdrngte Erotik missdeutet, dabei vergisst manaber den Geist Gottes und dass diese Frauen keineswegs Schwrmerinnen

    waren, denn ihr hartes asketisches Berinnendasein und ihre sozialeLebensfhrung beweisen das Gegenteil.Vielmehr war die Zeit gekommen, dass sie die warme Menschlichkeit

    ihres Herrn nun in realistischer Bildhaftigkeit, in einer in geistig-gttlicheLiebe verwandelten Erotik, erleben konnten.

    Nicht nur ihr seelisch-geistiges, auch ihr leibliches Herz musste fastgreifbar sinnlich fhlen, wie menschlich dieses Herz des Erlsers war undist.

    Die Menschlichkeit Jesu, Sein Leiden und Sein blutendes Herz

    erweckten als erste Frucht der neuen Offenbarung bei den Menschen dasMitleid mit dem sich fr die Snder opfernden Gott.

    (Siehe auch die hufigen Bilder des Schmerzensmannes und derSchmerzensmutter in der damaligen abendlndischen Kunst.) Ein Aufrufzum Erbarmen nicht nur mit dem leidenden Jesus, sondern ber Ihn undmit Seiner Barmherzigkeit auch fr die auch an der verdorbenen Macht vonStaat und Kirche leidenden Mitmenschen.

    Die von Jesu Herz im eigenen Herzen getroffenen Frauen dieser ersten

    Zeit widmeten sich jedoch zunchst in harten Bubungen der Shne frihre eigenen und stellvertretend, fr die Snden der Welt.

    Eine weitere Nachfolgerin in der Herz-Jesu-Liebe war Katharina vonSiena. Sie lebte von 1347-1380, wurde also nur 33 Jahre alt, und konntedoch in ihrem kurzen, jedoch der gttlichen Vorsehung vllighingegebenen Leben soviel Gutes bewirken. Sie pflegte nicht nur Arme undKranke, sondern trat auch mutig fr den Frieden, fr eine Politik derVershnung und fr die Reform der Kirche ein. Sie schrieb hunderte von

    Briefen, auch an Frsten, Bischfe und Ppste, reiste unermdlich, konnteselbst verstockteste Snder zur Umkehr bewegen. Ihr Leben war so von dergttlichen Liebe erfllt, dass sie alles, was sie hatte, in einem kaumvorstellbaren Opfermut teilte.

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Einmal traf sie einen frierenden Bettler und da sie sonst nichts bei sichhatte, gab sie ihm ihren eigenen Mantel. Als sie daraufhin sehr gergtwurde, dass dies nicht sittlich sei, erwiderte sie: Lieber auf Erden ohne

    Mantel gefunden werden, als vor meinem himmlischen Herrn ohne denMantel der Liebe.Einmal erfuhr sie von einem verstockten Verbrecher, der voller Hass

    und Hader war und hingerichtet werden sollte. Sie besuchte ihn imGefngnis und kndete ihm von der gttlichen Liebe. Kraft ihrerHerzensliebe konnte sie sein Herz erreichen. Als er kurz darauf zumSchafott musste, begleitete sie ihn, stand ihm bis zuletzt bei, hielt nochseinen Kopf und sterbend flsterte er die Namen: Jesus und Katharina.

    Was war ihr Geheimnis? Das kostbare Blut Jesu als erlsende Kraft unddas heiligste Herz Jesu, in dem sie das Feuer der gttlichen Liebe leuchtenund brennen sah. Ihr Verlangen war, im Blut des Herrn, das Er in Seinenueren Leiden vergossen hatte, eingetaucht zu werden. Sie will aber denWeg des Blutes noch weiter zurckverfolgen bis zu Seiner Quelle, bis zumHerzen. Es geht ihr um das Offenbarwerden des Geheimnisses des Herzensdes Gottessohnes.

    In einem ihrer Dialoge fragte sie Jesus, weshalb Sein Herz, als Erbereits gestorben war, durchbohrt wurde. Jesus antwortete ihr: Weil

    Meine krperlichen Leiden endlich waren und Ich Meine unendliche Liebenicht so zeigen konnte. Infolgedessen wollte Ich, dass ihr das Geheimnisdes Herzens sehen knnt, indem Ich es euch geffnet zeige.

    Hier wird das innerste Ziel und Geheimnis der Herz-Jesu-Offenba-rungen gezeigt: Dieses Herz ist mehr als Snden erlsende Macht oderBarmherzigkeit; es ist brutliche Liebe: der Mensch und spter die ganzeMenschheit als Geliebte oder Geliebter Gottes!

    Diese Offenbarung ging zuerst an einzelne offene Menschenherzen zu

    ihrer Wandlung von Gott-Frchtenden zu Gott-Liebenden. Sie solltenjedoch auch gleichsam Partikel und Zellen des gttlichen Herzbluteswerden, das im Laufe der kommenden Zeiten den Leib der Menschheitumwandelnd durchwirken soll. Deshalb hat Jesus die Jnger SeinesHerzens als Zellen des mystischen Leibes immer wieder aufgefordert:

    Kommt oft zu Meiner Seitenwunde, um zu saugen und kosten dasBlut, das daraus hervorgeht zum Heil der gesamten Menschheit.

    Durch das Mitwirken des Einzelmenschen soll also das Heil der

    ganzen Menschheit gewirkt werden.Jesus hatte die Erbarmung des Vaters offenbart. Sein Hl. Geist, dergleichsam im geffneten Herzen aus dem Leibe heraustrat, brachte nun dieLiebe in ihrer reinsten Gestalt, deren hchstes menschliches Sinnbild die

    Dem Herzen Jesu zugewandt

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Liebe zwischen Braut und Brutigam ist, denn dieses Liebesverhltnis istdas letzte Ziel Gottes mit den Menschen.

    Auch weitere Mystikerinnen wie Margareta Maria Alacoque, sie lebte

    von 1647-1690, erkannten und erlebten das Herz Jesu als Sonne und alsQuell unendlicher Liebe:Margareta hatte ber viele Jahre Visionen und Offenbarungen Jesu, Er

    offenbarte ihr Sein Herz, Seine Liebe: Oft kam Er wie ein Freund oderwie ein Brutigam. Er gab ihr den Namen Vielgeliebte Jngerin MeinesHerzens. Diese einfache Nonne ist das Werkzeug, das auf seine Weisezeigen sollte, dass nicht der Verstand, das Wissen zu Gott fhren. Siesagte: Mein Verstand ist in so groer Blindheit befangen. Ich habe keine

    andere Anregung als Ihn zu lieben.Ihre demtige Liebe machte sie dabei zur Gefhrtin der Seraphim, derEngel der Gottes-Liebe: Da wurde mir das liebende Herz meinesanbetungswrdigen Jesus gezeigt, strahlender als die Sonne. Erschwebte inmitten der Flammen Seiner reinen Liebe, von Seraphimumgeben, die in wunderbarem Wohlklang sangen.

    Sie sah Sein Herz, das der Quell dieser Flammen war. Und Jesusschloss einen kleinen Funken in ihre Brust ein. Das Licht der Liebe desHerzens ist himmelweit erhaben ber das Licht des menschlichen

    Verstandes. Licht und Feuer, Wahrheit und Liebe sind im reinenMenschenherzen wie im Herzen Gottes vereint. Das ist wohl der Sinndieser Offenbarung. Und es war wohl die entscheidende Antwort auf denvom Widersacher gefrderten Zeit-Geist.

    Und noch eine andere wichtige Offenbarung gehrt zur SendungMargaretas. Die neue Liebe Jesu, das ist Sein Geist, wollte sich aber nichtnur ihr persnlich, sondern der Welt kundtun: Er sagte zu ihr: Mein

    gttliches Herz brennt so vor Liebe zu den Menschen. Es muss sich

    offenbaren.In der groen Offenbarung von 1675 verlangt Jesus von ihr, dass ein

    Fest zur Verehrung Seines heiligsten Herzens eingesetzt werde.Die Zeit war gekommen, den aus Seinem Herzen ausstrahlenden

    gttlichen Geist der Liebe der ganzen Menschheit nahe zu bringen. ImJahre 1686, also vor 320 Jahren wurde in ihrem Kloster in Frankreich daserste Herz-Jesu-Fest gefeiert. Dies bedeutete einen weiteren Schritt aufdem Weg zum vollen Zeitalter des Geistes, um alle Menschen die tiefste

    Liebe Jesu zu lehren.

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Das Herz im Kosmos: Seine Gestalt im Grten und im KleinstenGeistige Himmelswelten - in den Offenbarungen

    an Emanuel Swedenborg

    Emanuel Swedenborg, der von 1688 bis 1772 lebte und als fhrenderForscher, Erfinder und Aufklrer seiner Zeit zum Seher berufen wurde,berichtet, was er in jahrelangem Umgang mit Engeln ber Gottes Liebeund Weisheit erfuhr. Die Welt ist der Leib Gottes... denn der ganzeHimmel ist so gebildet, dass er entspricht dem Herrn, nmlich SeinemGttlich-Menschlichen; und der Mensch ist so gebildet, dass er mit allemund jedem bei ihm entspricht dem Himmel und durch den Himmel demHerrn. Der Mensch, der mit den Engeln zusammenwirkt, ist seinem

    Geist nach im Himmel und mit dem Leib in der Welt, und so ist er auchein kleiner Himmel unter menschlicher Gestalt.Der grte Mensch (ein Organismus) ist der ganze Himmel des Herrn

    in Bezug auf den Menschen; aber der grte Mensch im hchsten Sinne istallein der Herr; denn aus Ihm ist der Himmel und Ihm entspricht allesdaselbst. Vom hchsten himmlischen Gromenschen beschreibtSwedenborg den Herzbereich und die Atmung wie folgt:

    Das eigentliche Atmen des Himmels ist ein Inwendiges und darum frdie Menschen nichts Wahrnehmbares; aber es fliet durch eine wunderbare

    Entsprechung in das Atmen des Menschen ein.Weiter beschreibt er die zusammenziehende und ausdehnende

    Bewegung des Herzens. Die zweifache Ttigkeit des Herzens findet ihreEntsprechung auch in den Reichen der Engel. Die Pulsschlge des grtenMenschen gehen in zwei Richtungen und spiegeln so das Zweikammer-Herz und das zweifache Hauptgebot des Evangeliums wider: das derGottes- und der Nchsten-Liebe. Swedenborg beschreibt die beiden Reichefolgendermaen:

    Im Himmel sind zwei Reiche. Das eine wird genannt das Himmlische,das andere das Geistige. Das himmlische Reich wird gebildet von denEngeln, welche Himmlische genannt werden, und das sind diejenigen,welche in der Liebe zum Herrn gewesen sind; das zweite wird genannt dasGeistige. Dieses wird gebildet von den Engeln, welche Geistige genanntwerden, und daselbst sind diejenigen, welche in der Liebes-Ttigkeit fr(gegen) den Nchsten gewesen sind. Diejenigen, welche im himmlischenReich des Herrn gewesen sind, gehren alle zum Gebiet des Herzens, und

    welche im geistigen Reich, gehren alle zum Gebiet der Lungen.Die hchsten Engelschre entsprechen also den beiden urerstenEigenschaften Gottes und Seinen beiden Herz-Kammern: der Liebe undder Weisheit, und in Entsprechung dazu dem doppelten Haupt-Gebot des

    Dem Herzen Jesu zugewandt

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Leibes alleinig ab; so das Herz aber einmal stillzustehen anfngt, da -meine Ich - drfte es etwa mit dem natrlichen Leben des Leibes wohl gar(zu Ende) sein! Wie aber die Ruhe des leiblichen Herzens offenbar der

    volle Tod des Leibes ist, also ist auch die gleiche Ruhe des Seelenherzensder Tod der Seele!Das Herz der Seele aber heit Liebe, und das Pulsendesselben spricht sich in wahrer und voller Liebttigkeit aus.

    Die unausgesetzte Liebttigkeit ist demnach der nie zu ermdendePulsschlag des Seelenherzens. Je emsiger aber das Herz der Seele pulst,desto mehr Leben erzeugt sich in der Seele, und so dadurch einhinreichend hoher Lebensgrad in der Seele sich erzeugt hat, so dass erdem gttlichen, allerhchsten Lebensgrade gleichkommt, so weckt solch

    ein Lebensgrad der Seele das Leben des gttlichen Geistes in ihr.Dieser - als pur Leben, weil die unermdete hchste Ttigkeit selbst,ergiet sich dann in die ihm durch die Liebettigkeit gleichgewordeneSeele, und das ewig unverwstbare Leben hat in der Seele Seinen vollenAnfang genommen. (Gr.Ev.Joh. Bd.1,Kap.221, 7ff.)

    Wie diese vergttlichende Herz-Liebe den Menschen verwandelt, zeigteine andere Begebenheit im Groen Evangelium, Band 2:

    In Jesu Gesprch mit dem Wirte Ebahl fllt dessen jngste TochterJarah auf durch ihre beraus herzliche Liebe zu Jesus, den sie spontan

    strmisch umarmt. Dem darber erstaunten Vater sagt Jesus: DiesesMdchen beweist es in der Tat, was es im Herzen fhlt; ihr aber machtkluge Reden und haltet khl euer Herz. Und wie zur Besttigung dessenlsst Jesus Jarah wie eine Verklrte, voll der hchsten Entzckung in dieTiefen der ihren Augen geffneten Himmel blicken und in prophetischenTrumen Jesu Tod und Auferstehung schauen.

    In einem spteren Gesprch Jarahs mit dem bekehrten Ruber Mathael,der sich ber ihre Weisheit wundert und von ihr erfahren mchte, wie sie

    eigentlich betet, sagt sie zu ihm: Ich versetze mich mit allen meinenGedanken und Gefhlen in die tiefste Tiefe meines Herzens, worin die

    Liebe zu Gott zu Hause ist. Dadurch bekommt diese heilige Liebeebenalso Nahrung, als wenn du auf eine stille Glut, die nicht mehr flammt,gutes, drres und sehr leicht brennbares Holz legst.

    Das Holz wird die stille Glut gar bald darin erwecken, dass sie bersich ganz kleine Flammen wird zu treiben anfangen; diese Flmmchenwerden dann alsbald das Holz ergreifen, und darauf wird das Ganze in die

    hellsten Flammen bergehen, und es wird dann berlicht und vollendslebenswarm werden im Herzen. Dann erst spricht der dadurch geweckteGott hnliche Geist im Herzen: O Du mein heiliger Vater in denHimmeln! Dein Name werde geheiligt! Zu uns armen tot- und nachtvollen

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    Sndern komme Deine Vater-Liebe! Dein allein heiliger Wille geschehehier auf dieser Erde wie in allen Deinen Himmeln! Haben wir gesndigtwider Deine ewige heilige Ordnung, so vergib uns solche Torheit und habe

    Geduld und Nachsicht mit uns, wie auch wir mit denen Geduld undNachsicht haben, die sich gegen uns irgend versndigt haben. Lass es janicht zu, dass wir in unseren Schwachheiten irgend ber unsere Kraft vonder Welt und vom Bsen versucht werden, sondern erlse Du uns durchDeine groe Gnade, Liebe und Erbarmung von den tausenderlei beln,durch die unsere Liebe zu Dir, o heiliger, groer, lieber Vater getrbt undgeschwcht werden knnte! Wenn es uns aber hungert und drstet, geistigund leiblich, dann gib uns, Du guter lieber Vater, nach Deinem heiligen

    Ermessen, was wir tglich vonnten haben!Dir allein alle meine Liebe, alle Ehre und alles Lob ewig!Sieh, das heie ich beten, welches Beten aber vor Gott erst offenbar nur

    dann etwas gilt, wenn zuvor in aller Tiefe des Herzens auf diebeschriebene Art und Weise die Liebe zu Gott in die lichten und heienFlammen bergeschlagen hat durch die Einung aller Gedanken undGefhle im gttlichen Zentrum des Herzens; fehlt dieser Vorgang, so ist

    jedes Gebet mit bloen, noch so schnen Worten vor Gott ein Gruel undwird nicht angesehen und nicht angehrt. Denn Gott in Sich ist ein Geist

    und muss darum im Geiste der Liebe und im flammenhellsten Lichte derWahrheit angebetet werden.

    Wer Gott, den Herrn, ber alles liebt, der wird bald und leichterweckt; wer Ihn aber mit dem Verstande sucht, um Ihn zu lieben, derhat sich eine groe und sehr vergebliche Arbeit vorgenommen, mit der ernimmer zum erwnschten Ziele auf dieser Welt gelangen wird.

    Kommen wir zu einer weiteren Rede Jesu, diesmal auf einer Anhhedes Stammgutes von Lazarus, wo er seine Jnger ber den inneren Bau des

    Herzens belehrt:Es befinden sich im Herzen zwei beraus kleine Kmmerlein, die den

    beiden groen Blutkammern entsprechen. Fr eure Augen wrden diesebeiden Kmmerlein wohl kaum als kleinste Pnktlein sichtbar sein. Soklein aber auch diese Pnktlein sind, so bedingen sie durch ihreEinrichtung doch ganz allein das Leben des Herzens und durch dasselbedas Leben des ganzen Leibes und aller seiner zahllos vielen Teile undOrgane.

    Das erste und somit allerwichtigste Kmmerlein entspricht dem, wasdes Geistes und somit des eigentlichen Lebens ist, und wir wollen es dasbejahende (positiver Pol) und somit wahre nennen. Das zweite, gewisserartminder wichtige, obschon zum natrlichen Leben des Leibes auch

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    unumgnglich notwendige aber wollen wir das der Materie entsprechende,also das verneinende (negativer Pol) nennen. Dieses hat fr sich keinLeben, sondern ist nur ein Aufnahmegef frs Leben, welches es mit

    jedem erneuten Herzschlag aus dem bejahenden Kmmerlein wie vonneuem aufnimmt und dann dem ganzen Leibe durch das Blut mitteilt.Aus diesem leicht fasslichen Bilde knnt ihr nun schon entnehmen, wie

    das Herz in seinem Lebensgrunde beschaffen ist und sein muss, auf dass esdem ganzen Leibe das Leben verschaffe. Dass das Herz dann noch eineberaus kunstvolle und hchst weise organisch-mechanische Einrichtungzur Fortbefrderung des in ihm entwickelten Lebens hat, das versteht sichvon selbst. Wir aber brauchen zur Beleuchtung unserer Sache

    hauptschlich nur die beiden Kmmerlein, und von ihnen eigentlich nurdas bejahende. (Gr.Ev.Joh., Bd. 8, Kap.56,5-7)Es gibt also nach Lorber im Herzen zwei Quellorte des Lebensgeistes,

    wo sich die tiefsten Vorgnge, im Ursprung der Schpfung, vollziehen, wodas eigentliche Leben im Menschen erwacht. Im ersten nimmt das Herzdas Gottesleben auf, im zweiten gibt es dieses Leben weiter an den Leib.Vom Herzen also geht alles aus im Menschen.

    Und nun macht Jesus in Seiner Rede einen groen Sprung und kommtauf den schon bei Swedenborg erwhnten Schpfungsmenschen und sein

    Herz zu sprechen und sagt weiter, was hier die Erde fr eine Rolle spielt.Seht, wie im Kleinen ein jeder Mensch zum Behufe seines leiblichenkurzen Probelebens eingerichtet ist, also ist entsprechend auch in denweitesten Umrissen der ganze groe Schpfungsmenscheingerichtet.(Kap. 57,1 ff.)

    Denket euch, dass eben diese Hlsenglobe (groer Gestirns-Organismus mit 7 Millionen Galaxien), in der sich diese Erde mit demMonde, der Sonne und allen zahllos vielen anderen Sonnen und

    Erdenkrpern befindet, zur Einrichtung des Herzens im GroenSchpfungsmenschen gehrt, und dass eben diese Sonne mit ihrenPlaneten, von denen sie umbahnt wird, das bejahende Lebenskmmerleindarstellt und in diesem Lebenskmmerlein eben diese Erde entsprechendden eigentlichen geistigen Grundlebensstoff bedingt und ausmacht, waswohl nie ein Weltweiser einsehen wird, wie und warum. Aber Ich als derSchpfer der Unendlichkeit aus Mir wei darum und kann es euch dennauch also sagen, wie sich diese Sache verhlt.

    Ich bin aber von Ewigkeit der Grund alles Lebens und alles Seins undbin somit auch die urbejahende Lebenskammer im ewigen Lebensherzender Unendlichkeit.

    So Ich denn nach Meiner Liebe, Weisheit und Ordnung in Mir Selbst

    Dem Herzen Jesu zugewandt

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    beschlossen habe, das Leiblich-Menschliche anzuziehen, so konnte Ich derewigen Ordnung gem in dem groen Schpfungsmenschen ja das auchnur auf dem Punkte realisieren, der Meinem Urwesen, wenn auch aus Mir

    geschaffen, vllig entspricht.Es ist zwar damit nicht gesagt, dass gerade diese Erde, auf der wir nunsind, den eigentlichen Hauptbejahungspunkt darstellen msste. Da abernun diese Erde seit den Zeiten Adams dazu erkoren ward und auf ihremBoden Ich nun das Leib-Menschliche angenommen habe, so wird sie alsdas auch verbleiben bis ans Ende der Zeiten der gerichteten Geister in allerMaterie, und ihr werdet die Austrger des Urgrundlebens in alleUnendlichkeit und Ewigkeit im Geiste aus Mir verbleiben und eben darum

    Meine wahren Kinder sein. Sehet, da ist nun ganz kurz und so klar alsmglich der Grund vor euch hingestellt, warum Ich nur auf dieser und aufkeiner andern noch so groen und vollkommenen Erde habe das Leib-Menschliche aus purer Liebe zu nun Meinen Kindern anziehen knnen!

    Es gibt aber neben diesem Hauptgrunde auch noch andere Grnde. Dasbejahende Lebenskmmerlein im Herzen ist - was die Leibesteile betrifft -sicher auch das unansehnlichste Partikelchen des ganzen Leibes, ist finsterund wird nie von den Strahlen der Sonne erleuchtet und wird selbst vonden Menschen, denen es doch das Leben schafft und gibt, gar nicht erkannt

    und geachtet. Und doch muss ein jeder Mensch, der sich selbst und Gottwahrhaft erkennen will, in dies sein allerunansehnlichstes Herzlebens-kmmerlein auf dem Weg der uersten Demut und Fgsamkeiteingehen und das aus demselben empfangene Leben geistig wieder

    zurckgeben!Wenn ein Mensch das tut, so erweitert er das Lebenskmmerlein und

    erleuchtet es durch und durch. Ist aber das geschehen, so wird dann dasganze Herz und vom Herzen aus der ganze Mensch erleuchtet und erkennt

    sich selbst und dadurch auch Gott, weil er da erst gewahren und erschauenkann, wie das Leben in diesem Kmmerlein aus Gott einfliet, sich dasammelt und zu einem freien, selbststndigen Leben ausbildet.

    In diesem Kmmerlein wohnt sonach der eigentliche Geist aus Gott,und so die Seele des Menschen in dies Kmmerlein durch die rechteDemut, Fgsamkeit, wie die Liebe des rechten Menschen zur ewigenunerschaffenen Liebe Gottes eingeht, so einigt sich dadurch die Seele mitdem ewigen Geist aus Gott und dieser mit der geschaffenen Seele, und das

    ist dann eben die Wiedergeburt der Seele im Geiste aus Gott.Wie aber ein rechter Mensch das tun muss, um zur vollen Herrlichkeitdes Lebens einzugehen, also habe es nun auch Ich Selbst euch allen zumwahren Muster und zu einem wahrsten Wegweiser im groen Schpfungs-

    Dem Herzen Jesu zugewandt

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    menschen getan und Ich bin darum auf diese Erde, weil sie nach Meinerewigen Ordnung eben - wie schon gezeigt - dem bejahendenHerzenskmmerlein entspricht, gekommen, um so zu Meiner eigenen und

    dadurch auch zu eurer grten Herrlichkeit einzugehen in alle Gewalt imHimmel und auf allen Erden.Die andern Weltkrper mit ihren Menschen, die Hlsengloben mit

    ihren Sonnenallen und Zentralsonnen verhalten sich zu uns wie unsereandern Leibes- und Seelenteile zu den Herzens-Lebenskmmerlein.

    Die gewaltige Vision des groen Schpfungsmenschen und seinesHerzens erweist in aller Deutlichkeit, dass das Weltall als Organismus lebtund demgem ein gttliches Herz besitzt und dass unsere Welt das Herz

    des Universums ist. Sie besttigt aber auch, dass Jesus das Herz der Weltist.Des Weiteren zeigt sie auch, dass das Herz allen Organen und Gliedern

    des Mikro- wie des Makro-Kosmos das Leben verleiht.Auch im Gesicht des Oalim, (einem Nachkommen Seths,) das in der

    Haushaltung Gottes, Band 2, Kap.72 beschrieben wird, erffnen sich nochweitere unerwartete Perspektiven: Also auch war es mit diesem meineminnersten Keimherzen der Fall. Anfangs sah es so aus, als wre es einHerz, als es aber dann stets grer und grer wurde, da bekam es auch

    immer mehr und mehr eine menschliche Gestaltung, und nun gar balderkannte ich mich selbst in diesem neuen Menschen, der da geworden istaus diesem meinem ehemals inwendigsten lichten Keimherzen. BeimAnblick dieses Menschen aber dachte ich mir: Hat etwa dieser neueHerzmensch in mir denn auch noch ein Herz in sich?

    Und siehe da, alsbald wurde ich in diesem neuen Menschen gewahr,dass auch er noch ein Herz in sich barg! Dieses Herz aber sah aus wie eineSonne, und deren Licht war strker denn das Licht der Tagessonne

    tausendfach genommen. Als ich aber dieses Sonnen-Herz mehr und mehrbetrachtete, da entdeckte ich auf einmal in der Mitte dieses Sonnen-Herzens ein kleines, Dir, o Heiliger Vater, vollkommen hnliches,lebendiges Abbild - wusste aber nicht, wie solches mglich. Da ich aberdarber nachdachte, da ergriff mich auf einmal eine unaussprechlicheWonne, und Dein lebendiges Bild ffnete alsbald den Mund und redete zumir aus dem Sonnenherzen des neuen Menschen in mir folgendes: Richteempor nun deine Augen, und du wirst bald gewahr werden, woher und wie

    Ich in dir nun lebendig wohne.Und ich richtete alsbald meine Augen aufwrts und erschaute sogleichin einer endlosen Tiefe der Tiefen der Unendlichkeit ebenfalls eineunermesslich groe Sonne und in der Mitte dieser Sonne aber dann bald

    Dem Herzen Jesu zugewandt

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    Dich Selbst, o Heiliger Vater! Von Dir aus aber gingen endlos vieleberlichte Strahlen, und einer dieser Strahlen fiel in das Sonnenherz imneuen Menschen in mir.

    Im Allerinnersten des geistigen Herzens also offenbart sich Gott sogarin lichter menschengestaltiger Erscheinung. Hierin, in jedem Menschengleicherweise, ist Gott sichtbar anwesend! Das ist eine der wunderbarstenaller Herz-Offenbarungen!

    Zu den neuen Horizonten der Herz-Jesu-Verehrung:Vom Herzen Jesu zur Person Jesu, dem Herz der Welt

    Viele Anrufungen, die in den kirchlich Herz-Jesu-Litaneien

    vorkommen, sind jetzt geistig in ihren weltweiten Bedeutungen zuverstehen. Ein paar Beispiele dafr: Herz Jesu, mit dem ewigen Wortewesenhaft vereinigt. Jesu Herz ist also das Herz der ewigen WeisheitGottes, durch die das ganze All geschaffen wurde, wahrhaftig das Herz derWelt.

    Das Herz Jesu ist auch Abgrund aller Tugenden, das will sagen: AlleKrfte, Energien und wirkenden Mchte in der Welt des Himmels und derErde, der Engel und der Menschen strmen aus Seinem Urgrund, auf denallein wir uns verlassen knnen.

    Das Herz Jesu ist Mittelpunkt aller Herzen bedeutet wohl auch, dasses das Gesamtherz des Organismus Menschheit bildet. Die unendlichvielen Herzen der Einzelmenschen, Zellen Seines groen Leibes, leben ausder Kraft Seines unendlichen Herzens in ihrer Mitte.

    Alle Schtze der Weisheit und Wissenschaft sind in Ihm enthalten,alles also, was Menschen erkennen, lernen, mit Sinnen, Gefhlen undVerstand erfahren und lieben knnen im ganzen groen Universum derinneren und der ueren Welten, hat letztlich im Herzen Jesu Christi, der

    ewigen Weisheit, seinen Ursprung.Eine neue Innigkeit zwischen Gott und Mensch erwacht: Will der neue

    Mensch von Gott etwas hren und wissen, so frage er Ihn im Herzenund er wird durch die Gedanken des Herzens eine volle Antwortbekommen, denn es muss ein jeder Mensch im Herzen von Gott belehrtwerden.

    Um im Herzen denken zu knnen, muss man eine eigene bunghaben, und diese besteht in der stets erneuerten Erweckung der Liebe zu

    Gott. Darum suchet ihr alle nur im Herzen die Weisheit und die rechteOffenbarung aus Mir!Lauschet in eure Herzen, damit ihr den Herzton vernehmen drft,

    den Ich, der lebendige Gott euch schenke.

    Dem Herzen Jesu zugewandt

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    Auch ein Wort, das dir ein Engel in dein Herz legt, ist fr eine Seeleheilsamer als tausend uere Worte.

    Doch dies verlangt Wachsamkeit, denn Seine Stimme spricht nur in

    einem reinen Herzen.Der wahre Geist, das ist der gttliche Funke im Herzen, in der innerstenKammer. Aus dem geffneten Herzen Jesu ist Sein Heiliger Geist zurErneuerung der Welt ausgegangen.

    Vieles deutet darauf hin, dass das Herz Seine berwltigendeAusstrahlung in die Welt beginnt und ein neues Zeitalter einleitet.

    In der betenden Herzliebe muss so alles mit der ersten Kammer, derGottesliebe beginnen und dass wir Ihn Selbst um Reinigung, Erneuerung,

    Strkung, persnliche Fhrung und Freundschaft bitten.Und darber hinaus Ihm Anbetung, Lob und Dank und Hingabe,Hinpulsieren zu Ihm als innigste Liebesverbindung entgegenbringen.

    Wir sollten im neuen Zeitalter des Herzens oder auch des HeiligenGeistes das Herzensgebet wieder lernen, das Puls und Atem verbindet, dassich unablssig vollzieht, das das Menschenherz in innigste Verbindungmit dem Gottesherzen bringt.

    Mge Jesus, das Herz der Welt, unser Herz in Seinen Rhythmusbringen, uns ganz mit Ihm verbinden, die strenden Herztne unserer

    Seele aufheben und mit Seinem gttlichen Pulsschlag vereinen. Und soknnen wir mit Sr. Faustyna sprechen: O Blut und Wasser, Liebe undGeist, aus dem Herzen Jesu entstrmt als Quelle der Barmherzigkeit,Jesus, ich vertraue auf Dich! Amen.

    *******Wer Mich nicht vllig eiferschtig liebt und Mich in seinem Herzen

    wie nahe ausschlieend allein besitzen will, der hat noch keine wahre,lebendige Liebe zu Mir! Hat er aber diese nicht, so hat er auch die Flledes Lebens nicht in sich; denn Ich bin ja das eigentlichste Leben im

    Menschen durch die Liebe in seiner Seele zu Mir, und diese Liebe istMein Geist in jedem Menschen.

    Wer also die Liebe zu Mir erweckt, der erweckt seinen von Mir ihmgegebenen Geist, und da dieser Geist Ich Selbst bin und sein muss, weiles auer Mir ewig keinen andern Lebensgeist gibt, so erweckt er dadurch

    eben Mich Selbst in sich und ist dadurch ins ewige Leben vollaufeingeboren und kann dann hinfort ewig nimmer sterben und ewignimmer vernichtet werden. (Gr.Ev.Joh. Bd.2, Kap. 41,4-5)

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    Und htte der Liebe nichtWahrlich sage Ich euch: Der Snder mag tun, was er will, er mag die

    Gebote noch strenger halten als der Mond seine Viertel und die Erde ihreJahreszeiten, er mag beten bei Tag und Nacht und mag Bue tun aufglhenden Eisen und mag fasten und sich kasteien, dass alle Welt darob indas grte Erstaunen gesetzt wrde, so sie die auenordentlichen Werkeseiner Bue sehen mchte - ja Ich sage, er mge seine Haut ausziehen undeinen Toten damit bekleiden, und er kann einen Glauben haben, dass ersich sogar die Sterne untertnig machen mag - so er aber die Liebe nichthat, wahrlich, sage Ich, dann wird er wohl seinen Lohn bekommen, um dener gearbeitet und solches getan hat; aber mit dem Kleide der Unschuld wird

    er nimmer angetan werden, weil nur die Liebe einzig und allein das wahreKleid der Unschuld ist. Und es werden ber seinem Haupte schweben mitdem Kleide der Unschuld Angetane gleich den lichten Nebelstreifen.

    Wer aber statt alles dessen das einzige, unendlich sanfte Gebot derLiebe ergriffen hat und hat dasselbe lebendig gemacht in seinem Herzen,der hat durch dieses innere, heilige Feuer alle Schuld aus sichhinausgeschafft und hat sich vollkommen gereinigt in seiner Demut durchMeine Liebe in ihm. Und es werden die sogestalt hinausgeschafften

    Dnste selbst gelutert werden durch Meine Gnade und lebendig durchden Geist, der aus Meinem ewigen Morgen weht. Und so wird aus dergereinigten Schuld selbst das Kleid der Unschuld fr die bereitet werden,die Mich nicht in ihrem Glauben, sondern in der Demut und in der Liebegefunden haben.

    Denn wenn es heit, dass da vor allem Mein Reich gesucht werden sollund alles andere dann als freie Gabe hinzugegeben werde, so bedenket,dieses Meine Reich ist eben nur die Liebe! - Wer Mich also sucht durch

    die Liebe und in der Liebe, der sucht Mich im Geiste und in derWahrheit. Und dieses ist Mein Reich.Wer Mich alsdann so gefunden hat, der hat auch Mein Reich mit Mir

    gefunden. Und da er das gefunden hat, saget selbst, was er hernach nochsuchen sollte, das er nicht schon dadurch gefunden htte?

    Die Liebe bringet alles mit sich, der Glaube aber nur sich selbst. Und esknnen viele glauben ohne Liebe, aber ihr knnet unmglich denken, dassdie Liebe je vermchte den Glauben auszuschlieen.

    Daher sage Ich jetzt wie allezeit: Wachset in der Liebe, so werdet ihrwachsen in allem! Denn die Liebe vergibt alles und die Liebe gibt alles!Das sage Ich, euer Vater, als die Ewige Liebe Selbst. Amen.

    (Himmelsgaben Bd. 1_40.12.01,29-34)

    Und htte der Liebe nicht

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    Leibhaftig leben im Atem GottesDr. Gisela von Stosch

    Das irdische Leben beginnt mit dem ersten Atemzug des Neugeborenenund endet mit dem letzten Atemzug des Sterbenden. Das Leben vollziehtsich im Atem, es ist ein Lebenshauch. Seele, Hauch, Atem, Wind, Geist, -alle diese Bedeutungen sind im Hebrischen in dem einen Wort Ruachenthalten.

    Der Atem hat nicht nur eine biologische Funktion, sondern ist dergroe Strom des Lebens, das sich hingibt und sich wieder neu geschenktwird, eine ewige Bewegung der Verwandlung.

    Im Alten Testament wird mit dem Wort Odem das Leben bezeichnet,das Gott einhaucht: Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde undblies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Menschein lebendiges Wesen. (Gen. 2,7). Der Geist Gottes hat mich gemacht,und der Odem des Allmchtigen hat mir das Leben gegeben.(Hiob 33,4).Unser Atem ist das Lebensgeschenk des Schpfers an uns, jeder Atemzugist eine Gabe, die unser Leben ohne unser Zutun erhlt.

    Aber der Geist ist es in den Menschen und der Odem desAllmchtigen, der sie verstndig macht. (Hiob 32,8) Mit jedem Atemzugsind wir also in Verbindung mit unserem Schpfer, der unser Leben erhltund uns Erkenntnis schenkt. Wenn er nur an sich dchte, seinen Geist undOdem an sich zge, so wrde alles Fleisch miteinander vergehen, und derMensch wrde wieder zu Staub werden. (Hiob 34,15) hnlich heit es indem groen Lobpsalm (104,29-30): Verbirgst du dein Angesicht, soerschrecken sie; nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und werdenwieder zu Staub. Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen,und du machst neu die Gestalt der Erde.

    In der Meditation geht es darum, sich dieses Geschenks Gottes an unsbewusst zu werden, jedoch nicht auf dem Weg des Denkens undAnalysierens, was eine uerliche Distanz schaffen wrde, sondern so,dass wir uns innerlich mit diesem Lebensrhythmus vereinigen und uns vonihm ergreifen lassen. Es geht darum, dahin zu gelangen, dass wir in derStille erfahren, wie unser Ausatem uns in dem Mae, wie wir uns darinhingeben, jedes Mal hinfhrt zu den tiefen Quellen unseres Seins und unsdort im Einatmen neu erschafft.

    Es bedarf einer recht langen bung, um wirklich zu begreifen, dassnicht wir es sind, die den Atem machen, sondern dass es in uns atmet,ohne dass wir auch nur das Geringste willentlich dazu tun. Im

    Leibhaftig leben im Atem Gottes

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    Wahrnehmen des Atems werden wir uns der Gegenwart dieser groenKraft bewusst, die in uns wohnt und uns ohne unser Zutun am Leben hlt.Wir alle leben dadurch, dass der Atem Gottes uns stndig durchdringt,

    so wie er auch alles, was existiert, belebt. Eine jede Zelle unseres Lebenswird durch diese schpferische und belebende Gegenwart fortwhrendbeseelt. Der immerwhrende Rhythmus von Sterben und Geborenwerden,der sich zwischen den beiden Polen des Ein- und Ausatmens vollzieht, istunendlich viel mehr als ein bloer physiochemischer Mechanismus,verbindet er uns doch mit dem Ganzen der Schpfung, die Gottes Odem

    beseelt.Aber der Mensch, der von seinen Wurzeln abgeschnitten ist, der nur

    noch aus der Autonomie seines Willens heraus lebt und sich ausmangelndem Urvertrauen gegen alle erdenklichen Risiken selbsttausendmal absichert, verhlt sich auch so in seinem Atmen: das Ich willdie Atmung selbst machen, es verlagert sie nach oben in die Sphre desWillens und reduziert sie zu einer bloen Luftpumpe. Das Zwerchfell, dasdazu geschaffen ist, den Tiefenatem zu ermglichen, erstarrt undverkmmert, und mit ihm der gesamte vegetative Bereich des Bauchesund des Unterleibes. Die Mitte des Menschen wird zum Kopf hinverrckt, was zur Folge hat, dass er nur noch mit den Rippen und dem

    Schlsselbein atmet.Diese unbewusste Atemblockierung in der oberen Krperregion ist eine

    Verzerrung der ganzen Person, die nur ein bewusstes Loslassen behebenkann. Wer zum ersten Mal versucht, seinen Atem zu beobachten, stelltfest, wie schwierig es am Anfang ist, seinen Willen und sein Ich ausdiesem Bereich herauszuhalten. Der Rhythmus wird stockend undunregelmig, die Atemblockierung wird uns bewusst. Das Loslassenmuss mglichst so geschehen, dass jeder Eingriff des Willens

    ausgeschaltet ist und die Atmung allmhlich ohne Widerstand ganz vonalleine fliet. Dabei hemmen wir aber immer noch unbewusst dasAusatmen: Wir halten den Ausatem an, bevor er zum Abschlussgekommen ist und wollen einen Rest der Luft zurckhalten. Es zeigt sichdarin unsere tiefe Furcht, uns im Ausatmen zu verstrmen, gleichsamunseren letzten Atemzug zu tun. Wir atmen gierig und willentlich, um unsden Atem anzueignen, wir machen ihn, statt ihn uns schenken zu lassen.Indem wir uns so des freien Lebensflusses bemchtigen, verhindern wir

    aber die innere Verwandlung.Wenn wir dem Ausatem jedoch wirklich zustimmen, dann liefern wiruns freilich einem Vorgang aus, der einem Sterben gleichkommt. Im

    Leibhaftig leben im Atem Gottes

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    Hingeben des Ausatems gibt das Ich die Macht ber die eigene Person ausder Hand. Dieser Tod des Ichs ist die Voraussetzung dafr, dass Gottuns immer wieder von Grund auf, vom Grunde unseres Seins her, erneuernkann. So knnen wir buchstblich mit jedem Atemzug erleben, wieliebevoll Gott mit uns umgeht, wenn wir nicht eigenmchtig an unsfesthalten, sondern uns Ihm vertrauensvoll hingeben. Wir: das sind jaunsere ngste und unsere Sehnschte, unsere Sorgen und unsere Freuden.Das bewusste Leben im Atem Gottes kann uns dazu ermutigen, all das,was uns beschwert und umtreibt, daran zu hindern, sich in uns einzunistenund uns krank zu machen. Indem wir es zusammen mit dem Ausatemloslassen, es herausatmen und es Gott zur Bearbeitung bergeben,

    werden wir frei fr die mit dem Einatem einstrmende neue Kraft, frneue Hoffnung und einen neuen Anfang in unserem aktiven Leben.

    Im Atemholen sind zweierlei Gnaden:Die Luft einziehen, sich ihrer entladen.Jenes bedrngt, dieses erfrischt;So wunderbar ist das Leben gemischt.Du danke Gott, wenn er dich presst,

    Und dank ihm, wenn er dich wieder entlsst.Goethe

    *******

    Solange jemand glaubt, dass er etwas tun knne, oder dass er dergttlichen Gnade und Erbarmung wrdig sei, so lange auch darf er daraufrechnen, dass ihn der Herr wird harren lassen, bis sich solcher trichteWahn in ihm verzehren wird. So er aber zu der inneren Ansicht kommt,

    dass er nichts ist und nichts vermag, sondern dass der Herr ist alles inallem, der Erste und der Letzte, das Alpha und das Omega, dann erst gibter sich dem Herrn freiwillig ganz hin, und der Herr ergreift ihn da und

    fhrt ihn den gerechten Weg.

    Und so meine Ich denn nun auch in dieser deiner Hinsicht: Lege du alledeine Liebe zu deinen Brdern und alle deine Sorge um sie vor die Fedes Herrn, umfasse dieselben mit deinem Herzen ber alles heiliebendund du wirst dich sicher berzeugen, dass der Herr gerade da ttig zu

    werden beginnt, wo der Mensch aus seiner demtigen inneren Erkenntnisalle seine nichtige Tatkraft und berschwache Willensmacht dem Herrnliebend bertrug. (Geistige Sonne Bd. 1, Kap. 91,2-3)

    Leibhaftig leben im Atem Gottes

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    uere und innere LiebeJohannes Tauler (1300-1361)

    Ich bin in guter Zuversicht, dass, der in euch angefangen hat dasGute, der wirds auch vollenden. Darum bitte ich, dass eure Liebe

    mehr und mehr reich werde an Erkenntnis und Erfahrung. (Phil. 1; 6, 9)

    Das Edelste und Beglckendste, von dem man sprechen kann,ist Liebe, und nichts Ntzlicheres kann man ben. Gott verlangtweder groe Vernunft noch tiefe Gedanken noch groe bungen- wenn man gute bungen auch nicht lassen soll, allen bungen gibt doch

    erst die Liebe ihren Wert -; Gott verlangt nur Liebe. Sie ist, nach Paulus,das Band der Vollkommenheit.Vernunft haben viele, groe Werke findet man bei Gerechten und

    Ungerechten; die Liebe aber trennt die Guten von den Unguten, dennGott ist die Liebe, und die in der Liebe wohnen, die wohnen in Gott undGott in ihnen.

    Darum sollen wir uns zuerst und vor allem in der Liebe ben und Gottso lieben, wie er uns seit je liebt. Dann wendet sich unsere Liebe nichtnoch nimmt sie ab, sondern sie bleibt auf Gott gerichtet und wchstimmerfort; denn Liebe gewinnt man mit Liebe, und je mehr man liebt,desto umfassender vermag man zu lieben.

    Die Liebe hat nun zweierlei Weisen: eine uere und eine innere. Dieuere Liebe ist auf den Nchsten gerichtet, die innere unmittelbar aufGott. Dazu, dass diese Liebe zunehme, ist Erkenntnis ntig. Darum bittetPaulus, dass unsere Liebe reicher werde an Erkenntnis und Erfahrung.Wir sollen uns nicht mit dem Guten begngen, sondern immerfort nachdem Besseren und Allerbesten trachten. Und dazu sind Erkenntnis und

    Erfahrung ntig, damit wir bei unserer Liebe um Ziel und Weg wissen undvon Liebe zu Gott berstrmen.

    Die wahre gttliche Liebe, die wir innerlich haben sollen, sollen wirwiederum wahrnehmen und abmessen an der Liebe, die wir uerlichunseren Nchsten gegenber im Herzen tragen. Denn wir lieben Gottnicht, solange wir nicht unsere Nchsten lieben wie uns selbst. Wiegeschrieben steht: Wie kannst du Gott lieben, den du nicht siehst, solangedu deinen Bruder nicht liebst, den du siehst!

    Hierauf zielt das gttliche Gebot: Liebe Gott - und deinen Nchstenwie dich selbst! Freue dich mit ihm und leide mit ihm in allen Dingen undsei mit ihm ein Herz und eine Seele, wie es zu der Apostel Zeiten war:Alle Gter waren unter ihnen gemeinsam.

    uere und innere Liebe

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    Kannst du dies nicht uerlich beweisen, weil es dir an Mitteln fehlt,sollst du es innerlich haben und ben im immer bereiten Willen zum Tundes Guten. Und kannst du deinem Nchsten nicht Gutes tun, dann sprich

    wenigstens gute, liebreiche Worte zu ihm aus dem Innersten deinesHerzens.Auch soll deine Liebe sichtbar werden an den unvollkommenen

    Menschen: ihre Fehler sollst du in Liebe und Geduld ertragen, sie nichtverurteilen und schelten, sondern sie im Geiste der Liebe Gottesanheimgeben. Wenn du anders fhlst und handelst, so erkenne daran, wiesehr es dir noch an der inneren Liebe mangelt.

    Eben daran, wie weit deine uere Liebe reicht, kannst und sollst du

    deine innere Liebe prfen, die einwrts auf Gott, auf ihren Ursprunggerichtet ist. Dazu bedarf es der Einsicht und Erkenntnis, dass beideWeisen der Liebe in gleicher Ordnung stehen. Das meint Pauli Wunsch,dass unsere Liebe mehr und mehr reich werde an Erkenntnis undErfahrung; denn aus der einen Liebe erblht die andere.

    Und wie die uere Liebe sich darin bewhren soll, dass man dieanderen Menschen nicht der Liebe unwrdig findet, sie ihnen vielmehruneingeschrnkt und ausnahmslos zuteil werden lsst, so soll die innereLiebe von Grund aus auf Gott gerichtet sein, und der Mensch soll nicht

    sich selbst zu solcher Liebe fr unwrdig halten, sondern soll samt seinenMngeln und Schwchen in liebender Hingabe in Gott entsinken, deneigenen Willen lassend und sich gnzlich Gottes Willen berlassend.

    Die wahre innere Liebe lsst den Menschen in solcher Hingabe sichselber entwerden, dass Gottes Wille und Gerechtigkeit in ihm und an ihmgeschehen kann.Nicht wie ich will, sondern wie Du willst!

    Wer so liebt, der wird der Liebe Gottes teilhaftig und gelangt zusolcher Hinwendung und Hingabe, dass er vllig in Gottes Willen eingeht;

    und alle Fehler und Schwchen, die ihm anhaften, knnen das nichtverhindern. Aber das kann ihm nur Gott geben, und es kann ihm nur danngeschehen, wenn die Liebe in den Geliebten versinkt.

    Wer so liebt, der wird jenem Gottesfreunde gleich, der da bekannte:Ich kann nicht anders, ich muss meinen Nchsten das Himmelreich nochmehr und noch inniger wnschen als mir selber. So empfindet derwahrhaft Liebende.

    Der innerlich Liebende will nichts fr sich. Er will weder reich noch

    arm sein, sondern lsst sich selbst und alles, was nicht Gott ist, und lsstGott machen. Dann kann und wird der, der das gute Werk in ihmbegonnen hat, es auch vollenden. Die Liebe wchst, bis sie berfliet obder Seligkeit der Selbsthingabe.

    uere und innere Liebe

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    Alsdann erreicht die innere Liebe ihren hchsten Stand und wird zumEinssein.

    Aber zuvor durchschreitet sie das Tal der Finsternis und Erkenntnis-

    losigkeit. Da wird ihr weh und bang ob des Fernseins von Gott, dem ihreHingabe galt. In dieser uersten und hchsten Hingabe entwird sie allemHaften und Haben und entwird sich selber vllig. Denn hier liebt Gott sichselber und ist sich selber der Gegenstand seiner Liebe.

    Hier wird die Liebe ganz in Gott berfhrt und berformt. Hier ruhtder Geist in Gottes Geist, in der Stille des gttlichen Wesens. Da strahltdas gttliche Licht in die Finsternis der Entwordenheit, und ist nichts alsGott in Gott.

    Alle Vielheit und Zweiheit ist zu eins geworden: da wird mitten in derNacht der Seele Christus in ihr geboren und der ewige Tag bricht an, vondem ein Meister schrieb: Das Licht Christi leuchtet in unserem

    Seelengrund strahlender, als die Sonne am Himmel leuchten kann.Das ist, was die Gottesfreunde uns lehren wollen und worum Paulus

    bittet: dass unsere Liebe immer reicher werde an Erkenntnis und Erfahrungund zu wahrer Gottesliebe werde.

    Aber so viele reden von ihrer Liebe zu Gott - und meinen im Grundeihres Herzens und ihrer Seele sich selbst: ihr kleines Ich, das auf das

    Haben, seine Ehre und seinen Vorteil aus ist.Zu diesen gehren jene Phariser, die meinen, sie seien gut daran mit

    Gott. Denn wenn man ihren geistigen bungen, Gebeten und Meditationenauf den Grund geht, so ist das, was sie im Sinn haben und lieben, nichtGott, sondern ihr Ich. Und das merken sie nicht. Sie tun viele gute Werke,knien und beten und bezeichnen sich als Snder; aber mit alledemgelangen sie nicht zu Gott; denn ihre Gesinnung und ihre Liebe ist nichtGott zugekehrt, sondern sich selber und den Kreaturen, ihrem eigenen

    Wollen und Haben, ihrer Lust und ihrem Nutzen - innen wie auen.Sie sind nur mit einem kleinen Teil ihrer Gedanken und ihres Gemts

    bei Gott, erfllen also nicht das Gebot, ihn von ganzem Herzen, mit allenKrften und mit dem ganzen Gemt zu lieben. Und darum antwortet Gottihnen nicht.

    Dann gibt es andere, die etwas besser daran sind: sie haben sich vonden weltlichen Dingen gelst, soweit sie es vermgen. Aber ihre Weise istnoch ganz sinnlich und bildlich. Sie denken an den Menschen Jesus, wie er

    geboren ward, lebte, litt und am Kreuze starb. Das alles fliet mit Lust undTrnen durch sie hindurch wie ein Schiff durch den Rhein und ist ganzsinnenhaft und fleischlich, nicht geistig.

    Solche Leute neigen dazu, mehr auf die Werke zu sehen als auf den, in

    uere und innere Liebe

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2006-5

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    dem alles Werk endet. Sie achten mehr auf das Drum und Dran als auf dasWesen, mehr auf den Weg und was am Wege liegt, als auf das Ziel - undbersehen im Blick auf das uere das Innere...

    Doch ist gegen diese Weise nichts einzuwenden, weil sie ein Weg seinkann von der sinnenhaften zur geistigen Liebe, die ohne Bild ist, von derueren Hinneigung zur inneren Hinwendung mit dem ganzen Herzen undmit allen Krften der Seele und damit zum Einssein. Der Mensch mussnur lernen, von den ueren bildlichen Weisen zur inneren bildlosenWeise weiterzuschreiten, also nicht in den ueren Bildern zu verharren,sondern durch sie hindurchzustoen zum Wesen - in den Grund, wo dieewige Wahrheit unmittelbar leuchtet.

    Um das zu erreichen, gilt es, das Gemt und alle seine Krfte von densinnlichen Bildern abzuziehen und den ewigen Dingen zuzuwenden: wiedu vorher der bildlichen Weise gedachtest, etwa der Geburt, des Lebens,Wirkens und Leidens Jesu, so wende dich nun der inneren Weise zu, deminneren Werk, der ewigen Geburt:

    Wie das Wort im Herzen Gottes geboren ward, nach auen geborenund doch innen bleibend, wie der Heilige Geist hervorblht inunaussprechlicher Liebe und wie das Gttliche in seiner dreifachenOffenbarung doch eine lautere Einheit ist: in diese Einheit senke dich ein,

    trage dein Nichtsein, die Mannigfaltigkeit deiner Ichheit und Nichtheit, indiese verborgene lautere Einheit, erkenne den Unterschied zwischendeinem ueren Menschen und dem ewigen inneren Wesen, das keinVorher und Nachher hat, sondern nur ewige Gegenwart und ewigesSelbstsein und Einssein mit Gott.

    Dieser ewigen Gegenwart halte die Flchtigkeit der Zeit und dieVergnglichkeit deines Ichs und des ueren Lebens entgegen. Dann ziehtdie Go