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RAUM UND AUFSTELLUNG Frei aufstellen, wandnah droht Bassüberhöhung. Anwinkeln nicht zwingend erforderlich, Hörabstand ab 3 m. G Raumgröße T A Akustik F Aufstellung Die Aufschlüsselung der Symbole finden Sie auf Seite 134. 130 www.audio.de ›11 /2014 Lautsprecher › STANDBOXEN

Geithain ME-180 Review

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Geithain ME-180

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Page 1: Geithain ME-180 Review

RAUM UND AUFSTELLUNG

Frei aufstellen, wandnah droht Bassüberhöhung. Anwinkeln nicht zwingend erforderlich, Hörabstand ab 3 m.

K GMRaumgröße

T HAAkustik

D FWAufstellung

Die Aufschlüsselung der Symbole finden Sie auf Seite 134.

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Das kontrollierte VergnügenDer sächsische Studiospezialist ME Geithain, dessen

Aktivmonitore einen legendären Ruf genießen, zeigt ein

Herz für Heimanwender und stellt seine bislang größte

Passivbox vor. Die neue ME 180 glänzt mit einem ausge-

feilten Koax und hervorragenden Messwerten.

TESTHigh-End-Standbox mit Koaxialsystem. ME GEITHAIN ME 180 14 000 €

■ Test: Wolfram Eifert

Einer der wenigen deutschen Bo-xenhersteller, der mittlerweile mehr als 50 Jahre Erfahrung vor-

weisen kann, ist Musikelektronik Geit-hain, ansässig im gleichnamigen Städt-chen in Sachsen, unweit von Leipzig. Geradezu Kultstatus genießt die Marke im Bereich der professionellen Audio-technik. Aktuell erwirtschaftet die Firma rund 80 Prozent ihres Umsatzes mit Ak-tivboxen, die vorwiegend von qualitäts-bewussten Tonstudios eingesetzt wer-den, auch und gerade beim Rundfunk.Klassiker und Maßstab zugleich ist der annähernd würfelförmige Regielaut-sprecher RL 901K, ein Dreiwege-Koaxial system mit 16 (!) Zoll großem Bass, selbstverständlich vollaktiv. Doch weil Privatleute vielfach keine eingebau-ten Verstärker mögen, liefert ME Geit-hain seit geraumer Zeit auch Passiv-boxen wie die prachtvolle, mit einem Ko-axialsystem ausgestattete ME 160, die AUDIO im März 2010 zu Gast hatte. Da-rüber rangiert nun die ME 180 als neues Flaggschiff. Mit zwei 10-Zoll-Treibern und einem Bruttovolumen von über 170 Liter ist die Box für größere Räume und Hörentfernungen bis zu sechs Meter ausgelegt. Kunden, die einen noch grö-ßeren Materialeinsatz wünschen, wer-den in der Aktivabteilung fündig, wo das Ende der Fahnenstange erst mit der ME 800K und zweimal 15 Zoll erreicht ist.

Die Historie von ME Geithain ist nicht nur lang, sondern auch wechselhaft. Se-niorchef Joachim Kiesler, bekannt für seine unterhaltsamen, nichtsdestotrotz lehrreichen Fachvorträge auf der Ton-meistertagung, hat das Unternehmen 1960 mit 18 Jahren gegründet und zieht noch heute die Fäden im Hintergrund. Da Privateigentum in der DDR verboten war, mutierte die Firma in den 70ern zu einem volkseigenen Betrieb und war zeitweilig einer der größten Boxenher-steller des Landes. Nach der Wende und diversen Scharmützeln mit der Treuhand lauerten schon die Rundfunkanstalten im Westen und überschütteten den cle-veren Tüftler förmlich mit Aufträgen.Die Sachsen fertigen ihre Chassis zum größten Teil selbst und können deshalb auch ungewöhnliche und komplexe Lö-sungen verwirklichen. In der ME 180 stecken zwei 10 Zoll große Tieftöner mit Membranen aus Polypropylen, dahinter aufwendige und hochlineare Magnet-systeme aus Neodym. Der weitere Auf-bau der 180 ist ebenso unkonventionell wie trickreich. Die bis auf die Staub-schutzkalotte baugleichen Konuschas-

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liegen die Hochtöner übereinander, wes-halb die Abstrahlung vertikal etwas en-ger ausfällt als horizontal. Fußboden und Zimmerdecke erzeugen dadurch weni-ger Reflexionen. Das Abstrahlverhalten ME 180, Profis sprechen in diesem Zusammenhang lieber vom Bünde-lungsmaß, ist so ausgelegt, dass der Klang in drei bis sechs Meter Entfernung sein volles Potential entfaltet.Integraler Bestandteil des Koaxialsys-tems ist eine dreidimensional geformte Abdeckung aus stabilem Lochblech. Da-runter ist ein rund vier Millimeter starker Schaumstoff verlegt, der für die Hoch-töner eine Art Schallwand simuliert und die Mitten, die von der Konusmembran dahinter erzeugt werden, ungehindert passieren lässt. Die Blende lässt sich nicht entfernen, denn ohne ihr Zutun würde das Koaxialsystem nicht perfekt funktionieren. Über Steckbrücken im Anschlussterminal lassen sich zwei in die Frequenzweiche integrierte Orts-filter zuschalten, die bei 200 und 3000 Hertz raumbedingten Klangveränderun-gen entgegenwirken. Dem Wunsch vie-

SPIELWIESE: Das sehr kontaktfreudige Anschlussfeld erlaubt über zwei vergoldete Steckbrücken eine für schwierige räumliche Verhältnisse absolut sinnvolle Möglichkeit zur Klangkorrektur. Die Filter wirken sehr praxisgerecht bei 200 Hertz (Oberbass und Grundton) sowie bei 3000 Hertz (oberer Mitteltonbereich).

ler Käufer entsprechend fertigen die Sachsen die ME 180 in einer riesigen Pa-lette von Farben und Furnieren, auch Sonderausführungen sind möglich.Die Verarbeitung muss sich vor Nobel-produkten anderer Hersteller in keinster Weise verstecken. Viel Sorgfalt steckt zum Beispiel in der farblichen Abstim-mung der Chassiskörbe auf die unmittel-bar anschließende, stets dunkelgraue Gehäuseblende. Trotz unterschied-lichem Untergrund (Aluminiumdruck-guss und MDF) haben die Teile den hun-dertprozentig gleichen Farbton.Dank üppiger Membranfläche und kräf-tiger Antriebe zeigt sich die ME 180 elektrisch wenig anspruchsvoll und ver-langt keine Amps mit überbordender Gegenkopplung. Bereits ein mit 30 Watt an vier Ohm nicht wirklich kräftiger Röh-renvollverstärker wie der CS 55A von Cayin (2000 Euro, Test in AUDIO 12/2013) hatte die sächsische Parade-box faszinierend gut im Griff. Solange sich die Tester mit gehobener Zimmer-lautstärke zufrieden gaben, zeigte die Kombi nicht die geringste Spur von

Die ME 180 zeigt ein sehr ausgewogenes Frequenzgangverhalten auch bei großen Raumwinkeln. Die untere Grenzfrequenz liegt bezogen auf -3 dB bei erstklassigen 27 Hz. Der Maximalpegel erreicht 114 dB bezogen auf 1 m. Die Verzerrungen sind selbst bei 100 dB (Diagramm rechts) im gesamten Messbereich auffallend gering. Sehr hoher Wirkungsgrad, dank Korrektur-filter gutmütige Impedanz. AK=46.

85 dB 90 dB 95 dB 100 dB

20 Hz 50 Hz 100 Hz 200 Hz 500 Hz 1 kHz 2 kHz 5 kHz50 dB

60 dB

70 dB

80 dB

90 dB

100 dB

110 dBMusikelektronik Geithain ME 180 Pegel- & Klirrverlauf

MESSLABOR

sis sind im Bassbereich parallel geschal-tet und werden am untersten Rand des Spektrums von zwei im Sockel versteck-ten Bassreflextunneln unterstützt. Die Doppelbestückung befähigt die ME 180 zu beinahe gemeingefährlichen Maxi-malpegeln, die nach der strengen AU-DIO-Messmethodik bei gewaltigen 114 Dezibel liegen. Der untere Konus wird bei rund 300 Hertz ausgeblendet und überlässt das weite Feld der Mitten sei-nem oberen Kollegen. Dank seines line-aren Schwingsystems soll dieser bis 2 Kilohertz hinauf – ungewöhnlich für ei-nen so großen Treiber – präzise und sig-naltreu arbeiten.Den Hochtonbereich bestreiten drei 25 Millimeter große Metallkalotten, die auf einer Art Bügel leicht zueinander ver-setzt aufgereiht sind. Nach der Montage

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STECKBRIEF

Vertrieb

www.ListenpreisGarantiezeitMaße B x H x TGewichtFurnier/Folie/LackFarben

ArbeitsprinzipienRaumanpassungBesonderheiten

AUDIOGRAMM

Neutralität (2x)Detailtreue (2x)OrtbarkeitRäumlichkeitFeindynamikMaximalpegelBassqualitätBasstiefeVerarbeitung

KLANGURTEILPREIS/LEISTUNG

ME GEITHAINME 180Musikelektronik Geithain GmbH03 43 41 / 31 10me-geithain.de14 000 Euro2 Jahre35,7 x 116,5 x 41,9 cm53 kg• / – / •Esche Schwarz furniert, andere Hölzer und Farben auf Anfrage2,5 Wege, Bassreflex Steckbrücken, 200/3000 HzKoaxialsystem, drei Hochtöner

ÅTonal wie dynamisch sehr ausgewogen, breitbandig und klangrichtig, authentischer Bass, präzise OrtbarkeitÍ –

10510510595100105100105überragend

103 PUNKTESEHR GUT

FAZIT

Müssen erstklassige Boxen stets aus fernen Landen kommen und sündhaft teuer sein? Die ME 180 ist der beste Beweis, dass feinste Nobelprodukte auch hierzulande prächtig gedeihen können. Dass in diesem Fall Membranfläche und Gehäusevolumen üppiger als gewohnt ausfallen, ist für den Klang nur von Vorteil. Durch den hohen Wirkungsgrad genießen Anwender ungewöhnlich große Freiheiten bei der Auswahl eines Verstärkers. Meine Wette: An der erfrischend klangrichtigen und raumgenauen Box werden Sie lange Freude haben.

Wolfram EifertAUDIO-Mitarbeiter

ERSTKLASSIGE TREIBER: Die jeweils 10 Zoll großen Konuschassis nutzen kompakte, dennoch kraftvolle Neodymmagnete, die auf äußerste Linearität getrimmt sind. Der Koax (oben) verfügt über drei Hochtöner.

Faszinierenderweise gingen Korrektheit und Spielfreude bei der Geithain Hand in Hand. Der amerikanische Bassist Kyle Eastwood spielt auf seinem Album „The View From Here“ in bester New-Jazz-Manier einen saftigen, fließenden Kon-trabass, lustvoll unterstützt von Blech-bläsern und Schlagzeug. Das Album muss spektakulär und bassprall klingen – und genau so handhabt es die ME 180. Selbst bei den gemächlicheren Titeln klang die Geithain so energiegeladen und selbstverständlich, dass wir Tester große Mühe hatten, uns nach der unver-meidlichen Rückgabe wieder mit kleine-ren Schallwandlern anzufreunden.

Überforderung. Der Bass kam für Röh-renverhältnisse erstaunlich trocken, die Mitten rein und gehaltvoll, während obenhinaus jene Leichtigkeit herrschte, die Freunde des genussvollen Tons so sehr auf diese Sorte Verstärker abfahren lässt.Doch ebenso gerne ließ sich die Geit-hain von wattstarken Boliden an die Lei-ne nehmen. Mit dem PA 3000 HV von T+A (10000 Euro, AUDIO 4/2013) klang sie nicht ganz so schöngeistig, dafür noch neutraler, während es in Sachen Dynamik so gut wie keine Grenzen mehr gab. Auch wenn die Leistungsanzeigen öfter mal in Richtung Anschlag zuckten, ließ die ME 180 keine Anzeichen der An-strengung erkennen. Selbst die stets natürlichen Klangfarben blieben bis in den äußersten Grenzbereich sta-bil. Wenn eine Box in dieser noch gutbürgerlichen Liga das Attribut „Fels in der Brandung“ verdient, dann ist es die ME 180.Geithain-Entwickler Markus Schmidt hatte bei seinem Besuch ein von Da-vid Chesky komponiertes Ballet namens „The Zephyrtime“ als Hi-Res-Download im Gepäck, das im Stil eines Sinfonieorchersters instru-mentiert jede Kette bis zum äußersten fordert. Mit der ME 180 fühlten sich die Tester in einen akustisch hervorragen-den Konzertsaal versetzt und genossen einen räumlich absolut korrekten und dynamisch unlimitierten Klangeindruck. Auch wer kein Faible für akustische Ins-trumente hat, spürt, dass die Box ext-rem viel richtig macht.

PENIBEL AUSTARIERT: Die aufwendige Weiche mit Trennfrequenzen bei 300 und 2000 Hz ruht direkt hinter dem Terminal.

REFERENZKLANGEMPFEHLUNG

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