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1 Genehmigungsbescheid Auf den Antrag der Nord Stream AG, Grafenauweg 2, 6304 Zug, Schweiz, vertreten durch Dr. Dirk von Ameln und Matthias Warnig, vom 7. November 2006 wird gemäß § 133 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesberggesetzes (BBergG) vom 13. August 1980, zuletzt geändert durch Artikel 15a des Gesetzes vom 31.07.2009 (BGBl. I S.2585), die Errichtung und der Betrieb von zwei parallelen Erdgashochdruckrohrleitungen mit einem Durchmesser von jeweils ca. 1450 mm für den Bereich des deutschen Festlandsockels der Ostsee genehmigt. 1 Grundlage bzw. Bestandteil der Genehmigung sind die Antragsunterlagen einschließlich „Technischer Erläuterungsbericht (Kartenanhang, Studienanhang)“, Umweltverträglichkeitsstudie (Karten- und Gutachtenanhang), FFH- Verträglichkeitsuntersuchung (Kartenanhang), und die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 12. Dezember 2008 sowie die nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einzureichenden Unterlagen und Nachweise. Die Koordinaten der Anfangs- und Endpunkte der Trasse im Bereich des deutschen Festlandsockels lauten: 14°30'00.4''E 054°36'35.7''N (örtlicher Anfangspunkt der Nord-West-Pipeline am Grenzpunkt zum dänischen Festlandsockel) 14°03'14.5''E 054°30'23.0“N (örtlicher Endpunkt der Nord-West-Pipeline am Grenzpunkt zum deutschen Küstenmeer) 14°30'04.8''E 054°36'33.2''N (örtlicher Anfangspunkt der Süd-Ost-Pipeline am Grenzpunkt zum dänischen Festlandsockel) 14°03'15.8''E 054°30'19.6''N (örtlicher Endpunkt der Süd-Ost-Pipeline am Grenzpunkt zum deutschen Küstenmeer) Der Verlauf der Trasse ist auf der Karte, Anhang 1, dargestellt. Änderungen sind dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) unverzüglich mitzuteilen, bzw. bei mehr als nur unwesentlichen Änderungen rechtzeitig vorab zur Genehmigung vorzulegen. 2 Von dieser Genehmigung darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn die nach § 133 Abs. 1 Nr. 1 BBergG erforderliche Genehmigung des Bergamtes Stralsund vorliegt. Die Genehmigung beinhaltet nicht die anderweitig für den Bereich des Festlandsockels oder des Küstenmeeres zur Realisierung des Projektes erforderlichen Genehmigungen. 3 Untersuchungen des Meeresbodens, die bspw. der Baugrunduntersuchung dienen, sind rechtzeitig gemäß § 132 BBergG zu beantragen.

Genehmigungsbescheid - BSH · PDF file14°03'14.5''E 054°30'23.0“N (örtlicher Endpunkt der Nord-West-Pipeline am Grenzpunkt zum deutschen Küstenmeer) 14°30'04.8''E 054°36'33.2''N

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Genehmigungsbescheid

Auf den Antrag der Nord Stream AG, Grafenauweg 2, 6304 Zug, Schweiz, vertreten durchDr. Dirk von Ameln und Matthias Warnig, vom 7. November 2006 wird gemäß § 133 Abs. 1Nr. 2 des Bundesberggesetzes (BBergG) vom 13. August 1980, zuletzt geändert durchArtikel 15a des Gesetzes vom 31.07.2009 (BGBl. I S.2585), die Errichtung und der Betriebvon zwei parallelen Erdgashochdruckrohrleitungen mit einem Durchmesser von jeweils ca.1450 mm für den Bereich des deutschen Festlandsockels der Ostsee genehmigt.

1 Grundlage bzw. Bestandteil der Genehmigung sind die Antragsunterlageneinschließlich „Technischer Erläuterungsbericht (Kartenanhang, Studienanhang)“,Umweltverträglichkeitsstudie (Karten- und Gutachtenanhang), FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (Kartenanhang), und die spezielle artenschutzrechtlichePrüfung vom 12. Dezember 2008 sowie die nach Maßgabe der folgendenBestimmungen einzureichenden Unterlagen und Nachweise.

Die Koordinaten der Anfangs- und Endpunkte der Trasse im Bereich des deutschenFestlandsockels lauten:

14°30'00.4''E 054°36'35.7''N (örtlicher Anfangspunkt der Nord-West-Pipeline amGrenzpunkt zum dänischen Festlandsockel)14°03'14.5''E 054°30'23.0“N (örtlicher Endpunkt der Nord-West-Pipeline amGrenzpunkt zum deutschen Küstenmeer)

14°30'04.8''E 054°36'33.2''N (örtlicher Anfangspunkt der Süd-Ost-Pipeline amGrenzpunkt zum dänischen Festlandsockel)14°03'15.8''E 054°30'19.6''N (örtlicher Endpunkt der Süd-Ost-Pipeline amGrenzpunkt zum deutschen Küstenmeer)

Der Verlauf der Trasse ist auf der Karte, Anhang 1, dargestellt.

Änderungen sind dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)unverzüglich mitzuteilen, bzw. bei mehr als nur unwesentlichen Änderungenrechtzeitig vorab zur Genehmigung vorzulegen.

2 Von dieser Genehmigung darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn die nach § 133Abs. 1 Nr. 1 BBergG erforderliche Genehmigung des Bergamtes Stralsund vorliegt.Die Genehmigung beinhaltet nicht die anderweitig für den Bereich desFestlandsockels oder des Küstenmeeres zur Realisierung des Projekteserforderlichen Genehmigungen.

3 Untersuchungen des Meeresbodens, die bspw. der Baugrunduntersuchung dienen,sind rechtzeitig gemäß § 132 BBergG zu beantragen.

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4 Die Genehmigung erlischt, wenn nicht bis zum 31.12.2011 mit den Arbeiten zurErrichtung der ersten, bzw. bis zum 31.12.2014 der zweiten Rohrleitung begonnenwird. Eine Verlängerung ist möglich, soweit dies unter Beifügung der erforderlichenUnterlagen rechtzeitig, mindestens 2 Monate vor Ablauf dieser Frist bei dem BSHbeantragt wird.

Verlegung

5 Bei der Durchführung der Verlegearbeiten hat die Genehmigungsinhaberin die anerkannten Regeln der Technik zu beachten und die im Bauwesen erforderliche

Sorgfalt anzuwenden. Die Rohrleitungen sind - soweit technisch möglich - bündig aufdem Meeresboden abzulegen. Der Regelabstand zwischen den beiden Rohrleitungenbeträgt 100 m soweit nicht bautechnische, geologische oder morphologischeNotwendigkeiten bzw. die Wahrung berechtigter Belange in Teilbereichen etwasanderes erfordern.

6 Die Verlegung ist mittels DGPS-Datenaufnahme zu dokumentieren.Im Bereich des deutschen Festlandsockels sind generell alle Positionsangaben ingeographischen Koordinaten nach WGS 84 anzugeben.

7 Mindestens jedoch zwei Monate vor Beginn der Verlegearbeiten für die ersteRohrleitung und mindestens 6 Monate vor Beginn der Verlegearbeiten für die zweiteRohrleitung ist dem BSH ein Bauablaufplan zu übermitteln, der konkrete undverbindliche Angaben zu folgenden Punkten enthält:

• Bauzeitenplan unter Angabe der geplanten Zeiten und jeweiligen Dauer dergeplanten Arbeiten sowie der entsprechenden Arbeitspositionen.

• Name, Rufzeichen und Nationalität des Rohrverlegeschiffes sowie der jeweilseingesetzten Arbeitsfahrzeuge und -geräte.

• Namen, Anschrift sowie fernmündliche Kontaktmöglichkeit der nach Ziffer 12bestellten verantwortlichen Person für die Bauphase.

8 Der Beginn, die Beendigung, jede signifikante Unterbrechung und dieWiederaufnahme der Verlegearbeiten sind

- dem Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund

- dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Hamburg

- der Verkehrszentrale Warnemünde, Wolgast Traffic über UKW-Kanal 09oder Telefon

- Stralsund Traffic über UKW-Kanal 73 undoder Telefon

- dem Seewarndienst Emden

zu melden.

9 Täglich jeweils um 06.00 UTC sowie unverzüglich bei besonderen Vorkommnissen istdie Abgabe eines schriftlichen Lageberichtes mit folgendem Inhalt vorzunehmen:

• Name und Rufzeichen der beteiligten Arbeitsfahrzeuge, aktuelle Position,voraussichtlicher Weg in den kommenden 24 Stunden bzw.

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• Name und Rufzeichen der beteiligten Arbeitsfahrzeuge, aktuelle Position, Artdes besonderen Vorkommnisses (Störungen, Verzögerungen, Unfälle etc.)

10 Die tatsächlichen Längen und Positionen der verlegten Rohrleitungen sinddem BSH während der Verlegearbeiten täglich in geographischen Koordinaten (WGS84) per Telefax zu melden.

11 Die zeitlichen Bauphasen der geplanten Verlegearbeiten im militärischenÜbungsgebiet sind dem Flottenkommando in Glücksburg (Artillerieschießgebiet„Pommersche Bucht“) bzw. der Systemsteuerzentrale der Luftwaffe in Kalkar(Übungsschießgebiete ED-D 47A und ED-D 47B) so früh wie möglich mitzuteilen,spätestens jedoch vor Übergabe des nach Ziffer 7 vorzulegenden Bauablaufplans.

Mindestens 3 Tage vor Einfahrt in das jeweilige Gebiet sind folgende Dienststellen zuinformieren:

- Ansprechstelle Systemsteuerzentrale der Luftwaffe(SSZ COSA) Kalkar

- Flottenkommando(DO EXAS) in Glücksburg

- Außerhalb der Dienstzeiten:Flottenkommando-Duty Cdr

Kurzfristige Änderungen im Ablauf sind der Luftwaffe und dem Flottenkommandoumgehend mitzuteilen.

12 Die im Tenor genannten verantwortlichen Personen stellen die für die Errichtungverantwortlichen Personen im Sinne von § 58 Abs. 1 Nr. 1 BBergG dar, benennendem BSH die bestellten Personen nach § 58 Abs. 1 Nr.2 BBergG für die Bau- undBetriebsphase spätestens 2 Wochen vor Beginn der Errichtung und teilenÄnderungen und Ergänzungen jeweils unverzüglich schriftlich mit.

Wird die Ausübungsberechtigung dieser Genehmigung rechtsgeschäftlich auf einenDritten übertragen, ist dies dem BSH unverzüglich in einer gemeinsamen Erklärungdes bisherigen und des nachfolgenden Rechteinhabers unter Benennung der neuenverantwortlichen Person gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 BBergG mitzuteilen. Bis zumEingang dieser Erklärung bleibt die bisherige Rechtsinhaberin berechtigt undverpflichtet. Privatrechtliche Rechtsverhältnisse bleiben durch diese Regelungunberührt.

13 Die für die Bauphase benannte(n) verantwortliche(n) Person(en) hat/haben sicher zu stellen, dass die geregelten Ausrüstungs-, Verhaltens- und Meldeverpflichtungen unverzüglich und vollständig erfüllt werden.

14 Die Kennzeichnung aller beteiligten Arbeitsfahrzeuge und -geräte sowie derenVerkehrsverhalten müssen den internationalen Kollisionsverhütungsregelnentsprechen.

14.1 Die Beleuchtung von Bauarbeiten bei Dunkelheit oder unsichtigem Wetter istmöglichst emissionsarm auszugestalten. Maßnahmen zur Minderung vonunvermeidlichen Lichtemissionen sind nach Möglichkeit zu treffen. Hierüber erstellt

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die Genehmigungsinhaberin einen Ausführungsplan, der mindestens 2 Wochen vorBeginn der Baumaßnahme bei dem BSH vorzulegen ist.

14.2 Die Verkehrssicherung ist von der Genehmigungsinhaberin mit eigenen Fahrzeugen durchzuführen.

14.3 Während des gesamten Verlegevorgangs sind durchgängig mindestens zweiVerkehrssicherungsfahrzeuge (VSF) bereit zu stellen, die ständig vor Ort sind,ausschließlich zum Zwecke der Verkehrssicherung eingesetzt werden und einepermanente Beobachtung des Schiffsverkehrs (optisch und mittels Radar/AIS)durchführen.

14.4 Die VSFe haben folgende Merkmale aufzuweisen:

• Besetzung mit geeignetem nautischen Personal (nautische Patentinhaber nachSTCW 95, Regel II/2).

• Ausrüstung mit mindestens zwei durchschaltbaren UKW-Sprechfunkgeräten,einem Grenzwellensprechfunkgerät und mit zwei Radargeräten, von denenmindestens eines mit ARPA-Funktion ausgestattet sein muss.

• Die Funktionsfähigkeit der Geräte ist durch Wartungsnachweise (nicht älter als 12Monate) einer vom BSH anerkannten Servicestelle nachzuweisen.

• Ausrüstung mit AIS: Die Darstellung der empfangenen AIS-Signale hat bordseitigauf Basis einer elektronischen Seekarte und in Verbindung mit einemRadarsichtgerät zu erfolgen.

• Ausrüstung mit einem vom BSH zugelassenen Radartransponder (X-Band und S-Band).

• Geschwindigkeit von mindestens 15 kn.

14.5 Während der Arbeiten ist auf allen eingesetzten Fahrzeugen eine permanenteHörbereitschaft auf UKW Kanal 16, DSC-Kanal 70 und auf den internationalenNotfrequenzen 2.187,5 kHz sicherzustellen.

14.6 Auf den international vorgeschriebenen Frequenzen sind in folgenden Fällen vomVSF Sicherheitsmeldungen (Inhalt: Position und Kurs der Verlegeeinheit,erforderlicher Sicherheitsabstand, Störungen, besondere Vorkommnisse, etc.)auszustrahlen:

• Bei Annäherung anderer Fahrzeuge an die Verlegeeinheit/Baustelle auf wenigerals 3 sm, wenn durch deren Kurse eine gefährliche Annäherung nichtauszuschließen ist.

• In anderen Fällen, wenn bei sachgerechter Beurteilung der Lage ein Bedarferkennbar ist.

14.7 Bei gefährlicher Annäherung anderer Fahrzeuge bzw. wenn die sachgerechteBeurteilung der Lage dies erfordert, sind durch das VSF weitere verkehrssicherndeMaßnahmen durchzuführen. Soweit zweckdienlich, sind einzelne Verkehrsteilnehmergezielt anzusprechen und auf eine sichere Passiermöglichkeit hinzuweisen. Soweiterforderlich, sind der Morsebuchstabe "U" mit der Morselampe zu geben und/oderweiße Leuchtsignale abzuschießen sowie unter sorgfältiger Berücksichtigung dergegebenen Umstände und Bedingungen alle Maßnahmen zu treffen, die nachSeemannsbrauch zum Abwenden unmittelbarer Gefahr notwendig sind. DieVerkehrszentralen sind über die Durchführung diesbezüglicher Maßnahmenunverzüglich zu unterrichten.

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15 Schäden an Schifffahrtszeichen oder -anlagen oder alle sonstigen Vorkommnisse, diein Zusammenhang mit den Verlegearbeiten verursacht werden, sind unverzüglich derVerkehrszentrale Warnemünde und dem Seewarndienst Emden zu melden.

16 Werden die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs durch auf derWasseroberfläche oder in der Wassersäule treibende oder auf den Meeresgrundgesunkene Teile (z.B. Ankertonnen, Arbeitsgeräte, Materialien etc.), die derSachherrschaft des Unternehmers unterliegen, beeinträchtigt oder gefährdet, so hatdie für die Bauphase benannte verantwortliche Person unverzüglich Maßnahmen zurOrtung und Bergung/Beseitigung der Gegenstände einzuleiten. Soweit eine Bergungnicht möglich ist, sind diese Gegenstände behelfsmäßig zu kennzeichnen. DasMaritime Lagezentrum in Cuxhaven und das BSH sind unverzüglich unter Angabevon Uhrzeit und geographischen Koordinaten zu informieren. Der Nachweis derBeseitigung ist gegenüber dem BSH zu führen.

17 Jede Verunreinigung des Meeres durch Öl oder andere Stoffe, die zu schädlichenVeränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheitdes Meereswassers führen kann, hat zu unterbleiben. Insbesondere dürfenÖlrückstände der Maschinenanlage, Fäkalien, Verpackungen, Abfälle sowieAbwässer nicht in das Meer eingeleitet werden. Tritt eine Verunreinigung ein, so istdiese unverzüglich unter Angabe von Uhrzeit und geographischen Koordinaten aufkürzestem Übermittlungswege

dem Maritimen Lagezentrum in Cuxhaven

und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie,

zu melden.

17.1 Es dürfen keine Arbeitsgeräte, Trossen oder andere Gegenstände in das Meergelangen und auf dem Meeresgrund zurückgelassen werden. Nach Abschluss derVerlegung hat die Antragstellerin gegenüber dem Bundesamt für Seeschifffahrt undHydrographie den Nachweis über die Reinheit des Meeresbodens im Bereich derBaustelle durch geeignete Maßnahmen (z.B. Videoaufnahmen/Side Scan Sonar-Aufnahmen) zu erbringen.

17.2 Bei den Verlegearbeiten zu Tage kommende Gegenstände (Netze, Ladungsresteetc.) sind zu dokumentieren und ggf. zu sichern. Die Dokumentation ist nachAbschluss der Verlegung dem BSH zu übermitteln. Soweit sich nach der Art desaufgefundenen Objektes Hinweise darauf ergeben, dass das Objekt Gefährdungenhervorrufen könnte, ist dies dem Maritimen Lagezentrum und dem BSH unterAngabe von Uhrzeit und geographischen Koordinaten unverzüglich zu melden.

17.3 Vor Beginn der Verlegearbeiten hat die Genehmigungsinhaberin ein Konzept zurKampfmittelsuche im Bereich der Ankerpositionen vorzulegen. Werden während derVerlegearbeiten kampfmittelverdächtige Gegenstände oder Munition aufgefunden, istdie Arbeit an der Fundstelle und der unmittelbaren Umgebung sofort einzustellen unddas BSH sowie der Munitionsbergungsdienst Mecklenburg-Vorpommern (Landesamtfür zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand– und Katastrophenschutz M-V)zu benachrichtigen.

18. Die Anker der Verlegebarge sind so zu positionieren, dass eine Beeinträchtigung desGeschiebemergel-Restsediment-Bereichs weitestgehend vermieden wird. Hierzu istdem BSH rechtzeitig vor Beginn der Verlegearbeiten ein Plan zur Positionierung derAnker vorzulegen.

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19 Die genaue Position (Kilometrierung) der Rohrleitungen ist einzumessen. NachFertigstellung der Anlagen ist dem BSH ein Baubestandsplan vorzulegen, der dieendgültigen Koordinaten sämtlicher errichteten baulichen Anlagen enthält. DerBaubestandsplan muss die geographischen Koordinaten der Trasse enthalten und istdem BSH unverzüglich schriftlich und in digitaler Form (ASCII-Format) vorzulegen.

20. Die Genehmigungsinhaberin hat dem BSH bzw. den von ihr beauftragtenVollzugskräften während der gesamten Bauphase Zutritt zu allen beteiligtenArbeitsfahrzeugen zu gewähren und ggf. geeignete Transportmittel zur Verfügung zustellen.

Betrieb

21 Die Rohrleitungen dürfen jeweils erst dann in Betrieb genommen werden, wenn dieordnungsgemäße Lage der verlegten Rohrleitung(en) nachgewiesen ist und derBaubestandsplan dem BSH vorliegt.

21.1 Die geographische Lage und der äußere Zustand der Rohrleitungen sind dem BSH inden ersten vier Betriebsjahren jährlich durch jeweils mindestens eine Überprüfung("Survey"), die möglichst im Frühjahr stattfinden soll, nachzuweisen. UnterLagegesichtspunkten kritische Bereiche der Rohrleitungen (“Freespans“) sind aufVerlangen des BSH innerhalb eines Jahres mehrfach zu überprüfen. Das zurAnwendung vorgesehene Ortungsverfahren hat dem Stand der Technik zuentsprechen und ist in vorheriger Abstimmung mit dem BSH festzulegen.

21.2 Die Ergebnisse der vorgeschriebenen Überprüfungen sind dem BSH spätestens achtMonate nach der Aufnahme schriftlich auf Datenträgern mit geographischenKoordinaten in WGS 84 und den jeweiligen Kilometerpunkten vorzulegen. Im Falleder Bildung von Freespans hat die Genehmigungsinhaberin im Einvernehmen mitdem BSH sowie dem Bergamt Stralsund ggf. geeignete Maßnahmen zurWiederherstellung des auflagenkonformen Zustands im Bereich des betroffenenRohrleitungsabschnitts vorzunehmen. Das zur Stabilisierung der Rohrleitungenverwendete Material soll den natürlich in der Ostsee vorkommenden Materialien(Naturstein) entsprechen.

21.3 Der zur Dokumentation der Überprüfung jährlich vorzulegende Statusreport wird ineiner jährlichen Dienstbesprechung der Genehmigungsinhaberin, dem BergamtStralsund sowie dem BSH behandelt. Art und Umfang von erforderlichenÜberwachungsmaßnahmen für die darauf folgenden Jahre werden anhand dererzielten Ergebnisse einzelfallbezogen – ggf. in Änderung von Ziffer 20.1 Satz 1sowie in Fortschreibung der Überprüfungsintervalle - festgelegt.

21.4 Wesentliche Veränderungen der Lage und wesentliche Beschädigungen an denRohrleitungen sind dem BSH unverzüglich anzuzeigen.

Monitoring der Meeresumwelt

22 Ein Monitoring ist während der Bau- und Betriebsphase durchzuführen. DieUntersuchungen im Hinblick auf Auswirkungen auf die Meeresumwelt sind inAbstimmung mit dem BSH durchzuführen. Die mit der Umweltverträglichkeitsstudieeingereichten Ergebnisse sind in die Darstellung und Bewertung der Ergebnisse derMonitoringuntersuchungen einzubeziehen.

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22.1 Als Grundlage für das Monitoring stellt der Genehmigungsinhaber spätestens zweiMonate vor Errichtung der ersten Rohrleitung die Daten der Basisaufnahme samtMetainformation in einem mit dem BSH abgestimmten Datenformat zur Verfügung.

22.2 Rechtzeitig, spätestens zwei Monate, vor Beginn der Errichtung der erstenRohrleitung ist ein vorhabensspezifisches Monitoringkonzept für die Bau- undBetriebsphase der Leitung einschließlich der Koordinaten der Untersuchungsbereicheund Positionen für Untersuchungsgeräte und Beprobungsstellen für die Bau- undBetriebsphase zur Prüfung und Freigabe vorzulegen.

22.3 Der Untersuchungsrahmen zur Überwachung der Auswirkungen auf dieMeeresumwelt in der Errichtungs- und Betriebsphase wird rechtzeitig vor Baubeginnvon dem BSH festgelegt.

22.4 Die Genehmigungsinhaberin stellt die Daten aus dem Monitoring der Bau- undBetriebsphase samt Metainformation in einem mit dem BSH abgestimmtenDatenformat zur Verfügung.

22.5 Während der Verlegungsarbeiten hat die Genehmigungsinhaberin Zwischenberichtezu den Ergebnissen der Untersuchungen zu erstellen und dem BSH vorzulegen.Nach Fertigstellung der Anlagen sind zu den Ergebnissen der UntersuchungenFachgutachten und ein Abschlussbericht zu erstellen, die dem BSH vorzulegen sind.

22.6 Zwei Monate vor Beginn der Verlegearbeiten ist eine Schallprognose für dieVerlegearbeiten vorzulegen. Vor Baubeginn und während der Verlegearbeiten sindHintergrundschallmessungen und Messungen der projektspezifischenSchallimmissionen durchzuführen. Falls nach den Ergebnissen der Schallprognoseoder der baubegleitenden Messungen Minderungsmaßnahmen erforderlich sind, istein entsprechendes Konzept mit der Genehmigungsbehördeabzustimmen.

22.7 Die Habitatnutzung durch Schweinswale in der Bauphase ist durch akustischeErfassung zu untersuchen. Die Untersuchungen mittels akustischer Detektoren, sogenannten PODs, sind auch nach Beendigung der Verlegearbeiten für einen Zeitraumvon zwölf Monaten weiterzuführen.

22.8 Die Entscheidung über die Anordnung weiterer von dem BSH für erforderlichgehaltener Untersuchungen, insbesondere Änderungen des Untersuchungsrahmens,bleiben vorbehalten.

Wartung/ Reparaturen

23 Die Genehmigung umfasst nicht den Einsatz von Geräten und Anlagen für Wartungs-und Reparaturzwecke. Wartungs- und Reparaturarbeiten dürfen nur nach vorherigerAbsprache mit dem BSH und dem Bergamt Stralsund durchgeführt werden. Sie sindrechtzeitig – mindestens jedoch 2 Wochen vor Durchführung – schriftlich anzuzeigenund zu koordinieren. Weitergehende Anordnungen durch die Genehmigungsbehördezur Ausgestaltung etwaigen stationären Baustellenbetriebs bleiben ausdrücklichvorbehalten.

Außerbetriebnahme, Rückbau, Entscheidungsvorbehalt

24 Jede vorübergehende und die endgültige Außerbetriebnahme einer oder beiderRohrleitungen ist unverzüglich der Genehmigungsbehörde anzuzeigen. Beabsichtigtder Inhaber der Genehmigung, die Rohrleitung/en nach Außerbetriebnahme nicht

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zurück zu bauen, muss er die von ihm geplanten Maßnahmen zur Stillegung, bzw. dieVoraussetzungen einer etwaigen Wiederinbetriebnahme schriftlich derGenehmigungsbehörde unverzüglich darlegen. Eine Entscheidung über Art undUmfang eines etwaigen Rückbaus einer oder beider Rohrleitungen nachAußerbetriebnahme bleibt einem gesonderten Verfahren vorbehalten.

Schlussbestimmungen

25 Anordnungen zum Rückbau der Rohrleitungen nach Aufgabe des Betriebes bleibenvorbehalten.

26 Die Genehmigungsinhaberin hat das BSH vor Beginn der Verlegearbeiten über dasVorliegen der erforderlichen Genehmigungen der Länder Dänemark, Schweden,Finnland und Russland zu unterrichten. Die Pipelines dürfen nicht in Betriebgenommen werden, bevor nicht alle jeweils erforderlichen Genehmigungen für beideRohrleitungen vorliegen.

27 Der nachträgliche Erlass weiterer oder die Änderung und/oder Ergänzungbestehender Nebenbestimmungen bleibt – insbesondere für ggf. erforderlichwerdende Regelungen der Errichtung und des Betriebs der zweiten Rohrleitung –vorbehalten, wenn sie für den Unternehmer und fürRohrleitungen vergleichbarer Art wirtschaftlich vertretbar und nach den allgemeinanerkannten Regeln der Technik erfüllbar sind.

28 Ein späteres Verfahren über eine ggf. erforderliche Änderung und Ergänzung desBescheides hinsichtlich der Verlegung – bspw. die Tieferlegung der Rohrleitungen aufeiner Länge von 2,8 nautischen Meilen - bleibt vorbehalten.

29 Vor Inbetriebnahme der ersten Rohrleitung hat der Vorhabensträger mit derBundesrepublik Deutschland – vertreten durch das Bundesministerium derVerteidigung – eine Haftungsverteilungsvereinbarung für eventuelle Schäden durchden regelmäßigen und richtlinienkonformen Übungsbetrieb der Bundeswehr imArtillerieschießgebiet "Pommersche Bucht" der Marine sowie in denÜbungsschießgebieten ED-D 47 A und ED-D 47 B der Luftwaffe abzuschließen unddem BSH vorzulegen.

30 Die Genehmigung berührt nicht anderweitig bestehende Rechtsvorschriften undentbindet nicht von der Beachtung derjenigen Vorsichtsmaßregeln, die durch diejeweiligen besonderen Umständen geboten sind.

Sofortige Vollziehbarkeit

Auf Antrag der Nord Stream AG vom 12. Dezember 2008 wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4VwGO die sofortige Vollziehbarkeit dieser Genehmigung angeordnet.

Kostenentscheidung

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung der Kostenergeht gesondert und wird vorbehalten.

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Inhaltsverzeichnis

BEGRÜNDUNG: 11

I. VORHABENSBESCHREIBUNG, VERFAHRENSVERLAUF 11

II. ZUSTÄNDIGKEIT 18

III. TATBESTÄNDE DES § 133 ABS. 2 BBERGG 18

III.1. Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen oder Sachgütern 18III.2. Beeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen 20

III.2.1 Schifffahrt 20III.2.2 Luftfahrt 23III.2.3 Fischerei 23III.2.4 Ozeanographische und wissenschaftliche Forschungen 25III.2.5 Militärische Belange 26III.2.6 Erfordernisse der Raumordnung 28III.2.5 Versorgungssicherheit 29III.2.6 Meeresumwelt 30

III.2.6.1 Varianten 30III.2.6.2 Schutzgutbezogene Darstellung des Vorhabensgebietes und etwaigervorhabensbedingter Auswirkungen 31

III.2.6.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen 31Die speziellen Schutzgüter 31III.2.6.2.2 Boden (Sediment) 32III.2.6.2.3 Wasser 33III.2.6.2.4 Luft/Klima 33III.2.6.2.5 Landschaft 33III.2.6.2.6 Kulturgüter 34III.2.6.2.7 Mensch 34III.2.6.2.8 Vegetation 34III.2.6.2.9 Benthoslebensgemeinschaft (Biotoptypen und Benthos) 34III.2.6.2.10 Fische 37III.2.6.2.11 Marine Säuger 38III.2.6.2.12 Avifauna 41

III.2.6.3. Bewertung des Vorhabens sowie der möglichen Auswirkungen des Vorhabens 46III.2.6.3.1 Boden 46III.2.6.3.2 Wasser 47III.2.6.3.3 Luft/Klima 48III.2.6.3.4 Landschaft 48III.2.6.3.5 Kulturgüter 48III.2.6.3.6 Mensch 49III.2.6.3.7 Vegetation 49III.2.6.3.8 Benthoslebensgemeinschaft 49III.2.6.3.9 Fische 52III.2.6.3.10 Marine Säuger 58III.2.6.3.11 Avifauna 65

III.2.6.4 Betrachtung grenzüberschreitender Auswirkungen 71III.2.6.5. Ergebnis der UVP 75

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III.3. SONSTIGE BELANGE 75

III.3.1 Windenergie 75III.3.2 Kabel- und Rohrleitungseigentümer bzw. -betreiber 76

IV. BEGRÜNDUNG NEBENBESTIMMUNGEN 77

V. BEGRÜNDUNG DER ANORDNUNG DER SOFORTIGEN VOLLZIEHUNG 85

VI. BEGRÜNDUNG DER KOSTENENTSCHEIDUNG 86RECHTSMITTELBELEHRUNG 87

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Begründung:

I. Vorhabensbeschreibung, Verfahrensverlauf

Die Antragsstellerin, die Nord Stream AG, reichte am 7.11.2006 insgesamt drei Anträge aufGenehmigung der Errichtung und des Betriebes zweier Erdgashochdruckleitungen bei denzuständigen Behörden ein. Beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)beantragte die Antragstellerin die Genehmigung hinsichtlich der Ordnung der Nutzung undBenutzung der Gewässer über dem Festlandsockel und des Luftraumes über diesenGewässern (§ 133 Abs. 1 Nr. 2 BBergG). Das Bergamt Stralsund führt parallel dasGenehmigungsverfahren hinsichtlich der bergrechtlichen Genehmigung im deutschenFestlandsockel (§ 133 Abs. 1 Nr. 1 BBergG) und das Planfeststellungsverfahren imdeutschen Küstenmeer gemäß § 43 EnWG durch.

Die ca. 1220 km lange Nord Stream Pipeline beginnt in Vyborg, nordwestlich von SanktPetersburg, und endet nahe Lubmin östlich von Greifswald. Von Vyborg soll diePipelinetrasse westwärts durch den Golf von Finnland annähernd parallel zur Grenze derausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) von Finnland und Estland verlaufen, dannsüdwärts schwenken und in die AWZ von Schweden eintreten. Innerhalb der schwedischenAWZ verläuft die Pipelinetrasse östlich der schwedischen Insel Gotland parallel zur Grenzeder lettischen AWZ. Sie schwenkt dann in südwestliche Richtung und verläuft südlich um diedänische Insel Bornholm herum, um dann südöstlich des „Adlergrunds“ die Grenze zumdeutschen Festlandsockel zu passieren. Auf dem deutschen Festlandsockel verläuft dieTrasse in südwestlicher Richtung gerade bis zur 12 sm-Grenze und von dort insüdsüdwestlicher Richtung bis zum Anlandepunkt in Lubmin (siehe die Karten in Anhang 1und 2).

Das Vorhaben „Nord Stream“ besteht aus zwei parallelen Leitungen („Nord-West-Pipeline“und „Süd-Ost-Pipeline“). Aus den Antragsunterlagen ergibt sich außerdem, dass derRegelabstand beider parallel verlaufenden Rohrleitungen 100 m betragen soll. In einzelnenBereichen kann danach der Abstand der beiden Rohrleitungen aufgrund der Situation amMeeresboden oder zur Vermeidung von Eingriffen auf dem Meeresboden abweichen, wasAbstände zwischen den beiden Rohrleitungen von bis zu 170 m zur Folge haben würde. DieLeitungen sollen einen Durchmesser von je 1.200 mm haben; (inklusive der Ummantelungergibt sich ein Außendurchmesser von 1.450 mm. und Transportieren sollen dieRohrleitungen trockenes, süßes Erdgas. Die Durchsatzmenge beträgt laut Planung jeLeitung 27,5 Mrd. m³ Erdgas pro Jahr. Baubeginn für die erste Rohrleitung soll der April 2010sein, die Inbetriebnahme der ersten Rohrleitung ist für den Herbst 2011 geplant. DieFertigstellung und Inbetriebnahme der zweiten Rohrleitung ist laut Antrag für das Jahr 2012vorgesehen. Die technische Lebensdauer der beiden Leitungsstränge wird mit 50 Jahreangegeben.

Der Antrag vom 7.11.2006 wurde samt einer von der Antragstellerin erstellten „Scoping-Unterlage“ durch das BSH und das Bergamt Stralsund am 24.11.2006 mit der Bitte umKenntnisnahme und Stellungnahme versandt an:

- Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord- Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund- Havariekommando- Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger- Bundesamt für Naturschutz - Außenstelle Leipzig- Bundesamt für Naturschutz - Insel Vilm- Umweltbundesamt

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- Wehrbereichsverwaltung Nord Außenstelle Kiel- Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr- Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume Wald u. Fischerei Institut für Ostseefischerei- Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung- Deutsche Flugsicherung GmbH- Johann Heinrich von Thünen-Institut- Institut für Ostseeforschung Warnemünde- Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie M-V- Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit u. Fischerei M-V- Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege- Landesforst Mecklenburg-Vorpommern- Staatliches Amt für Umwelt und Natur Ueckerrmünde- Staatliches Amt für Umwelt und Natur Rostock- Staatliches Amt für Umwelt und Natur Stralsund- Amt für Raumordnung und Landesplanung Vorpommern- Landesamt für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand- u. Katastrophenschutz M-V- Landkreis Ostvorpommern- Landkreis Rügen- Landkreis Nordvorpommern- Ostseebad Binz- Hansestadt Greifswald- Stadt Sassnitz- Amt Mönchgut-Granitz- Amt Lubmin- Amt Landhagen- Amt Usedom-Nord- Amt Usedom-Süd- Amt Nord-Rügen- Amt West-Rügen- Naturschutzbund Deutschland, Bundesgeschäftstelle- Naturschutzbund Deutschland, Landesverband M-V- BUND Geschäftsstelle Berlin- BUND Landesverband M-V e.V.- Umweltstiftung WWF-Deutschland- Deutscher Fischerei-Verband e.V.- Landesverband der Kutter- und Küstenfischer M-V e.V.- WDCS-Whale and Dolphin Conservation Society- Landesanglerverband M-V. e.V.- Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V.- Landesjagdverband M-V e.V.- Grüne Liga M-V e.V.- Bundesverband Windenergie e.V.- Verband Deutscher Reeder- Deutscher Segler-Verband- Deutscher Motoryachtverband e.V.- AWE GmbH bei E:ON & Renewables- Gicon – Großmann Ingenieur Consult GmbH- E.ON e.dis Netz GmbH- Vattenfall Europe Transmission GmbH- DONG Naturgas A/S- OAM - DEME Mineralien GmbH- Heinrich Hirdes GmbH- Rohde Nielsen Nassbaggerungs GmbH- WINGAS GmbH- Concord Power Nordal GmbH

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- Deutsche Telekom- Bundesnetzagentur- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit- Auswärtiges Amt- Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie- Bundesministerium der Verteidigung- Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung- Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung M-V- Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus M-V- Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V- Europäische Kommission- Helsinki Commission

Der Antrag und die „Scoping-Unterlage“ wurden in der Zeit vom 27.11.2006 bis zum12.01.2007 im BSH in Hamburg und Rostock sowie im Bergamt Stralsund und im AmtLubmin öffentlich ausgelegt.Im amtlichen Bekanntmachungsblatt des BSH, den „Nachrichten für Seefahrer“ (NfS), wurdedas Vorhaben in der Ausgabe Nr. 49/06 vom 8.12.2006 sowie durch Aushang vom27.11.2006 bis zum 12.01.2007 im Kasten für amtliche Bekanntmachungen des BSH inHamburg öffentlich bekannt gemacht. Überdies erfolgte eine Bekanntgabe in derTageszeitung „Die Welt“ vom 20.11.2006. Die Bekanntmachungen enthielten den Hinweis,dass beim BSH in Hamburg, beim BSH in Rostock, beim Bergamt Stralsund und beim AmtLubmin Gelegenheit zur Einsichtnahme in die Unterlagen bestehe, und dass Jedermann dieMöglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme (schriftlich oder zur Niederschrift) bis zweiWochen nach Ablauf der Auslegefrist habe.

Die angeschriebenen Stellen und Personen wurden mit Schreiben vom 24.11.2006 zumScopingtermin eingeladen, der zuvor am 20.11.2006 in der Tageszeitung „Die Welt“ sowieam 8.12.2006 in den „Nachrichten für Seefahrer“ bekannt gemacht wurde.

Auf der Grundlage der eingegangenen Stellungnahmen und zur Abstimmung des Umfangsder Umweltverträglichkeitsuntersuchung einschließlich der grenzüberschreitendenUntersuchungen sowie zum Inhalt der Antragsunterlagen hat der Scopingtermin am30.01.2007 in Stralsund stattgefunden.

Alle im Verfahren beteiligten Träger öffentlicher Belange und die sonstigen Stellen erhieltenmit Schreiben vom 13.04.2007 die mit den Teilnehmern abgestimmte Niederschrift desScopingtermins.

Auf der Grundlage der Niederschrift des Scopingtermins, des von der Antragstellerindargestellten Vorschlags zu Inhalt, Umfang und Untersuchungsmethoden derUmweltverträglichkeitsstudie sowie unter Berücksichtigung der im Rahmen derTrägerbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen wurde der Inhalt und Umfang desvoraussichtlichen Untersuchungsrahmens am 11.04.2007 vom Bergamt Stralsund und vomBSH am 13.04.2007 in einem gemeinsamen Dokument festgelegt und mit Schreiben vom13.04.2007 an die Antragstellerin übersandt. Die Versendung des voraussichtlichenUntersuchungsrahmens an die beteiligten Träger öffentlicher Belange und die sonstigenStellen erfolgte mit Schreiben von selbigem Tag.

Mit Schreiben vom 08.11.2007, eingegangen am 09.11.2007, reichte die Antragstellerineinen Antrag auf Änderung des Trassenverlaufs nebst Begründung für den Bereich desdeutschen Küstenmeeres und des deutschen Festlandsockels ein. Diese Unterlage wurdemit Schreiben vom 12.11.2007 an die o.g. Träger öffentlicher Belange, sonstigen Stellen undVerbände mit der Bitte um Stellungnahme versandt.

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Der Antrag und dessen Begründung wurden in der Zeit vom 15.11.2007 bis zum 14.12.2007im BSH in Hamburg und Rostock sowie im Bergamt Stralsund und dem Amt Lubminausgelegt. In der NfS, Nr. 46/07 vom 16.11.2007, sowie durch Aushang vom 15.11.2007 biszum 14.12.2007 im Kasten für amtliche Bekanntmachungen des BSH in Hamburg undRostock und in den Tageszeitungen „Die Welt“ vom 09.11.2007 und „FrankfurterAllgemeine“ vom 09.11.2007 wurde die Auslegung der eingereichten Unterlage öffentlichbekannt gemacht. Die Bekanntmachung erfolgte mit dem Hinweis, dass Jedermann dieMöglichkeit zur Einsichtnahme der Antragsunterlagen und zur Äußerung hierzu bis zu 2Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist habe.

Mit Schreiben vom 27.10.2008, eingegangen am 30.10.2008, reichte die Antragsstellerineinen zweiten Antrag zur Änderung der Trassenführung und dessen Begründung für denBereich des deutschen Küstenmeeres und des deutschen Festlandsockels ein.

Mit Schreiben vom 05.12.2008 wurde der eingereichte Antrag nebst Begründung an die o.g.Behörden, sonstigen Stellen und Verbände mit der Gelegenheit zur Stellungnahmeübersandt. Die Unterlage wurde in der Zeit vom 02.12.2008 bis zum 05.01.2009 im BSH inHamburg und Rostock sowie im Bergamt Stralsund und im Amt Lubmin ausgelegt. In derNfS wurde das Vorhaben in der Ausgabe Nr. 48/08 vom 28.11.2008, sowie durch Aushangvom 2.12.2008 bis zum 5.01.2009 im Kasten für amtliche Bekanntmachungen des BSH inHamburg öffentlich bekannt gemacht. Überdies erfolgte eine Bekanntgabe in denTageszeitungen „Die Welt“ vom 01.12.2008 sowie „Frankfurter Allgemeine “ vom01.12.2008). Die Bekanntmachungen enthielten den Hinweis, dass beim BSH in Hamburgund Rostock sowie im Bergamt Stralsund und Amt Lubmin Gelegenheit zur Einsichtnahme indie Unterlage bestehe, und dass Jedermann die Möglichkeit zur Abgabe einerStellungnahme (schriftlich oder zur Niederschrift) bis zwei Wochen nach Ablauf derAuslegefrist habe.

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 11.12.2008, eingegangen am 12.12.2008, dieAntragsunterlagen nebst Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht. Mit selbigemSchreiben hat die Antragstellerin einen Antrag auf sofortige Vollziehung der Genehmigungnach § 133 Abs. 1 Nr. 2 BBergG gestellt.

Die Antragsunterlagen wurden mit Schreiben vom 10.03.2009 an die o.g. Träger öffentlicherBelange, sonstigen Stellen und Verbände mit der Bitte um Stellungnahme versandt. NachRücksprache mit dem Bergamt Stralsund sind die Hansestadt Greifswald, Ostseebad Binz,Stadt Sassnitz, Landkreis Nordvorpommern, Amt Landhangen, Amt Usedom-Süd, Amt Nord-Rügen, Amt West-Rügen und Grüne Liga M-V e.V. nicht mehr angeschrieben worden. DieAntragsunterlagen wurden zusätzlich an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und dieEnergiewerke Nord GmbH mit der Bitte um Stellungnahme versandt.

Durch Aushang vom 17.03.2009 bis zum 16.04.2009 im Kasten für amtlicheBekanntmachungen des BSH Hamburg und BSH Rostock, sowie in der Nfs, Nr 9/09 vom02.03.2009 und in den Tageszeitungen „Die Welt“ vom 02.03.2009 und der „FrankfurterAllgemeine Zeitung“ vom 02.03.2009 wurde die Auslegung der eingereichten Unterlagenbekannt gemacht. Die Bekanntmachung erfolgte mit dem Hinweis, dass Jedermann dieMöglichkeit zur Einsichtnahme der Antragsunterlagen und zur Äußerung hierzu bis zu 2Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist habe. Die Antragsunterlagen wurden in der Zeitvom 17.03.2009 bis zum 16.04.2009 im BSH in Hamburg und Rostock, im BergamtStralsund sowie im Amt Lubmin ausgelegt. Im Amt Usedom-Nord erfolgte die Auslegung inder Zeit vom 2.04.2009 bis zum 2.05.2009.

Insgesamt gingen 20 Stellungnahmen ein, davon eine von Privaten, fünf mitgrenzüberschreitendem Bezug etc.

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Der Termin der Erörterung wurde in den Nachrichten für Seefahrer, Nr. 23/09 vom05.06.2009 sowie in den Tageszeitungen „Die Welt“ vom 06.06.2009 und „Ostseezeitung“vom 05.06.2009 öffentlich bekannt gemacht.

Das Bergamt Stralsund hat den Termin der Erörterung im Amtsblatt M-V am 02.06.2009sowie ortsüblich im Amt Lubmin am 06.06.2009, im Amt Usedom-Nord am 05.06.2009, undim Bergamt Stralsund am 05.06.2009 bekannt gebeben.

Mit Schreiben vom 25.05.2009 und 02.06.2009 haben das Bergamt Stralsund und das BSHalle am Verfahren Beteiligten zum Erörterungstermin eingeladen. Die Erörterung wurdegemeinsam mit dem Bergamt Stralsund von Montag, den 22.06.2009 bis einschließlichDonnerstag, den 25.06.2009 in Stralsund durchgeführt.

Eine gemeinsame Niederschrift des Bergamtes Stralsund und des BSH zur Dokumentationdes Erörterungstermins wurde an die Träger öffentlicher Belange, Verbände und Private mitSchreiben vom 27.08.2009 versandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten einschließlich der eingegangenen Stellungnahmen wird aufden entsprechenden Verwaltungsvorgang (Az.: 522/Nord Stream/) Bezug genommen.

Verfahren nach der Espoo-Konvention

Aufgrund des Trassenverlaufs der Erdgashochdruckleitungen durch die ausschließlichenWirtschaftszonen von insgesamt fünf Ostseeanrainerstaaten wurde parallel zum nationalenGenehmigungsverfahren eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung nachdem Espoo-Übereinkommen durchgeführt. Das Übereinkommen schreibt vor, dass beiProjekten, die voraussichtlich erheblich nachteilige grenzüberschreitendeUmweltauswirkungen haben, im Rahmen des Zulassungsverfahrens einegrenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, im Rahmen derersowohl Behörden, wie auch die Öffentlichkeit des Nachbarstaates beteiligt werden. DieUmsetzung der Konvention erfolgte durch Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Februar1991 über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitendem Rahmen sowie zuder auf der zweiten Konferenz der Parteien in Sofia am 27. Februar 2001 beschlossenenÄnderung des Übereinkommens, Espoo-Vertragsgesetz v. 7. Juni 2002, BGBl. II S. 1406,BGBl. II 2003, S. 715.

Die Gesamttrasse der Erdgashochdruckleitung verläuft in Bereichen außerhalb deutscherJurisdiktion durch die ausschließlichen Wirtschaftszonen der Länder Finnland, Schweden,Dänemark und Russland sowie durch russische Territorialgewässer in der Ostsee. GemäßArt. 3 des Espoo-Übereinkommens hat jeder Staat, in dem ein Projekt mit möglichengrenzüberschreitenden Auswirkungen geplant ist („Ursprungsstaat“), die hiervon „betroffenenStaaten“ zu einem möglichst frühen Zeitpunkt über das Vorhaben in Kenntnis zu setzen(„Notifizierung“) und Gelegenheit zu geben, an dem nationalen UVP-Verfahrenteilzunehmen. Gemäß Art. 3 Abs. 7 Espoo-Übereinkommen ist dabei sicherzustellen, dassdie Öffentlichkeit in dem betroffenen Staat über das Vorhaben informiert wird und dieGelegenheit zur Abgabe von Stellungnahmen erhält. Als durch das Projekt Nord Stream„betroffen“ im Sinne der Espoo-Konvention erachten sich die OstseeanrainerstaatenDänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Russland undSchweden.

Die Ursprungsstaaten Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland haben mitSchreiben vom 14.11.2006 die betroffenen Staaten über das Vorhaben in Kenntnis gesetzt.Der weitere Ursprungsstaat Russland hat die Ostseeanrainer mit Schreiben vom 16.11.2006notifiziert. Mit dem Notifizierungsschreiben wurde den betroffenen Staaten eine durch dieNord Stream AG erstellten Unterlage („Anhang zur Notifizierung der betroffenen Staaten

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nach Artikel 3 Espoo-Konvention, Projektinformation, kartographische Darstellungen“)übersandt.

Die Notifizierungsschreiben sowie die Unterlage haben gleichzeitig mit den Unterlagen fürdie Genehmigungsverfahren im deutschen Bereich im Zeitraum vom 27.11.2006 bis12.01.2007 öffentlich ausgelegen. Jedermann hatte die Gelegenheit, zu denProjektabschnitten in Dänemark, Schweden, Finnland und Russland Stellung zu nehmen.Auch in den anderen betroffenen Staaten wurde jeweils eine Öffentlichkeits- undTrägerbeteiligung durchgeführt.

Deutschland hat mit Schreiben vom 16.02.2007 auf die Notifizierungen der LänderDänemark, Finnland, Schweden und Russland geantwortet und um Beteiligung in denjeweiligen nationalen UVP-Verfahren gebeten. Soweit im Rahmen des deutschenBeteiligungsverfahrens Stellungnahmen mit grenzüberschreitendem Bezug abgegebenwurden, wurden diese den betroffenen Staaten übersandt.

Auf die Notifizierung durch Deutschland haben sämtliche betroffenen Staaten geantwortetund um Beteiligung im deutschen UVP-Verfahren gebeten: Dänemark mit Schreiben vom9.02.2007, Schweden mit Schreiben vom 15.02.2007, Finnland mit Schreiben vom16.02.2007, Russland mit Schreiben vom 6.03.2007, Estland mit Schreiben vom 15.02.2007,Lettland mit Schreiben vom 16.02.2007, Litauen mit Schreiben vom 15.02.2007 und Polenmit Schreiben vom 13.02.2007.

Als Ergebnis der Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung in den neun Ostseeanrainerstaatenhat die Antragstellerin entlang der Trasse durch die Ostsee Routenänderungenvorgenommen. Die Antragsstellerin hat zu den Routenänderungen entlang der Trasse einInformationsdokument erstellt. Dänemark, Schweden, Finnland und Russland habenDeutschland als betroffenen Staat im Rahmen des Beteiligungsverfahrens über dieseRoutenänderungen in Kenntnis gesetzt und das erstellte Informationsdokument mitSchreiben vom 7.11.2007 übersandt. Deutschland hat seinerseits mit Schreiben vom7.11.2007 die betroffenen Staaten über die Routenänderungen informiert.

Das Informationsdokument wurde in der Zeit vom 15.11.2007 bis zum 14.12.2007 öffentlichausgelegt. Es bestand für Jedermann die Gelegenheit, zu den Projektabschnitten inDänemark, Schweden, Finnland und Russland bis 2 Wochen nach Ablauf derAuslegungsfrist Stellung zu nehmen. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden denNachbarstaaten mit Schreiben vom 14.01.2008 übermittelt.

Auf das Schreiben Deutschlands zur Routenänderung haben die betroffenen Staatengeantwortet. Dänemark mit Schreiben vom 15.01.2008, Schweden und Estland mitSchreiben vom 17.01.2007, Finnland, Lettland, Litauen und Polen mit Schreiben vom18.01.2007.

Als Ergebnis weiterer Untersuchungen und der internationalen Beteiligung hat dieAntragstellerin die Route erneut geändert. Zu den beantragten Änderungen in den deutschenund dänischen Seegebieten reichte sie ein weiteres Informationsdokument („ProjectInformation – Status of the Nord Stream pipeline route in Denmark and Germany (October2008)“) ein, das den betroffenen Staaten von Deutschland und Dänemark mit der Bitte umStellungnahme sowie mit der Gelegenheit zur Beteiligung der Öffentlichkeit übersandt wurde.

Deutschland hat Dänemark mit Schreiben vom 22.01.2009 zu der geändertenTrassenführung geantwortet. Die im Beteiligungsverfahren abgegebenen Stellungnahmenmit grenzüberschreitenden Bezug wurden mit dem Antwortschreiben übersandt.

Auf das Schreiben Deutschlands zur erneuten Routenänderung haben die betroffenenStaaten geantwortet: Dänemark mit Schreiben vom 20.01.2009, Schweden mit Schreiben

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vom 23.01.2009, Finnland mit Schreiben vom 22.01.2009, Lettland mit Schreiben vom22.01.2009 und Polen mit Schreiben vom 23.01.2009.

Die Antragstellerin reichte am 09.03.2009 ihre „Dokumentation zur Nord StreamUmweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur Konsultation gemäß dem Espoo-Übereinkommen“ein. Die Ursprungsstaaten Dänemark, Schweden, Finnland und Russland haben zuDeutschland als betroffenem Staat Konsultationen aufgenommen und das erstellteDokument mit Schreiben vom 09.03.2009 mit der Bitte um Stellungnahme bis zum08.06.2009 übersandt.

Mit Schreiben vom 10.03.2009 wurde die „Dokumentation zur Nord StreamUmweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur Konsultation gemäß dem Espoo-Übereinkommen“an die im Verfahren beteiligten nationalen Träger öffentlicher Belange und sonstigen Stellenmit der Bitte um Kenntnis- und Stellungnahme versandt.

Im amtlichen Bekanntmachungsblatt des BSH, den NfS, wurde die Dokumentation in derAusgabe Nr. 9/09 vom 02.03.2009 sowie durch Aushang vom 17.03.2009 bis zum16.04.2009 im Kasten für amtliche Bekanntmachungen des BSH in Hamburg ebenfallsöffentlich bekannt gemacht. Überdies erfolgte eine Bekanntgabe in den Tageszeitungen „DieWelt“ vom 02.03.2009) sowie „Frankfurter Allgemeine“ vom 02.03.2009). DiePressebekanntmachungen erhielten den Hinweis, dass beim BSH in Hamburg und Rostocksowie dem Bergamt Stralsund und dem Amt Lubmin Gelegenheit zur Einsichtnahme in dieAntragsunterlagen bestehe, und dass Jedermann die Möglichkeit zur Abgabe einerStellungnahme (schriftlich oder zur Niederschrift) bis zwei Wochen nach Ablauf derAuslegefrist habe. Die Unterlagen wurden in der Zeit vom 17.03.2009 bis zum 16.04.2009 imBSH in Hamburg und Rostock sowie dem Bergamt Stralsund und dem Amt Lubminausgelegt.

Deutschland selbst hat mit sämtlichen Ostseeanrainerstaaten Konsultationen aufgenommenund diesen mit Schreiben vom 09.03.2009 die Dokumentation mit der Bitte umStellungnahme bis zum 08.06.2009 übersandt und Gelegenheit gegeben, die Öffentlichkeitsowie Träger öffentlicher Belange zu Beteiligen. Mit selbigem Schreiben hat Deutschlandallen betroffenen Staaten, insbesondere Polen, Konsultationen für den 17.06.2009 inStralsund angeboten. Die deutsch-polnischen Konsultationen fanden statt am 17.06.2009 inStralsund. Zu diesem Termin ist die polnische Seite jedoch nicht erschienen. EineNiederschrift des Termins wurde mit Schreiben vom 22.06.2009 an die Republik Polenversandt.

Im Rahmen der Konsultationen haben sämtliche betroffenen Staaten Deutschland mitSchreiben vom 08.06.2009 geantwortet, die im Rahmen des Beteiligungsverfahrensabgegebenen Stellungnahmen übersandt und zu den grenzüberschreitenden Auswirkungendes Vorhabens Stellung genommen. Deutschland hat mit Schreiben vom 08.06.2009 an dieUrsprungsstaaten Dänemark, Finnland, Schweden und Russland geantwortet. Die imBeteiligungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen mit grenzüberschreitenden Bezugwurden mit dem Antwortschreiben übersandt. Das BSH hat außerdem vier Stellungnahmenvon Verbänden aus den betroffenen Staaten erhalten.

Ferner haben im Rahmen des internationalen Verfahrens zwei Experten-Meetings aufinternationaler Ebene stattgefunden, in denen die von der Antragstellerin vorgesehenenUntersuchungsmethoden (07.-08.06.2007 in Hamburg) sowie die daraufhin ermitteltenErgebnisse (16.-17.09.2008 in Hamburg) vorgestellt und diskutiert worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten einschließlich der eingegangenen Antwortschreiben undStellungnahmen wird auf den Verwaltungsvorgang (Az.: 522/Nord Stream) Bezuggenommen.

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II. Zuständigkeit

Gemäß § 133 Abs. 1 Ziffer 2 BBergG ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie(BSH) die zuständige Genehmigungsbehörde für die Genehmigung hinsichtlich der Ordnungder Nutzung und Benutzung der Gewässer über dem Festlandsockel und des Luftraumesüber diesen Gewässern. Soweit in diesem Bescheid das „BSH“ als Adressat genannt ist, istdamit diejenige Behörde gemeint, die die Funktion der Genehmigungs- bzw.Vollzugsbehörde für die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 Ziffer 2 BBergG innehat.

III. Tatbestände des § 133 Abs. 2 BBergG

Die Genehmigung für das beantragte Vorhaben ist zu erteilen, da keiner der in § 133 Abs. 2BBergG genannten Versagungsgründe vorliegt und insoweit ein Rechtsanspruch aufErteilung der Genehmigung besteht.

III.1. Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen oder Sachgütern

Eine Erteilung der Genehmigung für die beantragten Rohrleitungen steht eine Gefährdungdes Lebens oder der Gesundheit von Personen oder Sachgütern nicht in einer Weiseentgegen, die eine Versagung rechtfertigen würde.

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BBergG ist die Genehmigung dann zu versagen, wenn eineGefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen oder Sachgütern zu besorgenist.

Eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen an Land ist aufgrund dererheblichen räumlichen Distanz zwischen dem deutschen Festlandsockel und der Küstenicht ersichtlich. Eine Beeinträchtigung des Menschen bei der Erholungssuche ist ebenfallswegen der großen Entfernung zur Küste nicht erkennbar. Im Bereich des deutschenFestlandsockels haben Freizeitaktivitäten und Sportbootverkehre eine nur geringeBedeutung und selbst diese werden durch den Betrieb gar nicht und durch die Verlegungallenfalls marginal in der Weise tangiert, dass diese Aktivitäten im Umfeld desBauverlegebetriebs so eingeschränkt werden, dass keinerlei Gefährdung auch für Menschenan Bord von Kleinschifffahrt zu besorgen sein wird.

Eine Gefährdung geht auch nicht von auf dem Meeresboden befindlichen Munitionsaltlastenaus. Es gibt keinerlei Hinweise auf das Vorkommen von Munitionsaltlasten im Bereich derPipelinetrasse auf dem deutschen Festlandsockel. Die beantragten Verlegekorridore imdeutschen Festlandsockel liegen außerhalb der amtlich bekannten Versenkungsgebiete undTransportwege. Auch die umfangreichen und ambitionierten Untersuchungen derAntragstellerin haben keine Hinweise auf ein Vorkommen von Munitionsaltlasten im Bereichder Verlegekorridore im deutschen Festlandsockel ergeben.

Die Antragstellerin hat zur Erfassung von Munitionsaltlasten neben verfügbaren Daten undInformationen ein eigenes umfangreiches aus drei Messkampagnen bestehendesUntersuchungsprogramm entlang der gesamten Pipelinetrasse von Vyborg nach Lubmindurchgeführt.

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In einem ersten Schritt wurde ein ca. 250 m breiter Streifen entlang desUntersuchungsgebiets auf dem deutschen Festlandsockel flächendeckend mit Fächerecholotund hochauflösendem Seitensichtsonar (mindestens 500 kHz Frequenzbereich) zur genauenErfassung der Wassertiefen und Bodenstrukturen vermessen. Unter Verwendung einesMagnetometers wurde der Meeresboden innerhalb dieses Streifens im Profilabstand von ca.50 m auf metallische Objekte abgesucht. In einem zweiten Schritt wurde entlang derbeantragten Wegstrecke der jeweiligen Rohrleitungen eine seemagnetische Vermessung miteinem 12-Sensor-Gradiometer-Schlitten durchgeführt. Der Abstand der Sensoren betrug3 m. Auf diese Weise wurde ein ca. 15 m breiter Streifen hochauflösend erfasst. NachAbschluss dieser beiden Messkampagnen wurden sämtliche Ergebnisse aus denhydroakustischen und seemagnetischen Untersuchungen zusammengeführt und im Zugeeiner ersten Auswertung klassifiziert.Im dritten Schritt wurde zur Verifizierung der in den beiden vorangegangenenMesskampagnen erfassten potenziellen Verdachtsobjekte eine Unterwasser-Videokameraeingesetzt, die zur genauen Navigation an einem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug(sog. Remotely Operated Vehicle, ROV) installiert war. Mit dieser Methode wurdeflächendeckend ein ca. 50 m breiter Streifen des Meeresbodens im jeweiligenVerlegungskorridor aufgezeichnet. Im Einzelnen wurden 52 Objekte (Sonarkontakte) anhandder Seitensichtsonarbefahrungen erfasst; die Mehrzahl davon wurden als größere Steine(Findlinge) oder Unrat klassifiziert. Von den nicht zu identifizierenden Objekten wurden 16Objekte mittels der Magnetometer- und Gradiometeruntersuchungen als metallischeAnomalien identifziert, die mittels der Unterwasser-Videoaufzeichnungen überprüft wurden.Für die abschließende Beurteilung von dabei identifizierten „potenziellen Verdachtsobjekten“wurden Marine-Experten für Unterwasseruntersuchungen und Kampfmittelräumungen in derOstsee mit der Auswertung der Videoaufzeichnungen beauftragt.Art und Umfang dieses Untersuchungsprogramms wurden im Rahmen des internationalenEspoo-Prozesses unter anderem bei einem internationalen Expertentreffen in Hamburg am07. und 08.06.2007 vorgestellt und von den Teilnehmern einvernehmlich dahingehendbeurteilt, dass das Programm deutlich über den bisherigen Standard zur Erfassung vonMunitionsaltlasten hinausgeht und für die Erfassung von Munitionsaltlasten innerhalb derVerlegungskorridore als angemessen angesehen wird.

Im Ergebnis ergaben diese umfangreichen Untersuchungen keine Hinweise auf einVorkommen von konventionellen oder chemischen Munitionsaltlasten im Bereich deruntersuchten Korridore auf dem deutschen Festlandsockel.

Gemäß Ziffer 17.3 hat die Genehmigungsinhaberin vor Beginn der Verlegearbeiten einKonzept zur Kampfmittelsuche im Bereich der Ankerpositionen vorzulegen. Außerdem solldurch die Anordnung 17.3 sichergestellt werden, dass für den unwahrscheinlichen Fall einesMunitionsfundes während der Verlegung eine sichere Handhabe gewährleistet ist.

Die durch den Baubetrieb zu erwartenden Licht-, Lärm- und Schadstoffemissionen führenzu keiner Gefährdung von Personen, da mögliche Auswirkungen, wenn sie auftreten,lediglich in einzelnen Bauabschnitten und über eine begrenzte Zeit erfolgen. DieAnordnungen in Ziffer 10 dienen auch der Sicherheit des Baustellenverkehrs bzw. der daranbeteiligten Personen.

Eine etwaige Beeinträchtigung von Personen während des Betriebes der Rohrleitungen istnicht zu erwarten. Die installierten Mess-, Überwachungs- und Schutzeinrichtungen stellensicher, dass die beiden Rohrleitungen zu jeder Zeit innerhalb der zulässigenBetriebsparameter (Druck, Temperatur, Erdgaszusammensetzung) betrieben werden. Dasgesamte Rohrleitungssystem wird von der Messwarte in Zug überwacht.

Die von der Antragstellerin durchgeführten geologischen und archäologischenVoruntersuchungen haben ergeben, dass sich im Bereich der Trasse im deutschenFestlandsockel keine Sachgüter (Schiffswracks, Seekabel) befinden bzw. zur Zeit der

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Errichtung befinden werden, da die auch in der öffentlich-rechtlichen Planungsphasebefindlichen Stromableitungskabel für genehmigte Offshore-Windparks nicht gleichzeitig mitder Installation der Pipelines, sondern frühestens 2013 errichtet werden.

III.2. Beeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen

Auch überwiegende öffentliche Interessen stehen einer Genehmigung des Vorhabens nichtentgegen. Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BBergG ist die Genehmigung zu versagen, wenn eineBeeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen durch das Vorhaben zu besorgen ist.Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 BBergG können überwiegende öffentliche Interesseninsbesondere solche nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergG sein.

III.2.1 Schifffahrt

Belange der Schifffahrt stehen der Erteilung einer Genehmigung an die Antragstellerin nichtentgegen.

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 BBergG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 a) und b) ist die Genehmigungdann zu versagen, wenn der Betrieb und die Wirkung von Schifffahrtsanlagen und –zeichensowie die Benutzung der Schifffahrtswege bzw. die Schifffahrt in unvertretbarer Weisebeeinträchtigt werden und dies nicht durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden kann.

Eine Beeinträchtigung insbesondere für den Betrieb und die Wirkung von Schifffahrtsanlagenund –zeichen geht von der Verlegung und dem Betrieb der Rohrleitungen nicht aus, da imBereich der Rohrleitungstrassen keine Schifffahrtsanlagen und –zeichen vorhanden sind.

Auch die Benutzung der Schifffahrtswege und die Schifffahrt an sich sind durch dasVorhaben nicht beeinträchtigt. Eine ordnungsgemäße und nach den Regeln der gutenSeemannschaft betriebene Schifffahrt ist auch nach Verlegung und Inbetriebnahme derRohrleitungen möglich.

Die Trasse auf dem deutschen Festlandsockel und im Küstenmeer verläuft südlich desAdlergrunds und knickt dann in südwestliche Richtung ab, wobei die Ansteuerung zumempfohlenen Schifffahrtsweg nach Stettin weit nördlich passiert wird, um dann direkt auf dieTonne „Landtief A“ zuzulaufen. Die WSD Nord hat hierzu mit Schreiben vom 30.04.2009erklärt, dass gegen den beantragten Trassenverlauf keine grundsätzlichen Bedenkenbestehen; diese Aussage hat sie im Erörterungstermin wiederholt. Im Vorfeld der Erörterungvorgetragene Bedenken hinsichtlich der Gefahr durch Ankerhaken seien durch einegutachtliche Stellungnahme des Germanischen Lloyds ausgeräumt worden. DiesesGutachten habe die Antragstellerin für die WSD Nord anfertigen lassen. Es belegenachvollziehbar, dass die Wahrscheinlichkeit eines den Verkehr potenziell gefährdendenVorfalls durch Verhaken eines Ankers mit der Pipeline vernachlässigbar gering ist.

Der Generaldirektor für Umweltschutz der Republik Polen hat in seinen Stellungnahmen vom8.06.2009 und 17.11.2009 zu bedenken gegeben, dass die geplante Pipelinetrasse dieAnfahrt auf die Häfen Swinemünde und Stettin behindere. Durch die in diesem Bereichgeplante Verlegung der Gaspipeline mit einem Rohrdurchmesser von 1,4 m direkt auf demMeeresgrund und in ca. 14–15 m Tiefe würde eine sichere Anfahrt durch bereits heutefahrende Schiffe mit 13,2 m Tiefgang unmöglich. Ferner würde dadurch eine aktuell geplanteHafenerweiterung verhindert werden. Die Häfen Swinemünde und Stettin sollten nachDarlegung des Generaldirektors zukünftig auch von Schiffen mit einem Tiefgang bis zu 15 mgenutzt werden. Da die geplante Nutzungsdauer der Pipeline auf 50 Jahre ausgelegt und einnachfolgender Rückbau nicht vorgesehen sei, müsse auch die weitere Entwicklung desHafens Swinemünde berücksichtigt werden. Daher sollte für den Schifffahrtsweg nach

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Swinemünde eine Wassertiefe von 17 m gewährleistet werden. Es wird daher gefordert, diePipeline in diesen kritischen Bereichen einzugraben.

Auch sei zu befürchten, dass eine gegebenenfalls erforderliche Kreuzung mit der geplanten„Baltic Pipe“ zwischen Dänemark und Polen zu einer erheblichen Verminderung derWassertiefe an der Kreuzungsstelle führen könnte. Der Durchmesser der Ostseepipeline„Baltic Pipe“ betrage 610 mm, der Innendurchmesser des Nord Stream–Rohres betrage1220 mm. Dies würde bei der traditionellen Kreuzungsmethode dazu führen, dass eineSchutzkonstruktion von ca. 3–4 m Höhe auf dem Meeresgrund errichtet werden müsste.Auch aus diesem Grund sei es erforderlich, die Nord Stream Pipeline in den Meeresbodeneinzugraben.

Grundsätzlich ist es richtig, dass sich durch die vorgesehenen Rohrleitungen der nutzbareBereich der Fahrwassertiefe für die Schifffahrt verringern würde, was für bestimmte Schiffemit erhöhtem Tiefgang zu Einschränkungen führen könnte. Die Verlegung von Rohrleitungenauf dem Meeresboden kann insoweit ein Hindernis im Meer darstellen. Um eine solcheGefährdung möglichst gering zu halten, werden generell verlegte Rohrleitungen in dieSeekarten eingetragen, damit sich jeder Schiffsführer über die genaue Position derRohrleitungen informieren und den für ihn sichersten Weg der Kreuzung wählen kann.Grundsätzlich ist es Obliegenheit der verantwortlichen Schiffsführung, ihre Betriebsform(Tiefgang, Abladung, und Geschwindigkeit) auf die örtlichen Gegebenheiten einzurichten.Eine seitens des Staates garantierte Wassertiefe oder gar garantierte Fahrwassertiefe gibtes in diesen Gewässern nicht.

Im Bereich des deutschen Festlandsockels kreuzen die Rohrleitungen den aus Nordenkommenden empfohlenen Schifffahrtsweg Richtung Swinemünde. Der Schifffahrtsweg wirdnach den herangezogenen Auswertungen der AIS-Signale, hauptsächlich von Schiffen,insbesondere Fähren, mit einem relativ geringen Tiefgang, in der Mehrzahl 6, maximal bis zu12,60 m, befahren. Schiffe mit größerem Tiefgang nutzen danach vorhandene Wassertiefenbis zu 25 m, die sich westlich dieses Schifffahrtswegs befinden. Aufgrund der während undnach dem Erörterungstermin aufgekommenen Bedenken war der Antragstellerin aufgegebenworden, eine weitergehende Analyse anzufertigen. Die nachvollziehbare und plausibleAuswertung der sodann von der Antragstellerin eingereichten Studie „Studie zum Tiefgangdes Schiffverkehrs im südlichen Bereich der Ostsee“ des Germanischen Lloyd vom18.08.2009 zeigt dies anschaulich auf. Die Analyse auf Grund der Auswertung der AIS-Signale vermittelt ein Bild, in dem der weit überwiegende Anteil des Seeverkehrs auf demWeg im Bereich des deutschen Festlandsockels („Gate 1“ und „2“) die Pipelineroute mitTiefgängen von 10 Meter und zumeist weniger kreuzte. Nur 8 von 3728 erfassten Schiffenwiesen einen Tiefgang von über 10 Metern auf. Generell zeigt die Studie, dass die ganzwenigen Schiffe, die überhaupt mit mehr als 12 m Tiefgang die Pipelinetrasse kreuzen, diesauf dem empfohlenen westlichen Schifffahrtsweg durch das deutsche Küstenmeer tun.Schiffe mit Tiefgang bis 12,90 m nutzen zur Anfahrt des Hafens Swinemünde die höherenWassertiefen im deutschen Küstenmeer im Bereich des „alten Oderbettes“ und des dortempfohlenen Schifffahrtswegs.

Das Befahren des von der Pipeline zu kreuzenden Schifffahrtswegs im deutschenFestlandsockel - im Raumordnungsplan für die AWZ der Ostsee als Schifffahrtsweg Nr. 20angesprochen - für Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 13,20 m, wie es demvorgetragenen derzeitigen Ausbauzustand des polnischen Hafens entspricht, wird auch nachder Verlegung der Rohrleitungen grundsätzlich möglich sein. An der Stelle, an der derempfohlene Schifffahrtsweg die Pipeline kreuzt, beträgt die Wassertiefe gemäß denamtlichen Seekarten zwischen 18,10 m und 18,60 m. Dies wird durch die aktuell von NordStream vorgelegten Surveys bestätigt. Für die Ermittlung des schiffbaren Raumes nachVerlegung der Rohrleitungen müssen zwei Faktoren berücksichtigt werden. Zum einen ist dieHöhe der auf dem Meeresboden abgelegten ummantelten Rohrleitungen von ca. 1,50 m zuberücksichtigen. Zum anderen sind aus Sicherheitsgründen mindestens 2 m sog. „Minimum

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Under Keel Clearance“ (Abstand vom tiefsten Punkt des Schiffes zum Meeresgrund)abzuziehen. Nach Verlegung der Rohrleitungen verbleibt demnach ein schiffbarer Raum mitWassertiefen in der Größenordnung von 14,60 m bis 15,10 m.

Selbst Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 13 m, wie zum Beispiel die herkömmlichen LNG-Tanker können demnach die Häfen in Polen auch dann noch erreichen, wenn dieRohrleitungen errichtet sind.

Grundsätzlich geht die Genehmigungsbehörde ferner davon aus, dass sich dieRohrleitungen aufgrund von Kolkbildung in den nächsten Jahren zumindest zum Teil in denUntergrund der Ostsee selbst eingraben werden, da die Sedimentverhältnisse (zumeistsandige Böden) dies zulassen („self burial process“).

Nun war - wie eingangs geschildert - vom Generaldirektor für Umweltschutz auchvorgetragen worden, dass der Hafen Swinemünde zukünftig auch für Verkehre mit einemTiefgang von 15 Meter erreichbar sein müsse, da der Hafen auf diese Parameter hinausgebaut werden solle.

Es ist fraglich, ob dieses Szenario im Rahmen dieser Entscheidung überhaupt berücksichtigtwerden kann, da eine rechtlich verfestigte Planung der beschriebenen Fahrwasservertiefungbisher nicht in ausreichender Weise ersichtlich wurde. Dies kann jedoch offen bleiben, weilselbst für den Fall einer Fahrwasservertiefung das Passieren der Pipelinetrasse auf demempfohlenen Schifffahrtsweg zur Hafenanfahrt Swinemünde auch für Schiffe mit einemTiefgang von 15,00 m möglich ist. In einem ca. 1 km breiten Bereich des empfohlenenSchifffahrtswegs sind schon derzeit natürliche Wassertiefen zwischen 18,50 m und 19,00 mvorhanden. Nach Verlegung der Rohrleitungen ergibt dies unter Abzug der 2 m „MinimumUnder Keel Clearance“ und 1,50 m für die ummantelten Rohrleitungen eine verbleibendeWassertiefe von 15,00 m bis 15,50 m. Somit können Schiffe bis zu einem Tiefgang von15,00 m auch nach Verlegung der Rohrleitungen diese hier noch in einem räumlichdefinierten Bereich gefahrlos überqueren. In dem seltenen Fall extrem niedrigerWasserstände würde die von jedem Schiffsführer zu beachtende nautische Sorgfaltspflichtdiesen verpflichten, darauf angemessen zu reagieren. Wenn es demnach in seltenenEinzelfällen dazu kommen kann, dass ein bestimmtes Schiff zu einem bestimmten Zeitpunktdie Pipeline innerhalb des Festlandsockels nicht oder nur sehr langsam überqueren kann, sohandelt es sich dabei um eine Beeinträchtigung, die von der Schifffahrt hinzunehmen ist.

Für zum jetzigen Zeitpunkt für die zukünftige Entwicklung von Ausbauzielen der Ostseehäfenund entsprechender Parameter für die jeweiligen Schifffahrtswege nicht vorhersehbarerSzenarien daraus resultierender Anforderungen (Tiefgänge) wurde ein Vorbehalt einesNachtragsverfahrens zur möglichen Tieferlegung der Rohrleitungen in Nebenbestimmung Nr.28 aufgenommen.

Auch ein mögliches Kreuzungsbauwerk zwischen der Nord Stream Pipeline und der BalticPipe führt zu keiner Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffverkehrs.Ungeachtet der Tatsache, dass die „Baltic Pipe“ bisher noch nicht einmal bei denzuständigen Behörden beantragt worden ist, besteht die Möglichkeit, ein Kreuzungsbauwerkzu errichten, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung der Schifffahrt käme. Nach denAngaben in der polnischen Stellungnahme würde die „Baltic Pipe“ die Trasse der NordStream Pipeline im Bereich des deutschen Festlandsockels zwischen Kilometerpunkt (KP)11,40 und KP 11,45 kreuzen. Die Wassertiefe in diesem Bereich beträgt 25 m. Für dieErmittlung des schiffbaren Raums nach Errichtung des Kreuzungsbauwerkes müssenwiederum zwei Faktoren von der natürlich vorhandenen Wassertiefe berücksichtigt werden.Zum einen ist die Höhe der auf dem Meeresboden abgelegten ummantelten Rohrleitungenvon 1,50 m zu berücksichtigen. Zum anderen sind 2 m bis 2,5 m für das Kreuzungsbauwerkabzuziehen. Somit beträgt bei einem solchen Kreuzungsbauwerk die Wassertiefe noch 21 m.Abzüglich der „Minimum Under Keel Clearance“ verbleibt ein schiffbarer Raum von 18 m.

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Aus den oben dargestellten Gründen ist, zumindest zum Zeitpunkt der Entscheidung, eineAnordnung des Eingrabens der Rohrleitungen zur Sicherung des Schiffsverkehrs, sowieeines möglichen Kreuzungsbauwerkes das mit weiteren umfangreichen Eingriffen in denNaturhaushalt des Naturschutzgebietes verbunden wäre, nicht erforderlich. EineBeeinträchtigung des Fischereiverkehrs durch die auf den Meeresboden aufgelegtenRohrleitungen ist ebenfalls nicht gegeben. Dies belegt die von der Antragstellerineingereichte Studie „Nord Stream – Over–trawlability – Risk assesment for fishermen“. DieStudie kommt nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Rohrleitungengrundsätzlich gefahrlos mit Schleppnetzen gefischt werden kann. Die Gefahr einerBeschädigung von Fischereifahrzeugen durch Verhaken der Schleppnetze mit denRohrleitungen ist als gering zu bewerten, da aufgrund der Bodenbeschaffenheit kaum mit„Free Spans“ zu rechnen ist. Grundsätzlich besteht zwar die Möglichkeit, dass dieSchleppnetze beim Überqueren der Rohrleitungen beschädigt werden können. In der Studiewird jedoch überzeugend aufgezeigt, dass dies keine sicherheitsrelevanten Auswirkungenauf die mit den Schleppnetzen verbundenen Fischereifahrzeuge hat.

In der Genehmigung sind strenge und detaillierte Nebenbestimmungen zur Gewährleistungder Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs während der Bauphase angeordnetworden (Ziffer 14.-14.7), so dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs auch inder Bauphase gewährleistet ist. Zu nennen sind beispielsweise die Vorhaltung zweiergeeigneter Verkehrssicherungsfahrzeuge sowie weitere Kennzeichnungs-, Sicherungs- undMeldeverpflichtungen für die eingesetzten Fahrzeuge und die Anordnung eines sicherenBaustellenbetriebs. Wie bereits oben ausgeführt, wird eine Beeinträchtigung oderGefährdung der Schifffahrt auch nicht aufgrund von Munitionsaltlasten erwartet. Wie bereitsoben unter III.1. ausgeführt, haben Datenauswertungen und umfangreiche Untersuchungendes Verlegekorridors keine Hinweise auf das Vorhandensein von Munition imVorhabensbereich ergeben.

III.2.2 Luftfahrt

Beeinträchtigungen der Benutzung des Luftraums und der Sicherheit des Luftverkehrsstehen der Erteilung der Genehmigung nicht entgegen.

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 BBergG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 b) ist die Genehmigung dannzu versagen, wenn die Benutzung des Luftraumes in unvertretbarer Weise beeinträchtigtwerden und dies nicht durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden kann.

Der Luftraum über dem Vorhabensgebiet wird sowohl von der zivilen als auch militärischenLuftfahrt genutzt. Eine Beeinträchtigung für die zivile Luftfahrt ist nicht ersichtlich. Nach derLuftverkehrsordnung gilt im Sichtflug eine Mindestflughöhe von 150 m über freiem Gelände,Hindernisse sind mit einem Mindestabstand von 150 m zu umfliegen. Jeglicher andererFlugverkehr findet in größeren Höhen statt. Die durch den Baubetrieb zu erwartendenSchiffsverkehre und Arbeiten auf der Verlegebarge finden unmittelbar auf dem Wasser ingeringer Höhe statt, so dass der Luftraum über dem Baubetrieb nicht beeinträchtigt wird.Hochaufragende Kräne sind nach dem Stand der Technik ohnehin nur auf solchenVerlegeeinheiten zugelassen, wenn sie nachts mit einer roten Warnbefeuerung ausgerüstetsind. Eine Beeinträchtigung des Luftraumes durch den Betrieb der auf dem Meeresbodenverlegten Rohrleitungen ist nicht gegeben.

III.2.3 Fischerei

Belange der Fischereiwirtschaft werden durch die getroffene Entscheidung nicht inunvertretbarer Weise beeinträchtigt.

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Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 BBergG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 b) ist die Genehmigung dannzu versagen, wenn der Fischfang in unvertretbarer Weise beeinträchtigt wird und dies nichtdurch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden kann.

Grundsätzlich kann es während der Bauphase zu kleinräumigen und temporärenEinschränkungen kommen. Diese sind jedoch in Relation zum gesamten Einzugsbereich alsvernachlässigbar gering einzustufen, zumal besonders wertvolle Fischgründe nach denvorliegenden Erkenntnissen nicht im Bereich der Trasse im Festlandsockel liegen.

Die Antragstellerin reichte im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie ein Gutachten zurBetrachtung der kommerziellen Fischerei ein. Das Gutachten dient der Beschreibung desstatus quo der Fischerei im Seegebiet, durch welches die Rohrleitungen führen. AlsDatengrundlage des für die eingereichten fischereiwirtschaftlichen Gutachtens dienten dieDatensätze des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und FischereiMecklenburg-Vorpommern sowie die Jahrsberichte der Bundesanstalt für Landwirtschaft undErnährung. Der betrachtete Bereich der fischereilichen Betätigung umfast das ICES–GebietIIId–24 basierend auf Anlandemeldungen der Fischereifahrzeuge. Es wurden die Angabender Fischfänge in dem Zeitraum zwischen 2002-2008 berücksichtigt, ohne Einbeziehung vonanderen Meerestieren (z.B. Muscheln, Krebsen). Die Angaben zu den Erlösen wurden denJahresberichten 2002-2007 der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährungentnommen. Die im ICES–Gebiet IIId–24 erzielten Erträge (Gesamtfang) lagen in den Jahren2002 bis 2008 zwischen 4.011 t und 1.780 t. Den Angaben der Anlandungsstatistik nachICES ist zu entnehmen, dass die höchsten Fangmengen in den küstennahen Abschnittenerzielt werden.

Hinsichtlich der rechtlichen Situation der Fischereiwirtschaft ist auszuführen, dass es imdeutschen Festlandsockel keine räumlich definierten Fischereirechte im Sinne einerindividuellen Zuordnung gibt. Es besteht nur die grundsätzliche Möglichkeit, im Rahmen dervorgegebenen Fischfangquoten Fisch zu fangen und wirtschaftlich zu verwerten. Nach dergefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung haben Fischer im Meer keinen Anspruch aufSchaffung oder Aufrechterhaltung ihnen günstiger Benutzungsverhältnisse. Vielmehrmüssen sie Veränderungen im Meer durch Naturgewalten ebenso hinnehmen wie dieerlaubte Benutzung des Meeres durch andere und auch sonst das rechtmäßige VorgehenDritter achten (vgl. BGHZ 45, 150, aktuell erneut zitiert vom OVG Lüneburg, Beschluss vom16.02.2005, Natur und Recht 2005, 604 ff.). Es folgt aus der ständigen Spruchpraxis desBundesverwaltungsgerichts, dass eine Rechtsbeeinträchtigung eines Fischereibetriebes erstdann vorliegt, wenn der Bestand des Betriebes gerade durch die Zulassung eines Vorhabensernsthaft gefährdet wird, weil die vorgegebene Situation nachhaltig verändert würde undhierdurch der Betrieb schwer und unerträglich getroffen werden würde. Eine solcheBetroffenheit ist nicht erkennbar.

Fischereibetriebe sind durch die kurzzeitigen Verlegearbeiten nur äußerst marginal betroffen,so dass keine Gefährdung des Bestands einzelner Fischereibetriebe vorliegt, die gegen eineGenehmigung des Vorhabens sprechen würde.

Im übrigen ist zu einer etwaigen Betroffenheit nichts vorgetragen worden. ImVerwaltungsverfahren hat sich trotz der Öffentlichkeitsbeteiligung kein einziger einzelnerFischereibetrieb gemeldet. Im Rahmen der Verbändebeteiligung hat sich ebenfalls keinFischereiverband geäußert.

Es kommt hinzu, dass die Antragstellerin und der Landesverband der Kutter- undKüstenfischerei Mecklenburg–Vorpommern am 24. 06 2009 eine Vereinbarung über dieEinstellung und Einschränkung der Fischereiaktivitäten während der Bauzeit geschlossenhaben.

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Ferner hat die Antragstellerin die Studie „Nord Stream – Over–trawlability – Risk assesmentfor fishermen“ eingereicht, die untersucht, ob es durch die auf dem Meeresbodenaufgelegten Rohrleitungen zu einer Gefährdung des fischereilichen Schiffsverkehrs kommenkann. Die Studie hat ergeben, dass im Bereich der Rohrleitungen grundsätzlich mitSchleppnetzen gefischt werden kann, die Gefahr einer Beschädigung von Fischerbootendurch Verhaken der Schleppnetze mit den Rohrleitungen ist nicht ersichtlich. Angaben obFanggeräte, insbesondere Schleppnetze beim Ziehen über die Rohrleitungen beschädigtwerden, enthält die Studie nicht. Die Antragstellerin hat jedoch mit der dänischen FirmaThyboron neuartige Scherbretter für Schleppnetze entwickelt, die das Fischen im Bereicheiner Pipeline erleichtern und die Gefahr von Beschädigungen verringern. Vertreter vonFischereiverbänden haben mit den neu entwickelten Scherbrettern die Durchführungentsprechender Tests beobachtet. Für die Genehmigungsbehörde ist nicht zu ermitteln, obdie deutschen Fischer die neuen Scherbretter angenommen haben oder zur Vermeidungmöglicher Beschädigungen der Fanggeräte von sich aus auf den Einsatz von Schleppnetzenim Bereich der Rohrleitungen verzichten. Da sich weder ein privater Einwender noch einFachverband im Beteiligungsverfahren an der Diskussion beteiligt hat, konnte hier keinErgebnis erarbeitet werden. Nord Stream hat allerdings im Erörterungstermin (sieheProtokoll des Erörterungstermins vom 22.06.2009) zugesagt, entsprechende Regelungenaus Dänemark oder Schweden auf die deutschen Fischer zu übertragen, sofern hier einBedarf ersichtlich werden würde. Da der Bereich der Rohrleitungen im Verhältnis zumgesamten für die Schleppnetzfischerei zugelassenen Gebiet sehr klein ist, wäre eine etwaigeBeeinträchtigung jedenfalls als gering zu bewerten.

Eine Beeinträchtigung der Fischereibetriebe ergibt sich auch nicht aus einem Vorkommenvon Munitionsaltlasten auf der Pipelinetrasse. Wie bereits oben unter III.1. ausgeführt, habenDatenauswertungen und umfangreiche Untersuchungen des Verlegekorridors keineHinweise auf das Vorhandensein von Munition im Vorhabensbereich ergeben.

Auch die Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit demNahrungsmittel Fisch ist kein überwiegendes öffentliches Interesse, das einer Genehmigungentgegensteht. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch istnicht zu erwarten. Die Fanggründe im Bereich des deutschen Festlandsockels sind, wie sichaus den o.a. Ausführungen zu den erzielten Erträgen ergibt, im Vergleich zu den Bereichenim Küstenmeer von nachrangiger Bedeutung. Zudem werden im Zuge einer nachhaltigenFischereipolitik und der Vorsorge zum Erhalt der Fischbestände Schutzmaßnahmen wie z.B.jährliche Höchstfangmengen ergriffen.

III.2.4 Ozeanographische und wissenschaftliche Fors chungen

Ozeanographische und wissenschaftliche Forschungen werden durch die Verlegung und denBetrieb der Rohrleitungen nicht beeinträchtigt.

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 c) BBergG ist die Genehmigung dannzu versagen, wenn ozeanographische oder sonstige wissenschaftliche Forschungen mehrals nach Umständen vermeidbar beeinträchtigt werden und dies nicht durchNebenbestimmungen ausgeglichen werden kann.

In unmittelbarer Nähe der Rohrleitungen befinden sich weder ozeanographische nochwissenschaftliche Forschungseinrichtungen oder –stationen. DieLangzeitüberwachungsstation OM BMP K3 ist ca. 8 km, die Station TF 0150 ist ca. 11 kmund Station Pommernbucht ist ca. 18 km von den Rohrleitungen entfernt. Die Entfernung zurMARNET Station Oderbank beträgt ca. 34 km und zur MARNET Station Arkona-Beckenbeträgt die Entfernung ca. 44 km.

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III.2.5 Militärische Belange

Einer Erteilung der Genehmigung für die beantragten Rohrleitungen steht die Sicherheit derBundesrepublik Deutschland nicht in einer Weise entgegen, die eine Versagung rechtfertigenwürde. Gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 e) BBergG ist die Genehmigung dann zu versagen, wenndie Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist. Eine solche Gefährdung gehtvon der Verlegung und dem Betrieb der Rohrleitungen nicht aus.

Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist der Zustand relativer Ungefährdetheitgegenüber fremden Staaten, das bedeutet die uneingeschränkte Landesverteidigung durchmilitärische Anlagen (BBergG Boldt/Weller, 1994, § 132 Rn 8) und den effektiven Einsatzder Bundeswehr. Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr setzt ausreichende Möglichkeiteneines geordneten Übungsbetriebes voraus. Durch die Verlegung und den Betrieb derRohrleitungen werden weder militärische Anlagen noch die Einsatzfähigkeit der Bundeswehrbeeinträchtigt.

In ihrer Stellungnahme vom 23.04.2009 erklärt die Wehrbereichsverwaltung Nord, dass dieBundeswehr auf die uneingeschränkte Nutzung ihrer Übungsschießgebiete angewiesen sei.Übungsgebiete der Bundeswehr werden jedoch durch den Betrieb der Pipelines nichteingeschränkt oder beeinträchtigt.

Die Rohrleitungen verlaufen durch das Artillerieschießgebiet „Pommersche Bucht“ derMarine sowie durch die Übungsgebiete ED-D 47 A und ED-D 47 B der Luftwaffe. DieÜbungsgebiete werden sowohl von schwimmenden Einheiten der Bundeswehr genutzt, alsauch von der Luftwaffe. Übungen unter Wasser finden in dem Bereich nicht statt. Diegenannten Übungsgebiete werden für Seeziel– und Luftzielschießübungen der Marine undLuftwaffe genutzt. Hierbei handelt es sich um Schießübungen, die sich auf See- oderLuftziele, Ziele die sich entweder auf der Wasseroberfläche oder in der Luft befinden,beziehen. Schießübungen auf Ziele unter Wasser werden nicht durchgeführt. Auch nachVerlegung der Rohrleitungen sind die Übungsgebiete räumlich und dauerhaft für dieBundeswehr nutzbar. Der normale Regelübungsbetrieb der Bundeswehr nach den geltendenDienstvorschriften ist auch weiterhin ohne Einschränkungen möglich. Dies ist auch dieAuffassung der Antragstellerin. Daher hat sie keine Einschränkungen beantragt. Solche sindauch allgemein im Genehmigungsverfahren in sonstiger Weise nicht als regelungs-, oderanordnungsbedürftig ermittelt worden.

Dennoch sieht die Wehrbereichsverwaltung Nord in ihrer Stellungnahme vom 23.04.2009Konflikte mit militärischen Belangen insofern, als durch die Pipeline militärischeÜbungsgebiete namentlich das Artillerie-Schießgebiet „Pommersche Bucht“ der Marinesowie das Übungsschießgebiet ED-D 47A und ED-D 47B der Luftwaffe gekreuzt werden, indenen mit dem Auftreten von Fremdkörpern und Munitionsresten zu rechnen sei. DieWehrbereichsverwaltung befürchtet, dass die Rohrleitungen durch Munition oderMunitionsreste beschädigt werden und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werdenkönnten. Dieses Haftungsrisko würde dann wiederum zu einer Einschränkung derBundeswehr führen, da diese auf die Rohrleitungen Rücksicht nehmen müsste. Aus diesemGrunde schließe die Wehrbereichsverwaltung Nord eine Haftung für etwaigeBeschädigungen oder Zerstörungen der Pipeline durch „nicht zur Umsetzung gelangteMunition bzw. Munitionsteile welche ggf. unter Wasser zur Umsetzung gelangen könnten“aus.

Soweit die Wehrbereichsverwaltung in ihrer Stellungnahme auf die Bedeutung dermilitärischen Sicherheit hinweist, wird dies grundsätzlich als gewichtiger Belang bewertet. Esist allerdings nicht aufgezeigt, inwiefern die militärische Sicherheit insgesamt dadurch

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beeinträchtigt sein soll, dass bei Schießübungen auf das Vorhandensein der Nord StreamPipeline Rücksicht zu nehmen ist, wenn die Sicherheit der Pipeline durch „nicht zurUmsetzung gelangte Munition bzw. Munitionsteile“ gefährdet wäre. Ein solcherZusammenhang lässt sich nicht erkennen.

Für die Ermittlung von Risiken einer Anlage sind, neben den in der Regel gewichtigenörtlichen Verhältnissen, zahlreiche Faktoren und ihre Wirkungszusammenhänge zuberücksichtigen. Die Ermittlung und Bewertung ist u.a. von den Berechnungsmethoden, derStandfestigkeit und Druckfestigkeit von Anlagen, der Schadensanfälligkeit von Werkstoffenund Vorrichtungen, der Störanfälligkeit von technischen Verfahren bis hin zur Ermittlung vonBelastungspfaden und der Abschätzung menschlichen Verhaltens abhängig. Die Beurteilungeines konkreten Risikos ist danach unter Berücksichtigung der Wirkzusammenhänge allerRisikofaktoren und der zu ihrer Eindämmung möglichen Vorkehrungen vorzunehmen. Dadies eine sehr komplexe Fragestellung darstellt, ist das BSH hier - wie auch in vielenanderen Punkten - auf die Einreichung entsprechender Expertise durch die Fachstelle unddie Antragstellerin angewiesen.

Bei der Beurteilung des Risikos der Beschädigung der Rohrleitungen durch das Militär stütztsich das BSH auf die gutachterliche Stellungnahme des Germanischen Lloyd vom18.11.2009. Diese gutachterliche Stellungnahme hat die Antragstellerin nach denErgebnissen der Erörterung und den danach noch weiter verfolgten und neu eingeführtenFachinformationen durch die Wehrbereichsverwaltung zwecks Schaffung einer fachlichabgesicherten Entscheidungsunterlage anfertigen lassen, damit ein auch und nicht zuletzt fürsie selbst relevanter Umstand geklärt werden kann. Die dieser Expertise zugrunde gelegtenDaten sind mit der Bundeswehr abgestimmt. Das hat die WBV mit Schreiben vom23.11.2009 bestätigt. Aufgrund der Berechnungen und Analysen der betrachtetenrealistischen Szenarien unter Berücksichtigung der getroffenen Randbedingungen undEreignisabläufe ist davon auszugehen, dass die derzeit von der Marine und Luftwaffeverwendeten Geschosse kein Risiko für die Pipelines darstellen und daher bei Nutzung derbetrachteten Munitionstypen außerhalb der Verlegephase keine Einschränkungen für denÜbungsbetrieb der Bundeswehr bestehen. Dies zeigt die Stellungnahme nachvollziehbar undanschaulich. Dabei wird in der Stellungnahme von dem ordnungsgemäßen Gebrauch derMunition im Rahmen der Richtlinien der Bundeswehr ausgegangen. Betrachtet wurden dieSzenarien „direkter Aufprall auf die Pipeline ohne Wasserüberdeckung“, „Verwendung vonüblicher und maximal vorgesehener Gefechtsmunition mit Detonation an derWasseroberfläche“ sowie „ohne Detonation an der Wasseroberfläche“.

Bei der Betrachtung des Verschusses von großkalibrigen Gefechtsgeschossen istanzumerken, dass diese nach den eigenen Vorgaben der Bundeswehr erst ab einerWassertiefe von 200 m zum Einsatz kommen. Bei den durch die Bundeswehr eingesetztenGeschossen handelt es sich ausschließlich um Übungsmunition ohne Explosivstoff/Hartkern. Angaben zur von anderen Staaten während internationaler Schießübungen in demÜbungsgebiet verwendeter Munition konnten mangels ausreichend konkreter Angabenweder in die Expertise noch in die Bewertung einbezogen werden. Die Thematik ist jedochweder von den dänischen, noch von den schwedischen Vertretern während derinternationalen Konsultationen in dieser Weise thematisiert worden, obwohl jeweils Vertreterder militärischen Belange im Verfahren Stellungnahmen abgegeben haben.

Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass ein darüber hinausgehendes „Restrisiko“verbleibt, also ein hypothetisches Risiko, das nach dem Stand der Wissenschaft unbekannt,aber nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfGE 49,89 – Kalkar I). Zur Einschätzung vonRestrisiken führt das BVerfG aus, dass sich die Möglichkeit künftiger Schäden durch dieErrichtung oder den Betrieb einer Anlage nur abschätzen lässt, indem man Schlüsse aus derBeobachtung vergangener tatsächlicher Geschehnisse, aus der relativen Häufigkeit desEintritts und des gleichartigen Verlaufs gleichartiger Geschehnisse in der Zukunft zieht.Sofern eine hinreichende Erfahrungsgrundlage hierfür fehle, müsse man sich auf Schlüsse

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aus simulierten Verläufen beschränken. Erfahrungswissen dieser Art, selbst wenn es sichzur Form des naturwissenschaftlichen Gesetzes verdichtet habe, sei immer nurAnnäherungswissen, das nicht volle Gewissheit vermittele, sondern durch jede neueErfahrung korrigierbar sei und sich insofern immer nur auf dem neuesten Standunwiderlegten möglichen Irrtums befinde. Daher müsse eine Abschätzung anhandpraktischer Vernunft vorgenommen werden. Ungewissheiten jenseits dieser Schwellepraktischer Vernunft hätten ihre Ursache in den Grenzen des menschlichenErkenntnisvermögens; sie seien unentrinnbar und insofern als sozialadäquate Lasten vonallen Bürgern zu tragen (vgl. BVerfGE 49,89 (143)).

Nach gegenwärtigem Wissensstand ist es ausgeschlossen, dass dieverfahrensgegenständlichen Rohrleitungen durch die Übungstätigkeit der Bundeswehr immilitärischen Übungsgebiet beschädigt werden. Ein gleichwohl bestehendes Restrisiko imoben beschriebenen Sinne liegt auf der Grundlage der heutigen Erfahrungssätze undsimulierten Verläufe jenseits der Schwelle praktischer Vernunft und ist insofern alssozialadäquat hinzunehmen.

Unter Verweis auf eine anderenfalls gegebene Beeinträchtigung des richtlinienkonformenÜbungsbetriebs lehnt das Bundesministerium der Verteidigung jegliche Haftung derBundesrepublik Deutschland für eine Beschädigung der Rohrleitungen ab. Hierzu wirdinsbesondere auf die Höhe des möglichen Schadens abgestellt, der dann vomBundeshaushalt zu tragen wäre. Diesem Umstand wird durch die Auflage Ziffer 29Rechnung getragen, die eine Verpflichtung zum Abschluss einerHaftungsverteilungsvereinbarung vor Inbetriebnahme enthält.

Die Wehrbereichsverwaltung Nord hat in ihrer Stellungnahme vom 23.04.2009 daraufhingewiesen, dass die Bauzeiten mit den entsprechenden militärischen Einrichtungenabzustimmen seien. Sofern die geplanten Verlegearbeiten militärische Übungsgebieteberühren, hat die Genehmigungsinhaberin nach Anordnung Ziffer 11 rechtzeitigAbstimmungen sowie Mitteilungen mit der Systemsteuerzentrale der Luftwaffe und demFlottenkommando vorzunehmen. Die Beeinträchtigung des Übungsbetriebs durch dieVerlegearbeiten ist für die Bundeswehr hinnehmbar, da die Inanspruchnahme des Seeraumsdurch die bei den Verlegearbeiten eingesetzten Schiffe nur kurzzeitig erfolgt und insofern mitallgemeinen Schiffsbewegungen vergleichbar ist.

III.2.6 Erfordernisse der Raumordnung

Der Erteilung der Genehmigung steht das öffentliche Interesse an der marinenRaumordnung nicht entgegen. Der Raumordnungsplan für die deutsche ausschließlicheWirtschaftszone (AWZ) in der Ostsee ist am 19.12.2009 Kraft getreten.

Die Aufstellung erfolgt als Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau undStadtentwicklung gemäß § 18a des Raumordnungsgesetzes (ROG) vom 18. August 1997(BGBl. I S. 2081, 2102), der zuletzt durch Artikel 10 Nummer 2 des Gesetzes vom 9.Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) geändert worden ist, in Verbindung mit § 29 Absatz 1 desRaumordnungsgesetzes vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986). Der Raumordnungsplanin der deutschen AWZ legt erstmalig Ziele und Grundsätze der Raumordnung hinsichtlich derwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Nutzung, hinsichtlich der Gewährleistung derSicherheit und Leichtigkeit der Seeschifffahrt sowie zum Schutz der Meeresumwelt fest. Eswerden Leitlinien zur räumlichen Entwicklung formuliert und Ziele und Grundsätze,insbesondere Gebiete für Funktionen und Nutzungen, festgelegt. Der Raumordnungsplantrifft koordinierte Festlegungen für die einzelnen Nutzungen und Funktionen Schifffahrt,Rohstoffgewinnung, Rohrleitungen und Seekabel, wissenschaftliche Meeresforschung,Windenergiegewinnung, Fischerei und Marikultur sowie Schutz der Meeresumwelt.

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Der Verlauf der Trasse der beiden Rohrleitungen steht im Einklang mit den imRaumordnungsplan festgelegten Zielen und Grundsätzen. Ein Widerspruch zu anderenNutzungen ist nicht ersichtlich.

Die verfahrensgegenständlichen Rohrleitungen kreuzen die Vorrang– und VorbehaltsgebieteSchifffahrt, Nr. 20 (Route Swinemünde – Ystad) und Nr. 21 (Route südlich der Adlergrunds).Die Kreuzung von Rohrleitungen mit den für die Schifffahrt festgelegten Vorrang- undVorbehaltsgebieten soll möglichst auf kürzesten Weg erfolgen, sofern eine Parallelführungzu bestehenden baulichen Anlagen nicht möglich ist. Wegen der technischen Gegebenheiten(Verlegeradius, Druckverhältnisse) wurde für die Kreuzung von Vorrang - undVorbehaltsgebieten für die Schifffahrt durch Rohrleitungen lediglich ein Grundsatz zurmöglichst kurzen Kreuzung festgelegt.

Die Rohrleitungen der Genehmigungsinhaberin kreuzen die Vorrang– und Vorbehaltsgebieteder Schifffahrt Nr. 20 (Route Swinemünde – Ystad) und Nr. 21 (Route südlich Adlergrund).Die Kreuzungspunkte ergeben sich aufgrund der technischen Konzeption der Rohrleitungenund deren Biegeradius. Auch wenn die Kreuzungen der Rohrleitungen mit den o.g. Routennicht auf den kürzesten Weg erfolgen, ist dies aufgrund der technischen Gegebenheiten undErfordernisse mit den beabsichtigten Zwecken und Vorgaben aus dem Raumordnungsplan(Minimierung des Konfliktpotential) vereinbar.

Die Kreuzung der Rohrleitungen mit dem Vorbehaltsgebiet für die wissenschaftlicheMeeresforschung entspricht ebenfalls den Grundsätzen des Raumordnungsplanes und führtnicht zu ungerechtfertigten Beeinträchtigungen. Durch das im Raumordnungsplanfestgelegte Vorbehaltsgebiet wurde der Durchführung wissenschaftlicherForschungshandlungen ein besonderes Gewicht beigemessen. Dies ist bei der Abwägungmit anderen raumbedeutsamen Nutzungen, Planungen, Maßnahmen und Vorhabenentsprechend zu berücksichtigen. Die verfahrensgegenständlichen Rohrleitungen stehen imEinklang mit den Grundsätzen. Durch sie werden ozeanographische und wissenschaftlicheForschungshandlungen nicht beeinträchtigt.

III.2.5 Versorgungssicherheit

Auch das öffentliche Interesse der Versorgungssicherheit steht einer Genehmigung der NordStream Pipeline nicht entgegen.; dieser öffentliche Belang wird durch das Vorhaben vielmehrpositiv befördert.

Das Vorhaben Nord Stream trägt seinen Anteil zur Versorgungssicherheit Deutschlands undder EU mit Erdgas bei. Durch die beiden Rohrleitungen werden jährlich insgesamt 55 Mrd.m³ Erdgas von Russland nach Europa transportiert. Die Nord Stream Pipeline trägt dazu bei,die steigende Nachfrage nach Erdgas in Deutschland und Europa zu decken.

Erdgas ist mit einem Primärenergieverbrauchanteil von ca. 23 % nach Mineralöl wichtigsterBestandteil des deutschen Energiemixes. Der Anteil von Erdgas am Primärenergieverbrauchwird im Jahr 2020 auf ca. 27 % steigen. Mit einem Viertel des Primärenergieverbrauchs derEU entfällt ebenfalls ein signifikanter Anteil auf Erdgas. Es wird erwartet, dass der Anteil desErdgases am Primärenergiemix auf ca. 26 % bis zum Jahr 2025 ansteigen wird.

Neben der steigenden Nachfrage nach Erdgas in Deutschland und der EU wird gleichzeitigmit einem Rückgang der deutschen und innereuropäischen Produktion gerechnet. Als Folgedessen werden in Zukunft Importe einen größeren Teil des Ergasverbrauches abdeckenmüssen. Die verfahrensgegenständlichen Rohrleitungen werden mit einer Gesamtkapazitätvon 55 Mrd. m³ pro Jahr über 25 % des zusätzlichen Erdgasimportbedarfs der EU abdeckenund leisten damit einen signifikanten Beitrag zur Gewährleistung derErdgasversorgungssicherheit.

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Jede Schwierigkeit, die zu einem Rückgang der Erdgasversorgung führt, kann in Anbetrachtdes derzeitigen wie auch künftigen Primärenergieverbrauchsanteils von Erdgas in der EUanhaltende Störungen in der Wirtschaftstätigkeit der Gemeinschaft verursachen.

Durch den Bau der Rohrleitungen tritt zudem eine weitere Diversifizierung derTransportrouten ein. Dies dient der Unabhängigkeit der EU und Deutschlands von Konfliktender gasproduzierenden Länder mit Drittstaaten auf etwaigen Transportrouten undgewährleistet dadurch ein höheres Maß an Sicherheit.

Die verfahrensgegenständlichen Rohrleitungen tragen zu einer mengenmäßigausreichenden, nachhaltigen und zuverlässigen Versorgung der EnergieabnehmerDeutschlands und der EU bei.

III.2.6 Meeresumwelt

Durch die Realisierung des Vorhabens ist keine zur Versagung führende Beeinträchtigungder Pflanzen- und Tierwelt (§ 133 Abs.2 Satz 1, 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Ziffer 3b) sowie keineVerunreinigung des Meeres (§ 133 Abs.2 Satz 1, 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Ziffer 3d) odersonstige Gefährdung der Meeresumwelt (§ 133 Abs.2 Satz 1 BBergG) zu erwarten.

Dieses Ergebnis folgt aus der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)vorgenommenen Darstellung und Bewertung der nach dem jetzigen Planungsstand erkenn-und prognostizierbaren Auswirkungen des Projekts auf Mensch und (Meeres)Umwelt.Für das Vorhaben war gemäß § 3 i.V.m. Anlage 1, Ziffer 19.2.1 UVPG eine UVP nach demGesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (in der Fassung der Bekanntmachung vom25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1757, 2797), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22.Dezember 2008 (BGBl. I. S. 2986) (UVPG) obligatorisch durchzuführen. Kurz nachAntragstellung wurde mit dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz auch § 133 Abs.2a BBergG eingefügt , welcher unter Verweis auf § 3 UVPG die Durchführung einer UVP fürTransitrohrleitungen vorschreibt.

Die Darstellung und Bewertung erfolgt anhand der von der Antragstellerin vorgelegtenUnterlagen, des Ergebnisses des Scopingtermins vom 30.01.2007, der Stellungnahmen ausder Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung, der Ergebnisse des Erörterungstermins vom 22.-25.06.2007 sowie anhand der Erkenntnisse und Erfahrungen des BSH.

III.2.6.1 Varianten

Anderweitig untersuchte Varianten wurden von der Antragstellerin gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 5UVPG in der UVS dargestellt und in nachvollziehbarer Weise als weniger bzw. allenfallsgleich geeignet bewertet.

Es wurden verschiedene Anlandepunkte an der deutschen Küste untersucht. In Fragekamen Greifswald, Rostock und Lübeck. Unter Berücksichtigung konkurrierender Schutz-und Nutzungsansprüche und der Eignung des Meeresbodens wurde die Verbindung nachGreifswald als die unter Berücksichtigung von Umwelt-, Nutzungs- und Kostenaspektenvorzugswürdige Verbindung zwischen dem russischen Vyborg und der deutschen Küstegewählt.

Darüber hinaus wurden zwei verschiedene Varianten der Umgehung von Bornholm geprüft,die zu unterschiedlichen Routenverläufen auf dem deutschen Festlandsockel führen würden:Die „Nördliche Route“ würde nordwestlich von Bornholm durch dänische Territorialgewässer

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verlaufen und nordwestlich des Adlergrunds in den deutschen Festlandsockel eintreten. Diesogenannte „S-Route“ umgeht Bornholm auf der südöstlichen Seite innerhalb der 12-sm-Zone und tritt südöstlich des Adlergrundes in den deutschen Festlandsockel ein. In demvorgelegten Nord Stream Espoo Bericht (Band II, 6.1.8, S. 387 ff.) wird nachvollziehbardargelegt, weshalb die „S-Route“ als unter Umwelt- aber auch unter sozioökonomischenAspekten vorzugswürdig bewertet wurde. So wären auf der „Nördlichen Route“weitergehende Eingriffe in den Meeresboden innerhalb von Natura 2000-Gebietenerforderlich und die Nähe zur stark frequentierten Schifffahrtsroute birgt ein etwas höheresRisiko der Beeinträchtigung der Schifffahrt als die S-Route.

III.2.6.2 Schutzgutbezogene Darstellung des Vorhabensgebietes und etwaigervorhabensbedingter Auswirkungen

III.2.6.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen

Erwartete und für möglich erachtete Auswirkungen sind in der vorgelegtenUmweltverträglichkeitsstudie (UVS) anschaulich und übersichtlich dargestellt. Bezogen aufden derzeitigen Planungsstand ist die Darstellung vollständig und ausreichend.

Zweck von UVS und UVP ist es, die mit der Realisierung eines entsprechenden Projektesverbundenen Folgen für die im UVPG genannten Schutzgüter so zu beschreiben, dass dieseder Genehmigungsbehörde, den Trägern öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeitbewusst werden und bei der Entscheidung von der Genehmigungsbehörde angemessenberücksichtigt werden können. Dem genügt die vorgelegte Studie.

Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung sind weitere geplante Vorhaben einschließlicheventueller Ausbaustufen sowie weitere Nutzungsformen, wie z.B. Windenergieprojekte inder AWZ der Ostsee unter dem Gesichtspunkt etwaiger kumulativer Auswirkungen auf dieMeeresumwelt in die Prüfung einzubeziehen. Diese kumulative Betrachtung erfolgt anhandder einzelnen Schutzgüter.

Dazu ist festzustellen, dass nicht jedes Vorhaben einer kumulativen Betrachtung bedarf.Vielmehr muss hinsichtlich der verschiedenen Planungsphasen differenziert werden:

Nicht einzubeziehen sind Vorhaben, für die lediglich ein Antrag vorliegt, da gerade imOffshore-Bereich oftmals vorsorgliche Anträge mit dem Ziel der Flächenreservierung gestelltworden sind, deren Realisierungschancen und Umweltauswirkungen sich in frühenPlanungsphasen nicht annähernd abschätzen lassen. Einzubeziehen sind lediglich solcheVorhaben, die bereits planungsrechtlich verfestigt sind. Dazu gehören neben gebauten undgenehmigten Vorhaben diejenigen, die in der abschließenden Partizipationsrunde einenAntrag nebst UVS vorgelegt haben, der Gegenstand der öffentlichen Auslegung nach § 9UVPG geworden ist.

Kumulative Auswirkungen der weiteren in der Ostsee geplanten Windparkprojekte warennicht zu betrachten, da sie zum Zeitpunkt der Einreichung der UVS entwederplanungsrechtlich noch nicht hinreichend verfestigt waren oder aber so weit von dembeantragten Vorhaben entfernt sind, dass kumulative Auswirkungen nicht zu besorgen sind.

Die speziellen Schutzgüter

Unter Bezug auf die UVS können eventuelle und erwartete Auswirkungen auf dieMeeresumwelt zusammengefasst wie folgt beschrieben werden:

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III.2.6.2.2 Boden (Sediment)

Für die Beschreibung der Bodenverhältnisse hat die Antragstellerin neben verfügbarenDaten und Informationen insbesondere die Ergebnisse aus den eigenen, umfangreichenUntersuchungsprogrammen herangezogen. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde einabgestuftes Messprogramm durchgeführt, dass zunächst die flächendeckende Erfassungeines 2 km breiten Korridors (sog. "Screening Route Survey") beinhaltete. Auf derAuswertung der Ergebnisse aus dieser Messkampagne setzte eine hochaufgelöste,flächendeckende Erfassung der beiden Korridore für die Verlegung der Rohrleitungen aufeiner Breite von 200 m auf (sog. "Detailed Route Survey").Die eingesetzten Untersuchungsmethoden entsprechen dem Stand der Technik undumfassen geophysikalische Messverfahren unter Verwendung von Fächerecholot,Seitensichtsonar, Sedimentecholot (Boomer) und Magnetometer sowie geotechnischeVerfahren, die Bohrungen bis 5 m unter dem Meeresboden mit einemVibrationshammerkerngeräts (Vibrocorer) sowie Drucksondierungen umfassten. Zusätzlichwurde eine Unterwasser-Videokamera, die zur genauen Navigation an einemferngesteuerten Unterwasserfahrzeug (sog. Remotely Operated Vehicle, ROV) installiertwar, eingesetzt, um Sonarkontakte auf dem Meeresboden zu verifizieren und überprüfen.Für die Kalibrierung der Ergebnisse der Seitensichtbefahrungen (Sonogramme) wurdenzusätzlich die Sedimentbeschreibungen von Bodenproben herangezogen. Nach denvorgelegten Unterlagen und Auswertungen beschreiben die Ergebnisse aus denUnterwasseraufnahmen und Bodenbeprobungen repräsentativ die Sedimenttypen desUntersuchungsgebiets auf dem Festlandsockel.Für die Einschätzung der Schadstoffbelastung wurden neben Angaben aus der Literatureigene Sedimentanalysen für Blei, Cadmium, Kupfer, Nickel und Zink in Auftrag gegeben.

Das abgestufte Messprogramm wurde beim Expertentreffen zum Thema "SeabedInterventions" am 07./08.06.2007 in Hamburg, des im Rahmen des Verfahrens zurinternationalen Konsultation gemäß Espoo-Konvention organisiert worden war, vorgestelltund von den anwesenden Fachleuten und Experten aus anwesenden Ostsee-Anrainerstaaten als ausreichend erachtet.

Nach den vorgelegten Ergebnissen nehmen die Wassertiefen im Untersuchungsgebiet vonca. 28 m im Bereich der Grenze des Festlandsockels bis auf ca. 17 m zur 12-Seemeilenzoneab. Entlang des gesamten Untersuchungsgebiets besteht der Meeresboden fastausschließlich aus Feinsanden mit einem geringen Anteil an organischer Substanz. Naheder 12-Seemeilengrenze wurde anhand der Seitensichtsonar-Untersuchungen einkleinräumiger Bereich mit am Meeresboden anstehendem Geschiebemergel/Restsedimenterfasst, ca. 400 m südlich der eigentlichen Korridore für die Verlegung der Rohrleitungen.Die Gehalte an Schwermetallen und organischen Schadstoffen in den Feinsanden sindgering bzw. liegen für einige Stoffe unter der Nachweisgrenze.

Der Schichtaufbau der oberen 2 m des Meeresbodens ist durch das Vorkommen vonüberwiegend feinsandigen Lockersedimenten charakterisiert.

Nach derzeitigem Kenntnisstand werden die oberen 30 bis 50 Zentimeter des Meeresbodensbei Sturmereignissen durch die natürliche Sedimentdynamik umgelagert. Wegen der indiesem Seegebiet stattfindenden Grundschleppnetzfischerei werden maximal die oberen 10-20 Zentimeter des Meeresbodens regelmäßig durchwühlt und aufgewirbelt.

Wegen der geologischen Verhältnisse im Bereich des Festlandsockels beantragt die NordStream AG die Verlegung der beiden Rohrleitungen auf dem Meeresboden. Auf derGrundlage der eingereichten Unterlagen hält die Antragstellerin ein Eingraben für nichterforderlich. Steinschüttungen oder meeresbodenbezogene vorbereitende Arbeiten sindnicht vorgesehen. Die beiden Rohrleitungen mit einem Außendurchmesser von jeweils1,20 m verlaufen auf dem Festlandsockel über eine Strecke von ca. 31 km weitgehend

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parallel in einem Abstand von ca. 100 m, der in einzelnen Bereichen u. a. aus Gründen derBodenbeschaffenheit bis zu ca. 170 m betragen kann. Auf der Grundlage der Erfahrungenmit Rohrleitungen auf dem Festlandsockel der Nordsee ist davon auszugehen, dass eswährend der ersten Betriebsjahre im Zuge erhöhter Sedimentdynamik bei Sturmereignissenzu einem Selbsteingraben der Rohrleitungen kommen wird; dabei ist zu erwarten, dass nachAbschluss dieses Prozesses die Rohrleitungen maximal bis zur Hälfte im Meeresbodenliegen.

III.2.6.2.3 Wasser

Für die Beschreibung der ozeanographischen Verhältnisse hat die Antragstellerin dieverfügbaren Daten des Messnetzes des BSH (MARNET) und des Bund-Länder-Messprogramms (BLMP) über Temperatur, Salzgehalt, Sauerstoff, Nährstoffe u. a. sowie aufInformationen aus dem MURSYS-Umweltreportsystem des BSH zurückgegriffen. Danebenwurden im Zuge der Benthos-Untersuchungen eigene Datenbestände zu Temperatur,Salzgehalt, Sauerstoff und Sichttiefen erhoben.

Demnach weist der Wasserkörper im Bereich der beantragten Rohrleitungen einen mittlerenSalzgehalt von 8 PSU auf; eine haline Schichtung tritt erst nördlich davon im Übergang vonder Pommerschen Bucht in das Arkonabecken auf. Die Sauerstoffkonzentrationenunterliegen den natürlichen Schwankungen, wobei größere Sauerstoffmangelsituationen,d. h. Konzentrationen von 0,5 bis 1,5 mg Sauerstoff pro Liter, letztmalig im August 2003 indiesem Seegebiet gemessen wurden. Der Wasserkörper zeichnet sich durch stabilemesotrophe Bedingungen mit ganzjährig niedrigen Nährstoffkonzentrationen aus, die dencharakteristischen jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen. DieSchwebstoffkonzentrationen liegen bei 2 mg pro Liter und weisen die typischen Gehalte fürdie offene Ostsee auf. Temporär können jedoch in Meeresbodennähe erhöhteKonzentrationen durch die Aufwirbelung (Resuspension) von feinkörnigem Sediment alsFolge natürlicher Ereignisse (Stürme) oder durch fischereiliche Aktivitäten(Grundnetzfischerei) auftreten. Die Konzentrationen der Schwermetalle Cadmium, Blei,Quecksilber und Nickel liegen nachweislich unterhalb der Belastungsgrenzen.

Der Wasserkörper ist im Bereich der beantragten Rohrleitungen in Bezug auf dieanthropogene Beeinflussung nur sehr gering betroffen und weist eine naturnaheGewässerstruktur auf. Es sind keine Störungen der Wasseraustauschprozesse odersonstiger hydrographischer Gegebenheiten festzustellen, so dass der Bestand desSchutzguts Wasser für den betrachteten Raum als hochwertig eingestuft werden kann.

Während der Verlegephase kann es als Folge von Trübungsfahnen sowie derRemobilisierung und Resuspension von Nähr- und Schadstoffen zu Auswirkungen auf diehydrographischen Verhältnisse und die Wasserbeschaffenheit kommen.

III.2.6.2.4 Luft/Klima

Durch die Bautätigkeit wird es zu vorübergehenden Auswirkungen auf die Luftqualität imunmittelbaren Umfeld der Bau- und Verlegetechnik kommen.

III.2.6.2.5 Landschaft

Durch das genehmigte Vorhaben werden Auswirkungen auf das Landschaftsbild nurtemporär im Zeitraum der Verlegearbeiten zu erwarten sein. Während des Betriebs derRohrleitungen werden Auswirkungen auf das Landschaftsbild nicht eintreten.

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III.2.6.2.6 Kulturgüter

Nach den durchgeführten geologischen und archäologischen Voruntersuchungen imVorhabensgebiet sind Kulturgüter dort nicht vorhanden. Insbesondere wurden keine Wracksgeortet.

III.2.6.2.7 Mensch

Unabhängig von wirtschaftlichen Betätigungen (vgl. III ) und von den mittelbarenAuswirkungen, die eine eventuelle Beeinträchtigung der Meeresumwelt auf den Mensch hat,ist der Mensch durch das Vorhaben nicht betroffen. Wegen der großen Entfernung zumFestland ist der Mensch als erholungssuchender Urlauber während der Bauphase nicht bzw.nur vernachlässigbar vereinzelt als Sportbootfahrer betroffen. Für die bei denVerlegungsarbeiten eingesetzten Personen stellen die geplanten Arbeiten – wenn auch nurtemporär – ein Arbeitsumfeld dar.

III.2.6.2.8 Vegetation

Im Bereich der Pipelinetrasse im Festlandsockel ist aufgrund der Wassertiefen sowie derhydrographischen Verhältnisse das Vorkommen von Vegetation gering.

III.2.6.2.9 Benthoslebensgemeinschaft (Biotoptypen und Benthos)

Für die Beschreibung der Biotoptypen und des Benthos hat die Antragsstellerin nebenverfügbaren Daten und Informationen insbesondere die Ergebnisse aus den eigenen,umfangreichen Untersuchungsprogrammen herangezogen. Zur Beschreibung derBiotoptypen wurde ein abgestuftes Messprogramm im Rahmen der Bodenerkundungendurchgeführt (Details siehe Schutzgut Boden). Die Benthosuntersuchungen erfolgten aufquerenden Transekten, wobei jedes Transekt aus fünf Stationen bestand, die sich auf dergeplanten Pipeline-Trasse sowie jeweils 500 m bzw. 1000 m beiderseits davon befanden.Die Infauna (Tiere, die im Sediment leben) wurde, den HELCOM-Richtlinien folgend,überwiegend mit einem Van-Veen-Bodengreifer untersucht. An jeder Station wurden 3 bzw.an einigen Stationen 4 Hols genommen, die separat aufbewahrt und bearbeitet wurden. DieTransekte wurden nicht gleichmäßig in kontinuierlichem Abstand über die Trassenlängeverteilt, sondern so positioniert, dass aus allen Gewässerabschnitten, Wassertiefen undSubstraten Infauna-Proben vorlagen. Dementsprechend wurde für den Bereich GreifswalderBodden und Boddenrandschwelle ein wesentlich dichteres Stationsnetz gewählt als für diePommersche Bucht. Im Bereich des deutschen Festlandsockelswurden drei Transekteuntersucht, wobei ein Transekt an der Grenze zwischen der 12 sm-Zone und demFestlandsockel liegt. Zur Beschreibung und Bewertung werden zusätzlich die Transekte derTrassenvarianten und ergänzende Daten aus der Datenbank des IfAÖ herangezogen(weitere 80 Stationen = > 200 Hols).

Neben den im Sediment lebenden Tieren (Infauna) gehören die auf dem Sediment lebendenWirbellosen (Epifauna) zum Makrozoobenthos. In der Pommerschen Bucht wurde zurErfassung neben der Unterwasserkamera eine standardisierte Baumkurre eingesetzt. AufBöden, die mit Steinen und Blöcken durchsetzt sind, konnte die Baumkurre nicht eingesetztwerden. Hier erfolgte die Beschreibung der Epifauna ausschließlich anhand derVideoaufnahmen.Aufgrund von Trassenoptimierungen wurde das Probenahmedesign mehrfach angepasst.Die Untersuchungen wurden im Verlauf mehrerer Kampagnen in den Jahren 2006 und 2007durchgeführt.

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Insgesamt liegt dem BSH eine ausreichend belastbare Informationsgrundlage für dieBeschreibung der Biotoptypen und der Benthoslebensgemeinschaften vor.

Biotoptypen

Nach den vorgelegten Untersuchungsergebnissen zeichnet sich der Abschnitt der Trasseinnerhalb des Festlandsockels durch annähernd konstante Sedimentverhältnisse aus,obwohl die Wassertiefe im Untersuchungsgebiet von ca. 28 m im Bereich der Grenze desFestlandsockels bis auf ca. 17 m zur 12-Seemeilenzone im Trassenverlauf abnimmt. Eshandelt sich zunächst um einen leicht welligen Sandboden wobei sich in den RippelnDetritus ansammelt. Im Übergang von der Pommerschen Bucht über die Adlergrundrinnezum Bornholmbecken wird das Sediment feiner, der Schluffgehalt steigt jedoch nur marginalan und die Wellenstruktur des Bodens ebbt ab.

Gemäß der Kartierungsanleitung für Biotoptypen nach LAUN (1998: Anleitung fürBiotopkartierung im Gelände in M-V. Schriftenreihe des LAUN 1998/ Heft1. Landesamt fürUmwelt und Natur Mecklenburg-Vorpommern, Güstrow-Gülzow) ist der erste Abschnitt derNord Stream Trasse bis km 1155 dem Biotoptyp 3.1.4 „Flachwasserzone der Ostsee mitSandsubstrat, makrophytenarm (KMS)“ zuzurechnen. Dieser Biotoptyp tritt weitgehendhomogen von der Grenze der 12 sm-Zone bis in die 20 m Wassertiefenlinie auf. DasMakrozoobenthos setzt sich aus einer artenarmen Lebensgemeinschaft aus einigenPolychaeten und Muscheln sowie Oligochaeten zusammen. An diesen Biotoptyp schließtsich der Biotoptyp 3.1.1 Tiefenwasserzone der Ostsee (KMT) bis zur Festlandsockelg-renzean, wobei er sich auch im der dänischen Bereich fortsetzt. Nach LAUN (1998: a.a.O) werdendie Gewässerareale der Ostsee, die eine Wassertiefe größer als 20 m aufweisen, diesemBiotoptyp zugeordnet. Dabei werden weitere Differenzierungen anhand unterschiedlicherSedimentstrukturen oder morphologischer Besonderheiten nicht vorgenommen. Im Bereichder Trasse ist für Wassertiefen unterhalb 20 m eine relativ homogene Habitatstrukturfestzustellen. Lediglich der äußerste Streckenabschnitt südlich des Adlergrundes (> 25 mWassertiefe, ) ist durch seine Verbindung zum Bornholmbecken naturräumlich anderseinzuordnen. Kennzeichnend ist hier ein zeitweiser geschichteter Wasserkörper. DerSalzgehalt der bodennahen Wasserschicht liegt bei durchschnittlich ca. 9 PSU und weisteine geringe Schwankungsbreite auf. Für das Benthos sind die Ostsee-Riesenassel Saduriaentomon und der Flohkrebs Monoporeia affinis charakteristisch. Landseitig davon ist eineandere Benthosgemeinschaft anzutreffen. Die artenarme Benthosgemeinschaft setzt sichaus einigen Polychaeten, Priapuliden und Muscheln zusammen. Makrophyten sind außerDriftalgen nicht gegeben.Entgegen der Darstellung in der UVS beschränkt sich nahe der 12 sm-Grenze dasVorkommen von Grobsedimenten nicht nur auf einen kleinräumigen Bereich mit amMeeresboden anstehendem Geschiebemergel/Restsediment, sondern aus dem KartenblattBlock 39 (KP W 1160.741 – 1170.753; KP E 1060.719 – 1070.732) des Anhangs zumTechnischen Erläuterungsberichtes (Karten und Pläne) geht hervor, dass die westlicheRohrleitung im Bereich des KP 1171 bis 1168,5 fleckenhaft verteilte Gebiete mit Kies,Restsediment und Steinen kreuzt. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich weiterhinfleckenhaft verteilte Kiesflächen. In diesen Flächen sind potenzielle Riffstrukturen, die nachder Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie derwildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie, 92/43/EWG) als „LRT 1170“ besondersgeschützt sind, nicht auszuschließen.Nach der Kartieranleitung des LAUN könnten diese Bereiche stellenweise dem Biotoptyp3.1.2 Mariner Block- und Steingrund (KMR) entsprechen, wobei die Steine permanenteAufwuchsflächen für hartsubstratbevorzugende Makrozoobenthosarten wie z.B. dieMiesmuschel bilden.

Riecken et al. verwenden in ihrer Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlandseine vom LAUN (a.a.O.) abweichende Biotoptypenbezeichnung (2006: Rote Liste der

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gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – zweite fortgeschriebene Fassung 2006.Naturschutz und Biologische Vielfalt Heft 34, Bundesamt für Naturschutz Bonn – BadGodesberg 2006, 318 S.). Dem Biotoptyp 3.1.4 „Flachwasserzone der Ostsee mitSandsubstrat (Code KMS)“ nach LAUN können die Biotoptypen „ebenes Mittel- bisFeinsandbiotop der äußeren Meeresgebiete der Ostsee“ (Code 02.02.06.02) oder„Feinsubstratbiotope der äußeren Meeresgebiete der Ostsee“ (Code 02.02.08) nach Rieckenet al. zugeordnet werden. Entsprechendes gilt für den Biotoptyp 3.1.1 „Tiefenwasserzone derOstsee (Code KMT)“. Der fleckenhaft auftretende Biotoptyp 3.1.2 „Mariner Block- undSteingrund (Code KMR)“ findet sich in der Biotoptypenliste von Riecken et al. (a.a.O.) als„flaches, natürliches Hartsubstratbiotop der äußeren Meeresgebiete der Ostsee,makrophytenfrei oder –arm“ mit der Codenummer 02.02.01.01 wieder.Die flachen, natürlichen Hartsubstratbiotope der äußeren Meeresgebiete der Ostsee,makrophytenfrei oder –arm (Code 02.02.01.01) und die Feinsubstratbiotope der äußerenMeeresgebiete der Ostsee (Code 02.02.08) werden als gefährdet (Kategorie 3) eingestuft.Das ebene Mittel- bis Feinsandbiotop der äußeren Meeresgebiete der Ostsee (Code02.02.06.02) gilt als ungefährdet.

Makrozoobenthos

Im Rahmen der Untersuchungen konnten im Bereich der Nord Stream Trasse innerhalb desingesamt 31 Arten und supraspezifische Taxa festgestellt werden. Die meisten Artenentfielen mit 11 Taxa auf die Krebstiere (Crustacea). Nach der Häufigkeit folgten dieMeeresringelwürmer (Polychaeta) mit 8 und die Weichtiere (Mollusca) mit 5 Arten undsupraspezifischen Taxa. Die Oligochaeta waren mit 4 und die Bryozoa mit 2 Arten undsupraspezifischen Taxa vertreten. Mit jeweils einer Art bzw. einem supraspezifischen Taxontraten die Cnidaria und die Priapulida auf. Vergleichbare Ergebnisse erzielten Wasmund etal. (2008: Biologische Zustandseinschätzung der Ostsee im Jahre 2007. Meereswiss. Ber.No. 74, Institut für Ostseeforschung Warnemünde 2008, 88 pp.). Sie identifizierten im Jahr2007 an der Station in der zentralen Pommernbucht, die sich im näheren Umfeld der NordStream Trasse befindet, 23 Makrozoobenthosarten. Am häufigsten waren auch hier dieKrebstiere (Crustacea) und die Meeresringelwürmer (Polychaeta) mit fünf Arten. DieWeichtiere (Mollusca) waren mit vier Arten vertreten.Bei den Untersuchungen der Antragsstellerin waren die drei Muschel-Arten Macomabalthica, Mya arenaria und Mytilus edulis im Bereich der Nord Stream Trasse innerhalb desFestlandsockels ebenso an jeder Station anzutreffen wie die Polychaeten-Art Pygospioelegans, der Cumaceen-Krebs Diastylis rathkei und die beiden Oligochaeten-Arten Clitellioarenarius und Heterochaeta costata (UVS Tab. 83, Seite 327-329). Weitere stetigauftretende Arten waren die Wattschnecke Hydrobia ulvae, die Polychaeten-Arten Bylgidessarsi, Hediste diversicolor und Marenzelleria sp. sowie die krustige Bryozoen-Art Electracrustrulenta. Dominante Arten nach abfallender Abundanz geordnet waren bei denUntersuchungen von Wasmund et al. (a.a.O.) die Wattschnecke Hydrobia ulvae, dieHerzmuschel Cerastoderma glaucum und der Polychaet Pygospio elegans.

Innerhalb des deutschen Festlandsockels führt die Pipeline-Trasse auch durch Wassertiefenunterhalb 20 m. Charakteristisch für diesen Bereich waren Feinsande mit überwiegendgeringem, lokal aber auch leicht erhöhtem organischen Gehalt. Die Gemeinschaft war hierdurch das regelmäßige Auftreten mariner oder Tiefenwasser-Arten gekennzeichnet, dieoberhalb von 20 m fehlten: Scoloplos armiger, Halicryptus spinulosus, Saduria entomon undMonoporeia affinis. Dominiert wurde die Gemeinschaft von Pygospio elegans (2000-6000Ind./m²) und der Baltischen Plattmuschel Macoma balthica (240-550 Ind./m²). Oberhalb 20 mwaren auch unbestimmte Individuen der Polychaeten-Gattung Marenzelleria und dieWattschnecke Hydrobia ulvae, unterhalb dagegen der Cumaceen-Krebs Diastylis rathkei undder Flohkrebs Monoporeia affinis häufig.

Von den 31 nachgewiesenen Arten entlang der beiden Trassenvarianten wurden insgesamt9 Arten nachgewiesen, deren Bestand in der Ostsee rückläufig ist oder als gefährdet

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angesehen wird und die aus diesem Grund in die Rote Liste der benthischen Wirbellosenaufgenommen wurden (Gosselck et al., 1996: Rote Liste und Artenliste der benthischenwirbellosen Tiere des deutschen Meeres- und Küstenbereichs der Ostsee. In: T. Merck & H.von Nordheim (Bearb.), Rote Listen und Artenlisten der Tiere und Pflanzen des deutschenMeeres- und Küstenbereichs der Ostsee. Schriftenreihe für Landschaftspflege undNaturschutz Heft 48, Bundesamt für Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg 1996). DieVerbreitung dieser Arten ist zwischen den einzelnen Trassenabschnitten der einzelnenVarianten verschieden (Tab. 85). Unter den „Rote-Liste-Arten“ war eine Art der höchstenKategorie (1) „vom Aussterben bedroht“ (Monoporeia affinis) und zwei Arten Pontoporeiafemorata sowie Saduria entomon gelten als „stark gefährdet“ (Kategorie 2). Weitere zweiArten sind gefährdet (Kategorie 3) und vier Arten gelten als potenziell gefährdet (KategorieP).

Durch die Verlegung der Pipeline sind bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen zuerwarten. Baubedingt kommt es zu Schädigungen von Biotoptypen und der benthischenLebensgemeinschaft durch die Verlegung der Pipeline sowie einer Beeinflussung vonbenthischen Artengruppen durch Trübungsfahnen, Sedimentation, Nährstoffresuspensionund Veränderungen der Wasserbeschaffenheit im Umkreis der Baumaßnahme.Anlagebedingt können sich durch das Vorhandensein künstlichen Hartsubstrats im Umkreisder Pipeline Änderungen in der vorhandenen Artenzusammenstellung ergeben. Bei Kontroll-und Reparaturarbeiten sind beim Freilegen der Pipeline Schädigungen des Benthos möglich.

III.2.6.2.10 Fische

Für die Beschreibung der Fischbestände hat die Antragsstellerin neben verfügbaren Datenund Informationen insbesondere die Ergebnisse aus den eigenenUntersuchungsprogrammen herangezogen. Zur Beschreibung des Schutzgutes Fische imFestlandsockel wurden in den Jahren 2006 und 2007 jeweils im Frühjahr und Herbstinsgesamt 30 Hols mit dem Windparktrawl durchgeführt. Zusätzlich fließen die Ergebnissevon 81 Hols aus den Jahren 2002 bis 2003 aus dem südlichen Bereich des Adlergrundes indie Bestandsbeschreibung mit ein. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bemängelt denUntersuchungsaufwand in seiner Stellungnahme vom 14.05.2009 und vertritt die Auffassung,dass die Fischgemeinschaft im Rahmen der UVS unzureichend beprobt wurde. Hierzu istanzumerken, dass dem BSH weiterhin neben umfangreichen Literaturdaten auch nochumfangreiche Untersuchungsergebnisse, die im Rahmen von mehreren UVS für im Bereichdes Festlandsockels geplanten Windenergie-Vorhaben erhoben wurden, vorliegen. Vierdieser Vorhaben befinden sich im Nahbereich der Nord Stream Trasse und können daherzur Beschreibung der Fischgemeinschaft des gegenständlichen Vorhabens mitherangezogen werden. Weiterhin liegt mit dem Umweltbericht zum Entwurf desRaumordnungsplans für die AWZ in der Ostsee eine aktuelle und umfassende Beschreibungder Fischbestände in der deutschen AWZ vor (siehehttp://www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Raumordnung_in_der_AWZ/Dokumente_11_05_2009/Umweltbericht_Ostsee.pdf). Somit verfügt das BSH insgesamt über eine ausreichendbelastbare Informationsgrundlage für die Beschreibung der Fischgemeinschaft.

Durch die Untersuchungen der Antragsstellerin wurden insgesamt 15 Fischartennachgewiesen. Die größten Individuenzahlen und Biomassen wurden dabei von Dorsch,Flunder, Scholle und Sprotte gestellt, wobei allerdings saisonale Unterschiede deutlichwurden. Es zeigte sich, dass im Herbst mehr als doppelt so viele Individuen gefangenwurden als im Frühjahr. Während der Aufnahmen im Frühjahr dominierten Scholle undFlunder die Abundanz mit zusammen 73,9 Prozent vor dem Dorsch mit 18,3 Prozent. ImHerbst zeigte sich ein ähnliches Bild. Auch hier dominierten Flunder und Scholle dieAbundanzen mit 71,1 Prozent, jedoch machte die Flunder mit 48,3 Prozent anders als imFrühjahr den größten Anteil aus. Auch der Anteil der Sprotte mit 5,6 Prozent lag etwas höherals im Frühjahr.

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Bei den Untersuchungen von Ehrich et al. (2006: Kap. 11 Distribution and Assemblages ofFish Species in the German Waters of North Sea and Baltic Seas and Potential Impact ofWind Parks. In: Köller, J., Köppel, J. und W. Peters (Eds.): Offshore Wind Energy. Researchon Environmental Impacts. 372p.) wurden in den Jahren zwischen 1990 und 2002 im Bereichdes Adlergrundes 15 Fischarten und im Bereich der Oderbank 14 Fischarten nachgewiesen.Unter den in beiden Untersuchungsgebieten nachgewiesenen Fischarten befinden sich vierArten, die von der Antragsstellerin nicht nachgewiesen wurden. Hierbei handelt es sich umSeehase, Stint, Lachs und Aalmutter. Da die Nord Stream Trasse streckenweise zwischenden beiden von Ehrich et al. untersuchten Gebieten liegt, ist ein Vorkommen der genanntenvier Fischarten im Bereich der Trasse anzunehmen. Im Zuge der Untersuchungen für dieWindparkvorhaben „Adlergrund“ und „Pommersche Bucht“, die westlich bzw. östlich der NordStream Trasse liegen, wurden jeweils 17 Fischarten gefangen. Unter diesen waren derKleine Sandaal, der Europäische Aal und die Schwarzgrundel, die weder von derAntragsstellerin noch von Ehrich et al. (a.a.O.) nachgewiesen wurden. Von Thiel & Winkler(2007: Erfassung von FFH-Anhang II-Fischarten in der deutschen AWZvon Nord- undOstsee (ANFIOS). Schlußbericht über das F + E-Vorhaben für das BfN (FKZ: 803 85 220).Stralsund und Rostock. Mai 2007.) liegen aktuelle Untersuchungen im Bereich Adlergrnd undwestliche Rönnenbank vor und sie konnten im Zeitraum 2003 bis 2005 insgesamt 23Fischarten nachweisen. Bei den Untersuchungen von Thiel & Winkler sind weitere fünfFischarten (Butterfisch, Großer Scheibenbauch, Sardelle, Schwimmgrundel und Steinpicker)erfasst worden, die bei den vorgenannten Untersuchungen nicht gefangen wurden. Somiterhöht sich das mögliche Fischartenspektrum im Bereich der Nord Stream Trasse durch dievorliegenden Untersuchungen auf insgesamt 27 Fischarten.

Die im Festlandsockel ermittelten Fischartengemeinschaften gehören zum Typ a) und b)nach Nellen & Thiel (1995: Kap. 6.4.1 Fische. In: Rheinheimer, G. (Hrsg.) Meereskunde derOstsee. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg: 190-196). Nellen & Thielunterscheiden in der Ostsee drei Fischgemeinschaften und zwar a) die pelagischeFischgemeinschaft, b) die benthische oder demersale Fischgemeinschaft und c) die litoraleFischgemeinschaft. Die pelagische Fischgemeinschaft (Typ a) schließt den Hering alsHauptart ein. Weitere Arten in dieser Gemeinschaft sind Sprotte, Lachs und Meerforelle. Zuder benthischen oder demersalen Fischgemeinschaft (Typ b) gehören Dorsch, Flunder,Scholle und Steinbutt.

Durch die oben genannten Untersuchungen ist das Vorkommen von sechs Rote Liste Artennach Fricke et al. (1996: Rote Liste und Artenliste der Rundmäuler und Meeresfische desdeutschen Meeres- und Küstenbereichs der Ostsee. In Schr.-R. f. Landschaftspfl. u.Naturschutz., 48, 83 – 90.) im Bereich der Nord Stream Trasse bzw. im unmittelbarenUmfeld belegt. Hervorzuheben sind die Nachweise der FFH-Arten Finte (Alosa fallax) undLachs (Salmo salar, FFH-Status im Binnenbereich), wobei die Finte nach Fricke et al.ausgestorben oder verschollen (Kategorie 0) ist und der Lachs in der Ostsee als gefährdetgilt (Kategorie 3). Weiterhin wurde der stark gefährdete Ostsee-Herbsthering (Kategorie 2)nachgewiesen. Die verbleibenden Arten Flussaal (Anguilla anguilla), Seestichling (Spinachiaspinachia) und Großer Scheibenbauch (Liparis liparis) gelten als gefährdet (Kategorie 3) fürden deutschen Ostseebereich.

Während der Bau- und Betriebsphase kann es durch die Erhöhung der Sedimentation sowieder Bildung von Trübungsfahnen zu Beeinträchtigungen der Fischfauna kommen. Fernerkann es zur vorübergehenden Vergrämung von Fischen durch Lärm und Vibrationenkommen. Weitere Auswirkungen können von den zusätzlich eingebrachten Hartsubstratenausgehen.

III.2.6.2.11 Marine Säuger

Die Antragstellerin hat für die Beschreibung des Vorkommens mariner Säugetiereumfangreiche Datenquellen und Informationen aus der vorhandenen Literatur genutzt.

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Zusätzlich wurden Beobachtungen von marinen Säugetieren aus den eigenenUntersuchungen zur Erfassung von Seevögeln ausgewertet. Die Beobachtungen erfolgtenwährend der Transektzählungen von Schiff und von Flugzeug (76 m Höhe) aus. SpezielleUntersuchungen, wie Transektzählungen von Flugzeug aus in 183 m Höhe oder statischeakustische Erfassung mit Hilfe von akustischen Klickdetektoren, so genannten PODs, hat dieAntragstellerin nicht durchgeführt. Die geringe Dichte des Vorkommens in den Gebietenöstlich-südöstlich der Insel Rügen erschwert generell die Erfassung des Vorkommensmariner Säugetiere mit Hilfe der Transektzählungen vom Flugzeug aus. Auch dieAuswertung von POD-Daten aus diesem Bereich erweist sich als besonders komplex. ZurErfassung der Habitatnutzung mit Hilfe der POD-Daten sind langjährige Untersuchungen undspezielle Kenntnisse zur Auswertung der Daten aus Gebieten mit extrem geringemVorkommen von Schweinswalen notwendig. Eine solche Fachexpertise wurde bisher nur imRahmen von Forschungsvorhaben erarbeitet.

Es liegen jedoch aktuell ausreichend Informationen aus Forschungsvorhaben, sowohl mittelsTransektzählungen von Flugzeug aus als auch mittels POD-Erfassung vor, um dasVorkommen mariner Säugetiere in der Umgebung der Trasse beschreiben und bewerten zukönnen.

Im deutschen Festlandsockel der Ostsee kommen regelmäßig die folgenden drei Artenmariner Säugetiere vor: Schweinswale (Phocoena phocoena), Kegelrobben (Halichoerusgrypus) und Seehunde (Phoca vitulina). Sie zeichnen sich durch hohe Mobilität aus.Wanderungen, insbesondere auf Nahrungssuche, beschränken sich nicht nur auf die AWZ,sondern schließen auch das Küstenmeer und weite Gebiete der Ostsee grenzenübergreifendein. Die beiden Robbenarten haben ihre Liege- und Wurfplätze auf Inseln und Sandbänkenim Bereich des Küstenmeeres. Zur Nahrungssuche unternehmen sie von den Liegeplätzenaus ausgedehnte Wanderungen im offenen Meer. Aufgrund ihrer hohen Mobilität und derNutzung von sehr ausgedehnten Gebieten ist es erforderlich, das Vorkommen nicht nur inder deutschen Festlandsockel sondern im gesamten Bereich der westlichen Ostsee zubetrachten.

Schweinswale (Phocoena phocoena)

Alle bisherige Informationen bestätigen einen stark abnehmenden Gradienten der Abundanzvon Schweinswalen in der südwestlichen Ostsee von Westen nach Osten hin.

Die höchsten Dichten wurden in allen Untersuchungsjahren und zu allen Jahreszeiten in derKieler Bucht und in der Mecklenburger Bucht erfasst. Dagegen finden sich im Bereich östlichder Insel Rügen und in der Pommerschen Bucht die niedrigsten Dichten (Gilles, A., H. Herr,K. Lehnert, M. Scheidat, U. Siebert, 2008. Harbourporpoises – abundance estimates andseasonal distribution patterns. In: Wollny.Goerke, K., K. Eskildsen (Eds.) Marine mammalsand seabirds in front of offshore wind energy – MINOS). Die Sichtung von mehreren Tierenim Juli 2002 in der Pommerschen Bucht blieb eine Ausnahme und wird eher mitaußergewöhnlichen Ereignissen, wie ausgiebigem Nahrungsangebot in Zusammenhanggebracht.Die Dichten blieben in der Pommerschen Bucht seit 2003 mit Werten zwischen 0,004 und0,058 Ind./km2 niedrig. Im gleichen Untersuchungszeitraum 2002-2006 variierten die Dichtenin der Mecklenburger Bucht zwischen 0,035 und 0, 345 Ind./km2 und in der Kieler Buchterreichten Werte zwischen 0,09 und 0,636 Ind./km2 (Scheidat, M., A. Gilles, K.-H. Kock, U.Siebert, 2008. Harbour porpoise Phocoena phocoena abundance in the southwestern BalticSea. Endang Species Res 5:215-223).

Die Ergebnisse der statischen akustischen Erfassung mit Hilfe von PODs bestätigen, dassdie südwestliche Ostsee regulär von Schweinswalen genutzt wird. Allerdings zeigen auchdiese Untersuchungen räumliche und zeitliche Unterschiede der Habitatnutzung. Der Bereichöstlich-südöstlich der Insel Rügen und die Pommersche Bucht werden zwar von

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Schweinswalen genutzt. Die Habitatnutzung fällt jedoch hier deutlich geringer aus als in denBereichen westlich der Insel Rügen (Verfuß, U., C. Honnef, A. Meding, M. Dähne, S. Adler,A. Kilian, H. Benke, 2008. In: Wollny.Goerke, K., K. Eskildsen (Eds.) Marine mammals andseabirds in front of offshore wind energy – MINOS).Schweinswale ernähren sich opportunistisch von verschiedenen pelagischen undbodenlebenden Fischarten, wandern auf der Suche nach ergiebigen Nahrungsquellen undkonzentrieren sich zeitweilig in Bereichen von qualitativ und/oder quantitativ hohemNahrungsangebot. Der Schweinswal jagt überwiegend Fischschwärme. Die inNahrungsuntersuchungen am häufigsten gefundenen Fische sind Dorsch und Hering, in derzentralen Ostsee auch Aalmuttern. Schweinswale sind zudem extrem beweglich und könnenin kurzer Zeit große Strecken zurücklegen. Mit Hilfe von Satelliten-Telemetrie wurdefestgestellt, dass Schweinswale innerhalb eines Tages bis zu 58 km zurücklegen können.Die Antragstellerin hat im Rahmen der eigenen Untersuchungen im Zeitraum 2006-2008 nureinen Schweinswal im Juni 2006 vor der Ostküste der Insel Rügen beobachtet.

Kegelrobbe (Halichoerus grypus)

Für das Vorkommen von Kegelrobben sind geeignete, ungestörte Liegeplätze vonentscheidender Bedeutung. Dies waren in historischer Zeit vor allem strandnahe Bereichemit großen Steinen, die durch die Steinfischerei und Nutzung in Hafenanlagen undKüstenschutzwällen selten geworden sind. Heutzutage sind Sandbänke und ungenutzteStrandabschnitte (z. B. in der Kernzone des Nationalparks VorpommerscheBoddenlandschaft) potentielle Liegeflächen. Die Verbreitung der Ostsee-Kegelrobben istwahrscheinlich neben anderen Faktoren auch von der Eisbedeckung abhängig. Im Wasserist das Vorkommen natürlich an verfügbare Nahrung gebunden.

In den Daten aus Sichtungen finden sich keine Angaben zu Kegelrobben, so dass über dieNutzung des Festlandsockels der Ostsee keine Aussage getroffen werden kann (Gilles, A.,Scheidat, M. und U. Siebert, 2004: Erfassung von Meeressäugetieren und Seevögeln in derdeutschen AWZ von Nord- und Ostsee (EMSON) - Teilvorhaben: Erfassung vonMeeressäugetieren -. interner Zwischenbericht 09/2004 für das Bundesamt für Naturschutz,Vilm. FKZ: 802 85 260). Die telemetrische Studie aus der südlichen Ostsee (Dietz, R.,Teilmann, J., Damsgaard, O. and N. Henriksen, 2003: Movements of seals from Rødsandseal sanctuary monitored by satellite telemetry. NERI Technical Report. 429. NationalEnvironmental Research Institute. Roskilde, Denmark. 44 pp) und Einzelbeobachtungensowie Totfunde lassen allerdings eine Nutzung der Kadetrinne, des Adlergrundes oder derOderbank als Wanderkorridor oder gelegentlich als Nahrungshabitat vermuten (Harder, K.,1996: Zur Situation der Robbenbestände. In [ed.], J. L. Lozan. Warnsignale aus der Ostsee.Blackwell. Berlin. p..236-242).

Aufgrund der genannten Hinweise wird davon ausgegangen, das die mittelbare undunmittelbare Umgebung der Trasse von Kegelrobben auf Nahrungssuche gelegentlichdurchquert wird.

Seehunde (Phoca vitulina)

Für das Vorkommen von Seehunden sind geeignete ungestörte Liegeplätze vonentscheidender Bedeutung. Die Tiere zeigen oft eine deutliche Präferenz für bestimmteWassertiefen. So bevorzugten Seehunde im Kattegat Wassertiefen von 10 bis 30 m. Dies istwahrscheinlich abhängig von der Nahrungsverfügbarkeit bzw. den Nahrungspräferenzen. ImKattegat bevorzugen Seehunde zudem Weichbodenareale als Nahrungsreviere (Härkönen,T. J., 1988: Food-habitat relationship of harbour seals and black cormorants in Skagerrakand Kattegat. J. Zool. 214: 673-681).

Aufgrund der in telemetrischen Untersuchungen beobachteten - im Vergleich zuKegelrobben - deutlich geringeren Tauchtiefe und der deutlich geringeren zurückgelegten

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Distanzen (Dietz et al. 2003, a.a.O.) dienen den Seehunden in der südlichen Ostsee wohlvor allem küstennahe Flachwasserbereiche als Jagdgebiete. Potentielle Nahrungshabitatefinden sich demnach in deutschen Gewässern entlang der Boddenküste Mecklenburg-Vorpommerns, vor allem im Umkreis von bis zu 60 km um die Ruheplätze (Tollit, D. J., A. D.Black, P. M. Thompson, A. Mackay, H. M. Corpe, B. Wilson, S. M. Van Parijs, K. Grellier & S.Parlane (1998): Variation in harbour seal Phoca vitulina diet and dive-depths in relation toforaging habitat. J. Zool. Lond. 244: 209-222).

An den deutschen Küsten der Ostsee existieren derzeit keine Seehundkolonien ( HELCOM(2005): Compilation of national reports on seals based on the revised reporting form forHELCOM recommendation 9/1 concerning protection of seals in the Baltic Sea area (incl.Kattegat. Nature Protection and Biodiversity Group, Seventh Meeting Kalmar, Sweden, 10-14 October 2005). Alljährlich werden etwa 5 bis 10 Seehunde in Mecklenburg-Vorpommernnachgewiesen. Die Nachweise verteilen sich auf die gesamte Küstenregion, mitSchwerpunkten im Bereich der Westrügenschen Bodden und der Wismarbucht (Harder, K.,G. Schulze, 1997: Robben und Wale in der Wismar-Bucht. Meer und Museum 13: 85-89).Die dem deutschen Festlandsockel am nächsten gelegenen Seehundkolonien befinden sichbei Måkläppan vor Falsterbo, Bøgestrømmen (nördlich von Møn), Saltholm (Øresund),Rødsand (Falster), Vitten/Skrollen (Lolland) und Aunø Fjord (südwestlich Seeland).

Über das Wanderverhalten der Seehunde in der Ostsee ist wenig bekannt. Generell sind dieTiere sehr ortstreu. So berichten Härkönen und Harding (2001, Spatial structure of harbourseal populations and the implications thereof. Can. J. Zool. 79: 2115-2127), dass von 163 amGeburtsort (einer Kolonie im Kattegat) individuell markierten Seehunden in 14 Jahren keinerweiter als 32 km vom Geburtsort entfernt gesichtet wurde.

Mögliche Auswirkungen:Während der Verlegungsphase der Rohrleitung ist vor allem mit zusätzlichem Schalleintragdurch den Schiffsbetrieb und die Verlegearbeiten zu rechnen. Der Schalleintrag wird lokalund temporär von marinen Säugetieren auf Nahrungssuche oder auf Wanderungwahrgenommen. In der Betriebsphase sind keine zusätzliche Einträge, die für marineSäugetiere relevant sein könnten, zu erwarten.

III.2.6.2.12 Avifauna

Die Antragstellerin hat für die Beschreibung des Vorkommens von Rastvögeln umfangreicheDatenquellen und Informationen aus der vorhandenen Literatur genutzt. Zusätzlich hat dieAntragstellerin eigene Untersuchungen zur Erfassung von Seevögeln durchgeführt. DieUntersuchungen erfolgten mit Hilfe von Transektzählungen vom Schiff und Flugzeug (76 mHöhe) aus. Im Untersuchungszeitraum vom März 2006 bis März 2007 wurden 10schiffsgestützte und sechs flugzeuggestützte Erfassungen durchgeführt. Im Februar 2008hat eine zusätzliche schiffsgestützte Erfassung in der Pommerschen Bucht und imAdlergrund stattgefunden.

Es liegen damit ausreichend aktuelle Informationen aus Forschungsvorhaben, aus denDatenerhebungen der Antragstellerin und aus sonstigen Literaturquellen vor, um dasVorkommen von Rastvögeln in der Umgebung der Trasse im deutschen Festlandsockel derOstsee beschreiben und bewerten zu können.

Die Pipelinetrasse liegt im deutschen Festlandsockel im Vogelschutzgebiet „PommerscheBucht“. Im Rahmen der Untersuchungen für das Vorhaben „Nord Stream“ wurden imgesamten Untersuchungsgebiet (Küstenmeer, Festlandsockel) insgesamt 37 Wasser- undSeevogelarten erfasst. Im Folgenden wird das Vorkommen der am häufigsten in derUmgebung der Trasse im deutschen Festlandsockel vorkommenden See- undWasservogelarten und Arten von besonderer Bedeutung für das Vogelschutzgebiet

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dargestellt. Meeresenten bilden in der Umgebung der Trasse im Festlandsockel die wohlhäufigste und zahlreichste Vogelgruppe. Drei tauchende Meeresentenarten (Eisente,Samtente und Trauerente) kommen regelmäßig in hoher Anzahl vor.

Eisente (Clangula hyemalis)

Die Eisente bevorzugt küstennahe Flachwassergebiete oder Flachgründe im Offshore-Bereich. Ab November findet ein starker Zug in die deutschen Ostseegebiete statt. Im Laufedes Herbstes baut sich das Wintervorkommen mit großen Konzentrationen in derPommerschen Bucht auf. Hohe Dichten befinden sich im Festlandsockel insbesondere imBereich der Oderbank und des Adlergrunds. Ein ähnliches Verbreitungsmuster zeigt sich imFrühjahr. Im Sommer hingegen halten sich nur sehr wenige Eisenten in der deutschenOstsee auf. Der Bestand in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf der Basisvon langjährigen Erfassungen auf 77.000 Individuen in Frühjahr, 270 Individuen in Sommer,46.000 Individuen in Herbst und 130.000 Individuen in Winter geschätzt (Sonntag, N.,B.Mendel, S. Garthe, 2006. Die Verbreitung von See- und Wasservögeln in der deutschenOstsee im Jahresverlauf. Vogelwarte 44:81-112, Mendel, B., N. Sonntag, J. Wahl, P.Schwemmer, H. Dries, N. Guse, S. Müller , S. Garthe, 2008. Artensteckbriefe von See- undWasservögeln der deutschen Nord- und Ostsee.Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft59, BfN).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel Abundanzen zwischen 16.201 Individuen im Mai2006 und 75.668 im Februar 2008 ergeben. In der Umgebung der Trasse (drei kmPufferzone pro Seite) variierte die Anzahl der rastenden Eisenten von 534 bis 2.378Individuen. Die flugzeuggestützten Untersuchungen haben Abundanzen zwischen 18.962Individuen im April 2006 und 51.034 im Februar 2007 ergeben. Dabei variierte die Anzahlrastender Eisenten in der Umgebung der Trasse (drei km Pufferzone pro Seite) zwischen126 und 716 Individuen.

Samtente (Melanitta fusca)

Die nördliche Pommersche Bucht gehört zu den wichtigsten Überwinterungsgebieten derSamtente in der Ostsee. In der Pommerschen Bucht hat die Samtente ihrenVerbreitungsschwerpunkt im Winter und im Frühjahr im Gebiet zwischen Oderbank undAdlergrund (Garthe, S., N. Ullrich, T. Weichler, V. Dierschke, U. Kubetzki, J. Kotzerka, T.Krüger, N. Sonntag, A.J. Helbig, 2003.: See- und Wasservögel der deutschen Ostsee –Verbreitung, Gefährdung und Schutz. BfN). Der Bestand in dem Vogelschutzgebiet„Pommersche Bucht“ wird auf der Basis von langjährigen Erfassungen auf 43.000 Individuenim Frühjahr, 360 Individuen im Sommer, 22.000 Individuen im Herbst und 30.000 Individuenim Winter geschätzt (Sonntag et al., 2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Im Rahmen der schiffsgestützten Untersuchungen wurden die höchsten Rastbestände imFrühjahr (März-Mai) gefunden. Die Abundanz variierte zwischen 12.402 Individuen imFebruar 2007 und 51.160 Individuen im April 2006. In der Umgebung der Trasse lag dieAnzahl der rastenden Samtenten zwischen 605 und 11.852 Individuen.

Trauerente (Melanitta nigra)

In der Pommerschen Bucht liegt auf der Oderbank eines der wichtigstenTrauerentenrastgebiete der gesamten Ostsee (Garthe et al., 2003, a.a. O.). Trauerentennutzen in der westlichen Ostsee nur einen einzigen Habitattyp zur Rast, nämlich sandigeFlachgründe mit Wassertiefen geringer als 20 m. Nach Garthe et al. (2003, a.a.O.) undSonntag et al. (2006, a.a.O.) kommen Trauerenten ganzjährig vor. Im Sommer 2003 wurdein der Pommerschen Bucht ein auffällig hohes Vorkommen von 110.000 bis 220.000Individuen, mit einem Anteil von 32% mausernden Vögeln erfasst (Sonntag, N., O.

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Engelhardt, S. Garthe, 2004. Sommer – und Mauservorkommen von Trauerenten Melanittanigra und Samtenten M. fusca auf der Oderbank (südliche Ostsee). Vogelwelt 125:77-82)).Auch wenn das Vorkommen von rastenden und mausernden Trauerenten in derPommerschen Bucht in den folgenden Jahren nicht mehr so ausgeprägt ausfiel, kommtdiesem Bereich der westlichen Ostsee eine Schlüsselrolle als Rast- und Mauserhabitat fürTrauerenten zu. Der Bestand in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf derBasis von langjährigen Erfassungen auf 170.000 Individuen im Frühjahr, 160.000 Individuenim Sommer, 54.000 Individuen im Herbst und 47.000 Individuen im Winter geschätzt(Sonntag et al., 2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel Abundanzen zwischen 3.271 Individuen im März2006 und 91.877 im April 2006 ergeben. In der Umgebung der Trasse variierte die Anzahlder rastenden Trauerenten von 136 bis 7.325 Individuen.

In der Umgebung der Trasse im Festlandsockel kommen neben den Meeresenten einigeSee- und Wasservogelarten von besonderer Bedeutung für das Vogelschutzgebiet„Pommersche Bucht“ vor:

Seetaucher (Sterntaucher (Gavia stellata) und Prachttaucher (Gavia. arctica))

Sterntaucher rasten in der Ostsee vorrangig in Gewässern mit einer Wassertiefe von wenigerals 20 m (Durinck, J., Skov, H., Jensen, F. P. and S. Pihl, 1994: Important marine areas forwintering birds in the Baltic Sea. Copenhagen., 1994). Die Aufenthaltsgebiete innerhalb derwestlichen Ostsee variieren etwas im Saisonverlauf, vermutlich in Abhängigkeit vomNahrungsangebot und vom Zugverhalten. Die wichtigsten Rastvorkommen liegen imSeegebiet um Rügen, vor allem im Bereich der sandigen Flachgründe westlich und östlichder Insel und in der Mecklenburger Bucht. Schwerpunkt im Frühjahr sind dieKüstengewässer vor Rügen.

Prachttaucher rasten in der westlichen Ostsee in Seegebieten mit Wassertiefen geringer als30 m. Das Hauptüberwinterungsgebiet der Prachttaucher in der westlichen Ostsee ist diePommersche Bucht (Durinck et al., 1994, a.a.O.). Hier lassen sich die höchsten Dichtenzumeist in der Adlergrundrinne und entlang des Südhangs des Arkona-Beckens und auf derOderbank erfassen.

Der Bestand des Sterntauchers in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf derBasis von langjährigen Erfassungen auf 3.300 Individuen im Frühjahr und 540 Individuen imWinter. Im Sommer und im Herbst halten sich keine Sterntaucher im Vogelschutzgebiet auf(Sonntag et al., 2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Der Bestand des Prachttauchers in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird aufder Basis von langjährigen Erfassungen auf 310 Individuen im Frühjahr, 60 Individuen imSommer, 700 Individuen im Herbst und 270 Individuen im Winter geschätzt (Sonntag et al.,2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel Gesamtabundanzen für Seetaucher zwischen 239Individuen im Februar 2007 und 909 im November 2006 ergeben. In der Umgebung derTrasse variierte die Anzahl der rastenden Seetaucher zwischen 11 und 150 Individuen. Dieflugzeuggestützten Untersuchungen haben Abundanzen zwischen 108 Individuen im April2006 und 5.509 im März 2007 ergeben. Dabei variierte die Anzahl rastender Eisenten in derUmgebung der Trasse zwischen 0 und 294 Individuen.

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Ohrentaucher (Podiceps auritus)

In der Pommerschen Bucht befindet sich das wichtigste Überwinterungsgebiet desOhrentauchers in NW-europäischen Gewässern (Durinck et al., 1994, a.a.O.). Insbesonderedie Oderbank und Gewässer mit Wassertiefen kleiner als 10 m werden genutzt.Ohrentaucher ziehen im Herbst in die flachen Gewässer und verbringen dort mit kleinenräumlichen Verlagerungen auch den Winter (Sonntag et al., 2006, a.a.O.). Im Frühjahr sindOhrentaucher vermehrt auf der Oderbank vertreten, halten sich aber auch im Küstenbereichvor Usedom auf. Der Bestand des Ohrentauchers in dem Vogelschutzgebiet „PommerscheBucht“ wird auf der Basis von langjährigen Erfassungen auf 180 Individuen im Frühjahr, 500Individuen im Herbst und 490 Individuen im Winter geschätzt. Im Sommer halten sich hierkeine Ohrentaucher auf (Sonntag et al., 2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel Abundanzen zwischen 592 Individuen imSeptember 2006 und 2.790 Individuen im Februar 2007 ergeben. In der Umgebung derTrasse (drei km Pufferzone pro Seite) erreichte die Anzahl der rastenden Ohrentaucher 51Individuen im April 2006, 59 Individuen im Februar 2007 und 119 im November 2006.

Trottellumme (Uria aalge)

Trottellummen verbringen den Winter in der Ostsee in der Nähe der Brutkolonien. Indeutschen Gewässern kommt die Trottellumme häufiger im Offshore-Bereich derPommerschen Bucht und nordwestlich des Adlergrundes vor (Sonntag et al., 2006).

Der Bestand der Trottellumme in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf derBasis von langjährigen Erfassungen auf 11-50 Individuen im Frühjahr, 90 Individuen imSommer, 80 Individuen im Herbst und 550 Individuen im Winter geschätzt (Sonntag et al.,2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel Abundanzen zwischen 39 Individuen im September2006 und 752 Individuen im November 2006 ergeben. In der Umgebung der Trasse (drei kmPufferzone pro Seite) variierte die Anzahl der rastenden Trottellummen zwischen 19Individuen im März 2007 und 418 im November 2006. Bei zwei der insgesamt siebenschiffsgestützten Zählungen wurden keine Trottellummen in der Umgebung der Trassegesichtet.

Tordalk (Alca torda)

Das Winterrastgebiet der Tordalken liegt über den tieferen Bereichen der zentralen Ostsee.Tordalken kommen in der gesamten deutschen Ostsee, überwiegend im Winter, in kleinerAnzahl vor (Garthe et al., 2003; Sonntag et al., 2006).

Der Bestand des Tordalks in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf der Basisvon langjährigen Erfassungen auf 6-10 Individuen im Frühjahr, 11-50 Individuen im Sommer,und 110 Individuen im Winter geschätzt. Im Herbst halten sich keine Tordalken imVogelschutzgebiet auf (Sonntag et al., 2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel Abundanzen zwischen 20 Individuen im März 2006und 1.839 Individuen Ende November 2006 ergeben. In der Umgebung der Trasse variiertedie Anzahl der rastenden Tordalken zwischen 11 Individuen im April und im Mai 2007 und142 Ende November 2006. Bei drei der insgesamt sieben schiffsgestützten Zählungenwurden keine Trottellummen in der Umgebung der Trasse gesichtet.

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Gryllteiste (Cepphus grylle)

Zu den bevorzugten Winterrastgebieten der Gryllteiste gehören flachere Gebiete undSteingründe. Die Pommersche Bucht und der Adlergrund beherbergen auf einemGesamtareal von 12.930 km2 ca. 9.600 Individuen. Dies entspricht ca. 33% desWinterrastbestandes der Ostsee. Nach Garthe et al. (2003, a.a.O.) ist die Gryllteiste imWinter in deutschen Gewässern auf dem Adlergrund sehr häufig. Das Vorkommen auf demAdlergrund hat überregionale Bedeutung. Die Gryllteiste tritt hier insbesondere vom Herbstbis zum Frühjahr auf (Sonntag et al., 2006, a.a.O.).Der Bestand der Gryllteiste in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf derBasis von langjährigen Erfassungen auf 120 Individuen im Frühjahr, 1-5 Individuen imSommer, 50 Individuen im Herbst und 220 Individuen im Winter geschätzt (Sonntag et al.,2006, a.a.O, Mendel et al., 2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel sehr niedrige Abundanzen ausschließlich imBereich nördlich der Trasse ergeben. In der Umgebung der Trasse wurden nur wenigeGryllteisten gesichtet.

Zwergmöwe (Hydrocoleus minutus)

Im Frühjahr kommen Zwergmöwen im Offshore-Bereich nur in kleiner Anzahl vor. DerSchwerpunkt des Vorkommens liegt in den inneren Küstengewässern. Auch im Sommerkommen Zwergmöwen nur vereinzelt in der deutschen Ostsee vor. Zwergmöwen ziehenvorwiegend entlang der Küstenlinie. Auch im Herbst werden küstennahe Gebiete vonZwergmöwen bevorzugt zur Nahrungssuche und zum Rasten genutzt (Sonntag et al.,2006,a.a.O.).

Der Bestand der Zwergmöwe in dem Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ wird auf derBasis von langjährigen Erfassungen auf 11-50 Individuen im Frühjahr, 130 Individuen imHerbst und 6-10 Individuen im Winter geschätzt (Sonntag et al., 2006, a.a.O, Mendel et al.,2008, a.a.O.).

Die schiffsgestützten Zählungen im Rahmen der UVS haben im gesamtenUntersuchungsgebiet im Festlandsockel sehr wenige Sichtungen erbracht. In der Umgebungder Trasse wurden nur sporadisch Zwergmöwen gesichtet.

In der Umgebung der Trasse im Festlandsockel wurden außerdem vereinzelt die ArtenFlußseeschwalbe (Sterna hirundo), Brandseeschwalbe (Sterna sandvicensis),Raubseeschwalbe (Sterna caspia) und Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger) gesichtet.Möwen wurden insbesondere während den Zugzeiten in kleiner Anzahl gesichtet:Sturmmöwe (Larus canus), Silbermöwe (L. argentatus), Heringsmöwe (L. fuscus),Mantelmöwe (L. marinus) und Lachmöwe (L. ridibundus) Rothalstaucher (Podicepsgrisegena), Haubentaucher (P. cristatus) und Mittelsäger (Mergus serrator) wurden ebenfallsnur vereinzelt gesichtet.

Die westliche Ostsee hat zudem eine große Bedeutung für ziehende Vögel. Alljährlich ziehenim Herbst ca. eine Milliarde Vögel durch die westliche Ostsee. Im Frühjahr sind es auf Grundder hohen Mortalität der Jungvögel in ihrem ersten Winter erheblich weniger (200-300 Millionen). Mehr als 95 % dieser Vögel sind landlebende Kleinvögel (Passeriformes).

Für Meeresenten stellt die südliche und westliche Ostsee ein wichtiges Durchzugsgebiet zuden Überwinterungsplätzen in der Nordsee und dem nördlichen Kattegat dar. Obwohl dergrößte Teil des Zuges eher in Küstennähe verläuft (z. B. viele Meeresenten fliegen mitSichtkontakt zu Landstrukturen), findet Meeresentenzug auch auf der offenen See statt.

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Nachtzieher stellen mehr als die Hälfte aller Zugvögel in der westlichen Ostsee (Lang- undKurzstreckenzieher) dar. Zu den ausgesprochenen Nachtziehern zählen vor alleminsektenfressende Singvögel wie Grasmücken, Laubsänger, Fliegenschnäpper,Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) und Rotkehlchen (Erithacus rubecula), aber auchDrosseln. Der größte Teil des nächtlichen Vogelzuges vollzieht sich in Form von Breitfronten-bewegungen. Die Vögel einzelner Teilpopulationen fliegen, entsprechend ihrer (vornehmlichendogen) festgelegten Zugrichtung, in parallelen benachbarten Sektoren, sodassflächendeckende Zugmuster entstehen .

Während der Verlegephase der Rohrleitungen ist vor allem mit zusätzlichem Schiffsbetriebzu rechnen. Das Verlegungsschiff wie auch die Versorgungs- und Sicherheitsfahrzeugekönnten bei störempfindlichen Arten Meideverhalten verursachen. Bei Schifffolgern wäre mitAnlockeffekten zu rechnen. Die Baustelle wird nachts beleuchtet. Die Beleuchtung derBaustelle könnte nachts möglicherweise ziehende Vögel anlocken. Die Störwirkung durchdie Baustelle wird lokal und temporär sein. Ähnliche Effekte sind auch bei Reparaturarbeitender Rohrleitungen zu erwarten. In der Betriebsphase sind keine Auswirkungen, die für Rast-und Zugvögel relevant sein könnten, zu erwarten.

III.2.6.3. Bewertung des Vorhabens sowie der möglichen Auswirkungen des Vorhabens

Die Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Meeresumwelt erfolgt aufGrundlage der eingereichten Antragsunterlagen sowie der Erfahrungen und Erkenntnissedes BSH als Genehmigungsbehörde.

III.2.6.3.1 Boden

Baubedingt kommt es durch die Ablage der beiden Rohrleitungen auf dem Meeresboden zueiner Veränderung der Morphologie und Sedimentstruktur, die zwar dauerhaft, aber in ihremräumlichen Umgriff sehr kleinräumig ist. Entlang der Verlegekorridore treten ausschließlichFeinsande auf, die im gesamten Bereich der Pommerschen Bucht weit verbreitet sind, sodass der damit verbundene Flächenverbrauch eine sehr geringe Auswirkung auf demMeeresboden hat. In Bezug auf die erfasste Restsedimentfläche ist davon auszugehen, dasses auf Grund der Entfernung von 400 m und der zu erwartenden geringen Aufwirbelung derFeinsande zu keiner Beeinträchtigung in Form von Übersandung oder Verschlickung derRestsedimentfläche kommen wird

Nach derzeitigem Kenntnisstand über die Transportprozesse in der Pommerschen Buchtsind keine Auswirkungen auf die natürliche Sedimentdynamik zu erwarten, weil dieSedimenttransportbänder in unmittelbarer Küstennähe wirksam sind. Wegen des fehlendenGezeiteneinflusses und der vorherrschenden Wassertiefen im Untersuchungsgebiet sind dienatürlichen Umlagerungsprozesse an bodenberührende Wellen bei entsprechendenSturmereignissen gebunden. Durch die lokale Änderung des Bodenprofils im Bereich derRohrleitungen ist davon auszugehen, dass die natürlichen Sandumlagerungen nur imunmittelbaren Nahbereich der beiden Leitungen beeinflusst werden.

Durch die Baustellenaktivitäten kommt es zur punktuellen Beanspruchung desMeeresbodens beim Ablegen und Aufnehmen von Ankern der Verlegeplattform; die dabeiauftretenden Änderungen der Sedimentstruktur bzw. -eigenschaften sind im Hinblick auf ihrezeitliche und räumliche Auswirkung zu vernachlässigen. Wegen der geringen Anteile anfeinkörnigem Material (Schluffe und Tone) ist die Bildung von Trübungsfahnen bei denAnkermanövern kaum zu erwarten und insoweit zu vernachlässigen.

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Wegen der geringen Aufwirbelung sowie den niedrigen Gehalten an Schwermetallen undorganischen Schadstoffen ist bei der Verlegung der beiden Rohrleitungen mit keinerwirksamen Freisetzung von Schadstoffen zu rechnen.

Betriebsbedingt ist zumindest in den ersten Jahren nach der Verlegung damit zu rechnen,dass die Rohrleitungen durch die lokale Veränderung der hydrodynamischen Verhältnisseabschnittsweise unterspült werden und sog. "Freespans" entstehen, die Bestandteil desSelbsteingrabungsprozesses sind. Da eine ausreichende Mächtigkeit der Feinsande durchden Antragsteller nachgewiesen wurde, wird es zu keiner Änderung des Sedimenttypskommen, so dass die vorherrschende Sedimentstruktur erhalten bleibt.

Ebenso ist mit keiner erhöhten Freisetzung von Schadstoffen durch die Bildung von"Freespans" zu rechnen.

Im Fall eines evtl. Rückbaus der Rohrleitungen ist davon auszugehen, dass die damitverbundene Aufwirbelung von Feinsanden lokal begrenzt bleiben wird und wegen derverhältnismäßig geringen Anteile an feinkörnigem Sediment keine nennenswertenTrübungsfahnen in der Wassersäule entstehen werden.

Auch grenzüberschreitende Auswirkungen auf das Schutzgut sind nicht zu erwarten.

Es wurden Modellierungen zur Ausbreitung von aufgewirbelten (suspendierten) Sedimentenvon der Fa. Ramböll im Auftrag der Nord Stream AG durchgeführt. Die Ergebnisse sindbeispielhaft im Kernpapier "Korrekturmaßnahmen am Meeresboden und Ankereinsatz" der"Dokumentation zur Nord Stream Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur Konsultationgemäß Espoo-Übereinkommen" zusammengefasst. Demnach ist bei einem Grabenaushubsowie beim Abkippen von Steinen die Bildung von Sedimentfahnen aus Gründen derSedimentzusammensetzung und der hydrodynamischen Verhältnisse nur von kurzer Dauer.

Aus den modellierten Konzentrationsverteilungen ist ersichtlich, dass ein starkerVerdünnungseffekt auftritt. Ein Vergleich dieser Modellergebnisse mit Messungen des IOWzu bodennahen Konzentrationen von suspendiertem Material, die z. B. im Rahmen des FuE-vorhabens "DYNAS" durchgeführt wurden, verdeutlicht, dass die modelliertenKonzentrationen der auftretenden Sedimentfahnen im Bereich der natürlichen Verhältnisseliegen.

Da im Bereich des deutschen Festlandsockels keine meeresbodenvorbereitenden Arbeitenwie Grabenaushub oder Steinschüttungen vorgesehen sind, sondern beide Rohrleitungenauf dem feinsandigen Meeresboden abgelegt werden, ist davon auszugehen, dass esdadurch zu keiner nachweisbaren Bildung von Sedimentfahnen kommt. Durch den relativgeringen Anteil von feinkörnigem Material und die verhältnismäßig geringeFlächenbeanspruchung beim Ablegen und Aufnehmen der Anker ist auch für diesen Eingriffnicht zu erwarten, dass Sedimentfahnen in einem Ausmaß entstehen, dass es auf denangrenzenden Seegebieten Dänemarks und Polens zu nachweisbaren Auswirkungenkommt.

Vielmehr ist zu erwarten, dass vor dem Hintergrund der natürlichen Sedimentdynamik in derwestlichen Ostsee die aufgewirbelten feinkörnigen Anteile letztlich im schlickreichen Arkona-oder Bornholmbecken zum Absatz kommen.

III.2.6.3.2 Wasser

Baubedingt sind Auswirkungen auf die hydrographischen Verhältnisse und dieWasserbeschaffenheit als Folge von Trübungsfahnen sowie der Remobilisierung undResuspension von Nähr- und Schadstoffen nur sehr eingeschränkt zu erwarten. Durch das

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Verlegen der Rohrleitungen auf dem Meeresboden ist eine nennenswerte Beeinflussung desWasserkörpers weitgehend auszuschließen. Das Aufnehmen und Absetzen der Anker desVerlegeschiffs wird wegen der geringen Feinkornanteile im Sediment kurzfristig und räumlicheng umgrenzt die bodennahe Trübung erhöhen; aufgrund ihrer geringen Konzentrationen istin diesem Zusammenhang von keinem nennenswerten Eintrag an Nähr- und Schadstoffen indie Wassersäule auszugehen.Auswirkungen von Trübungsfahnen, die im Bereich der Boddenrandschwelle und desGreifwalder Boddens durch die dargestellten Baumaßnahmen entstehen können, sind aufder Grundlage der Ergebnisse der Modellierung zur räumlichen Verteilung derSchwebstoffkonzentrationen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Windverhältnissenahezu auszuschließen.

Anlagebedingt werden die hydrographischen Verhältnisse nur kleinräumig im unmittelbarenUmfeld der Rohrleitungen beeinflusst, indem die bodennahe Schicht des strömendenWasserkörpers um die Leitungen gelenkt wird und dadurch Kolke (sog. „Freespans“) undSedimentakkumulationen entstehen können.Stoffeinträge aus den Aluminium-Opferanoden in die Wassersäule sind durch die Bildungvon wasserunlöslichem Aluminiumhydroxid sowie wegen der verhältnismäßig raschenSedimentation der geringen Zinkanteile in keinem nennenswertem Umfang zu erwarten.

Betriebsbedingt werden nahezu keine Auswirkungen auf die Temperaturverhältnisse desWasserkörpers im Bereich der beantragten Rohrleitungen nachzuweisen zu sein, weil durchdas umgebende Seewasser von einem raschen Wärmeaustausch auszugehen ist.

Auch grenzüberschreitende Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser sind nicht zu erwarten.Wie bereits oben ausgeführt kann es während der Verlegearbeiten allenfalls in sehrgeringem Ausmaß zum Entstehen von Trübungsfahnen kommen. Eine hierdurch verursachteBeeinträchtigung des Wassers in den angrenzenden Gewässern Dänemarks und Polens istauszuschließen.

III.2.6.3.3 Luft/Klima

Durch den Baustellenbetrieb sind im Bereich der gesamten Trasse lediglich vorübergehendund kurzfristig nachteilige Auswirkungen auf die Qualität der Luft durch denBaustellenbetrieb zu erwarten. Dies führt zu keiner erheblichen Beeinträchtigung derSchutzgüter Luft bzw. Klima.

III.2.6.3.4 Landschaft

Es sind allenfalls sehr geringe Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes zu verzeichnen, dadie Baustelle im Festlandsockel sich in großer Entfernung zur Küste befindet und diePipeline auf dem Meeresboden abgelegt wird.

III.2.6.3.5 Kulturgüter

Auswirkungen auf Kulturgüter im Vorhabensgebiet im Bereich des Festlandsockels sind nichtzu erwarten, da die Untersuchungen im Trassenbereich keinen Gegenstandkulturhistorischer Bedeutung zutage gefördert haben.

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III.2.6.3.6 Mensch

Eine Beeinträchtigung des Menschen bei der Erholungssuche während der Verlegephase istinsbesondere wegen der großen Entfernung zur Küste nicht erkennbar. Die Anordnungen inZiff 14.-14.7 dienen letztlich der eigenen Sicherheit des Baustellenverkehrs bzw. der daranbeteiligten Personen. Die Messwarte in Zug kontrolliert den ordnungsgemäßen Betrieb derRohrleitungen und dient damit auch der Sicherheit während der Betriebsphase.

III.2.6.3.7 Vegetation

Auswirkungen auf die Vegetation können als vernachlässigbar gering beurteilt werden, da imbereich der Trasse im deutschen Festlandsockel - und auch nicht angrenzend hiervon -signifikante Vegetation ermittelt werden konnte.

III.2.6.3.8 Benthoslebensgemeinschaft

Nach den vorgelegten Untersuchungen der Antragsstellerin und Kenntnissen aus derLiteratur wird den im Verlauf der Trasse identifizierten Biotoptypen auf dem deutschenFestlandsockel unter Berücksichtigung der Roten Liste der gefährdeten BiotoptypenDeutschlands (Riecken et al., a.a.O.) eine durchschnittliche bis hohe Bedeutungbeigemessen. Von hoher Bedeutung ist der Bereich von der 12-Seemeilen-Grenze bis etwazum KP 1168,5, da hier einerseits der nach Riecken et al. (a.a.O.) gefährdete Biotoptyp„natürliche Hartsubstratbiotope der äußeren Meeresgebiete der Ostsee, makrophytenfreioder –arm“ (Code 02.02.01.01) festzustellen ist und andererseits ein Vorkommen des FFH-LRT „Riff“ (Code 1170) nicht auszuschließen ist. Der restliche Trassenabschnitt ist eher vondurchschnittlicher Bedeutung, denn am häufigsten treten ebene „Mittel- bis Feinsandbiotopeder äußeren Meeresgebiete der Ostsee“ (Code 02.02.06.02) und Feinsubstratbiotope deräußeren Meeresgebiete der Ostsee“ (Code 02.02.08) auf, wobei ersteres nach Riecken et al.(a.a.O.) als nicht gefährdet einzustufen ist. Der zweite Biotoptyp (Code 02.02.08) wirdaufgrund der stark negativ veränderten Qualität in weiten Bereichen des Betrachtungsraumsals gefährdet (Kategorie 3) eingestuft, allerdings ist hinsichtlich seiner flächenhaftenAusdehnung keine Gefährdung feststellbar.

Dem Makrozoobenthos im Bereich der Trasse im deutschen Festlandsockel wird nach denvorgelegten Untersuchungen der Antragsstellerin und den Erkenntnissen aus der Literaturaufgrund der Anzahl der Rote-Liste-Arten eine hohe Bedeutung beigemessen. Unterstütztwird diese Einschätzung dadurch, dass in der „Roten Liste und Artenliste der benthischenwirbellosen Tiere des deutschen Meeres- und Küstenbereichs der Ostsee“ insgesamt 66gefährdete Arten aufgeführt werden (Gosselck et al., 1996, a.a.O.). Die 66 Artenrepräsentieren über 17 Prozent des Gesamtbestandes. Nach den vorgelegtenUntersuchungen weisen ca. 29 Prozent (9 von 31 Arten) der im Bereich der Trassevorgefundenen Makrozoobenthosarten einen Gefährdungsstatus auf. Weiterhin ist die hoheBewertung damit zu begründen, dass eine Art der höchsten Kategorie „vom Aussterbenbedroht“ (Monoporeia affinis) und zwei Arten der zweithöchsten Kategorie „stark gefährdet“(Saduria entomon und Pontoporeia femorata) nachgewiesen wurden. Wobei Pontoporeiafemorata in der Ostsee im Bereich Mecklenburg-Vorpommerns sogar vom Aussterbenbedroht ist.

Das Arteninventar des Trassenbereichs ist mit seinen 31 Makrozoobenthosarten imVergleich zu den 126 Arten, die von Zettler et al. (2003: F+E-Vorhaben, FKZ: 802 85 210,Benthologische Arbeiten zur ökologischen Bewertung von Windenergie-Anlagen-

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Eignungsgebieten in der Ostsee. Endbericht für die Areale Kriegers Flak (KF) und WestlicherAdlergrund (WAG), Bundesamt für Naturschutz, 54 S.) für die Arkonasee angegeben, alsdurchschnittlich anzusehen.Die im Bereich der Pommerschen Bucht angetroffene Makrozoobenthos-Gemeinschaft dersandigen Böden ist von geringer Bedeutung, da sie die dominierende Gemeinschaft in denKüstenbereichen der östlichen Arkonasee sowie der westlichen Bornholmsee ist.

Unter Berücksichtigung der Artenvielfalt in Verbindung mit dem hohen Anteil von Rote Liste-Arten und der Bedeutung der identifizierten Benthoslebensgemeinschaft für die Ostsee imBereich Mecklenburg-Vorpommerns ist der Bereich der Trasse imj deutschenFestlandsockel insgesamt von mittlerer bis hoher Bedeutung für das SchutzgutMakrozoobenthos.

Die folgenden Auswirkungsprognosen hinsichtlich des Baus, Betriebs und Rückbaus derbeiden Rohrleitungen gelten grundsätzlich gleichermaßen für die Biotoptypen und dasMakrozoobenthos.

Während der Bauphase sind Auswirkungen beim Auflegen der -Pipelines sowie durchschleifende Ankerketten des Verlegeschiffes möglich. Das natürliche Substrat bleibt aberbeim Auflegen der Pipelines vor Ort und nur geringe Mengen werden resuspendiert. Infolgedessen wird das Sedimentgefüge nur sehr kleinräumig und kurzfristig gestört. Durchschleifende Ankerseile bei Ankermanövern des Verlegeschiffes kommt es zu einemAufwühlen der obersten Schicht des Meeresbodens. Im Bereich der 12 Seemeilen-Grenzebis zum KP 1168,5 können durch die Ankermanöver potenzielle Riffstrukturen (FFH-LRT1170) geschädigt werden. Aus diesem Grund fordert das BfN in seiner Stellungnahme(14.05.2005), dass diese Beeinträchtigungen möglichst vermieden werden sollten. Dem wirdauch mit der Nebenbestimmung Ziffer 18 Rechnung getragen. Mit der Bildung vonTrübungsfahnen ist wegen der geringen Anteile an feinkörnigem Material (Schluffe undTone) bei den Ankermanövern nicht zu rechnen.

Allerdings werden im Zuge der beschriebenen Baumaßnahmen einige benthische Wirbellosegetötet (insbesondere sessile Hartsubstratbewohner und große Muschelindividuen) undWohnbauten können zerstört werden. Basierend auf Wiederbesiedlungsexperimenten inWindwatten der südlichen Ostsee (Gamenick et al., 1996: Hypoxia and sulphide asstructuring factors in a macrozoobenthic community on the Baltic Sea shore: colonisationstudies and tolerance experiments. Mar. Ecol. Prog. Ser. 144:73-85 und Lauenburg, 2006:Untersuchung zur Migration ausgewählter benthischer Fauna im Eulitoral der südlichenOstsee. Diplomarbeit an der Universität Rostock, FB Biowissenschaften: 70 S.) ist davonauszugehen, dass die Wiederherstellung der Gemeinschaftsstruktur nach einigen Monatenerfolgt sein kann. Hierbei kommt es zunächst zu einer raschen Wiederbesiedlung durchepibenthische und vagile (bewegliche) adulte (erwachsene) Arten, die von benachbarten,unberührten Flächen einwandern. Überwiegend stationär lebende Infauna-Arten folgenspäter, da ihre Wiederbesiedlung zumeist über planktische Larvenstadien erfolgt.Länger wird dagegen die Wiederherstellung der Altersstruktur langlebiger Arten, wie derMiesmuschel, mit einer Lebenserwartung von mehr als drei Jahren dauern.

Anlagebedingt wird in die überwiegend reinen Sandgebiete im Bereich des Festlandsockelsdurch die Pipeline-Rohre ein gebietsfremdes Bodensubstrat (künstliches Hartsubstrat)eingebracht. Entsprechend sind in diesem Bereich der Pommerschen Bucht epibenthischeLebensgemeinschaften gegenwärtig relativ selten (Anteil an der besiedelbaren Fläche < 5Prozent). Die Pipelines werden somit das Angebot an Hartbodensubstraten in diesemBereich vergrößern. Besiedlungsexperimente im Rahmen des BeoFINO-Projektes imBereich der Darßer Schwelle zeigte eine schnelle Besiedlung neu eingebrachter Hartbödeninnerhalb weniger Monate (Pollehne & Zettler, 2005: AP 2.2: Prozesse im Nahbereich derPiles – Teil Ostsee. In: Ökologische Begleitforschung zur Windenergienutzung im Offshore-Bereich auf Forschungsplattformen in der Nord- und Ostsee (BeoFINO). Unveröffentlichte

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Gutachten im Auftrag des BMU, FKZ 0327526). Insgesamt handelt es sich dabei um lokaleaber langfristige Auswirkungen.

Weiterhin kommt es anlagebedingt zu einer Freisetzung von Stoffen aus demOberflächenmaterial der Rohrleitung. Insbesondere kommt es zur Freisetzung vonAluminium aus den ringförmigen Aluminium-Opferanoden, die zum Zwecke des zusätzlichenKorrosionsschutzes an der Pipeline angebracht werden. Das in die Wassersäuleabgegebene Aluminium wird schnell stark verdünnt und somit ist kein Effekt zu erwarten. ImSediment ist aufgrund des vorherrschenden Milieus mit einer Ausfällung des Aluminiums alsAluminiumhydroxid zu rechnen. Das durch die Opferanode freigesetzte Aluminium wird somitweitgehend im Sediment immobilisiert. Negative ökologische Effekte desAluminiumhydroxids sind derzeitig nicht bekannt (Dr. Schmolke, mündl. Mitteilung).

Betriebsbedingt wird das kalte Erdgas keine Auswirkungen auf benthischeLebensgemeinschaften in unmittelbarer Nachbarschaft zur Pipeline haben. Am offen aufdem Meeresboden liegenden Rohr erfolgt eine rasche Erwärmung der Leitungsoberflächedurch ständigen Wärmeaustausch mit dem umgebenden Wasser.

Zusammenfassend betrachtet sind hinsichtlich Bau, Betrieb und Rückbau der beidenRohrleitungen im Vorhabensgebiet nur kleinräumige und geringfügige Störungen derBiotoptypen und Benthoslebensgemeinschaften zu erwarten, welche in unmittelbarerUmgebung der Rohrleitungen auch erheblich und dauerhaft sein können.

Das BfN stimmt in seiner Stellungnahme vom 14. Mai 2009 grundsätzlich der Einschätzungder voraussichtlichen bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf das SchutzgutMakrozoobenthos zu. Fordert aber aufgrund der dauerhaften Auswirkungen durch dieEinbringung von gebietsfremden Hartsubstraten (Pipelinestränge und gegebenenfalls lokaleSteinschüttungen) eine Untersuchung im Rahmen des betriebsbegleitenden Monitorings.Dieser Forderung wird in der Nebenbestimmung 22 Rechnung getragen.

Die geplante Trasse liegt im weiteren Umkreis zu den FFH-Gebieten „Pommersche Buchtmit Oderbank“ (DE 1652-301, ca. 0,58 km Entfernung), „Adlergrund“ (DE 1251-301, ca. 7,2km Entfernung) und „Westliche Rönnebank“ (DE 1249-301, ca. 15,9 km Entfernung). Damitbesteht für das aktuell zur Entscheidung anstehende Vorhaben eine ausreichendeEntfernung zu den Meeresschutzgebieten „Adlergrund“ und „Westliche Rönnebank“, so dassBeeinträchtigungen der Biotoptypen und der benthischen Lebensgemeinschaftenunwahrscheinlich sind. Hinsichtlich des in einer Entfernung von ca. 0,58 km liegenden FFH-Gebietes „Pommersche Bucht mit Oderbank“ sind ebenfalls keine Beeinträchtigungen zuerwarten, da das Auftreten von Trübungsfahnen, die sich weiträumiger ausbreiten könnten,nahezu auszuschließen ist.

Aufgrund der vorab beschriebenen Auswirkungsprognosen sind auch Beeinträchtigungender Biotoptypen und des Makrozoobenthos in den ausschließlichen Wirtschaftszonenbenachbarter Staaten nicht zu besorgen. Wie oben (III.2.6.3.1 Boden (Sedimente))ausgeführt wird aufgrund des geringen Ausmaßes der Eingriffe während der Verlegearbeitenim deutschen Festlandsockel und der verhältnismäßig geringen Bestandteile feinkörnigenMaterials im Sediment nicht davon ausgegangen, dass es zu einer Bildung nachweisbarerSedimentfahnen kommen wird.Sollten wider Erwarten dennoch Trübungsfahnen auftreten, so werden geringeAuswirkungen auf das marine Benthos erwartet. Basierend auf den Modellierungen zurAusbreitung von aufgewirbelten Sedimenten der Fa. Ramboll (siehe auch Schutzgut Boden)werden die Auswirkungen im Bereich des Übergangspunktes zwischen deutscher unddänischer AWZ bis in eine Entfernung von 500 m sein von geringer bis mäßiger Signifikanz(vgl. Nord Stream Espoo Bericht, 2009: Bd. III, Seite 1668 bis 1669). Auswirkungen auf die

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polnische AWZ sind aber auch in diesem Fall nicht zu erwarten (Nord Stream Espoo Bericht,2009: Bd. III, Tabelle 11.6, Seite 1661).

III.2.6.3.9 Fische

Durch aktuelle Untersuchungen wurden entlang der Trasse bzw. im Nahbereich derselbeninsgesamt ca. 27 Fischarten nachgewiesen. Die Bedeutung der Artenzahl lässt sich nur imVergleich mit anderen Untersuchungen einschätzen. Insgesamt sind 151 Fischarten in derOstsee und im Bodden nachgewiesen (Winkler & Schröder, 2003: Die Fische der Ostsee,Bodden und Haffe. In: Fische und Fischerei in Ost- und Nordsee. Meer und Museum, Bd. 17.Schriftenreihe des Deutschen Meeresmuseums). Diese Gesamt-Artenzahl enthält auchseltene Irrgäste und Süßwasserarten und ist auf alle Lebensraumtypen von den starksüßwasserbeeinflussten Ästuaren bis zur Beltsee bezogen, sodass man für die offeneOstsee von 29 aktuell vorkommenden Arten ausgehen kann (Winkler & Schröder, 2003).Ehrich et al. (2006: a.a.O.) registrierten im Verlauf von 28 Jahren (1977 – 2005) 63Fischarten im deutschen Bereich der Ostsee. Nach Nellen & Thiel (1995: a.a.O.) und Thiel etal. (1996: Kap. 3.2.1 Zur Veränderung der Fischfauna. In: Lozan et al. (Hrsg.) Warnsignaleaus der Ostsee, Verlag Paul Parey, Berlin: 181-188) sind in der mittleren Ostsee ca. 36Fischarten ständig in größerer Zahl anwesend. Im Umweltbericht zum Entwurf desRaumordnungsplans für die AWZ in der Ostsee werden für den östlichen AWZ-Bereich(Westgrenze = Darßer Schwelle) 51 Fischarten angegeben. Im Vergleich zu den vorabdargestellten Angaben ist die im gegenständlichen Vorhaben festgestellte Fischartenzahlvon 27 als durchschnittlich einzustufen.

Hinsichtlich des Vorkommens seltener und gefährdeter Fischarten hat der Bereich derTrasse für das Schutzgut Fische eine hohe Bedeutung. Zu begründen ist dies u.a. mit demNachweis der FFH-Arten Finte und Lachs, wobei der Lachs nach Winkler & Schröder (2003:a.a.O.) in der Ostsee durchaus häufiger anzutreffen ist, die Finte dagegen seltener. Nachdiesen Autoren tritt auch eine weitere FFH-Art und zwar das Flussneunauge Lampetrafluviatilis regelmäßig im der östlichen Bereich des Festlandsockels auf. Weiterhin wurde imgegenständlichen Vorhabensgebiet der stark gefährdete Ostsee-Herbsthering Clupeaharengus von der Antragsstellerin nachgewiesen. Für den Trassenbereich ist gemäß Winkler& Schröder (a.a.O.) ein Vorkommen der stark gefährdeten Meerforelle Salmo trutta truttanicht auszuschließen.

Den Fisch-Lebensgemeinschaften ist dagegen wiederum nur eine durchschnittlicheBedeutung beizumessen, denn nach der bisherigen Datenlage sind die im Bereich der NordStream Trasse vorgefundenen Fisch-Lebensgemeinschaften typisch für den östlichenBereich des deutschen Festlandsockels. Die pelagische Fischgemeinschaft, vertreten durchHering, Sprotte und Lachs, wurde ebenso nachgewiesen wie die demersaleFischgemeinschaft, bestehend aus großen Fischarten wie Dorsch, Scholle, Flunder undKliesche. Zusätzlich konnten verschiedene Kleinfischarten wie Grundeln und Sandaalenachgewiesen werden.

Während der Bauphase sind Auswirkungen durch Licht, Lärm, visuelle Unruhe undTrübugnsfahnen durch Schiffsverkehr und Bautätigkeiten möglich.Bezüglich der Fischfauna sind nur visuelle, aber keine akustischen Wirkungen durchSchiffsverkehr bekannt. Es wird angenommen, dass Schattenwurf und Lichtreflexion durchdie fahrenden Schiffe sowie die Baustellenbeleuchtung in ihrer Auswirkung auf die oberenWasserschichten begrenzt und somit ausschließlich für die oberflächennah lebenden,pelagischen Fischarten von Bedeutung sind. Möglicherweise resultiert diese visuelle Unruhein einer Meidung der oberflächennahen Wasserschichten durch pelagische Arten in starkfrequentierten Bereichen.

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Durch nächtliche Beleuchtung der Baustelle könnten pelagische Fische wie Heringe oderSprotten allerdings auch angelockt werden. Die dadurch bedingte Beeinträchtigung dieserArten erscheint jedoch gering und soll durch die Vorgabe Nebenbestimmung Nr. 14.1 dernach dem Stand der Technik möglichen und unter Arbeitsschutzgesichtspunkten möglichReduzierung der Emission weiter gemindert werden.

Im Bereich der Trasse ist weiterhin baubedingt mit Geräuschemissionen durch den Einsatzvon Baumaschinen und das Auflegen der Pipeline zu rechnen. Im Bereich des deutschenFestlandssockels werden diese aber gering sein, da die Pipeline direkt auf demMeeresboden abgelegt wird und somit weniger Geräte zum Einsatz kommen. Aus derLiteratur ist bekannt, dass intensiver nieder- und hochfrequenter Schall bei Fischen eineFluchtreaktion auslösen oder diese physisch schädigen kann (siehe Gregory & Clabburn,2003: Avoidance behavior of Alosa fallax to pulsed ultrasound and its potential as atechnique for monitoring clupeid spawning migration in a shallow river. Aquat. Living.Resour.; 16: 313-316). Grundsätzlich treten bei Fischen artspezifische Unterschiedebezüglich des Wahrnehmungsvermögens von Schall, Infraschall (< 20 Hz) und Druckwellenauf (Popper, 2000: Hair cell heterogeneity and ultrasonic hearing: recent advamces inunderstanding fish hearing. Phil. Trans. Soc. London Ser. B Biol. Sci.; 355: 1277-1280). Soist bekannt, dass einige Fischarten nur ein schwach ausgeprägtes Hörvermögen besitzen.Beispielsweise vermögen Scholle und Kliesche Schall zwischen 30 bis 250 Hz schwachwahrzunehmen (Chapman & Sand ,1974: Field studies of hearing in two species of flatfishPleuronectes platessa (L.) and Limanda limanda (L.) (Family Pleuronectidae). ComparativeBiochemistry and Physiology; 47A: 371-385), wohingegen der Kabeljau in einemFrequenzbereich zwischen 30 bis 250 Hz über ein gutes Hörvermögen verfügt (Hawkins &Johnstone, 1978: The hearing of Atlantic salmon, Salmo salar. Journal of Fish Biology; 13:655-673) und Schall bis 38 kHz noch wahrnimmt (Astrup & Møhl, 1993: Detection of intenseultrasound by the cod Gadus morhua. J. Exp. Biol.; 182: 71-89). Weiterhin ist insbesonderevon Knorpelfischen (hier Nagelrochen nachgewiesen) bekannt, dass diese außer hörbaremSchall auch Infraschall wahrnehmen und auf diesen reagieren (Beulig, 1982: Social andexperiential factors in the responsiveness of sharks to sound. Fl. Sci.; 45/1: 2-10). Für einigeFischarten konnte bereits nachgewiesen werden, dass diese auf Geräusche mitFluchtreaktionen oder dem Abwenden von der jeweiligen Schallquelle reagieren (Sand &Karlsen, 1986: Detection and infrasound by the Atlantic cod. Journal of Experimental Biology;125: 197-204, Knudsen et al., 1992: Awareness reactions and avoidance responses tosound in juvenile Atlantic salmon, Salmo salar L. Journal of Fish Biology; 40: 523-534,Gregory & Clabburn, 2003: a.a.O.). So beschreiben Blaxter & Hoss (1981: Startle responsein herring: the effect of sound stimulus frequency, size of fish and selective interference withthe acoustico-lateralis system. Journal of the Marine Biological Association of the UnitedKingdom; 61: 871-879) und Blaxter et al. (1981: Sound and startle responses in herringshoals. Journal of the Marine Biological Association of the United Kingdom; 61: 851-869) dasAbwendeverhalten von Heringen von einer Schall- bzw. Druckquelle. Verschiedene Autorenfanden bei ihren Untersuchungen heraus, dass Ultraschall stets eine Scheuchwirkung auf diejeweils untersuchten Fischarten ausübte. Hörbarer und Infraschall hingegen kann sowohleine Scheuch- als auch eine Lockwirkung auf Fische ausüben. So stellten beispielsweiseBlaxter & Hoss (1981: a.a.O.) und Suzuki et al. (1980: The influence of underwater sound onmarine organism. J. Navig.; 33: 291-295) einen Fluchtreflex beim Einsatz von Schallquellenzwischen 10 und 1.000 Hz fest. Gleichzeitig bemerkten verschiedene Autoren eine rascheGewöhnung der jeweiligen untersuchten Fischart an den Schallreiz. So wurde beimKönigslachs bereits nach kurzer Zeit eine Gewöhnung an einen experimentellhervorgerufenen Schallreiz beobachtet. Die Gewöhnung setzte bereits innerhalb kurzer Zeitnach drei bis vier Anwendungen ein und die Lachse reagierten nach anfänglicher Flucht imweiteren Verlauf der Untersuchung nur noch mit einem gemächlichen Abwenden von derSchallquelle. Vergleichbare nach wenigen Tagen oder Wochen einsetzendeGewöhnungseffekte wurden auch von anderen Autoren bei verschiedenen Fischartenbeobachtet (Choo et al., 1988a: Study on acoustical fishing method. 3. Underwater sound offish culture. Bulletin of National Fisheries Research and Development Agency (Korea); 42:

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119-124, Choo et al., 1988b: Study on acoustical fishing method. 2. Acoustical response offish in the aquarium. Bulletin of National Fisheries Research and Development Agency(Korea); 42: 105-117).

Insgesamt sind für die Bauzeit, bedingt durch die Hebung des Geräuschpegels imNahbereich, Schreck- und Fluchtreaktionen von Fischarten anzunehmen, so dass davonauszugehen ist, dass die benthischen, demersalen und pelagischen Fischarten denNahbereich der Verlegearbeiten meiden werden.

Weitere baubedingte Beeinflussungen der Fischfauna können durch Trübungsfahnen,Sedimentation und der daraus resultierenden kurzzeitigen Veränderungen derWasserbeschaffenheit verursacht werden. Trübungsfahnen geringen Umfangs können durchüber den Meeresboden schleifende Ankerseile und das Setzen und Aufnehmen vonSchiffsankern, die ein Aufwühlen der obersten Schicht des Meeresbodens verursachen,entstehen. Aufgrund von Literaturdaten lässt sich prinzipiell festhalten, dass Eier und Larvendeutlich stärker von einer erhöhten Sedimentfracht betroffen sind, als juvenile und adulteFische (Keller et al., 2006: Literature Review of Offshore Wind Farms with Regard to FishFauna. In: Zucco, C.W. Wende, T. Merck, I. Köchling & J. Köppel (eds.): EcologicalResearch on Offshore Wind Farms: International Exchange of Experiences – PART B:Literature Review of Ecological Impacts. BfN-Skripten 171. Bonn. 47-130). So können fürFischeier und –larven Sedimentkonzentrationen im Bereich von Milligramm pro Liter bereitsletal wirken, während dies für juvenile und adulte Tiere erst im Konzentrationsbereich vonGramm pro Liter zu erwarten ist (Engel-Sørensen & Skyt, 2001: Evaluation of the Effect ofSediment spill from Offshore Wind Farm Construction on Marine Fish. – Report to SEAS,Denmark: 18 p, Clarke & Wilber, 2000: Assessment of potential impacts of dredgingoperations due to sediment resuspension, DOER Technical Notes Collection /ERDC TN-DOER-E9), U.S. Army Engineer Research and Development Center, Vicksburg, MS).Demersale Fischeier werden ebenfalls durch suspendiertes Material beeinträchtigt. Sozitieren Newcombe & Macdonald (1991 in: Engel-Sørensen & Skyt 2001: a.a.O.) für die Eierder Regenbogenforelle Oncorhynchus mykiss) eine 100%ige Mortalität bei einerSedimentkonzentration von 1.000-2.500 mg/l und einer Wirkdauer von sechs Tagen. Die Eierpelagisch laichender Fische weisen in der Regel eine Schutzschicht auf, welche sie vormechanischen Einwirkungen durch aufgewirbelte Sedimente schützt. Bleibt jedoch amFischlaich suspendiertes Material haften bzw. legt es sich auf diesem ab, so wird der Laichschwerer und sinkt hierdurch in tiefere Wasserschichten bzw. bis auf den Grund. In beidenFällen besteht die potenzielle Gefahr einer Sauerstoffunterversorgung (Birklund & Wijsman,2005: Agregate Extraction: A review on the effect on ecological Funktions.- Prepared for: ECFith Framework Programme Project SANDPIT: 54 p., Westerberg et al., 1996: Effects ofsuspended sediments on cod egg and larvae and on the behaviour of adult herring and cod.-ICES CM 1996/E:26: 13p.).

Für viele Arten (z.B. Hering, Scholle, Seezunge, Glattbutt und Dorsch) ist bekannt, dass sieim Larvenstadium ihren optischen Sinn zur Nahrungssuche nutzen. Zumeist können sie ihreNahrung allerdings erst im unmittelbaren Nahbereich (Millimeter) wahrnehmen (Bone et al.1995 in: Engel-Sørensen & Skyt, 2001: a.a.O.). Nimmt die Sichtweite im Wasserkörper durcherhöhten Sedimenteintrag stark ab, wird die Nahrungssuche der Larven deutlich erschwert.Für Heringslarven konnten Johnston & Wildish (1982 in: Engel-Sørensen & Skyt, 2001:a.a.O.) bei einer Suspensionsrate von 20 mg/l bereits eine reduzierte Nahrungsaufnahmefeststellen. Analog zu den Fischlarven nutzen auch viele Arten im juvenilen bzw. adultenStadium ihre optischen Sinne, um Nahrungsquellen aufzuspüren. Entsprechend ist auch fürdiese eine reduzierte Nahrungsaufnahme infolge erhöhter Sedimentfrachten imWasserkörper anzunehmen, wenn das Benthos mit Sediment überdeckt oder durch diestarke Trübung des Wasserkörpers überschattet wird (Dankers, 2002: The behaviour of finesreleased due to dredging. A literatue review. Delft University of Technology. HydraulicEngineering Section, Faculty of Civil Engineering and Geoscience: 59 p, Posford, DuvivierEnvironment & Hill, 2001:, Guidelines on the impact of aggregate extraction on European

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Marine Sites.- Countryside Council for Wales (UK Marine SACs Project). 125 p., Clarke &Wilber, 2000: a.a.O.). Juvenile und adulte Fische reagieren artübergreifend aufSedimentkonzentrationen im Bereich von Milligramm pro Liter mit Meideverhalten (ENGEL-SØRENSEN & SKYT, 2001: a.a.O.). Bei höheren Konzentrationen (g/l) können die Folgengrundsätzlich auch tödlich sein. Schollen können nachweislich Suspensionen von 3.000 mg/lüber einen Zeitraum von 14 Tagen überleben (Newton 1973 In: Moore 1991). Hieraus wirddeutlich, dass bodenorientierte Arten (Plattfische) weitaus höhere Sedimentkonzentrationentolerieren können, als pelagische Arten. Setzen sich Sedimentpartikel in bzw. auf denKiemen ab, so wird hierdurch der Gasaustausch mit dem Wasser erschwert, wodurch dieSauerstoffzufuhr verringert wird (Essink, 1999: Ecological effects of dumping of dredgedsediments, options for management.- Journal of Coastal Conservation 5: 69-80, Clarke &Wilber, 2000: a.a.O.). Am stärksten wirkt sich dieser Effekt auf juvenile Fische aus, da hierdie Kiemen entsprechend klein und somit die Öffnungen zwischen den Kiemenbögenschneller verstopfen bzw. verkleben.

Allerdings werden bei der Verlegung der Rohrleitungen innerhalb des deutschenFestlandsockels keine oder nur sehr geringe Auswirkungen durch Trübungsfahnen undSedimentation zu besorgen sein, da ab KP 1193,5 die Pipelines lediglich auf demMeeresboden abgelegt werden und hierbei nur geringe Sedimentmengen resuspendiertwerden. Auch durch schleifende Ankerketten bei den Ankermanövern ist die Bildung vonTrübungsfahnen durch die geringen Anteile an feinkörnigem Material (Schluffe und Tone)nicht zu erwarten. Letztlich können stationär lebende demersale Fische aber trotzdemkurzzeitig vertrieben werden.

Insgesamt ist das Maß der Auswirkungen bezüglich der Fisch- und Rundmaulfauna währendder Bauphase (erhöhter Schiffsverkehr und Bautätigkeit, Baustellenbeleuchtung, Verlegungder Pipeline) als lokal, kurzfristig und mit geringer Intensität zu prognostizieren, sodass keineerhebliche Beeinträchtigung der Fischfauna abzuleiten ist.

Anlagebedingt wird in die überwiegend reinen Sandgebiete im Bereich des Festlandsockelsein gebietsfremdes Bodensubstrat (künstliches Hartsubstrat) durch die Pipeline-Rohreeingebracht. In der Pommerschen Bucht werden die Pipelines ab KP 1193,5 vollständig aufdem Meeresboden aufliegen. Lokal (in Bereichen mit hohem Geröllanteil) sind über kurzeStrecken möglicherweise Steinschüttungen für die Lagestabilität oder zur Korrektur vonfreien Durchhängen der Pipelines erforderlich. Die Betonummantelung und die Steine stellenanlagebedingt ein künstliches Hartsubstrat dar, welches rasch von epibenthischen Tierartenbesiedelt werden wird. Durch den so genannten Riff-Effekt (lokale Strömungsänderung,erhöhtes Nahrungsangebot) ist auch eine Änderung der Fischgemeinschaft zu erwarten.Diese besteht vor allem in einer lokalen Zunahme benthophager Fische. Dies ist auch für diewestliche Ostsee durch verschiedene Untersuchungen in der jüngeren Vergangenheit belegtworden (z.B. Wilhelmsson et al., 2006: The influence of offshore windpower on demersalfish. ICES Journal of Marine Science 63: 775-784, Klaustrup, 2006: Few effects on the fishcommunities so far. In: DONG Energy, Vattenfall, The Danish Energy Authority & The DanishForest and Nature Agency: Danish offshore wind - key environmental issues: 64-77).Korrosionsschutz und Ummantelung an den Schweißnähten der Pipeline werden zuEmissionen von Metallen und möglicherweise von organischen Schadstoffen führen, dieaber aufgrund ihrer geringen Konzentration keine oder nur geringe Auswirkungen auf Fischehaben werden (siehe hierzu auch Schutzgut Benthos).Zusammenfassend sind die anlagebedingten Auswirkungen als lokal, dauerhaft und mitgeringer Intensität einzuschätzen, was keine erhebliche Beeinträchtigung der Fischfauna zurFolge hat.

Betriebsbedingt wird das kalte Erdgas keine Auswirkungen auf Fische in unmittelbarerNachbarschaft zur Pipeline haben. Am offen am Meeresboden liegenden Rohr erfolgt einerasche Erwärmung der Leitungsoberfläche durch ständigen Wärmeaustausch mit demumgebenden Wasser. Bei Kontroll- und Reparaturarbeiten können die gleichen Wirkungen

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auftreten, die bei den baubedingten Wirkungen bereits erläutert wurden. Kontroll- undReparaturarbeiten haben jedoch fallspezifisch (punktueller Leitungsdefekt, Freispülung einesPipeline-Abschnittes u. a.) unterschiedliche räumliche Bezüge. So können die erläutertenWirkungsspektren punktuell oder abschnittsweise auftreten, sind in jedem Fall auf einekürzere Zeit als die Bauzeit begrenzt. Das Maß der betriebsbedingten Auswirkungen wird alsmittelräumig, kurzfristig und mit geringer Intensität eingeschätzt.

Zusammenfassend betrachtet sind hinsichtlich Bau, Betrieb und Rückbau der beidenRohrleitungen im Vorhabensgebiet nur kleinräumige und geringfügige Störungen derFischfauna zu erwarten, welche in unmittelbarer Umgebung der Rohrleitungen aucherheblich und dauerhaft sein können.

Die geplante Trasse liegt im weiteren Umkreis zu den FFH-Gebieten „Pommersche Buchtmit Oderbank“ (DE 1652-301, ca. 0,58 km Entfernung), „Adlergrund“ (DE 1251-301, ca. 7,2km Entfernung) und „Westliche Rönnebank“ (DE 1249-301, ca. 15,9 km Entfernung). Damitbesteht für das aktuell zur Entscheidung anstehende Vorhaben eine ausreichendeEntfernung zu den Meeresschutzgebieten „Adlergrund“ und „Westliche Rönnebank“, so dassBeeinträchtigungen der Fisch-Lebensgemeinschaften unwahrscheinlich sind.

Prüfung gemäß § 38 BNatSchG i.V.m. § 34 Absatz 1 BN atSchG entsprechend bzw. Art.6 Abs. 3 FFH-Richtlinie hinsichtlich der bestätigte n FFH-Schutzgebiete „PommerscheBucht mit Oderbank“ in Bezug auf das Schutzgut Fisc he (Fernwirkung)

Darüber hinaus hat aufgrund Nähe der Pipelinetrasse zum FFH-Gebiet „Pommersche Buchtmit Oderbank“ eine Verträglichkeitsprüfung am Maßstab von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL bzw. § 34BNatSchG zu erfolgen. Die Bundesregierung hat im Mai 2004 u.a. das FFH-Gebiet„Pommersche Bucht mit Oderbank“ (DE 1652-301) an die EU-Kommission gemeldet. DieEU-Kommission hat inzwischen mit Wirkung von 15.12.2007 das Schutzgebiet nach FFH-RLbestätigt.

Ergibt die Prüfung der Auswirkungen durch den Bau, Betrieb und Rückbau der Rohrleitungeine erhebliche Beeinträchtigung dieser Schutz- und Erhaltungsziele, ist von einerUnverträglichkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 BNatSchG auszugehen. Bei der Bewertung dermöglichen Auswirkungen auf die Integrität des Schutzgebiets und der Erhaltungsziele istzwischen der temporär begrenzten Bau- und der dauerhaften Betriebsphase zudifferenzieren.

Allgemeines Erhaltungsziel des Schutzgebietes „Pommersche Bucht mit Oderbank“ ist unteranderem die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes derFFH-Art Finte und ihres Habitats (www.habitatmarenatura2000.de, Stand: 06.03.2009).

Die Entfernung des Vorhabensgebietes zum Schutzgebiet beträgt 0,58 km. DasSchutzgebiet hat eine Größe von 110.173 ha.

Die Nord Stream Pipelines werden keine erheblichen Beeinträchtigungen der Zielart Finteverursachen.

Baubedingt kann es zu einer zeitweisen Beeinflussung der Habitatfunktionen der Finte durchSedimentaufwirbelungen, erhöhte Trübungen, Sedimentation und sonstige kurzzeitigeVeränderungen der Wasserbeschaffenheit kommen. Da die Pipelines im deutschenFestlandsockel auf dem Meeresboden aufgelegt werden, entstehen nur sehr geringeSedimentaufwirbelungen in dem Moment, in dem die Pipelines in Kontakt mit demMeeresboden kommen. Da im betroffenen Trassenabschnitt vorwiegend Sande (Fein- undMittelsande) mit geringer Neigung zur Suspension von Feinpartikeln auftreten, werden nur

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sehr kurzzeitige (Minuten bis wenige Stunden), lokale (einige Meter bis Dezimeter) undgeringe Sedimentaufwirbelungen auftreten. Insofern ist aufgrund der Distanz der Trassezum FFH-Gebiet von mehr als 0,5 km mit keinem Einfluss des Projektes durch die geringenSedimentaufwirbelungen zu rechnen, so dass die Auswirkungen als unerheblich zu bewertensind.Durch visuelle, akustische und sonstige Störungen (insbesondere Unterwasserlärm,einschließlich Beleuchtung von Fahrzeugen und der Baustelle sowie Vibrationen) entlang derseeseitigen Trasse können vorübergehende Beeinflussungen der Finte und andererFischarten auftreten. Aufgrund der Distanz der Nord Stream Trasse von mehr als 0,5 kmzum FFH-Gebiet sind ggf. auftretende deutliche Verhaltensreaktionen (z.B. Flucht)außerhalb des Schutzgebietes zu erwarten. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Störreizeauch noch innerhalb des FFH-Gebietes (zumindest im Randbereich zur Nord Stream Trasse)wahrgenommen werden können und zu geringen Maskierungen des Verhaltens führenkönnten. Da die betroffenen Finten nur mit einzelnen Tieren im großräumigen Seegebiet derNord Stream Trasse auftreten, werden die Beeinflussungen als unerheblich für denErhaltungszustand der Tiere bewertet. In diesem Zusammenhang kann auch daraufhingewiesen werden, dass die Nord Stream Trasse innerhalb der AWZ teils in Bereichen vonSchifffahrtskorridoren verläuft, die hinsichtlich visueller und akustischer Reize vorbelastetsind.

Weiterhin ist zu erwarten, dass Fische durch Störreize, insbesondere durch Unterwasserlärmaus dem Trassengebiet während der Pipeline-Verlegung vergrämt werden (vgl. vorherigenPunkt). Da die Bauaktivitäten jedoch auf jeweils lokale Areale begrenzt sind (abschnittsweise„wandernde“ Baustelle) wird erwartet, dass die Tiere, die in kurzen Zeiträumen großeDistanzen zurücklegen, die betroffenen Areale umschwimmen werden. Somit werden keineBarrierewirkungen erwartet. Die Vergrämungswirkungen treten voraussichtlich außerhalbdes FFH-Gebietes auf. Es werden keine wesentlichen Beeinflussungen vonAustauschbeziehungen während der Bauphase abgeleitet (vgl. auch Erläuterungen zuanlagebedingten Beeinflussungen unten).

Anlagebedingte Habitatbeeinflussungen sind durch die Ablage der Pipelines auf demMeeresboden zu erwarten. Infolge der Ablage der Pipelines auf dem Meeresboden werdendurch das Pipelinematerial (vor allem Betonmantel) künstliche Hartböden geschaffen, aufdenen sich ein für die Pommersche Bucht typisches Epibenthos herausbildet. Aufgrund desRiffeffektes der künstlichen Hartböden kann eine artenreichere Fischfauna gegenüber denhomogenen Sandböden der Pommerschen Bucht lokal entlang der Pipelines auftreten. Fürdie überwiegend zooplanktonfressenden Finten (Arten des Makrozoobenthos haben nur einegeringe Bedeutung als Nahrung) ergeben sich damit keine negativen Effekte. DieseWirkungen treten außerhalb des FFH-Gebietes auf.Anlagenbedingte Beeinflussung von Austauschbeziehungen durch auf den Meeresbodenabgelegte Pipelines (außerhalb des FFH-Gebietes) sind nicht zu erwarten, da die Pipelinesvon den Finten problemlos überschwommen werden können, stellen sie keine Barriere fürdiese Arten dar.Auch die Freisetzung von Aluminiumverbindungen aus dem Material der Opfer-Anoden indas Wasser haben keine Folgewirkungen auf Lebensraumtypen und Habitate von Tierarten,da das in die Wassersäule abgegebene Aluminium schnell stark verdünnt wird. Im Sedimentist aufgrund des vorherrschenden Milieus mit einer Ausfällung des Aluminiums alsAluminiumhydroxid zu rechnen. Das durch die Opferanode freigesetzte Aluminium wird somitweitgehend im Sediment immobilisiert. Negative ökologische Effekte desAluminiumhydroxids sind derzeitig nicht bekannt (Dr. Schmolke, mündl. Mitteilung).

Betriebsbedingte Wirkungen durch eine Beeinflussung der Temperaturverhältnisse durchdas kalte Erdgas mit Folgewirkungen auf Nahrungsgrundlagen und sonstigeHabitatfunktionen der Art (außerhalb des FFH-Gebietes) wären denkbar. Da aber diePipelines auf dem Meeresboden aufliegen und damit der größte Teil der Pipeline in Kontaktzum Wasser steht, erfolgt eine Temperaturangleichung der Pipelineoberfläche mit der

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Temperatur des umgebenen Wasserkörpers. Nach dem vorliegenden Fachgutachten(Snamprogetti, 2008) werden für die Abschnitte mit auf dem Meeresboden aufliegenderPipeline maximale Temperaturdifferenzen zwischen der externen Rohrleitungsoberflächeund der Umwelt (Wasser) von 0,7 K im Sommer und 0,2 K im Winter prognostiziert. Damitwird das „2-K-Kriterium“ eingehalten und keine erheblichen Beeinflussungen von Arten undderen Habitate erwartet.Weitere betriebsbedingte Auswirkungen sind durch Kontroll-, Sicherungs- undReparaturmaßnahmen mit Auslösen von vorübergehenden Störreizen sowie verschiedenenUmweltwirkungen auf sonstige Lebensraumansprüche entlang der seeseitigen Trassemöglich.Die externe Kontrolle der Pipelines wird seeseitig durch geophysikalische Messungenvorgenommen, wobei ein Schiff die Trasse der Pipelines befährt. Solche einzelnenSchiffsbewegungen beeinflussen die vereinzelt auftretenden Individuen der Finte im Bereichder seeseitigen Trasse nicht. Mit sehr geringer Eintrittswahrscheinlichkeit ist dieDurchführung von Reparatur- oder Sicherungsmaßnahmen in lokalen Bereichen derPipeline-Trasse möglich. Da die Pipelines auf dem Meeresboden aufliegen, werdenReparaturen wahrscheinlich deutlich geringere Beeinflussungen für die Umwelt als solcheMaßnahmen für eingegrabene Pipelines haben. In der Regel ist eine Reparatur durch denEinsatz eines Schiffes sowie einer Unterwasser-Kammer möglich, ohne dass Baggerarbeitenerforderlich sind. Für die vorübergehende Zeit der jeweiligen Tätigkeit kann es entsprechendder ausgelösten Störreize sowie Scheucheffekten für Fische (Nahrung) zu temporärenVergrämungen von Fischen im betroffenen Teilbereich der Trasse kommen. Aufgrund despotenziell kurzen Zeitraumes und räumlich begrenzten Wirkgebietes werden jedoch keinemassiven, generellen Meidungen des Areals durch die Tiere prognostiziert.

Grenzüberschreitende Auswirkungen auf die Fischfauna sind nur für den Bereich derdänischen AWZ möglich. Nach den weiter oben beschriebenen Auswirkungsprognosen kannes zu kleinräumigen und kurzfristigen Auswirkungen durch Licht, Lärm, visuelle Unruhe,Trübungsfahnen sowie die Einbringung von künstlichem Hartsubtrat kommen, welche inunmittelbarer Umgebung der Rohrleitungen auch erheblich und dauerhaft seinkönnen.Demzufolge ist, sobald die wandernde Baustelle die Nähe der Grenze zur dänischenAWZ erreicht, baubedingt mit kurzfristigen und kleinräumigen Beeinträchtigungen auch fürden Bereich der dänischen AWZ zu rechnen. Da die Beeinträchtigungen nur kurzfristig sindund sich auf das unmittelbare Umfeld der Baustelle beschränken sind die Auswirkungen aufdas Schutzgut Fische von geringem Ausmaß. Auch im Nord Stream Espoo Bericht (2009:Bd. III, Tabelle 11.6, S. 1661) wird diesen Auswirkungen eine geringe Signifikanzzugeordnet. Die betriebs- und anlagebedingten Auswirkungen, die hauptsächlich aus derPräsenz der Pipeline (künstliches Hartsubstrat) resultieren, sind ebenfalls kleinräumig aberdauerhaft. Trotz der permanenten Beeinträchtigung werden die Auswirkungen auf dasSchutzgut Fische als gering angesehen, da der dauerhafte Flächenverlust von Sandboden,der im Bereich des deutschen Festlandsockels sehr häufig ist, unerheblich ist. Im NordStream Espoo Bericht (2009: Bd. III, Tabelle 11.6, S. 1661) wird die Signifikanz derAuswirkungen dagegen mit gering bis mäßig bewertet (Nord Stream Espoo Bericht, 2009:Bd. III, Tabelle 11.6, S. 1662). Auswirkungen auf die polnische AWZ, die in einer Entfernungvon 20 bis 42 km zur Nord Stream Trasse liegt, sind aufgrund der kleinräumigenAuswirkungen unwahrscheinlich.

III.2.6.3.10 Marine Säuger

Schweinswale sind nach mehreren internationalen Übereinkommen geschützt und fallenunter den Schutzauftrag der europäischen FFH-Richtlinie . Der Schweinswal wird sowohl imAnhang II als auch im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt. Er genießt als Anhang-IV-Arteinen generellen strengen Artenschutz gem. Art. 12 und 16 der FFH-Richtlinie. Weiterhin ist der Schweinswal im Anhang II des Übereinkommens zum Schutz wandernderwild lebender Tierarten (Bonner Konvention, CMS) aufgeführt.

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Zusätzlich ist das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wild lebendenPflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) zu erwähnen, indessen Anhang II der Schweinswal gelistet ist.

Unter der Schirmherrschaft von CMS wurde ferner das Schutzabkommen ASCOBANS(Agreement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic and North Seas)beschlossen. Der Schutz der Schweinswale in der Ostsee wurde im Jastarnia Planvereinbart (ASCOBANS, 2002, Jastarnia Plan).

In Deutschland wird der Schweinswal auch in der Roten Liste gefährdeter Tieren aufgeführt(BINOT et al., 1998). Hier wurde er in die Gefährdungskategorie 2 (stark gefährdet)eingestuft.

Kegelrobbe und Seehund werden auch im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt. In derRoten Liste wurde auch die Kegelrobbe in die Gefährdungskategorie 2 eingestuft. DerSeehund wurde in die Schutzkategorie 3 (gefährdet) eingestuft.

Der Schweinswalbestand in der Ostsee hat im Laufe der letzten Jahrhunderte drastischabgenommen. Die Situation des Schweinswals in der Ostsee ist durch den kommerziellenFang der Tiere in früheren Zeiten, aber auch durch extreme Eiswinter verschlechtert undschließlich durch Beifang, Verschmutzung, Lärm und Nahrungslimitierung weiter verschärftworden (ASCOBANS, 2002 a.a.O.). Die Existenz einer weiteren separaten Subpopulation inder östlichen Ostsee mit einem Bestand von ca. 500 Tieren wird durch die Ergebnissemorphometrischer und genetischer Untersuchungen unterstützt. Die Subpopulation deröstlichen Ostsee ist zusätzlich durch die kleine Anzahl von Individuen, die geographischeRestriktion und dem fehlenden Genaustausch besonderes gefährdet und gilt daher als vomAussterben bedroht (ASCOBANS, 2002 a.a.O.).

Aufgrund der Ergebnisse der MINOS-, MINOSplus und EMSON-Untersuchungen wurden inder deutschen AWZ der Ostsee fünf Gebiete definiert, die von besonderer Bedeutung fürSchweinswale sind. In der mittelbaren Umgebung der Trasse befinden sich drei Gebiete vongemeinschaftlicher Bedeutung (FFH):- „Adlergrund“ (DE 1251-301)- „Westliche Rönnebank“ (DE 1249-301)- „Pommersche Bucht mit Oderbank“ (DE 1652-301).

Auf der Basis von systematischen flugzeuggestützten Zählungen beträgt die Abundanz fürdas FFH-Gebiet „Adlergrund“ 33 Tiere. Kegelrobben wurden auch nachgewiesen. Für dasFFH-Gebiet „Pommersche Bucht mit Oderbank“ ist eine Abundanzberechnung fürSchweinswale nur mit einem sehr großen Fehlerquotienten möglich. Dies führt methodischbedingt zu überhöhten Werten. Die Beobachtung von 84 Tieren auf der Oderbank im Juli2002 blieb einmalig. Trotz eines hohen Kartieraufwandes wurden hier in den Folgejahrenkeine Tiere mehr gesichtet. Im FFH-Gebiet „Westliche Rönnebank“ wurden Schweinswalenachgewiesen. Nach aktuellem Kenntnisstand hat das Gebiet die Funktion eines Migrations-oder sogar Nahrungshabitats für die östliche Subpopulation des Schweinswales in derOstsee.

Das Gebiet um die Trasse der Rohrleitungen im deutschen Festlandsockel hat nachaktuellem Kenntnissstand eine mittlere Bedeutung für Schweinswale:

- Das Gebiet wird von Schweinswalen gelegentlich zum Durchqueren, zum Aufenthalt undals Nahrungsgrund genutzt.

- Das Vorkommen von Schweinswalen ist in diesem Gebiet im Vergleich zum Vorkommenin der Kieler Bucht, der Beltsee und dem Kattegat gering.

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- Eine Nutzung des Gebiets als Aufzuchtsgebiet ist nicht nachgewiesen.

Für Robben und Seehunde hat dieses Gebiet aufgrund des seltenen Vorkommens und derEntfernung zur Küste nur geringe Bedeutung.

Gefährdungen gehen für marine Säugetiere in diesem Bereich der Ostsee von einer Reiheanthropogener Aktivitäten aus:- Fischerei, durch Beifang und Dezimierung von Fischbeständen- Meeresumweltverschmutzung, durch Einleitung von organischen und anorganischen

Schadstoffen, Ölunfälle Eutrophierung, durch Einleitung von Nährstoffen- Schifffahrt, überwiegend durch Schallimmissionen und Kollisionsgefahr

Schallimmissionen aus Quellen, wie Forschungsaktivitäten, Militär, Bauaktivitäten.

Gefährdungen für marine Säugetiere gehen zudem aus von:- Erkrankungen bakteriellen oder viralen Ursprungs- Klimaveränderungen durch Einwirkung auf die marinen Nahrungsketten.

Auswirkungen des Vorhabens durch Schallimmissionen auf marine Säugetiere

Für marine Säugetiere spielt Schall eine große Rolle. Sie erhalten aus GeräuschenInformationen über ihre Umgebung, über potentielle Feinde oder über Beutevorkommen. Siekommunizieren über Unterwasserrufe. Zahnwale - wie der Schweinwal - sind in der Lage, mitHilfe von Ultraschall-Klicklauten ein Abbild ihrer Umgebung zu erhalten und Beute zu orten(EVANS, 1998). Kommunikation kann der Erkennung, dem Zusammenhalt sozial organisierterGruppen oder der Paarung dienen.

Unterwasserschall anthropogener Quellen kann im Extremfall zu physischen Schädigungen(u.a. Hörverlust) führen, aber auch die Kommunikation stören oder zu Verhaltensänderungenführen - z. B. Sozial- und Beutefangverhalten unterbrechen oder ein Fluchtverhaltenauslösen. Erste Ergebnisse zur akustischen Belastbarkeit von Schweinswalen wurden imRahmen des MINOSplus Projektes erzielt. Nach einer Beschallung mit einem maximalenEmpfangspegel von 200pk-pk dB re 1 µPa und einer Energieflussdichte von 164 dB re 1µPa2/Hz wurde bei einem Tier in Gefangenschaft bei 4 kHz erstmals eineHörschwellenverschiebung (so genannten TTS) festgestellt. Bei den Messungen wurdezudem festgestellt, dass die Hörschwellenverschiebung mehr als 24 Stunden anhielt.Verhaltensänderungen wurden an dem Tier bereits ab einem Empfangspegel von 174pk-pk dBre 1 µPa festgestellt (Lucke K., U. Siebert, P.A. Lepper, M.-A. Blanchet, 2009. J. Acoust.Soc. Am. 125: 4060-4070). Neben der absoluten Lautstärke bestimmt jedoch auch die Dauerdes Signals die Auswirkungen auf die Belastungsgrenze. Die Belastungsgrenze sinkt mitzunehmender Dauer des Signals, d.h. es kann schon bei niedrigeren Lautstärken zu einerSchädigung des Gehörs der Tiere kommen.

Derzeitige anthropogene Nutzungen mit hohen Schallbelastungen in der Umgebung derTrasse sind der Schiffsverkehr, seismische Erkundungen, die Sand- und Kiesgewinnung undmilitärische Nutzungen.

Das BfN kritisiert in seiner Stellungnahme vom 14.05.2009, dass die Antragstellerin dieAuswirkungen des Schalleintrags auf marine Säugetiere durch Bauarbeiten an der Trasse inder vorgelegten UVS nicht ausreichend berücksichtigt habe.

Schallbelastung über die Hintergrundschallwerte hinaus kann im Bereich der Trasse durchdie Verlegungsarbeiten entstehen. Zum einen durch das Verlegeschiff und die begleitendenVersorgungs- und Sicherheitsfahrzeuge. Zum anderen werden möglicherweiseschallintensive Phasen bei der Vorbereitung des Bodens oder ggf. Abdeckung derRohrleitung eintreten. Der Schalleintrag der Verlegearbeiten wird zudem über mehrere Tageandauern. Der Schalleintrag wird lokal und temporär von marinen Säugetieren bei der

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Nahrungssuche und bei Wanderungen wahrgenommen. Dadurch können lokale undtemporäre Störungen bei Wanderung und Nahrungssuche von Schweinswalen, Robben undSeehunden durch Schallemissionen während der Verlegungsarbeiten eintreten. Aufgrundder räumlichen und zeitlichen begrenzten Dauer der Arbeiten können jedoch erheblicheAuswirkungen ausgeschlossen werden.

Derzeit gibt es keine generell geltenden Grenzwerte für schallintensive Aktivitäten imOffshore Bereich. Es liegen zudem nur sehr eingeschränkt gesicherte Daten vor, um dieEinwirkdauer der Beschallung mit anhaltenden Geräuschen bewerten zu können. Auch einekumulative Betrachtung der Auswirkungen unterschiedlicher Schallquellen auf marineSäugetiere ist durch die mangelnde Datengrundlage nicht möglich. Dem Vorsorgeprinzipfolgend und auf der Basis der vorliegenden Ergebnisse zum Eintritt einerHörschwellenverschiebung bei Schweinswalen (Lucke et al., 2009, a.a.O) wird jedochempfohlen, dass der Schallereignispegel (SEL) außerhalb eines Kreises mit einem Radiusvon 750 m um die Verlegungsstelle 160 dB (re 1 µPa) nicht überschreitet. In Rahmen vonGenehmigungen von Offshore-Windparkvorhaben wird dieser Wert aufgrund der räumlichenund zeitlichen Ausdehnung bereits als Grenzwert festgelegt.

Erhebliche Auswirkungen durch Störung bei der Nahrungssuche und der Wanderungmariner Säugetiere, insbesondere der gefährdeten Schweinswale während derVerlegearbeiten können nach aktuellem Kenntnisstand mit ziemlicher Sicherheitausgeschlossen werden. Um etwaigen bisher nicht vorhergesehenen lokalen undtemporären Störungen mariner Säugetiere durch Schalleintrag begegnen zu können, wurdenÜberwachungsmaßnahmen zur Erfüllung des Eintritts der abgegebenen Prognoseangeordnet (vgl. Nebenbestimmungen 22.3, 22.6 bis 22.8).

Die Maßnahmen dienen der Erfassung etwaiger Auswirkungen auf die besonders gefährdeteTeilpopulation des Schweinswals in der Ostsee sowie auch auf die FFH-Gebiete„Pommersche Bucht mit Oderbank“, „Adlergrund“, „Westliche Rönnebank“, die sich inmittelbarer Umgebung der Trasse befinden. Aus Gründen des Artenschutzes ist bei derVerlegung stets auf Minderung der Schallemmissionen zu achten. Vergrämungsmaßnahmensind ggf. anzuwenden, um sicherzustellen, dass Tiere, die sich im Nahbereich vonschallintensiven Arbeiten aufhalten, Gelegenheit finden, rechtzeitig auszuweichen. DieVerlegearbeiten sind stets durch geeignetes und zu dokumentierbares Monitoring zubegleiten.

Die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung des Artenschutzes sind im Laufe desVollzugs mit dem BSH abzustimmen. Zu den meeresumweltschützenden Maßnahmengehören:

1) Erstellen eines Schallgutachtens unter Berücksichtigung des Hintergrundschalls undeiner standort- und projektspezifischen Schallprognose.

2) Konzept zur Vergrämung der Tiere aus dem Gefährdungsbereich, wenn dieSchallprognose Hinweise auf Erreichung von Werten von über 160 dB re 1µPaaußerhalb eines Radius von 750 m um die Verlegungsstelle gibt

3) Konzept zur Überwachung der Schallemmissionen durch Schallmessungen während derVerlegung

4) Konzept zur Überwachung der Habitatnutzung in der Umgebung der Trasse durchakustische Erfassung (PODs).

Die meeresumweltschützenden Maßnahmen unter 2) und 3) gelten auch beiReparaturarbeiten und im Störfall.

Anlagen- und betriebsbedingt sind nach heutigem Kenntnisstand keine Auswirkungen durchSchalleintrag oder sonstige Störungen durch die Rohrleitung auf marine Säugetiere zuerwarten.

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Auf der Grundlage der Betrachtungen und Erwägungen ist in die Bewertungzusammenfassend aufzunehmen, dass mit Bau, Betrieb der Nord Stream Rohrleitung keineerheblichen nachteiligen Auswirkungen auf marine Säuger verbunden sein werden.

Prüfung gemäß § 38 BNatSchG i.V.m. § 34 Absatz 1 BN atSchG entsprechend bzw. Art.6 Abs. 3 FFH-Richtlinie hinsichtlich der bestätigte n FFH-Schutzgebiete „PommerscheBucht mit Oderbank“, „Adlergrund“ und „Westliche Rö nnebank“ für marine Säuger(Fernwirkung)

Darüber hinaus hat eine Verträglichkeitsprüfung am Maßstab von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL bzw.§ 34 BNatSchG für die FFH-Gebiete „Pommersche Bucht mit Oderbank“, „Adlergrund“ und„Westliche Rönnebank“ zu erfolgen, die sich in mittelbarer Umgebung der Trasse befinden.

Die Bundesregierung hat im Mai 2004 u.a. die FFH-Gebiete „Adlergrund“ (DE 1251-301),„Westliche Rönnebank“ (DE 1249-301) und „Pommersche Bucht mit Oderbank“ (DE 1652-301) an die EU-Kommission gemeldet. Die EU-Kommission hat inzwischen mit Wirkung von15.12.2007 die Schutzgebiete nach FFH-RL bestätigt.

Die Verträglichkeitsprüfung hat anhand der Schutzzwecke und der daraus abgeleitetenErhaltungsziele zu erfolgen.

Erhaltungsziel der Schutzgebiete „Pommersche Bucht mit Oderbank“, „Adlergrund“ und„Westliche Rönnebank“ ist jeweils die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigenErhaltungszustandes des Schweinswals (u.a durch ASCOBANSRecovery Plan of HarbourPorpoise in the Central Baltic) und seines Habitats. Erhaltungsziel des Schutzgebietes„Westliche Rönnebank ist außerdem die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigenErhaltungszustandes der Kegelrobbe. (www.habitatmarenatura2000.de, Stand: 06.03.2009).

Das BfN hat zudem spezifische Erhaltungsziele und Wiederherstellungsziele hinsichtlich derArten des Anhangs II der FFH-RL in den Schutzgebieten „Pommersche Bucht mitOderbank“, „Adlergrund“ und „Westliche Rönnebank“ formuliert:

- Mindestens Erhaltung des zum Zeitpunkt der Meldung vorliegenden qualitativen undquantitativen Zustandes der Bestände von Schweinswal und Kegelrobbe im Schutzgebietunter Berücksichtigung der natürlichen Populationsdynamik und Unterstützungnatürlicher Bestandsentwicklungen;

- Erhaltung der ökologischen Qualität der Nahrungshabitate und Migrationsräume desGebietes für Schweinswale in der östlichen Ostsee;

- Erhaltung des unzerschnittenen Habitats der Art im Schutzgebiet sowie die Erhaltung derVerbindung zu angrenzenden dänischen Gewässern, die zu der Kegelrobbenkolonie desRødsands leiten. Erhaltung der Möglichkeit für Kegelrobben, das Gebiet entsprechendihrer natürlichen räumlichen und zeitlichen Verbreitungsmuster zu nutzen (FFH-Gebiet„Adlergrund“);

- Erhaltung der räumlichen und zeitlichen Verbreitungsmuster, Altersklassenverteilung undder Bestandsdichten der natürlichen Nahrungsgrundlage der Kegelrobben (z.B.Ammodytidae, Platichthys flesus, Pleuronectes platessa, Gobius niger, Pomatoschistusminutus, Gadus morhua),(FFH-Gebiet „Adlergrund“).

Folgende Wiederherstellungs- und Entwicklungsziele wurden formuliert:Vor dem Hintergrund der anhaltenden sehr starken Bestandsbedrohung in weiten Teilen desGesamtareals der östlichen Ostseepopulation sollen im Schutzgebiet die für dieSchweinswale wichtigen Habitate qualitativ verbessert, quantitativ soweit möglich entwickeltund eine ungestörte Nutzung durch die Tiere gewährleistet werden.Die abiotischen und biotischen Faktoren im Gebiet sollen einen Zustand erreichen, der esden vorhandenen Beständen ermöglicht, sich hin zu einem guten Erhaltungszustand zu

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entwickeln und diesen dauerhaft zu erhalten. Besonderes Augenmerk ist auf die Entwicklungeines mindestens guten Gesundheitszustandes, einer hohen Vitalität der Individuen, einerlangfristig erfolgreichen Reproduktion und einer arttypischen Altersstruktur des Bestandes zulegen. Die Bestände der den Schweinswalen als Nahrungsgrundlage dienenden Fischarten sollennatürliche Bestandsdichten, Altersklassenverteilungen und Verbreitungsmuster erreichen.

In dem benachbarten Schutzgebiet „Pommersche Bucht mit Oderbank“ kommen nachderzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand Schweinswale (Anhang II und Anhang IV derFFH-RL, EU-Code 1351) mit einem geschätzten Bestand von 251-500 Individuen vor(www.habitatmarenatura2000.de). Die kürzeste Entfernung der Trasse zum Schutzgebiet(südwestlich) beträgt etwa 0,5 km und weitet sich auf ca. 12 km auf.

Das Gebiet „Adlergrund“ hat eine Größe von 23.399 ha. Hier wurden Schweinswale undKegelrobben nachgewiesen. Die kürzeste Entfernung der Trasse zum Schutzgebiet(südöstlich) beträgt etwa 7,5 km.

Das Gebiet „Westliche Rönnebank“ hat eine Größe von 9.854 ha. Hier kommen nachderzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand Schweinswale mit einem geschätztenBestand von 11-50 Individuen vor. Die kürzeste Entfernung der Trasse zum Schutzgebiet(nordwestlich) beträgt etwa 16 km.

Die in den Schutzgebieten vorkommenden Schweinswale gehören nach derzeitigemKenntnisstand –(siehe oben) der stark gefährdeten Schweinswal-Teilpopulation der östlichenOstsee an. Durch die Schutzgebiete werden Teile des Nahrungshabitats erhalten.

Die Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Habitate der Schweinswale (sieheoben) hat jedoch ergeben, dass keine erheblichen Auswirkungen auf marine Säugetiere,insbesondere auf die gefährdeten Schweinswale zu erwarten sind. Zur Verifizierung deroben dargelegten Prognose, die sich insbesondere auf die Schallauswirkungen bei„verträglichen“ Lärmintensitäten bezieht, werden zudem Überwachungsmaßnahmenangeordnet (Nebenbestimmungen 22.6 bis 22.8). Kumulative Auswirkungen sind aufgrunddes temporären Eingriffs und der Entfernung der Schutzgebiete nicht zu erwarten.

Im Ergebnis kann mit der erforderlichen Sicherheit festgehalten werden, dass das Projekt inseiner genehmigten Form und unter Einhaltung der Maßnahmen zur Überwachung derVerlegungsarbeiten keine erheblichen Auswirkungen auf die Schutz- und Erhaltungsziele derFFH-Gebiete haben wird.

Prüfung des Vorhabens anhand artenschutzrechtlicher Vorgaben (Art. 12 FFH-RL; § 42BNatschG)

Das Vorhaben verstößt nicht gegen artenschutzrechtlichen Vorgaben. In der Umgebung derTrasse der sind nach Art. 12 FFH-RL zu schützende Arten nachgewiesen worden. In derUmgebung der Trasse kommen folgende marine Säugetiere des Anhangs II (Tier- undPflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondereSchutzgebiete ausgewiesen werden müssen) bzw. des Anhangs IV (streng zu schützendeTier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) der FFH-RL vor: Schweinswal,Seehund, Kegelrobbe. Schweinswale kommen unregelmäßig in sehr kleiner Anzahl vor. Diein diesem Bereich der Ostsee vorkommenden Schweinswale gehören allerdingshöchstwahrscheinlich der stark gefährdeten Schweinswal-Teilpopulation der östlichenOstsee an. Seehunde und Kegelrobben werden in der Umgebung der Trasse nursporadisch angetroffen.

Art. 12 Absatz 1 a) FFH-RL (Tötungsverbot)

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Gemäß Art. 12 Absatz 1 a) FFH-RL sind alle absichtlichen Formen des Fangs oder derTötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren streng geschützter Arten verboten.Eine Tötung der oben genannten, im Anhang IV aufgeführten Arten mariner Säugetiere istdurch die Verlegung, den Betrieb und den Rückbau der Rohrleitung nicht zu erwarten.

Dem Prinzip der Vorsorge folgend werden zusätzlich Maßnahmen zur Überwachung derAuswirkungen von Schalleintrag während der Verlegearbeiten angeordnet. Aus Gründen desArtenschutzes ist eine Schallprognose unter Berücksichtigung des Hintergrundschallsaufzustellen und ggf. geeignete Schutzmaßnahmen für marine Säugetiere vorzusehen. DieDurchführung der Verlegearbeiten und der ggf. getroffenen Maßnahmen sind stets durchgeeignetes Monitoring zu begleiten und zu dokumentieren.

Betriebsbedingt sind nach heutigem Kenntnisstand keine Auswirkungen für marineSäugetiere zu erwarten. Geeignetes Monitoring, mit Hilfe akustischer Erfassung wird zudemin der ersten Betriebsphase angeordnet, um etwaige Auswirkungen der Verlegungsphaseverfolgen und einschätzen zu können.

Art. 12 Absatz 1 b) FFH-RL (Störungsverbot)Weiter ist gem. Art. 12 Absatz 1 b) FFH-RL jede absichtliche Störung dieser Arten,insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- undWanderungszeiten zu verbieten. Gemäß des Leitfadens zum strengen Schutzsystem fürTierarten von gemeinschaftlichen Interesse im Rahmen der FFH-RL 92/43/EWG (Rn. 39)liegt eine Störung im Sinne von Art. 12 FFH-RL vor, wenn durch die betreffende Handlungdie Überlebenschancen, der Fortpflanzungserfolg oder die Reproduktionsfähigkeit einergeschützten Art vermindert werden oder diese Handlung zu einer Verringerung desVerbreitungsgebiets führt.

Diesem europarechtlichen Störungstatbestand liegt ein art- bzw. populationsbezogenerAnsatz zugrunde (vgl. BVerwG, ZUR 2009, 142, 148; Urt. v. 12. 03.2008, a.a.O. Rn. 237).

Die Umgebung der Trasse im deutschen Festlandsockel der Ostsee gehört nach aktuellemKenntnisstand, nicht zu den in deutschen Gewässern identifizierten Aufzuchtsgebieten desSchweinswals. Eine Störung im Sinne von Art 12 Absatz 1 b) FFH-RL der marinenSäugerwird durch die temporären Verlegungsarbeiten nicht verursacht. Zudem werdensowohl die Verlegephase als die erste Zeit der Betriebsphase vonÜberwachungsmaßnahmen der Habitatnutzung und Schallmessungen begleitet, ummögliches Gefährdungspotenzial vor Ort zu erfassen und ggf. Maßnahmen einzuleiten.Insgesamt können Auswirkungen durch den Bau, Betrieb und Rückbau der Rohrleitung aufdie Population des Schweinswals nach aktuellem Kenntnisstand mit Sicherheitausgeschlossen werden (s.o. unter Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf marineSäugetiere).

Eine Störung gemäß Art. 12 Absatz 1 b) FFH-RL durch das Vorhaben liegt nicht vor.

Art. 12 Absatz 1 d) FFH-RL (Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten)Nach Art. 12 Absatz 1 d) FFH-RL ist jede Beschädigung oder Vernichtung derFortpflanzungs- oder Ruhestätten der streng geschützten Arten zu verbieten. Dabei sind dieBegriffe der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte in der Regel weit auszulegen. Jedoch ist es beiArten, die große Lebensräume beanspruchen, geboten, eine engere Umgrenzung derFortpflanzungs- und Ruhestätten zugrunde zu legen (Leitfaden, Rn. 67). Die Notwendigkeiteiner entsprechenden Differenzierung ergibt sich gerade auch für im Wasser lebendeTierarten, die große Lebensräume beanspruchen aus Art. 4 Absatz 1 Satz 3 FFH-RL. Zueiner solchen Tierart zählt auch der vorrangig hier anzutreffende Schweinswal, aber auch dieanderen hier sporadisch angetroffenen marinen Säuger.

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Die Europäische Kommission hat mit der Aufnahme von „Pommersche Bucht mit Oderbank“,„Adlergrund“ und „Westliche Rönnebank“ in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicherBedeutung (GGB) bereits drei Gebiete in mittelbarer Nähe des Vorhabens identifiziert,welche gemäß der formulierten Erhaltungsziele gerade der Erhaltung der für Schweinswalewichtigen Habitate dient.

Eine Beschädigung oder Zerstörung der drei Schutzgebiete durch das Vorhaben ist nicht zuerwarten. Eine Beschädigung läge nur dann vor, wenn es zu einer materiellenVerschlechterung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte käme (Leitfaden, Rn. 67). Dies setzteine gewisse Dauerhaftigkeit der Verschlechterung voraus. Es kommt vorliegend aberallenfalls durch den Schalleintrag der Verlegearbeiten zu zeitlich eng begrenzten Einflüssenauf einen Teil des Schutzgebietes „Pommersche Bucht mit Oderbank“ im nordöstlichenBereich. Insbesondere sind etwaige Auswirkungen auf Schweinswale vorübergehenderNatur (vgl. o.). Das Vorhaben hält auch den Maßstäben einer gebietschutzrechtlichenBetrachtung stand, so dass von einer materiellen Verschlechterung und damit einerBeschädigung nicht ausgegangen werden kann.

Die Tatbestände des BNatschG sind insoweit mit den geprüften europarechtlichen Vorgabendeckungsgleich, so dass sich auch bei deren Anwendbarkeit keine Gesichtspunkte für eineUnzulässigkeit des Vorhabens ergeben.

III.2.6.3.11 Avifauna

Bestandsbewertung

Die Pipelinetrasse verläuft auf ihrer gesamten Länge innerhalb des deutschenFestlandsockels durch das besondere Schutzgebiet gemäß VRL, welches mit derVerordnung über die Festsetzung des Naturschutzgebietes „Pommersche Bucht“ vom15.09.2005 unter Naturschutz gestellt wurde (Bundesgesetzblatt 2005, Teil I, Nr. 59:2778-2781).

Das Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ hat in der Ostsee eine herausragende Funktionals Nahrungs-, Überwinterungs-, Mauser-, Durchzugs- und Rastgebiet für dortvorkommenden Arten nach Anhang I der VRL (insbesondere Sterntaucher, Prachttaucher,Ohrentaucher, Zwergmöwe, Fluss- und Küstenseeschwalbe) und regelmäßig auftretendeZugvogelarten (insbesondere Rothalstaucher, Eisente, Trauerente, Samtente, Sturm- undHeringsmöwe, Trottellumme, Tordalk und Gryllteiste).

Bei Betrachtung aller vorhandenen Daten zum Vorkommen von See- und Wasservögeln inden deutschen Gewässern der Ostsee, insbesondere der Rastbestände (die PommerscheBucht, der Adlergrund, das Arkona-Becken, die Darßer Schwelle, der Bereich Fehmarn undKieler Bucht) ergibt sich ein einheitliches Vorkommensbild: So bestätigen sowohl staatlichals auch privat durchgeführte Untersuchungen Verbreitungsschwerpunkte bzw. Rasthabitatefür mehrere Arten im Bereich des Küstenmeeres bzw. des ausgewiesenenVogelschutzgebietes „SPA Pommersche Bucht“ und im Bereich des Adlergrundes. Bezüglichder Arten des Anhangs I der VRL sind außerhalb des Vogelschutzgebietes und inküstenfernen Bereichen des Festlandsockels im Arkona-Becken abnehmendeVorkommensdichten zu verzeichnen. Insbesondere nahm die Dichte von tauchendenMeeresenten (Eisente, Samtente, Trauerente) mit der Entfernung von der PommerschenBucht und in Richtung des Arkona-Beckens ab.

Dagegen kommen Hochseevogelarten wie Trottellumme und Tordalk auch im Bereich vonzunehmenden Wassertiefen im Arkona-Becken vor. Artenspektrum, Abundanz und saisonaleVerteilungsmuster der dominanten Arten weisen die Bereiche der Pommerschen Bucht und

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des Adlergrundes als regional sowie überregional bedeutende Nahrungs- und Rasthabitateim Bereich des deutschen Festlandsockels aus.

Im Rahmen der Untersuchungen für das Vorhaben Nord Stream wurden im gesamtenUntersuchungsgebiet (Küstenmeer, Festlandsockel) insgesamt 37 Wasser- undSeevogelarten erfasst. Davon werden neun Arten im Anhang I der VRL geführt; 29 Artenwerden in den Listen der AEWA aufgeführt (Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil II Nr.15:Zweite Verordnung zur Änderung des Abkommens vom 16. Juni 1995, 10. Mai 2004).

In der Umgebung der Trasse (Trasse einschließlich 3 km Pufferzone auf jeder Seite) imdeutschen Festlandsockel der Ostsee wurden folgende See- und Wasservogelarten vonbesonderer Bedeutung für das Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ festgestellt:

- Sechs Arten des Anhangs I der VRL (Sterntaucher, Prachttaucher, Ohrentaucher,Zwergmöwe, Flussseeschwalbe, Küstenseeschwalbe),

- Drei ziehende Meeresenten in großer Anzahl (Eisente, Trauerente, Samtente)- Sechs weitere im Vogelschutzgebiet regelmäßig auftretende Zugvogelarten

(Trottellumme, Tordalk, Gryllteiste, Sturmmöwe, Heringsmöwe, Rothalstaucher).

Die bisherigen Erkenntnisse in Bezug auf das Vorkommen und den Zustand der Beständevon Rast- und Seevögeln, die auch in der Umgebung der Trasse im deutschenFestlandsockel der Ostsee vorkommen, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Die Brutbestände von Silbermöwe und Trottellumme haben im Zeitraum 1990-2000 starkzugenommen.

- Die Brutbestände von Sterntaucher, Eisente, Trauerente, Gryllteiste undFlussseeschwalbe sind im Zeitraum 1990-2000 stabil geblieben.

- Die Brutbestände von Prachttaucher, Brandseeschwalbe, Zwergseeschwalbe, SamtenteOhrentaucher, Rothalstaucher und Haubentaucher haben im Zeitraum 1990-2000 leichtoder moderat abgenommen.

- Sicheren Erhaltungsstatus weisen folgende Arten auf: Rothalstaucher, Haubentaucher,Silbermöwe, Eisente, Trauerente, Eiderente, Trottellumme, Tordalk, Fluss- undKüstenseeschwalbe.

- Als verarmt gelten die Bestände der Brandseeschwalbe, Trauerseeschwalbe undGryllteiste.

- Als „verarmt“ aufgrund von Bestandsabnahmen in der Vergangenheit und aktuellunbekannter Trends gilt die Sturmmöwe.

- Als „verarmt“ aufgrund von Bestandsabnahmen in der Vergangenheit und trotz aktuellstabiler Trends gelten Sterntaucher und Zwergmöwe.

- Als „gefährdet“ aufgrund von Bestandsabnahmen in der Vergangenheit und teilweiseanhaltender abnehmender Trends gilt der Prachttaucher.

- Veränderungen des marinen Ökosystems wirken sich auf die Bestände von Seevögelnaus.

- Die Bestände weisen artspezifische, saisonale Verteilungsmuster auf.- Abundanzschwankunken treten intra- wie interannuel auf.- Verteilungsmuster der Bestände sind räumlich wie zeitlich nicht immer vorhersagbar.- Gefährdete oder besonders schützenswerte Arten kommen gebietsweise unterschiedlich

vor.- Anthropogene Aktivitäten und Klimawandel beeinflussen, neben natürlicher Variabilität,

die Veränderungen des marinen Ökosystems.

Die Umgebung der Trasse liegt in einem Bereich des deutschen Festlandsockels mit einemRastvogelvorkommen von herausragender Bedeutung. Neben schützenswerten Arten nachAnhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie treten hier regelmäßig auch ziehende Vogelarten inhohen Dichten auf.

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Gefährdungen gehen für die Bestände von Seevögel in diesem Bereich des deutschenFestlandsockels in der Ostsee aus einer Reihe von anthropogenen Aktivitäten hervor:

- Fischerei: direkt durch Fang in den Netzen oder indirekt durch Dezimierung vonFischbeständen

- Eutrophierung: indirekt über die marinen Nahrungsketten- Meeresumweltverschmutzung: indirekt über Anreicherungen von organischen und

anorganischen Schadstoffen in den marinen Nahrungsketten- Ölverschmutzung stellt für Rast- und Seevögel eine gravierende Gefährdung dar- Schifffahrt- Müll: durch Verfangen oder Verschlucken- Bauaktivitäten: direkt durch Schiffsverkehr und indirekt über Störungen der marinen

Nahrungsketten- Erkrankungen bakteriellen oder viralen Ursprungs- Klimaveränderungen: indirekt über Einwirkung auf die marinen Nahrungsketten.

Dagegen bestehen in der westlichen Ostsee derzeit nur wenige Vorbelastungen für ziehendeVögel. Diese betreffen in der Regel Kollisionsrisiken für Nachtzieher mit Schiffen, Brücken,Offshore-Windenergieanlagen und Leuchttürmen.

Auswirkungen des Vorhabens auf rastende und ziehende Vögel

Während der Verlegung der Rohrleitung ist vor allem mit zusätzlichem Schiffsbetrieb zurechnen. Das Verlegeschiff wie auch die Versorgungs- und Sicherheitsfahrzeuge könnten beistörempfindlichen Arten Meideverhalten hervorrufen. Bei Schiffsfolgern wäre dagegen mitAnlockeffekten zu rechnen. Die Baustelle wird außerdem nachts beleuchtet sein. DieBeleuchtung der Baustelle könnte dann möglicherweise ziehende Vögel anlocken. DieStörwirkung durch die Baustelle wird jedoch lokal und temporär sein. Ähnliche Effekte sindauch bei Reparaturarbeiten oder Rückbau der Rohrleitung zu erwarten.

Meideverhalten in der Umgebung der Baustelle ist möglicherweise bei störempfindlichenArten wie Seetauchern zu erwarten. Auch Meeresenten zeigen Schiffen und Bauwerkengegenüber Meideverhalten. Dadurch können lokale und temporäre Störungen beim Rastenund bei der Nahrungssuche von See- und Wasservögeln während der Verlegearbeiteneintreten. Aufgrund der räumlich und zeitlich begrenzten Dauer der Arbeiten können jedocherhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf rastende und nahrungssuchende See- undWasservögel ausgeschlossen werden.

Die Beleuchtung der Baustelle könnte allerdings nachts ziehende Vögel anlocken.Wetterbedingt wäre dann mit Kollisionen zu rechnen. Das Kollisionsrisiko in der westlichenOstsee wurde bisher häufig an Leuchttürmen untersucht (Hansen, L., 1954: Birds killed atlights in Denmark 1886-1939. Vidensk. Medd. Naturh. Foren. Kopenhagen 116: 269-368).Hansen (1954, a.a.O.) analysierte die von Leuchtturmwärtern an 50 Leuchttürmen inDänemark über einen Zeitraum von 54 Jahren (1887-1939) gemeldeten Anflugopfer,insgesamt 96.500 Vögel. Etwa 50 % aller gemeldeten Anflugopfer stammten von den 12dänischen Feuerschiffen, wobei anzumerken ist, dass auf diesen mit Sicherheit nur ein Teilder toten Vögel an Bord gefunden wurde und ein weit größerer Teil ins Meer fiel.Offensichtlich war also das Kollisionsrisiko für Vögel über See generell größer als an Land.Jährlich verunglückten an den untersuchten Leuchttürmen 500-8.000 Vögel (im Mittel 1.700),was (bezogen auf die Feuerschiffe) einer jährlichen Kollisionsrate von mindestens 100-200Vögeln entsprach.

Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Zugvogel mit einer beleuchteten Struktur oder Schiff aufSee kollidiert, ist artspezifisch verschieden. Hansen (1954) wies unter den dänischenLeuchtturmopfern insgesamt 190 Arten nach, wobei ganze 5 Arten ca. 75 % aller Opfer

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ausmachten: Feldlerche, Singdrossel, Rotdrossel, Star und Rotkehlchen. Etwa 90 % allerAnflugopfer betrafen insgesamt 14 Arten, bei denen es sich fast ausnahmslos umNachtzieher handelte. Tagzieher verunglückten nur ausnahmsweise (wobei fastausschließlich tief fliegende Arten mit individuenreichen Brutpopulationen in Skandinavienbetroffen waren).

Durch zusätzliche, indirekte Beleuchtung der Leuchttürme konnte die Zahl der Anflüge anKüstenstandorten in den letzten Jahrzehnten deutlich reduziert werden. Dies gilt jedoch nichtfür das Kollisionsrisiko in küstenfernen Meeresbereichen. Studien an modernen,beleuchteten Offshore-Plattformen in der Nordsee belegen hohe Kollisionsraten (Müller H.H,1981. Vogelschlag in einer starken Zugnacht auf der Offshore-Forschungsplattform„Nordsee“ im Oktober 1979. Seevögel 2: 33-37: Orejas, K., Joschko, T., Schröder, A.,Dierschke, J., Exo, K. M., Friedrich, E., Hill, R., Hüppop, O., Pollehne, F., Zettler, M. L. undR. Bochert, 2005Ökologische Begleitforschung zur Windenergienutzung im Offshore-Bereichauf Forschungsplattformen in der Nord- und Ostsee (BeoFINO). Abschlussbericht. BMU etal., 2005).

Beleuchtete Brücken über ausgedehnte Wasserflächen können ebenfalls eine Gefahr fürNachtzieher darstellen. Nach der Fertigstellung der Øresundbrücke, die südlich von MalmöSchweden und Dänemark verbindet, kam es im Herbst 2000 aufgrund der starkenBeleuchtung der Brücke bei eingeschränkter Sicht zu Massenkollisionen, die an wenigenTagen 1.000-5.000 Opfer forderte (über 1.000 Opfer allein in einer Nacht). Durch diesesEreignis initiierte Untersuchungen im Folgejahr ergaben bei nun deutlich reduzierterBeleuchtung 295 tote Vögel, wobei Rotkehlchen, Singdrosseln und Wintergoldhähnchendominierten. Diese Untersuchungen machen erneut die hohe Gefährdung nachts ziehenderSingvögel über See deutlich.

Die Ergebnisse der Untersuchungen an Feuerschiffen und Plattformen lassen vermuten,dass das Kollisionsrisiko von nachtziehenden Landvögeln mit beleuchteten Stellen, wieBauschiffen, als hoch einzuschätzen ist. Die beleuchtete Baustelle stellt in der Nacht undinsbesondere bei schlechtem Wetter eine Attraktion für ziehende Vögel dar. Zudem treten imOffshore Bereich öfter Starkwind- und Sturmereignisse auf als an Land, die mit geringenFlughöhen (und entsprechend hohem Kollisionsrisiko) verbunden sind.

Aufgrund der räumlich und zeitlich begrenzten Dauer der Arbeiten können jedoch erheblicheAuswirkungen des Vorhabens auf nachts ziehende Vögel nicht als prognostizierbarangesehen werden. Um etwaigen bisher nicht vorhergesehenen lokalen und temporärenStörungen von nachts ziehenden Vögeln durch die Beleuchtung der Baustelle begegnen zukönnen, wurden Minderungsgebote hinsichtlich der Emission undÜberwachungsmaßnahmen angeordnet (vgl. Ziffer 14.1 und 22).

Die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung des Artenschutzes sind im Laufe desVollzugs mit der Genehmigungsbehörde abzustimmen. Zu den meeresumweltschützendenMaßnahmen gehören:

1) Erstellung eines Überwachungskonzepts der Rastvögel unter besondererBerücksichtigung der Bauphase

2) Konzept zur Registrierung der Totfunde auf das Verlegungsschiff3) Konzept zur Optimierung ggf. der Beleuchtung der Baustelle

Die meeresumweltschützenden Maßnahmen unter 2) und 3) gelten auch beiReparaturarbeiten und im Störfall.

Anlagen- und betriebsbedingt sind nach heutigem Kenntnisstand keine Auswirkungen durchdas Vorhaben auf rastende und ziehende Vögel zu erwarten.

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Prüfung gemäß § 38 BNatSchG i.V.m. § 34 Abs. 1 BNat SchG sowie § 5 Abs. 1 derSchutzgebietsverordnung „Pommersche Bucht“

Das Vorhabensgebiet im deutschen Festlandsockel der Ostsee verläuft, wie bereitsausgeführt auf voller Länge durch das Naturschutzgebiet „Pommersche Bucht“. Dieseswurde durch die Verordnung vom 15. September 2005 festgesetzt (Bundesgesetzblatt I, Nr.59, 2778).

Die Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens erfolgt anhand des Schutzzwecks desSchutzgebietes „Pommersche Bucht“. Schutzzweck ist nach § 3 der Verordnung diedauerhafte Erhaltung und Wiederherstellung des Meeresgebietes in seiner Funktion alsNahrungs- Überwinterungs-, Mauser-, Durchzugs- und Rastgebiet für dort vorkommendeArten nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie (insbesondere Sterntaucher, Prachttaucher,Ohrentaucher, Zwergmöwe, Fluss- und Küstenseeschwalbe) und regelmäßig auftretendeZugvogelarten (insbesondere Rothalstaucher, Eisente, Trauerente, Samtente, Sturm- undHeringsmöwe, Trottellumme, Tordalk und Gryllteiste).

Die Verordnung legt in § 3 Abs. 2 zur Sicherung des Überlebens und der Vermehrung dero.g. Vogelarten und zur Sicherung ihrer Lebensräume Ziele zur Erhaltung undWiederherstellung fest.

Erhaltung und Wiederherstellung:

- des qualitativen und quantitativen Bestandes der Vogelarten mit dem Ziel derErreichung eines günstigen Erhaltungszustandes unter Berücksichtigung dernatürlichen Populationsdynamik und Bestandsentwicklung: Vogelarten miteiner negativen Bestandsentwicklung ihrer biogeographischen Population sindbesonders zu berücksichtigen,

- der wesentlichen direkten und indirekten Nahrungsgrundlagen der Vogelarten,insbesondere natürlicher Bestandsdichten, Altersklassenverteilungen undVerbreitungsmuster der den Vogelarten als Nahrungsgrundlage dienendenOrganismen,

- der für das Gebiet charakteristischen Merkmale, insbesondere im Hinblick aufden Salzgehalt, die Eisfreiheit auch in strengen Wintern sowie die geo- undhydromorphologische Beschaffenheit mit ihren artspezifischen ökologischenFunktionen und Wirkungen,

- unzerschnittener Lebensräume im Naturschutzgebiet mit ihren jeweiligenartspezifischen ökologischen Funktionen, räumlichen Wechselbeziehungensowie des ungehinderten Zugangs zu angrenzenden und benachbartenMeeresbereichen,

- der natürlichen Qualität der Lebensräume, insbesondere ihre Bewahrung vorVerschmutzungen und Beeinträchtigungen sowie der Schutz derVogelbestände vor erheblichen Belästigungen.

Für Arten des Anhangs I der VRL treffen die Mitgliedsstaaten die notwendigen Maßnahmenin und außerhalb von Schutzgebieten, um den Schutz für die genannten Vogelarten in derennatürlichen Verbreitungsgebiet zu gewährleisten.

Viele der im Schutzgebiet „Pommersche Bucht“ regelmäßig auftretenden ziehendenVogelarten sind nach dem AEWA-Übereinkommen geschützt.

Ergibt die Prüfung der Auswirkungen durch den Bau und Betrieb der Rohrleitungen eineerhebliche Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes, istvon einer Unverträglichkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 BNatSchG auszugehen. Bei derBewertung der möglichen Auswirkungen auf die Integrität des Schutzgebiets und der

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Erhaltungsziele ist jedoch der lokal und temporär eingeschränkte Charakter des Eingriffs zuberücksichtigen.

Die Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens hat ergeben, dass keine erheblichenAuswirkungen auf die Vögel im Schutzgebiet, insbesondere auf Arten des Anhangs I derVRL und auf regelmäßig auftretende ziehende Vögel zu erwarten sind. Dem Vorsorgeprinzipfolgend, werden zudem Überwachungsmaßnahmen angeordnet (Ziffer 22). KumulativeAuswirkungen sind aufgrund des temporären und lokalen Eingriffs nicht zu erwarten.

Im Ergebnis kann mit der erforderlichen Sicherheit festgehalten werden, dass das Vorhabenin seiner genehmigten Form und unter Einhaltung der Maßnahmen zur Überwachung derVerlegearbeiten keine erheblichen Auswirkungen auf die Schutz- und Erhaltungsziele desSchutzgebietes „Pommersche Bucht“ haben wird.

Prüfung des Vorhabens anhand artenschutzrechtlicher Vorgaben (Art. 5 VRL; § 42BNatschG)

Das Vorhaben genügt artenschutzrechtlichen Vorgaben. Im Vorhabensgebiet sind nach Art.5 V-RL zu schützende Arten einheimische europäische Arten als Rastvögel nachgewiesenworden: Sterntaucher, Prachttaucher, Ohrentaucher, Zwergmöwe, Flussseeschwalbe undKüstenseeschwalbe, Zwergmöwe. Die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie erfolgt inDeutschland vornehmlich durch das Bundesnaturschutzgesetz und dieBundesartenschutzverordnung sowie durch einige Bestimmungen des Jagdrechts. Alle"europäischen Vogelarten" im Sinne der Vogelschutzrichtlinie sind gemäß § 10 BNatSchGbesonders geschützt.

Art. 5 a) V-RL; Art. 42 (1)1 BNatSchG (absichtliches Töten)Gemäß Art. 5 a) VRL bzw. Art. 42 (1)1 BNatSchG ist ein Verbot des absichtlichen Tötensoder Fangens, ungeachtet der angewendeten Methoden der geschützten Vogelartenfestzulegen. Wie oben dargelegt, besteht in Abhängigkeit von der jeweils betroffenen Art undden anzutreffenden Umweltbedingungen das Risiko des Vogelschlags, d.h. der Tötung vonIndividuen einer geschützten Vogelart.

Die Verwirklichung des Vogelschlagrisikos durch die Baustelle ist jedoch keine absichtlicheTötung im Sinne der V-RL bzw. des BNatSchG.

Der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand des § 42 BNatschG, in der mit der seit demErsten Gesetz zur Änderung des BNatschG (BNatSchG 2002 ÄndG 1), vom 12.12.2007(BGBl I 2007, 2873 (2008, 47) geltenden Fassung, verbietet jede objektiv tatbestandlicheTötungshandlung gem. § 42 Absatz 1 BNatschG. Der Gesetzgeber führt in der Begründungaus: „Auf die Erfüllung subjektiver Tatbestandsmerkmale wie „absichtlich“, „vorsätzlich“ oder„fahrlässig“ kommt es im Rahmen der Verbote nach Absatz 1 nicht an.“ (BT-Drs. 16/5100 v.25.04.2007, S. 11). Jedoch ist sozialadäquates Verhalten nach dem Willen desGesetzgebers nicht erfasst: „Die Verwirklichung sozialadäquater Risiken, wie etwaunabwendbare Tierkollisionen im Verkehr, erfüllt nicht die Tatbestände des Absatzes 1.Derartige Umstände sind bei der Zulassung entsprechender Vorhaben ggf. im Rahmen dernaturschutzrechtlichen Eingriffsregelung mit der gebotenen Sorgfalt zu berücksichtigen.“(ebd.)

Die angeordneten Maßnahmen, wie Minimierung der Lichtemissionen, Überwachung derBauphase und Registrierung von Totfunden, sorgen aber dafür, dass eine Kollision mit derBaustelle soweit als möglich vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert wird. Nachdem jetzigen Kenntnisstand wird jedoch das Kollisionsrisiko für die o.g. Vogelarten ehergering sein. Das Vorhaben verletzt daher nicht das sich aus Art. 5 d) VRL und § 42 Absatz 1BNatschG ergebende Tötungsverbot.

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Art. 5 d) VRL; Art. 42 (1) 3 BNatSchG (Beschädigung von Brut- und Aufzuchtsgebieten)Gemäß Art. 5 d) V-RL umgesetzt in Art. 42 (1) 3 des BNatSchG ist das absichtliche Stören,insbesondere während der Brut- und Aufzuchtszeit, sofern sich diese Störung auf dieZielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt, zu verbieten. Die Umgebung des Vorhabensdient aufgrund der Entfernung zur Küste und zu den Inseln nicht als Brut- und Aufzuchtgebietgeschützter Vogelarten (s.o.). Eine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand der Artdurch Störung von Brut- und Aufzuchtsgebiete kann ausgeschlossen werden.

III.2.6.4 Betrachtung grenzüberschreitender Auswirkungen

Grenzüberschreitende Auswirkungen durch baubedingte oder betriebsbedingte Wirkfaktorenaus dem Bereich des deutschen Festlandsockels auf die Hoheitsgebiete oderausschließlichen Wirtschaftszonen anderer Staaten treten nicht auf. Dies zeigen die obigenAusführungen für den Bereich des deutschen Festlandsockels deutlich und anschaulich. Dabereits im Bereich des deutschen Festlandsockels wenn überhaupt nur kleinräumigeAuswirkungen auf die Meeresumwelt zu erwarten sind, haben diese, wenn sie auftretensollten, entweder keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die benachbarte dänischeAWZ und deren Meeresumwelt sowie deren Nutzungen.

Im Rahmen des Espoo-Verfahrens hat Deutschland, den betroffenen Ostseeanrainerstaatenden „Nord Stream Espoo Report“ übersandt und die Möglichkeit zur Beteiligung vonÖffentlichkeit, Fachbehörden und sonstigen Stellen eingeräumt.

In Polen wurde die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange über das Verfahren zurNord Stream Pipeline informiert und hatten die Möglichkeit, den Espoo Report einzusehen.Der polnische Generaldirektor für Umweltschutz hat hierzu Stellungnahmen vonVerwaltungsbehörden, wissenschaftlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen undanderen Stellen erhalten und diese in seiner Stellungnahme an die Ursprungsparteien(Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland und Russland) berücksichtigt. Deutschlandhat von Polen fristgerecht eine Stellungnahme zu der Dokumentation für dieUmweltverträglichkeitsprüfung erhalten.

Der Generaldirektor für Umweltschutz der Republik Polen hat in seiner Stellungnahmeerklärt, dass die Unterlagen nicht alle Aspekte der potenziellen Auswirkungen desBauvorhabens und des Betriebs der Nord Stream Pipeline auf die Umwelt eindeutigbeurteilen würden. Die Unterlagen müssten ergänzt werden. Insbesondere fehlten dieUntersuchungen der Ankerzonen im Hinblick auf Munition sowie Untersuchungen zu denAuswirkungen auf die Laichzeit der Dorsche, des Druckwassertestes und der Stilllegungnach Betriebsende der Pipeline.

Ferner seien die Unterlagen bzgl. der Schadstoffgehalte im Boden und der Modellierung derResuspension mangelhaft. Die Modellierung der Emissionen durch Verunreinigungen undSinkstoffe seien unzureichend.

Des weiteren seien in den Antragsunterlagen die wandernden Tierarten wie z.B. Fische,Vögel, Säugetiere, welche sich über die Grenzen der Schutzgebiete hinweg aufhalten, nichtvöllig korrekt betrachtet worden. Bezüglich der Auswirkungen des Vorhabens auf dieSchweinswale seien die Analysen mangelhaft. Auch müssten die Informationen über dieAuswirkungen auf Natura 2000 Gebiete ergänzt werden.

Nach Ansicht der Republik Polen seien die Antragsunterlagen auch bzgl. der betrachtetenTrassen (Landvarianten), der Analyse von Zwischenfällen und der Darstellung derVerantwortung von Umweltschäden sowie der Gefahr von Erdbeben nicht ausreichend undvollständig betrachtet worden.

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Ebenfalls seien die Untersuchungen bezüglich der Gefährdung durch Kampfmittel undKampfstoffe unzureichend. Auch mögliche Einschränkungen der polnischen Schifffahrt sowieein mögliches Kreuzungsbauwerk mit der geplanten „Baltic Pipe“ seien nicht entsprechendberücksichtigt worden. Zudem fehlten Aussagen zu möglichen Einschränkungen bzw.Behinderungen der Fischerei sowie an einem detallierten Monitoringkonzept.

Zu den in den polnischen Stellungnahmen erhoben Forderungen, Einwänden und Hinweisengilt, soweit in den oben gemachten Ausführungen dazu nicht bereits Stellung genommenwurde, folgendes:

Mit der vorliegenden Umweltverträglichkeitsuntersuchung wurde eine Beurteilung derUmweltverträglichkeit des Vorhabens erst nach Identifizierung aller möglichen Folgen für dieUmwelt durchgeführt. Die Ergebnisse der Bewertung der Umweltauswirkungen wurden beider Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksameUmweltvorsorge berücksichtigt. Die Umweltverträglichkeit des Vorhabens wurde festgestellt.

Auf der Basis der von der Antragstellerin erhobenen Daten über Munition, Kampfmittel undKampfstoffe im Ankerkorridor gibt es im deutschen Festlandsockel keine Hinweise auf dasVorhandensein von Kampfmitteln, und zwar weder im Bereich der Trasse noch im Bereichdes Ankerkorridors. Im Übrigen wird auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen.Sollten wider Erwarten während der Bauphase dennoch Munition, Kampfmittel oderKampfstoffe gefunden werden, wird die Genehmigungsinhaberin gemäß derNebenbestimmung Ziffer 17.3 verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen in Abstimmung mitdem BSH und dem Munitionsbergungsdienst zu veranlassen.

Die Auswirkungen der Druckprüfung sind nicht Gegenstand des deutschenGenehmigungsverfahrens. Das Drucktestwasser wird nach der Druckprüfung nahe derrussischen Anlandungsstelle in die Ostsee abgelassen. Nahe der deutschenAnlandungsstelle oder in deutschen Gewässern wird kein Wasser abgelassen.

Dorschlaichplätze sind im deutschen Trassenverlauf nicht als Schwerpunkte bekannt.

Über einen möglichen Rückbau der Rohrleitungen nach Betriebsende ist zum Zeitpunkt derendgültigen Stillegung der Anlage auf der Grundlage der dann maßgeblichen Vorschriften zuentscheiden. Dementsprechend gehören Angaben hierüber auch nicht zu den nach Art. 4Abs. 1 i.V.m. Anhang II des Espoo-Übereinkommens zu dokumentierendenGesichtspunkten.

Für die relevanten Trübungen im Bereich des deutschen Trassenabschnittes wurde eineModellierung der Resuspension auf der Grundlage der status quo Untersuchungen zu denkonkreten Sedimenten im Trassenverlauf durchgeführt. Es wird auf die obigen Ausführungenzum Boden und Wasser verwiesen.

Die Antragsunterlagen beinhalten die Analyse der Störwirkungen auf wandernde Tierarten.Ausgehend von der Analyse der räumlichen und zeitlichen Ausdehnung beinhaltet dieAnalyse auch eine Beurteilung möglicher Wirkungen über die Grenzen einzelner Natura2000 Gebiete hinaus (vgl. Antragsunterlagen Teil C 2 und Espoo Report, Kapitel 10 ff.).Wie bereits oben festgestellt wurde, werden keine grenzüberschreitenden Auswirkungen aufNatura 2000 Gebiete, auch nicht auf polnische Natura 2000 Gebiete, prognostiziert.Zu den Auswirkungen des Vorhabens auf Marine Säugetiere, Fische und Vögel wird auf dieobigen Ausführungen in der Genehmigung bezug genommen.

Zu den Auswirkungen des Vorhabens auf Schweinswale wurde oben bereits Stellunggenommen, vgl. marine Säugetiere.

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Die in den Antragsunterlagen enthaltende Alternativenprüfung entspricht dem UVPG sowieder Espoo Konvention, es wird hierzu auf die Ausführungen in der UVP verwiesen.

Die Gefahr durch mögliche Erdbeben wurde im Rahmen der Risikoanalyse bewertet. DerBereich des deutschen Festlandsockels, durch den die Pipeline verläuft, ist nahezuaseismisch. Das Risiko wurde deshalb als vernachlässigbar gering bewertet.

Bezüglich möglicher Einschränkungen der polnischen Schifffahrt durch das Vorhaben undeines möglichen Kreuzungsbauwerkes mit der geplanten „Baltic Pipe“, wird auf die obigenAusführungen zur Schifffahrt verwiesen, siehe unter Punkt III.1.

Beeinträchtigungen oder Behinderungen der Fischerei sind, wie oben (III.2.3 Fischerei)ausgeführt, nur als gering zu bewerten. Diese geringen Beeinträchtigungen sind sowohl vonden deutschen als auch den polnischen Fischern hinzunehmen.

Durch die Nebenbestimmung Ziffer 22.2 wird die Vorlage eines Monitoringkonzeptsangeordnet. Vor Beginn der Bauarbeiten ist eine Ausführungsplanung auf der Grundlage desKonzeptes vorzulegen und mit dem BSH sowie den nationalen Fachbehörden abzustimmen.

In Dänemark war der Espoo Report Gegenstand einer Öffentlichkeitsbeteiligung. Auf derInsel Bornholm wurde eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Die im Rahmen derBeteiligung abgegebenen Stellungnahmen wurden dem BSH in englischer Übersetzungübersandt. Weder aus der Öffentlichkeit noch von den zuständigen Behörden wurdenwesentliche Bedenken hinsichtlich der Verlegung der Pipeline in deutschen Seegebietengeäußert.

Schweden hat eine Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung durchgeführt, im Rahmenderer die Möglichkeit bestand, zu dem Espoo Report Stellungnahmen abzugeben. Auf derInsel Gotland wurde ein Anhörungstermin durchgeführt. Die schwedische Umweltbehörde(Naturvardsverket) hat Stellungnahmen von Behörden, Kommunen, wissenschaftlichenInstituten, Nichtregierungsorganisationen und von Privaten erhalten. Eine Zusammenfassungdieser Stellungnahmen in englischer Sprache wurde dem BSH mit der Antwort auf dieKonsultation übersandt. Eine Vielzahl von Stellungnahmen bemängelt allgemeineAuswirkungen der Pipeline, die dementsprechend auch für den Abschnitt im deutschenFestlandsockel gelten. Größtenteils decken sich die Kommentare mit den auch vonpolnischer Seite vorgebrachten Bedenken. Hervorzuheben ist eine Stellungnahme desSwedish Meteorological and Hydrological Institute, welches darauf hinweist, dass dieAussage in den Unterlagen, die Pipeline verursache keine Effekte auf den Wassereinstromin das Arkona und Bornholm Becken so nicht richtig sei. Die durchgeführte Untersuchungzeige lediglich, dass ein Effekt nicht messbar sei. Nach allgemeinem Kenntnisstand in derOzeanographie findet ein Wasseraustausch über die Adlergrundrinne jedoch nur in sehrgeringem Maße statt, so dass nennenswerte Auswirkungen durch die Pipeline auf demdeutschen Festlandsockel ausgeschlossen werden können.

Auch in Finnland hatten die Öffentlichkeit sowie die zuständigen FachbehördenGelegenheit, zu dem Espoo Report Stellung zu nehmen. Es wurdenInformationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit in fünf verschiedenen Städtendurchgeführt. Auch die Umweltverträglichkeitsstudien für die dänischen, deutschen undschwedischen Seegebiete wurden öffentlich ausgelegt. Die für die Genehmigung zuständigeBehörde, Uusimaa Regional Environment Centre, hat insgesamt 70 Stellungnahmen vonFachbehörden, Kommunen, Nichtregierungsorganisationen und Privatpersonen erhalten. DieStellungnahmen betreffen jedoch fast ausschließlich Aspekte, die für die Genehmigung desAbschnitts in deutschen Seegebieten nicht von Relevanz sind. Allerdings legt Finnland inseinem Schreiben Wert darauf, dass Anforderungen an ein Monitoringkonzept inZusammenarbeit aller Ostseeanrainerstaaten erarbeitet werden, so dass ein Monitoring der

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grenzüberschreitenden Auswirkungen, wie z.B. Sedimentumlagerungen,Temperaturschwankungen, Einflüsse auf die Wasserqualität sowie Auswirkungen auf Floraund Fauna erfasst werden. Hierzu wird auf Nebenbestimmung 22 verwiesen, mit der derGenehmigungsinhaberin ein Monitoring aufgegeben wird, welches auch internationalabzustimmen ist (vgl. Begründung zu Ziffer 22.3).

In Russland wurde der Espoo Report im Internet veröffentlicht und der interessiertenÖffentlichkeit und Nichtregierungsorganisationen auf Nachfrage auf CD übersandt. In Vyborgwurde ein Anhörungstermin durchgeführt. Das zuständige Ministerium erhieltStellungnahmen aus der Öffentlichkeit, von Nichtregierungsorganisationen, Kommunen undFachbehörden sowie Ministerien. Russland hat in seinem Antwortschreiben auf dieKonsultation darauf hingewiesen, dass keine der eingegangenen Stellungnahmen negativegrenzüberschreitende Effekte behandelt hat.

Estland hat eine Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung durchgeführt, im Rahmen dererauch ein Anhörungstermin durchgeführt wurde. Das estnische Umweltministerium hat eineArbeitsgruppe zur Auswertung des Espoo Reports gebildet. Auf deren Stellungnahme sowieauf den von Behörden und Organisationen abgegebenen Stellungnahmen beruht das anDeutschland gesandte Antwortschreiben im Rahmen der Konsultation. Darin wirft dasestnische Umweltministerium überwiegend Aspekte auf, die den Golf von Finnland betreffensowie allgemeine Bedenken, wie sie auch von Polen geäußert wurden. Wie Schweden weistEstland auch darauf hin, dass der Einfluss auf den Wasseraustausch in der Ostsee nichtausreichend untersucht und betrachtet wurde. Hierzu gilt das oben Ausgeführte.Es wird darüber hinaus bemängelt, dass die Alternative einer Überland-Pipeline (sog.„onshore alternative“) nicht ausführlich betrachtet wurde. Aus Sicht des BSH ist eine solcheBetrachtung jedoch weder nach der UVP-Richtlinie noch nach der Espoo-Konventiongeboten. Die Konstruktion einer Überland-Pipeline stellt keine „Alternative“ in deren Sinnedar. Es handelt sich dabei vielmehr um ein „aliud“ zu dem geplanten Offshore-Vorhaben.

In Lettland wurde der Espoo Report an die zuständigen Ministerien undUmwelteinrichtungen verteilt und öffentlich ausgelegt. Ein Anhörungstermin hatstattgefunden und die Informationen wurden in Zeitungen und im Internet veröffentlicht. Inseinem Antwortschreiben im Rahmen der Konsultation hat Lettland eine zusammenfassendeStellungnahme abgegeben. Darin werden Einwände und Forderungen erhoben, die jedoch inerster Linie die an die lettische AWZ angrenzenden Abschnitte der Pipeline oder aber denFinnischen Meerbusen betreffen.

Auch Litauen hat im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung eine Reihe vonStellungnahmen erhalten und gegenüber den Ursprungsstaaten eine zusammenfassendeStellungnahme abgegeben. Darin werden viele Aspekte behandelt, die auch von anderenbetroffenen Staaten vorgebracht wurden, so dass insoweit auf die obigen Ausführungenverwiesen wird. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass der Espoo Reportunzureichende Informationen über seismische Aktivitäten im Bereich der Vorhabenstrasseenthält. Hierzu ist anzumerken, dass die Ostsee generell kein erdbebengefährdetes Gebietist und aus diesen Gründen für den Bereich des deutschen Festlandsockels auch keinedurch Erdbeben induzierten Bodenbewegungen bzw. –instabilitäten zu erwarten sind.Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit von Unfällen inmilitärischen Übungsgebieten im Rahmen einer Risikoanalyse betrachtet werden sollte. Fürden deutschen Bereich hat der Germanische Lloyd eine solche Risikoanalyse im Auftrag vonNord Stream angefertigt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die derzeit von der Marine undLuftwaffe verwendeten Geschosse kein Risiko für die Pipelines darstellen (vgl. oben III.2.5).

Im Rahmen der grenzüberschreitenden Beteiligung haben außerdem folgendeNichtregierungsorganisationen Stellungnahmen abgegeben: Greenpeace Polen mitSchreiben vom 30.04.2009, der estnische Naturschutzbund mit Schreiben vom 05.05.2009

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die estnische Akademie der Wissenschaften mit Schreiben vom 29.04.2009, der WWF mitSchreiben vom 07.05.2009 und der BUND mit Schreiben vom 13.05.2009.

In den Stellungnahmen wurden allgemeine Bedenken gegenüber dem Vorhaben geäußert.Als wesentliche Punkte wurden unzureichende Daten und Analysen bzgl.grenzüberschreitender Umweltfolgen, bzgl. eventuell vorhandener Kampfmittel sowie bzgl.der Remobilisierung von Gefahrstoffen aus tieferen Sedimentschichten, der Bewertungalternativer Trassen, der Verantwortung bei Umweltzerstörungen, der Auswirkungen aufSchweinswale sowie auf Natura 2000 Gebiete und in Bezug auf die Drucktestprüfungbemängelt.

Aus Sicht des BSH sind die von der Antragstellerin vorgelegten Studien undDokumentationen für die Erteilung der Genehmigung ausreichend. Soweit weitereUntersuchungen während der Bauphase bzw. während des Betriebs für erforderlich gehaltenwerden, wurde dies der Genehmigungsinhaberin in den Nebenbestimmungen aufgeben. Zuden in den Stellungnahmen vorgebrachten Bedenken im Einzelnen wird auf die in derBegründung der Genehmigung gemachten Ausführungen verwiesen.

III.2.6.5. Ergebnis der UVP

Im Ergebnis der UVP stellt sich das Vorhaben in der genehmigten Form alsumweltverträglich dar. Die mit dem Vorhaben möglicherweise verbundenen nachteiligenAuswirkungen sind bei keinem Schutzgut als erheblich einzustufen und werden durchSchutzanordnungen bzw. deren Durchführung entweder ganz vermieden oder in einer Weisegemindert, dass sie als hinnehmbar angesehen werden.

III.3. Sonstige Belange

Gegenstand des Verfahrens waren auch Stellungnahmen von privaten Gesellschaften, dieandere Anlagen in der AWZ betreiben oder aber Genehmigungen zur Errichtung solcherAnlagen innehaben. Obwohl diese Belange keinen in § 133 Abs. 2 BBergG verankertenVersagungsgrund darstellen, war deren Einbeziehung zur Ermittlung von Rechtspositionen,Betroffenheiten und zur Erarbeitung sachgemäßer Lösungen im Verfahrensprozesserforderlich.

III.3.1 Windenergie

Die genehmigten Windparkprojekte Kriegers Flak, genehmigt am 6.04.2005, Arkona BeckenSüdost, genehmigt am 15.03.2006 und Ventotec Ost 2, genehmigt am 16.05.2007, sindallesamt noch nicht errichtet und werden dies aller Voraussicht auch nicht bis Ende 2012sein. Die Errichtung der Pipeline könnte jedoch auf Grund der großen Entfernung ohnehinkeine Beeinträchtigung der Windparks darstellen.

Die Lage der beim STAUN Stralsund beantragten Kabelsysteme für die Netzanbindung derVorhaben Arkona Becken Südost und Ventotec Ost 2 sind planungsrechtlich noch nichtsoweit verfestigt, dass sie bei der Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werdenmüssten.

Eine Beeinträchtigung der weiterhin beantragten Windparkprojekte Arcadis Ost 2, AdlergrundGAP, Adlergrund 500, Adlergrund Nordkap, Seewind, Baltic Power, Windanker, ArkonaSee

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Ost, Strom–Nord, Baltic Eagle, Arkona West, Strom–Sued und ArkonaSee Süd braucht nichtnäher geprüft zu werden, da diese Vorhaben nicht planungsrechtlich verfestigt sind.

III.3.2 Kabel- und Rohrleitungseigentümer bzw. -betreiber

Belange von Kabel- und Rohrleitungseigentümern bzw. –betreibern sind von dem Vorhabennicht betroffen.

Die Deutsche Telekom äußerte keine Bedenken gegen das Vorhaben (Stellungnahme vom17.03.2009). Im Vorhabensgebiet befinden sich keine Unterwasserkabel für dieTelekommunikation.

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IV. Begründung Nebenbestimmungen

Die angeordneten Nebenbestimmungen beruhen auf § 133 Abs. 2 S. 1 BBergG und dienenüberwiegend der Verhütung der Gefährdung von Personen oder Sachgütern sowie derVermeidung oder dem Ausgleich von Beeinträchtigungen überwiegender öffentlicherInteressen, wie z.B. den Interessen der Schifffahrt oder dem Schutz der Meeresumwelt. ImFalle anderweitiger Regelungen – etwa Befristungen oder einfachen Hinweisendeklaratorischer Art – wird dies in der jeweiligen Begründung erläutert. Die Reihenfolge derAnordnungen folgt den Verfahrensschritten „Verlegung“, „Betrieb“, „Monitoring derMeeresumwelt“, „Wartung und Reparaturen“, sowie „Außerbetriebnahme“, wobei einigeQuerverweise und Schnittstellen unvermeidbar sind.

Zu 1

Die Bestimmung umreißt und definiert Art und Umfang des Gegenstandes der Genehmigungin räumlicher wie baulicher Art. Die Anordnung der unverzüglichen Mitteilung von etwaigenÄnderungen, beispielsweise baulich erforderliche Änderungen von Art und Ort, stellt sicher,dass geplante Änderungen sofort daraufhin überprüfbar werden, ob die Durchführung einesÄnderungsverfahrens erforderlich wird. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den imPlanfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund in Ziffer A.1.3.6 enthaltenenEntscheidungsvorbehalt hinsichtlich der Verlegeart im Küstenmeer. Unterbleibt dierechtzeitige Mitteilung einer geplanten Änderung, besteht die Möglichkeit der Anordnungeiner Einstellung der Tätigkeiten und – bei mehr als nur unwesentlichen Änderungen – derAufhebung der Genehmigung, sofern diese nicht nach anderen Nebenbestimmungenohnehin insoweit als erloschen angesehen werden kann.

Zu 2

Die Anordnung dient dem Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 133 Abs. 1 S.3BBergG.

Zu 3

Der Hinweis auf § 132 BBergG dient der Klarstellung der gesonderten gesetzlichenRegelung für bauvorbereitende Untersuchungen des Meeresbodens.

Zu 4

Die Anordnung dient der Verhinderung von exklusiven Flächenreservierungen ohne einennachvollziehbaren ernsten Willen der Realisierung.

Zu 5 - 6

Diese Anordnungen sollen eine möglichst sicheren Durchführung der Bauarbeitengewährleisten.Maßnahmen zur Korrektur von „freespans“ oder zur Lagestabilisierung durch Einpflügenoder Einspülen sowie Steinschüttungen sind von der Genehmigung nicht erfasst. SolcheMaßnahmen dürfen nur in Absprache und mit Zustimmung des BSH vorgenommen werden.

Die Rohre sind antragsgemäß bündig auf den Meeresboden abzulegen, soweit diestechnisch möglich ist. Der Regelabstand der beiden parallelen Rohrleitungen soll ca. 100 mbetragen. Aus technischen Gründen und zum Schutz des Meeresbodens kann in einzelnenBereichen von dem Regelabstand abgewichen werden.

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Die Anordnung zur Dokumentation dient der Information der Genehmigungsbehörde zumBaufortschritt.

Zu 7

Die Anordnung dient der Gewährleistung der Verkehrssicherheit bereits imbauvorbereitenden Stadium. Dadurch können die amtlichen Bekanntmachungen zum Schutzder Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffverkehrs rechtzeitig vorbereitet und veröffentlichtwerden.

Zu 8

Die Anordnung dient insbesondere dazu, die Verkehrssicherheit durch zeitnaheBekanntmachung der Baustellentätigkeit zu gewährleisten. Unter den Begriff „signifikanteUnterbrechung“ fallen keine Ereignisse, die notwendigerweise mit dem geordnetenBaustellenbetrieb verbunden sind. Gemeint sind hier solche Unterbrechungen, derenUrsache in einer Abweichung vom geordneten Baustellenbetrieb liegt und die in einerVerlangsamung des Verlegevorgangs oder dem vorübergehenden Stillstand derVerlegeeinheit resultieren.

Zu 9

Die Anordnung stellt sicher, dass die Schifffahrtspolizeibehörde täglich über die eingesetztenFahrzeuge, den tatsächlich erzielten sowie den innerhalb eines überschaubaren Zeitraumesbeabsichtigten Baufortschritt informiert ist und bei besonderen Vorkommnissen a) eineunverzügliche Information der Schifffahrt über eine Lagemeldung sichergestellt wird und b)entschieden werden kann, ob und welche gefahrenabwehrenden Maßnahmen zusätzlich zutreffen sind.

Zu 10

Diese Anordnungen tragen zu einer möglichst sicheren Durchführung der Bauarbeiten bei.Die Anordnung zur Meldung der Rohrpositionen dient der Information des BSH zumBaufortschritt.

Zu 11

Die Anordnung der rechtzeitigen Abstimmung und Mitteilung an die Systemsteuerzentraleder Luftwaffe und das Flottenkommando dienen der Abwehr von Gefahren, die bei Arbeitenin militärischen Übungsgebieten auftreten können.

Zu 12

Die Benennung verantwortlicher Personen ist ein Kernstück eines sicheren Betriebes dergenehmigten Anlage, da der Anlagenbetreiber selbst nicht auf bestimmteQualitätsnachweise hin überprüft wird. Daher können nur fachlich geeignete undzuverlässige Personen einen sicheren Bau und Betrieb der Anlage sicherstellen. In einerReihe von anderen Anordnungen in dieser Entscheidung wird auf diese zu benennendenverantwortlichen Personen verwiesen. Die benannten Personen stellen darüber hinaus dieverantwortlichen Ansprechpersonen für die Vollzugs- und Genehmigungsbehörden wegender durch diese übertragenen Verpflichtungen dar. Auf die allgemeine Verpflichtung desAnlagenbetreibers sowie die Schriftlichkeit der vorzunehmenden Bestellung einschließlichder Darstellung der eigenen oder übertragenen Aufgaben wird gesondert hingewiesen. Einenicht oder nur unzureichend oder säumig mitgeteilte Bestellung oder Änderung vonverantwortlichen Personen kann eine Aufhebung der Genehmigung nach sich ziehen.

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Zu 13

Die Anordnung stellt die besondere Verantwortung der für die Bauphase benanntenverantwortlichen Person(en) dar.

Zu 14

Die einzelnen Anordnungen regeln konkret die von der für die Bauphase benanntenverantwortlichen Person zu beachtenden und zu veranlassenden allgemeinenverkehrssichernden Maßnahmen zur Durchführung eines für die Belange der Seeschifffahrtsicheren Baustellenbetriebs. Die Anordnungen entsprechen dem gängigen und bewährtenStandard bei maritimen Bautätigkeiten.

Zu 14.1

Die Anordnung dient der Verringerung der Lichtemissionen während der Bauarbeiten in derNacht, um damit verbundene negative Auswirkungen auf Fische und insbesondere ziehendeVögel zu mindern. Aus diesem Grund sind möglichst emissionsarme Lichtquellen mitunbedenklichen Farbspektrum wie z.B. Natriumdampflampen zu verwenden oderMinimierungsmaßnahmen wie z.B. eine Optimierung der Ausrichtung der Scheinwerfervorzunehmen. Die Anordnung gilt soweit Belange des Arbeitsschutzes und/oder zwingendeVorgaben schifffahrtsrechtlicher oder luftfahrtrechtlicher Art nicht entgegenstehen.

Zu 14.2-14.7

Die Anordnung der Bereitstellung zweier gesonderter Verkehrssicherungsfahrzeuge (VSF)beruht auf der Tatsache, dass die Verlegeeinheit während der Arbeiten nicht freimanövrieren kann, da diese stets mit dem Rohr verbunden ist. In konkretenGefahrsituationen können gefahrminimierende Maßnahmen (z.B. aktives Ansteuern des sichnäherenden Schiffes) nur angemessen durchgeführt werden, wenn mindestens zweizusätzliche Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Die Anordnung bestimmter Eigenschaften,Ausrüstung und Bemannung der VSF stellt sicher, dass verkehrssichernde Maßnahmenfrühzeitig und angemessen ergriffen werden können.

Die Anordnungen in Ziffern 12.5 und 12.6 stellen allgemein geeignete und bewährtePräventivmaßnahmen zur Sicherung des verkehrlichen Umfeldes der Verlegearbeiten dar.

Entschieden werden kann, ob und welche gefahrenabwehrenden Maßnahmen zusätzlich zutreffen sind.

Zu 15

Diese Anordnung wird erlassen, um die Funktion der Schifffahrtszeichen und –anlagen zugewährleisten sowie die unverzügliche Bekanntmachung und ggf. Beseitigung einesStörungsfalles sicher zu stellen.

Zu 16

Die Anordnung dient der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrsim Falle des Verlustes von Gegenständen durch die unverzügliche Einleitung von geeignetenSofortmaßnahmen seitens der für die Bauphase benannten verantwortlichen Person.

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Zu 17 – 17.2

Die Anordnungen sind ebenfalls ein bewährter Bestandteil der Genehmigungspraxis für dieErrichtung maritimer Installationen und dienen der Vermeidung vonMeeresverschmutzungen.

Zu 17. 3

Die Anordnung wird erlassen, weil nicht auszuschließen ist, dass auch in nichtkampfmittelbelasteten Bereichen Einzelfunde auftreten können. Aus diesem Grunde ist vorSetzen der Anker die jeweilige Ankerposition mittels geophysikalischer Methoden genau zuuntersuchen.

Zu 18

Die Anordnung dient dem Schutz möglicher Riffstrukturen.

Zu 19

Die Anordnung dient der Konkretisierung des Genehmigungsgegenstandes. Die Details derRohrverlegung, insbesondere der Baubestandsplan, sind nach Fertigstellung der Anlage mitihrer eingemessenen Position als Grundlage für die Kontrolle dieser Genehmigung sowie fürdas weitere Verfahren anzusehen und werden dann Gegenstand dieser Genehmigung.

Zu 20

Ziel der Anordnung ist es, dass die Genehmigungsbehörde bzw. die Vollzugskräfte dieMöglichkeit erhalten, die Einhaltung der für die Bauphase angeordnetenNebenbestimmungen zu überwachen.

Zu 21

Die Anordnung stellt sicher, dass vor Inbetriebnahme die bis dahin zu erfüllendenVerpflichtungen aus der Bauphase nachweislich erfüllt worden sind, um eine sichere undumweltverträgliche Inbetriebnahme gewährleisten zu können.

Zu 21.1 – 21.4

Die Anordnungen dienen zum einen dem möglichst dauerhaften Schutz der Rohrleitung vormöglicher Beschädigung durch die Schifffahrt und damit der möglichst dauerhaftenVermeidung von mit Beeinträchtigungen der Schifffahrt einhergehenden Reparaturen desRohrs, zum anderen der Betriebssicherheit des Rohrs, was im Eigeninteresse derGenehmigungsinhaberin liegt. Die etwaige Anordnung von „Surveys“ nach dem fünftenBetriebsjahr bzw. von Maßnahmen zur Wiederherstellung eines genehmigungskonformenZustandes wird vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie nach internerAbstimmung mit der zuständigen Stelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung getroffen.

Zu 22

Die Genehmigungsinhaberin hat im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eineUmweltverträglichkeitsstudie durchgeführt. Die Umweltverträglichkeitsstudie diente derErmittlung, Beschreibung und Bewertung von möglichen Auswirkungen des Vorhabens aufdie Meeresumwelt entlang der Trasse und ihrer Umgebung. Hierzu hat dieGenehmigungsinhaberin spezielle Untersuchungen durchgeführt, Daten ausgewertet und

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eine Tatbestandsbeschreibung und Bewertung der Schutzgüter Wasser, Boden, Benthosund Biotoptypen, Fische, Meeressäuger, Rast- und Zugvögel vorgenommen.Das vorhabensspezifische Monitoringkonzept der Antragstellerin dient der Verifizierung derin der Umweltverträglichkeitsstudie getroffenen Auswirkungsprognosen ggf. derEffizienzkontrolle von etwaigen Minderungsmaßnahmen. Durch die vorgeseheneMaßnahmen ist die Entwicklung der Meeresumwelt während des Eingriffs und nachBeendigung des Eingriffs (Verlegung) zu dokumentieren. Etwaige Minderungsmaßnahmensind auf ihre Wirksamkeit hin zu beobachten und ggf. die Maßnahmen zum Schutz derMeeresumwelt anzupassen.Das Monitoring der Bauphase ist mit Beginn der Bauarbeiten aufzunehmen. Insbesondere isthier der Aufbau eines besonderen Monitoringsystems zur Erfassung der Trübungsfahnensowie der möglichen Auswirkungen auf den Boden und auf das Benthos vorzusehen. DasMonitoring der Betriebsphase darf erst aufgenommen werden, wenn ein signifikanter Einflussdurch die Verlegearbeiten ausgeschlossen ist. Während der Verlegearbeiten ist dieRegistrierung der Totfunde, Vögel und Fledermäuse, auf die Verkehrssicherungsfahrzeugeund auf das Verlegungsschiff vorzunehmen. Totfunde sollen bis auf Artniveau bestimmtwerden.

Zu 22.1.

Die im Rahmen der Untersuchungen für die Umweltverträglichkeitsstudie erhobenen Datendienen dem BSH zum einen als Grundlage für die Festlegung des Untersuchungsrahmensfür das Bau- und Betriebsmonitoring. Zum anderen dienen die Ergebnisse aus derUmweltverträglichkeitsstudie als Referenz für die Bewertung der Ergebnisse aus dem Bau-und Betriebsmonitoring.

Zu 22.2

Das Monitoringkonzept dient als Grundlage für die Erstellung des Untersuchungsrahmens fürdas vorhabensspezifische Monitoring nach Ziffer 22.3.

Zu 22.3

Bei der Erstellung des Untersuchungsrahmens stimmt sich das BSH mit den zuständigennationalen sowie den Fachbehörden in den anderen Ursprungsparteien Dänemark,Schweden und Finnland ab.

Zu 22.4

Die Daten aus dem Baumonitoring sind dem BSH spätestens vier Monate nach Beendigungder Bauarbeiten auf dem deutschen Festlandsockel vorzulegen. Die Anordnung dient zumeinen zur Überprüfung der Auswirkungsprognose in der Bauphase. Zum anderen dient sieder Konkretisierung des Umfangs und des Zeitrahmens der durch denGenehmigungsinhaber durchzuführenden Monitoringmaßnahmen in der Betriebsphase.Die Daten aus dem Betriebsmonitoring sind vier Monate nach Abschluss derUntersuchungen der Genehmigungsbehörde zur Überprüfung der Auswirkungsprognose fürden Betrieb der Rohrleitungen vorzulegen.

Zu 22.5

Die Anordnung von Zwischenberichten dient der zeitnahen Überprüfung der von derGenehmigungsinhaberin durchzuführenden Monitoringmaßnahmen. DieGenehmigungsbehörde soll dadurch Gelegenheit bekommen, im Fall von nichtvorhersehbaren Besonderheiten die Untersuchung der Auswirkungen anzupassen. Die

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abschließenden Gutachten und der Abschlussbericht sind jeweils sechs Monate nachBeendigung der Untersuchungen für die Bau- und Betriebsphase vorzulegen.

Zu 22.6

Die Anordnung dient der Vermeidung von Gefährdungen der Meeresumwelt und trägt denAnforderungen der FFH-Richtlinie und des BNatSchG nach einem effektiven Gebiets- undArtenschutz Rechnung. Aus experimentellen Arbeiten geht hervor, dass Schweinswale nacheiner Beschallung mit einem maximalen Empfangspegel von 200 dB re 1 µPa und einerEnergieflussdichte von 164 dB re 1 µPa2/Hz bereits einen temporären Hörverlust (TTS)erleiden.Die Genehmigungsinhaberin soll die Schallemmissionen von charakteristischenVerlegearbeiten durch Messungen dokumentieren. Sollte im Rahmen der Schallprognoseund durch die baubegleitenden Messungen festgestellt werden, dass Teile der Arbeiten mitSchalleinträgen verbunden sind, welche nach den neuen Erkenntnissen zum TTS führenkönnen, sind schallmindernde und schallschützende Maßnahmen vorzusehen. Durch dieAnordnung von Vergrämungsmaßnahmen soll nach Möglichkeit der Eintritt vonGefährdungen für schallsensitive Arten wie Schweinswalen vermieden werden.

Zu 22.7

Die Anordnung dient der Erfassung des Vorkommens von Schweinswalen im Bereich derRohrleitungen sowie der Vorbereitung der Abwehr möglicher Auswirkungen durch den Bau-und Betrieb der Rohrleitungen auf das Vorkommen der streng geschützten Tieren. Es gibtHinweise, dass Schweinswale in der Ostsee eine besonders gefährdete, teils isolierte,Subpopulation bilden. Das Vorkommen in der Ostsee lässt sich allerdings aufgrund dergeringen Anzahl der Tiere nicht gut durch flugzeug- oder schiffsgestützte Zählungenerfassen. Vielmehr hat sich in der Ostsee im Rahmen von Forschungsvorhaben gezeigt,dass die akustische Erfassung mit Hilfe von Unterwasserdetektoren, so genannten PODszuverlässige Ergebnisse über die Habitatnutzung durch Schweinswale liefert.

Zu 22.8

Die Anordnung dient der Anpassung des Untersuchungsrahmens durch dieGenehmigungsbehörde für das Bau- und Betriebsmonitoring aufgrund von neuenErkenntnissen aus den Monitoringmaßnahmen oder auch aus Forschungsarbeiten.

Zu 23

Diese Bestimmung verdeutlicht, dass mit der Genehmigung zukünftig erforderlicheWartungsarbeiten und etwaig notwendig werdende Reparaturarbeiten nicht automatischzugelassen sind. Das Anzeigeerfordernis gegenüber dem BSH stellt sicher, dass jeglicheArbeiten an der Rohrleitung mit dem BSH rechtzeitig und umfassend koordiniert werden,sodass keine unvorhersehbaren Gefahrensituationen auftreten. Dies ist erforderlich, da beiWartungsarbeiten in der Regel nur langsame und damit eingeschränkt manövrierfähigeFahrzeuge eingesetzt werden.

Bei Reparaturarbeiten am Rohr ist die temporäre Einrichtung einer stationären Baustelle aufSee erforderlich. Dies stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeitdes Schiffverkehres dar und bedarf über die ebenfalls geregelte Anzeigepflicht hinaus dergesonderten Anordnung über die Organisation einer schifffahrtspolizeilich sicherenBaustelleneinrichtung. Da Ort, Art und Umfang der zukünftig erforderlich werdendenReparaturarbeiten nicht vorhersehbar sind, eine ausdrückliche anderweitigeRechtsgrundlage für den Erlass einer entsprechenden Anordnung jedoch nicht ersichtlich ist,bedurfte es des entsprechenden Regelungsvorbehalts. Insofern wird dieGenehmigungsbehörde nach Eingang der Anzeige der geplanten Wartungs- und/oder

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Reparaturbaustelle auf der Grundlage dieser Nebenbestimmung im Einvernehmen mit derhierfür benannten schifffahrtspolizeilich zuständigen Stelle der Wasser- undSchifffahrtsverwaltung verkehrssichernde Regelungen erlassen sowie evtl. weitergehendeMaßnahmen veranlassen (Bekanntmachung in den NfS bzw. BfS).

In Eilfällen bei akuten Schäden sind die vorgesehenen Reparaturarbeiten unverzüglich unterBeifügung aller erforderlichen Unterlagen anzuzeigen, damit die Genehmigungsbehörde imEinvernehmen mit der zuständigen Stelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zeitnah dieerforderlichen Regelungen erlassen kann.

Zu 24

Die Anordnung stellt sicher, dass durch eine vorübergehende oder endgültigeAußerbetriebnahme der Rohre keine Gefährdung Dritter oder eine Beeinträchtigung derSicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu besorgen ist.

Zu 25

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht erforderlich den Rückbau anzuordnen.Es reicht aus, die Anordnung zum Rückbau vorzubehalten, damit die Genehmigungsbehördenach Aufgabe des Betriebs gemäß den zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen sowieder internationalen Praxis die entsprechende Anordnung treffen kann.

Zu 26

Die Nebenbestimmung dient der effektiven Koordinierung von Genehmigungs- undVollzugsbehörden auf internationaler Ebene. Im Rahmen der Konsultationen nach der EspooKonvention über die jeweiligen Genehmigungsverfahren in den verschiedenenUrsprungsstaaten sind keine Hinweise auf unüberwindbare Hindernisse hinsichtlich dererforderlichen Zulassungen erkennbar. Vielmehr liegen bereits eine ganze Reihe vonProjektzulassungen aus den anderen Ursprungsstaaten (Dänemark, Schweden, Finnland,Russland) vor.

Zu 27

Die Regelung weist auf den Norminhalt des § 133 Abs. 2 Bundesberggesetz hin.

Zu 28

Der Vorbehalt erfolgte nach Hinweis der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord zurAbsicherung eines etwaig erforderlichen Ausbauziels des Schifffahrtsweges „Ystad-Swinemünde“ auf einer Breite von 2.8 Seemeilen, was der Breite der raumbeordnetenVorrang- und Vorbehaltsgebiete für diesen Weg Nr. 20 des Raumordnungsplans für die AWZentspricht. Da die zukünftigen Ausbauerforderlichkeiten der Hafenzufahrten von und nachSwinemünde für die gesamte Nutzungsdauer der Pipeline nicht sicher prognostizierbar sind,sich diesbezüglich jedoch die Notwendigkeit der Herstellung einer Schifffahrtsroute mitgrößerer schiffbarer Wassertiefe, als bisher vorhanden, ergeben kann, muss zu gegebenemZeitpunkt das vorbehaltene Verfahren zur Prüfung der Erforderlichkeit der Tieferlegung derRohrleitungen ermöglicht werden, um nicht schon jetzt unüberwindbare Hindernisse fürderartige Ausbauplanungen zu schaffen.

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Zu 29

Die Auflage trägt dem Hinweis des Bundesministeriums der Verteidigung Rechnung, dassder richtlinienkonforme Übungsbetrieb der Bundeswehr durch das mit dem Betrieb derPipeline im Übungsgebiet verbundene hohen Haftungsrisikos beeinträchtigt würde. Dabeistellt die Auflage auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der ersten Rohrleitung ab, da vordiesem Zeitpunkt ein im vorstehenden Sinne der Höhe nach nicht akzeptabler Schaden nichtzu erwarten ist.

Zu 30

Der Genehmigung nach Bundesberggesetz kommt keine Konzentrationswirkung füranderweitig erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigungen zu; sie besitzt auch keinenprivatrechtsgestaltenden Charakter.

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V. Begründung der Anordnung der sofortigen Vollzieh ung

Die Genehmigung ist gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar zu erklären.

Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO kann die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktesangeordnet werden, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse oder im überwiegendenInteresse eines Beteiligten liegt.

Die Voraussetzungen liegen vor. Dass die Nord Stream AG ohne Verzug von der ihr erteiltenGenehmigung Gebrauch machen kann, liegt im besonderen öffentlichen Interesse.

Die Nord Stream Pipeline soll der öffentlichen Versorgung mit Erdgas dienen. DasBundesverfassungsgerichts hat die Energieversorgung als ein Gemeinschaftsinteressehöchsten Ranges herausgestellt (BVerfG B, v. 10.09.2008 – 1 BvR 1914/02, Rn. 15):Demnach ist die Energieversorgung eine Leistung, deren der Bürger zur Sicherung einermenschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf (vgl. auch BVerwGE 38, 258 ff; BVerwGE45, 63 ff.). Diese Bedeutung unterstreicht auch das Energiewirtschaftsgesetz, dessen Ziel esist, eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente undumweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gaszu gewährleisten (§ 1 Abs. 1 EnWG).

Die Nord Stream Pipeline leistet zur Sicherung der Erdgasversorgung aufgrund ihrer hohenKapazität einen wesentlichen Beitrag. Vor dem Hintergrund, dass der Anteil von Erdgas amdeutschen Primärenergieverbrauch im Jahr 2020 auf ca. 27 % steigen und gleichzeitig derAnteil der innerdeutschen Produktion abnehmen wird, ist zu erwarten, dass der Bedarf fürden Import von Erdgas in Zukunft stark ansteigen wird. Die Nord Stream Rohrleitungen miteiner geplanten Betriebsdauer von 50 Jahren werden jährlich insgesamt rd. 55 m³ Erdgasnach Deutschland und Europa liefern, was rund einem Viertel der zukünftig zusätzlichbenötigten Erdgasmengen entspricht.

Darüber hinaus dient das Vorhaben auch der Gewährleistung einer sicherenErdgasversorgung in der Europäischen Union (EU). Die Nord Stream Pipeline wurde durchEntscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 als„Vorhaben von europäischem Interesse“ anerkannt und in die Liste der transeuropäischenNetze (TEN-E) aufgenommen (Entschließung Nr. 1364/2006/EG des EuropäischenParlaments und des Rates vom 06.09.2006, Anhang I „Achsen für vorrangige Vorhabeneinschließlich der Standorte der in den Artikel 7 und 8 der Entscheidung genanntenVorhaben von europäischen Interesse, unter NG 1 Abs. 2). Auch in der EU steht in denkommenden Jahren eine steigende Nachfrage nach Erdgas bei gleichzeitigen Rückgang derProduktion zu erwarten. Es wird prognostiziert, dass der Anteil des Erdgases amPrimärenergiemix bis zum Jahr 2025 auf ca. 26 % ansteigen wird. Der Europarat führt inseiner Richtlinie 2004/67/EG vom 26. April 2004 über Maßnahmen zur Gewährleistung dersicheren Erdgasversorgung aus, dass es im Hinblick auf den wachsenden Erdgasmarkt inder Gemeinschaft von besonderer Wichtigkeit sei, dass die Sicherheit der Erdgasversorgunginsbesondere für Privatpersonen aufrechterhalten wird. Die Nord Stream Rohrleitungendienen der Umsetzung dieses Zieles in besonderem Maße. Durch die Rohrleitungen wirdErdgas nach Deutschland transportiert und von dort nach Dänemark, in die Niederlande,Belgien, Großbritannien, Frankreich, Polen, Tschechien und andere Länder weitergeleitet.Damit trägt das Vorhaben wesentlich dazu bei, die steigende Nachfrage nach Erdgas in derEU zu befriedigen.

Dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sicheren Versorgung mit Erdgas steht esnicht entgegen, dass die Antragstellerin auch privatnützige Interessen verfolgt. Die Erfüllungder öffentlichen Aufgabe der Energieversorgung weist das Energiewirtschaftsgesetz

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ausdrücklich auch den privatrechtlich organisierten Energieversorgungsunternehmen zu, § 2Abs. 1 EnWG.

Die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen das genehmigte Vorhaben könnteVerzögerungen im geplanten Bauablauf verursachen und damit seine Realisierunggefährden. Ein Leitungsvorhaben dieser Größe ist sehr kapitalintensiv, birgt hoheInvestitionsrisiken und erfordert demnach lange Planungsphasen. Eine Verzögerung derBautätigkeit um nur wenige Wochen kann daher das gesamte Vorhaben in Frage stellen.Aufgrund der Komplexität des Vorhabens bedarf es eines umfassenden abgewogenenBauablaufkonzepts, das z.B. durch die Festlegung von Bauzeitenfenstern gewährleistet,dass Umweltbeeinträchtigungen vermieden oder minimiert werden. Dieses Konzept wäre imFalle einer Verzögerung des Baubeginns nicht mehr einzuhalten.

Das besondere öffentliche Interesse an der Realisierung spiegelt sich auch in § 43e Abs. 1S.1 EnWG wider, der durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren fürInfrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, S. 2833) in das EnWGeingefügt wurde. Danach sind Planfeststellungsbeschlüsse für Energieleitungen nach § 43EnWG sofort vollziehbar. Demzufolge ist der Planfeststellungsbeschluss, den das BergamtStralsund für den Abschnitt des Nord Stream Projekts, der im deutschen Küstenmeerverläuft, am 21.12.2009 erlassen hat, bereits durch gesetzliche Regelung sofort vollziehbar.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist insofern diekonsequente Fortführung dieses für das Küstenmeer positivrechtlich geregelten Gedankensund liegt daher im besonderen öffentlichen Interesse.

VI. Begründung der Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung ergeht aufgrund § 135 BBergG und § 1 der Kostenverordnung fürAmtshandlungen des BSH (BSHKostV) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I Nr. 76 S. 4081),geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 19.09.2005 (BGBl. I S. 2787). Die Festsetzungder Kostenhöhe erfolgt aus administrativen Gründen getrennt.

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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach BekanntgabeWiderspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beimBundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Bernhard-Nocht-Straße 78, 20359Hamburg, einzulegen.

Rechtsbehelfe haben wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine aufschiebendeWirkung. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann beim Gericht derHauptsache (Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg) derAntrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt werden (§ 80 Abs. 5Satz 1 VwGO).

Hamburg, den 28.12.2009

Im Auftrag

Retzlaff