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1 Gesamtkonzeption der Förder – und Wohnstätten gGmbH Kettig 6. überarbeitete Auflage 2014 Herausgeber: FWS gGmbH, Kettig

Gesamtkonzeption der Förder – und Wohnstätten gGmbH Kettig · 2 Carsten Liersch, Kommunikationsdesigner und die FWS gGmbH kommentieren das Logo: Das Zeichen der Förder- und Wohnstätten

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G e s a m t k o n z e p t i o n

d e r

F ö r d e r – u n d W o h n s t ä t t e n g G m b H

K e t t i g

6. überarbeitete Auflage 2014 Herausgeber: FWS gGmbH, Kettig

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Carsten Liersch, Kommunikationsdesigner und die FWS gGmbH kommentieren das Logo: Das Zeichen der Förder- und Wohnstätten gGmbH Das Logo besteht aus einfachen Formen: Ein großes Quadrat, von dem sich ein weite-res, kleineres Quadrat löst, und das durch zwei bogenförmige, ineinandergreifende Li-nien durchbrochen wird – eine Grundidee der Förder- und Wohnstätten gGmbH wird aufgegriffen und visualisiert: Eine offene Einrichtung, es geht etwas hinein und kommt wieder heraus, ein Austausch findet statt. Es gibt Individuelles, Integration und Vernet-zung. Gleichzeitig aber auch eine Veränderung: Der obere Bogen wirkt eher technisch; er verändert seine Farbe bei Eintritt in das Quadrat, sein nach unten führender Schwung wird dann vom unteren Bogen – mit einem Pinsel menschlich und nicht geradlinig ge-zeichnet – aufgefangen und wieder nach oben umgelenkt. Der Schwung des unteren Bogens führt hin zum Schriftzug „Förder- und Wohnstätten gGmbH“. Diese Linienführung kann mit Wasser assoziiert werden – alles ist im Fluss, es geht auf und ab, wie im Leben, um letztlich in etwas Gutem zu münden. Die Form des oberen Bogens ist angelehnt an die der Dächer der Häuser in Kettig und schafft somit einen architektonischen Bezug; gleichzeitig gibt es dem Zeichen auch et-was behütendes – ein Dach, unter dem Menschen mit Behinderung ein Zuhause finden, schafft Bezug zum Namensbestandteil „Wohnstätte“ der Einrichtung. Der untere Bogen fängt auf und weist nach oben – und kann mit dem Aspekt „Förderung“ assoziiert wer-den. Das kleinere, sich lösende Quadrat berücksichtigt, dass die Förder- und Wohnstätten gGmbH neben dem Hauptsitz in Kettig noch weitere Einrichtungen betreibt. Weiterhin kann das kleine Quadrat als Ausdruck individueller Förderung gesehen werden: Je-mand erfährt Förderung und entfernt sich wieder von der Einrichtung, z.B. in spezielle Wohnformen individuellen Zuschnitts, ist aber weiter als Teil der Gesamteinrichtung zu sehen und kann sich selbst so fühlen. Bei aller Stringenz des Logos, die in dem blauen Quadrat basishaft beruht, wirkt das kleine vagabundierende Quadrat als spielerische Ergänzung, lässt auf Lebensfreude, Kreativität und Vielfalt schließen. Die Farbe Blau – sie steht neben Vertrauen und Verlässlichkeit auch für Harmonie und Ruhe – wie auch die Klarheit der verwendeten Schrift und Formen vermitteln, dass in der Förder- und Wohnstätte mit Sachverstand gearbeitet wird. Die Förder- und Wohnstätten gGmbH präsentiert sich mit dem Logo als eine offene Ein-richtung, die nicht nur für alle Menschen mit Behinderung ein Platz der Förderung, des Wohnens und des Arbeitens ist, sondern die auch als Institution offen ist für die Zukunft, für Veränderungen; sie bewahrt die gestalteten Angebote und ist gleichzeitig innovativ ausgerichtet. Die einfachen Formen des Signets ermöglichen eine unkomplizierte Reproduzierbarkeit in unterschiedlichsten Voraussetzungen und Medien.

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Verwaltung Anne-Frank-Str. 1 56220 Kettig � 02637 9435-0 Telefax: 02637 9435-150 E-mail: [email protected] www.fws-kettig.de Wohnen und Tagesförderung für Menschen mit Schwerstbehinderung in den Häusern: � 56564 Neuwied

Außenwohngruppe Haus Weinbergstraße Weinbergstraße 38 � 02631 56621 Telefax: 02631 955126 E-mail: [email protected]

� 56599 Leutesdorf

In der Gartenlay 19 � 02631 71129 Telefax: 02631 959957 E-mail: [email protected]

� 56220 Kettig

Anne-Frank-Str. 1 � 02637 9435-0 Telefax: 02637 9535-150 E-mail: [email protected]

Außenstelle Tagesförderung 56220 St. Sebastian Rheindörfer Platz 1

� 0261 8897200 Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) Anne-Frank-Str. 1 56220 Kettig � 02637 3435-711 Telefax: 02637 9435-709 E-mail: [email protected]

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Verehrte Leserinnen und Leser, die sechste Auflage der Gesamtkonzeption der Förder- und Wohnstätten gGmbH liegt Ihnen vor. In diesem umfangreichen Werk ist aus unserer Sicht das Wichtige versammelt, um sich ein umfassendes Bild über die Ar-beit und die Ziele der FWS machen zu können. Der große Umfang der Konzeption mag auch darin begründet sein, dass diese in der gesamten Mitarbeiter- und Trägerschaft diskutiert und entwi-ckelt wurde. Und dies ist ihr Vorteil, denn diese Konzeption schreibt Stan-dards fest, wie sie für eine moderne Einrichtung der Behindertenhilfe ver-pflichtend sind. Neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann sie eine wertvolle Orientie-rungshilfe sein. Wer sich nicht die Zeit nehmen will oder kann das vielseitige Werk zu le-sen, erhält gerne Teilkonzeptionen oder informatives Prospektmaterial. Alle Informationen sind auf Wunsch auch als Audiodatei und in Brailleschrift er-hältlich. Bitte sprechen Sie uns an! Kettig, im Mai 2014 Dr. Alfred Marmann Irmtrud Burkard Geschäftsführer ppa. Leiterin Wohnen und Tagesstätte Johannes Herbig Rolf Stamm Leiter Wohnen und Werkstattleiter Tagesstätte

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im gesamten vorliegenden Text aus-schließlich die männliche Form von Personen- und Berufsgruppen genannt. Weibliche Mitglieder dieser Personen- und Berufsgruppen sind selbstverständlich immer auch an-gesprochen und gemeint.

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Gesamtkonzeption der Förder- und Wohnstätten gGmbH (im folgenden FWS genannt)

Präambel ........................................................................................................................9

1 Leitbild...................................................................................................................10

1.1 Pädagogische Leitgedanken ....................................................................................... 12

2 Nutzer der Angebote ............................................................................................14

2.1 Personenkreis ......................................................................................................... 14

2.2 Gesetzliche Grundlagen ......................................................................................... 15

2.3 Aufnahmeverfahren ................................................................................................ 16

2.4 Verträge mit Nutzern............................................................................................... 16

3 Fachliche Leitlinien für die Betreuungsleistungen............................................17

3.1 Allgemeines............................................................................................................. 17 3.1.1 Teilhabekonzept nach § 8 LWTG für die Förder- und Wohnstätten....................................... 20 3.1.2 Paten-/Bezugsbetreuersystem ............................................................................................. 21

3.2 Individuelle Teilhabeplanung ................................................................................. 22 3.2.1 Definition ............................................................................................................................... 22 3.2.2 Inhalt und Ziele ..................................................................................................................... 22 3.2.3 Beteiligte ............................................................................................................................... 23

3.3 Tagesstrukturierung ............................................................................................... 23 3.3.1 Tagesförderstätte.................................................................................................................. 23

3.3.1.1 T. ............................................................................................................................................... 27 3.3.1.2 Bewegungsbad ......................................................................................................................... 29 3.3.1.3 Matschraum............................................................................................................................... 29 3.3.1.4 Musikraum................................................................................................................................. 30 3.3.1.5 Schwarzraum ............................................................................................................................ 31 3.3.1.6 Snoezelenraum ......................................................................................................................... 32 3.3.1.7 Turnhalle ................................................................................................................................... 33

3.3.2 Tiergestütztes Arbeiten - ( M.A.E.H).................................................................................... 33 3.3.3 Workshops ............................................................................................................................ 35 3.3.4 Werkstatt für behinderte Menschen...................................................................................... 40

3.4 Klientenorientierung............................................................................................... 40 3.4.1 Bewohnerbeirat..................................................................................................................... 40 3.4.2 Werkstattrat........................................................................................................................... 41 3.4.3 Bewohnerfürsprecher ........................................................................................................... 43

3.5 Elternarbeit.............................................................................................................. 43 3.5.1 Elternkreis ............................................................................................................................. 48

4 Kommunikation innerhalb der Einrichtung........................................................50

5 Allgemeine strukturelle Rahmenbedingungen ..................................................52

5.1 Personal................................................................................................................... 52 5.1.1 Berufsgruppen ...................................................................................................................... 52 5.1.2 Personelle Kontinuität ........................................................................................................... 52 5.1.3 Teamarbeit............................................................................................................................ 52 5.1.4 Leitbild Führung .................................................................................................................... 53 5.1.5 Fortbildung ............................................................................................................................ 55

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5.1.6 Ausbildung ............................................................................................................................ 56 5.1.7 Ehrenamt .............................................................................................................................. 61 5.1.8 Betriebsrat............................................................................................................................. 62

5.2 Qualitätsentwicklung.............................................................................................. 62 5.2.1 Qualitätsmanagementsystem ............................................................................................... 62 5.2.2 Selbstevaluation ................................................................................................................... 63 5.2.3 Mitarbeitergespräch .............................................................................................................. 63

5.3 Datenschutz ............................................................................................................ 64 5.3.1 Rechtliche Bestimmungen .................................................................................................... 64

6 Begleitende Dienste .............................................................................................65

7 Stationäre Betreuungsformen.............................................................................71

7.1 Wohnen auf Dauer .................................................................................................. 71

7.2 Tagesförderung....................................................................................................... 80

8 Unsere Betreuungsformen an verschiedenen Standorten ...............................81

8.1 Haus Weinbergstraße- Konzeption der Außenwohngruppe (AWG) .................... 81

8.2 Haus Leutesdorf – Konzeption Haus Leutesdorf.................................................. 83

8.3 Förder- und Wohnstätte Kettig .............................................................................. 85

8.4 Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Kettig (Schwerpunkt Sehgeschädigte)................................................................................................................. 85

9 Verbands- und Gremienarbeit .............................................................................90

10 Die Förder- und Wohnstätten gGmbH Kettig in ihrem fachlichen Netzwerk...91

11 Öffentlichkeitsarbeit.............................................................................................93

11.1 Hauszeitung ............................................................................................................ 93

11.2 Internet .................................................................................................................... 93

12 Ausblick..................................................................................................................94

13 Soziale Dienstleistungsgesellschaft Mittelrhein gGmbH (SDM)........................95

14 Glossar ...................................................................................................................96

15 Literatur und Quellenangaben............................................................................102

Anlagen ......................................................................................................................103

Anlage 1: Platzangebote der Förder- und Wohnstätten gGmbH................................... 103

Anlage 2: Schaubild der Förder- und Wohnstätten gGmbH.......................................... 104

Anlage 3: Organigramm der Förder- und Wohnstätten gGmbH.................................... 105

Anlage 4: Bewohnerorganigramm der Förder- und Wohnstätten gGmbH ................... 106

Anlage 5: Die Gesellschafter der FWS gGmbH: ............................................................ 107

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Präambel Präambel

(Auszug aus Gesellschaftervertrag vom 8.7.1991)

§ 2

Gegenstand der Gesellschaft

1. Aufgabe der Gesellschaft ist es, für blinde, sehbehinderte und nicht-

sehgeschädigte mehrfach- und schwerstmehrfach behinderte Men-schen Einrichtungen mit geeigneten Förder- und Wohnmöglichkeiten zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten.

2. Alle Maßnahmen dienen einer je nach Schwere der Behinderung er-

forderlichen Förderung und Betreuung im beruflichen und sozialen Bereich sowie der Pflege dieses Personenkreises.

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1 Leitbild

Präambel

Unsere Förder- und Wohnstätten gGmbH ist eine unabhängige Einrich-tung der Behindertenhilfe, überkonfessionell und überparteilich. Sie wurde von ihren Gesellschaftern gegründet, um bedarfsgerechte Be-treuungsangebote für Menschen mit Behinderungen aufzubauen und zu unterhalten. Gesellschafter sind:

• Verein für Menschen mit Behinderung e.V., Neuwied/Andernach, • Heilpädagogisch-Therapeutisches Zentrum, Neuwied, • Verein zur Betreuung blinder und sehbehinderter Kinder e.V.,

Neuwied, • Stiftung Parität, Saarbrücken.

Als Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband fühlen wir uns den vielfältigen sozialen Zielen dieses Verbandes verpflichtet.

Folgende Leitlinien bestimmen unser Handeln:

o Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben eigenverantwortlich

zu gestalten. Menschen mit Behinderung begegnen wir mit Re-spekt. Sie sind Mitglieder unserer Gesellschaft, die angemes-sene Unterstützung benötigen.

o Unsere sozialen Dienstleistungen haben zum Ziel, den Men-

schen mit Behinderung ein Höchstmaß an persönlicher Ent-wicklung, beruflicher Integration und individueller Lebensquali-tät zu ermöglichen.

o Menschen mit Behinderung wollen und benötigen soziale Teil-

habe. Sie werden von uns - im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Selbstbestimmung - als Partner bei der Erfüllung unserer Auf-gaben beteiligt.

o Unsere Dienstleistungen orientieren sich am individuellen Be-

darf der Menschen mit Behinderung. Wir setzen uns für erfor-derliche wirtschaftliche Ressourcen ein und stellen diese zur Verfügung. Wenn notwendige Hilfen fehlen, engagieren wir uns.

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o Die Weiterentwicklung der Behindertenhilfe ist Teil unserer Ar-

beit, um innovativ Chancen für unsere Klienten zu eröffnen. Fachlichkeit, die mit Hilfe unserer grundlegenden Konzeption gefördert und reflektiert wird, garantiert einen qualitativ hohen Standard der Betreuungsarbeit.

o Die Mitarbeiterschaft der verschiedenen Bereiche unserer

gGmbH versteht sich als Dienstgemeinschaft, die gemeinsame Ziele zu Gunsten der Menschen mit Behinderung verfolgt und dabei auch bürgerschaftlich Engagierte einbindet.

o Ein kooperativer, mitarbeiterorientierter Umgang über alle Ebe-

nen hinweg sichert ein positives Betriebsklima. Dieses ist eine der Grundlagen für menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbe-dingungen in unseren Einrichtungen und Diensten.

Kettig, im Jahre 2012

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1.1 Pädagogische Leitgedanken

Pädagogische Leitgedanken Jeder Mensch ist Person und als solche einzigartig und unverwechselbar. Der Entwicklungsstand einer Persönlichkeit kann nicht als Kriterium für das Menschsein herangezogen werden. Das Lebensglück eines Menschen kann nicht normativ be-stimmt werden, sondern es hängt von seinem eigenen Erleben ab. Menschen mit einer Behinderung können ebenso sinnerfüllt und glücklich leben, wie es Menschen ohne Be-hinderung können. Sowohl im privaten Lebensraum, als auch in der Teilhabe am öffentlichen Leben, müs-sen Menschen mit Behinderung, wie alle Menschen, ein ihrer Würde, ihren Bedürfnis-sen und ihrer Individualität angemessenes Leben führen können. Soziale, seelisch-geistige und körperliche Fähigkeiten, die zum selbstverantwortlichen Handeln befähigen, sollen gleichermaßen berücksichtigt werden. Der Blick gilt der Gesamtpersönlichkeit, die sich nach ERIKSON in folgenden Teilaspek-ten ausdrückt, die nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern ineinander überge-hen und als gleichrangig anzusehen sind:

• Autonomie (Selbstverwirklichung u. Selbstbestimmung) • Soziabilität (Kommunikations- u. Kooperationsfähigkeit) • Produktivität • Sexualität • Kreativität

Aufgaben und Ziele Die Betreuung und Begleitung der Bewohner*/Beschäftigten** wird als integrierte päda-gogische Tätigkeit verstanden. Alle Alltagsangelegenheiten der Bewohner sind dem-nach Inhalt der pädagogischen Arbeit, auch die Bereiche der Eigenversorgung, der Pflege und der Hauswirtschaft. Im Vordergrund stehen die Persönlichkeitsentwicklung und Selbständigkeit des Einzel-nen, sowie die Stärkung des Selbstwertgefühles und die Erhaltung der bisher erworbe-nen Lebenserfahrungen und Fähigkeiten. Individualität und Selbstbestimmung umfassen auch die Verantwortung für eigenes Handeln. Jeder Mensch lernt am besten durch eigene Erfahrung. Individualität und Selbstbestimmung haben ihre Grenzen dort, wo behinderte Menschen die Folgen ihres Handelns nicht abschätzen können und hierdurch sich selbst oder andere gefährden, diskriminieren oder in ihren Bedürfnissen einschränken. Die Qualität der Pädagogischen Begleitung verstehen wir als Ergebnis von dynami-schen Prozessen. Diese beinhalten die systemische Betrachtung der individuellen An-forderungen und Wünsche, den offenen Dialog, die zielgerichteten Absprachen und die regelmäßige Reflexion mit allen Beteiligten.

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Pädagogische Begleitung – Formen und Lebensbereiche Die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Bewohner bestimmen Inhalt, Form und Ablauf der pädagogischen Arbeit. Dabei kann es nach GIESECKE kein „richtiges“, sondern nur „angemessenes“ Handeln geben. Pädagogische Begleitung lässt daher auch immer mehrere Möglichkeiten zu. Wir geben so viel Unterstützung und Begleitung wie nötig und so viel Freiheit und Eigenständigkeit wie möglich.

• Selbständige Erledigungen durch den Bewohner • Verbale und / oder taktile Anleitung durch den Mitarbeiter und selbständige Erle-

digung durch den Bewohner • Verbale und / oder taktile Anleitung durch die Mitarbeiter und ergänzende Hilfen

durch Übernahme von Aufgaben durch die Mitarbeiter • Komplette Übernahme von Aufgaben durch die Mitarbeiter

Die pädagogische Begleitung findet in folgenden Lebensbereichen statt:

• Wohnen • Arbeit / Beschäftigung / Ausbildung • Freie Zeit • Soziale Beziehungen • Gesundheit

Zur Umsetzung dieser Pädagogischen Begleitung dienen IHP/THP, Entwicklungsberich-te, individuelle Förderplanung, bestehende Berichte anderer Institutionen und Ärzte, interne Fachgespräche und selbstverständlich Gespräche mit Eltern und gesetzlichen Betreuern. Die resultierenden Anforderungen an die Mitarbeiter bedingen ein hohes Maß an fachli-cher und persönlicher Qualifikation. ** Im Text ist aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur von Bewohnern die Rede. Be-schäftigte (d.h. Menschen mit Behinderung in der WfbM) sind stets eingeschlossen.

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2 Nutzer der Angebote

2.1 Personenkreis Die verschiedenen Angebote der Förder- und Wohnstätten gGmbH werden von er-wachsenen Menschen mit Behinderung genutzt. Die Nutzer unserer Dienstleistungen entscheiden sich freiwillig für diese. Auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Betreuung gehen wir davon aus, dass das Selbstbestimmungsrecht des Menschen mit Behinde-rung akzeptiert wird. Behinderte im Sinne der Sozialgesetzgebung sind körperlich, geistig oder seelisch be-einträchtigte Personen, deren Aussichten eingegliedert zu werden oder zu bleiben, we-gen der Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich ge-mindert sind und deshalb Hilfen zur Eingliederung benötigen (nach Bleidick, 1995). Mit der Diagnose „Behinderung“ und der damit unter Umständen verbundenen „Etiket-tierung“ ist mit Vorsicht, Sorgfalt und Verantwortung umzugehen. Wir sind uns bewusst, dass jede Beschreibung sich auf Werte und Normen bezieht, vielleicht aber dem Men-schen mit Behinderung nie gerecht wird. Bei Menschen mit Behinderung gibt es nach Gröschke (1997) eine besondere „Diskrepanz zwischen Sein, Sollen, Wollen, Können und Dürfen“. Jeder Mensch, der unserer Hilfen bedarf, ist eine Persönlichkeit, die in ih-rem „Sein“ von uns angenommen ist. Für den Begriff „Schwerstbehinderung*“ liegt keine allgemein gültige Definition vor. Die-ser Personenkreis, für den die gGmbH ihre sozialen Dienstleistungen anbietet, ist in einem hohen Maße auf eine ganzheitliche Unterstützung und Förderung angewiesen. Bei diesen Menschen liegt stets eine unterschiedlich ausgeprägte geistige Behinderung vor, wobei diese zumeist mit anderen Behinderungsformen wie Sinnesbeeinträchtigun-gen, Epilepsie*, Spastik*, Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates, u.a. mehr kombiniert ist. Diese Menschen benötigen:

• Körperliche Nähe, um direkte zwischenmenschliche Erfahrungen machen zu können und um andere Menschen wahrzunehmen.

• Menschen, die ihnen die Umwelt auf einfachste Art und Weise nahe bringen. • Menschen, die ihre Arten der Fortbewegung sowie die notwendigen Lageverän-

derungen kennen und ihnen diese auch ermöglichen. • Menschen, die sie auch ohne verbale Kommunikation verstehen und immer wie-

der nach neuen Möglichkeiten der Verständigung suchen. • Menschen, die sie zuverlässig und einfühlsam pflegen und versorgen. (vgl. Fröhlich, Düsseldorf 1998)

Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Betreuung von sehbehinderten und blinden Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung. Diese Kombination bedingt spe-zielle Bedarfe: „• Training von Orientierungsfähigkeit. • Aufbau von elementaren Fähigkeiten der Lebenspraxis, Orientierung und Kommunika-

tion sowie der Hilfsmittelbenutzung und der Kompensation der eigenen Behinderung. • Für jede Betreuungsleistung ist entweder eine körpernahe Kommunikation erforder-

lich, oder es sind Übersetzungsleistungen notwendig, um unzureichende Umweltin-formationen dem sehbehinderten/blinden Menschen nahe zu bringen.

*Sie finden am Schluss der Gesamtkonzeption ein alphabetisch geordnetes Glossar, das Ihnen das Verständnis des Textes erleich-tern soll. Erklärte Begriffe sind im Text mit * gekennzeichnet.

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• Im Bereich der Betreuungsleistungen muss berücksichtigt werden, dass viele Vorgän-ge mehr Zeit erfordern als bei Sehenden.

• Durch ein höheres Gefährdungspotential muss eine sehr intensive, häufig permanente Aufsicht gewährleistet werden. Dies bedeutet, dass nicht nur die sehbehinder-ten/blinden Menschen einen zeitlichen Mehraufwand in Kauf nehmen müssen, son-dern auch die Fachpersonen, die die Unterstützung, Betreuung und Pflege gewähr-leisten, die die blindenspezifischen Techniken erlernen helfen und als Sehende immer wieder Rückmeldungen geben, ob die erlernte Technik korrekt ausgeführt wird.“

(VBS, 2006)

Besondere Personengruppen bilden hörsehbehinderte/taubblinde Menschen und Men-schen mit apallischem* Syndrom in unserer Einrichtung, da bei diesen Personen die Kommunikationsfähigkeit in einem sehr umfassenden Maße eingeschränkt ist und übli-che Formen der Kommunikation und Umweltteilhabe ausgeschlossen sind. Die Kon-taktaufnahme und die Interaktion finden in der Regel ausschließlich taktil statt, was eine arbeitsintensive und qualifizierte Betreuung erfordert. Für den beschriebenen Personenkreis bieten wir die sozialen Dienstleistungen „Woh-nen, Fördern und Arbeiten“ auf Dauer an. Im Sinne der Teilhabeplanung (THP*) wird die Frage der angemessenen Lebensform kontinuierlich geprüft. Personen, die unsere Wohnangebote nutzen, erfahren tagesstrukturierende Angebote entweder durch einen Besuch unserer Werkstatt für behinderte Menschen oder unsere Tagesförderstätten, wobei die „Durchlässigkeit“ und bereichsübergreifende Angebote erwünscht sind. Der Verbleib in den Wohnmöglichkeiten soll bis zum Lebensende möglich sein. Unsere stationären Angebote richten sich nicht an Menschen mit ausschließlich psychi-schen Erkrankungen und Suchtproblematiken.

2.2 Gesetzliche Grundlagen Die verschiedenen Angebote der FWS sind durch die jeweiligen gesetzlichen Grundla-gen legitimiert. Im Folgenden ein kurzer Überblick über die für unsere Dienstleistungen relevanten Ge-setze und Bestimmungen: Wohnen

• §§ 53ff, §§ 75ff SGB XII • Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (nachfolgend LWTG genannt) • Wohn – und Betreuungsvertragsgesetz (nachfolgend WBVG genannt) • Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über Wohnformen

und Teilhabe (nachfolgend LWTGDVO genannt)

Tagesförderstätte • §§ 53ff SGB XII • § 55 SGB IX

Werkstatt für Menschen mit Behinderung • Werkstättenverordnung • SGB III, IX • Werkstättenmitwirkungsverordnung • § 56 SGB XII

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2.3 Aufnahmeverfahren Die Aufnahme in die Förder- und Wohnstätte, sei es Wohnbereich oder Werkstattplatz, findet erst nach Durchlaufen eines erfolgreichen Verfahrens statt. Es beginnt mit einer Anfrage/Kontaktaufnahme und dem gegenseitigen persönlichen Kennen lernen von Ein-richtung und „Bewerber“. Es endet nach dem Absolvieren verschiedener Schritte (intern wie extern) mit der Kostenzusage und dem Tag der Aufnahme (Einzug oder erster Be-schäftigungstag). Die einzelnen Schritte – mit möglichen Abweichungen und Varianten – bzw. die Bedin-gungen zur erfolgreichen Abwicklung (z.B. notwendige Unterlagen) sind im Rahmen des Qualitätsmanagements der FWS als Prozessbeschreibung erarbeitet und festgehal-ten worden. Aus Platzgründen wird an dieser Stelle auf Prozessbeschreibungen verzichtet. Auf Wunsch sind die Beschreibungen bei der QM Abteilung/bzw. im Organisations-handbuch einsehbar/erhältlich.

2.4 Verträge mit Nutzern Alle sozialen Dienstleistungen der FWS gGmbH haben ihre Grundlage in schriftlichen Verträgen. In diesen Verträgen werden, wie im Vertragswesen üblich, die Rechte und Pflichten beschrieben, die von den Vertragspartnern zu erfüllen sind. Gemäß der ge-setzlichen Grundlagen, die insbesondere im LWTG und WBVG, der Werkstattverord-nung und dem Bürgerlichen Gesetzbuch formuliert sind, werden von der FWS als dem Leistungserbringer die Leistungen beschrieben, die von den Nutzern (auf Grundlage des THP) vertraglich zu erwarten sind. Damit gehen in die sozialen Dienstleistungen alle Leistungen ein, die konzeptionell vorgesehen sind. Unterschriftspartner sind der Nutzer bzw. die gesetzliche Vertretung und die Vertreter der FWS. Die Nutzer erfahren vor der Vertragsunterzeichnung eine vorbereitende Beratung durch die Fach- und/oder Leitungskräfte der FWS. Die Verträge über die Leistungserbringung können nur für Leistungen abgeschlossen werden, für die zuvor entweder die Kostenzusage eines Leistungsträgers vorliegt oder für die vom Nutzer eine Selbstzahlungsverpflichtung erklärt wird. Es gibt folgende Verträge in der FWS:

• Wohn- und Betreuungsvertrag (dieser schließt u.U. einen Vertrag über Tagesför-derung ein)

• Werkstattvertrag

Die Verträge sind rechtlich geprüft, um den Nutzern Vertragssicherheit garantieren zu können. Die FWS ist bemüht Vertragsformulare vorzuhalten, die die spezifischen Behinderungen der Nutzer berücksichtigen, indem beispielsweise Verträge mit Bildern ausgestattet werden, damit auch Menschen mit Lernschwierigkeiten (s. Wörterbuch für leichte Spra-che, bifos 2001) diese eher verstehen können oder es werden blindenspezifische Aus-führungen erstellt, z.B. in Brailleschrift.

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3 Fachliche Leitlinien für die Betreuungsleistungen

3.1 Allgemeines Mit dem Kronberger Kreis (1998) werden pädagogische Dienstleistungen - in Bezug auf die erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung eigentlich als andragogische* Betreuungsleistung zu bezeichnen - als „personal“ definiert, also Leistungen, die von Menschen für Menschen erbracht werden: • Da Menschen keine Maschinen sind, kann man behinderte Menschen nicht einfach

nach Plan bearbeiten. Pädagogische Fachkräfte bewegen sich in einem kommuni-kativen Feld mit einem komplexen Beziehungsgeschehen – „im pädagogischen Feld beobachten und bewerten, beeinflussen und verändern sich alle Beteiligten gleich-zeitig.“ (interaktives Geschehen)

• Das einzigartige Geschehen ist gebunden an die jeweilige Situation und kann zeit-lich nicht umgekehrt werden – „es gibt in humaner Praxis keine Wiederholungen.“

• Professionell zu handeln, bedeutet deshalb auch Beziehungen spontan und mit Überlegung zu gestalten – es handelt sich dabei um ein Überlegen im Handlungs-vollzug „reflection-in-action“.

• Pädagogik zielt auf Autonomie und Gemeinschaftsfähigkeit ... auf Bedürfnisbefriedi-gung und Kompetenzerweiterung ... auf Engagement für den gerechten Ausgleich. (Helfende Beziehung) (vgl. Kronberger Kreis, 1998)

Es kann von einem hohen Anspruch an professionelle Fachkräfte ausgegangen wer-den, wie auch Günther und Bergler unterstreichen, wenn sie feststellen, dass qualifizier-te Betreuung zu leisten keine „Jedermannsqualifikation“ (Günther/Bergler, 1992) ist, wie in der Öffentlichkeit zuweilen der Eindruck entsteht, zumal dann, wenn diese gruppen-pädagogische Arbeit in „familiennaher“ Form strukturiert ist. Die Forderung nach Pro-fessionalisierung innerhalb der Betreuungsarbeit für Menschen mit geistiger Behinde-rung, die Einfluss in die Heimpersonalverordnung gefunden und inzwischen die perso-nelle Besetzung in Einrichtungen der Behinderungshilfe im Hinblick auf die professionel-le Qualifizierung deutlich verbessert hat, setzen wir in unseren Dienstleistungen ent-sprechend der verhandelten Vergütungssatzanteile für Personal konsequent um. Mit Professionalisierung darf aber nicht Spezialisierung verwechselt werden, da Betreu-ungsarbeit auf „ ganzheitliche Kompetenzen“ ausgerichtet ist. Die Fachkräfte innerhalb der Betreuungsgruppen haben eine geeignete „Breitenausbildung“, die sie dazu befä-higt, den anspruchsvollen und ganzheitlichen Anspruch stellvertretender Personensorge zu erfüllen. Betreuer im Gruppendienst sind quasi „Kristallisationspunkte“ einer Behinderteneinrich-tung, die die konzeptionell gewählten Standards und das damit gleichzeitig in der (Fach-) Öffentlichkeit propagierte Selbstbild dieser Einrichtung im Betreuungsalltag um-setzen. Die hinreichende Fachkompetenz beinhaltet die

• umfassende Informiertheit (Wissen, Kenntnis von Theorie und Praxis) über das Arbeitsfeld der Behindertenhilfe und

• die Kenntnis und Anwendung spezifischer Methoden und das Wissen um die Besonderheiten sozialer Interaktion (= Methoden- und Sozialkompetenz)

in diesem Feld.

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Während das Kriterium der „umfassenden Informiertheit“ im Rahmen der Ausbildung erlangt und durch Fortbildung weiterentwickelt wird, so ist die Anwendung des Wissens in adäquater Methoden- und Sozialkompetenz nicht alleine kognitiv erlernbar, sondern diese Anwendung kann nur individuell qualifizierend in prozesshaften, persönlichkeits-entwickelnden Lern- und Erfahrungsschritten erworben werden (= Berufserfahrung). Diese Prozesse sind erst im Berufsalltag möglich (Learning by doing; Training on the job); deshalb ist üblicherweise mit Methoden- und Sozialkompetenz bei Berufsneulingen weniger zu rechnen. Zu den notwendigen Kompetenzen gehört Begleitungskompetenz* gegenüber Betreu-ten und Kollegen. Die besondere Eignung des Personals entwickelt sich nach unserem Verständnis schrittweise im Verlaufe der Arbeit und ohne den viel strapazierten Begriff der „pädago-gischen Berufung“ bemühen zu wollen, ist aber doch darauf zu verweisen, dass die pro-fessionelle Betreuung in einer modernen Einrichtung der Behindertenhilfe nicht ohne die spezielle persönliche Eignung ihrer „handelnden Organe“ (= Betreuer) auskommt, um die vereinbarten Betreuungs-/Förderziele (→ s. THP) zu erreichen. Personale Kompetenz

Der Zusammenklang von fachlicher Qualifikation und persönlicher Eignung soll hier als personale Kompetenz verstanden werden. Die FWS betreibt in verschiedener Weise die Ausgestaltung der personalen Kompetenz:

• Umfassende Information neuer Mitarbeiter über die spezielle Betreuungsform und die Gesamteinrichtung;

• Schrittweise Einarbeitung neuer Mitarbeiter, vor allem bei Berufsanfängern, mit Hilfe eines persönlichen Ansprechpartners und qualitätssichernden Checklisten;

• Interne und externe Weiterbildung; es besteht Fortbildungspflicht; • Permanente Möglichkeit zu informellem Austausch mit Kollegen, Vorgesetz-

ten und Psychologen (inkl. Reflektion und Beratung); • Organisierte Kommunikation in der Form regelmäßiger Dienstbesprechungen

im Team, in Bereichsgesprächen, Fachgesprächen mit Vertretern der Beglei-tenden Dienste (inkl. Reflektion und Beratung); es besteht Teilnahmepflicht;

• Regelmäßige, zumindest jährlich stattfindende Mitarbeitergespräche zwi-schen Mitarbeitern und Vorgesetzten;

• Interne und externe Beratung mit dem Ziel Regelwissen und Verständniswis-sen zu steigern, Teamentwicklung zu betreiben;

• Supervision als spezifisches Angebot, wenn die institutionseigenen Ressour-cen an Reflektionsebenen nicht ausreichen.

Professionelles Handeln Professionelles Pädagogisches Handeln ist eine Kombination verschiedener Kompe-tenzen, über die Mann/Frau nicht naturgegeben verfügt, sondern die erworben und er-lernt werden. Pädagogisches Handeln in alltagsorientierter Vernetzung muss immer wieder reflektiert und ggf. verbessert werden. Dies gelingt nur im Fachdialog; die inten-sive Beteiligung an diesem Dialog, seine vehemente Einforderung und das Bemühen um dessen Gelingen in Form professionellen Zugewinns sind Pflichten aller Kräfte, die in der FWS arbeiten. Ein unabdingbares Wesensmerkmal für professionelles Handeln ist systematisches Arbeiten. Auf der Grundlage von Zielvereinbarungen werden metho-

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dische Schritte beschlossen und dokumentiert, auf welchem Wege die gewählten Ziele schrittweise erreicht werden sollen. Obgleich es problematisch ist, die persönlichen Qualitäten der in der Betreuungsarbeit professionell handelnden Mitarbeiter umfassend festzuschreiben, so können doch ge-wisse Persönlichkeitseigenschaften benannt werden, die geeignete Fachkräfte aus-zeichnen:

• Wertschätzung und Empathie als Einfühlungsvermögen in die Situation von Probanden und Kollegen;

• hohe Selbstkontrolle; • hohes Konfliktlösungspotential; • Offenheit, Interesse, Lebensfreude; • Vorurteilsfreiheit; • hohes Informationsverarbeitungspotential; • Kommunikationsfähigkeit; • hohe Leistungs- und Lernmotivation; • Erfolgsmotivation; • hohe Stress- und Frustrationstoleranz; hohe Belastbarkeit; • Originalität, spontane Flexibilität; • Eigeninitiative; • hohes Verantwortungsbewusstsein; • Durchsetzungskraft, u.a.m.

Diese und andere persönliche Kompetenzen sollen sich im Zusammenspiel der perso-nalfördernden Maßnahmen in der FWS zu folgenden Maximen personaler Qualifikati-on verdichten:

1. Betreuungsleistungen konzeptionieren, organisieren und durchführen können (= den sog. „gelingenden pädagogischen Alltag“ erfolgreich gestalten).

2. Kooperieren können, und zwar mit dem Klientel, dem Team (= Teamfähigkeit), der Institution und Umgebungssystemen.

3. Für sich selbst und mit anderen zielgerecht reflektieren können (= Erzeugung der nötigen professionellen Distanz zum Alltagsgeschehen).

4. Sich selbst und andere informieren können (= Aktualisierung des Alltags). 5. Sich selbst realisieren können (= in sozialer Rücksichtnahme und pädagogischer

Passung die gewählte berufliche Rolle selbstverwirklichend umsetzen). 6. An Angeboten partizipieren können und wollen (= formelle und informelle Dienst-

besprechungen, Arbeitsgemeinschaften, Projektgruppen, Fortbildung, Beratung, Supervision). Aktuell bestehen in der FWS Arbeitsgruppen die kontinuierlich an den Themenbereichen Snoezelen, Unterstützte Kommunikation, Musik und Tod, Sterben, Trauer arbeiten.

Mit der Entwicklung und Stärkung dieser Kompetenzen werden in der FWS folgende Personalziele verfolgt:

• Die Mitarbeiter überprüfen die Wirksamkeit ihres professionellen Handelns. • Die Mitarbeiter erhalten, erhöhen oder stellen ihre Arbeitszufriedenheit her. Nur

zufriedene Fachkräfte können den Menschen mit Behinderung das geben, was diese für ihre Lebensqualität brauchen (Günther/Bergler, 1992).

• Personale Kompetenz fördert Teamfähigkeit, welche die Grundlage der Zusam-menarbeit ist, da an allen Betreuungsorten Teams die Arbeit vollziehen.

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3.1.1 Teilhabekonzept nach § 8 LWTG für die Förder- und Wohnstätten Zielsetzung Die Förder- und Wohnstätten gGmbH setzt sich zum Ziel für alle Angebotsnutzer, hier speziell für alle Bewohner der Häuser Kettig, Leutesdorf und Neuwied das Ziel der „In-klusion“ zu realisieren. Grundlage ist dazu unter anderen das Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (LWTG). Nach LWTG § 1 sind es die Ziele des Gesetzes „(1) Ziel des Gesetzes ist es, ältere Menschen, volljährige Menschen mit Behinderung und pflegebedürftige volljährige Menschen 1. in ihrer Würde, Privat- und Intimsphäre zu achten, 2. vor Gefahren für ihre körperliche und seelische Gesundheit zu schützen, 3. zu fördern, ihr Leben selbstbestimmt und an ihrem Wohl und ihren Wünschen orien-tiert gestalten zu können, 4. in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und bei der Mitwirkung in der Einrich-tung, in der sie leben, zu stärken, 5. in ihrer durch Kultur, Religion oder Weltanschauung begründeten Lebensweise und hinsichtlich ihrer geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Bedarfe zu achten und 6. zu motivieren, ihre Rechte bei der Inanspruchnahme von Einrichtungen und anderen Unterstützungsangeboten wahr zunehmen.“ Struktur Die Förder- und Wohnstätten sehen sich in einem sozialen Netzwerk zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Gemeinsam mit Eltern, Angehörigen, gesetzlichen Be-treuern, Kostenträgern, weiteren Leistungsanbietern, ehrenamtlichen Helfern, u.a. bie-ten wir unter Berücksichtigung des LWTG, weiterer Gesetze und Verordnungen und im Sinne der UN Behindertenrechtskonvention eine zeitgemäße zielorientierte soziale Dienstleistung. Maßnahmen zur Verbesserung der Teilhabe

� Gewinnung von Ehrenamtlichen (Nutzung der Ehrenamtsbörse MYK) zur Ver-besserung der Angebotsstruktur

� Öffnung in die Gemeinde (Zusammenarbeit mit Ortsbürgermeister, Vereinen, den Kirchen)

� Teilhabe in der Gesellschaft durch Freizeitaktivitäten (Discobesuche, Konzerte, Kino, Shopping, …)

� Organisation von Urlaubsreisen � Freie Besuchszeiten � Offenes Gelände (Zugänglichkeit des FWS Geländes, Kontaktmöglichkeiten mit

Bürgern, Wanderern, Einbindung des FWS Grundstückes Elmar-Hillesheim-Wiese in öffentliche Wanderwege)

� Herbst – und Handwerkermarkt (inkl. Tag der offenen Tür) � Tage der offenen Tür � Veranstaltungen für Eltern/Angehörige/gesetzl. Betreuer � Kulturveranstaltungen (In der Cafeteria der FWS Kettig findet eine jährliche Kul-

turreihe statt, einzelne Veranstaltungen werden auch im Bürgerhaus durchge-führt, daneben nutzen auch externe Veranstalter die Cafeteria)

� Vermietung von Fachräumen (Einzelpersonen oder Gruppen können das Bewe-gungsbad oder andere Fachräume der FWS stundenweise anmieten)

� Eltern-/gesetzl. Betreuerbeteiligung (Gremien, Veranstaltungen) � „Integrative Projekte“ (Z.B. „artissimo“ ein Malkurs für Kettiger Bürger und Be-

wohner der FWS, Besuche von Firmgruppen)

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� Transparenz der Einrichtung durch Presseveröffentlichungen, Homepage, Publi-kationen (Konzepte, Broschüren, Durchblick u.a.)

� Mediennutzung der Bewohner (Bereitstellung von Medien wie SAT-TV, Internet, Telefon für Bewohner)

� Sozialkontakte organisieren (Organisation von Sozialkontakten für Bewohner durch Kontaktaufnahme, Telefonate, Besuche, Einladungen)

� Unterstützung bei religiöser Betätigung � Unterstützung bei der Teilnahme am Vereinsleben � Förderverein (Bürgermeister von Kettig ist Vorsitzender, der Vorsitzende des

Bewohnerbeirates ist im Vorstand)) � Öffnung der Einrichtung und Schaffung von Kommunikationsmöglichkeiten auch

durch Schülerpraktikanten und anderen Praktikanten � Einrichtungsübergreifende Veranstaltungen (UK-Kaffeeklatsch für umliegende

Einrichtungen und Betroffene, Auftritte der Hausband bei ext. Veranstaltungen, u.a.)

� Einladen der Nachbarschaft � INFO-Button für Veranstaltungshinweise an Bewohner � MUSS-Information im Intranet der FWS Mitarbeiter um über Veranstaltungen für

Bewohner zu informieren � Bewohnerbeirat (Unterstützung, Beteiligung) � Bewohnerfürsprecher (Unterstützung, Beteiligung) � Halbjährlich „Austausch Bewohner – Mitarbeiter – Leitung“ � Fortbildungsangebot für Bewohner

Weitere Maßnahmen sind denkbar, möglich oder bereits in Planung. Weitere Ausführungen entnehmen Sie unserer Gesamtkonzeption u.a. in den Punkten 3, 7 und 11.

3.1.2 Paten-/Bezugsbetreuersystem Die Aufgabe, eine gewissenhafte, ganzheitliche Betreuung der Bewohner zu leisten, ist in der Förder- und Wohnstätten gGmbH zeitgemäß nach dem gruppenpädagogischen* Ansatz organisiert. Die konkreten Dienstleistungen werden im Schichtdienst durch ein festes Team von Mitarbeitern verrichtet. Damit alle individuellen Erfordernisse kontinuierlich und zuverlässig erledigt werden und nicht etwa durch die Arbeitsteilung in einem Team aus dem Fokus der Aufmerksamkeit geraten, wird in den Förder- und Wohnstätten mit einem sog. „Patenschaftssystem“ ge-arbeitet. Bei diesem System sind nach wie vor alle Teammitglieder für die ganzheitliche Betreuung verantwortlich, ein individueller Pate behält allerdings spezielle Belange ganz besonders im Blick. Wir sehen folgenden Vorteil: Die sehr komplexe, vielschichtige Betreuungsleistung „Wohnen und Fördern“ wird durch Patenschaften übersichtlicher, klarer strukturiert und somit besser leistbar. Der Pate ist erster Ansprechpartner für die Eltern/gesetzlichen Betreuer. Er erle-digt die notwendigen Arbeiten innerhalb einer Patenschaft nicht unbedingt selbst. Wichtig ist aber, dass er oder sie die erforderlichen Schritte einleitet und beglei-tet, also im wahrsten Sinne des Wortes jemand den „Überblick“ behält, das Not-wendige organisiert. Ein Beispiel: Jedes Teammitglied achtet im Dienstalltag auf eine angemessene Beklei-dung bei den Bewohnern (auf jeden Fall sauber und nicht zu warm – nicht zu kalt). Der

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Pate achtet darüber hinaus bei einem Bewohner darauf, dass hinreichend jahreszeit-gemäße Kleidung zu Verfügung steht, also der Kleiderschrank stets genügend zweck-mäßige Kleidung hergibt (Ersatzbeschaffung) und auch die Ordnung in diesem Schrank erhalten bleibt. Der Vorteil ist klar: ein Teammitglied konzentriert sich in dieser Frage dann speziell auf einen Bewohner bzw. eine Bewohnerin. Durch das Patenschaftssystem und die gewollte Konzentration der Paten darf anderer-seits keine Bevorzugung bei „ihren“ Bewohnern entstehen. Damit für alle Beteiligten eindeutig ist, um welche Aufgaben es sich für die Paten han-delt, gibt es eine Liste über die „Aufgaben von Paten“ (s. Organisationshandbuch* unter „Patenschaftssystem“). Die Aufgaben können entweder kontinuierlich oder auch zyk-lisch (wöchentlich, jährlich) anstehen. Damit die Paten ihre sehr verantwortungsvolle Arbeit leisten können, werden in den Förder- und Wohnstätten aus den Erfahrungen und Anregungen heraus fortlaufend Ar-beitshilfen entwickelt und zur Verfügung gestellt, wie z.B. die „Jahresübersicht über die gesundheitliche Vorsorge“ (s. Organisationshandbuch) und die „Arbeitshilfe THP“ (s. Organisationshandbuch). Eine Patenschaft besteht dauerhaft, damit die beabsichtigte Kontinuität in der Betreu-ung erreicht wird. Dennoch sind Patenwechsel möglich und unter Umständen sogar wünschenswert. Auch diese Planung kann ein Beratungspunkt in der jährlichen indivi-duellen Hilfeplanung sein, wobei Wünsche aller Beteiligten immer an den realen Mög-lichkeiten orientiert werden müssen: ist ein Patenwechsel angezeigt, notwendig, mög-lich? Pate zu sein heißt, eine große Verantwortung zu tragen!

3.2 Individuelle Teilhabeplanung

3.2.1 Definition Die Individuelle Teilhabeplanung (THP – früher IHP) wurde in Rheinland-Pfalz zur Umsetzung des Paragrafen 93 BSHG (jetzt §§ 75 ff SGB XII) entwickelt. Ziel war es: a) nach der Vorgabe des Selbstbestimmungsrechtes des Hilfesuchenden, ein Instru-ment zu schaffen, das dessen Wille und Meinung wiedergibt und b) dem Kostenträger die Möglichkeit zu geben überschaubar und nachvollziehbar Hilfe-bedarfe zu erkennen und zu beurteilen (d.h. der THP als Grundlage zur Leistungs-, Prü-fungs- und Vergütungsvereinbarung). Der THP ersetzt dabei die Entwicklungsberichte, die in der Vergangenheit regelmäßig dem Kostenträger übersandt wurden. Der THP wurde für mehrere verschiedene Personengruppen entworfen, ist also kein spezielles Instrument für Menschen mit Schwerstbehinderung. Der im Aktionsplan des THP integrierte Förderplan ergänzt diesen mit dem Festhalten der Schritte von Planung zur Umsetzung. Die FWS hat ein eigenes Dokument zur Akti-onsplanumsetzung entwickelt. Damit ist eine Kontrolle der kontinuierlichen Arbeit im Hinblick auf die Ziele gewährleistet.

3.2.2 Inhalt und Ziele Im THP wird, aufgeteilt in drei Abschnitte (Bögen) erst nach den Personendaten des Hilfesuchenden gefragt, dann nach Grundsatzzielen, derzeitiger Situation, Meilenstei-nen, Hindernissen. Im Bogen 2 wird nach Interessen und Fähigkeiten sowie Beeinträch-tigungen gefragt.

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Im Aktionsplan wird letztlich nach konkreten Einzelhilfen gefragt/gesucht und festgehal-ten, wer an der Umsetzung in welcher Form und in welchem Zeitrahmen beteiligt ist. Er beschreibt die konkreten Hilfen, die dafür erforderlichen Mittel und Methoden, sowie Zeit, Ort, Dauer, Art und Weise und die Durchführenden der Maßnahmen.

3.2.3 Beteiligte Der Pate arbeitet federführend am THP für Bewohner, gleich ob TAF-Nutzer oder WfbM-Beschäftigter. Der Bewohner wird als erster je nach Möglichkeit mit einbezogen. Der Pate vertritt die Wohngruppe, der Begleiter die Werkstattabteilung, die auch in Vor-gesprächen und bei der Umsetzung beteiligt ist. Familie und/oder gesetzlicher Betreuer sind die nächsten wichtigen Ansprechpartner bei der THP-Erstellung. Bereichsleitung und Wohnstättenleitung sind ebenfalls mit einbezogen. Bei Bewohnern, die die WfbM besuchen, arbeiten die Begleiter nach Absprache mit der Werkstattleitung und dem Sozialdienst verantwortlich am WfbM-Modul. Andere relevante Bezugspersonen, wie Begleitende Dienste und eventuell externe The-rapeuten, Krankengymnasten und Ärzte werden ebenso befragt und entweder zum Vorgespräch oder zur eigentlichen THP-Beratung (= interne THP Konferenz) eingela-den. Der THP für externe Werkstattbeschäftigte wird nach Absprache von Sozialdienst, Mit-arbeitern und Werkstattleitung mit dem Beschäftigten und eventuell seiner gesetzlichen Betreuung erstellt. Dieser THP geht dem Kostenträger (Kreisverwaltung, LVA oder Ar-beitsagentur) zu.

3.3 Tagesstrukturierung 3.3.1 Tagesförderstätte Zielsetzung Ziel und Aufgabe der Tagesförderung soll eine auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse eingehende Förderung sein, die dem Einzelnen Lebensfreude und Sinnerfüllung in seinem Tun ermöglicht und erlernte Fähigkeiten erhält. Die wich-tigsten pädagogischen Grundsätze der strukturierten Tagesförderung bestehen darin, auf der Basis einer sich bildenden und angestrebten vertrauensvollen Beziehung den erwachsenen behinderten Menschen in seinem Selbsttätigwerden zu bestärken. Dazu gilt es, die Person in ihrer Ganzheit anzusprechen, nicht vereinzelte Funktionen zu üben und die Anregungen und Angebote zur Beschäftigung im Sinnzusammenhang, in mög-lichst erwachsenengerechter Form nahe zu bringen und erfahrbar zu machen. Dem Menschen mit Schwerstbehinderung soll ein gleichmäßiger, strukturierter Tages-ablauf mit Sicherheit bringenden Regeln und Strukturen angeboten werden. Der Tages-ablauf soll nach Möglichkeit in Zeit und Sinn für die Nutzer erfassbar, nachvollziehbar und mitbestimmbar sein. Einerseits kann Raum und Zeit für Ruhe, Entspannung und Gelassenheit in einem reiz-arm gestalteten Umfeld mit Rückzugsmöglichkeiten gegeben werden, andererseits soll die TAF auch Gelegenheit bieten, neue und fordernde Möglichkeiten kennen zu lernen, auszuprobieren und zu entwickeln. Einzelbetreuung mit konstanten Bezugspersonen, Kleingruppenarbeit, permanente Beaufsichtigung und stetige Fortschreibung pädagogi-scher Konzepte und Pläne sowie deren konsequente Umsetzung bilden die Arbeits-grundlage der TAF. Ergänzt wird dies durch Angebote der Begleitenden Dienste und gruppenübergreifende Angebote (oft auch über die TAF-Zeiten hinaus). Daneben finden während diesen Zeitraums auch Therapien (Physiotherapie, Musiktherapie, u. a.) statt. Belastungs- und Ruhephasen werden nach individuellen Voraussetzungen und nach Tagesform gestaltet.

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Eine „Durchlässigkeit“ der Angebote TAF, Workshop und WfbM ist ausdrücklich ge-wünscht. Dies kann erreicht werden, indem die nachstehend aufgeführten Punkte besondere Be-achtung finden: Räumliche Voraussetzungen In der Tagesförderung sind die gesamten Räume des Wohnbereichs zu nutzen, damit auch Ausweich- und Lagerungsmöglichkeiten bestehen, um die individuellen Bedürfnis-se und Befindlichkeiten der Bewohner berücksichtigen zu können. Hinzu kommt für je-weils zwei Gruppen ein gesonderter großer Tagesförderraum. In Zusammenarbeit mit den Therapeuten und Begleitenden Diensten werden folgende Bereiche ebenfalls genutzt:

• Alle Räume des Bereiches Begleitende Dienste/Therapie • Gymnastikraum mit Geräteraum • Lehrküche • Matschraum (Beschreibung s. 4.3.1.3) • Musikraum (Beschreibung s. 4.3.1.4) • Schwarzraum (Beschreibung s. 4.3.1.5) • Bewegungsbad (Beschreibung s. 4.3.1.2) • Snoezelenraum (Beschreibung s. 4.3.1.6).

Personalausstattung Das Bedürfnisprofil der Tagesstättennutzer sowie der Anspruch unserer Förderung er-fordern einen hohen Personalschlüssel. Ausgehend von einer Doppel-Wohngruppe mit 8 Bewohnern pro Gruppe, von denen insgesamt 10 – 15 an der Tagesförderung teil-nehmen, sieht die Personalplanung beispielsweise wie folgt aus: Der Bereichsleiter organisiert die Tagesförderung, arbeitet mit und ist verantwortlich für die Erarbeitung von Förderplänen im Zusammenwirken mit den Gruppenmitarbeitern. Pro Wohngruppe sind zwei Mitarbeiter (plus Praktikanten, Geringfügig Beschäftigte) im Frühdienst und im Spätdienst. Praktikanten und Geringfügig Beschäftigte sollen nach Bedarf (beispielsweise vermehrt im Spätdienst, da dann die WfbM - Beschäftigten in die Wohngruppen zurückkehren) eingesetzt werden. (siehe Anhang: Zeitmodell TAF) Anzumerken ist, dass auch der Workshop von den hier genannten Mitarbeitern betrie-ben werden muss. Mittel Für eine gezielte Förderung sind folgende Mittel als „Instrumente der Qualitätssiche-rung“ erforderlich:

• Dokumentationssysteme • THP und Förderpläne • Tagespläne • Wochenpläne • Monatspläne • Projektarbeit • Regelmäßiger Austausch unter allen Beteiligten (Bewohner, Pädagogen, Psy-

chologen, Therapeuten, Arzt, Leitung, Eltern und Betreuer) über die Förderziele und alle damit verbundenen Fragen ( Hilfeplankonferenz)

• Reflexion

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• Evaluation • Regelmäßige Teamgespräche.

Unser systemischer * Ansatz in der Tagesförderstätte Der Mensch ist in seinem Denken, Fühlen und Handeln nicht unabhängig von seiner Umwelt zu sehen. Er ist in verschiedene Systeme wie Familie, Freunde, Unternehmen, Vereine und den Staat eingebunden. Auch seine Fähigkeiten und Fertigkeiten stehen untereinander in enger Verbindung und bilden ein System der Lern- und Entwicklungs-bereiche. Beim systemischen Ansatz liegt der Blick auf dem Ganzen. Es wird in einer kurzen, prägnanten Analyse die Gesamtsituation erfasst und dann zielgerichtet unter Nutzung aller Ressourcen auf Lösungen (Entwicklungen) hingearbeitet.

Emotionaler Bereich • Musische Angebote (Singen, Tanzen, Hören, Musizieren) • Umgang mit Konfliktsituationen • Anwendung von Kommunikationshilfen • Vermitteln und Erleben von Lebensfreude und –qualität • Einrichten von stabilen Beziehungen (Bezugspersonen) • Erleben von Gemeinschaftsgefühl in der Kleingruppe • Überschaubarkeit • Zugehörigkeit • Geborgenheit • Sicherheit • Angenommensein • Rückzugsmöglichkeit • Möglichkeit geben, neue Beziehungen zu knüpfen • Gefühle zeigen, verstehen

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Sozialer Bereich • Kommunikation • Kennen lernen (und unterscheiden lernen) der Mitmenschen durch Tasten, Füh-

len,... • Gemeinsame Mahlzeiten • Gestalten und Erleben von Festen • Kontaktpflege zu Eltern, Verwandten, Freunden,... • Gruppenübergreifende Angebote • Kleingruppenangebote • Gegenseitige Hilfe • Gemeinsames Gestalten und Erleben von Tages-, Wochen- und Jahresstruktur • Teilhabe an Öffentlichkeit • Teilhabe an sozialen Beziehungen Lebenspraktischer Bereich • An- und Ausziehen • Körperpflege und Hygiene • Nahrungszubereitung und –aufnahme • Hauswirtschaft • Einkaufen • Aufräumen usw. • Toilettentraining • Begleitete Selbstversorgung Motorik, Psychomotorik* • Angebote zur Feinmotorischen Entwicklung • Bewegungsangebote (Spaziergänge, Schwimmen, Schaukeln, Laufband, Moto-

Med ...) • Motopädie • Physiotherapie* • Atemmassagen* • Wechselnde Lagerung • Rollstuhltraining • Hippotherapie* Wahrnehmung • Snoezelen* • Basale Stimulation* • Kinästhetik • Sehrestförderung • Umwelt- und Materialerfahrung (visuell, auditiv, haptisch–taktil,

olfaktorisch, gustatorisch, vestibulär, kinästhetisch, propriozeptiv)*

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Kognitiver* Bereich • Orientierungstraining auf dem Einrichtungsgelände (Innen und Außen) • Ausflüge außerhalb der Einrichtung • Körperwahrnehmung (Erkennen des eigenen Körpers und Abgrenzung zur Um-

welt) • Materialerfahrung (Tonarbeiten, Matschen, usw.) • Förderung von Sprache und Sprachverständnis durch Vorlesen, Computer, sons-

tige Hilfsmittel • Computerunterstützte Lernprogramme • Kommunikationstraining

3.3.1.1 T. Ziel Zwei Ziele wurden seit Beginn der Planung dieser Räumlichkeiten parallel verfolgt:

a) Durch zusätzliche Räume sollte der Überbelegung in der TAF Kettig entgegen-gewirkt werden.

b) Durch ein alternatives Raumkonzept sollte ein besonderes Angebot für unsere Nutzer geschaffen werden, das sich hinsichtlich der Raumausstattung und der Nutzung vom übrigen Angebot der Tagesförderstätte abhebt.

Die zusätzlichen Möglichkeiten entlasten die einzelnen TAF-Gruppen und die Fachräu-me. Die Workshops finden hier einen gemeinsamen Ausgangs- und Treffpunkt. Ziel ist es, durch ein flexibles Angebot an Raum und Reiz, neue und besondere Wege des Angebots zu beschreiten. Die bisherigen TAF Erfahrungen wurden in diesem neuen Bereich berücksichtigt und umgesetzt. Die Angebote können nach Teilnehmerzahl, Teilnehmerhandicap, -bedürfnissen und -fähigkeiten, Intensität, Dauer und Förderbe-reich problemlos variiert werden. Die Räumlichkeiten stehen den Workshops, den Begleitenden Diensten und den TAF/Wohn - Gruppen zur Verfügung. Es besteht ein fester Dauerbelegungsplan der die konzeptionellen Vorgaben berücksichtigt und darüber hinaus frei vorhandene Nut-zungszeiten anbietet. Raumkonzept Durch ein variables Raumkonzept mit verschiebbaren Trennwänden können hier Räu-me geschlossen oder geöffnet und miteinander verbunden werden, so dass sich die Reizintensität regulieren lässt. Bei der Farbgestaltung wurde Wert auf natürliche Helligkeit gelegt, nur die Wandflä-chen, die dem Einfall von Tageslicht durch große Fenster gegenüber liegen, sind de-zent farblich abgesetzt. Die künstliche Beleuchtung ist in Zusammenarbeit mit der Re-habilitationslehrerin für blinde und sehbehinderte Menschen konzipiert worden. Es wur-den leistungsstarke und blendfreie Leuchten zur optimalen Ausleuchtung der „Arbeits-plätze“ installiert. Folgende Räume stehen für die Tagesförderung zur Verfügung: Kreativ-/Werkraum Der hellste Raum bietet genügend Platz und Möglichkeiten, kreativ und schöpferisch tätig zu werden. Eine höhenverstellbare Hobelbank mit Klemmvorrichtungen erleichtert es körperbehinderten Menschen, ihre Fähigkeiten einzubringen.

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Bewegungsraum Zentrales Element des Raumes sind variable und hoch belastbare Aufhängemöglichkei-ten an der Decke. Hier können verschiedene Schaukeln, Hängematten etc. eingehängt werden. Ergänzt wird die Ausstattung durch eine Sensorische Integrationsrutsche, eine Sprossenwand, eine mobile Spiegelwand und verschiedene Matten. Ein federnder Bo-den minimiert hier die Verletzungsgefahr.

Rollstuhlgerechte Küche Die Arbeitsflächen und das Kochfeld sind unterfahrbar, um Rollstuhlfahrern die aktive Beteiligung an Küchenarbeit zu ermöglichen. Spülmaschine, Backofen und Kühlschrank befinden sich in einer Höhe, die einen komfortablen Zugriff vom Rollstuhl aus ermög-licht. Ein höhenverstellbarer und fahrbarer Arbeitstisch rundet die Ausstattung ab. Durch die verschiebbare Wand kann bei Bedarf das Platzangebot verdoppelt werden.

Zwei Multifunktionsräume Die Räume lassen sich durch die verschiebbaren Trennwände zu einem Raum verbin-den. Der kleinere Raum kann als Erweiterung der Küche dienen oder geschlossen als reiz-armer Raum für Einzelförderung eingesetzt werden. Er ist mit einem höhenverstellbaren und fahrbaren Arbeitstisch ausgestattet. Der größere Raum bietet Möglichkeiten für vielfältige Angebote. Er ist mit einem Sofa und einem verstellbaren und fahrbaren Sessel bestückt. Eine HiFi-Anlage erlaubt es, akustische Reize gezielt als Angebot einzusetzen. Sonstiges Ein Waschbecken befindet sich im Vorraum der rollstuhlgerechten Toilette, damit es auch benutzt werden kann, während die Toilette besetzt ist. Ein mit Regalen ausgestatteter Abstellraum erlaubt es, Materialien und unvollendete Werkstücke zwischen zu lagern. Personelle Ausstattung Das Bedürfnisprofil der Tagesstättennutzer sowie der Anspruch unserer Förderung er-fordern einen hohen Personalschlüssel. Bestenfalls eine eins zu eins Betreuung (thera-peutische Situation bei Begleitenden Diensten), maximal jedoch eine eins zu vier Be-treuung je nach Angebot (s. TAF/Wohngruppen Konzeption) Die Gruppe der in den TAF Räumen zum Einsatz kommenden Mitarbeiter ist multipro-fessionell und setzt sich aus dem bereits bestehenden Mitarbeiterstamm zusammen. Sie besteht aus Fachkräften mit pädagogischen, therapeutischen, pflegerischen und handwerklichen Qualifikationen. Die Berufsgruppen arbeiten gleichberechtigt zusammen und bringen ihre Fachkompe-tenzen konstruktiv in die Gestaltung der Tagesförderstättenarbeit mit ein. Ansprechpartner/Verantwortlichkeit Verantwortlichkeit:

• Die Zusammenarbeit wird von den Bereichsleitern und der Ergotherapeutin organisiert.

• Jeder Mitarbeiter der TAF ist für die Instandhaltung, Ordnung und Sauberkeit mitverantwortlich. Ansprechpartner bei Besonderheiten (wie z.B. Defekt von Geräten und Materialien, Vorschläge für Neuanschaffungen, Verbesserungs-ideen, etc.) ist die Ergotherapeutin im Begleitenden Dienst.

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3.3.1.2 Bewegungsbad Ziel Das Bewegungsbad ist durch seine Wassertemperatur, Ausstattung und Gestaltung besonders auf die Bedürfnisse unserer Nutzer abgestimmt. Es bietet ein vielfältiges Angebot, Erfahrungen im Element Wasser zu machen. Es wird für pädagogische Angebote, therapeutische Zwecke und zur Freizeitgestaltung aufgesucht. Zielgruppe Das Bewegungsbad steht allen zur Verfügung. Es muss immer ein Mitarbeiter mit Erst-helferausbildung anwesend sein. Raum Das Bewegungsbad zeichnet sich durch die höhere Wassertemperatur (34,6°), einen höhenverstellbaren Boden, eine Treppe und einen fest installierten Lifter aus, der den Transfer in und aus dem Wasser erleichtert. Es stehen eine Duschliege, ein Duschstuhl und ein weiterer, fahrbarer Lifter zur Verfügung. Hilfsmittel für verschiedene Wasserak-tivitäten sind vorhanden. Zur Einrichtung des Bewegungsbades gehören getrennte Umkleidekabinen für Damen und Herren, denen jeweils Sanitär– und Duschvorrichtungen angeschlossen sind. Personal Alle Mitarbeiter, die mit den Regeln zur Nutzung des Bewegungsbades vertraut sind. Die Verantwortung für die technische Wartung obliegt der Hausmeisterei.

3.3.1.3 Matschraum Ziel Der Matschraum kann von allen Bewohnern und Werkstattbeschäftigten besucht wer-den. Es werden keine besonderen individuellen Fähig- und Fertigkeiten vorausgesetzt. Der Raum bietet Freiraum für Kreativität, Lebensfreude, Selbst- und Materialerfahrung. Durch die wechselnden Angebote mit verschiedenen Materialien können Sinnes-, ganz-körperliche und taktile Wahrnehmung, sowie Grob- und Feinmotorik gefördert werden. Gruppenübergreifende Angebote bieten Möglichkeiten zur Erweiterung sozialer Kompe-tenzen. Es werden individuelle Freiräume geschaffen. Die Angebote können, müssen aber nicht ziel- und produktorientiert sein. Sie unterliegen keiner Wertung. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Spaß, Freude und selbst bestimmtes Erleben stehen im Vorder-grund. Räumliche Voraussetzungen und Ausstattung: Der Matschraum ist ein komplett gekachelter Raum mit Wasseranschluss und Boden-abfluss. Die abgemauerte Wanne bietet die Möglichkeit, verschiedene Materialien, bei-spielsweise Sand, zur ganzkörperlichen Wahrnehmung einzusetzen. Inventar Zum Inventar gehören:

• Ein höhenverstellbarer und neigbarer Tisch auf Rollen, der auf die individuellen Bedürfnisse des Besuchers angepasst werden kann,

• ein Metallregal, • sechs Plastikwannen mit Deckel (50x58cm), • eine Antirutschfolie,

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• eine Wachstischdecke, • Einmalschürzen, • abwaschbare Kittel, • Türkleiderhaken und • Sandspielzeug.

Materialien Zu den vorrätigen Arbeitsmaterialien gehören:

• Sand, • Fingerfarben, • Gips, • Knete, • Moorbad, • Rasiergel, • Schmierseife, • Zeitungen und • Kleister.

Das Material und das Inventar sind noch erweiterbar. Planung und Organisation: Die Verantwortung und Organisation für die Sauberkeit und Ordnung obliegt jedem be-gleitenden Mitarbeiter. Bei Fragen oder Anregungen gibt es einen Ansprechpartner. Um einen Überblick über die Häufigkeit und Art der Nutzung zu gewährleisten, liegt ein Plan aus.

3.3.1.4 Musikraum Definition Der Musikraum ist ein Raum in dem mit Geräuschen, Klängen und Musik pädagogisch und therapeutisch gearbeitet wird. Ziel Der Raum bietet dem Nutzer vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten von Musik. Die Bandbreite der Angebote geht von einem Musik- und Singkreis bis hin zur musik-therapeutischen Arbeit, in der z.B. Kontaktaufnahme oder Dialog auf nonverbaler Ebene erfolgt. Unter anderem gilt:

• Musik vermittelt Erfolgserlebnisse, z.B. wenn es gelingt ein Geräusch zu erzeu-gen.

• Musik vermittelt Erlebnisse in der Gemeinschaft, das „Zusammen musizieren“, z.B. im Singkreis.

• Das bewusste Erzeugen von Geräuschen kann bis hin zur wechselseitigen Kommunikation wachsen. Ein Dialog kann auch ohne Sprache entstehen.

• Musik berührt den Menschen in seinem Sein. Zum einen kann neues erfahren werden, aber auch Erinnerungen können geweckt werden, z.B. durch Kinderlie-der.

• Jeder kann (unabhängig von seinen Fähigkeiten) teilnehmen und teilhaben.

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Zielgruppe Der Musikraum steht allen Nutzern der Förder- und Wohnstätten zur Verfügung. Er wird im Rahmen der integrierten Tagesförderung aber auch in der Freizeit genutzt. Den Werkstattbeschäftigten steht der Raum im Rahmen ihrer arbeitsbegleitenden Angebote zur Verfügung. Vor dem Hintergrund, dass viele Nutzer blind oder sehbehindert sind, kommt der Wahrnehmung über das Gehör und damit dem Musikraum eine besondere Bedeutung zu. Raum Der Musikraum befindet sich in Haus B, im Bereich der Begleitenden Dienste. Personal Grundsätzlich steht der Raum allen Mitarbeitern zur Verfügung, die mit unseren Nutzern in der gesamten Bandbreite von Musik und Klangerzeugung bis Lautmalerei pädago-gisch arbeiten möchten. Ebenso wird der Raum von einem externen Musiktherapeuten genutzt.

3.3.1.5 Schwarzraum Ziel Der Schwarzraum in der FWS soll die Möglichkeiten geben, den visuellen Wahrneh-mungskanal auch bei bruchstückhaften Voraussetzungen des Einzelnen erfahrbar zu machen und dem Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, aus diesen Erfahrungen sich ein ganzheitliches Weltbild zu schaffen. Dies sollte so geschehen, dass alle anderen Wahrnehmungskanäle durch Nicht-gebrauch in den Hintergrund rücken (z.B. durch Reizarmut) und der visuelle Zugang interessant und begreifbar ist. Es sollen alleine visuelle Anreize geboten werden, die durch die Umgebung des Schwarzraums besonders gut abgehoben werden. Damit könnte die Möglichkeit des Ausbaus des visuellen Kanals für den Betroffenen lohnend sein. Zielgruppe Der Schwarzraum dient allen Personen, deren visuelle Wahrnehmung durch opthalmo-logische oder neurologische Probleme gestört ist und gefördert werden soll. Der Schwarzraum bietet sich für alle Personen an, die eine fehlerhafte Aufnahme, Wei-terleitung oder Verarbeitung von visuellen Reizen im Gehirn haben (im weitesten Sinne: visuelle Wahrnehmungsstörung) oder durch Schädigung an Auge oder Sehnerv einen geringen Sehrest aufweisen. Die Förderung sollte möglichst einzeln erfolgen. Raum Der Schwarzraum ist ein speziell adaptierter Raum, der komplett zu verdunkeln ist, so dass kein Hell-Dunkel-Kontrast wahrzunehmen ist. Die Nutzung ergibt sich bei diesem Raum durch verschiedenartiges Leuchtmaterial (Spiegelkugel, Lightbox, Taschenlampe usw.), welches durch den isolierten Gebrauch besonders hervorgehoben wird. Personal Die Verantwortung für die Beschaffenheit und Wartung des Schwarzraums obliegt der Orthoptistin der Einrichtung. Grundsätzlich ist es gewünscht, dass eingewiesenes Personal zur visuellen Einzelför-derung den Schwarzraum unter Beachtung verschiedener Regeln (Siehe: Regeln zur Nutzung des Schwarzraums) benutzen.

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3.3.1.6 Snoezelenraum Definition Snoezelen (sprich: snuzelen) ist eine Wortschöpfung aus „snuffelen“ (schnüffeln, schnuppern) und „doezelen“ (dösen, schlummern). Es wurde in den Siebziger Jahren in den Niederlanden für Menschen mit schwerster Behinderung entwickelt. Hinter dem Snoezelen steht ein multifunktionales Konzept: In einem besonders ansprechend gestaltetem Raum (vorwiegend weißer Raum) wer-den über Licht-, Klang- und Tonelemente, Aromen und Musik Sinnesempfindungen ausgelöst. Ziel Bei der Nutzung des Snoezelenraumes steht als oberstes Ziel „sich Wohlfühlen“. Der Snoezelenraum soll eine Atmosphäre bieten, die entspannend oder aber auch akti-vierend auf die verschiedenen Wahrnehmungsbereiche einwirkt. Die Nutzer bekommen so das Gefühl „zur Ruhe zu kommen“. Neben der Ruhe und Entspannung findet sich hier ein Ort für therapeutische und pä-dagogische Angebote, mit Zielsetzung in folgenden Bereichen:

• Basale Stimulation • Kinästhetische Stimulation • Körperbewusstsein und Körperwahrnehmung • visuelle-, auditive-, olfaktorische und gustatorische Wahrnehmung • Konzentration und Aufmerksamkeit

Der Fantasie und Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Die gezielt ausgesuchten Angebote steuern und ordnen die Sinnesreize. Sie wecken Interesse sowie Neugier und rufen Erinnerungen hervor. In der ruhigen Atmosphäre können Ängste genommen werden. Zielgruppe Der Snoezelenraum steht allen zur Verfügung. Abhängig von dem Angebot wird der Raum von Kleingruppen als auch zur Einzelförderung aufgesucht. Durch den unter-schiedlichen Einsatz der vorhandenen Medien und Geräte kann der Raum optimal auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt werden. In dieser angeneh-men Atmosphäre kann durch das gemeinsame Erleben die Beziehungsebene vertieft werden. Raum Der Snoezelenraum ist vorwiegend in weiß gehalten. Eingerichtet mit Lichtteppich, Lichtfaserdusche, Spiegelkugel, Flüssigkeitsprojektor und Farbscheibe, können Licht- und Farbspiele entdeckt werden. Viele Sitz- und Liegemög-lichkeiten laden zum Entspannen ein, ebenso ein Wasserklangbett, über welches sich Musik als Vibration fühlen lässt. Über einen Duftverbreiter können ausgesuchte Aromen freigesetzt werden. Drei farbige Wassersäulen vervollständigen die Einrichtung, ebenso wie unterschiedliches Tast- und Sinnesmaterial. Eine Ton-Licht-Wand wandelt Töne und Geräusche in Farbe und Licht um. Zur Verfügung steht Musik aus den verschie-densten Bereichen. Der Snoezelenraum lebt von seinen spezifischen Angeboten. Deshalb kann er im ei-gentlichen Sinne niemals vollständig ausgestattet sein, weil diese Angebote von dem Einsatz unterschiedlichster Materialien abhängig sind. Die Kombination oder der Ein-satz von einzelnen Materialien bestimmen die Qualität und Angemessenheit des Ange-botes im Hinblick auf die Nutzer.

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Personal Um den Snoezelenraum gezielt nutzen zu können, werden die Mitarbeiter in internen Fortbildungen geschult und in die technischen Möglichkeiten eingewiesen. Die Verantwortung für die Beschaffenheit und Wartung des Snoezelenraumes sowie die Einweisungen obliegt einer ausgebildeten Fachkraft und der Snoezelen AG. 3.3.1.7 Turnhalle Definition Die Turnhalle ist als Bewegungs- und Erlebnisraum zu sehen, der kreativ und individuell motorisch genutzt werden kann. Ziel Der Raum soll Möglichkeiten geben, dem Nutzer ein vielfältiges Angebot zur Bewe-gungserfahrung einzeln oder in der Gruppe nahe zu bringen, z.B.:

• Erhalt und Aufbau von motorischen Fähigkeiten • Motorisches Experimentieren • Körperwahrnehmung fördern • Körperschema ausbilden • Raumorientierung lernen • Förderung von neuen motorischen Erfahrungen • Freiraum zum Ausleben von Bewegungsbedürfnissen • Spiel und Spaß!

Zielgruppe Alle Bewohner der Einrichtung und alle Beschäftigten der Werkstatt.

Raum Der Boden der Turnhalle ist federnd und rutschfest belegt. Die Turnhalle ist eingerichtet mit einer Sprossenwand, einer Turnbank, vier Deckenaufhängungen, einer Hängemat-te, einem Weichboden und Turnmatten. Zwei Trampoline, Plattformschaukel, Bälle, Spielfass und Kleinmaterialien befinden sich in den angrenzenden Materialräumen. Neben der Turnhalle befinden sich ein behinder-tengerechter Umkleideraum und Sanitäreinrichtungen. Personal Die Turnhalle steht allen zur Verfügung. Ansprechpartnerin in allen Fragen zur Turnhalle ist die Motopädin der FWS. 3.3.2 Tiergestütztes Arbeiten - ( M.A.E.H) Die FWS – Kettig hat sich mit verschiedenen tiergestützten Angeboten zum Ziel gesetzt Menschen mit Behinderung auf besondere Weise zu fördern und deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu unterstützen. M.A.E.H. Neben der Arbeit mit ausgebildeten Hunden und Reittherapie, werden am Rande der Einrichtung, auf einem ca. 2000 qm großen Gelände, mehrere Tiere (Ziegen, Hühner, Kaninchen) gehalten. Hier wird allen interessierten Bewohnern die Möglichkeit gegeben den persönlichen Kontakt mit Tieren verschiedener Art und Rasse zu suchen. Dies ist ein wichtiger Bau-stein im Erreichen / Erhalten der Lebensqualität. Bewohner, die in angespannten Grup-pensituationen mit Fluchttendenzen reagieren, können hier einen Rückzugsort finden.

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Dieser kann zusätzlich Sicherheit und Halt bieten, wenn der Mensch mit Behinderung ggf. mit Tieren aufgewachsen ist und hier Kindheitserinnerungen wach gerufen werden. Unter Anleitung, je nach individueller Fähigkeit der Bewohner eventuell auch selbstver-antwortlich, ist ein barrierefreier Zugang zu den Tieren möglich. Die Pflege der Tiere, die Futterbeschaffung und die Fütterung, die Reinigung und Instandhaltung der Ställe und des Geländes sind für Menschen mit Behinderung eine wichtige Aufgabe. Täglich zu erledigende Pflichten unterstützen die Struktur im Tagesablauf und bieten die Mög-lichkeit Verantwortung zu erlernen. Ohne jeden Zweifel ist eine solche Erfahrung von Zuneigung, Nähe und Zärtlichkeit auch für Erwachsene mit einer geistigen Behinderung von hohem Wert. Tiere haben oft eine beruhigende Wirkung. In Stresssituationen kön-nen sie einen Ausgleich und eine Ablenkung bieten, um entspannend auf die Bewohner einzuwirken. Es kann somit als Möglichkeit gesehen werden, die angeboten wird um Abstand vom Gruppengeschehen zu nehmen oder mal einen kleinen Ausstieg aus dem Alltag zu erreichen. Und eine kleine Unternehmung kann es für manchen unserer Men-schen mit Behinderung schon bedeuten, wenn rollstuhlgebundene oder blinde Bewoh-ner sich alleine auf den Weg machen um Tiere im Stall, dem Gehege oder der Wiese zu besuchen. Tiergestützte Angebote mit ausgebildeten Therapiebegleithunden Zwischen Mensch und Hund gibt es eine aktive (nichtsprachliche) Kommunikation, die auf einer ganz besonderen Ebene stattfindet. Hunde sind in der Lage, schnell die kör-pereigene Sprache eines Menschen und auch dessen Bedürfnisse zu erfassen und sich daran anzupassen. Die Psychologin der Einrichtung setzt daher bei ihrer Arbeit teilwei-se ihre zu Therapiebegleithunden ausgebildeten Golden Retriever ein. Diese sind einerseits bei therapeutischen Gesprächen anwesend und spenden Nähe, Trost und uneingeschränkte Akzeptanz, kommen aber hauptsächlich gezielt bei schwerstbehinderten Bewohnern zum Einsatz. Diesen verhelfen sie zu einer Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität, verringern Spastiken, können schmerzlin-dernd wirken und lebenswichtige Funktionen, wie die Atmung stärken und Verdauung anregen. Bewohner, die selbst in ihrem Alltag vielfältige Unterstützung benötigen, aber z.B. imstande sind, einen Hund zu bürsten und zu streicheln, erleben auf diese Weise selbst einmal, dass sie einem anderen Lebewesen Fürsorge schenken können. Zusammenfassend sehen wir mit der tiergestützten Arbeit in der FWS folgende Mög-lichkeiten für unsere Nutzer:

• Kontakt zu einem Lebewesen und somit Steigerung sozialen Erlebens • Aufbau und Erhalt von Verantwortungsgefühl • Erlernen und Steigern von Mitgefühl (mit anderen Lebewesen) • Aufbau emotionaler Kompetenz • Kontaktknüpfung zu anderen Menschen über die Beschäftigung mit dem Tier

(vermehrte Sozialkontakte) • Das Tier als Motivationshilfe • Erreichen einfacher Bildungsziele • Förderung der Selbstständigkeit • Aufbau des Selbstbewusstseins • Förderung motorischer Fähigkeiten • Angst- und Stressabbau • Regelbewusstsein • Steigerung der Kommunikationsfähigkeit

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• Steigerung der Konzentrationsfähigkeit • Ausgeglichenheit steigern • Spaß und Freude erleben • Geringere Aggressionsbereitschaft • Eigen- und Fremdakzeptanz • Eigene Möglichkeiten einschätzen und Grenzen lernen • Transfer erlernter Fähigkeiten auf andere Lebensbereiche • Naturerlebnis • Wahrnehmungsförderung aller Bereiche

Mehrere Mitarbeiter der FWS haben sich für diese Tätigkeiten durch Fort – und Weiter-bildungen qualifiziert. Tiergestützte Arbeit findet in der FWS in Absprache mit den zuständigen Behörden, Tierschutzorganisationen und in Einhaltung bestehender Vorschriften und anerkannter Standards artgerechter Haltung statt. (Eine ausführliche Beschreibung erhalten Sie gerne auf Nachfrage.)

3.3.3 Workshops Zielsetzung Die Workshops arbeiten gruppenübergreifend für alle Bewohner, die die Tagesförder-stätte besuchen und in der am Arbeitsleben orientierten WfbM* überfordert sind. Auf Vorschlag der Gruppen und der Workshopmitarbeiter bildet sich der Kreis der Work-shopteilnehmer. Voraussetzung für die Teilnahme an den Workshops sind individuelle Fertigkeiten und Fähigkeiten der Bewohner, die eine Beteiligung an diesem besonderen Angebot sinnvoll werden lassen. Ihnen wird hier eine geplante überschaubare Beschäftigung geboten, die auch ihren persönlichen Interessen entsprechen soll. Zum Teil werden in den Workshops auch Produkte hergestellt, so werden im Natur-workshop Blumen gepflanzt, im Kreativworkshop werden Produkte gestaltet und bear-beitet. Im Gegensatz dazu steht in der Erlebnispädagogik mehr das aktive Erleben im Vordergrund, die Umwelt wird als Lebens- und Erfahrungsraum genutzt, die Lebenswelt erweitert. Sportliche Aktivitäten im weitesten Sinn werden im Bewegungsworkshop an-geboten. Neben der Körpererfahrung, dem Erproben und Spaß haben an neuen Erfah-rungen im physischen Bereich kommt auch hier wie bei allen Workshops das Erleben von Gemeinschaft und Gruppenerfahrung nicht zu kurz. Die Workshops finden in der Regel zweimal in der Woche für jeweils zwei Stunden statt. Diese „Teilzeittätigkeit“ wird der begrenzten Belastbarkeit der Bewohner gerecht. Ziel für Einzelne kann es durchaus sein, dass durch eine gezielte Förderung und daraus folgende Weiterentwicklung langfristig eine Werkstattbeschäftigung erreicht werden kann. Planung und Organisation Die Verantwortung und Organisation der Workshops obliegt den Mitgliedern des TAF-Workshop-Teams. Die Planung der Workshopgruppen geschieht über Quartalspläne. Die Umsetzung die-ser Pläne wird im jeweiligen Workshopteam regelmäßig reflektiert. Übergreifende Angebote ergänzen oft die Möglichkeiten der einzelnen Workshops. Es findet jährlich eine Einrichtungsweite „TAF-Projektwoche“ statt.

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Räumliche Voraussetzungen In den Workshops ist ein Eingehen auf persönliche Eigenschaften und Vorlieben mög-lich. Um Störfaktoren auszuschalten finden die Workshops in einer geschützten Atmo-sphäre statt. Ziel ist es, den verschiedenen Workshops eigene dafür eingerichtete und geeignete Räume in der Einrichtung zur Verfügung zu stellen, unter anderem auch zeitweilig Räume der WfbM. Erlebnispädagogik bedingt schwerpunktmäßig Angebote außerhalb der Einrichtung. Für Bewegungsangebote stehen verschiedenste Räumlich-keiten, unter anderem ein Bewegungsbad und eine Turnhalle zur Verfügung. Personalausstattung Die Betreuung der Teilnehmer im Workshop wird in der Regel vom Gruppenpersonal geleistet. Dabei begleiten jeweils ein bis zwei Mitarbeiter bis zu sechs Bewohner. Es erscheint wegen der nötigen Kontinuität in der Workshoparbeit sinnvoll, dass zumindest einer von zwei Mitarbeitern den Workshop regelmäßig begleitet. Der Bewegungsworkshop Durch die verschiedenen Bewegungsangebote sollen nicht nur Körper- und Sozialerfah-rungen vermittelt werden, sondern sie vereinen Elemente der vestibulären Stimulation zur Förderung des Gleichgewichtssinns mit einer Schulung der taktilen Wahrnehmung. Außerdem dienen sie durch Mobilisation zur Vorbeugung und Verbesserung vor/von Kontrakturen*, Thrombosen* und Dekubitus*. Wesentlich lassen sich auch durch den entspannenden Effekt Spastiken reduzieren. Die Angebote dienen zum Abbau von überschüssigen Energien und sollen dem Bewohner ein Gefühl für seinen Körper ver-mitteln. Die Bewegung sollte dem Bewohner mit viel Spaß und guter Laune angeboten werden, denn dies führt mit Sicherheit zu einer gesteigerten Motivation.

• Bewegungsangebote in der einrichtungsinternen Turnhalle und dem Bewe-gungsbad,

• Schwimmen (Freibad, Hallenbad), • Angebote in Indoorspielhallen und auf Wasserspielplätzen, • Ballspiele jeglicher Art, Rollbretter, Übungen auf dem Boden, Angebote mit dem

Schwungtuch, • Wanderungen, • Angebote auf dem Trampolin; Fahrrad, Kettcar, Tandem, Rollfiets fahren auf

dem Gelände, • Spiele mit elastischen Bändern, Übungen der Handmotorik, uvm.

Der Erlebnispädagogikworkshop Ziel: Erschließen von anderen Erlebnisbereichen außerhalb des Alltags, Aktives Sein/Aktives Erleben; Erfahrung mit in den Alltag hineinnehmen. Ganzheitlicher Ansatz zur Umwelt-/Naturerfahrung; Erweiterung des Weltbildes. Eigene Fähigkeiten in anderer Umgebung festigen und weiterentwickeln, neue Fertig-keiten entdecken und erproben; sich selbst und seine Fähigkeiten in anderer Umwelt wahrnehmen, Lust am Abenteuer erfühlen; eigene Grenzen erfahren. Mit der Gruppe unterwegs sein.

• Wald: Bewegung in anderer, naturnaher Umgebung, Wege zurücklegen, Ziele erreichen, Picknick, neue Gerüche, Geräusche erleben, Jahreszeiten spüren,

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Wind und Wetter erleben, Materialien sammeln, Steigungen und Gefälle erfah-ren, andere Untergründe erleben, Bäume und Pflanzen ertasten, Tiere sehen und hören, Bollerwagen statt Rollstuhl fahren.

• Bach: Atmosphäre erspüren, typische Geräusche, Temperaturunterschiede am

Wasser, Wasser spüren, Steine werfen, Staudamm bauen, Tiere suchen.

• Feuer: gesammeltes Holz aus dem Wald verwenden, Geräusche, Gerüche, Wärme, Entstehen und Verglühen beobachten (Strohfeuer/Holzfeuer, ...), Dis-tanz und Nähe zum Feuer, Geselligkeit/Gemütlichkeit, "Magie des Feuers", Seh-reststimulation, Nahrungsmittel naturnah zubereiten (Kartoffeln, Fleisch, ...).

• See: siehe Bach plus Baden, Boot fahren, auf der Erde liegen, Sonne und Wind

spüren.

• Freizeitpark: Fliehkraft, vestibuläre Stimulation, Geschwindigkeit erfahren, Lärm und Trubel erleben, gemeinsam typische Speisen essen (Pommes, Zuckerwatte, kandierte Äpfel, gebrannte Mandeln, ...), in der Gruppe Spaß haben.

• Schlittenfahren: vestibuläre Stimulation, Geschwindigkeit erspüren, Witterung

zweckgebunden spezifisch nutzen, Spaß in der Gruppe, unmittelbarer Kontakt mit Schnee.

Der Kreativworkshop Eigenen Ideen und den Phantasien freien Lauf lassen. Erfahrungen mit den verschie-denen Materialien machen. Dazu gehören taktile Erfahrungen, Selbsterfahrung, Grob- und Feinmotorik fördern, Erfolgserlebnis, Kreativität fördern, Spaß haben und Entschei-dungen treffen, z.B. Farben auswählen. In dem Workshop kann auf Ausstellungen, um die Produkte öffentlich zu machen, hin-gearbeitet werden. Eine Möglichkeit ist die Präsentation und möglicherweise der Ver-kauf von selbst entworfenen Produkten auf dem Herbst- und Handwerkermarkt, Som-merfesten, Weihnachtsmärkten und anderen öffentlichen Veranstaltungen unter Beteili-gung der Workshop-Teilnehmer. Gestaltungsmöglichkeiten im räumlichen Bereich der Einrichtung werden gesucht und aufgegriffen, dauerhafte Gestaltungsmöglichkeiten als bleibende Werte sind ein lohnendes Betätigungsfeld. Damit die Bewohner die Teilschritte erleben können, z.B. ein Stück Ton wird zu einer Vase gestaltet, sollte ein Angebot über mehrere Monate stattfinden. Ein Teilbereich ist das freie Arbeiten mit den Materialien, bei denen nicht endprodukt-orientiert gearbeitet wird, sondern Spaß und Freude über Materialerfahrung im Vordergrund steht. Durch die Arbeit in der Gruppe wird die Gemeinschaft gestärkt.

Mögliche Arbeitsmaterialien und Techniken sind: • Ton • Gips • Maltechniken • Salzteig/Knete • Batiken • Seidenmalerei • Heuarbeiten • Holzarbeiten

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• Pappmache • Weben • Kartengestaltung • Prickeln/ Schneiden • Window Colours • Serviettentechnik • Naturmaterialien • Kerzengießen.

Der Naturworkshop Das Projekt soll die Wahrnehmung der Sinne in der vielfältigen „Lebendigkeit“ der Natur bewusst machen und fördern. Intendiert ist die direkte und ganz konkrete Erfahrung im „natürlichen Kreislauf“ mit Ent-stehung und Wachstum, Reife und Vergehen. Die Umwelt soll plastisch wahrgenommen und verstärkt werden. Vielschichtige Angebo-te - Riechen, Hören, Sehen, Tasten, Schmecken – werden den Möglichkeiten der Teil-nehmer entsprechend dargeboten. Eigene Handlung steht im Vordergrund. Sozialkomponente ist die Stärkung des Verantwortungsbewusstseins und die der Le-bensfreude.

• Anziehen von Zierpflanzen fürs Außengelände und eventuell Verkauf. • Außengelände verschönern, Dekoration Herbst- und Handwerkermarkt:

dazu Blumensamen aussäen. • Am Hochbeet oder im Gewächshaus arbeiten: eigene Kräuter züchten, Tomaten,

Zucchini und anderes, Tee herstellen zum eigenen Gebrauch: Brennnessel, Pfefferminze, Zitronenme-lisse, Hagebutte, Salbei, Brombeerblätter.

• Brot backen: - Getreide kennen lernen - Mühle besichtigen - Bäckerei besichtigen - Getreide kaufen, Sauerteig beim Bäcker besorgen, eigenes Brot backen.

• Winterfutter für die Vögel selbst herstellen und verteilen. • „Erntefest“: z.B. mit geernteten Tomaten/Zucchini (Kräuter) gemeinsam Kochen. • Ausflüge: z.B. Schmetterlingsgarten (Bendorf), Zoo (Neuwied), Bauernhof, Gärt-

nerei in Maria Laach besuchen.

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Zeitmodell Tagesförderstätte* in der FWS

* Belastungs- und Ruhephasen werden nach individuellen Voraussetzungen und nach Tagesform gestaltet. Eine „Durchlässigkeit“ der Angebote TAF, Workshop, WfbM und Wohnen ist ausdrück-lich gewünscht.

Zeit

9.00 Uhr

Frühstückszeit/ Vorbereitungszeit

9.30 Uhr - 11.30 Uhr

„TAF“ – Kernzeit Mittagessen

12.00 Uhr

„Individuelle Mittagszeit“

Übergabezeit, Teamzeit (13.30 – 15.00 Uhr), Vorberei-tungszeit

15.00 Uhr – 17.00 Uhr

„TAF“ - Kernzeit (Freitag: TAF-Ende 15.00 Uhr)

Workshop Vormittag Workshop Nachmittag

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3.3.4 Werkstatt für behinderte Menschen Neben der Tagesförderung ist die Werkstatt für behinderte Menschen die zweite Säule der tagesstrukturierenden Maßnahmen. Das Konzept hierzu finden Sie unter dem Glie-derungspunkt 9.4.

3.4 Klientenorientierung

3.4.1 Bewohnerbeirat Zielsetzung/ Einleitung Spätestens mit dem Inkrafttreten des neuen Sozialgesetzbuches IX im Juli 2001 ist das politische Leitmotiv in der Bundesrepublik deutlich formuliert: Stärkung der Teilhabe-möglichkeiten und mehr Selbstbestimmung für behinderte Menschen. Sie sollen ihre eigenen Belange so weit wie möglich selbst und eigenverantwortlich bestimmen kön-nen. Somit ist an die Stelle der Fürsorge die Idee der Teilhabe getreten. Diesem neuen Leitmotiv wird auch im Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (kurz: LWTG) seit Beginn 2010 und im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (kurz: WBVG) seit Oktober 2009 Rechnung getragen. Danach muss in jeder Wohnstätte von den Bewohnern ein Bewohnerbeirat gewählt werden, durch den diese bei den Angelegenheiten des Wohnstättenbetriebs mitwirken können. Die Idee der Teilhabe setzt in der Realisierung auf das Verständnis vieler. Menschen müssen die neuen Gesetzestexte mit Leben füllen. So ist es auch das erklärte Ziel der FWS, die hier lebenden erwachsenen behinderten Menschen so weit wie möglich bei der Mitgestaltung des Alltages in unserer Einrichtung zu unterstützen, um ihre Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zu wahren und zu fördern. Daher soll die Mitwirkung des Bewohnerbeirates von gegenseitigem Vertrauen und Verständnis zwischen der Bewohnerschaft, Wohnstättenleitung und Träger bestimmt sein. Nur im offenen, empathischen Dialog kann Teilhabe konstruktiv gelebt werden. Der gewählte Rat ist für die Wohnstätte Kettig und die Außenwohngruppe Neuwied zuständig. Mitwirkung Der Bewohnerbeirat besitzt ein Mitwirkungsrecht. Dies bedeutet, dass der Bewohner-beirat vor einer Entscheidung des Trägers über eine den Wohnbetrieb betreffende Maß-nahme rechtzeitig und umfassend informiert und nach Möglichkeit auch fachlich beraten wird. Nur so kann das Mitwirkungsrecht sinnvoll ausgeübt werden. Zur Erfüllung seiner Aufgaben als gewähltes Gremium, das alle Bewohner vertritt, wird der Bewohnerbeirat durch eine Vertrauensperson seiner Wahl unterstützt. Der Bewohnerbeirat wirkt in Angelegenheiten des Wohnbetriebs wie Unterkunft, Be-treuung, Aufenthaltsbedingungen, Hausordnung, Verpflegung und Freizeitgestaltung mit. Weiter bezieht sich die Mitwirkung auch auf die Sicherung einer angemessenen Qualität der Betreuung und auf die Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinba-rungen. Näheres regelt § 9 des LWTG und die §§ 24 – 26 der Durchführungsverordnung zum LWTG (LWTGDVO). Mitwirkung bedeutet auch, dass Anregungen und Bedenken des Bewohnerbeirates vom Einrichtungsträger in seine Überlegungen und Entscheidungen mit einbezogen werden. Die letzte Entscheidung und damit die Verantwortung liegt allerdings allein beim Träger.

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Organisation Zur Begleitung des Beirates wird die Wahl des Rates, die Organisation von regelmäßi-gen Sitzungen, Sprechstunden und der jährlichen Bewohnerversammlung mit Bericht des Rates von der Wohnstättenleitung unterstützt. Der Bewohnerbeirat sucht sich eine Vertrauensperson zur Mithilfe bei organisatori-schen Aufgaben und Beratung und Begleitung inhaltlicher Fragen. Wohnstättenleitung und Beirat können zu Sitzungen einladen. Räumliche und sachliche Vorraussetzungen Dem Bewohnerbeirat stehen nach Absprache Räume (z.B. Konferenzraum, Cafeteria), Medien und Arbeitsmittel der FWS zur Verfügung. Die Kosten für notwendige Materialien, Fortbildungen und externe Beratungen werden im Rahmen der Aufgaben der Bewohnervertretung von der Einrichtung übernommen. Ausblick Die Förder- und Wohnstätten wünschen sich eine arbeitsfähige und aktive Bewohner-vertretung zum Zwecke der Verwirklichung der Mitwirkungs- und Mitgestaltungsrechte der Menschen mit Behinderung. Wir sehen es als unser Ziel, Nutzer der Einrichtung in ihrem Selbstbestimmungsrecht zu stärken und ihnen die Erfüllung übergreifender Auf-gaben, wie die einer Interessenvertretung, zu ermöglichen.

3.4.2 Werkstattrat Einleitung / Zielsetzung Spätestens mit dem Inkrafttreten des neuen Sozialgesetzbuches IX im Juli 2001 ist das politische Leitmotiv in der Bundesrepublik Deutschland deutlich formuliert: Stärkung der Teilhabemöglichkeiten und mehr Selbstbestimmung für behinderte Menschen. Sie sol-len ihre eigenen Belange so weit wie möglich selbst und eigenverantwortlich bestimmen können. Somit ist an die Stelle der Fürsorge die Idee der Teilhabe getreten. Diesem neuen Leitmotiv wird auch in der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung, gültig ab 01.01.2002 und auf Grundlage des § 144 Abs. 2 SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung erlas-sen, Rechnung getragen. Das Gesetz enthält verbindliche Aussagen über die Mitwirkung von Beschäftigten in den Werkstätten für behinderte Menschen. Demnach wird in allen Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) von den Beschäf-tigten in freier und geheimer Wahl ein Werkstattrat gewählt, durch den diese bei den Angelegenheiten der Werkstätten mitwirken können. Die Idee der Teilhabe setzt in der Realisierung auf das Verständnis vieler. Menschen müssen die neuen Gesetzestexte mit Leben füllen. So ist es auch das erklärte Ziel der FWS, die hier beschäftigten erwachsenen behinder-ten Menschen so weit wie möglich bei der Mitgestaltung des Alltages in unserer Werk-statt zu unterstützen, um ihre Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwor-tung zu wahren und zu fördern. Daher soll die Mitwirkung des Werkstattrates von gegenseitigem Vertrauen und Ver-ständnis zwischen den Beschäftigten, der Werkstattleitung und dem Träger bestimmt sein. Nur im offenen, empathischen Dialog kann Teilhabe konstruktiv gelebt werden.

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Aufgaben und Mitwirkung des Werkstattrates Zu den allgemeinen Aufgaben des Werkstattrates gehört unter anderem, „darüber zu wachen, dass die zugunsten der Werkstattbeschäftigten geltenden Gesetze, Verord-nungen, Unfallverhütungsvorschriften und mit der Werkstatt getroffene Vereinbarungen durchgeführt werden“ (§ 4 Abs. 1 WMVO). Der Rat nimmt Anregungen und Beschwerden von Werkstattbeschäftigten entgegen und wirkt durch Verhandlungen auf eine Erledigung hin. Weiter besitzt der Werkstattrat ein Mitwirkungsrecht, unter anderem bei Fragen der Ordnung im Arbeitsbereich, bei Regelungen bezüglich der Arbeits-, Pausen- und Schließungszeiten, bei der Gestaltung der Arbeitsentgelte, Fragen der Fort- und Wei-terbildung der Beschäftigten, Fragen der Verpflegung, bei grundlegenden Änderungen der Werkstattorganisation sowie bei der Gestaltung sozialer Aktivitäten für die Werk-stattbeschäftigten (§ 5 Abs. 1 WMVO). Um seine Aufgaben und Mitwirkungsrechte wahrnehmen zu können, wird der Werkstatt-rat in den betreffenden Angelegenheiten von Seiten der Werkstattleitung rechtzeitig, umfassend und in angemessener Weise unterrichtet und vor der Durchführung einer Maßnahme angehört. Ziel sind immer einvernehmliche Entscheidungen. Mitwirkung bedeutet auch, dass Anregungen und Bedenken des Werkstattrates vom Träger in seine Überlegungen und Entscheidungen mit einbezogen werden. Rat, Lei-tung und Träger arbeiten im Interesse der Beschäftigten vertrauensvoll zusammen (§ 8 WMVO). Die letzte Entscheidung und damit die Verantwortung liegt allerdings allein beim Träger. Der Werkstattrat ist Mitglied in der LAG der Werkstatträte in Rheinland-Pfalz. Organisation Die WfbM stellt auf Wunsch dem Werkstattrat eine Vertrauensperson eigener Wahl zur Verfügung, die den Rat in allen Angelegenheiten (z.B. Organisation regelmäßiger Sit-zungen, Sprechstunden, der Gestaltung sozialer Aktivitäten, Organisation und Durch-führung von Versammlungen der Werkstattbeschäftigten) unterstützt. Die Vertrauens-person nimmt ihre Aufgabe unabhängig von Weisungen der Werkstatt für behinderte Menschen wahr (§ 39 Abs. 3 WMVO). Bei Neuwahlen (alle 4 Jahre) wird dem Wahlvorstand zur Organisation und Durchfüh-rung der Wahl ebenfalls eine Vertrauensperson zur Verfügung gestellt. Räumliche und sachliche Vorraussetzungen Dem Werkstattrat ist eine Büronutzung mit den üblichen Arbeitsmitteln eingeräumt. Für die Zukunft soll dem Werkstattrat ermöglicht werden, mit Braillezeile und Punktschrift-drucker zu arbeiten. Weiter kann der Rat an einem Schwarzen Brett Informationen veröffentlichen. Es können nach Absprache andere Räume (z.B. Konferenzraum, Ruheraum der Werk-statt, Cafeteria) und Medien der FWS genutzt werden. Die Kosten für notwendige Materialien, Fortbildungen und externe Beratungen werden im Rahmen der Aufgaben des Rates von der Einrichtung übernommen.

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3.4.3 Bewohnerfürsprecher Einleitung Immer dann, wenn in Einrichtungen kein Bewohnerbeirat gewählt werden kann, wird ein Bewohnerfürsprecher eingesetzt. Die Beratungs- und Prüfbehörde (ehemals: Heimauf-sicht) ernennt im Einvernehmen mit der Einrichtung eine geeignete Person für einen Zeitraum von zwei Jahren. Das Nähere regeln die Mitwirkungsverordnung und das LWTG. Durchführung Der Bewohnerfürsprecher besucht "seine" Einrichtung regelmäßig. Er ist für Bewohner und Angehörige ansprechbar. Im Kontakt mit den Beschäftigten der Wohnstätten nimmt er Einfluss auf die Qualität der Betreuung. Dabei ist er allerdings nicht als Vertreter die-ser Einrichtungen oder als Aufsicht tätig. Vielmehr ist er - wie vom Gesetzgeber festge-legt - Interessenvertreter der Bewohner und Bewohner. Die FWS unterstützt den Bewohnerfürsprecher für den Einrichtungsteil Leutesdorf zur Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte durch einen offenen freundlichen Kontakt und größtmögliche Transparenz des Alltags sowie Information und Einbezug in Planung und Gestaltung wichtiger Abläufe. Der Bewohnerfürsprecher hat bei allen wichtigen Angelegenheiten des Wohnstättenbe-triebes wie Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Hausordnung, Verpflegung, Freizeitgestaltung und bei Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinba-rungen Mitspracherechte, die durch das LWTG und die Mitwirkungsverordnung noch erweitert worden sind.

3.5 Elternarbeit Fördern durch Fordern und Unterstützung bilden die zentralen Ziele in der päda-gogischen und pflegerischen Betreuung der erwachsenen Menschen mit Behin-derung. Unsere Intention ist die Ausschöpfung vorhandener Entwicklungsspiel-räume, die der Verbesserung der individuellen Lebensqualität der einzelnen Be-wohner dienen. Intensität und Erfolg der angestrebten Ziele setzen die enge Zusammenarbeit zwischen Bewohner, Mitarbeiter und Eltern/Betreuer voraus. Prämisse ist, nicht das sporadische Gespräch zu suchen, sondern soweit es den ein-zelnen Beteiligten möglich ist, immer für Gespräche offen zu sein und regelmäßig in einem beratenden, partnerschaftlichen Miteinander zu bleiben. Es gilt Vertrauen zu schaffen und Verlust - und Trennungsängste bei Eltern/Betreuer und Bewohner abzubauen. Unter dieser Voraussetzung können Eltern/Betreuer zur Qualität der Betreuungsarbeit beitragen, zugleich aber auch Einschätzungen vornehmen und letztlich als eigentliche „Auftraggeber“ Anregung geben und Einfluss auf die oben genannten Zielsetzungen haben. Leitlinien für Elternarbeit Rahmenbedingungen Zeit für Gespräche mit Eltern und gesetzlichen Betreuer soll soweit als möglich in den Arbeitsalltag eingeplant werden. Dazu zählen nicht nur die langfristigen Gesprächster-mine, sondern auch spontaner Austausch bei jeder Art von Begegnung zwischen El-tern/gesetzlichem Betreuern und Mitarbeiter. Inhalte und Ziele der auch vorgeplanten beabsichtigten Gespräche sind festgelegt.

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Bei Gesprächen sollen Störfaktoren, z.B. das Telefon, vermieden werden. Ein herge-richteter Raum trägt zur angenehmen Gesprächsatmosphäre bei. Das Anbieten von passenden Getränken ist selbstverständlich. Wertschätzung Gegenseitige Wertschätzung auch bei möglicherweise unterschiedlichen Meinungen und Ansichten ist die Voraussetzung für konstruktive Gespräche zu Gunsten der Le-bensbedingungen der Bewohner. Ehrlichkeit, Offenheit und Freundlichkeit Der Umgang miteinander wird von Freundlichkeit, Offenheit und Ehrlichkeit geprägt. Akzeptanz Unterschiedliche kulturelle, weltanschauliche und religiöse Einstellungen bilden keine Barrieren für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Eltern, gesetzlichen Be-treuern und Mitarbeitern. Vertrauen Vertrauen ist die Voraussetzung für eine gute Kooperation zwischen Mitarbeiter, Eltern und gesetzlichem Betreuer. Bereits beim Einzug in die Förder- und Wohnstätten wird ein großes Maß an Vertrauen von Eltern und gesetzlichen Betreuern der Einrichtung entgegengebracht. Dieses Vertrauen muss bestätigt und gepflegt werden. Transparenz Eltern, gesetzliche Betreuer erhalten alle Informationen, die ihre „Zu-Betreuenden“ be-treffen. Dazu gehören Berichte über die inhaltliche Arbeit in den Förder- und Wohnstät-ten. Regelmäßige Gespräche tragen zur Transparenz der Dienstleistung bei. Schweigepflicht Mitarbeiter müssen sensibel mit vertraulichen Informationen umgehen. Der Wunsch nach vertraulicher Behandlung der Mitteilungen ist zu respektieren. Grundsätzlich, wie im Arbeitsvertrag unterzeichnet, besteht die Schweigepflicht gegen-über Dritten. Informationsaustausch Eltern und gesetzliche Betreuer haben das Recht auf umfassende Information über ihr „Kind“, den „Zu-Betreuenden“. Dieses Informationsrecht besteht gegenüber den zu-ständigen Mitarbeitern. Bei Entscheidungen, welche die Mitsprache und das Einver-ständnis der gesetzlichen Betreuer erfordern, z.B. Vermögen, Gesundheit und Aufent-halt, sind Eltern und gesetzliche Betreuer frühzeitig zu informieren und deren Einver-ständnis einzuholen. Mitarbeiter sind verpflichtet, umfassend über die Bewohner und deren Leben in der Gruppe (auch TAF und WfbM) zu informieren. Grundlage der Information ist die Doku-mentation. Absprachen Gegenseitige Absprachen müssen von beiden Seiten eingehalten werden. Gleichzeitig sind Mitarbeiter, Eltern und gesetzliche Betreuer verpflichtet, neue Absprachen zu tref-fen oder Inhalte zu korrigieren, wenn der Handlungsbedarf dies erfordert.

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Kompromissbereitschaft Wenn unterschiedliche Meinungen bestehen bleiben, ist eine Lösung anzustreben, mit der beide Seiten, sowohl Eltern und gesetzliche Betreuer als auch Mitarbeiter zuguns-ten der Bewohner einverstanden sind. Wertmaßstab ist das Wohlergehen der Bewohner. Im Falle einer fehlenden Einigung ist die Bereichsleitung bzw. Wohnstättenleitung mit einzubeziehen. Kritikfähigkeit und Kritikbereitschaft Die Mitarbeiter sollen entgegengebrachte Kritik ernst nehmen und wenn möglich direkt bearbeiten. Die zuständigen Mitarbeiter sind zu informieren und das Beschwerdemana-gement mit ein zu beziehen. Falls nötig, werden die kritisierten Punkte im Teamge-spräch behandelt. Je nach Inhalt der Kritikpunkte erfolgt die Bearbeitung gemeinsam mit Bereichsleitung, Wohnstättenleitung und Geschäftsführung. Die Eltern, gesetzlichen Betreuer müssen erfahren, was aus ihren Anregungen gewor-den ist bzw. ob die Umsetzung erfolgte. Wichtig für die Zusammenarbeit mit den Eltern, gesetzlichen Betreuern ist, diese in ihrer Kritikfähigkeit zu unterstützen. Dies gehört zu dem nötigen Austausch zwischen Eltern, gesetzlichen Betreuern und Mitarbeitern. Offenheit im Umgang mit Kritik hilft größeren Konflikten vorzubeugen, die auch ihre Ursachen in Missverständnissen haben können. Fachliche Beratung und Unterstützung Die Möglichkeit der fachlichen Beratung und Unterstützung durch internes und ggf. ex-ternes Fachpersonal ist für die Eltern und gesetzlichen Betreuer offen, wird ihnen er-möglicht und zugänglich gemacht. Formen und Inhalte der Elternarbeit Elternabende Über Elternabende und andere gemeinsame Veranstaltungen mit Eltern, gesetzlichen Betreuern und den Mitarbeitern kann die Zusammenarbeit intensiviert werden. Gemeinsame Veranstaltungen und Aktivitäten können das Kennen lernen und die Bil-dung einer Vertrauensbasis erleichtern und beschleunigen, um dann in die gewünschte regelmäßige Kooperation, die auch für unsere Betreuten eine verlässliche Komponente darstellen sollte, überzugehen. Eltern- und Betreuerkreis In der FWS gibt es einen Eltern- und Betreuerkreis, der sich als „Mitwirkungsorgan“ mehrere Aufgaben zum Ziel gesetzt hat:

• übergeordnete Themen der FWS zu erörtern und mit der Leitungsebene zu bera-ten;

• Interessen und Wünsche von Eltern/gesetzlichen Betreuern erkennen und bün-deln;

• Unterstützung anderer Eltern/gesetzlichen Betreuer. Alle Betreuungsbereiche sind mit einer Person vertreten. Eine aktuelle Liste der Mitglie-der ist in der Verwaltung der FWS erhältlich. Teilnahme an THP-Konferenzen (THP = Individuelle Hilfeplanung) Eltern und gesetzliche Betreuer sind grundsätzlich in die Arbeit mit den Bewohner ein-zubinden. Auch deren Vorstellungen und Wünsche müssen neben dem Willen der Be-wohner berücksichtigt werden. Der individuelle Hilfeplan wird von den Mitarbeitern ge-

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meinsam mit den Eltern und gesetzlichen Betreuern und soweit als möglich, mit den Bewohnern erstellt. Gemeinsame Zielformulierung In der THP-Konferenz werden die Ziele für die Bewohner gemeinsam formuliert und für einen festgelegten Zeitraum verabschiedet. Nötige Korrekturen innerhalb des Zeitrau-mes werden mit den Eltern, gesetzlichen Betreuern und dem Team besprochen. Patenschaftssystem In den Förder - und Wohnstätten besteht das System der Patenschafts-/Bezugsbetreuung. Der Pate ist in besonderem Maße für alle Angelegenheiten (admi-nistrativ und praktisch) die Bewohner betreffend zuständig (siehe Organisationshand-buch unter Patenschaft). Gesundheitsfürsorge Die Arbeit der Förder- und Wohnstätten ist auf den Erhalt und Förderung der körperli-chen Gesundheit ausgelegt, z.B. gehört das Recht auf eine ausgewogene, gesunde Ernährung zum Bereich der Gesundheitsfürsorge. Mitarbeiter übernehmen Aufgaben der Eltern, gesetzlichen Betreuer im Bereich der Ge-sundheit und Gesundheitsvorsorge. In Absprache mit Eltern und gesetzlichen Betreuer wird für jede Bewohnerin individuell die nötige medizinische Betreuung und die Notfall-versorgung gewährleistet. Die Förder- und Wohnstätten arbeiten mit Hausärzten und Fachärzten zusammen. Ver-ordnete Krankengymnastik wird von externen Krankengymnasten übernommen und in der FWS durchgeführt. Die Einrichtung hat sich in Form einer eigenen Gymnastikhalle, eines Schwimmbades und anderer Räumlichkeiten auf diese Situation eingestellt. Dazu gehört auch die gemeinschaftliche Beratung bei der Erstellung und Anpassung von in-dividuellen Hilfsmitteln, z.B. Rollstühlen. Festlichkeiten Eltern und gesetzliche Betreuer werden in die Planung von Festlichkeiten auf allen Ebenen mit einbezogen. Dazu gehören persönliche Feste wie Geburtstage der Bewoh-ner, gemeinsame Feste auf Gruppenebene und Veranstaltungen der Förder- und Wohnstätten, z.B. der Herbstmarkt. Freundliche, wohnliche Atmosphäre bieten In der Wohngruppe wird eine familienähnliche Atmosphäre des Zusammenlebens an-gestrebt. Neben den gemeinschaftlich gestalteten und genutzten Räumen ist jedes ein-zelne Bewohnerzimmer individuell eingerichtet und nach dem persönlichen Geschmack gestaltet. Die Gestaltung erfolgt in Absprache und Zusammenarbeit zwischen dem Pa-ten, dem Bewohner und den Eltern/gesetzlichen Betreuern. Teilhabe am Familienleben Bewohner, die in den Förder- und Wohnstätten leben, werden in der Erhaltung und in der Teilnahme am Familienleben unterstützt. Soweit als möglich sollen die Kontakte außerhalb der Einrichtung, in erster Linie zur Familie, gestützt und weiterentwickelt werden. Grundsätzlich sind Aufenthalte der Bewohnern in der Familie erwünscht. Ande-rerseits ist es möglich, dass der Bewohner in unserer Einrichtung besucht wird, was dem Prinzip der Normalisierung entspricht. Grundsätzlich kann jeder Bewohner in sei-nem Zimmer Besuch empfangen. Es ist jedoch von Vorteil, den Besuch vorher anzu-

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kündigen, damit nicht unerwünschte zeitliche Überschneidungen, z.B. mit Terminen der Bewohner außerhalb und innerhalb der Einrichtung, zustande kommen und eventuell Vorbereitungen durch die Bewohner getroffen werden können (Kuchen backen u. ä.). Bei Besuchen sind die Hausregeln zu beachten! Heimfahrt Termine für Heimfahrten der Bewohner werden frühzeitig mit Eltern und gesetzli-chen Betreuern abgesprochen und terminiert. Absprachen, z.B. hinsichtlich der Beförderung, werden individuell nach den besonderen und unterschiedlichen Bedürfnissen der Bewohner getroffen. In den Gruppen wird dokumentiert, welche Dinge des persönlichen Bedarfs mit auf die Heimfahrt gegeben werden. Ein Elternkontaktheft ist eine weitere Möglichkeit des Aus-tausches von Informationen und der Kontaktpflege. Telefonate Grundsätzlich werden die Bewohner in der Kontaktpflege zu ihren Eltern und gesetzli-chen Betreuern unterstützt. Dazu gehört auch die Kontakterhaltung über regelmäßige Telefonate. Die aufgrund der Handicaps nötigen Hilfestellungen werden von den För-der- und Wohnstätten geleistet. Hausbesuche Hausbesuche dienen in erster Linie in der Phase vor dem Einzug in die Förder- und Wohnstätten dem Kennen lernen der zukünftigen Bewohner in vertrauter Umgebung und dem Sammeln von Informationen. Um ein Einleben in der neuen Umgebung zu er-leichtern, können so persönliche Gewohnheiten vor dem Einzug erkannt und berück-sichtigt werden. Grundlage für Erstgespräche ist der Aufnahme-/Anamnesebogen. Spätere Hausbesuche auch mit Bewohnern, Einladungen von Seiten der Eltern und gesetzlichen Betreuer sind willkommen, dienen dem allgemeinen Austausch. Vorhan-dene Kontakte und Beziehungen werden gepflegt und gestärkt. Hilfe anbieten Alle Mitarbeiter der Einrichtung sind offen für Anfragen der Eltern und gesetzlichen Be-treuer wenn es darum geht, Hilfestellungen zu geben und zu ermöglichen. Eltern und gesetzliche Betreuer können Unterstützung auf allen Ebenen der Förder– und Wohnstätten erwarten, z.B. beim Ausfüllen eines Antrages den Bewohner betref-fend, bis hin zu praktischen Tipps im Umgang mit dem Bewohner. Beratung und Fachgespräche Eltern und gesetzliche Betreuer haben das Recht auf Beratung und fachliche Gesprä-che. Diese werden von Mitarbeitern der Gruppen, der Bereichsleitung und der Wohn-stättenleitung sowie Mitarbeitern der Verwaltung und der Werkstatt für behinderte Men-schen nach Absprache geleistet. Weitere interne Möglichkeiten der Beratung finden sich im psychologischen Dienst, dem sozialen Dienst, im Bereich der Motopädie, der Ergotherapie, der Kinästhetik und der Beratung durch eine Fachkraft der Rehabilitation mit dem Schwerpunkt auf Fragen, die Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung betreffen. Ein Orthoptist als spezielle Fachkraft zur Beratung und Förderung bei Sehbehinderung rundet das fachliche Ange-bot ab.

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Die Förder- und Wohnstätten arbeiten auch zusammen mit externen Orthoptisten, Krankengymnasten, Logopäden und Ergotherapeuten und unterstützen nach Wunsch den fachlichen Austausch. Information über externe Möglichkeiten der Beratung, die nicht von der Einrichtung selbst geleistet werden, z.B. Selbsthilfegruppen, können genannt und eventuell vermit-telt werden. Fortbildung für Eltern Eltern und gesetzliche Betreuer der Bewohner sind oft von gleichartigen Frage- und Problemstellungen betroffen. Fragen können hinsichtlich ihrer eigenen Situation (Eltern-rolle u.a.) entstehen, als auch im Hinblick auf Verständnis und Kenntnis von Leben und Handicap der Betreuten. Mitarbeiter können bei Problemen angesprochen werden. Es besteht die Möglichkeit, dass externe Fortbildungsangebote aufgezeigt werden oder eine Teilnahme an Veran-staltungen der internen Fortbildungsreihe sinnvoll ist. Dokumentation Jeden Tag wird über die Bewohner der Förder- und Wohnstätten eine ausführliche Do-kumentation geführt, die jeweils vom Früh-, Spät- und vom Nachtdienst geleistet wird. Wichtiger Bestandteil ist das Notieren und Festhalten von Aktivitäten, Befindlich-keiten, Geschehnissen und Fördereinheiten, den einzelnen Bewohner betreffend. Ebenso wird die Gabe von verordneten Medikamenten und Therapien dokumentiert. Festgehalten werden auch Arztbesuche und die Ergebnisse der Untersuchungen. Kon-takte und Absprachen mit den Eltern und gesetzlichen Betreuern werden ebenfalls schriftlich fixiert. Die Dokumentation ist für gesetzliche Betreuer jederzeit einsehbar. Wir bitten eine Ein-sichtnahme durch Abzeichnen kenntlich zu machen. Verwaltung Die Verwaltungsmitarbeiter der Förder - und Wohnstätten arbeiten zielgerichtet am Auf-trag der Einrichtung mit. Sie sind Ansprechpartner für Eltern, gesetzliche Betreuer und Mitarbeiter. Durch Freundlichkeit, Offenheit und Transparenz in der Tätigkeit unterstüt-zen sie als interner Dienstleister die Aufgaben der Mitarbeiter und die Wünsche und Fragen der Eltern und Betreuer.

3.5.1 Elternkreis Auf Initiative der Einrichtung wurde ein Eltern- und Betreuerkreis gegründet. Die FWS unterstützt folgende Aufgaben und Ziele dieses freiwilligen Gremiums: • die Interessenvertretung der Nutzer und sich für deren Bedürfnisse einsetzen • ein Ansprechpartner für andere Eltern (Betreuer) sein • ein Bindeglied zwischen Eltern, Mitarbeitern, Wohnstättenleitung und Geschäftslei-

tung sein und somit zu einer Verbesserung der Kommunikations- und Informati-onswege beitragen

• Probleme, Unklarheiten, Wünsche und Verbesserungsmöglichkeiten ansprechen und klären helfen

Arbeitsweise

Der Eltern- und Betreuerkreis trifft sich mehrmals jährlich in den Räumen der FWS. Solange nichts anderes vereinbart wird, nimmt entweder der Geschäftsführer, der Werkstattleiter oder einer der beiden Wohnstättenleiter an den Sitzungen teil.

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Der Informationsaustausch mit bestimmten Abteilungen oder Fachkräften der FWS wird unterstützt. Der Kreis heißt Gäste, wie z. B. andere Eltern, Betreuer oder Mitarbeiter, jederzeit will-kommen. Nach Möglichkeit soll aus jeder Wohngruppe ein Elternteil (Betreuer) im Eltern- und Be-treuerkreis vertreten sein. Der Eltern- und Betreuerkreis wurde am 12.03.2004 in der FWS Kettig gegründet.

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4 Kommunikation innerhalb der Einrichtung

Die FWS ist eine sog. „soziale Organisation“, in deren Zentrum – im Gegensatz zu „produzierenden Organisationen“ - die soziale Interaktion steht. Wesensmerkmal einer sich normal ereignenden Interaktion ist der Austausch übereinkunftlicher Symbole. Die-ser Austausch findet gemeinhin in der Form verbaler Kommunikation (=sprechen) oder auch in schriftlicher Form (Dokumentation der Arbeit; Austausch von Gesprächsproto-kollen) statt. Auch nonverbale Anteile an der Interaktion machen Kommunikation aus.

Kommunikation und Nutzer Die Kommunikation der Mitarbeiter mit den Bewohnern und Beschäftigten ist in den al-lermeisten Fällen auf das Gespräch beschränkt; ein schriftlicher Austausch ist selten, wird aber dort gepflegt wo es möglich ist. Die mündliche Kommunikation funktioniert in der Regel besser, je länger Mitarbeiter und Angebotsnutzer einander kennen. Dies gilt vor allem in Fällen, in denen auch die mündliche Kommunikationsfähigkeit einge-schränkt ist. Dabei kommen auch technische Hilfsmittel im Rahmen der „Unterstützten Kommunikation“ zum Einsatz, um physische Handicaps soweit möglich auszugleichen. Es gehört auch zu den Zielsetzungen innerhalb unserer Dienstleistungen die Interaktion und Kommunikation zwischen den Nutzern anzuregen, um Sozialkontakte anzubahnen, auszubauen und aufrecht zu erhalten. Kommunikation und Mitarbeiter Gewichtet man die Tätigkeiten von Betreuern unter zeitlichem Aspekt, so liegt bei ihnen ein eindeutiger Arbeitsschwerpunkt in verbaler Kommunikation: d.h. Betreuer sind in der Regel den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit in Gesprächssituationen (mit dem Klien-tel, Kollegen oder Außenstehenden). Insofern hat die Kompetenz von Mitarbeitern „kommunikativ“ zu sein (= sich miteinander in geeigneter Weise austauschen zu können – verbal oder nonverbal) als kommunikative Kompetenz eine Schlüsselfunktion.

Das Gespräch im pädagogischen Alltag will eingeübt sein, gleichwohl ob es sich um ein Vier-Augen-Gespräch, ein Tischgespräch, ein offizielles Gruppengespräch oder ein El-terngespräch handelt. Als Trainingsfeld bieten sich die vielfältigen Team- und Mitarbei-tergespräche an. Unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung personaler Fähigkeiten (→Personalentwicklung, a.a.O.) und hier speziell der kommunikativen Kompetenz für die Betreuungsarbeit, werden die institutionsinternen Gespräche und Konferenzen me-thodisch so gestaltet, dass sie neben der jeweiligen Thematik auch der Personalent-wicklung im Hinblick auf die angestrebte Kompetenz zuträglich sind. Gespräche mit den Nutzern unserer Dienstleistungen sowie außen stehenden Ge-sprächspartnern können nur so erfolgreich verlaufen, wie es die Gespräche der ver-antwortlichen Fachkräfte untereinander sind. Entsprechend qualifizierte Mitarbeiter sind in der Lage Gesprächstechniken anzuwen-den, die sie während ihrer Aus- oder Weiterbildung kennen gelernt haben. Geeignetes Gesprächsverhalten ist nicht nur auf der Betreuer-Klienten-Ebene ange-zeigt, sondern gleichermaßen auf der Mitarbeiter-Mitarbeiter-Ebene, denn kommunika-tive Kompetenz als Aspekt personaler Qualifikation wirkt direkt auf die Qualität von Teamarbeit.

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Die Identität eines Teams entwickelt sich durch Handeln. Handlung wird für die Kolle-gen aber oft erst durch subjektive, kommentierende Mitteilung nachvollziehbar. Das gewünschte Miteinander eines Teams kann erst durch den geeigneten Austausch in mündlicher oder schriftlicher Form entstehen. (→ Teamarbeit, a.a.O.)

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5 Allgemeine strukturelle Rahmenbedingungen

5.1 Personal

5.1.1 Berufsgruppen Die Betreuungs- und Versorgungsleistung unserer Einrichtung steht auf vier Säulen verschiedener Berufsgruppen.

• Die größte Gruppe ist die der Mitarbeiter aus pädagogischen und pflegerischen Berufen, die im Bereich Wohnen, Tagesförderung, Werkstatt für behinderte Men-schen und Begleitende Dienste tätig sind. In der WfbM arbeiten auch Fachkräfte mit handwerklicher Ausbildung im pädagogischen Kontext.

• Der technische Bereich umfasst Hausmeister-, Haus- und Gartenarbeiten, die von Fachkräften mit handwerklicher Ausbildung sowie geschulten Fachkräften durchgeführt werden.

• Hauswirtschaft und Küche werden von Mitarbeitern (vom Küchenmeister bis zur Hauswirtschaftskraft) getragen, die alles rund um die Themen Ernährung, Reini-gung und Hygiene professionell bearbeiten.

• Die Verwaltung besteht aus kaufmännisch und sozial ausgebildeten Fachkräften. Die personelle Ausstattung der einzelnen Bereiche richtet sich nach Vorgaben aus Qua-litätsmanagement, LWTG-Durchführungsverordnung, Vergütungsvereinbarung u. a. Unter allen Berufsgruppen sind Praktikanten, Auszubildende, Angelernte und Aushilfen eingeschlossen. Alle Bereiche arbeiten ergänzend am Gesamtauftrag und tragen ihren Teil zur Verwirk-lichung des Gesamtleitbildes bei.

5.1.2 Personelle Kontinuität Mit unserer Personalpolitik streben wir danach, eine bedeutsame Voraussetzung für erfolgreiche Betreuungsleistung zu erfüllen: große personelle Kontinuität (im Gegen-satz zu hoher Personalfluktuation). Für Menschen mit Schwerstbehinderung ist es wichtig, verlässliche soziale Beziehun-gen zum Betreuungs- und weiteren Fachpersonal eingehen zu können. Je besser das Personal die Menschen mit Behinderungen und den erforderlichen Maßnahmen kennen lernen kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer bedarfsgerechten Betreuung. Es ist plausibel, den Faktor Zeit bei der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Be-treuten und Betreuern in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen, da Beziehungen Zeit benötigen, um sich kontinuierlich entwickeln und fortwährend verdichten zu können.

5.1.3 Teamarbeit Ohne Zusammenarbeit, ohne gemeinsame Planung ist keine positive Weiterentwicklung im Sinne einer bereichsübergreifenden Arbeit nach unseren Qualitätsstandards mög-lich. Individuelle Kompetenzen müssen im Interesse aller Beteiligten genutzt werden. Gute Teamarbeit ist als Basis für eine hochwertige Pädagogik, Betreuung, Pflege und Versorgung zu verstehen (siehe Punkt 6.1.1. der Gesamtkonzeption „Berufsgruppen“).

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Voraussetzungen für Teamarbeit Für eine gelingende Teamarbeit erwarten wir folgende persönliche und strukturelle Vor-aussetzungen: a)

• inhaltliche Auseinandersetzung • gemeinsame Zielsetzungen, klare Zielvereinbarungen • Teilnahme an Teamsitzungen • fachliche Unterstützung/Beratung • Transparenz • Kommunikation und Informationsfluss

b) • Wertschätzung • selbständiges Denken • Fairness • Zuhören können • Ausreden lassen • Feedback geben • Toleranz • Offenheit • Kritikfähigkeit • Konfliktfähigkeit • Verantwortung übernehmen • Absprachen • Sachlichkeit • Professionalität • Vertrauen • Disziplin • Spaß und Humor • Motivation • Ehrlichkeit • Verlässlichkeit • Reflexion • Kooperatives Arbeiten • Fleiß.

Das persönliche Engagement und die Lebendigkeit aller Mitarbeiter tragen das Team und entwickeln es weiter.

5.1.4 Leitbild Führung Vorbemerkung: Was verstehen wir unter „Führung und Leitung“? Der Begriff „Führung“ steht in der FWS gGmbH für die direkte, personale Führung von Menschen in ihren Arbeitsbezügen. Der Begriff „Leitung“ hingegen meint alle administ-rativen Maßnahmen zur Organisation von Arbeitsabläufen. Diese beiden Seiten des Handelns von „Führungskräften“ werden damit idealtypisch definiert, was im Berufsalltag aber nicht so trennscharf möglich ist, denn hier gibt es eine stetige, wechselseitige Vernetzung der Handlungsstränge „Führen“ und „Leiten“. Wenn im vorliegenden Text Standards des Führungsverhaltens fixiert werden, wie sie in der FWS gGmbH gewünscht sind, so geht es in erster Linie darum, den personalen As-pekt, also das „Führen“ in den Blick zu nehmen.

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Die vorliegende Ausarbeitung bietet für die Führungskräfte der FWS einen Standard zur Orientierung wie Führung in der FWS verstanden wird und gleichzeitig für die Mitarbei-ter eine Orientierung, was diese im Idealfall von ihren Führungskräften erwarten dürfen. Die Führungskräfte wollen dieses Leitbild aktiv umsetzen und regelmäßig reflektieren.

Leitgedanken für Führungskräfte

Der Erfolg eines Unternehmens hängt wesentlich von der Qualität der Leistung ab, die die Führungskräfte erbringen!

Die Führungskräfte beeinflussen maßgeblich das Arbeitsklima und die Leistungsbereit-schaft!

Kommunikation und Transparenz sollen in der FWS gGmbH Führungshandeln mit dem Ziel einer mitarbeiterorientierten Führungskultur prägen.

Eigenschaften und Werte: Anforderungen an Führungskräfte

• Führungskräfte haben Interesse an den ihnen nachgeordneten Mitarbeitern; sie

zeigen ihnen gegenüber Empathie. • Führungskräfte sind offen für Vorschläge, nehmen das Wissen und den Rat der

Mitarbeiter als wichtige Ressource wahr. • Führungskräfte erhoffen von den Mitarbeitern gute Leistungen und trauen ihnen

viel zu. • Führungskräfte setzen sich für „ihre“ Mitarbeiter leidenschaftlich ein, engagieren

sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für gute Arbeitsbedingungen. • Führungskräfte sind verlässlich und vertrauenswürdig; sie halten mit hoher Ver-

bindlichkeit alle Absprachen ein. • Führungskräfte wissen, dass sie Vorbilder, Modelle sind, an denen sich Mitarbei-

ter gerne orientieren wollen und können. • Ehrlichkeit ist ein selbstverständliches Persönlichkeitsmerkmal von Führungs-

kräften. • Mitarbeiter dürfen ein konsequentes und faires Handeln von ihrer Führungskraft

erwarten. • Führungskräfte bemühen sich um ein vernetztes Denken, sie sind flexibel, behal-

ten den Überblick. • Führungskräfte bemühen sich um einen angemessenen Umgang mit Macht. Sie

differenzieren, welche Entscheidungen sie selber treffen müssen und bei wel-chen Entscheidungen das Team zu beteiligen ist.

• Führungskräfte haben die Bereitschaft ihre Kenntnisse und Fähigkeiten weiter-zuentwickeln.

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Aber: Auch Führungskräfte sind nur Menschen, unterschiedliche Persönlichkeiten mit all ihren Stärken und Schwächen. Sie stehen allerdings zu ihren Fehlern und wollen aus ihnen lernen. Kettig, im Mai 2010

5.1.5 Fortbildung Die Mitarbeiter der Förder- und Wohnstätte sind in ihren dienstlichen Aufgaben beson-deren Anforderungen und Bedarfen ausgesetzt. Um diese Bedarfe sachgerecht und effizient befriedigen zu können, sind stetige Angebote im Bereich der Fort- und Weiter-bildung notwendig. Die FWS unterstützt darum systematisch interne und externe Fort-bildungen und Weiterbildungen für Mitarbeiter. Dieses Konzept will auch auf die große Bedeutung und Wichtigkeit hinweisen, die eine ständige Bereitschaft zum „Dazulernen“ nach sich zieht. Definitionen Fortbildungen Fortbildungen sind Bildungsangebote, welche den Mitarbeitern helfen, ihre Kenntnisse „auf dem neuesten Stand“ zu halten und ihnen ermöglichen, den sich verändernden Anforderungen am Arbeitsplatz gewachsen zu bleiben. Weiterbildungen Weiterbildungen sind Bildungsangebote, welche die Übernahme neuer Funktionen und Arbeitsbereiche ermöglichen, welche außerhalb der bisherigen Stellenbeschreibung liegen. Diese Bildungsangebote enden häufig mit einem anerkannten Abschluss und können veränderte Anstellungsbedingungen zur Folge haben. Interne Fortbildung Als „Interne Fortbildungen“ werden jene Fortbildungen bezeichnet, welche von der FWS organisiert oder in Auftrag gegeben und deren Inhalt von ihr bestimmt werden. Interne Fortbildungen können auch in Kooperation mit anderen Anbietern stattfinden. Ein jähr-lich erscheinendes Fortbildungs- und Schulungsprogramm informiert alle Mitarbeiter. Obligatorische Fortbildungen Zurzeit werden in der FWS zwei obligatorische Fortbildungen angeboten, die jeder fest angestellte Mitarbeiter besucht haben sollte. Zum einen die dreiteilige „Einführung in die Arbeit mit Blinden und Sehbehinderten“ und die zweiteilige Einführung in die Kinästhe-tik. Ziele der Fortbildungen • Erhaltung und Erweiterung der Qualifikation, • Integration und Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit, • Fortbildung soll kulturelle, sprachliche und bildungsmäßige Unterschiede über-

brücken, • Erhaltung der Gesundheit der Mitarbeiter, • Fördern von selbstorganisiertem Lernen, • Erweiterung des Horizontes, • Austausch,

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• Erfüllen von Richtlinien und Vorgaben (Sicherheits-, Hygiene-, Ersthelferschulungen, Brandschutz, u.a.).

Grundsätze Das Angebot der internen und externen Fortbildung richtet sich nach folgenden Grundsätzen: • es baut auf Basiswissen auf, • es nutzt vorhandenes Potenzial an Wissen, Erfahrung und Erkenntnis, • es beruht auf Selbstverantwortung und Eigeninitiative, • die Ziele der Fortbildung sind den Teilnehmenden bekannt und der Weg dazu ist

transparent, • die rasche Umsetzbarkeit soll unterstützt werden, • Fortbildungen sollten auf einer praxisorientierten Abklärung des Bedarfs (z.B. Mitar-

beiterbefragung) beruhen, • Instruktion, praktische Umsetzung und Erfahrungsreflexion sollten ermöglicht wer-

den, • Schlüsselpersonen aus der Praxis sollten in die Kursverantwortung einbezogen sein, • Rückmeldungen aus der Praxis sollten sichergestellt werden. Allgemeines

• Nach externen Fortbildungen füllen die Teilnehmer das Formblatt: „Meldung einer Fortbildungsteilnahme (extern)“ aus und geben Informationen (Unterlagen) über die Inhalte und Ergebnisse der Fortbildung an interessierte Kollegen und die LWT wei-

ter. • Durch regelmäßig erscheinende Fortbildungs-Informationsbriefe (FIB) werden eben-

falls Inhalte multipliziert. • Das Recht auf Fortbildung bedeutet auch die Pflicht zur Fortbildung. Näheres regelt die Betriebsvereinbarung Fortbildungs- und Schulungsordnung der FWS.

5.1.6 Ausbildung Die Bereitschaft zur Ausbildung und die Einladung zu Hospitation und Praktikum spie-geln das Selbstverständnis unserer Einrichtung wieder, Menschen Chancen und Mög-lichkeiten zu eröffnen, berufliche oder soziale Kompetenzen zu erwerben. Im Interesse der FWS steht dabei, den Fachkräftenachwuchs zu fördern: die Auszubildenden von heute sind die Mitarbeiter von morgen!

Ausbildung Heilerziehungspfleger (= HEP) Ausbildungskonzept für Heilerziehungspfleger der Förder- und Wohnstätten Um den Standard unserer Arbeit mit schwerstbehinderten Menschen aufrecht zu erhal-ten, ist es notwendig, unseren Schülern eine qualitativ hochwertige, fachlich fundierte Ausbildung zu gewährleisten. Zur Vereinheitlichung der HEP-Ausbildung in der Gesamteinrichtung wurde dieses Aus-bildungskonzept erstellt, welches als Orientierung dienen soll.

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Ziel der Ausbildung Die FWS und die Auszubildenden bemühen sich um einen erfolgreichen Verlauf der Ausbildung. Ziel der Ausbildung ist die Hinführung zu selbständigem Arbeiten. Leistungen der FWS • Die Auszubildenden werden einem Bereich zugeteilt, in dem sie ihre 3jährige Be-

rufsausbildung absolvieren. Im 2. Ausbildungsjahr finden Praktika (intern u./o. extern) in einem Umfang von 240

Stunden statt. Interne Praktika werden schriftlich beurteilt. • Für den Ablauf und die Organisation der fachpraktischen Ausbildung in der Gruppe

wird jedem Auszubildenden ein Ansprechpartner (Praxisanleiter) zugewiesen. Der Aufgabenbereich der Praxisanleiter wird in der „Konzeption Praxisanleitung“ nä-her beschrieben (s. Anhang).

• Die Einarbeitung der neuen Auszubildenden erfolgt nach dem Einarbeitungsbogen der Einrichtung durch den Praxisanleiter.

• Die fachpraktische Ausbildung lehnt sich an den Rahmenplan/Ausbildungsplan an. • Monatlich finden interne HEP-Treffen statt, die einen ausbildungsbezogenen Inhalt

haben. Zudem dienen diese Treffen zum Austausch und zur Reflexion zwischen den Schü-lern und den Praxisanleitern.

• Für den Ablauf und die Organisation der monatlichen HEP-Treffen ist der Koordina-tor der HEP-Ausbildung verantwortlich.

Von ihm werden auch die ausbildungsbezogenen Praktika nach Absprache mit der jeweiligen Bereichsleitung koordiniert.

• Die FWS nimmt am Trialog mit den berufsbildenden Schulen teil. • Die ausbildenden Schulen erhalten Beurteilungen der Leistungen des Auszubilden-

den nach Vorgabe. • Auf Wunsch erhält der HEP-Schüler ein Zwischenzeugnis. • Der HEP Schüler erhält nach Abschluss der Ausbildung ein Ausbildungszeugnis. Rechte und Pflichten der Schüler • Die Schüler haben neben der vorgegebenen Schulzeit eine fachpraktische Ausbil-

dungszeit von 20 Wochenstunden zu leisten. Die Stundenzahl der ausbildungsbezogenen Arbeit ergibt sich aus der Fachschul-

verordnung/Rahmenplan. Innerhalb der fachpraktischen Ausbildungszeit sind 6 Stunden in der Woche für die ausbildungsbezogene Arbeit vorgesehen.

1-2 Stunden in der Woche dienen der Planung und Auswertung mit dem Praxisanlei-ter. Innerhalb dieser Zeit findet die Reflexion anhand der Lernziele statt. Diese dient zur kontinuierlichen Selbstkontrolle. Es ist günstig, diese Termine zu planen und im Dienstplan festzuhalten.

• Die Schüler sind bei Ausfall eines Schultages verpflichtet, dies der Bereichsleitung umgehend mitzuteilen und im Bedarfsfall Dienst zu verrichten oder Urlaub/ Freizeit-ausgleich zu nehmen.

• Jeder Auszubildende ist verpflichtet, eine Ausbildungsmappe zu führen und diese in der Einrichtung aufzubewahren. Der Praxisanleiter hat Einsicht in die Praxismappe. Schriftliche Arbeiten, die für die Schule angefertigt werden, müssen dem Praxisan-leiter zur Ansicht vorgelegt und von diesem gegengezeichnet werden.

Diese werden dann in der Praxismappe aufbewahrt.

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• Die Auszubildenden sind verpflichtet, an den monatlichen internen HEP-Treffen teil zu nehmen. Diese werden von den Bereichsleitern im Dienstplan vermerkt.

• Die Auszubildenden sind verpflichtet, an den Teamsitzungen teil zu nehmen, sofern diese Termine nicht in die Schulzeit fallen.

• Die Auszubildenden unterliegen der Schweigepflicht und dem Datenschutz, wie im Vertrag festgehalten.

Konzeption Praxisanleitung a) Ziele, Aufgaben und Definition Koordination der Ausbildung • Der Praxisanleiter führt zu Beginn der Ausbildung sowie zu Beginn eines jeden Aus-

bildungsjahres ein Zielvereinbarungsgespräch mit dem Auszubildenden durch. • Der Praxisanleiter ist für die Einarbeitung des Auszubildenden verantwortlich. Die

Einarbeitung erfolgt nach dem Einarbeitungsbogen der Einrichtung. • Der Praxisanleiter leistet Hilfestellung bei Projekten sowie Fördermaßnahmen, die

der Auszubildende im Rahmen seiner Ausbildung zu leisten hat. • Der Praxisanleiter dient als Ansprechpartner für „seinen“ Auszubildenden bei der

Erstellung der schriftlichen Ausarbeitung im zweiten Ausbildungsjahr. • Der Praxisanleiter begleitet den Auszubildenden bei den Prüfungsvorbereitungen. Persönlicher Ansprechpartner • Praxisanleiter und Auszubildender begegnen sich respektvoll und kollegial. • Der Praxisanleiter übernimmt gegenüber dem Auszubildenden eine Vorbildfunktion.

Diese Vorbildfunktion erstreckt sich auf die Arbeit mit den Bewohnern sowie auf den Umgang mit Bewohnern, Angehörigen und Kollegen.

• Als fachliche Begleitung muss der Praxisanleiter bereit sein, für alle fachlichen Fra-gen des Auszubildenden offen zu sein und sich bei allen ausbildungs-relevanten Fragestellungen und Problemen die nötige Zeit zu deren Klärung zu nehmen.

• Der Praxisanleiter ist in Bezug auf die Ausbildung des Auszubildenden der An-sprechpartner für Kollegen, Schule, Bereichsleitung sowie Wohnstättenleitung.

Kontrollfunktion • Um den Ausbildungserfolg zu sichern und zur Unterstützung bei schulischen Frage-

stellungen übernimmt der Praxisanleiter eine Kontrollfunktion der schulischen Leis-tungen des Auszubildenden.

• Diese Kontrollfunktion dient weiterhin dazu, dem Auszubildenden eine Rückmeldung über seinen Ausbildungsstand und seine Arbeitsweise geben zu können.

Unterstützung bei Praktika • Der Praxisanleiter informiert den Auszubildenden über die bestehenden Möglichkei-

ten für interne und externe Praktika. Die Terminkoordination der Praktika erfolgt nach Rücksprache mit der jeweiligen Bereichsleitung durch den Koordinator der HEP-Ausbildung.

b) Inhalte Präsentation der Einrichtung • Der Praxisanleiter macht den Auszubildenden mit dem Aufbau und den Strukturen

der Einrichtung bekannt (Konzeption, Kostenträger, Träger,…). Hinführung zu selbständigem Arbeiten

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• Der Praxisanleiter vermittelt dem Auszubildenden die gruppenspezifischen Arbeits-abläufe und macht ihn mit den teaminternen Kommunikationsformen vertraut (Proto-koll, Gesprächsführung im Team, Übergabe,…).

• Die Vermittlung von einzelnen theoretischen und praktischen Inhalten kann vom Praxisanleiter im Bedarfsfall und nach Rücksprache mit den betroffenen Mitarbeitern teamintern delegiert werden.

• Durch permanente gemeinsame Reflexion der Arbeit fördert der Praxisanleiter die Selbst- und Fremdeinschätzung, die Kritikfähigkeit, die Konfliktfähigkeit und die Kon-fliktbewältigung des Auszubildenden.

• Je nach Ausbildungsstand des Auszubildenden überträgt der Praxisanleiter nach Rücksprache mit der Bereichsleitung und dem Team, Verantwortungen und Aufga-ben auf den Auszubildenden.

Reflexion Theorie und Praxis • Der Praxisanleiter leistet Hilfestellung bei der Umsetzung von schulischen Aufgaben

in die Praxis. • Der Praxisanleiter begleitet den Auszubildenden bei einrichtungsspezifischen Auf-

gabenstellungen. • Zur Vertiefung schulischer Themen weist der Praxisanleiter auf die Möglichkeit in-

terner Fortbildungen hin.

Intervention bei Problemen • Der Praxisanleiter interveniert, wenn Probleme innerhalb der Ausbildung auftreten

(z.B. mit anderen Mitarbeitern oder Bewohnern), die der Auszubildende nicht selbst bewältigen kann.

c) Struktur Praxisanleitertreffen • Der Praxisanleiter ist dazu verpflichtet, an den halbjährlich stattfindenden Praxisan-

leitertreffen teil zu nehmen und an deren Gestaltung mitzuwirken. • Die Praxisanleitertreffen dienen dem gemeinsamen Austausch sowie zur Reflexion.

Zudem dienen sie zur Klärung inhaltlicher und organisatorischer Fragen in der Vor-bereitung der monatlichen HEP-Treffen (Teilnahme ist verbindlich).

Ausbildungskonzept in der Verwaltung Grundlage Grundlage der Ausbildung ist ein gültiger Ausbildungsvertrag. Im Sinne des „Dualen Systems“ (Schule und Einrichtung) gewährleistet die FWS die fachpraktische Ausbil-dung. Ziel Das Ziel ist es, alle relevanten Themen der kaufmännischen Ausbildung an den Auszu-bildenden heranzutragen. Dabei ist zu beachten, dass der Rahmenlehrplan der Ausbil-dungsberufe beachtet wird. Dieser liegt zur Einsicht für jeden Auszubildenden bereit. Aufbau Die Ausbildung findet im Rahmen der allgemeinen Bürotätigkeiten innerhalb von 3 Jah-ren in einzelnen Abteilungen einer kaufmännischen Verwaltung statt. In diesen werden die spezifischen Fachkenntnisse den Auszubildenden vermittelt.

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Pflichten der Auszubildenden • Die Auszubildenden sind verpflichtet an den Verwaltungssitzungen teilzunehmen,

sofern diese Termine nicht in die Schulzeit fallen. • Die Auszubildenden unterliegen dem Datenschutz und der Schweigepflicht. • Führen von Ausbildungsnachweisen. • Schulpflicht. • Bei Ausfall eines Schultages sind die Auszubildenden dazu verpflichtet zur Arbeits-

stelle zu kommen. Pflichten des Ausbildungsbetriebes • Erstellen eines individuellen Ausbildungsplans für jeden Auszubildenden. • Fürsorgepflicht. • Kontrollpflicht der Ausbildungsnachweise. • Es findet alle 2 Monate ein Treffen der Auszubildenden statt. Bei diesem Treffen

werden diverse Themen angesprochen, wo Schwierigkeiten bestehen. • Unterstützung des Auszubildenden bei schulischen Problemen. Praktika und ähnliches Im Rahmen unseres Betreuungs- und Begleitungsauftrages für Menschen mit Behinde-rungen bieten wir die Möglichkeit eines Praktikums (bis zu einjähriger Dauer) an. Während des Praktikums/der Hospitation werden die Teilnehmer von persönlichen An-sprechpartnern kontinuierlich begleitet und betreut. Am Ende des Praktikums/der Hospi-tation steht eine Beurteilung.

Anerkennungspraktikum Mit der Möglichkeit zur Ableistung eines Anerkennungspraktikums unter entsprechender Praxisbegleitung wollen wir Berufseinsteigern in sozialen Berufen die Chance geben Ihre Ausbildung ab zu schließen. Während des Zeitraumes findet eine kontinuierliche Begleitung und Betreuung statt. Schüler-, Zwischen- und sonstige Praktika Schülern, Auszubildenden sonstiger Berufe, Studierenden und anderen Orientierungs-suchenden wird im Rahmen der Möglichkeiten die Gelegenheit gegeben, ein Praktikum unterschiedlicher Länge oder Hospitationstage in den Bereichen der FWS zu leisten. Es ist weder ein Ausbildungs- noch ein Beschäftigungsverhältnis nach arbeitsrechtli-chen Vorschriften; eine Vergütung wird nicht gewährt. Insbesondere bei Schülerpraktika geht es nicht nur um das Kennen lernen des Berufs-feldes, sondern auch um eine soziale Sensibilisierung der jungen Menschen und eine Ermutigung zur Übernahme von Verantwortung.

FSJ Für junge Männer und Frauen zwischen 16 und 26 Jahren besteht die Möglichkeit ein Freiwilliges Soziales Jahr abzuleisten. Die Modalitäten sind durch den DPWV Landes-verband Rheinland-Pfalz-Saarland geregelt. BFD Die FWS gGmbH ist anerkannte Einsatzstelle für den Bundesfreiwilligendienst. Die Vermittlung geschieht über das Servicecenter beim DPWV Landesverband Rheinland-Pfalz-Saarland.

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5.1.7 Ehrenamt Vorwort Die Förder- und Wohnstätten öffnen sich für die vielfältige Mitarbeit freiwillig engagier-ter Bürger aller Generationen. In den verschiedenen Bereichen unserer Einrichtung ist ein unentgeltliches Engagement Freiwilliger denk- und realisierbar. Durch regelmäßige Werbung und Information können viele Menschen angesprochen werden. Gewünscht ist die kontinuierliche Zusammenarbeit mit engagierten, verantwortungsbewussten Per-sonen. Eine individuelle Einsatzplanung unter Berücksichtigung von Interessen, Fähig-keiten, zeitlichen Möglichkeiten und persönlichen Vorstellungen findet statt. Die FWS gGmbH ist Teilnehmer an der Ehrenamtsbörse der Aktion Mensch und der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz. Ziele Ziel des Ehrenamtes ist es, die individualisierende Arbeit der FWS zu unterstützen. Eh-renamtliche können besondere Aufgaben und Projekte, zusätzlich zur Arbeit der haupt-amtlichen Mitarbeiter, übernehmen. Die Mitarbeit Ehrenamtlicher soll die Angebotsviel-falt in der FWS vergrößern und die Lebensqualität der Bewohner und Beschäftigten er-höhen. Voraussetzungen • Es findet ein ausführliches Kennenlerngespräch mit dem Ehrenamtskoordinator statt.

(s. Checkliste) • Es findet im möglichen Einsatzbereich ein Kennenlerntag statt. • Die Ehrenamtlichen Helfer (kurz: EH) erhalten eine fachliche, begleitende Anleitung

durch Mitarbeiter der Einrichtung. • Bei individuellen Einzelmaßnahmen sprechen Fachkraft, Klient, gesetzliche Betreuer

und EH einvernehmlich Inhalt, Ablauf und Umfang der Hilfe ab. • Kommt es zum Engagement ist eine Vereinbarung/Schweigepflichterklärung zu un-

terschreiben. • In der Vereinbarung wird die Tätigkeit des Ehrenamtlichen beschrieben und Rah-

menbedingungen festgehalten. • Die EH sind mindestens 16 Jahre alt. • Die EH erklären Ihre Absicht dauerhaft und zuverlässig zu helfen. Durchführung • Die EH werden in ihrer Tätigkeit durch Fachkräfte/hauptamtliche Mitarbeiter betreut

und begleitet. • Während der Tätigkeit besteht Versicherungsschutz. • Das Ehrenamt wird unentgeltlich geleistet. • Jeder EH wird (nach Absprache) einem Bereich zugeteilt, der selbständig den Ein-

satz der Helfer plant und organisiert. • Der EH erhält alle für seine Tätigkeit notwendigen Informationen. • Für alle Fragen rund um das Ehrenamt steht der Ehrenamtskoordinator bereit. • EH legen der FWS vor Antritt ein polizeiliches Führungszeugnis vor. Perspektiven • Helfer übernehmen: Tätigkeiten mit Bewohnern, Tätigkeiten zur Entlastung der pä-

dagogischen Fachkräfte, Tätigkeiten in der WfbM und mit Beschäftigten, Tätigkeiten zur Entlastung der Hauswirtschaft und der Hausmeisterei.

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• EH übernehmen keine pflegerischen Tätigkeiten. • Die EH erfahren Wertschätzung durch: Einladungen zu Festen und Veranstaltungen

der FWS, ein jährliches Helferfest, Bescheinigung der geleisteten Arbeit, wo möglich: Anerkennung ihrer geleisteten Zeit auf Praktika.

• EH erhalten kontinuierlich Informationen über die Arbeit der FWS.

5.1.8 Betriebsrat Die Förder- und Wohnstätten gGmbH (FWS) hat einen Betriebsrat. Mittels Nutzung des Intranets der FWS, Printveröffentlichungen und anderem, arbeitet der Betriebsrat transparent und offen informativ bei der Erfüllung der Rechte und Pflich-ten entsprechend des Betriebsverfassungsgesetzes. Zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung wurde eine „Betriebsvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung der Förder- und Wohnstätten gGmbH (FWS)“ getroffen. Folgende gemeinsame Ziele wurden formuliert:

• Betriebsrat und Geschäftsführung wollen die bestmöglichen Lösungen für die Einrichtung erreichen, um so den Auftrag der Einrichtung gegenüber den Nutzern zu erfüllen.

• Sie haben das gemeinsame Bestreben, die Motivation der Mitarbeiter zu fördern und beste Arbeitszufriedenheit zu erzielen.

• Betriebsrat und Geschäftsführung streben unter Beachtung einer wirt-schaftlichen Mittelverwendung nach einem gerechten Entgelt für die Mit-arbeiter und der Schaffung von bestmöglichen Arbeitsbedingungen.

Um das Betriebsklima positiv zu gestalten, wurden in der FWS gemeinsam Standards entwickelt, wie z.B. Mitarbeitergespräche, Mitarbeiterbefragungen, Mitarbeiterfortbil-dung, Gesundheits- und Eingliederungsmanagements und andere. Es gibt inzwischen zu fast allen Standards Betriebsvereinbarungen. Eine weitere wichtige Aufgabe des Betriebsrates besteht darin, Probleme der Mitarbei-ter frühzeitig wahrzunehmen und diese dann mit den Leitungen und der Geschäftsfüh-rung des Hauses zu bearbeiten. In seiner Funktion als Repräsentant der Belegschaft begreift sich der Betriebsrat der FWS als qualifizierter Dienstleister im Sinne des Ganzen. Er trägt so maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg der Einrichtung, und damit zum langfristigen Arbeitsplatzerhalt bei.

5.2 Qualitätsentwicklung

5.2.1 Qualitätsmanagementsystem „Unter einem Qualitätsmanagementsystem wird das Einführen und Erhalten betriebsin-terner Organisations- und Ablaufstrukturen verstanden, mit denen die Prozesse des Planens und des Erstellens von Dienstleistung, die Ergebnisse und Auswirkungen der Dienstleistung sowie die organisatorischen Rahmenbedingungen in einer Einrichtung gestaltet und ausgewertet werden.“ (Schubert/Zink 1998) Gemäß den gesetzlichen Verpflichtungen, die u.a. im LWTG und im SGB IX, § 20 for-muliert sind, erfüllt die Förder- und Wohnstätten gGmbH die Anforderungen an ein Qua-litätsmanagementsystem. Unser Teilbereich Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist nach DIN ISO 9001/2008 zertifiziert. Als Träger für Beruflichen Bildungsmaßnahmen wenden wir ein

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zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem an, das die Forderungen des §2 der Rechts-verordnung zum SGB III (AZAV) erfüllt. Wir verstehen Qualitätsmanagement als kontinuierliche Sicherung und Verbesserung unserer Dienstleistungen. Ausgehend vom satzungsgemäßen Auftrag und auf der Grundlage von Gesellschafterbeschlüssen wurde der Prozess des Qualitätsmanage-ments angestoßen. Eine Steuergruppe und eine Projektgruppe sind installiert, Quali-tätsmanagementbeauftragte sind an verschiedenen Stellen der Gesamteinrichtung tätig. Die Mitarbeiter werden mittels geeigneter Methoden in das Qualitätsmanagement ein-bezogen. Es gibt ein Bündel qualitätssichernder Maßnahmen, unter anderem:

• Prozessbeschreibungen von Kernprozessen sowie deren Evaluation, • Partizipation der Betroffenen, • Partizipation der Mitarbeiter auf allen Ebenen der Konzeptarbeit, • Zielvereinbarungen im Betreuungsverlauf, • systematisierte Dokumentation der Betreuungsarbeit, • systematisierte Kontrolle des Hilfeplanverlaufs, • Befragungen zur Qualität der Arbeit auf allen Ebenen, • integriertes, kennzahlengestütztes Controllingsystem, • Erstellung und Pflege eines Organisationshandbuches für alle Arbeitsbereiche, • alle erforderlichen Maßnahmen der Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin.

Die FWS gGmbH ist herausgefordert, sich flexibel auf die Aufgaben der Zukunft einzu-stellen und bei allen Veränderungen und Weiterentwicklungen das Ziel einer optimalen Förderung und Begleitung von Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen und dabei die bestmögliche Qualität zu erzielen.

5.2.2 Selbstevaluation Zu den besonderen qualitätssichernden Maßnahmen in der FWS gehört die Selbsteva-luation, die mittels Fragebogen regelmäßig den Mitarbeitern (neben Fragebogen für Eltern und Nutzer) Gelegenheit eröffnet die Qualität unserer Dienstleistung zu bewer-ten. Darüber hinaus gibt es die permanente Möglichkeit im Ideenparkplatz Wünsche, Kritik oder eben Ideen anzubringen.

5.2.3 Mitarbeitergespräch Ein Standard in der FWS (siehe Betriebsvereinbarung). Das Mitarbeitergespräch soll ein regelmäßiger Termin zur ungestörten Kommunikation zwischen Vorgesetztem (V) und Mitarbeiter (MA) sein. In der Probezeit finden ein Pro-behalbzeit- (nach drei Monaten) und ein Probeendgespräch (nach sechs Monaten) statt. Danach ein jährliches Gespräch bzw. nach besonderem Bedarf. Nach frühzeitiger Absprache der Rahmenbedingungen (Datum, Uhrzeit, Dauer, Ort, Protokollführung) trifft man sich dann zum ungestörten Gespräch. Hier haben beide Teilnehmer die Gelegenheit sich in entspannter Atmosphäre über ihre Arbeit und ihre Zusammenarbeit zu äußern, Lob, Kritik, Erwartungen, Gefühle, Wünsche und Ziele zu formulieren. Zur Vorbereitung sollte man sich relevante Punkte notieren. Als Grundlage dienen hier auch vor allem Protokolle der letzten gemeinsamen Gespräche, insbeson-dere deren Zielvereinbarungen.

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5.3 Datenschutz

5.3.1 Rechtliche Bestimmungen Rechtliche Grundlagen zur Anwendung des Datenschutzes finden sich im Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz, Bundesdatenschutzgesetz, § 203 StGB, BetrVG und im BAT. Die Förder- und Wohnstätten gGmbH hat den Datenschutz in der Betriebsorganisation fest verankert. Von allen Angestellten wird der sensible Umgang mit persönlichen Daten gefordert. Dies findet sich in allen Stellenbeschreibungen und in der Darlegung der Be-treuungsqualität wieder. Datenschutz gliedert sich in zwei große Bereiche: • Schweigepflicht (hauptsächlich in der Kommunikation von Mitarbeitern mit anderen,

§ 9 BAT). • Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes. Was bedeutet die Schweigepflicht für den Mitarbeiter in der FWS? • Die Schweigepflicht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Angelegenheiten, die

Obengenannte bei der Betreuungstätigkeit über die Nutzer der FWS Angebote er-fahren. Allerdings: Völlig belanglose Tatsachen oder Bagatellsachen unterliegen nicht un-bedingt der Schweigepflicht. Gleiches trifft auf Tatsachen zu, die allgemein bekannt sind.

• Innerbetriebliche Verfahren und Abläufe, Daten aus der Buchhaltung, Lohnermitt-lungsdaten, Statistiken usw. sind Betriebsinterna und unterliegen der Schweige-pflicht. Ausnahmen hiervon kann die Geschäftsführung, etwa zur Verwertung in Ar-beitskreisen, erlassen. Daten zum Zwecke des Betriebsvergleiches (Benchmarking) werden entsprechend verschlüsselt.

• Schweigepflicht/-recht besteht nicht gegenüber dem Betroffenen. D.h. der behinder-te Nutzer bzw. dessen gesetzlicher Betreuer ist im Sinne der Selbstbestimmung „Herr der Daten“ (Einsichtsrecht in die Akten, Datenherrschaft setzt Datenkenntnis voraus).

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6 Begleitende Dienste

LEITBILD der Begleitenden Dienste in den Förder- und Wohnstätten gGmbH

• Wir sind ein Netzwerk verschiedener Fachbereiche und verstehen uns als Dienstleister, die an den Bewohnern und Beschäftigten, ihren Angehörigen und den Mitarbeitern orientiert sind.

• Mit unseren Angeboten schaffen wir Vertrauen und Sicherheit.

• Menschen mit Behinderung erfahren bei uns größtmögliche Selb-

ständigkeit. Wir begleiten und unterstützen sie bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung.

• Wir arbeiten transparent, kommunikativ und ressourcenorientiert mit dem Anspruch unsere Kompetenz stetig weiter zu entwickeln.

(Stand 08.05.2014) Einleitung Zu den besonderen Leistungen der Förder– und Wohnstätten gGmbH gehört die über-greifende Tätigkeit verschiedener Fachkräfte unter der Bezeichnung „Begleitende Dienste“. Diese unterstützen, beraten und begleiten die Arbeit in den Bereichen Wohnen, Tagesstrukturierung und Werkstatt. In enger Kooperation und nach Absprache mit Bereichsleitern, Paten/Begleitern und Eltern/gesetzlichen Betreuern arbeiten der Ergotherapeut, der Zertifizierte Anwender für Kinästhetik, der Motopäde, der Orthoptist, der Psychologe, die Rehabilitationslehrer für Blinde und Sehbehinderte und der Sozialpädagoge im Sozialdienst am gemeinsamen Auftrag zur bestmöglichen Betreuung unserer Bewohner, TAF–Nutzer und Werkstattbe-schäftigten. Die Begleitenden Dienste wirken an der Erstellung und Durchführung der Teilhabeplanung (THP) mit. Zur Erfüllung dieser Aufgabe sind das eng verzahnte Arbeiten im Team der Begleiten-den Dienste untereinander, regelmäßige Reflexion und eine ausführliche Dokumentati-on obligat. Räumliche und sachliche Voraussetzungen Räumliche Ausstattung Die Fachkräfte der Begleitenden Dienste sind in allen Räumen der Bereiche der FWS tätig. Zusätzlich stehen Büros und Fachräume (Bewegungsbad, Turnhalle, Matschraum, Schwarzraum, Musikraum, Lehrküche) in einem Gebäudeteil der Einrichtung Kettig zur Verfügung.

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Sachliche Ausstattung Die Mitarbeiter der Begleitenden Dienste nutzen verschiedene, allgemeine und berufs-spezifische Arbeitsmittel. Organisation

• Die Fachkräfte der Begleitenden Dienste werden initiativ durch Ansprache von Paten/persönlichen Begleitern, Gruppenmitarbeitern, Bereichsleitern, Wohnstät-tenleitung/Werkstattleitung, Bewohnern/Werkstattbeschäftigten und Eltern.

• Außerdem werden die Begleitenden Dienste aktiv durch vorherige Planung oder situativen Anlass.

• Der Angesprochene fühlt sich verantwortlich und nimmt Kontakt mit dem zustän-digen Bereich auf.

• Ist nach der Kontaktaufnahme offensichtlich, dass die Fachkraft tätig wird, findet nach der umfassenden Informationssammlung gegebenenfalls noch ein interdis-ziplinärer Austausch mit internen oder externen Fachkräften statt.

• Beginn und Ende (oder Zwischenziele) der Maßnahme werden festgelegt und der Verlauf dokumentiert.

Beratungssystem

• Es findet regelmäßig eine Konferenz der Begleitenden Dienste mit Wohnstätten-leitung und Werkstattleitung statt.

• Monatlich findet ein Teamgespräch mit einer Leitung statt. • Alle zwei Jahre treffen sich die Begleitenden Dienste zu einem Teamtag.

Arbeitsfelder Allgemeines Neben den spezifischen Tätigkeiten gehören folgende allgemeine Aufgaben zum Ar-beitsfeld der Begleitenden Dienste:

• Teilnahme an den Konferenzen der Begleitenden Dienste, • Mitwirkung an der Erstellung, Fortschreibung und Umsetzung des THP’s und

Förderplans, • Teilnahme an Gruppenteams, Werkstattteams und Konferenzen in der FWS, • Führung eines Dokumentationssystems, • Gespräche mit Eltern und gesetzlichen Betreuern, • Zusammenarbeit mit internen und externen Fachkräften, • Teilnahme und Mitwirkung an Veranstaltungen der FWS, • Durchführung interner Fortbildungen.

Spezifische Tätigkeiten Ergotherapie Der Ergotherapeut arbeitet sowohl mit Einzelnen als auch mit Gruppen. Es finden au-ßerdem gruppenübergreifende Angebote statt. Zu den Aufgaben in der WfbM zählen:

• Schulen und Steigern der sozio-emotionalen Grundarbeitsfähigkeiten (Initiative, Antrieb, Motivation, Interesse, Selbstvertrauen, Selbständigkeit, Rollenverhalten, Verantwortung, Kontakte, Beziehungen, Integration).

• Fördern der instrumentellen Grundarbeitsfähigkeiten (Ausdauer, Zeiteinteilung, Genauigkeit, Sorgfalt, Gedächtnisleistungen, Körperhaltung, Konzentration, Auf-

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merksamkeit, sprachlogisches Verständnis, Umgang mit Zahlenmaterial, räumli-ches Vorstellungsvermögen, formallogisches, handwerkliches und technisches Verständnis).

• Steigern der Frustrationstoleranz. • Schulen der Grob- und Feinmotorik sowie Adaptionen und ergonomische Ar-

beitsplatzgestaltung.

Zu den Aufgaben in den Wohngruppen zählen: • Training lebenspraktischer Fähigkeiten: Nahrungsaufnahme und Zubereitung,

Verrichten der Körperhygiene. • Versorgung mit Hilfsmitteln: z.B. Spezialgeschirr. • Mobilitätstraining: Schulung von Motorik und Gleichgewicht. • Wahrnehmungsförderung: Anbahnung verschiedener Wahrnehmungsleistungen,

Entspannungsangebote, Selbsteinschätzung. • Steigerung der Gedächtnisleistungen: Wege, Termine oder Reihenfolgen mer-

ken. • Ausbau der Kommunikation: Anlegen von Büchern oder Karteikarten mit Wör-

tern, Bildern, Unterstütze Kommunikation. • Training der Arbeitsfähigkeiten.

Kinästhetik Der Zertifizierte Anwender für Kinästhetik kümmert sich um die kinästhetische Mobilisa-tion der bewegungseingeschränkten Menschen. Dies beinhaltet aktive und ausgegli-chene Körperbewegung zur Förderung der Selbstkontrolle des Betroffenen sowie zur Prophylaxe von Muskelabbau, Kontrakturen und Dekubiti. Neben der Gesunderhaltung des Bewegungsapparates dient die kinästethische Anwendung der Entwicklung des Körperbewusstseins. Das Verhalten und der Stoffwechsel werden positiv beeinflusst. Das Umsetzen von theoretischem Wissen in die Praxis befähigt zum Denken und Arbei-ten in Prozessen. Die Kinästhetik gliedert sich in sechs Konzepte: Interaktion, Funktio-nale Anatomie, menschliche Bewegung, menschliche Funktion, Anstrengung und Um-gebung. Die kinästhetischen Fähigkeiten in den Berufsalltag der Förder- und Wohnstätten zu integrieren, bedarf einer permanenten Begleitung. Um die Lernprozesse in der Praxis wirkungsvoll zu gestalten, brauchen die einzelnen Mitarbeiter kontinuierliche und indivi-duelle Anleitung des Peer Tutors. Er unterstützt den gemeinsamen Lernprozess durch:

• die Analyse der Pflege- und Betreuungssituation, • die Verbesserung der eigenen Handlungskompetenz, • die Entwicklung adäquater Bewegungsformen und pädagogischer Ideen mit den

Teilnehmern (Kollegen), die der gemeinsamen Lösungsfindung dienen, • die Förderung der Selbstwahrnehmung und Selbstständigkeit des behinderten

Menschen, • die Vermittlung gesundheitsfördernder Aspekte, • die Anleitung zum Rücken schonenden Arbeiten.

Motopädie In der FWS beinhalten die Tätigkeiten des Motopäden pädagogische und therapeuti-sche Anteile. Die motopädagogischen Tätigkeiten sind:

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Entwicklungsförderung, Aufholen von Rückständen in der Wahrnehmungs- und Bewe-gungsfunktion, insbesondere Körperwahrnehmung/Körperschema; verborgene motori-sche/sensorische Fähigkeiten entdecken und fördern, Vorhandene erhalten. Die mo-totherapeutischen Tätigkeiten beinhalten die Behandlung von Behinderung in der Wahr-nehmung/Bewegung (z.B. Hyperaktivität) und die daraus resultierenden Auswirkungen (z.B. Verhaltensauffälligkeiten) für den Menschen. Weitere Tätigkeiten:

• Planung, Durchführung, Reflexion von Bewegungsstunden und Wahrnehmungs-angeboten (z.B. Schulung der Sinne) in Kleingruppen (2-4 Personen) oder Ein-zelstunden (pro Einheit 60 Minuten),

• Bewegungs-/ Verhaltensbeobachtung, Erhebung der Vorgeschichte, daraus die Erfassung des psychomotorischen Entwicklungsstandes,

• Erstellung von Beobachtungs-, Verlaufs-, Abschlussberichten.

An der Motopädie nehmen TAF-Nutzer und WfbM-Beschäftigte teil.

Ziele der Motopädie sind, ausgehend von den Ressourcen des Menschen mit Behinde-rung, ein ganzheitliches Ansprechen (Körper, Geist, Seele), die Förderung der gesam-ten Persönlichkeit, bewusstes, kritisches eigenverantwortliches Handeln mit sich, der dinglichen und sozialen Umwelt (Handlungskompetenz) zu erlernen und zu verbessern. Die Methoden sind das Spiel, Erlebnis, Spaß, Selbstbestimmung, Motivation und Krea-tivität. Orthoptik Der Orthoptist in den Förder- und Wohnstätten diagnostiziert Sehrest und Sehprobleme der Bewohner und Beschäftigten, um im täglichen Wohn- und Arbeitsfeld den visuellen Möglichkeiten gerecht zu werden und vorhandene Ressourcen zu erhalten und weiter-zuentwickeln. Hierzu gehören insbesondere:

• Beobachtung und Untersuchung der Nutzer, • Organisation von Augenarztterminen, • Befundaustausch mit dem Augenarzt, • Befunderörterung mit den Nutzern, Eltern, Betreuern, Paten und ggf. WfbM-

Begleitern • Planung von möglichen Schulungs- und Therapieformen, • Beratung aller Beteiligten, welche Verbesserungen erreicht werden können und

welche wünschenswert sind, • Durchführung der Schulungs- und Therapieeinheiten zur Erhaltung und Verbes-

serung der visuellen Fähigkeiten und der Wahrnehmung. Der Orthoptist hat bei seinen Kontakten mit den Nutzern die Förderung des Sehrestes und der visuellen Fähigkeiten „im Blick“. Darüber hinaus ist der Orthoptist in der FWS „Übersetzer“ der (augen-) ärztlichen Be-funde und Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema „Augen“.

Psychologie Die Aufgaben des Psychologen umfassen folgende Tätigkeiten: In Bezug auf die Bewohner und Beschäftigten:

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• Problemzentrierte Einzelfallarbeit. Hierzu zählen psychologische Gespräche wie auch eine auf die Bewohner und Beschäftigten speziell zugeschnittene psycho-logische Betreuung.

• Durchführung psychologischer Beobachtungen sowie Erstellung von Verhaltens-analysen.

• Teilnahme an Aufnahmegesprächen und Elterngesprächen sowie Einleitung und Vermittlung geeigneter Hilfen für die Bewohner.

In Bezug auf die Mitarbeiter:

• Psychologische Beratung der Mitarbeiter und Durchführung von Fallbesprechun-gen.

Weitere Aufgaben:

• Diagnostik. • Sprechstunde für Bewohner, Werkstattbeschäftigte, Eltern und Mitarbeiter.

Rehabilitation für Blinde und Sehbehinderte Das Aufgabenfeld des Rehabilitationslehrers für Blinde und Sehbehinderte bezieht sich allgemein auf die Förderung in den Bereichen der Orientierung und Mobilität und Le-benspraktischen Fähigkeiten, die Wahrnehmungsförderung, Förderung der sozialen Kompetenz, Förderung der Begriffsbildung und Hilfe bei der Eingliederung ins Arbeits-leben. Aufgabenbereich des Rehabilitationslehrers für Blinde und Sehbehinderte in den För-der- und Wohnstätten:

• Individuelle Planung, Vorbereitung und Durchführung der Schulung in den Bereichen Orientierung und Mobilität und Lebenspraktische Fähigkeiten,

• Beratung hinsichtlich der Anschaffung von elektronischen (Vorlesesystem, Braillezeile, Vergrößerungssoftware) und vergrößernden (Lupen, Bildschirm-lesegerät) Hilfsmitteln einschließlich der Antragstellung,

• Individuelle Planung, Vorbereitung und Durchführung der Schulung im Ein-satz o.g. Hilfsmitteln,

• Beratung bezüglich der Anschaffung der blindenspezifischen Hilfsmittel inkl. Schulung,

• Individuelle Planung, Vorbereitung und Durchführung der Schulung im Be-reich Wahrnehmungsförderung,

• Beratung hinsichtlich einer blinden- und sehbehindertengerechten Arbeits-platzgestaltung und Beratung der Gruppenmitarbeiter im Bezug auf die Wohnraumgestaltung unter der Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Menschen,

• Low Vision Beratung, • Vermittlung von blinden- und sehbehindertenspezifischen Techniken an alle

Mitarbeiter, • Zusammenarbeit mit Ämtern und Behörden.

Sozialdienst In der Gesamteinrichtung umfasst das Arbeitsfeld des Sozialpädagogen im Sozialdienst folgende Bereiche:

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In der WfbM: • Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen, die als Kostenträger zuständig sind • Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie

sowie die Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten • Organisation und Teilnahme an Tagungen und Arbeitskreisen mit pädagogischen,

psychiatrischen, rechtlichen und sozialpolitischen Themenstellungen • Vorbereitung, Beteiligung und Nachbereitung der Fachausschuss-Sitzungen • Nach Delegation durch den Werkstattleiter: Federführung beim Aufnahmeverfah-

ren sowie bei der Ausgliederung der Werkstattbeschäftigten aus der WfbM • Koordination, Beratung und Mitarbeit bei der Erstellung von Berichten sowie

des THP-Moduls WfbM in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Begleitern und Mit-arbeitern

• Weiterentwicklung der Förderplanung im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich

• Beratung und Unterstützung der Mitarbeiter bei allen pädagogischen Belangen • Gruppen- und Einzelfallgespräche, problemorientierte Einzelfallarbeit,

Krisenintervention, ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Fachdiensten der Begleitenden Dienste bzw. der SDM

• Betreuung des Werkstattrates sowie des Wahlausschuss zur Wahl des WR • Zusammenarbeit mit Eltern / gesetzlichen Betreuern in allen Belangen • Zusammenarbeit mit dem QM-Beauftragten bei der Erarbeitung und

Weiterentwicklung des QM-Systems zur Sicherung der Betreuungsqualität • Angebote zu arbeitsbegleitenden Maßnahmen und zur Freizeitgestaltung In den Wohnstätten der FWS: • Betreuung des Bewohnerbeirates • Betreuung des Wahlausschusses bei Bewohnerbeiratswahlen • Mitarbeit beim Wohnstättenaufnahmeverfahren, wenn eine Werkstattbeschäfti-

gung bei den Bewerbern möglich erscheint. Übergreifend:

• Freizeit- und Förderangebote für alle Nutzer der FWS • Beteiligung und Organisation bei Festivitäten der FWS.

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7 Stationäre Betreuungsformen

7.1 Wohnen auf Dauer „Ein gestalteter Ort zum Leben“ Einleitung „Jede Wohnung ist, unter dem lebensweltlichen Aspekt gesehen, der räumliche und zeitliche Ausgangs- bzw. Orientierungspunkt des Menschen. Das Wohnen ist für das innere Gleichgewicht eines Menschen von zentraler Be-deutung: Wohnen ist somit nicht nur einfach Sein, sondern ist verbunden mit einem Ort, an den der Mensch sich gehörig fühlt. Wohnen ist nicht eine beliebige Tätigkeit, sondern eine Wesensbestimmung des Menschen und bedeutet u. a. die Gestal-tung seines Verhältnisses zur Welt. Erkennen wir diese Aussage als richtig an, so kann das Wohnen von Menschen mit einer Behinderung nicht irgendwie geschehen, kann nicht zufällig gelöst wer-den, sondern muss als Prozess der Wesensäußerung von Menschen respektiert werden.“ (Thesing 1990, 27) „Das Wohnen befriedigt die Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit, Liebe, Achtung, Freiheit, Eigentum und Selbstbewusstheit“ (Speck 1982) sowie „nach Schutz, Beständigkeit und Vertrautheit, nach Kontakt und Kommunikation, Selbstverwirklichung und Selbstdarstellung.“ (Metzger/Bentele 1996) Unser Grundanliegen ist es, für die Bewohner unserer Einrichtung eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie für sich ein „Zuhause“ finden. Voraussetzung ist der natürliche, aufmerksame Kontakt, der individuelle Belange und Bedürfnisse wahrnehmen und umsetzen lässt, zugleich aber auch erforderliche Gren-zen aufzeigt und realisiert. Den Bewohnern soll ermöglicht werden, in einem angenehmen sozialen Miteinander zu leben. Zum Leben von erwachsenen Menschen gehört in der Regel die Möglichkeit Partnerschaften einzugehen und Sexualität zu leben. Auch Menschen mit den ver-schiedensten Behinderungen sollen diese Chance bei uns erhalten. Wohnen heißt für uns, sich unter Einhalten der vorhandenen Regeln und der Wahr-nehmung der Entfaltungsmöglichkeiten wohl zu fühlen. Das Erleben und Empfinden von Schutz, Wärme, Geborgenheit, Behaglichkeit, Ver-trauen und Verlässlichkeit ist für alle Menschen von elementarer Bedeutung. Damit streben wir eine besondere Atmosphäre an, die von allen Mitarbeitern getragen wird, die hier nicht nur Ihr Aus– und Einkommen haben und zur „Arbeit gehen“, sondern die FWS als erweiterten Lebensraum ansehen und verstehen, so dass ein echtes Mit-einander von Bewohnern und Mitarbeitern entsteht. Aufgabe unserer Einrichtung ist in erster Linie auch, unseren Bewohnern die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen und dem Integrationsgedanken Geltung zu verschaffen.

Personelle Voraussetzungen Die Wohnstätte in Kettig ist in zwei Dienstbereiche gegliedert, denen jeweils ein Wohn-stättenleiter vorsteht. Die Betreuung der Wohngruppen wird durch feste Mitarbeiter-teams geleistet. Die personelle Besetzung der einzelnen Wohngruppen ist abhängig

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von der Anzahl der Bewohner, die auf den jeweiligen Gruppen leben. In der FWS Kettig haben wir unterschiedliche Wohneinheiten/Gruppengrößen. Ein weiteres Kriterium für die personelle Ausstattung ist der zu betreuende Personen-kreis. Eine Wohngruppe mit schwerstbehinderten blinden/ sehbehinderten Bewohnern hat einen höheren Pflegesatz und demnach mehr Personal zur Verfügung. Eine Wohn-gruppe mit mehreren werkstattfähigen Bewohnern (geistigbehinderte blin-de/sehbehinderte Menschen) haben dem Pflegesatz entsprechend einen geringeren personellen Anteil. Grundsätzlich sind auf jeder Gruppe zwei Mitarbeiter im Dienst (2:8), im Idealfall sind jedoch drei Mitarbeiter im Gruppendienst. In den Teams der FWS Kettig arbeiten pädagogische und pflegerische Fachkräfte inter-disziplinär zusammen, z.B. Erzieher, Heilerziehungspfleger, Krankenpfleger und andere pädagogische Fachkräfte. Außerdem gehören zu den Teams Praktikanten im Vorprakti-kum/Anerkennungsjahr, Auszubildende, Absolventen des freiwilligen sozialen Jahres, ehrenamtlich Tätige und geringfügig Beschäftigte als Aushilfen und Hauswirtschaftskräf-te. Mit der Installation eines Pflegebeauftragten tragen wir den gestiegenen Anforderungen an medizinische Kompetenz Rechnung. In der FWS Kettig arbeiten die Teams im Schichtdienst. Der Früh- bzw. Spätdienst bil-det den sog. Tagdienst. Die Nachtwachen sind speziell nur für die Nächte einzusetzen. Die Bereichsleiter sind zuständig für eine Etage mit zwei Wohngruppen und einer Ta-gesförderstättengruppe. Ansprechpartner bei notwendigen Reparaturen oder Renovierungen ist das Team der Hausmeisterei. Für das leibliche Wohl unserer Bewohner setzt sich das Küchenteam ein. Die Wohngruppen werden in ihrer Arbeit von den Begleitenden Diensten unterstützt (siehe Gesamtkonzept: Konzeption Begleitende Dienste).

Ohne eine enge übergreifende Arbeit der verschiedenen Bereiche wäre die optimale Forderung und Förderung unserer Bewohner nicht in diesem hohen Maß möglich. Die Verwaltung und deren Mitarbeiter unterstützen die Wohngruppen in ihrer Arbeit. Die Wohngruppen erfahren Hilfe und Unterstützung auch durch externe Fachkräfte:

• Krankengymnasten • Logopäden • Ergotherapeuten • Mitarbeiter der Sozialstation, u.a.

Diese Dienstleistungen werden auf ärztliche Verordnung mit den entsprechenden Kran-kenkassen abgerechnet. Räumliche Voraussetzungen Auf dem Gelände der Förder- und Wohnstätte Kettig befinden sich drei Häuser, in de-nen Menschen mit Behinderung barrierefrei* leben. Sie werden mit Haus A, Haus B und Haus C bezeichnet. In jedem Gebäude befinden sich vier Wohngruppen. In Haus A befinden sich die Gruppen 1 – 4, in Haus B die Gruppen 5 – 8 und in Haus C die Gruppen 9 – 12. Zwei Wohngruppen teilen sich eine Etage. Die beiden Etagen im Haus sind durch ein Treppenhaus und einen Aufzug verbunden.

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Zwischen den Gruppen befindet sich der Tagesförderstättenraum, der von den zwei Gruppen gemeinsam genutzt wird. In jeder Wohngruppe leben acht Bewohner zusam-men. Ausnahme ist Haus C. Dort ist ein Flügel des Hauses mit einem Zimmer mehr ausgestattet, weshalb dort in der unteren und oberen Etage eine Gruppe mit neun Be-wohnern entstanden ist. Die Häuser sind so angeordnet, dass alle Zimmer einmal am Tag Sonneneinstrahlung haben. Gruppenraum und Küche Der Grundriss der Etagen ist identisch (Ausnahme Haus C), um Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung und schwerstbehinderten Menschen die Orientierung zu erleich-tern. Wie die Eingangstüren zu den Häusern sind die Zugänge zu den Gruppenräumen mit einer Öffnungsautomatik ausgestattet, die es Rollstuhlfahrern ermöglicht, sich bar-rierefrei zwischen den Häusern und Räumen zu bewegen. Jede Gruppe ist mit einem großen Wohnraum ausgestattet, der gemeinsam genutzt wird. Die jeweilige Gestaltung des Gruppenraumes richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Gruppenbewohner. Gemeinsam ist allen Gruppen, dass der Essbereich Bestandteil des zentralen Raumes ist. In den Raum ist die Küche integriert. Sie ist durch eine Anrichte vom Gruppenraum getrennt. Wie der Gruppen-raum ist sie großzügig angelegt und daher für alle ein Ort der Begegnung. Die Küche ist behindertengerecht ausgestattet, z.B. ist ein Herd installiert, an dem in rollstuhlgerech-ter Höhe gekocht werden kann. In dem Gruppenraum und in den nachfolgend beschrie-benen Fluren und Bewohnerzimmern reichen die Fenster bis zum Fußboden, um Roll-stuhlfahrern einen Ausblick und Übersicht zu ermöglichen. Die Flure Vom Gruppenraum aus zweigen zwei Flure im rechten Winkel ab. Die Übergänge vom Gruppenraum zu den beiden Fluren sind fließend. Die breiten, offenen Flure verfügen über je eine Nische, die als zusätzlicher Lebens- oder Rückzugsraum gestaltet werden können. Hier kann z.B. ein Bällchenbad oder ein Wasserbett als Lagerungsmöglichkeit untergebracht werden. In einem Flur befinden sich vier Einzelzimmer, die Anschluss an ein großes Pflegebad haben. Neben dem Pflegebad ist eine behindertengerechte Toi-lette vorhanden. In diesem Flur ist jedes Zimmer mit einem Waschbecken ausgestattet. An den anderen Flur grenzen ebenso vier Zimmer an. Der Flur ist ebenso breit angelegt und mit einer Nische ausgestattet. Jeweils zwei Bewohner teilen sich ein gemeinsames Badezimmer mit zwei Waschbecken, einer behindertengerechten Toilette und einer ebenerdigen Dusche. Dieses Badezimmer liegt zwischen zwei Bewohnerzimmern und ist von dort aus direkt erreichbar. Die Badezimmertüren sind beide von innen und au-ßen individuell abschließbar. Die Zimmer Grundsätzlich befinden sich in der Förder- und Wohnstätte Kettig nur Einzelzimmer. Sie sind mit einem Bett bzw. Pflegebett, einem Nachttisch, einem Kleiderschrank und einem kleinen Tisch mit Stuhl ausgestattet. Diese Grundausstattung wird von der Einrichtung bereitgestellt. Dennoch ist es möglich, dass eigene Möbel beim Einzug mitgebracht werden können, oder dass im Laufe der Zeit eigene Möbel angeschafft werden. Die Zimmer können dem individuellen Geschmack und den verschiedenen Bedürfnissen angepasst werden, z.B. kann das Zimmer gestrichen und farblich gestaltet werden. Da-zu kommt die Ausstattung mit Zimmerpflanzen und anderen Einrichtungsgegenständen.

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Das eigene Zimmer ist der Ort der Privatsphäre, der Platz, an den sich der Bewohner zurückziehen und Besuch erhalten kann. Grundsätzlich gilt das Recht auf „Ungestört sein“. Jeder Bewohner kann einen Schlüssel seines Zimmers erhalten. Es ist möglich, dass zum eigenen Gebrauch und auf eigene Rechnung ein Telefonanschluss im Zim-mer bereitgestellt wird. Die Zimmer werden regelmäßig gereinigt. Dabei werden die Hygienevorschriften auch unter Verwendung von Checklisten und Plänen eingehalten. Für den Bewohner ist es möglich, Absprachen zu treffen und Aufgaben, bis hin zur selbständigen Reinigung des Zimmers, zu übernehmen. In allen Räumen der Wohnstätte ist eine Fußbodenheizung vorhanden. Das Außengelände (siehe auch Konzeptionsteil: „ Der Garten der Sinne...“) Schon aus den Häusern heraus wird durch die vielen, bis zum Boden reichenden Fens-terflächen ein ständiger Ausblick auf das Außengelände erreicht. Wie im Wohnen „In-nen“ soll das „Außen“ vertraut sein und neue Anregungen und Erfahrungen vermitteln. Das Außengelände steht den Bewohnern zur Verfügung und ist nach deren Bedürfnis-sen angelegt. Wohnen beinhaltet die aktive Nutzung des Außengeländes. Es vermittelt den hier lebenden Menschen eine Vielfalt von unterschiedlichen Sinneseindrücken. Die Außenanlage ist für die Bewohner so attraktiv gestaltet, dass sie motiviert werden, die Wohnräume zu verlassen. Alle Bewohner sind Schwerstbehindert, viele dabei auch Blind oder Sehbehindert. Das Gelände ist in besonderem Maße behinderten- und blindengerecht gestaltet. Dazu gehören:

• die barrierefreie Haupterschließung • die vielfältigen Orientierungshilfen im Gelände wie: • das lineare Wegeleitsystem • der tastbare Lageplan • die Erhöhung der Wegekanten • die taktilen Orientierungshilfen wie die Markierung von Richtungswechsel

und Eingangsbereichen durch Beläge mit Kontrastwirkung und ertastbarem Relief

• die auditiven Orientierungshilfen, die durch spezifische Klangkulissen die Orientierung unterstützen und Sinneseindrücke bieten

• individuell gestaltete Eingangsbereiche zur leichteren Bestimmung des Standorts

• durch Hecken und Baumstrukturen klar definierte und räumlich begrenzte Plätze und Aufenthaltsbereiche.

Ein Teil der Bewohner ist in der Lage, die Möglichkeiten des Außengeländes selbstän-dig zu nutzen. Alle Bewohner sollen sich mit Unterstützung diesen Bereich ebenfalls erschließen und genießen können. Besondere Bewegungsanreize werden durch unterschiedliche Geräte (Schaukeln, Rollstuhlwippe, Trampolin) und das ansprechende Gelände gesetzt. Der Begriff Wohnen umfasst die Möglichkeit, dass Bewohner sich gegenseitig besuchen können. Die Wege sind so angelegt, dass sämtliche Eckpunkte auf die jeweiligen Ein-gänge der Häuser hinweisen. Die Eingangsbereiche sind individuell gestaltet. Vor den

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Häusern befinden sich so genannte „Klangstele“ mit unterschiedlicher Form, Oberfläche und Klang. Neben gepflasterten Flächen und einer umfangreichen Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern ist sehr viel Freifläche mit Rasen vorhanden, die zum Aufenthalt einlädt. Der Brunnen als Zentrum Auf dem Platz vor der Cafeteria ist ein Brunnen angelegt, der das Zentrum der Einrich-tung markiert. Der Brunnen mit dem beständigen Wasserlauf bildet visuell und auditiv einen Mittel- und Treffpunkt. Die Höhe des Brunnens mit dem Wasserlauf ist so ange-legt, dass Rollstuhlfahrer das Wasser erreichen können. Die Geräusche des fließenden, rauschenden Wassers sind eine akustische Orientierungshilfe für die blinden und seh-behinderten Bewohner. Der Klang- und Windgarten Über einen auffällig geschwungenen Weg gelangt man in den Klang- und Windgarten (am Eingang steht ein Tastplan). Der Weg ist zum Teil mit Hainbuchenhecken markiert, so wird ein Gefühl von Sicherheit vermittelt, „man kommt nicht vom Weg ab“. Der Weg ist mit unterschiedlichen Materialien belegt, die barfuss ertastet werden können. Das bewusste Erleben von Geräuschen, die durch die unterschiedliche Bepflanzung erzeugt werden, gehört ebenfalls zu der Erlebniswelt Sinnespfad. Der Weg endet in der „He-ckenspirale“. Ergänzt wird der Pfad der Sinne durch ein Klangspiel. Der Feuer- und Duftgarten Auf dem höchsten Punkt des Geländes ist der so genannte Feuer - und Duftgarten an-gelegt. Der Duftgarten ist mit einer Trockenmauer eingefasst, die ein idealer Standort für viel Wärme und Trockenheit liebende Pflanzen ist, die wiederum ein breites Spekt-rum an verschiedenen Düften verströmen. Die Besonderheit dieses Platzes ist eine Feuerstelle, der Grillplatz mit vielen Sitzmöglichkeiten und einer Pergola. Die gestaltete Umgebung Die Elmar-Hillesheim-Wiese (offiziell Arenzwiese) liegt ca. 300m südlich der FWS Kettig im Landschaftsschutzgebiet am Kettiger Bach. Eingebettet in Streuobstwiesen und Teil des Streuobstwiesenwegs (Premiumweg der Rhein-Mosel-Eifel-Touristik) konnte die FWS hier eine rollstuhlgerechte Fläche zum Weidenanbau, Erholen und kreativem Ge-stalten anlegen. Das kleine „Binne-Häus’che“, am Kettiger Bach in der Nähe der FWS gelegen, bietet die Gelegenheit sich nahe der Wohneinrichtung in die Natur zurück zu ziehen. Dort wird von einem Ehepaar, das bei der FWS beschäftigt ist, ein naturnaher Gartenbau schritt-weise verwirklicht. Man kann überdacht oder im Schatten der gewaltigen Nadelbäume an kleinen Teichen sitzen. Das „Waldeck“ ein unmittelbar an die bebauten Grundstücke grenzendes kleines Wald-stück, welches den Bewohnern als weiteres Kleinod zum Rückzug und zur Entspan-nung dient. In diesem kleinen Waldstück befindet sich alter Baumbestand mit hochge-wachsenen Eichen neben reichlichem Niederwuchs, der sich weitestgehend selbst überlassen wird. Nur ein rollstuhlgerecht angelegter Weg führt durch den kleinen Forst und bietet somit unseren Bewohnern und Beschäftigten die Möglichkeit des selbststän-digen Besuchs im Waldeck.

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Das Bewegungsbad und die Turnhalle In Haus B, in der unteren Etage, befinden sich neben den Räumen der Begleitenden Dienste ein Bewegungsbad und eine Turnhalle. Das Bewegungsbad und die Turnhalle werden auch von externen Therapeuten genutzt. Das Bewegungsbad Das Bewegungsbad ist mit einem Hubboden ausgestattet. Er ermöglicht die Anpassung der Wassertiefe an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bewohner. Das Wasserbe-cken wird im Rahmen der Tagesförderung und in der Freizeit von den Bewohnern mit Unterstützung der Mitarbeiter genutzt. Ein Schwenklift, der fest am Beckenrand instal-liert ist, ermöglicht die Nutzung des Beckens durch Rollstuhlfahrer. Ergänzt wird das Bewegungsbad durch zwei behindertengerecht ausgestattete Umkleidekabinen und entsprechend ausgestattete Duschen und Toiletten. Die Wassertemperatur beträgt ca. 33° Celsius. Die gewünschte Wirkung bei der Arbeit im warmen Wasser ist:

• ein Entspannungseffekt, • der Muskeltonus kann gesenkt werden, • die Atemfrequenz kann langsamer und tiefer werden, • ein besonderer Moment der taktilen Wahrnehmung tritt ein, • ein besonderes Körpergefühl durch fast schwereloses Schweben und leichteres

Bewegen • zudem kann das Medium Wasser für Sport und Spiel hervorragend genutzt wer-

den und motorische, wie physiotherapeutische Übungen unterstützen. Die Turnhalle Die Turnhalle bietet zusätzliche Möglichkeiten im Bereich Bewegung, z.B. Rollstuhlsport und Ballspiele. So besteht die Gelegenheit wetterunabhängig Bewegungsangebote durchzuführen. Angebote können sowohl für Gruppen gelten, als auch für einzelne Be-wohner, für die gezielte Anreize im Bereich der Bewegung sinnvoll erscheinen. Die Hal-le wird in die Freizeitgestaltung mit einbezogen, z.B. für Entspannungsübungen, die eine bequeme Lagerung auf dem Fußboden erfordern. Unser systemischer Ansatz Systemisches Arbeiten bedeutet, dass bei der Förderung, Unterstützung und Beglei-tung, die ein Mensch mit Behinderung bei uns erhält, nicht nur er allein zu berücksichti-gen ist. In die Überlegungen und Planungen sind auch seine Bezugspersonen in den unterschiedlichen sozialen Systemen zu integrieren (Familie, Wohngruppe, WfbM ...) Im Zentrum der Betrachtung stehen die Wechselwirkungen zwischen den persönlichen Eigenschaften (biologisch und psychologisch) einerseits und den sozialen Bedingungen des Lebens andererseits (siehe Grafik).

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Es gibt kein geschlossenes System. Systemisches Denken erleichtert es, komplexe Prozesse anschaulich zu betrachten. Ziel ist es über die systemische Arbeit im täglichen Umgang miteinander, die bestmögli-che Lebensqualität zu erreichen. Mittel und Methoden Die folgenden Mittel und Methoden werden in der täglichen Arbeit zur Verwirklichung unserer Zielsetzung eingesetzt:

• Zielorientiertes pädagogisches Handeln findet in Absprache mit allen Beteilig-

ten und nach Planung und regelmäßiger Reflexion statt. • Reflexion der Tätigkeit und des Geschehens gehört zum regelmäßigen Ablauf

pädagogischer Prozesse und ist nach Zeit, Ort und Datum wenn möglich vorzu-planen.

• „Vorbild sein“ ist eine der wichtigen Grundhaltungen der Mitarbeiter.

• Kontaktpflege zu Angehörigen und Freunden der Bewohner (siehe auch Eltern-

leitfaden) als Unterstützung der sozialen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

• Gestaltung der Räumlichkeiten/Atmosphäre schaffen. Jeder Bewohner soll die Möglichkeit erhalten, sein Zimmer nach seinen Vorstellungen mit zu gestalten und sich an der Gestaltung der Gruppenräume angemessen zu beteiligen.

• THP: gemeinsames Bearbeiten der Teilhabeplanung und Zielfestlegung, ggf. ge-

genüber dem Kostenträger (s. Patenschaft).

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• Gruppen – und Etagenteamsitzungen zur Teamentwicklung, Teamstärkung, Austausch und Absprachen.

• Pädagogische Konferenzen z.B. zur interdisziplinären Beratung, Absprache,

Entscheidung und Zielfindung, sowie bei besonderen Anlässen.

• Evaluation dient der gezielten Bewertung und Beurteilung unserer Arbeit, z.B. durch Elternbefragung, Mitarbeiterbefragung und soweit möglich Bewohnerbe-fragung.

• Erledigung von administrativen Angelegenheiten und Einbezug der Bewohner

bei Kontakten mit Behörden und Sonstigen, als Teilgedanke der Integration und Hilfe zur Selbsthilfe.

• Freizeitgestaltung: Wichtiger Teil des Lebens ist die Freizeit. Im Wissen um die

eingeschränkten Möglichkeiten von Menschen mit Schwerstbehinderung, stehen wir in der Verantwortung, Freizeit zu organisieren, Möglichkeiten anzubieten, auf Alternativen hinzuweisen oder diese nahe zu bringen.

• Nachtdienst: Für die einzelnen Häuser unserer Einrichtung ist jeweils ein Mitar-

beiter im Nachtdienst zuständig, so dass auch während der Nacht eine kontinu-ierliche Aufsicht, Betreuung und Pflege gewährleistet ist. Eine weitere, übergrei-fend tätige, Pflegefachkraft stellt nachts vor allem die Behandlungspflege sicher.

• Grundhaltung: Fördern durch fordern. Alles, was unsere Bewohner selbst ma-

chen können, sollen sie bei uns auch tun. Auch, wenn dies mehr Zeit in An-spruch nimmt, als eine Übernahme der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter, soll dem Bewohner jede Möglichkeit gegeben werden, in seinem Selbsttätigsein be-stärkt zu werden.

• Ressourcenorientierung: Unser Ansatz zum Wohnen und Fördern orientiert

sich grundsätzlich an den Ressourcen und Fähigkeiten der Bewohner. Wie es auch der THP vorgibt, werden vorhandene Möglichkeiten der Menschen mit Be-hinderung gestärkt und weiter ausgebaut.

• Förderung in der Pflege: Die Zeit der Grundpflege ist für unsere Menschen mit

Schwerstbehinderung von elementarer Bedeutung. Drei Bereiche können hier er-lebt werden: Erhalt und Ausbau von lebenspraktischen Fähigkeiten durch aktive Mithilfe bei der Körperpflege mit gezielter Anleitung, Erfahren von Zuwendung und Angenommensein und Erleben von Körper- und Sinneswahrnehmung, z. B. intensive taktile Reize beim Eincremen und Elemente der basalen Stimulation.

• Verteilung von Patenschaften: Jeder Bewohner hat einen Paten, der ihm und

seinen Eltern/gesetzlichem Betreuer ganz besonders als persönlicher Ansprech-partner zur Verfügung steht und sich um administrative Aufgaben im Jahresver-lauf, Einkäufe, Geschenke usw. kümmert. Der Pate tritt auch in Teams oder Fallbesprechungen als „Anwalt seines Bewohners“ auf.

• Den Bewohner als Individuum ansehen: Wer in den Förder- und Wohnstätten

lebt, wird mit seinen Möglichkeiten, Wesenszügen und Beeinträchtigungen an- und ernst genommen.

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• Individuellen Wünschen der Bewohner nachkommen: Soweit keine fachli-

chen und/oder konzeptionellen Bedenken vorliegen und es die Sach- und Perso-nalausstattung zulassen, werden Wünsche der bei uns lebenden Menschen in Bezug auf Wohnen, Tages- und Freizeitgestaltung und Umgang mit der eigenen Behinderung berücksichtigt und in die Tat umgesetzt.

• Fortbildungen, Supervision: Die Mitarbeiter der Förder- und Wohnstätte sind

professionell und kompetent. Jedem steht Fortbildungsurlaub und ein persönli-ches Fortbildungsbudget zur Teilnahme an externen Fortbildungen zu. Das inter-ne Fortbildungsprogramm der FWS orientiert sich an den Bedürfnissen unserer alltäglichen Arbeit und an den Anregungen der Mitarbeiter. Fall- und Teamsuper-vision sind möglich.

• Dokumentationssystem: Sämtliche Bereiche des Lebens unserer Bewohner

werden in einem eigens von der FWS entwickelten Dokumentationssystem täg-lich erfasst. Dieses System ist aus der Praxis jahrelanger Arbeit mit Menschen mit Schwerstbehinderung und unter Einbezug von Mitarbeitern entstanden.

• Dienstübergaben: In den Übergabezeiten werden ausgehend von unserem aus-

führlichen Dokumentationssystem alle Besonderheiten des Dienstes besprochen. Darüber hinaus wird über den Tag und die emotionale Befindlichkeit jedes ein-zelnen Bewohners berichtet. Die Übergaben finden gruppenübergreifend pro Etage statt.

• Tagespläne, Wochenpläne, Monatspläne, Jahrespläne: Alle Termine und Er-

ledigungen werden in einem Gruppenterminer zusammengefasst, so dass eine langfristige Planung der anstehenden Aufgaben möglich wird und strukturiert und zielorientiert gearbeitet werden kann.

• Zusammenarbeit: In der Kooperation mit sämtlichen für unsere Arbeit relevan-

ten Dienstleistungsbereichen sind wir um ein produktives und effizientes Mitein-ander sowie regelmäßigen Austausch untereinander bemüht.

• Protokollierung aller wichtigen Gespräche: Sämtliche Besprechungen, Ent-

scheidungen oder Beschlüsse (z. B. Teamsitzungen, Mitarbeitergespräche, El-ternkontakte, Absprachen mit Bewohnern, ...), werden anhand von Protokollen oder im Dokumentationssystem schriftlich fixiert.

• Gruppenübergreifendes Arbeiten findet nicht nur während der Tagesförder-

stätte statt, sondern trägt auch während der Pflege und Freizeitgestaltung zur Umsetzung unseres Gemeinschaftsgedankens bei. Während personeller Eng-pässe helfen sich die Mitarbeiter gruppenübergreifend.

• Einbezug der Bewohner bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten: Unsere Be-

wohner leisten im Rahmen ihrer Ressourcen ihren Beitrag zu hauswirtschaftli-chen Tätigkeiten und unterstützen ansatzweise unseren Selbstversorgungsge-danken*.

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7.2 Tagesförderung (siehe Punkt 3.3)

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8 Unsere Betreuungsformen an verschiedenen Standorten

8.1 Haus Weinbergstraße- Konzeption der Außenwohngruppe (AWG) Ziel Die Außenwohngruppe (im Folgenden kurz AWG genannt) ist eine Dauerwohnform für Menschen mit Behinderung, die ihren Alltag ihren Fähigkeiten entsprechend selbststän-dig und eigenverantwortlich gestalten möchten und dies zumindest in Ansätzen auch schon können.

Unser übergeordnetes Ziel hierbei ist, Menschen zunehmend von professioneller Hilfe unabhängiger zu machen; d.h. eine selbstbestimmte Lebensführung anzustreben.

Aufnahmevoraussetzungen Zu den Aufnahmevoraussetzungen gehört es, ein gewisses Maß an Selbstständigkeit mitzubringen:

• Die Bewohner* sollten sich selbstständig kleine Snacks zubereiten sowie sich mit Getränken versorgen können.

• Die Bewohner sollten im Bereich der Hygiene zumindest eine Teilselbstständig-keit erkennen lassen.

• Die Bewohner müssen sich selbstständig fortbewegen können/mobil sein. • Den Bewohnern muss bewusst sein, dass es Zeiten gibt in denen für mehrere

Stunden kein Mitarbeiter im Haus sein wird. Mit dieser Situation müssen sie um-gehen können.

Sozialverhalten

• Vorhandensein der Bereitschaft Aufgaben zu übernehmen und sich an Abspra-chen zu halten.

• Die Bewohner sollten in der Lage sein, mit anderen zu kommunizieren. • Die Bewohner sollten kein unberechenbares aggressives Verhalten in der Ver-

gangenheit gezeigt haben. Alter

• In die AWG können nur volljährige Personen einziehen. • Die Bewohner sollen beim Einzug im Arbeitsleben stehen.

Medizinische Versorgung

• Die Bewohner sollten in der Lage sein eigenverantwortlich notwendige Medika-mente einzunehmen.

• Die Bewohner sollten keine medizinische Dauerüberwachung (z.B. wegen Diabe-tes oder häufigen, starken Krampfanfällen) benötigen.

Zustimmung der anderen Bewohner

• Die Bewohner haben ein Mitspracherecht bei Neueinzügen. Es sollte Einigkeit erreicht werden welche Personen neu einziehen dürfen.

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Die Kostenanerkenntnis durch den überörtlichen Sozialhilfeträger (SGB XII) muss bei Einzug vorliegen. Die Bewohner müssen die bestehende Hausordnung der AWG anerkennen und bei Einzug frei von ansteckenden Krankheiten gemäß § 34 IFSG sein. Wohnkonzept Konzept Im Haus Weinbergstrasse sollen bis zu fünf Menschen mit Behinderung (zum Perso-nenkreis: s. Gesamtkonzeption der FWS) die Möglichkeit erhalten, bedarfsgerechte Un-terstützung bei ihrer Lebensgestaltung zu erfahren. Durch die Struktur der Organisation (und auch der Räumlichkeit) bietet sich den Bewohnern Überschaubarkeit, Orientierung und soziale Bindung.

Wir unterstützen Bewohner insbesondere:

• bei der Alltagsbewältigung, • bei der Gestaltung der Tagesstruktur, • bei der Bewältigung von Krisen und Konflikten, • beim Umgang mit Ämtern, Ärzten und Behörden, • durch regelmäßige Einzel- und Gruppengespräche.

Besondere Beachtung findet dabei die kompetente Unterstützung der sehgeschädigten Bewohner durch unsere Fachkräfte (Begleitende Dienste, insbesondere Rehabilitations-lehrer für Blinde und Sehbehinderte). Die Gelegenheit zum Probewohnen soll gegeben werden. Die Betreuung erfolgt schwerpunktmäßig wochentags in der Regel zwischen 6:00 - 8:00 Uhr sowie 16:00 - 22:00 Uhr sowie an den Wochenenden und Feiertagen stundenweise zwischen 8:00 - 23:00 Uhr. Bei Hilfebedarf außerhalb der Betreuungsstunden und nachts ist Unterstützung durch die Mitarbeiter der FWS Kettig und Leutesdorf gegen-wärtig. In Zeiten von Notfällen (Erkrankung von Bewohnern o.ä.) sind erweiterte Dienst-zeiten möglich. Eine Reduzierung der Betreuungszeiten durch Verselbständigung der Gruppenmitglieder wird angestrebt. Zusätzlich zur pädagogischen Betreuung gibt es die stundenweise Unterstützung durch eine Hauswirtschaftskraft und bei Bedarf durch einen Hausmeister. Räumliche Ausstattung Hierfür stehen insgesamt fünf Einzelzimmer sowie Gemeinschaftsräume (Küche, Bad, Toiletten und Wohnzimmer), ein Lift, Wirtschaftsräume, sowie ein Außengelände mit Grillplatz und Sonnenwiese zur Verfügung. Ausblick Mit dem Angebot einer AWG wird eine weitere Wohnform etabliert, um Menschen mit verschiedensten Behinderungen die Chance auf ein Leben ihrer Wahl zu geben. Die abgestufte Betreuungsintensität im Vergleich zu den FWS Häusern Kettig und Leutes-dorf und das gegenüber dem „Betreuten Wohnen“ ergänzte Unterstützungsangebot, ist eine zusätzliche Variante zum Wohnen nach Maß.

Die Durchlässigkeit sollte jedoch, um individuellen Bedürfnissen und Veränderungen gerecht zu werden, in beide Richtungen (mehr und weniger Betreuungsbedarf) gegeben sein.

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8.2 Haus Leutesdorf – Konzeption Haus Leutesdorf (siehe auch Punkt 7.1) Ziele, Aufgaben und Organisation der Einrichtung „Das Wohnen befriedigt die Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit, Liebe, Achtung, Freiheit, Eigentum und Selbstbewusstheit“ (Speck 1982) sowie „nach Schutz, Beständigkeit und Vertrautheit, nach Kontakt und Kommunikation, Selbstverwirklichung und Selbstdarstellung.“ (Metzger/Bentele 1996) Unser Grundanliegen ist es, für die Bewohner unserer Einrichtung eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie für sich ein „Zuhause“ finden. Voraussetzung ist der natürliche, aufmerksame Kontakt, der individuelle Belange und Bedürfnisse wahrnehmen und umsetzen lässt, zugleich aber auch erforderliche Gren-zen aufzeigt und realisiert. Den Bewohnern soll ermöglicht werden, in einem angenehmen sozialen Miteinander zu leben. Darüber hinaus ist die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln gegeben, da auch bei Men-schen mit schwersten Behinderungen die Lernfähigkeit nicht mit einem bestimmten Le-bensabschnitt beendet ist. Es besteht ein breites Angebot an tagesstrukturierenden Maßnahmen. Unsere Bewohner erhalten die Gelegenheit zu einer gezielten und regel-mäßigen Förderung und Betätigung, die sich an ihren persönlichen Bedürfnissen orien-tiert. Vorhandene Fähigkeiten werden stabilisiert und der Erwerb neuer Kompetenzen wird vorbereitet und erarbeitet. Bei einem großen Teil unserer Nutzer liegt eine Sehschädigung vor. Die Reduzierung der Sehleistung durch Blindheit oder Sehbehinderung geht u.a. einher mit einge-schränkter Mobilität, Einschränkung der Erfahrungsmöglichkeit der Umwelt auf körper-nahe Reize und Angst vor neuen Situationen. Diese Bewohner sind verstärkt auf die Versprachlichung einzelner Situationen, taktile Reize und körpernahe Erfahrungen an-gewiesen. Jeder Bewohner wird ausgehend von seinen Bedürfnissen, Interessen und Fähigkeiten betreut und gefördert. U.a. bedeutet dies:

• Vermittlung von Lebensfreude, • Förderung in allen möglichen Bereichen (motorisch, sensorisch, kognitiv, Mobili-

tät und Orientierung betreffend, u.a.m.), • Spezielles Training im lebenspraktischen Bereich, • Schaffung eines emotional günstigen Wohnraumes, • Minderung bzw. Abbau von Verhaltensstörungen, • Basale Stimulation, • Unterstützung bei sozialen Kontakten, • Angebote außerhalb der Einrichtung (Freizeitangebote bis hin zu mehrtägigen

Urlaubsfahrten).

Das Haus ist für 18 Bewohner im Wohnen auf Dauer in drei Gruppen konzipiert. Die Aufteilung in einzelne Gruppen dient der besseren Orientierung der Bewohner und be-rücksichtigt eher die Bedürfnisse eines behinderten Menschen, auch in einer kleinen familienähnlichen Einheit wohnen zu wollen. Die Gruppen sollen geschlechtsgemischt belegt werden. Die Belegung erfolgt unter pädagogischen und pflegerischen Aspekten.

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Persönliche Wünsche und Bedürfnisse werden, sofern sie anderen Belangen nicht ent-gegenstehen, selbstverständlich berücksichtigt.

Personenkreis In unserer Einrichtung werden Erwachsene mit Schwerstbehinderung (in der Regel geistig und blind/sehbehindert) aufgenommen. In erster Linie finden bei der Aufnahme die Schulabgänger der Landesschule für Blinde und Sehbehinderte Neuwied, Bildungs-gang für ganzheitliche Entwicklung, und die Besucher der Tagesförderstätte des Heil-pädagogisch-Therapeutischen Zentrums, Berücksichtigung. Mitarbeiter Entsprechend den Aufgaben und Zielen unserer Einrichtung werden Mitarbeiter einge-setzt, die in der Lage sind, sowohl auf die persönlichen Bedürfnisse der Bewohner ein-zugehen, als auch die pflegerischen Betreuungsleistungen zu erbringen. Neben einer pädagogisch qualifizierten Leitung arbeiten Mitarbeiter mit einer pädagogi-schen Ausbildung und/oder einer Ausbildung im Krankenpflegebereich gleichberechtigt miteinander. Das Personal arbeitet im Schichtdienst (Früh-, Spät- und Nachtdienst). Der Nachtdienst wird von eigens eingestellten Nachtwachen übernommen. Die Fachkräfte werden von Praktikanten, Auszubildenden, FSJ- und BFD-Absolventen und angelernten Kräften unterstützt. Alle weiteren therapeutischen Kräfte (Krankengymnasten, Logopäde, usw.) werden über ärztliche Verordnungen tätig. Neben dem betreuenden Personal stehen der Gesamteinrichtung die Mitarbeiter des Bereiches „Begleitende Dienste“ zur Verfügung. Lage der Einrichtung – vorhandene Räumlichkeiten Die Förder- und Wohnstätte ist eingebunden in ein Wohngebiet in dem Ort Leutesdorf. Leutesdorf ist ein Nachbarort von Neuwied. Die Verbindung zur Stadt Neuwied mit Krankenhäusern, Ärzten, Therapeuten und Einkaufsmöglichkeiten ist somit gegeben. Die Einrichtung ist behinderten- und rollstuhlgerecht umgebaut. Das Haus war ehemals ein Hotel. Es wurde am 01.08.1994 seiner jetzigen Bestimmung übergeben. Für die Bewohner stehen 13 sehr freundlich gestaltete Schlafzimmer (8 Einzel- und 5 Doppel-zimmer) zur Verfügung. Die üblichen Hilfsmittel werden vorgehalten. Weiterhin sind drei Gruppenräume, ein Gemeinschaftsraum, ein Krankengymnastik-raum, vier Sanitärbereiche sowie eine Küche vorhanden. Die Funktionsräume der Förder- und Wohnstätte in Kettig können genutzt werden:

• Bewegungsbad, • Matschraum, • Snoezelenraum, • Schwarzraum, • Musikraum, • Lehrküche, • Turnhalle.

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8.3 Förder- und Wohnstätte Kettig (siehe Punkt 7.1 und 7.2)

8.4 Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Kettig (Schwerpunkt Sehgeschädigte)

Leitbild der WfbM Kettig

Bildung und Qualifizierung

Unser Ziel ist es, jedem Beschäftigten ein Höchstmaß an beruflicher und persönlicher Entwick-lung zu ermöglichen und so seine Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen. Dieses erreichen wir durch berufliche Bildung und Qualifizierung, durch adäquate Arbeitsplätze, sowie durch Maßnahmen zum Übergang auf den allgemeinen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Unser Handeln gestalten wir gemeinsam mit den Beschäftigten. Bedeutung von Arbeit Arbeitspädagogisch gestaltete Werkstatttätigkeit ermöglicht die Persönlichkeitsentwicklung so-wie die Entwicklung von Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und Selbständigkeit. Wir achten die individuelle Leistung eines jeden Beschäftigten als seine Teilhabe am Arbeitsleben. Individualität und Einheit Beschäftigte und Mitarbeiter bilden in unterschiedlichen Funktionen und mit verschiedenen Fä-higkeiten eine sich gegenseitig ergänzende Einheit. Gleichzeitig steht allen Beschäftigten und Mitarbeitern der Raum für die Entwicklung ihrer Indi-vidualität offen. Unterstützt werden wir hier von verschiedensten Fachbereichen der Gesamtein-richtung. Teamarbeit Unsere Teamarbeit ist geprägt von gegenseitiger Wertschätzung, Vertrauen und Verantwor-tungsbewusstsein sowie durch ein transparentes und kommunikatives Miteinander. Unser Ziel ist es, die Teamarbeit kontinuierlich weiter zu entwickeln. Wir üben konstruktive Kritik und be-trachten primär die Stärken des Einzelnen, um diese in der Gesamtheit zu nutzen. Transparenz Wir gestalten unsere Arbeit transparent und informieren Interessierte offen und ausführlich über unsere Dienstleistung für Menschen mit Behinderung. Öffentlichkeitsarbeit ist fester Bestandteil der Tätigkeit in unserer Werkstatt. Kettig im September 2013

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PRÄAMBEL

Arbeit ist ein wesentliches Element der Selbstverwirklichung des Menschen. Sie wird als produktive Tätigkeit für die Gesellschaft verstanden. Arbeit in der Werkstatt für be-hinderte Menschen (WfbM) soll daher so organisiert werden, dass sie • die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht; • die eigene Leistungsfähigkeit erlebbar macht; • die berufliche Qualifikation weiterentwickelt; • ein entsprechend der Werkstättenverordnung angemessenes Arbeitsentgelt bietet. Ziel Auftrag der WfbM Kettig ist, Menschen mit Behinderungen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keinen oder noch keinen Arbeitsplatz finden können, eine berufliche Ein-gliederung zu ermöglichen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu verwirklichen. Daraus resultieren drei gleichberechtigte Ziele:

• Förderung der Persönlichkeitsentwicklung • soziale Einbindung (Erleben von Gemeinschaft, Tagesstrukturierung) • wirtschaftlicher Anspruch (Fertigungsbetrieb für Kunden)

Diese Ziele sollen erreicht werden durch: Berufsbildende und die Persönlichkeit för-dernde Maßnahmen, wie z.B.

• Arbeitsbegleitende Angebote zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit • Individuelle Fördermaßnahmen • Maßnahmen zum Übergang auf den allgemeinen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Personenkreis Die WfbM der FWS Kettig bietet 42 Plätze für mehrfach behinderte Menschen, mit geis-tigen und/oder körperlichen Behinderungen, insbesondere in Kombination mit der Be-hinderungsform Blindheit/ Sehbehinderung.

Bild: Focus auf Personenkreis (Beschäftigte*) in der WfbM der FWS Kettig

Wir bieten vorwiegend Arbeitsplätze für die Menschen, welche in der FWS Kettig und in angegliederten Wohnformen ihr Zuhause gefunden haben. Darüber hinaus sind wir auch für Interessenten aus dem regionalen Einzugsgebiet offen, sofern sie dem o.g. Personenkreis angehören. Die Aufnahme in unsere Werkstatt erfolgt über den Fach-ausschuss.

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Personal Das Team unserer WfbM ist multiprofessionell und besteht aus Fachkräften mit hand-werklichen, pädagogischen und pflegerischen Qualifikationen. Unser erklärtes Ziel ist es, mindestens 65 Prozent Mitarbeiter mit Zusatzqualifikation zur geprüften Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung bzw. einem gleichwertigen Abschluss zu beschäftigen. Die verschiedenen Berufsgruppen arbeiten gleichberechtigt zusammen und bringen ihre Fachkompetenzen konstruktiv in die Gestaltung des Arbeitsalltages ein. Unterstützend werden Teilnehmer am Freiwilligen Sozialen Jahr und Bundesfreiwilligendienst sowie Praktikanten eingesetzt. Regelmäßig finden Teamgespräche zur Koordinierung des WfbM- Alltages statt. Jähr-lich wird ein Teamtag zur Teamentwicklung und der Planung zukunftsweisender Projek-te organisiert. Raumangebot Die Arbeit in unserer WfbM wird in Kleingruppen nach Fachbereichen organisiert. Alle Beschäftigten werden unter Berücksichtigung der Arbeitsabläufe entsprechend ih-rer Fähigkeiten und Neigungen eingesetzt. Unsere Arbeits- und Sozialräume sind barrierefrei und rollstuhlgerecht eingerichtet so-wie mit Orientierungshilfen für blinde oder sehbehinderte Menschen ausgestattet. Arbeitsbereiche und Dienstleistungen Folgende Arbeitsbereiche werden in unserer WfbM angeboten:

• Besen- und Bürstenbinderei • Weberei • Montage- und Verpackungsarbeiten • Holzwerkstatt • Korbflechterei • Keramik • Aktenvernichtung • Wäschekennzeichnung • Button- und Schlüsselanhängerherstellung • Kerzenherstellung • Grüne Gruppe

Die Arbeitsplätze werden gemeinsam mit den Beschäftigten individuell eingerichtet und angepasst. Berufsbildungsbereich Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bieten wir Qualifizierungs- und Bil-dungsmaßnahmen auch für Menschen mit schweren Behinderungen an. Als Träger für Beruflichen Bildungsmaßnahmen wenden wir ein zertifiziertes Qualitäts-managementsystem an, das die Forderungen des §2 der Rechtsverordnung zum SGB III (AZAV) erfüllt. Arbeitsbegleitende Maßnahmen Neben der Arbeit bietet unsere WfbM musische und sportliche Aktivitäten wie

• Musikkreis • Proben der Hausband • Kegeln • Motopädiegruppe • Bewegungsgruppe

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• Snoezelen • Schwimmen im hauseigenen Bewegungsbad • Rollfiets • Basketball • Laufgruppe

an. Zweimal wöchentlich ist der von den Beschäftigten betriebene Kiosk geöffnet. Auf Wunsch werden Ferienfreizeiten organisiert. Arbeitsbegleitende Maßnahmen dienen der Förderung der Persönlichkeit und tragen zur Auflockerung der Tagesstruktur bei. Sie fördern mittelbar die Arbeitsfähigkeit und -bereitschaft. Sozialdienst Den Beschäftigten unserer WfbM steht eine Sozialpädagogin beratend und als An-sprechpartnerin zur Verfügung. Sie führt problemorientierte Einzelfallarbeit, gegebenen-falls in Zusammenarbeit mit anderen internen und/oder externen Fachdiensten, durch. Weiter bietet sie unmittelbare Hilfen für den behinderten Menschen und seine Angehö-rigen bei der Eingliederung in die WfbM an. (siehe auch unter 7. Gesamtkonzeption Begleitende Dienste) Begleitende Angebote Maßnahmen wie Krankengymnastik, Ergotherapie, Motopädie, Kinästhetikanwendung und -beratung, rehabilitative Schulung für Blinde und Sehbehinderte, optische und orth-optische Diagnostik oder psychologische Beratung sind integraler Bestandteil der Teil-habe am Arbeitsleben. (siehe auch unter 7. Gesamtkonzeption Begleitende Dienste) Werkstattrat Ein gewählter Werkstattrat vertritt die Beschäftigten gemäß der Werkstätten- Mitwirkungsverordnung. Näheres ist in Punkt 3.4.2. der Gesamtkonzeption nachzule-sen. Teilhabeplanung - WfbM Modul Regelmäßig wird mit den Beschäftigten unserer WfbM ein Individueller Hilfeplan in Form des WfbM Moduls der Teilhabeplanung (THP) erarbeitet und fortgeschrieben. Dieser Hilfeplan ist auch Bestandteil des Aufnahmeverfahrens und des THP – Wohnen. Der Plan berücksichtigt die Vorgaben der Rahmenvereinbarung zwischen der Bundes-agentur für Arbeit und der Bundesarbeitsgemeinschaft WfbM sowie das THP – Verfah-ren in Rheinland Pfalz. Der Eingliederungsplan bzw. Teilhabeplan dient der Festlegung und Fortschreibung des Hilfebedarfs sowie der Förderplanung für den Berufsbildungs- und Arbeitsbereich. Vermarktung im Werkstattladen und auf Märkten Die Eigenprodukte der verschiedenen Abteilungen werden im Werkstattladen und auf Märkten unter Mitwirkung der Beschäftigten zum Verkauf angeboten. Siehe auch www.fws-kettig.de. Öffnungszeiten des Werkstattladens: Montag – Donnerstag 8.00 – 16.00 Uhr Freitag 8.00 – 12.00 Uhr

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Qualitätsmanagement der Werkstatt Als Werkstatt für behinderte Menschen sind wir seit dem 04.09.2012 nach DIN ISO 9001/2008 zertifiziert. Neben dem Produktionsprozess stellen wir im besonde-ren Maße den Reha-Prozess in den Vordergrund. Schlusswort Durch die besonderen Rahmenbedingungen können wir in unserer WfbM eine Arbeits-atmosphäre gestalten, die Raum für individuelle Förderung unseres speziellen Perso-nenkreises ermöglicht. Dabei spielen das Erleben von Gemeinschaft und die zwi-schenmenschliche Akzeptanz eine wichtige Rolle. Gern führen wir interessierte Besucher nach Terminvereinbarung durch unsere WfbM. Praktika und Hospitationen sind nach Absprache jederzeit möglich. Wir sind als Bundesfreiwilligendienststelle anerkannt und bieten die Möglichkeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr zu absolvieren.

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9 Verbands- und Gremienarbeit

Die Förder- und Wohnstätten gGmbH sieht sich als eine innovationsfähige Organisati-on, die ihre fachlichen Standards im Kontext der theoretischen und fachpraktischen Bei-träge stetig weiterentwickelt. Mit dem Ziel der Vernetzung mit anderen sozialen Instituti-onen (fachliches Benchmarking*) sowie der umfassenden Beteiligung an der Gremien- und Verbandsarbeit, streben wir eine rege Teilhabe an fachöffentlichen Entwicklungen an. Um die beabsichtigten Prozesse systematisch gestalten zu können, sind kontinuier-liche und aktive Teilnahmen an entsprechenden Gesprächsrunden von Bedeutung. Eine Liste der Mitgliedschaften und Beteiligungen kann an dieser Stelle die vielfältigen Bemühungen um Informationsbeschaffung und Austausch auf verschiedensten Ebenen verdeutlichen:

• Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband Deutschland (DPWV), Landesver-band Rheinland-Pfalz/Saarland

• Mitarbeit in der DPWV-Regionalgruppe Koblenz • Mitglied in der Qualitätsgemeinschaft des DPWV • Mitglied im Bundes- und Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte

e.V. • Mitglied im Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und

Beruf e.V. • Mitglied in der Bundesarbeitgemeinschaft der Einrichtungen für mehrfachbehin-

derte sehgeschädigte Erwachsene im Verband der Blinden- und Sehbehinder-tenpädagogen und –Pädagoginnen e.V.

• Mitarbeit in den rheinland-pfälzischen Landesarbeitsgemeinschaften: o Wohnen, o Tagesförderstätten, und o Werkstätten für behinderte Menschen

• Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Men-schen

• Mitarbeit in der Fachgruppe Behindertenhilfe und Psychiatrie der LIGA Rhein-land-Pfalz

• Mitarbeit in der kleinen LIGA Mayen – Koblenz • Mitglied der LIGA-Fachgruppe Behindertenhilfe • Mitarbeit in den Psychosozialen Arbeitsgemeinschaften der Kreise Neuwied und

Mayen-Koblenz • Mitglied in der Gesellschaft für unterstützte Kommunikation (ISAAC), • Mitglied im Vereinsring Kettig e.V. • Mitglied bei den Naturfreunden Kettig • Mitglied im Deutschen Jugendherbergswerk.

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10 Die Förder- und Wohnstätten gGmbH Kettig in ihrem fach-lichen Netzwerk

Am Anfang der Förder- und Wohnstätten gGmbH (FWS) steht ein Satzungsauftrag, mit dem im Jahre 1991 anlässlich ihrer Gründung die fachliche Richtung vorgegeben wurde (siehe Präambel). Damit wurde eine dynamische Entwicklung eingeleitet, die bis heute andauert. Die Gesellschafter selbst sind namhafte Einrichtungen und Vereine in unserer Region am Mittelrhein:

• der Verein für Menschen mit Behinderung e.V. Neuwied/Andernach, • der Verein zur Betreuung blinder und sehbehinderter Kinder e.V. Neuwied und • das Heilpädagogisch-Therapeutische Zentrum gGmbH, Neuwied (HTZ), • die Stiftung Parität, Saarbrücken (seit 2014).

Im Auftrag dieser Gesellschafter hat die FWS ihre Arbeit aufgenommen und kooperiert seit Jahren mit ihnen auch auf fachlicher Ebene sehr eng. Weitere langjährige kompe-tente Partner sind, insbesondere wenn es um den Aufbau und die Fortentwicklung von bedarfsgerechten Angeboten geht,

• die Landesschule für Blinde und Sehbehinderte und ihr zugehöriges Internat, • der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) Rheinland-Pfalz-Saarland

e.V., der Gesellschafter des HTZ ist, • und der Verein für Körper- und Mehrfachbehinderte Rheinland-Pfalz e.V.

Neben diesen Einrichtungen und Diensten, wurden bei der FWS weitere Organisationen aus der Taufe gehoben. Förderverein der Förder- und Wohnstätten gGmbH Mit interessierten Bürgern aus Kettig wurde im Jahre 2005 ein Förderverein gegründet. Der Förderverein unterstützt die Bewohner und Beschäftigten der Förder- und Wohn-stätten gGmbH. Er bietet Hilfen, wie zum Beispiel:

• Förderung von Gruppenaktivitäten, • Anschaffung spezieller Hilfsmittel für blinde, sehbehinderte und körperbehinderte

Menschen, • Verbesserung der Ausstattung von Therapieräumen, • Unterstützung von Freizeitmaßnahmen und Ferienaktivitäten u.a.m.

Die Spendengelder kommen gänzlich den betroffenen Menschen zugute. Der verant-wortliche Umgang mit den Mitteln wird nachgewiesen. Die Spender werden in ein Spendenverzeichnis aufgenommen und kontinuierlich über die Aktivitäten des Vereins sowie über Neues in der Förder- und Wohnstätte informiert. Um Gelder für die oben genannten Zwecke einsetzen zu können, werden vom Förder-verein integrative Kulturveranstaltungen organisiert. Für dieses Engagement wurde der Förderverein im Jahre 2007 mit einem Ehrenamtspreis der FDP im Kreis Mayen-Koblenz ausgezeichnet. Mittelrheinische Stiftung für Menschen mit Behinderung Mit ihrem Grundsatzbeschluss zur Gründung einer Stiftung bei der Förder- und Wohn-stätten gGmbH haben die Gesellschafter im Jahre 2007 eine zukunftsweisende Ent-scheidung getroffen.

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Sie tragen damit verschiedenen gesellschaftlichen Phänomenen Rechnung, denn für die Behindertenhilfe muss damit gerechnet werden, dass der eingeschlagene Weg der Kosteneinsparungen schmerzlich spürbar wird und Einbußen bei der personellen und sächlichen Ausstattung drohen. Um dieser Sorge dauerhaft und wirksam zu begegnen, bedarf es mit Sicherheit einem Bündel von Maßnahmen. Eine Möglichkeit schlägt die gGmbH der Förder- und Wohn-stätte nunmehr mit der Stiftungsgründung ein. Es sollen dauerhaft Mittel erzielt werden, die ausschließlich Menschen mit Behinderungen zu Gute kommen, um deren Lebens-qualität zu sichern. Das Stiftungsvermögen, das sich aus Zuwendungen zu Lebzeiten oder auch aus Nach-lässen speist, bleibt „auf ewig“ erhalten, denn es werden lediglich die Erträge für die sozialen Zwecke vom Stiftungsvorstand verausgabt. Dieser muss dabei im Sinne der Satzung handeln, die durch die Aufsichts- und Dienst-leistungsdirektion genehmigt wird. Eine Stiftung muss jährliche Berichte an die Stif-tungsaufsicht schicken. Gelder in eine Stiftung zu geben, lohnt sich nicht nur ideell sondern auch finanziell, denn der Staat fördert sehr intensiv durch steuerliche Vergünstigungen die Gründung einer Stiftung.

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11 Öffentlichkeitsarbeit Was will Öffentlichkeitsarbeit? Öffentlichkeitsarbeit einer sozialen Einrichtung wie der Förder- und Wohnstätten gGmbH mit Ihren verschiedenen Dienstleistungen und Standorten will Verständnis und Vertrauen für die sozialen Belange in der Öffentlichkeit aufbauen und pflegen. Transpa-renz und offensive Information über die Arbeit mit und das Leben von Menschen mit Behinderung möchten zur besseren Integration und zur „Normalisierung“ beitragen. Öffentlichkeitsarbeit bedeutet unter anderem Werbung und Imagepflege. Sie hat auch die Initiierung und Erhaltung der Unterstützungsbereitschaft (Spenden) zum Ziel. Öffentlichkeitsarbeit in den Förder- und Wohnstätten geschieht durch:

• Pressearbeit (Pressemitteilungen, Einladung an Presse, und anderes) • Eigene Medienarbeit (Prospekt- und Informationsmaterial, Werbung) (siehe auch

11.1. u. 11.2.) • Begrüßung von Besuchergruppen • Eigene Veranstaltungen:

� Tag der offenen Tür, � Herbst- und Handwerkermarkt, � Kulturelle Veranstaltungen, � Einladung von Interessenten, � öffentliche Ausstellungen im Haus

• Teilnahme an externen Veranstaltungen (Besuch bis hin zu Kooperation z.B. Kettiger Vereine, Karneval, St. Martins Umzug, Teilnahme an Märkten und ande-ren).

11.1 Hauszeitung Unsere Zeitung „Durchblick“ erscheint zweimal jährlich. Sie bietet einem großen Leser-kreis Informationen, Interessantes und Unterhaltsames aus den Förder- und Wohnstät-ten. Der „Durchblick“ gibt Mitarbeitern wie Bewohnern die Möglichkeit, sich zu einrich-tungsinternen wie auch zu allgemein interessanten Themen zu äußern. Die Zeitung ist sehbehindertenfreundlich gedruckt. Für Blinde besteht die Möglichkeit Texte in Brailleschrift oder als Audiodatei zu erhalten.

11.2 Internet Unsere Homepage bietet umfangreiche Informationen über alle Bereiche der FWS. Ak-tuelle Infos (z.B. Stellenangebote) stehen neben strukturellen und konzeptionellen Dar-stellungen der Einrichtung. Die Seiten der Homepage (www.fws-kettig.de) sind barrierefrei aufgebaut.

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12 Ausblick Die weitere Entwicklung der sozialen Dienstleitungen der Förder- und Wohnstätten gGmbH ist eng vernetzt zu sehen mit den fachlichen, gesetzlichen und politischen Ver-änderungen, in denen sie eingebettet ist. Der Prozess der „Individuellen Hilfeplanung“, der substantiell nicht neu für das Haus war, hat allerdings hinsichtlich der Formalitäten zur Hilfeplanung in jüngster Zeit etliche Veränderungen gebracht, wobei diese noch nicht abgeschlossen sind. Es bleibt abzu-warten, wie sich der als nachfolgend angedachte Schritt, nämlich die Bildung von ver-gleichbaren Hilfebedarfsgruppen von Menschen mit Behinderungen, auf die Ausgestal-tung der Dienstleistungen Wohnen, Fördern und Arbeiten auswirken wird. Auch der mit dem Sozialgesetzbuch XII initiierte Prozess, durch sog. „Persönliche Bud-gets“ das Leistungsdreieck zwischen Leistungserbringer, Leistungsträger und Leis-tungsempfänger grundlegend zu reformieren, ist in seinen Effekten zur Zeit noch nicht einschätzbar. Die Leitlinie der Landespolitik in Rheinland-Pfalz „Wohnen – wo ich will“ nach der zu-nehmend Menschen mit Behinderungen, betont wird von den Protagonisten ausdrück-lich der Einschluss der Schwerstbehinderten, soll im Kontext mit den reformerischen Effekten des Sozialgesetzbuch XII zum Auszug von Menschen mit Behinderung aus Einrichtungen führen. Gleichzeitig sollen ambulante Strukturen aufgebaut werden, die eine umfassende Versorgung in eigenen Wohnungen gewährleisten können. Unsere gGmbH steht bereit für ihre Klientel, soweit dies im Einzelfall als möglich er-scheint und gewünscht wird, dezentrale Wohnformen aufzubauen und begleitende am-bulante Strukturen der Versorgung zu schaffen. Gleichzeitig wird sich unsere Organisation bei der Bemessung und Neuordnung von Vergütungssätzen unter Betonung der Sonderbedarfe der von uns betreuten Nutzer engagiert für auskömmliche Finanzrahmen einsetzen, um auch künftig den Klienten alle fachlich angezeigten Hilfen zukommen zu lassen. Bei allen Bemühungen, die aus der Landes- und Bundespolitik hinsichtlich eines Zu-rückdrängens stationärer Hilfeangebote spürbar sind, können wir lediglich über den Trend einer starken aktuellen und zukünftigen Nachfrage nach stationären Angeboten berichten. Demgemäß stehen wir bereit diese Bedarfe ggf. auch durch die Schaffung weiterer Wohn-, Förder- und Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu erfüllen. Wir können uns bei den allermeisten der von uns betreuten Klienten, die schwerst- mehrfachbehindert sind, wobei im Hinblick auf selbständiges Wohnen insbesondere die in der Regel schwere geistige Behinderung zu beachten ist, ein Leben außerhalb des gruppenpädagogischen Rahmens einer stationären Einrichtung vorstellen. Die Förder- und Wohnstätten gGmbH wird auch in Zukunft die Bedarfe und Wünsche der Menschen mit schwersten Behinderungen, respektive die stellvertretend von deren gesetzlichen Vertretern geäußerten und in der fachlichen Diskussion der gemeinsamen Teilhabeplanung erzielten Erkenntnisse, zur Grundlage des konzeptionellen Handelns machen.

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13 Soziale Dienstleistungsgesellschaft Mittelrhein gGmbH (SDM)

Im Jahre 2008 gründete die Förder- und Wohnstätten gGmbH mit der „Sozialen Dienst-leistungsgesellschaft Mittelrhein“ eine Tochter gGmbH. Sie wird stationäre und teilstati-onäre Angebote des Trägers durch ambulante Angebote zu einem umfassenden Hilfs-angebot abrunden. Folgende Dienstleistungen, die sich an Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen wenden, werden individuell, bedarfsgerecht und sukzessive auf-gebaut: √ Betreutes Wohnen (Konzeption ist auf Nachfrage erhältlich) √ Betreuung im Sinne des Persönlichen Budgets √ Kompetenz- und Beratungszentrum für Blinde und Sehbehinderte √ Assistenz und Integrationshilfen im Wohnen und im Arbeits- und Freizeitbereich √ Mobilitätshilfen √ Serviceangebote √ Familienentlastung √ Assistenz- und Integrationshilfen im Vorschul- und Schulbereich √ u. a. m. Die Zielsetzung dieser gGmbH ist eindeutig darauf ausgerichtet, Menschen mit Behin-derung in der Region Mittelrhein beim selbstständigen Leben zu unterstützen. Sie leben in ihrer eigenen Wohnung, in ihrer Familie, in einer Wohngemeinschaft, brauchen zu-weilen Unterstützung bei der Alltagsbewältigung, Freizeitgestaltung oder bei Krisensitu-ationen. Wir vermitteln ein abgestimmtes Angebot. Wir beraten kostenlos und vertrau-lich, zu Hause oder in unserem Büro der SDM. Kontakt: SDM Anne-Frank-Str. 1 56220 Kettig Tel.: 0261/8897200 Fax: 0261/889720129

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14 Glossar Andragogisch = Andragogik ist die Wissenschaft von der Bildung Erwachsener. Apallisches Syndrom = Das apallische Syndrom ist der medizinisch korrekte Begriff für das Wachkoma. Apal-lisch heißt dabei wörtlich übersetzt ohne Mantel bzw. ohne Rinde. Ein anderer gelegent-lich verwendeter Begriff ist das Coma vigile. Es wurde erstmals 1940 vom deutschen Psychiater Ernst Kretschmer beschrieben. Ursache für das apallische Syndrom ist im-mer eine massive Schädigung des Gehirns, beispielsweise nach einem Schädel-Hirn-Trauma, einem Schlaganfall, einer entzündlichen Gehirnerkrankung (Meningitis, Enze-phalitis) oder einer schweren Sauerstoffmangelschädigung nach Reanimation. Im Gegensatz zum Koma liegen die Patienten scheinbar wach im Bett, sind aber häufig nicht durch äußere Reize erreichbar. Der Blick geht starr und unfixiert ins Leere; es ge-lingt nicht, einen Blickkontakt aufzubauen. Das Syndrom geht mit unterschiedlichen neurologischen Ausfällen einher. Atemmassage = Der Grundgedanke der Atemmassage nach Schmitt/Brüne ist die Beeinflussung der Atmung auf reflektorische, d.h. nicht bewusst gesteuerte Weise. Die vertiefte Atmung erfolgt als spontane Antwort des Körpers auf therapeutische Reize. Die Therapeutin arbeitet mit speziellen Reizgriffen wie Dehnungs-, Klopf-, und Vibrati-onsreizen bis hin zu dosierten Schmerzreizen. Durch diese Reize kommt es zu einer verstärkten Ausatmung, die dann zu einer vertieften Atembewegung führt. Auditiv = Das Hören betreffend. Barrierefrei =

s. Landesbauordnung Rheinland-Pfalz, „§1 Ziel dieses Gesetzes ist es, auf der Grund-lage des Artikels 64 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Benachteiligungen von behin-derten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihnen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermögli-chen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen. §2(3) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Ge-brauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Le-bensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, oh-ne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.“ Basale Stimulation = Basale Stimulation (von lat. basal = grundlegend und stimulatio = Anreiz, Anregung) bedeutet die Aktivierung der Wahrnehmungsbereiche und die Anregung primärer Kör-per- und Bewegungserfahrungen sowie Angebote zur Herausbildung einer individuellen non-verbalen Mitteilungsform (Kommunikation) bei Menschen, deren Eigenaktivität auf Grund ihrer mangelnden Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist und deren Fähigkeit zur Wahrnehmung und Kommunikation erheblich behindert ist, z.B.: schwerstbehinderte Menschen, Schädel-Hirn-Traumatisierte, Menschen mit hemiplegischem, apallischem

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oder komatösem Syndrom. Mit einfachsten Möglichkeiten wird dabei versucht, den Kon-takt zu diesen Menschen aufzunehmen, um ihnen den Zugang zu ihrer Umgebung und ihren Mitmenschen zu ermöglichen und Lebensqualität zu erleben. Begleitungskompetenz = Unter diesem Begriff verstehen wir die Fähigkeit eines Mitarbeiters sowohl Nutzer in ihrem Lebensalltag als auch Kollegen in deren Berufsalltag ein Begleiter, Assistent und Förderer zu sein, um Kompetenzen zu entwickeln, Ressourcen zu fordern und Qualität zu sichern. Benchmarking = „Besser werden durch Lernen von anderen“ Ist ein Analyse- und Planungsinstrument, das einen Vergleich des eigenen Unterneh-mens mit dem "Klassenbesten" der Mitbewerber und darüber hinaus auch Vergleiche mit branchenfremden (best practice) Unternehmen erlaubt. Es werden dabei Methoden, Abläufe und Strukturen verglichen um Qualitätssteigerungspotenziale aufzudecken. Dekubitus = Ein Dekubitus, auch Wundliegen, Druckbrand oder Druckgeschwür genannt, ist eine Wunde, die von den oberflächlichen Hautschichten über die tiefer liegenden Bindege-websschichten bis hin zum Knochen reichen kann. Bei der Entstehung der Wundfläche kommen unterschiedliche Faktoren zusammen: der Zustand der Haut, der Allgemeinzustand und die Mobilität (Beweglichkeit) des Patienten und zusätzlich Reibung, Scherkräfte und Druck, die auf die Haut einwirken. Empathie = Als Empathie (griech. = Mitfühlen) bezeichnet man die Fähigkeit eines Menschen, sich kognitiv in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, seine Gefühle zu teilen und sich damit über sein Verstehen und Handeln klar zu werden (Einfühlungsvermögen). Epilepsie = Unter Epilepsie (griechisch = Anfall) versteht man ein Krankheitsbild mit wiederholt auf-tretenden epileptischen Anfällen (mindestens 2), die nicht durch eine vorausgehende erkennbare Ursache hervorgerufen wurden. Ein epileptischer Anfall ist die klinische Äu-ßerung einer abnormen und exzessiven Entladung von Nervenzellverbänden im Gehirn. Er ist charakterisiert durch plötzlich auftretende und vorübergehende Erscheinungsfor-men wie Änderung des Bewusstseins, motorische Ereignisse, Veränderungen der Wahrnehmung und des Gefühls, die vom Patienten oder einem Beobachter wahrge-nommen werden. Einzeln auftretende epileptische Anfälle sind von dieser Definition ausgenommen und werden auch als "Gelegenheitsanfälle" bezeichnet. Fachausschuss = Der Fachausschuss ist ein beratendes Gremium, das auf Grundlage eines Vorschlages des Trägers der Werkstatt oder im Falle des § 5 Abs. 5 Satz 2 WVO auch des zuständi-gen Rehabilitationsträgers Stellungnahmen und Empfehlungen abgibt. Stimmrecht ha-ben hier jeweils ein Vertreter aus WfbM, Bundesagentur für Arbeit und Landesamt Mainz als überörtlicher Kostenträger. Beratend nimmt ein Vertreter des örtlichen Sozial-hilfeträgers teil. (s. Cramer 2003)

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Gruppenpädagogik = Das Konzept der Gruppenpädagogik ("social group work") wurde in den USA entwickelt und zwar maßgeblich von Gisela Konopka. Wesentlich bei diesem Konzept ist, dass Einzelne durch die Gruppe befähigt werden sollen, ihre persönlichen und sozialen Prob-leme besser zu bewältigen. Dagegen abgegrenzt werden die beiden anderen Methoden der Sozialarbeit/Sozialpädagogik: die Einzelfallhilfe und die Gemeinwesenarbeit. Gustatorisch = Den Geschmack betreffend. Haptisch – taktil = Das Fühlen auf der Haut und mit der Haut (aktiv und passiv) betreffend. Hippotherapie = Die Hippotherapie ist eine Ergänzung zur Physiotherapie, bei der speziell ausgebildete Pferde eingesetzt werden. Bei dieser Form der Krankengymnastik auf neurophysiologi-scher Basis wird das Reitpferd als Medium verwendet, um Bewegungsimpulse auf das Becken des Menschen zu übertragen. Dabei sitzt der Patient meist in der Gangart Schritt auf dem Pferderücken.

Kinästhetisch = Das Empfinden der Bewegung des Körpers betreffend. Kognitiv = Mit dem Begriff Kognition werden solche Prozesse und Produkte bezeichnet, die auf der Grundlage der Leistungsfähigkeit des Gehirns auf überwiegend intellektuelle, verstan-desmäßige Wahrnehmungen und Erkenntnisse bezogen sind. Kontraktur = Teilweise oder vollständige Versteifung eines Gelenkes durch Krankheitsprozesse im oder um ein Gelenk. LWTG = Das Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) ist in Rheinland-Pfalz am 1. Januar 2010 an die Stelle des alten Heimgesetzes des Bundes getreten. Es will mit seinen Regelungen die Qualität der Einrichtungen für ältere Menschen und für volljähri-ge Menschen mit Behinderung und volljährige pflegebedürftige Menschen fördern und kleinräumige, selbstbestimmte gemeinschaftliche Wohnformen unterstützen. Organisationshandbuch = Im Organisationshandbuch der FWS (als Datei im Intranet und in Papierform) sind alle Dinge abgelegt und gespeichert, die für unsere Arbeit relevant oder interessant sind oder die wir für unsere Arbeit selbst entwickelt haben. Beispiele: Formular zur Reisekostenabrechung, Zeiterfassungskorrekturbeleg, THP-Vordruck, Biostoffverordnung, Stellenbeschreibung uvm.) Die Dokumente werden jährlich überprüft. Olfaktorisch = Das Riechen betreffend.

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Opthalmologisch = Die Augenheilkunde betreffend. Physiotherapie = Physiotherapie ist die äußerliche Anwendung von Heilmitteln. Sie orientiert sich bei der Behandlung sowohl an den natürlichen chemischen und physikalischen Reizen der Umwelt (z.B. Wärme, Kälte, Druck, Strahlung, Elektrizität) als auch an den anatomi-schen und physiologischen Gegebenheiten des Patienten. Dabei zielt die Behandlung auf natürliche, physiologische Reaktionen des Organismus (z. B. Muskelaufbau, Stoff-wechselanregung) zur Wiederherstellung, Erhaltung oder Förderung der Gesundheit. Anwendungen sind z. B. Krankengymnastik als Einzel-, oder Gruppentherapie, Massa-gen, Thermotherapie (Wärme- und Kältetherapie in verschiedenster Form), Atemthera-pie, Bewegungsbäder, Rückenschule... Propriozeptiv = Die Wahrnehmung der Stellung und Bewegung des eigenen Körpers im Raum betref-fend (Tiefensensibilität). Psychomotorik = Gesamtheit des durch psychische Vorgänge beeinflussten körperlich-seelischen Aus-drucksverhaltens. Schwerstbehinderung = Die Schwerstbehinderung ist die Bezeichnung für eine Beeinträchtigung des ganzen Menschen in allen seinen Lebensvollzügen aufgrund komplexer Beeinträchtigung sehr vieler Fähigkeiten dieses Menschen. Es sind in der Regel alle Erlebens- und Aus-drucksmöglichkeiten, also emotionale, kognitive, körperliche, soziale und kommunikati-ve Fähigkeiten, betroffen. Es handelt sich also nicht um eine einzige Beeinträchtigung (landläufig bekannt als Behinderung) wie geistige oder körperliche Beeinträchtigung, sondern um angehäufte Beeinträchtigungen. Das heißt, dass sich verschiedene Beein-trächtigungen gegenseitig bedingen, verstärken und/oder verursachen, was letztendlich zur Schwerstbehinderung führt. Es ist daher auch keine Zuordnung zu einem der gän-gigen Leitsymptome (wie z. B. geistige, körperliche oder unterschiedliche Sinnesbehin-derungen) möglich, weil diese dem Charakter der Komplexität der Beeinträchtigung und Ganzheitlichkeit des Individuums nicht gerecht werden würde. aus Wikipedia, Stand: 28.04.14

Selbstversorgungsgedanke = Soziale Einrichtungen tragen in sich die Tendenz ihre Klienten in einem totalitären Sin-ne überzuversorgen (s. GOFFMANN, 1971) und gleichzuschalten. Diesem, mitunter auch als Institutionalisierung bezeichneten Phänomen, wollen wir durch Individualisie-rung der Hilfen und durch Entinstitutionalisierung begegnen. Gelingen kann dies mit der griffigen Formulierung: „Ein Heim ist kein Hotel!“ Wir streben eine aktivierende Betreu-ung und Pflege an, bei der die Klienten möglichst viel an Selbstversorgung überneh-men. Für diesen Prozess gilt es die Ressourcen der Nutzer zu erkennen, diese durch Forderungen zu trainieren und zu fördern. Ein Beispiel: nicht die Arbeitskräfte aus Be-treuung oder Hauswirtschaft decken den Tisch zu den Mahlzeiten, sondern die Bewoh-ner im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten. Diese reichen vom selbständigen Tisch-decken bis hin zum Tischdienst unter erheblicher Mitwirkung durch das Personal.

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Spastik = Eine Spastik ist ein schmerzhafter Muskelkrampf, deren Ursache in einer Störung des Zentralen Nervensystems (Gehirn oder Rückenmark) liegt. Snoezelen = Snoezelen ist ein Kunstwort aus dem Niederländischen (von sniffelen (riechen, Schnüf-feln) und doezelen (ruhen, dösen)) und bezeichnet eine Technik aus der Sonder- und Heilpädagogik die Mitte der 70er Jahre von Jan Hulsegge und Ad Verheul entwickelt wurde. Schwerstbehinderte sollen beim Snoezelen einzelne Sinneswahrnehmungen in einer ruhigen, ansonsten reizarmen Umgebung erleben. Abseits vom Alltag mit seinen vielfältigen, in die Breite gehenden Sinneseindrücken, wird beim Snoezelen ein einzel-ner Sinn (z.B. der Tastsinn) stimuliert. Heute stellt Snoezelen eine Schnittstelle zwi-schen Therapie und dem ursprünglichen Ansatz von Freizeitgestaltung dar. Systemisch = Was heißt systemisch? Grundsätzliches zur systemischen Therapie von Wilhelm Rotthaus. Die systemische Psychotherapie, die systemische Beratung und die systemische Su-pervision bauen auf modernen Konzepten system- theoretischer Wissenschaft auf, die mittlerweile Eingang in alle Disziplinen der Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften gefunden haben. Sie ermöglichen es, komplexe Phänomene, die menschliches Leben und Zusammenleben charakterisieren, komplexitätsgerecht aufzufassen und eine pas-sende Methodik zu ihrer Behandlung zu entwickeln. Nach systemischem Verständnis ist der Mensch immer zugleich als biologisches und als soziales Wesen zu betrachten. Die systemische Perspektive rückt deshalb die dynamische Wechselwirkung zwischen den biologischen und psychischen Eigenschaften einerseits und den sozialen Bedin-gungen des Lebens andererseits ins Zentrum der Betrachtung, um das Individuum und seine psychischen Störungen angemessen verstehen zu können. (…) Grundlage für die systemische Praxis ist die Kooperation zwischen Hilfesuchendem und Helfer. Zentrales Arbeitsmittel ist der öffnende Dialog. Dem Klienten gegenüber bemüht sich der Therapeut, Berater oder Supervisor um eine Haltung des Respekts, der Unvor-eingenommenheit, des Interesses und der Wertschätzung bisheriger Handlungs- und Lebensstrategien. DGSF 2001 Systemischer Ansatz = Ein System besteht aus einer Menge von Elementen und ihren spezifischen Reaktionen zueinander. Das System wird als Regelkreis erfasst um Zustände zu beschreiben und Beziehungen zwischen Einflüssen zu analysieren. THP (früher IHP) = Individuelle Teilhabeplanung. „Das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) sieht vor, dass bei Leistungen, die von Trägern der Einrichtungen erbracht werden, Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen abgeschlossen werden. In Rah-menverträgen zu diesen Vereinbarungen sollen zwischen dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, den kommunalen Spitzenverbänden und den Vereinigungen der Träger der Einrichtungen auf Landesebene die Rahmenbedingungen festgelegt werden. Das Land Rheinland-Pfalz hat gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den Trägern von Einrichtungen Vereinbarungen getroffen, die zum einen die Umset-zungsschritte, zum anderen die personenzentrierte regional orientierte Hilfeerbringung festlegt. Grundlage für eine an den Bedarfen der Person orientierte Hilfegewährung ist eine Teilhabeplanung, die gemeinsam mit der Person durchgeführt wird. Bereits im Jahr

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2000 haben sich die Beteiligten auf die Entwicklung eines Instrumentariums zur Teilha-beplanung geeinigt. Dieses Instrumentarium, der Individuelle -Teilhabeplan (THP), liegt nunmehr vor und wird ab dem Jahr 2003 bei den Personen, die Eingliederungshilfe o-der Hilfen in besonderen sozialen Schwierigkeiten benötigen als Grundlage für eine in-dividuelle Teilhabeplanung verwendet.“ (Zitiert nach der Internetseite http://www.masfg.rlp.de/Soziales/; Februar 2009) Thrombose = Die Thrombose ist eine Gefäßerkrankung, bei der sich ein Blutgerinnsel (Thrombus) in einem Gefäß bildet. Obwohl Thrombosen in allen Gefäßen auftreten können, meint man meist eine Venenthrombose. Vestibulär = Den Gleichgewichtssinn betreffend. Visuell = Das Sehen betreffend.

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15 Literatur und Quellenangaben

Bifos 2001 - Wörterbuch für leichte Sprache./Wir vertreten uns selbst! (Hrsg.), bifos Schriftenreihe, 3. überarbeitete Auflage 2001. Bleidick 1995 - Einführung in die Behindertenpädagogik./ Bleidick, Ullrich u.a., 3 Bände, 5. Auflage, Stuttgart 1995.

Cramer 2003 – Werkstätten für Behinderte Menschen./ Cramer, Horst C., Verlag C. H. Beck, 3. Auflage, München 2003.

Erikson 1966 - Identität und Lebenszyklus. Erikson, E.H., Suhrkamp Taschenbuch Verlag: Frankfurt am Main, 1. Auflage 1973. Fröhlich 1998 - Basale Stimulation - Das Konzept./ Fröhlich, Andreas, Düsseldorf 1998. Goffman 1971 - Verhalten in sozialen Situationen. Strukturen und Regeln der Inter-aktion im öffentlichen Raum./Goffman, Erving,Bertelsmann Verlag, Gütersloh 1971. Gröschke 1997 - Praxiskonzepte der Heilpädagogik. Anthropologische, ethische und pragmatische Dimensionen/ Gröschke, Dieter, 2., neu bearb. Aufl., München 1997. Günther/Bergler 1992 - Arbeitsplatz stationäre Jugendhilfe. Ergebnisse einer verglei-chenden Berufsfeldanalyse und Maßnahmevorschläge./ Günther, Rudolf; Bergler, M., Frankfurt a. M. (IGfH) 1992. Heinz, Petra/Küster, Karl Ludwig – Konzeption einer Kombinationseinrichtung für mehrfachbehinderte blinde und sehbehinderte Erwachsene und mehrfachbehin-derte nichtsehgeschädigte Erwachsene mit Werkstatt, Förderwerkstatt, Förder-stätte und Wohnheim, Neuwied 1993. Metzger/Bentele 1996 - Didaktik und Praxis der Heilerziehungspflege / Bentele, Peter; Metzger, Thomas, LAMBERTUS-VERLAG Ein Lehrbuch, 3. Auflage, 1998. Schubert/Zink 1998 – Qualitätsmanagement in sozialen Dienstleistungsunternehmen / Schubert, Hans Joachim; Zink, Klaus J., Luchterhand, Berlin 1998. Speck 1982 - Erwachsenenbildung bei geistiger Behinderung. Grundlagen - Ent-würfe - Berichte. / Speck, Otto (Hrsg.), Reinhardt, München 1982. Thesing 1990 - Betreute Wohngruppen und Wohngemeinschaften für Menschen mit einer geistigen Behinderung / Thesing, Theodor, Lambertus, Freiburg im Breis-gau 1990.

VBS 2006 – Mehrfachbehinderte, blinde und sehbehinderte Menschen brauchen mehr zum Leben!, VBS (Hrsg.),Würzburg, 2. Auflage, 2006. http:// de.wikipedia.org

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Anlagen Anlage 1: Platzangebote der Förder- und Wohnstätten gGmbH

Leutes- Neuwied Kettig Gesamt dorf

Dauerwohnplätze 18 5 98 121

Tagesförderung 18 56 74

Arbeitsplätze für

Menschen mit Behinderung 42 42

237

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Anlage 2: Schaubild der Förder- und Wohnstätten gGmbH

Förder- und Wohnstätten gGmbH (FWS) Kettig – Neuwied – Leutesdorf

Verein für Men-schen mit Behinde-rung e.V., Neuwied-

Andernach (1/3)

Gesellschafter- versammlung

FWS g GmbH

Fachbeirat

Eltern- und Betreuer-

kreis

Mittelrheinische Stiftung für Men-schen mit Behin-

derung

Haus Wein- bergstraße

Haus Leu-tesdorf

Anlage Kettig � Wohnbereich � Tagesförderstätten � WfbM

Verwaltung

Geschäftsführer bergstraße

Heilpädagogisch- Therapeutisches Zentrum Neuwied

gGmbH (1/6)

Verein zur Betreu-ung blinder und sehbehinderter

Kinder e.V., Neu-wied (1/3)

Förderverein zu Gunsten der FWS gGmbH

SDM – Soziale Dienstleistungs- gGmbH Mittel-

rhein

Ambulante Angebote

Betreutes Wohnen

Schatzkiste

Ambulanter Pflegedienst

Immobilien für selbstbestimmte Wohngemein-schaften

Stiftung Parität,

Saarbrücken (1/6)

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Anlage 3: Organigramm der Förder- und Wohnstätten gGmbH Organigramm der Förder- und Wohnstätten gGmbH

Geschäftsführer

LeitungWfbM

LWT

Leitung Grundversor-

gung

BL Kettig 3

BL

Kettig 1

Beauftragter für Nachtdienst

BL

Kettig 2

KoordinationEhrenamt

BLKettig 6

BLKettig 5

BLKettig 4

Gr. 1-3

Küche und Leitung

HW/HW

Gr. 1-2TAF 1/2

Gr. 3-4TAF 3/4

Gr. 5-6TAF 5/6

Nacht-wachen

Begl.Dienste

Sozial-dienst

BLLeutesdorf

WfbM

Begl.Dienste

Gr. 7-8TAF 7/8

Gr. 9-10TAF 9/10

Gr. 11-12TAF 11/12

Haus-technik

AWG Neuwied

Verwal-tung

Qualitäts-management

Arbeitsschutz

LWT

Hygiene- management

Pflegeberatung

Legende: = informelle Beziehung ___________________ = Überstellung

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Anlage 4: Bewohnerorganigramm der Förder- und Wohnstätten gGmbH

107

Anlage 5: Die Gesellschafter der FWS gGmbH:

� Heilpädagogisch Therapeutisches Zentrum Beverwijker Ring 2 56564 Neuwied ℡ 02631 9656-0 � 02631 55773 eMail: [email protected] www.htz-neuwied.de Geschäftsführer: Wilbert Peifer

� Verein zur Betreuung blinder und sehbehinderter Kinder e.V.

Feldkircher Str. 100 56567 Neuwied ℡ 02631 970-116 � 02631 970180 eMail: [email protected] www.verein-blinder-kinder.de Vorsitzende: Petra Heinz

� Verein für Menschen mit Behinderung e. V.

c/o HTZ Beverwijker Ring 2 56564 Neuwied ℡ 02631 9656-0 � 02631 55773 eMail: [email protected] www.vmb-neuwied.de Vorsitzende: Kristina Münstermann

� Stiftung Parität Feldmannstr. 92 66119 Saarbrücken ℡ 06 81 9 26 60-0 � 06 81 9 26 60-40 www.stiftung-paritaet.org Vorstand: Michael Hamm, Wolfgang Krause

Die FWS gGmbH ist Mitglied des:

� Der Paritätische Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. Feldmannstr. 92, 66119 Saarbrücken ℡ 06 81 9 26 60-0 � 06 81 9 26 60-40 eMail: [email protected] www.rps.paritaet.org Landesgeschäftsführer: Wolfgang Krause

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband vertritt den Gesellschafter HTZ in der Gesellschafterversammlung.

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� An dieser Stelle möchten wir einen Dank an alle aussprechen, die zum Gelingen dieser Gesamtkonzeption beigetragen haben.