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Geldgeschichten der Bibel Ausgewählt und eingeleitet von Dietrich Bauer Deutsche Bibelgesellschaft

Geldgeschichten der Bibel · Und welche Aufgaben und Funktionen hat es? Die Ökonomie bietet uns eine schlichte Definition: Geld ... Die verschiedenen Geldarten zeigen bereits die

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Geldgeschichtender Bibel

Ausgewählt und eingeleitet vonDietrich Bauer

Deutsche Bibelgesellschaft

Bibeltext:Gute Nachricht BibelRevidierte Fassung der Bibel in heutigem DeutschDurchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung© 2000 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Gemeinsame Bibelübersetzungim Auftrag und in Verantwortung von:Deutsche Bibelgesellschaft (Evangelisches Bibelwerk)Katholisches Bibelwerk e.V. StuttgartÖsterreichische BibelgesellschaftÖsterreichisches Katholisches BibelwerkSchweizerische BibelgesellschaftSchweizerisches Katholisches Bibelwerk

ISBN 978-3-438-04806-6

© 2006 Deutsche Bibelgesellschaft, StuttgartLektorat: Christiane Herrlinger, Eva MündleinSatz: Typograffiti Birgit Neumann, NeckartenzlingenEinband: modular, StuttgartTitelabbildung: © stockdisc/getty imagesGesamtherstellung: Ebner & Spiegel, UlmAlle Rechte vorbehalten.Printed in Germany

www.bibelgesellschaft.de

Geld regiert die Welt – Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Reichtum und Wohlstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Reichtum auf Expansionskurs

Abraham und Lot trennen sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18Reich auch ohne Geld

Gott verheißt Abraham reiche Nachkommenschaft . . . 20»Wünsch dir, was du willst«

Wie Salomo reich wird, ohne es zu fordern . . . . . . . . . . 21Wie man eine Königin beeindruckt

Salomo und die Königin von Saba . . . . . . . . . . . . . . . . 23Weisheit führt zu Wohlstand

Das Salomo-Prinzip auf den Punkt gebracht . . . . . . . . 26Gönn dir was!

Vom richtigen Gebrauch des Reichtums . . . . . . . . . . . . 27

Lohn und Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Eine kluge Lohnverhandlung

Jakob kommt zu seinem verdienten Lohn . . . . . . . . . . 30Lohn für ein Wunder?

Die Heilung des Naaman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Teilzeitarbeit bei vollem Lohnausgleich

Die Arbeiter im Weinberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Lohnverzicht eines Predigers

Paulus als Vorbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Erbschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Kluge Erbvorbereitungen

Abrahams Besitzverwalter sucht eine Frau fürden Sohn Isaak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Kein Respekt vor altem ErbeNabots Weinberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Vererben statt frühzeitiger SchenkungSirach rät zu Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Verprasstes ErbeDer verlorene Sohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Sparen, Kapitalanlage, Zukunftsvorsorge . . . . . . . . . . . . . 62Traumhafte Zukunftsvorsorge

Josef rettet Ägypten vor einer Hungersnot . . . . . . . . . . 63Der Tempel als Vorläufer einer Bank

Der Tempelschatz wird bewahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Biblische Investmentberatung

Das Gleichnis vom anvertrauten Geld . . . . . . . . . . . . . 75Investieren ohne Risikostreuung

Der versteckte Schatz und die Perle . . . . . . . . . . . . . . . 78Keine Verluste hinnehmen

Das verlorene Geldstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Ein Aufruf zur nachhaltigen Vorsorge

Das Gleichnis von den Brautjungfern . . . . . . . . . . . . . . 80Urchristliche Rentenversicherung

Soziale Absicherung in der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . 82Der Sparwut ein Ende

Gegen die Sorge um Reichtum undLebenssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Ohne Reiseschecks und DevisenDie Aussendung der zwölf Jünger . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Steuern, Zölle, Abgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Mit einer Steuererhebung fängt alles an

Jesus wird in Betlehem geboren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Allgemeine Steuerpflicht?

Die Frage nach der Steuer für den Kaiser . . . . . . . . . . . 91

Inhalt

Zahlt eure Steuern und Zölle!Weisungen für das Verhalten gegenüberstaatlichen Organen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Finanzierung aus ungewöhnlicher QuelleWie Jesus die Tempelsteuer zahlt . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Reicher Zolldirektor betreibt WiedergutmachungJesus und Zachäus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Spenden und Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Ein bemerkenswertes Fundraising

Die kluge Regel des Zehnten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Spenden mit links

Die richtige Haltung beim Spenden . . . . . . . . . . . . . . . 105Opfergeld unwillkommen?

Jesus im Tempel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .106Kleine Spende – großes Opfer

Das Opfer der Witwe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107Ein kluges Spendenmanagement

Über die Spendensammlung für Jerusalem . . . . . . . . .108Geschwisterliches Teilen

Die Praxis der ersten Christen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Insolvenz und Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Raus aus der Schuldenfalle

Schuldenerlass in jedem 7. Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116Menschenwürdige Regeln für Verschuldete

Das Verbot der Schuldsklaverei und dasZinsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Ein Prophet bewahrt vor dem BankrottElischa und die arme Witwe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Inhalt

Vorsicht bei BürgschaftenWarnungen aus den Sprichwörtern . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Leitlinien für finanzielle HilfenSirachs Finanzberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Schuldenerlass macht beliebtDie Klugheit eines untreuen Verwalters . . . . . . . . . . . .126

Schuldner und Gläubiger zugleichDas Gleichnis vom hartherzigen Verwalter . . . . . . . . . . 128

Vom Geld verführt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130Der falsche Glanz des Goldes

Der Tanz um das Goldene Kalb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131Wenn Silber wichtiger ist als Liebe

Delila verrät Simson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135Bestechungsaffäre Judas

Judas verrät Jesus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140Reich auf Kosten anderer

Skrupellose Jagd nach Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . 147Korruption in der Führungsetage

Micha droht bestechlichen Propheten undPriestern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .148

Wer den Pfennig nicht ehrt ...Der Umgang mit dem leidigen Geld . . . . . . . . . . . . . . 150

»Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr ...«Die Gefahr des Reichtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Fragwürdige GeldquelleGewinnsucht bei Predigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Unterschlagung mit TodesfolgeHananias und Saphira belügen den Heiligen Geist . . . 155

Inhalt

Durch Reichtum voll und ganz gesichert? . . . . . . . . . . . . . 157Bau nicht auf Reichtum!

Kohelets Sicht der Dinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158Vom Winde verweht

Ijob über die Vergänglichkeit des Reichtums . . . . . . . . . 161Endzeitlicher Börsencrash

Ezechiëls Ankündigung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . 163Aus reich wird arm

Gottes Umkehr der Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Trügerische Lebensversicherung

Timotheus’ Mahnung an die Reichen . . . . . . . . . . . . .168Der bittere Lohn eines reichen Mannes

Der reiche Mann und der arme Lazarus . . . . . . . . . . . .169Ein Plädoyer gegen Reichtum

Die Maßstäbe der christlichen Gemeinde . . . . . . . . . . . 171

Wichtiger als alles Geld – Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Inhalt

Geld regiert die Welt

Vorwort

»Geld regiert die Welt« – wie oft wird dieses Sprichwortzitiert! Meist ist ein resignativer Unterton dabei kaum zuvermeiden. Fast nichts in dieser Welt läuft ohne Geld. Obin unserem eigenen Leben oder auf der großen Welt-bühne: Irgendwie dreht sich immer alles um Geld undGut, um Vermögen und Besitz. Wir verbringen viel Zeitdamit, uns Gedanken ums Geld zu machen: Wo kaufe icham günstigsten ein? Warum verdient meine Schwestermehr als ich? Kann ich mir ein neues Auto leisten? Sinddie Benzinpreise schon wieder gestiegen? Wie lege ichmein Geld am besten an? ... Wir werden auch an diesesWort erinnert, wenn Wirtschaftsführer wieder einmalnicht satt werden und sich ihre Vergütungen kräftig erhö-hen lassen. Oder wenn Politiker gegen Gesetze, die sieselbst erlassen haben, verstoßen und zum eigenen Vorteiloder zu Gunsten der Partei Gelder verschieben. BeimGeld scheint die Moral aufzuhören. Und dass es denCharakter verdirbt, wissen wir schon längst.In einer Fülle von geflügelten Worten haben die Menschenvon jeher ihre Alltagserfahrungen mit dem lieben Geld auf 11

den Punkt gebracht. So kann Margarethe in GoethesFaust ausrufen: »Nach Golde drängt, am Golde hängtdoch alles!« – eine frühe und etwas elegantere Versionunseres Eingangszitats. Dabei hat das Geld immer auchetwas Anrüchiges und sollte mit Diskretion behandeltwerden: »Über Geld spricht man nicht, man hat es.«Etwas anders hat dies der Kaiser Vespasian gesehen mitseinem berühmten Ausspruch: »Pecunia non olet« –Geld stinkt nicht. Die Bibel berichtet im Buch Exodus vomsprichwörtlich gewordenen »Tanz um das goldene Kalb«(2 Mose/Exodus 32) und der Prediger Salomo erkannteschon vor über 2000 Jahren die Gefahren des Reichtums:»Wer Geld liebt, wird vom Geld niemals satt« (Prediger5,9). Auch »Geiz ist die Wurzel allen Übels« (nach 1 Ti-motheus 6,10) und »Geben ist seliger denn Nehmen«(Apostelgeschichte 20,35) sind zu stehenden Redewen-dungen geworden.Mehr als viele wissenschaftliche Bücher über Geld undFinanzwirtschaft bringen diese Sprichwörter unsere Le-benswirklichkeit zum Ausdruck. Das Geld regiert unsereWelt und unsere Gedanken – doch was ist Geld eigent-lich? Und welche Aufgaben und Funktionen hat es?Die Ökonomie bietet uns eine schlichte Definition: Geldist alles, womit man bezahlen kann. Dazu gehören natür-lich die gewohnten Geldscheine (Noten) und Münzen. ImAltertum bezahlte man mit einem wichtigen Gut, z.B. mitTieren, Edelsteinen, Edelmetallen (geprägt oder unge-prägt), gelegentlich auch mit Menschen. Das so genannte

Vorwort

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Warengeld hat eine besonders lange Tradition. Heutzu-tage kennen wir modernere Formen: So rückt neben demPlastikgeld (Kreditkarte, Geldkarte etc.) das elektronischeGeld immer mehr in den Vordergrund – ganz entspre-chend dem virtuellen Zeitalter.Die verschiedenen Geldarten zeigen bereits die verschie-denen Funktionen, die das Geld übernehmen kann. Dieerste klassische Funktion des Geldes war die Tauschfunk-tion. Im Altertum bezahlte man nicht mit Geldscheinen,sondern indem man Waren gegen andere Waren ein-tauschte. Die zweite Funktion entwickelte sich mit demÜbergang von der Tauschwirtschaft zur Handelswirt-schaft: die Zahlungsfunktion. Das – meist geprägte –Geld diente als Recheneinheit, war also die Währung ei-nes Landes. Diese Funktion besteht bis heute. Mit demFortschreiten der nationalen Ökonomie kam zunehmendein Drittes zur Geltung: die Wertaufbewahrung in Formvon Geld. Geld kann gespart und gehortet werden, ohnedass es verfault oder verrottet. Anders als die Kamele imOrient hat es eine zeitlich unbefristete Existenz. Geldstirbt nicht.Wenn wir landläufig von »Geld« reden, dann meinen wiraber noch viel mehr. Wir denken zugleich auch an Ver-mögen und Besitz, an unser Hab und Gut. Geld stehtnicht nur für Münzen und Scheine, sondern für fast allemateriellen Güter. Doch nicht nur für das. Der Engländersagt treffend: time is money – Zeit ist Geld – und deutetdamit an, dass es auch noch eine ganz andere Art von

Geld regiert die Welt

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Reichtum gibt. Zeit ist ein immaterielles Gut, das kost-bar und dennoch nicht mit Geld zu bezahlen ist. Es sindgerade diese unbezahlbaren Güter, die das Leben reichmachen. Neben der Zeit sind das z. B. wichtige Men-schen – Familie, Partner, Freunde –, unsere Gesundheit,unser Lebensraum, die Schöpfung, aber auch unsere Be-ziehung zu Gott. Mit Münzen hat dieser Reichtum nichtszu tun. Wir bekommen ihn geschenkt – ohne Vorleistungund Bezahlung. Zu den immateriellen Gütern zählenschließlich auch Wissen und Bildung, ein heutzutage un-geheuer wichtiger Besitz.Diese Bandbreite, die sich hinter dem schlichten Wört-chen »Geld« verbirgt, spielt eine Rolle, wenn wir nachGeldgeschichten in der Bibel fragen. Wir können ge-spannt sein, was die Bibel über die Jahrhunderte ihrer Ent-stehung zum Thema »Geld« zu sagen hat. Dabei ist»Geld« auch für die Bibel ein sehr weiter Begriff. Der»Mammon« (von Martin Luther so übersetzt) umfasstalles Hab und Gut, alles Vermögen und allen Besitz.Es fällt auf, dass es in der Bibel von geflügelten Worten,die unseren Umgang mit Geld und Gut, mit Vermögenund Zeit beschreiben, nur so wimmelt. Das Alte Testa-ment überliefert eine Fülle bewegender Geschichten, diesich (auch) ums Finanzielle drehen. Welch einen Reich-tum finden wir da bei den Menschen, auf denen der SegenGottes ruht! Zugleich aber erzählen warnende Stimmenvon dem Fluch, der auf diesem Reichtum liegen kann.Denn Geld befindet sich immer in Händen von Men-

Vorwort

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schen, die vom Geldrausch in eine abgründige Tiefe ge-rissen werden können. Im Neuen Testament finden wirunzählige Ratschläge, Appelle, Warnungen und seelsor-gerliche Hinweise zu unserem Finanzmanagement. Jesusredet vordergründig sogar viel mehr über Geldangelegen-heiten als über Himmel und Hölle! Er knüpft damit direktan die Lebenswirklichkeit seiner Zuhörer an. Und er siehteinen besonderen Aufklärungsbedarf für einen Gott wohl-gefälligen Umgang mit dem Geld – und der ist heute mitSicherheit nicht kleiner geworden.Wir haben deshalb eine spannende Forschungsreisedurch die Bibel vor uns. Wenn wir in den bunten Reigenihrer Geschichten eintreten, werden wir schnell merken,dass die Bibel oft mitten in unsere vom Geld regierteLebenswirklichkeit hineinspricht – so als würde sie per-sönlich zu uns reden und unseren Umgang mit dem Geldauf den Prüfstand stellen.

Geld regiert die Welt

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Reichtumund Wohlstand

Wer von uns will nicht auch reich sein! Reich sein bedeu-tet für uns meist, mehr zu haben als der Nachbar oderKollege. Reich sein heißt, ein gut gefülltes Konto zu besit-zen und ein ordentliches Wertpapierdepot zusammen miteinem Häuschen, und dass die täglichen oder auch ein-mal ausgefallenen Wünsche in Erfüllung gehen. In diesemTraum wiegen sich unzählige Zeitgenossen, wenn sie zweiMal in der Woche dem Millionengewinn im Lotto ent-gegenfiebern. Man hofft auf den Jackpot. Reichtum ver-spricht ein sorgloses, glückliches Leben. Das haben unsschon die Märchen in unserer Kindheit eingeprägt.Reich waren früher die oberen Zehntausend, also überviele Jahrhunderte hinweg die Könige und Herrscher.Nachdem uns die Massenmedien einen Blick hinter dieGartenmauern dieser Reichen gewähren, haben wir eineVorstellung davon bekommen und Geschmack darangefunden. Bei diesem Reichtum denken wir fast aus-schließlich an das liebe Geld: im Geld schwimmen, inSekt baden!Reichtum hat aber noch ganz andere Aspekte. Er gehtzum einen oft mit Macht und Einfluss einher (von der da-16

mit verbundenen Verantwortung einmal ganz zu schwei-gen). Zum anderen galt bereits im Altertum eine großeund glückliche Familie als unschätzbarer Reichtum. VieleKinder und Kindeskinder zu haben – ein Reichtum, aufden heute viele sogar freiwillig verzichten. Einen ganz be-sonderen Reichtum stellten schließlich schon damalsWissen, Bildung und Weisheit dar.Ludwig Ehrhardt, der Vater der sozialen Marktwirtschaftund Begründer unseres Wirtschaftswunders nach demZweiten Weltkrieg, prägte den Slogan »Wohlstand füralle«. Er wollte nach einem verlorenen Krieg und der Ver-nichtung aller wirtschaftlichen Güter das deutsche Volkzum Wohlstand führen. Alle sollten genug zum Lebenhaben. Dass dies bis heute nicht für alle zur Wirklichkeitgeworden ist, lehrt uns unsere Armutsstatistik.Doch zu allen Zeiten konnten Menschen unglaublichreich sein – wir sagen gerne »stinkreich«. (Dieser Aus-druck geht übrigens auf ein Wort mit gerade gegenteiligerBedeutung zurück: Pecunia non olet – Geld stinkt nicht.Damit begründete Kaiser Vespasian vor etwa 2000 Jahrendie Einführung einer Toilettensteuer.) Stinkreich könnenwir uns gut vorstellen. Dafür liefert die Regenbogenpressegenügend Anschauungsmaterial. Aber dass ein derartigerReichtum und Wohlstand auch noch von Gott gewollt,von ihm geschenkt sein könnte, ist kaum mehr denkbar.Doch gerade hierfür liefert uns das Alte Testament glän-zende Beispiele. Reichtum ist im Alten Testament meistein untrügliches Zeichen für Gottes Segen.

Abraham und Lot trennen sich

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Jeder kennt Menschen, die sehr reich sind – wenn auchnur vom Bildschirm oder aus der Zeitung. Ich denke da aneinen Unternehmer, der in seinem Großbetrieb ständiginvestiert und dadurch neue Arbeitsplätze schafft. Er kamin den letzten Jahrzehnten zu beachtlichem Reichtum undWohlstand, den er in großer Bescheidenheit ganz ausGottes Hand nahm.Im Alten Testament ist Reichtum oft mit dem SegenGottes verbunden. Wessen Herde wächst und gedeiht,wer eine zahlreiche Kinderschar hat, wer über viel Landverfügt, wem es also rundum gut geht – auf dem ruht derSegen Gottes. Ganz am Anfang der Geschichte Israels be-gegnen wir der Urgestalt des von Gott Gesegneten: demErzvater Abraham. Gott ist mit ihm in allem, was er tut,und beschenkt ihn mit großem Reichtum. Andere Famili-enmitglieder stehen ebenfalls unter diesem Segen: So hatauch Abrahams Neffe Lot einen beträchtlichen Besitz vor-zuweisen. Da das Land für ihre Herden nicht mehr aus-reicht, müssen sie sich trennen. Lesen Sie die Geschichteeiner gelungenen Unternehmensausgliederung und einerglücklichen Erbteilung. (1 Mose/Genesis 13,1-12)

A bram kehrte mit seiner Frau und seinem ganzen Be-

sitz an Tieren und Menschen in den südlichsten Teil

des Landes Kanaan zurück. Auch sein Neffe Lot begleitete

Reichtum und Wohlstand

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Reichtum auf ExpansionskursAbraham und Lot trennen sich

ihn. Von dort zog er von Lagerplatz zu Lagerplatz bis zu der

Stelle zwischen Bet-El und Ai, wo er zuerst seine Zelte auf-

geschlagen hatte. Das war auch der Ort, an dem er den

Altar gebaut hatte. Dort rief er im Gebet den Namen des

HERRN an.

Abram war sehr reich. Er besaß große Viehherden und viel

Silber und Gold. Auch Lot, der mit ihm zog, hatte viele

Schafe, Ziegen und Rinder und viele Zelte, in denen seine

Hirten mit ihren Familien lebten. Das Weideland reichte

nicht aus für die Viehherden der beiden; sie konnten auf

die Dauer nicht zusammenbleiben. Es gab immer Streit

zwischen den Hirten Abrams und den Hirten Lots. Außer-

dem wohnten damals noch die Kanaaniter und die Perisi-

ter im Land.

Da sagte Abram zu seinem Neffen: »Es soll doch kein Streit

zwischen uns sein, auch nicht zwischen unseren Hirten.

Wir sind doch Brüder! Das Beste ist, wir trennen uns. Das

ganze Land steht dir offen: Du kannst nach Norden gehen,

dann gehe ich nach Süden; du kannst auch nach Süden

gehen, dann gehe ich nach Norden.« Lot schaute sich nach

allen Seiten um. Er sah, dass es in der Jordanebene reich-

lich Wasser gab. Bevor der HERR Sodom und Gomorra zer-

störte, war es dort wie im Garten Gottes oder wie am Nil in

Ägypten – bis hinab nach Zoar. Deshalb entschied sich Lot

für die Jordangegend und zog nach Osten.

So trennten sich die beiden: Abram blieb im Land Kanaan,

Lot ging ins Gebiet der Jordanstädte und kam im Lauf der

Zeit mit seinen Zelten bis nach Sodom.

Abraham und Lot trennen sich

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Ungewollt kinderlos zu sein ist eine schwere Bürde undkann die Betroffenen in Verzweiflung und Depressionenstürzen. Kein materieller Reichtum kann hier helfen, dennKinder kann man nicht erkaufen.Das Alte Testament erzählt auffallend viele Geschichtenvon Frauen, die – zusammen mit ihren Männern –unter ihrer Kinderlosigkeit leiden. Keine Kinder bekom-men zu können bedeutet in der Bibel, dass Gott seinenSegen abgewendet hat. So auch für die Erzeltern Saraund Abraham. Beide sind schon alt und haben die Hoff-nung auf eigene Kinder längst aufgegeben. Doch gegenalle biologischen Gesetzmäßigkeiten verheißt Gott Abra-ham eine riesige Nachkommenschaft und macht ihn soungeheuer reich, ganz ohne Geld … (1 Mose/Genesis15,1-6)

E inige Zeit danach erging das Wort des HERRN an

Abram, und er empfing eine Offenbarung. Der HERR

sagte zu ihm: »Hab keine Angst, Abram, ich bin dein

Schutz! Du sollst reich belohnt werden.«

»Herr, mein Gott«, erwiderte Abram, »womit willst du mich

denn belohnen? Ich sterbe ohne Kinder, und meinen Be-

sitz erbt Eliëser aus Damaskus.« Weiter sagte Abram: »Sieh

doch, du hast mir keine Kinder gegeben, und mein eigener

Sklave wird mich beerben!« Da erging an Abram das Wort

Reichtum und Wohlstand

20

Reich auch ohne GeldGott verheißt Abraham reiche Nachkommenschaft

des HERRN: »Nein, nicht Eliëser wird dich beerben! Du wirst

einen Sohn bekommen; der soll dein Erbe sein.« Und der

HERR führte Abram aus dem Zelt und sagte: »Sieh hinauf zu

den Sternen am Himmel! Kannst du sie zählen? So unzähl-

bar werden deine Nachkommen sein.« Abram glaubte der

Zusage des HERRN, und der HERR rechnete ihm dies als

Beweis der Treue an.

Wer hat in seiner Kindheit nicht von der Glücksfee ge-träumt, die in so vielen Märchen auftrat! Immer hatteman mindestens einen Wunsch frei, manchmal sogardrei. An diesem Traum hat sich auch in den späteren Jah-ren nichts geändert: Wenn ich einen Wunsch frei hätte,dann ... So fiebern heute viele bei den Millionenspielen imFernsehen dem großen Gewinn entgegen. Was würdenwir wählen, wenn wir einen Wunsch frei hätten? Ein eige-nes Haus? Die Traumreise? Die Genesung von schwererKrankheit? Im Geld zu schwimmen – davon träumen ver-mutlich die allermeisten.Wie gerne würden wir mit dem König Salomo, Sohn vonKönig David, tauschen, der sich unversehens mit der Auf-forderung konfrontiert sieht: »Wünsch dir, was du willst!«So redet nicht etwa die Glücksfee, sondern Gott zu ihm ineinem nächtlichen Traum. Und die Antwort Salomos

Wie Salomo reich wird, ohne es zu fordern

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»Wünsch dir, was du willst«Wie Salomo reich wird, ohne es zu fordern

Sparen, Kapitalanlage,Zukunftsvorsorge

Haus, Geld, Vorsorge – so umreißt die Werbung unsereHoffnung auf eine finanziell abgesicherte Zukunft. DieBanken buhlen um unser Erspartes und suggerieren uns,bei ihnen bekämen wir die maßgeschneiderte, gleicher-maßen sichere wie rentable Geldanlage.Damit treffen sie den Nerv dessen, was viele im Innerstenbewegt. Unser mühsam erworbenes Kapital soll Zinsenund Dividenden abwerfen, es soll sich vermehren, vonselbst weiter wachsen, damit wir uns das eine oder andereExtra leisten können oder den Ersatz für das zur völlig fal-schen Zeit zusammengebrochene Auto. Das entstandeneKapital soll für die Ausbildung der Kinder reichen oder un-seren Lebensstandard im Alter sichern. Wie das alles tat-sächlich zu erreichen ist, bleibt die große Frage. Soll ich inAktien investieren? Oder in Fremdwährungen? Ist eineLebensversicherung das Richtige? Ein Bausparvertrag?Oder die Riesterrente? Wem gebe ich mein Vertrauen –und damit mein Geld?In biblischen Zeiten waren die angebotenen Produktezwar nicht die gleichen, trotzdem aber ist überraschendhäufig von solchen Geldangelegenheiten die Rede. Be-62

reits der Tempel übernahm mit seinem Tempelschatz dieAufgaben einer heutigen Sparkasse. Die frühen Christenkümmerten sich um ein Rentensystem für Witwen undWaisen. Und auch sonst im Neuen Testament finden wirzahlreiche Beispiele zu den Themen Sparen, Investierenund Vorsorgen. Im Munde Jesu allerdings werden dieseDinge meist zu Sinnbildern für ein Investieren in Unver-gängliches, nämlich das Reich Gottes. Dass Jesus seineBotschaft aber ausgerechnet in Gleichnissen aus derFinanzwelt verpackt, zeigt, wie gut er die Menschenkennt: Für uns wird das Interesse an Geld und Gut immerwieder zur »Hauptsache«.

So sehr wir auch versuchen zu planen, uns abzusichern,Weichen zu stellen – es kann immer auch anders kom-men. Die Zukunft ist nie ganz kalkulierbar und vorherseh-bar, überraschende Wendungen werfen unsere so sorgfäl-tig ausgeklügelten Pläne immer wieder über den Haufen.Wer träumt nicht davon, ein klares Bild über die kom-menden Jahre zu erhalten, zu wissen, was an Gutem oderSchlechtem auf einen zukommt. Wie anders und gezielterkönnten wir uns dann für schwierigere Zeiten wappnen,die uns oft unverhofft überfallen! Die folgende Erzählungberichtet von Josef, dem Sohn des Jakob, der auf unge-

Josef rettet Ägypten vor einer Hungersnot

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Traumhafte ZukunftsvorsorgeJosef rettet Ägypten vor einer Hungersnot

wöhnlichem Weg Einblick in das zukünftige SchicksalÄgyptens erhält. Unverzüglich organisiert er mit großemGeschick eine weitsichtige und nachhaltige Vorratspolitikim internationalen Maßstab. Ein Vorbild in Sachen Zu-kunftsvorsorge! (1 Mose/Genesis 41)

Der Pharao hatte einen Traum. In dem Traum stand er

am Ufer des Nils, und er sah: Aus dem Nil stiegen

sieben schöne, wohlgenährte Kühe und weideten in dem

Gras, das am Ufer wuchs. Danach sah er sieben andere

Kühe aus dem Nil steigen, hässlich und mager, die stellten

sich neben sie. Und die mageren Kühe fielen über die fet-

ten her und fraßen sie auf.

Der Pharao wachte auf und schlief noch einmal ein. Wie-

der hatte er einen Traum, und er sah: Auf einem einzigen

Halm wuchsen sieben dicke, volle Ähren. Nach ihnen

wuchsen sieben andere Ähren auf, die blieben kümmer-

lich und waren vom Ostwind ausgedörrt. Und die küm-

merlichen Ähren verschlangen die sieben dicken, vollen

Ähren.

Da erwachte der Pharao und merkte, dass es ein Traum ge-

wesen war. Am Morgen war er sehr beunruhigt und ließ

alle Gelehrten und Wahrsager Ägyptens rufen. Er erzählte

ihnen, was er geträumt hatte, aber keiner von ihnen

konnte ihm sagen, was es bedeuten sollte. Da wandte sich

der oberste Mundschenk an den Pharao und sagte: »Ich

muss den Pharao heute an meine früheren Verfehlungen

erinnern. Mein Herr, der Pharao, war unzufrieden mit sei-

Sparen, Kapitalanlage, Zukunftsvorsorge

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nen Dienern, mit mir und mit dem obersten Bäcker, und

ließ uns im Haus des Befehlshabers der Leibwache gefan-

gen halten. Dort hatte einmal jeder von uns beiden einen

Traum, der für ihn wichtig war, in derselben Nacht. Nun

hatten wir im Gefängnis als Diener einen jungen Hebräer,

einen Sklaven des Befehlshabers der Leibwache; dem er-

zählten wir unsere Träume, und er erklärte jedem, was sein

Traum bedeutete. Und es ist alles genauso eingetroffen,

wie er es vorausgesagt hatte: Ich wurde wieder in mein Amt

eingesetzt und der andere wurde gehängt.«

Sofort sandte der Pharao nach Josef und sie holten ihn aus

dem Kerker. Er ließ sich die Haare schneiden, zog seine

guten Kleider an und trat vor den Pharao. Der sagte zu ihm:

»Ich habe etwas geträumt, und niemand kann mir sagen,

was es bedeutet. Man hat mir gesagt, dass du jeden Traum

auf der Stelle deuten kannst.«

»Nicht ich!«, erwiderte Josef. »Die Antwort kommt von

Gott, und er wird dem Pharao bestimmt etwas Gutes an-

kündigen.«

Da erzählte der Pharao: »In meinem Traum stand ich am

Nil und sah sieben schöne, wohlgenährte Kühe aus dem

Wasser steigen und im Ufergras weiden. Und dann stiegen

sieben andere Kühe heraus, ganz elend und bis auf die

Knochen abgemagert; ich habe in ganz Ägypten noch nie

so hässliche gesehen. Die mageren Kühe fraßen die fetten;

aber es half ihnen nichts, sie blieben so dürr und hässlich

wie zuvor. Da wachte ich auf. Dann hatte ich einen zweiten

Traum: Ich sah, wie auf einem einzigen Halm sieben

Josef rettet Ägypten vor einer Hungersnot

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prächtige, volle Ähren wuchsen. Danach sah ich sieben

schwache, kümmerliche Ähren aufwachsen, ganz vom

Ostwind ausgedörrt. Und die kümmerlichen Ähren ver-

schlangen die sieben vollen. Ich habe es schon den Wahr-

sagern erzählt«, schloss der Pharao, »aber keiner konnte

mir sagen, was es bedeutet.«

Da antwortete Josef: »Gott hat dem Pharao im Traum ge-

zeigt, was er vorhat. Beide Träume bedeuten dasselbe; es

ist eigentlich ein einziger Traum. Die sieben fetten Kühe

und die sieben prächtigen Ähren bedeuten sieben frucht-

bare Jahre. Die sieben mageren, hässlichen Kühe und die

sieben kümmerlichen, vertrockneten Ähren bedeuten

ebenso viele Hungerjahre. Ich habe es schon gesagt: Damit

will Gott dem Pharao ankündigen, was er in Kürze gesche-

hen lässt. In den nächsten sieben Jahren wird in ganz

Ägypten Überfluss herrschen. Aber dann kommen sieben

Hungerjahre, da wird es mit dem Überfluss vorbei sein;

man wird nichts mehr davon merken, und drückende

Hungersnot wird im Land herrschen.

Dass der Pharao zweimal das Gleiche geträumt hat, bedeu-

tet: Gott ist fest entschlossen, seinen Plan unverzüglich

auszuführen. Darum rate ich dem Pharao, einen klugen,

einsichtigen Mann zu suchen und ihm Vollmacht über

ganz Ägypten zu geben. Der Pharao sollte in den kommen-

den guten Jahren den fünften Teil der Ernte als Abgabe er-

heben. Er sollte dafür Beamte einsetzen, die unter der Auf-

sicht des Pharaos das Getreide in den Städten sammeln

und speichern. Dann ist ein Vorrat da für die sieben

Sparen, Kapitalanlage, Zukunftsvorsorge

66

schlechten Jahre, und das Volk im ganzen Land Ägypten

wird nicht vor Hunger zugrunde gehen.«

Der Pharao fand den Vorschlag gut, und alle seine Berater

ebenso. Er sagte zu den Beratern: »In diesem Mann ist der

Geist Gottes. So einen finden wir nicht noch einmal.«

Zu Josef sagte er: »Gott hat dir dies alles enthüllt. Daran er-

kenne ich, dass keiner so klug und einsichtig ist wie du. Du

sollst mein Stellvertreter sein und mein ganzes Volk soll

deinen Anordnungen gehorchen. Nur die Königswürde

will ich dir voraushaben. Ich gebe dir die Vollmacht über

ganz Ägypten.«

Mit diesen Worten zog er seinen Siegelring vom Finger und

steckte ihn Josef an. Dann ließ er ihn in feinstes Leinen klei-

den und legte ihm eine goldene Halskette um. Er ließ ihn

den Wagen besteigen, der für den Stellvertreter des Königs

bestimmt war, und die Läufer, die vor ihm her den Weg

bahnten, riefen den Leuten zu: »Abrek! Aus dem Weg!«

So machte der Pharao Josef zum Herrn über ganz Ägypten.

»Ich bin und bleibe der Pharao«, sagte er zu ihm, »aber

ohne deine Erlaubnis darf niemand im ganzen Land auch

nur die Hand oder den Fuß bewegen.« Er verlieh Josef den

Namen Zafenat-Paneach und gab ihm Asenat, die Tochter

des Priesters Potifera von On, zur Frau. So wurde Josef Herr

über ganz Ägypten. Er war 30 Jahre alt, als er vor dem

Pharao, dem König von Ägypten, stand.

Josef bereiste sofort das ganze Land. Es begannen jetzt die

sieben fruchtbaren Jahre und die Felder brachten einen

überreichen Ertrag. Josef ließ während dieser Jahre alles

Josef rettet Ägypten vor einer Hungersnot

67

Getreide, das geerntet wurde, in die Städte bringen, in jede

Stadt den Ertrag der Felder, die in ihrer Umgebung lagen.

In den Speichern häufte sich das Getreide wie der Sand am

Meer. Josef musste schließlich darauf verzichten, es ab-

messen zu lassen, weil es jedes Maß überstieg.

Noch ehe die Hungerjahre begannen, gebar Asenat dem

Josef zwei Söhne. »Gott hat mich alle Not und den Verlust

meiner Familie vergessen lassen«, sagte er und nannte den

Erstgeborenen Manasse. Den zweiten nannte er Efraïm,

denn er sagte: »Gott hat mir im Land meines Unglücks

Kinder geschenkt.«

Als die sieben reichen Jahre vorüber waren, brachen die

Hungerjahre an, genau wie Josef es vorausgesagt hatte. In

allen Ländern rings um Ägypten herrschte Hungersnot,

nur in Ägypten gab es Vorräte. Aber auch dort hungerten

die Menschen und verlangten vom Pharao Brot. Da ließ der

Pharao im ganzen Land verkünden: »Wenn ihr Brot wollt,

dann wendet euch an Josef und tut, was er euch sagt.«

Die Not wurde immer drückender. Josef ließ alle Kornspei-

cher öffnen und verkaufte den Ägyptern Getreide. Denn

die Hungersnot war drückend im ganzen Land und ebenso

in allen anderen Ländern. Deshalb kamen Leute aus aller

Welt nach Ägypten zu Josef, um Getreide zu kaufen; denn

überall herrschte Hungersnot.

Sparen, Kapitalanlage, Zukunftsvorsorge

68

Hermann Schulze-Delitzsch (1808–1883) und FriedrichWilhelm Raiffeisen (1818–1888) sind nicht die Erfinderdes Bankwesens. Dafür aber hatten beide eine genialeIdee der Hilfe zur Selbsthilfe: Einer für alle, alle für einen.Sie sind Gründer des Genossenschaftswesens für dieLandwirtschaft und für das Handwerk. Die neue Bankor-ganisation, die wir heute als Genossenschafts-, Volks- undRaiffeisenbank kennen, ist wichtiger Geschäftspartner fürHandel, Handwerk, Mittelstand, freie Berufe, Kirchen undgemeinnützige Institutionen. Das Geld der kleinen Leutewird treuhänderisch verwaltet und Kredite werden verant-wortungsvoll ausgegeben.Dieselbe Rolle hatte in Jerusalem im 2. Jahrhundert v.Chr.der Tempel. Witwen und Waisen hatten ihre Ersparnisseim Tempel hinterlegt. Diese Depositen wurden treu ver-waltet, ebenso die Gelder vermögender Bürger. Unser Textberichtet von einem Verwaltungsangestellten, der auspersönlichen Rachegelüsten gegen den Obersten Priester– sozusagen den Bankdirektor – den König auf die Ideebringt, dieses Geld für seine eigenen Zwecke zu konfiszie-ren. Die Panik im Volk dürfte etwa der Situation amSchwarzen Freitag der Weltwirtschaftskrise vergleichbargewesen sein. Doch der geldgierige König hat seine Rech-nung ohne den Wirt, oder besser gesagt ohne den gött-lichen Bankvorstand gemacht: Gott ist sich nicht zu

Der Tempelschatz wird bewahrt

69

Der Tempel als Vorläufer einer BankDer Tempelschatz wird bewahrt

wusst, dass es wichtigere Werte im Leben gibt als ein ge-fülltes Bankkonto. Am Ende der Zeit wird Gott sogar fürausgleichende Gerechtigkeit sorgen, indem er die Verhält-nisse zwischen Arm und Reich umkehrt.

»Vanity Fair« wurde als Roman in der Mitte des 19. Jahr-hunderts begeistert aufgenommen. Wir können es als»Jahrmarkt der Eitelkeiten und der Vergeblichkeit« über-setzen. Wir alle spielen meisterhaft ein Schauspiel eitler,vergeblicher und letztlich unnützer Geschäfte. Ein bittererWitz meint, dass wir in der ersten Lebenshälfte unsereganze Gesundheit dafür investieren, viel Geld zu erwer-ben, aber in der zweiten Lebenshälfte das gesamte Geldwieder verbrauchen, um unsere Gesundheit zu erhaltenund wiederherzustellen. Hier sind wir ständig Akteure aufdem Jahrmarkt eitler Geschäftigkeit.»Vergeblich und vergänglich! Alles ist vergeblicheMühe!«, so sagt es auch Kohelet (auch Prediger genannt),ein Weisheitslehrer und Philosoph, der im 3. Jahrhundertv.Chr. lebte und das nach ihm benannte Buch im AltenTestament verfasst hat. Gerade das Geld, in das wir oft soviel Hoffnung setzen, bietet uns keine Absicherung für un-ser Leben. Im Gegenteil: Entweder es zerrinnt uns zwi-schen den Fingern oder es macht uns unersättlich und

Durch Reichtum voll und ganz gesichert?

158

Bau nicht auf Reichtum!Kohelets Sicht der Dinge

ständig unzufrieden. Am Lebensende muss ohnehin jederfeststellen, dass er sein Geld nicht »mitnehmen« kann.Statt auf Reichtum und Besitz sollte man deshalb eher aufWissen und Erfahrung bauen. Kohelets Buch bietet exis-tenzielle Lebensweisheiten und kluge Ratschläge für einzum Ziel führendes Lebensmanagement. (Kohelet/Predi-ger 5,9–6,9; 7,11-14)

Wer am Geld hängt, bekommt nie genug davon. Wer

Reichtum liebt, will immer noch mehr. Auch hier

gilt: Alles vergeblich! Je reicher jemand wird, desto mehr

Leute wollen von seinem Reichtum leben. Welchen Nutzen

hat er am Ende davon? Nur das Nachsehen. Wer hart arbei-

tet, schläft gut, ob er viel oder wenig gegessen hat. Der

reiche Faulenzer dagegen wälzt sich schlaflos im Bett, weil

ihn der Magen drückt. Noch eine böse Sache habe ich be-

obachtet: dass einer, der seinen Reichtum ängstlich hütet,

dennoch ins Elend gerät. Ein einziges schlechtes Geschäft

und schon ist alles verloren! Wenn der Mann einen Sohn

hat, kann er ihm nichts mehr vererben. Und überhaupt:

Nackt, wie der Mensch auf die Welt gekommen ist, muss er

wieder von ihr gehen. Von allem, was er hier angehäuft hat,

kann er nicht einmal eine Hand voll mitnehmen. Das ist

doch eine ganz üble Sache: Der Mensch muss gehen, wie er

gekommen ist; für nichts und wieder nichts hat er sich ab-

geplagt. Sein Leben lang hat er sich nichts gegönnt und

sich mit Ärger, Sorgen und Krankheit herumgeschlagen.

Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass wir Menschen

Kohelets Sicht der Dinge

159

in dem kurzen Leben, das Gott uns zugemessen hat, nichts

Besseres tun können als essen und trinken und es uns wohl

sein lassen bei aller Mühe, die wir haben. So hat Gott es für

uns bestimmt. Wenn Gott einen Menschen reich und

wohlhabend werden lässt und ihm erlaubt, seinen Teil da-

von zu genießen und sich am Ertrag seiner Mühe zu

freuen, dann ist das ein Gottesgeschenk! Die Freude lässt

ihn nicht mehr daran denken, wie kurz sein Leben ist.

Etwas Schlimmes habe ich in dieser Welt gesehen, das

schwer zu ertragen ist: Da ist jemand, den hat Gott zu

Reichtum, Besitz und Ansehen kommen lassen; er hat

alles, was ein Mensch sich wünschen kann. Aber Gott er-

laubt ihm nicht, es zu genießen; irgendein Unbekannter

wird sich ein gutes Leben damit machen. Auch hier gilt:

Vergeblich! Das ist ganz unerträglich! Mag einer auch hun-

dert Kinder haben und ein hohes Alter erreichen – was hat

er davon, wenn er nicht sein Leben genießen kann und am

Ende nicht einmal ein anständiges Begräbnis bekommt?

Ich sage: Eine Fehlgeburt hat es besser als er! Denn: »Als ein

Nichts kommt sie, in die Nacht geht sie, namenlos und ver-

gessen. Das Sonnenlicht sieht sie nicht, was Leben ist, weiß

sie nicht; doch Ruhe hat sie gefunden.« Jedenfalls mehr

Ruhe als der andere, der nichts von seinem Leben hat, und

wenn er zweitausend Jahre alt würde! Am Ende kommen

alle an den gleichen Ort.

Der Mensch müht sich ständig ab, um sich satt essen zu

können. Was hilft’s, er wird doch immer wieder hungrig!

Darin geht es den Weisen nicht besser als den Unwissen-

Durch Reichtum voll und ganz gesichert?

160

den. Und was nützt es den Armen, wenn sie etwas wissen?

Wissen macht nicht satt! Gib dich zufrieden mit dem, was

du hast, und verlange nicht nach allen möglichen anderen

Dingen; denn das ist vergebliche Mühe und Jagd nach

Wind.

Wissen und Erfahrung sind ebenso viel wert wie Besitz, ja,

sie werfen sogar noch Gewinn ab. Sie geben genauso viel

Sicherheit wie das Geld und sie bringen noch mehr: Sie er-

halten ihren Besitzer am Leben.

Aber vergiss nicht, dass es bei allem auf Gottes Tun an-

kommt. Wer kann gerade biegen, was er krumm gemacht

hat? Freu dich, wenn du einen Glückstag hast. Und wenn

du einen Unglückstag hast, dann denke daran: Gott schickt

dir beide, und du weißt nicht, was als Nächstes kommt.

Einer, der die Flüchtigkeit seines Reichtums bitter ameigenen Leibe erfahren hat, ist Ijob (Hiob). Obwohl ergottesfürchtig und gerecht ist, wird er von Gott in extre-mer Weise auf die Probe gestellt. Alles wird ihm genom-men, sein stattliches Vermögen in Form von großen Tier-herden und auch all sein anderer Reichtum: seine Familieund seine Gesundheit. Ijobs Kommentar zu diesen Ver-lusten ist weltberühmt: »Der Herr hat gegeben und der

Ijob über die Vergänglichkeit des Reichtums

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Vom Winde verwehtIjob über die Vergänglichkeit des Reichtums