1
DIEPRESSE.COM //// 20. OKTOBER 2019 0 GESCHICHTE 47 Der namhafteste Vertreter der Verirrungen der Linken auf der Liste ist wohl Sartre. Hauptmann wollte in der NSDAP, Pirandello bei den Faschisten Aufnahme finden. LESERBRIEFE SAGEN SIE UNS DIE MEINUNG Glaubensfrage RELIGION REFLEKTIERT – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE Chronik der laufenden Ereignisse: Peter Handke lässt kaum jemanden kalt. Weshalb gerade Religionsvertreter Verständnis für die letzte (?) Tirade gegen Journalisten haben müssen. VON DIETMAR NEUWIRTH P ublikumsbeschimpfung war einmal. Dut- zende Bücher später ist in der außerliterari- schen Welt Journalistenbeschimpfung an- gesagt. Neo-Nobelpreisträger Peter Handke hat kürzlich in seinem Heimatort Griffen nicht nur den Kärntner Landeshauptmann und den Bürgermeister getroffen, sondern auch, traurig, aber erwartbar, Journalisten. Eine Kollegin hat es gewagt, Handke auf die Kritik von Saˇ sa Staniˇ si´ c, Träger des Deutschen Buchpreises, an der Serbien-Haltung während und nach der (Post-)Jugoslawien-Kriege – die Teilnahme am Begräbnis des serbischen Ex-Prä- sidenten Slobodan Miloˇ sevi´ c inklusive – anzufragen. Handkes aufbrausende Antwort, die in der Ferne an dessen literarischen Antipoden in Österreich, Tho- mas Bernhard, erinnert: „Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen.“ Niemand habe sein Werk gelesen, auch nur In- teresse daran, so der Autor. Religionsvertreter mö- gen sich in Peter Handke erkennen. Gibt es doch wenig Evidenz dafür, dass es eine hohe Zahl journa- listisch Tätiger gibt, die schon ein Mal (ein einziges Mal) einen theologischen Aufsatz, eine einschlägige Abhandlung gelesen oder genauere Kenntnisse zu- mindest über eines der heiligen Bücher der soge- nannten Buchreligionen verfügen. Und trotzdem nehmen sie sich die Frechheit heraus, immer wie- der Fragen zu stellen, selten bis nie über Theologi- sches, fast immer über tatsächlich oder scheinbar anderes, über Strukturprobleme, Politisches, interne Streit-/Reizthemen. (Der Verfasser dieser Zeilen, so viel Ehrlichkeit darf sein, verfügt über ausreichend Erfahrungen im Stellen derartiger Fragen.) In einer Gesellschaft, in der freie Religionsaus- übung akzeptiert, anerkannt, geschützt und geför- dert wird, sollten Fragen generell kein Problem sein. Dasselbe gilt, wenn man das Wort Religions- ausübung durch Literatur ersetzt. (Selbst-)Mitleid ist unangebracht. Jedem bleibt es unbenommen, ob und wie er auf Fragen – und seien sie aus Sicht des Befragten noch so dumm – reagiert. Jedem steht das Recht zu, sich auf seine Art zu demaskie- ren oder lächerlich zu machen. Aber wer Fragen prinzipiell nicht erträgt, taugt nicht zum guten Ge- sprächspartner. Wenn es um eine Institution geht, die aus eigenem Antrieb oder Selbstverständnis in der Gesellschaft eine Rolle spielen will, disqualifi- ziert sie sich durch Antwortverweigerung selbst. Chronik der laufenden Ereignisse, Teil II: In einem Punkt demaskierend verläuft die Bischofssy- node im Vatikan zu Problemen der Länder des Amazonasgebiets. Derzeit wird am Schlusspapier gefeilt. Papst Franziskus hat ein wenig überraschend Kardinal Christoph Schönborn in das Redaktions- team geholt. An der Synode nehmen 245 Männer und 35 Frauen teil. Stimmrecht wurde ihnen auch diesmal verwehrt. Weshalb? Um Peter Handke zu paraphrasieren: Stellt nicht solche Fragen! [email protected] ZEITEN, ZEUGEN, ZÄSUREN EINWURF APROPOS POLITIK UND LITERATUR- NOBELPREIS Winston Churchill hätte es heute als Nobelpreisträger mutmaßlich auch nicht leicht: Als Militarist, Kolonialist, Sexist, Rassist, in den Zwanzigerjahren „ein Faschist der Sache nach, nur seine Nationalität verhinderte, dass er es auch dem Namen nach wurde“ (Sebastian Haffner). Auf der anderen Seite war es dann aber auch seine Kriegs- bereitschaft, sein Festhalten am Empire-Gedanken, der ihn von den Appeasement- Politikern unterschied und zum Mann der Stunde im Kampf gegen Adolf Hitler machte. Nicht zuletzt für sein epochales Werk „Der Zweite Weltkrieg“ bekam Winston Churchill 1953 den Nobelpreis für Literatur verliehen. Ihre Briefe an: [email protected] – Die Presse, Hainburger Straße 33, 1030 Wien. Hinweis: Die abgedruckten Leserbriefe müssen nicht der Meinung der „Presse“ entsprechen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. » Wir, die Alten, haben es ver- semmelt, so einfach ist das. Sonst wäre der Planet heute nicht in diesem Zustand. « HANS METZGER Verehrt, verirrt, verfemt Peter Handke ist nicht der erste politisch umstrittene Gewinner des Literaturnobelpreises. Von Sympathisanten der Nationalsozialisten bis zu Stalinisten war bisher alles dabei. VON OLIVER PINK I m Jahre 1920 gewann der Norwe- ger Knut Hamsun den Nobelpreis für Literatur. Für sein Werk, das zivilisationskritisch und modern zugleich war, stilistisch von eindringli- cher Betrachtung geprägt. 23 Jahre spä- ter befand sich seine Nobelpreisme- daille in den Händen von NS-Propa- ganda-Minister Joseph Goebbels. Hamsun hatte sie ihm geschenkt. War die Nobelpreisverleihung an den damals 61-jährigen Hamsun, ver- ehrt von Kollegen wie Thomas Mann, Robert Musil und Maxim Gorki, Inspi- ration für eine Schriftstellergeneration von Ernest Hemingway bis James Joyce, noch mit großem Wohlwollen begleitet worden, so gilt er heute als der umstrittenste unter den Literatur- nobelpreisträgern. Hamsun hatte früh Sympathien für Deutschland entwickelt und war im an- glophilen Norwegen ausgesprochen antibritisch eingestellt gewesen. Er war kapitalismuskritisch, fühlte sich dem einfachen Leben auf dem Land in der Natur verbunden – aufgewachsen war er in der Nähe des Polarkreises – und fing auch mit der Demokratie nicht viel an. Im Nationalsozialismus sah er dann eine Bewegung der Jugend, der die Zu- kunft gehöre. Als die Deutschen 1940 Norwegen eroberten, rief er zur Kolla- boration auf. Und nach Adolf Hitlers Tod schrieb er 1945 in einem Nachruf: „Er war ein Krieger für die Menschheit, eine reformerische Gestalt von höchs- tem Rang.“ Hamsun landete danach in der Psychiatrie und vor dem Richter – wegen Landesverrats. Im Juni 1943 war Hamsun sogar Gast Hitlers auf dem Obersalzberg ge- wesen. Am Tag nachdem er in der Wie- ner Hofburg Ehrengast der „Tagung der Union nationaler Journalistenverbän- de“ – er hatte eine antienglische Fest- rede mitgebracht – gewesen war. Doch das Treffen mit Hitler verlief unerfreu- lich. Der Diktator war verärgert, als Hamsun von ihm verlangte, seinen Statthalter in Norwegen, Reichskom- missar Josef Terboven, abzuberufen. „Sein Preußentum ist unannehmbar. Und dann die Exekutionen!“, beklagte sich Hamsun. Doch Hitler blieb stur und herrschte Hamsun an: „Davon verstehen Sie nichts!“ Die Preisverleihung an Peter Handke hat die Debatte, ob man Werk und Autor trennen könne, neu ent- facht. Faktum ist, dass gerade unter den Literaturnobelpreisträgern die An- zahl an umstrittenen Autoren, die zu- mindest ein Stück des Weges mit den Extremismen des 20. Jahrhunderts ge- gangen sind, relativ groß ist. Der namhafteste Vertreter der Ver- irrungen der Linken auf der Liste der Nobelpreisträger ist wohl Jean-Paul Sartre. Der Franzose versuchte sich zwar als unorthodoxer Kommunist, als freier linker Geist, unabhängig von den Direktiven aus Moskau. Den Verbre- chen des Stalinismus stand er aber doch relativ gleichgültig gegenüber, ge- wissermaßen hielt er sie sogar für ein notwendiges Übel, um dem Kommu- nismus zum Durchbruch zu verhelfen. Vor allem im Streit mit seinem langjährigen Freund und Weggefähr- ten Albert Camus, der dann zum Wi- dersacher wurde, offenbarte sich dies. Sinngemäß wiedergegeben: Die gewiss abzulehnende Existenz der Straflager ändere nichts daran, dass der Sowjet- union nach wie vor der Vorzug gegen- über den USA zu geben sei. Oder in den Worten Sartres: Im Laufe von mehr als hundert Jahren seien ebenso viele Schwarze ins Unglück gestürzt worden „wie Tscherkessen deportiert“. Auch die Schauprozesse fand er nicht so schlimm wie Camus. Und er vertei- digte die chinesische Kulturrevolution. Sartre bei Baader. Wie später bei Handke und Miloˇ sevi´ c sollte auch bei Sartre ein Besuch für Aufregung sorgen – und zwar jener beim RAF-Terroristen Andreas Baader im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim. Und wie seiner- zeit bei Hitler und Hamsun gerieten auch die beiden aneinander. „Ein Arschloch“ sei Baader, soll Sartre da- nach gemeint haben. Er hatte Baader vom Weg des Terrors abzubringen ver- sucht, wie das vor einigen Jahren vom Landeskriminalamt veröffentlichte Ge- sprächsprotokoll zeigt. Andreas Baader indes meinte, „der Alte“ verstünde ihn einfach nicht. Den Literaturnobelpreis, der ihm 1964 zuerkannt wurde, lehnte Sartre dann ab. Die Stockholmer Akademie war ihm zu konservativ, er wollte sich nicht vereinnahmen lassen. Ebenfalls Kommunist war der Lite- raturnobelpreisträger von 1971, Pablo Neruda aus Chile. Geprägt von den Erlebnissen im Spa- nischen Bürgerkrieg fehlte es ihm noch deutlicher an Dis- tanz zu Stalin. 1953 ließ sich Neruda den „Stalinpreis“ verleihen. Als der sowjetische Diktator starb, widmete er ihm ein hymnisches Gedicht. Die britische Schriftstellerin Doris Lessing war bis zum Einmarsch der Sowjettruppen 1956 in Ungarn Mit- glied der Kommunistischen Partei. Später distanzierte sie sich vom „süßen Traum des Stalinismus“. Sie erhielt 2007 den Literaturnobelpreis. Eine politsche Wandlung hatte Thomas Mann hinter sich. In seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“ hatte er, ein Deutscher, das deutsche Engagement im Ersten Weltkrieg ver- teidigt. Sein damaliges Denken war – von einem elitären Grundverständnis ausgehend – von Demokratie-Skepsis und großem Patriotismus geprägt. Er war ein Exponent der „Konservativen Revolution“. Als Mann 1929 den Lite- raturnobelpreis erhielt, hatte sich die- ses Denken bereits verändert. Er unter- stützte nun die Weimarer Republik, wurde Mitglied der liberalen Demokra- tischen Partei. Mit ausschlaggebend war die Ermordung von Außenminister Walther Rathenau durch Rechtsextre- me 1924 gewesen. Thomas Mann wur- de dann auch zum Gegner der Natio- nalsozialisten und ging ins Exil – im Gegensatz zu seinem Schriftstellerkol- legen Gerhart Hauptmann, Literatur- nobelpreisträger von 1912. Der arran- gierte sich mit dem System, wollte so- gar der NSDAP beitreten, was aber ab- gelehnt wurde. Bittbrief an Mussolini. In einem per- sönlichen Schreiben an Staatschef Be- nito Mussolini hatte übrigens zehn Jah- re zuvor Luigi Pirandello, der italieni- sche Literaturnobelpreisträger von 1934, um Aufnahme in die Faschisti- sche Partei ersucht. Ein weiterer deutscher Literaturno- belpreisträger, Günter Grass, hatte sie- ben Jahre nach der Preisverleihung einbekannt, dass er mit 17 Jahren frei- willig der Waffen-SS beigetreten war. Grass galt stets als eine Art linkes Ge- wissen der Bundesrepublik Deutsch- land, auch in Wahlkämpfe hatte er sich aktiv aufseiten der SPD eingeschaltet. In gewisser Weise zu ihm passend war die politische Veränderung von Dario Fo, Nobelpreisträger von 1997, selbst ernannter Clown der italieni- schen Literaturszene. Er, der der Kom- munistischen Partei Italiens, deren Mitglied er war, stets zu links – und un- berechenbar – gewesen war, engagierte sich gegen Ende seines Leben für Bep- pe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung. „Wir sind Narren, die früher verbrannt wur- den“, sagte er 2013 in einem Interview mit der „Welt“. Solschenizyn. Der Russe Alexander Solschenizyn wiederum machte die Welt mit den Schrecken des Lagersys- tems der Sowjetunion („Der Archipel Gulag“) bekannt. 1970 erhielt er den Literaturnobelpreis. In späteren Jahren wurde Solschenizyn zum großrussi- schen, antiwestlichen Nationalisten. Ausgerechnet der Autor des „Archipel Gulag“ beklagte, dass im Westen den Menschenrechten politisch zu viel Be- deutung beigemessen werde. Was ihn besonders erregte, das wa- ren die Nato-Angriffe auf Serbien Ende der Neunzigerjahre: „Unter den Augen der Menschheit ist man dabei, ein großartiges europäisches Land zu zer- stören. Und die zivilisierten Regierun- gen applaudieren. Die Nato prokla- miert für das kommende Jahrhundert ein altes Gesetz, das des Dschungels: Der Stärkere hat immer recht.“ Kommt einem bekannt vor. »Culture Clash – Lob der Grautöne«, von Michael Prüller, 13. 10. Seltsamer Schwenk Mit großem Erstaunen habe ich Ihre Kolumne gelesen. Über Handke und seine Preiswürdigkeit lässt sich trefflich streiten. Ihren Standpunkt dazu, zumal mit einem Auszug aus seiner „Grab- rede“, halte ich ganz persönlich für vertretbar. Umso seltsamer mutet der plötzliche Schwenk zu G. Thunberg an. Beunruhigt wären Sie über ihren Nobelpreis gewesen. Den Krieg der bö- sen Alten gegen die guten Jungen füh- ren Sie ins Treffen. Was Thunberg sagt, ist schlicht: Ihr, die Alten, habt das Kli- mathema 30 Jahre lang ignoriert. Und wir, die Jungen, haben das auszuba- den. Also, Ihr Alten, hört endlich auf die Wissenschaftler. Was ist daran, bit- te, falsch? Es ist genau so! Wir, die Al- ten, haben es versemmelt, so einfach ist das. Sonst wäre der Planet heute nicht in diesem Zustand. Aber wenn wir uns weiterhin an einer Sechzehnjährigen abarbeiten, anstatt wirklich zu reagieren, verschla- fen wir auch noch die nächsten zehn Jahre; dann wird es leider wirklich ernst. Uns Alten kann das vielleicht egal sein, den Jungen sicher nicht! Wir Medienleute haben übrigens eine ganz besondere Schuld an dieser Katastro- phe. Wir haben es zu wenig themati- siert, zu wenig darüber kampagnisiert. Fangen wir endlich damit an! Hans Metzger, Geschäftsführer „tele“ »Ein Jugendsender kann Ö1 nicht sein«, von Isabella Wallnöfer, 13. 10. Beherztes Gestalten Ö1-Chef Martin Bernhofer hat völlig recht. Die Öffentlich-Rechtlichen könnten die Drehscheibe bilden, ein Nationalarchiv aufzubauen, das uns von Google und Co. unabhängig macht. Das wäre auch der Grundstock für digitalisiertes und individualisiertes Lernen. Völlig neue Bildungswege wä- ren ermöglicht, wenn die Schulbuch- verlage dafür bezahlt würden, interak- tive Lernmodule ins Netz zu stellen, auf die jeder Bürger Zugriff erhält und darüber anerkannte Qualifikationen erwerben könnte. Man könnte Schule grundlegend umbauen und käme vom tradierten und parteipolitisch geführten Organi- sationskrampf weg. Hier würde be- herztes Gestalten eine neue Aufklärung mit dem Aufbruch von ungeahnter Freiheit anstoßen. Schule würde völlig anders wirken, Inklusion einen ande- ren Stellenwert erhalten, und Wir- kungsmöglichkeiten könnten entdeckt anstatt erstickt werden. Und sicher wäre es auch nicht teurer als das, wo- mit sich alle zurzeit abquälen. Erhard Petzel, 5020 Salzburg »Poet an der Peripherie des Lebens – Theo- dor Kramer«, von Michael Horowitz, 29. 9. Sinnstörender Fehler Als große Verehrerin der Gedichte von Theodor Kramer war es für mich sehr erfreulich, in der „Presse am Sonntag“ einen ganzseitigen Artikel über diesen immer noch viel zu wenig bekannten großen österreichischen Lyriker zu fin- den. Leider enthält das groß gedruckte Zitat aus einem seiner Gedichte aber einen äußerst sinnstörenden Fehler: Statt „schlagt, ihr Leute, nicht die Har- fe, spielt die Ziehharmonika“ muss es richtig wie folgt heißen: „schlag, ihr Leute, nicht die Harfe, spiel die Zieh- harmonika“ (es ist keine Aufforderung, sondern eine Ich-Erzählung). Vielleicht könnten Sie bei Gelegen- heit einmal das ganze Gedicht abdru- cken . . . Mag. Margit Baar, 2126 Ladendorf Gedanken zum Anschlag in Halle Verstörend, unverständlich Verstörende, unverständliche Vernich- tung unschuldiger Menschen durch politisch oder religiös gesteuerte Täter entsetzen weltweit die Bevölkerung. Massenmörder wie Breivik und Tarrant erschrecken durch ihre Mordlust, hier stellt sich die Frage, ob unsere Gesetze, aber auch die Ausstattungen der Haft- anstalten ausreichen, um abschre- ckende Wirkung zu erzielen. Die oft- mals erfolgreich angestrebte Flucht in psychische Erkrankungen verhindert eine härtere, angemessenere Bestra- fung. Medial und politisch könnte man eine unterschiedliche Bewertung bei Attentaten erkennen, eher rechts ange- siedelte Verbrechen dieser Art werden sofort mit dem Attribut rechtsextrem versehen, während die Bezeichnung is- lamistisch möglichst vermieden oder zumindest hinausgezögert wird. Nicht begreifbar ist die Motivation des Halle-Attentäters, hier fehlen er- kennbare Gründe. Zum Glück war sei- ne Bewaffnung nicht auf dem letzten Stand der Technik und konnte daher nicht an die anfangs erwähnten Atten- täter anschließen. Anton Kreitner, 1210 Wien »Die Mondlandung im Prater«, von Markku Datler, 13. 10. und Gedanken zur politischen Situation in Wien Armes Wien! Ein Kenianer läuft für sich einen Re- kord, welcher aber offiziell als Weltre- kord nicht anerkannt wird! Die Stadt Wien macht Kopfstände und gibt Un- summen für dieses Spektakel aus. Neue Asphaltierung, kilometerlange Laufstreckenkennzeichnung, Tafeln, Begleitung und Begleitfahrzeuge, Stra- ßensperren, Staus usw. Gleichzeitig werden Krankenzimmer und OP-Säle mangels Personal gesperrt, kein Geld für Bildung usw. Auf den Steinhofgrün- den fällt die Gesiba ca. 100 Bäume für den Bau von 120 Wohnungen. Die ver- sprochenen 222 Ersatzpflanzungen in zwei bis drei Jahren sind absolut nicht glaubhaft, weil’s niemand kontrolliert. Armes Wien!! Rudolf Heine, 1130 Wien Vom Idol einer Schriftstellergeneration zum NS-Propagandisten: Der Norweger Knut Hamsun, hier mit seiner Frau Marie. gettyimages universal » Die Nato proklamiert ein altes Gesetz, das des Dschun- gels: Der Stärkere hat immer recht. Und die zivilisierten Regierungen applau- dieren. « ALEXANDER SOLSCHENI- ZYN Nobelpreisträger für Literatur (1970) über den Angriff der Nato auf das Miloˇ sevi´ c-Regime Serbiens 1999. Geschichte

GESCHICHTE hte Verehrt,verirrt, verfemt hic

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: GESCHICHTE hte Verehrt,verirrt, verfemt hic

DIEPRESSE.COM //// 20. OKTOBER 2019 0 GESCHICHTE 47

Der namhafteste Vertreterder Verirrungen der Linkenauf der Liste ist wohl Sartre.

Hauptmann wollte in derNSDAP, Pirandello bei denFaschisten Aufnahme finden.

LESE

RBRI

EFE

SAGE

NSI

EUN

SDI

EM

EINU

NG

GlaubensfrageRELIGION REFLEKTIERT – ÜBERLETZTE UND VORLETZTE DINGE

Chronik der laufenden Ereignisse: Peter Handkelässt kaum jemanden kalt. Weshalb geradeReligionsvertreter Verständnis für die letzte (?)Tirade gegen Journalisten haben müssen." V O N D I E T M A R N E U W I R T H

Publikumsbeschimpfung war einmal. Dut-zende Bücher später ist in der außerliterari-schen Welt Journalistenbeschimpfung an-gesagt. Neo-Nobelpreisträger Peter Handkehat kürzlich in seinem Heimatort Griffen

nicht nur den Kärntner Landeshauptmann und denBürgermeister getroffen, sondern auch, traurig, abererwartbar, Journalisten. Eine Kollegin hat es gewagt,Handke auf die Kritik von Sasa Stanisic, Träger desDeutschen Buchpreises, an der Serbien-Haltungwährend und nach der (Post-)Jugoslawien-Kriege –die Teilnahme am Begräbnis des serbischen Ex-Prä-sidenten Slobodan Milosevic inklusive – anzufragen.Handkes aufbrausende Antwort, die in der Ferne andessen literarischen Antipoden in Österreich, Tho-mas Bernhard, erinnert: „Lasst mich in Frieden undstellt mir nicht solche Fragen.“

Niemand habe sein Werk gelesen, auch nur In-teresse daran, so der Autor. Religionsvertreter mö-gen sich in Peter Handke erkennen. Gibt es dochwenig Evidenz dafür, dass es eine hohe Zahl journa-listisch Tätiger gibt, die schon ein Mal (ein einzigesMal) einen theologischen Aufsatz, eine einschlägigeAbhandlung gelesen oder genauere Kenntnisse zu-mindest über eines der heiligen Bücher der soge-nannten Buchreligionen verfügen. Und trotzdemnehmen sie sich die Frechheit heraus, immer wie-der Fragen zu stellen, selten bis nie über Theologi-sches, fast immer über tatsächlich oder scheinbaranderes, über Strukturprobleme, Politisches, interneStreit-/Reizthemen. (Der Verfasser dieser Zeilen, soviel Ehrlichkeit darf sein, verfügt über ausreichendErfahrungen im Stellen derartiger Fragen.)

In einer Gesellschaft, in der freie Religionsaus-übung akzeptiert, anerkannt, geschützt und geför-dert wird, sollten Fragen generell kein Problemsein. Dasselbe gilt, wenn man das Wort Religions-ausübung durch Literatur ersetzt. (Selbst-)Mitleidist unangebracht. Jedem bleibt es unbenommen,ob und wie er auf Fragen – und seien sie aus Sichtdes Befragten noch so dumm – reagiert. Jedemsteht das Recht zu, sich auf seine Art zu demaskie-ren oder lächerlich zu machen. Aber wer Fragenprinzipiell nicht erträgt, taugt nicht zum guten Ge-sprächspartner. Wenn es um eine Institution geht,die aus eigenem Antrieb oder Selbstverständnis inder Gesellschaft eine Rolle spielen will, disqualifi-ziert sie sich durch Antwortverweigerung selbst.

Chronik der laufenden Ereignisse, Teil II: Ineinem Punkt demaskierend verläuft die Bischofssy-node im Vatikan zu Problemen der Länder desAmazonasgebiets. Derzeit wird am Schlusspapiergefeilt. Papst Franziskus hat ein wenig überraschendKardinal Christoph Schönborn in das Redaktions-team geholt. An der Synode nehmen 245 Männerund 35 Frauen teil. Stimmrecht wurde ihnen auchdiesmal verwehrt. Weshalb? Um Peter Handke zuparaphrasieren: Stellt nicht solche Fragen!

# [email protected]

ZEITEN,ZEUGEN,ZÄSUREN

EINWURFAPROPOSPOLITIK UNDLITERATUR-NOBELPREISWinston Churchillhätte es heute alsNobelpreisträgermutmaßlich auchnicht leicht: AlsMilitarist, Kolonialist,Sexist, Rassist, in denZwanzigerjahren „einFaschist der Sachenach, nur seineNationalitätverhinderte, dass eres auch dem Namennach wurde“(Sebastian Haffner).Auf der anderen Seitewar es dann aberauch seine Kriegs-bereitschaft, seinFesthalten amEmpire-Gedanken,der ihn von denAppeasement-Politikern unterschiedund zum Mann derStunde im Kampfgegen Adolf Hitlermachte. Nicht zuletztfür sein epochalesWerk „Der ZweiteWeltkrieg“ bekamWinston Churchill1953 den Nobelpreisfür Literaturverliehen.

Ihre Briefe an: [email protected] – Die Presse, Hainburger Straße 33, 1030 Wien.Hinweis: Die abgedruckten Leserbriefe müssen nicht der Meinung der „Presse“ entsprechen.Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

» Wir, dieAlten, habenes ver-semmelt, soeinfach ist das.Sonst wäreder Planetheute nicht indiesemZustand. «HANSMETZGER

Verehrt, verirrt,verfemtPeter Handke ist nicht der erste politisch umstrittene Gewinner desLiteraturnobelpreises. Von Sympathisanten der Nationalsozialisten biszu Stalinisten war bisher alles dabei. " V O N O L I V E R P I N K

Im Jahre 1920 gewann der Norwe-ger Knut Hamsun den Nobelpreisfür Literatur. Für sein Werk, daszivilisationskritisch und modern

zugleich war, stilistisch von eindringli-cher Betrachtung geprägt. 23 Jahre spä-ter befand sich seine Nobelpreisme-daille in den Händen von NS-Propa-ganda-Minister Joseph Goebbels.Hamsun hatte sie ihm geschenkt.

War die Nobelpreisverleihung anden damals 61-jährigen Hamsun, ver-ehrt von Kollegen wie Thomas Mann,Robert Musil und Maxim Gorki, Inspi-ration für eine Schriftstellergenerationvon Ernest Hemingway bis JamesJoyce, noch mit großem Wohlwollenbegleitet worden, so gilt er heute alsder umstrittenste unter den Literatur-nobelpreisträgern.

Hamsun hatte früh Sympathien fürDeutschland entwickelt und war im an-glophilen Norwegen ausgesprochenantibritisch eingestellt gewesen. Er warkapitalismuskritisch, fühlte sich demeinfachen Leben auf dem Land in derNatur verbunden – aufgewachsen warer in der Nähe des Polarkreises – undfing auch mit der Demokratie nicht vielan. Im Nationalsozialismus sah er danneine Bewegung der Jugend, der die Zu-kunft gehöre. Als die Deutschen 1940Norwegen eroberten, rief er zur Kolla-boration auf. Und nach Adolf HitlersTod schrieb er 1945 in einem Nachruf:„Er war ein Krieger für die Menschheit,eine reformerische Gestalt von höchs-tem Rang.“ Hamsun landete danach inder Psychiatrie und vor dem Richter –wegen Landesverrats.

Im Juni 1943 war Hamsun sogarGast Hitlers auf dem Obersalzberg ge-wesen. Am Tag nachdem er in der Wie-ner Hofburg Ehrengast der „Tagung derUnion nationaler Journalistenverbän-de“ – er hatte eine antienglische Fest-rede mitgebracht – gewesen war. Dochdas Treffen mit Hitler verlief unerfreu-lich. Der Diktator war verärgert, alsHamsun von ihm verlangte, seinenStatthalter in Norwegen, Reichskom-missar Josef Terboven, abzuberufen.„Sein Preußentum ist unannehmbar.Und dann die Exekutionen!“, beklagtesich Hamsun. Doch Hitler blieb sturund herrschte Hamsun an: „Davonverstehen Sie nichts!“

Die Preisverleihung an PeterHandke hat die Debatte, ob man Werk

und Autor trennen könne, neu ent-facht. Faktum ist, dass gerade unterden Literaturnobelpreisträgern die An-zahl an umstrittenen Autoren, die zu-mindest ein Stück des Weges mit denExtremismen des 20. Jahrhunderts ge-gangen sind, relativ groß ist.

Der namhafteste Vertreter der Ver-irrungen der Linken auf der Liste derNobelpreisträger ist wohl Jean-PaulSartre. Der Franzose versuchte sichzwar als unorthodoxer Kommunist, alsfreier linker Geist, unabhängig von denDirektiven aus Moskau. Den Verbre-chen des Stalinismus stand er aberdoch relativ gleichgültig gegenüber, ge-wissermaßen hielt er sie sogar für einnotwendiges Übel, um dem Kommu-nismus zum Durchbruch zu verhelfen.

Vor allem im Streit mit seinemlangjährigen Freund und Weggefähr-ten Albert Camus, der dann zum Wi-dersacher wurde, offenbarte sich dies.Sinngemäß wiedergegeben: Die gewissabzulehnende Existenz der Straflagerändere nichts daran, dass der Sowjet-union nach wie vor der Vorzug gegen-über den USA zu geben sei. Oder inden Worten Sartres: Im Laufe vonmehr als hundert Jahren seien ebensoviele Schwarze ins Unglück gestürztworden „wie Tscherkessen deportiert“.Auch die Schauprozesse fand er nichtso schlimm wie Camus. Und er vertei-digte die chinesische Kulturrevolution.

Sartre bei Baader. Wie später beiHandke und Milosevic sollte auch beiSartre ein Besuch für Aufregung sorgen– und zwar jener beim RAF-TerroristenAndreas Baader im Gefängnis vonStuttgart-Stammheim. Und wie seiner-zeit bei Hitler und Hamsun gerietenauch die beiden aneinander. „EinArschloch“ sei Baader, soll Sartre da-nach gemeint haben. Er hatte Baadervom Weg des Terrors abzubringen ver-sucht, wie das vor einigen Jahren vomLandeskriminalamt veröffentlichte Ge-sprächsprotokoll zeigt. Andreas Baaderindes meinte, „der Alte“ verstünde ihneinfach nicht.

Den Literaturnobelpreis, der ihm1964 zuerkannt wurde, lehnte Sartredann ab. Die Stockholmer Akademiewar ihm zu konservativ, er wollte sichnicht vereinnahmen lassen.

Ebenfalls Kommunist war der Lite-raturnobelpreisträger von 1971, PabloNeruda aus Chile. Geprägtvon den Erlebnissen im Spa-nischen Bürgerkrieg fehlte esihm noch deutlicher an Dis-

tanz zu Stalin. 1953 ließ sich Nerudaden „Stalinpreis“ verleihen. Als dersowjetische Diktator starb, widmete erihm ein hymnisches Gedicht.

Die britische Schriftstellerin DorisLessing war bis zum Einmarsch derSowjettruppen 1956 in Ungarn Mit-glied der Kommunistischen Partei.Später distanzierte sie sich vom „süßenTraum des Stalinismus“. Sie erhielt2007 den Literaturnobelpreis.

Eine politsche Wandlung hatteThomas Mann hinter sich. In seinen„Betrachtungen eines Unpolitischen“hatte er, ein Deutscher, das deutscheEngagement im Ersten Weltkrieg ver-teidigt. Sein damaliges Denken war –von einem elitären Grundverständnisausgehend – von Demokratie-Skepsisund großem Patriotismus geprägt. Erwar ein Exponent der „KonservativenRevolution“. Als Mann 1929 den Lite-

raturnobelpreis erhielt, hatte sich die-ses Denken bereits verändert. Er unter-stützte nun die Weimarer Republik,wurde Mitglied der liberalen Demokra-tischen Partei. Mit ausschlaggebendwar die Ermordung von AußenministerWalther Rathenau durch Rechtsextre-me 1924 gewesen. Thomas Mann wur-de dann auch zum Gegner der Natio-nalsozialisten und ging ins Exil – imGegensatz zu seinem Schriftstellerkol-legen Gerhart Hauptmann, Literatur-nobelpreisträger von 1912. Der arran-gierte sich mit dem System, wollte so-gar der NSDAP beitreten, was aber ab-gelehnt wurde.

Bittbrief an Mussolini. In einem per-sönlichen Schreiben an Staatschef Be-nito Mussolini hatte übrigens zehn Jah-re zuvor Luigi Pirandello, der italieni-sche Literaturnobelpreisträger von1934, um Aufnahme in die Faschisti-sche Partei ersucht.

Ein weiterer deutscher Literaturno-belpreisträger, Günter Grass, hatte sie-ben Jahre nach der Preisverleihungeinbekannt, dass er mit 17 Jahren frei-willig der Waffen-SS beigetreten war.Grass galt stets als eine Art linkes Ge-wissen der Bundesrepublik Deutsch-land, auch in Wahlkämpfe hatte er sichaktiv aufseiten der SPD eingeschaltet.

In gewisser Weise zu ihm passendwar die politische Veränderung vonDario Fo, Nobelpreisträger von 1997,selbst ernannter Clown der italieni-schen Literaturszene. Er, der der Kom-munistischen Partei Italiens, derenMitglied er war, stets zu links – und un-berechenbar – gewesen war, engagiertesich gegen Ende seines Leben für Bep-pe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung. „Wirsind Narren, die früher verbrannt wur-den“, sagte er 2013 in einem Interviewmit der „Welt“.

Solschenizyn. Der Russe AlexanderSolschenizyn wiederum machte dieWelt mit den Schrecken des Lagersys-tems der Sowjetunion („Der ArchipelGulag“) bekannt. 1970 erhielt er denLiteraturnobelpreis. In späteren Jahrenwurde Solschenizyn zum großrussi-schen, antiwestlichen Nationalisten.Ausgerechnet der Autor des „ArchipelGulag“ beklagte, dass im Westen denMenschenrechten politisch zu viel Be-deutung beigemessen werde.

Was ihn besonders erregte, das wa-ren die Nato-Angriffe auf Serbien Endeder Neunzigerjahre: „Unter den Augender Menschheit ist man dabei, eingroßartiges europäisches Land zu zer-stören. Und die zivilisierten Regierun-gen applaudieren. Die Nato prokla-miert für das kommende Jahrhundertein altes Gesetz, das des Dschungels:Der Stärkere hat immer recht.“

Kommt einem bekannt vor. %

»Culture Clash – Lob der Grautöne«, vonMichael Prüller, 13. 10.

Seltsamer SchwenkMit großem Erstaunen habe ich IhreKolumne gelesen. Über Handke undseine Preiswürdigkeit lässt sich trefflichstreiten. Ihren Standpunkt dazu, zumalmit einem Auszug aus seiner „Grab-rede“, halte ich ganz persönlich fürvertretbar. Umso seltsamer mutet derplötzliche Schwenk zu G. Thunberg an.

Beunruhigt wären Sie über ihrenNobelpreis gewesen. Den Krieg der bö-sen Alten gegen die guten Jungen füh-ren Sie ins Treffen. Was Thunberg sagt,ist schlicht: Ihr, die Alten, habt das Kli-

mathema 30 Jahre lang ignoriert. Undwir, die Jungen, haben das auszuba-den. Also, Ihr Alten, hört endlich aufdie Wissenschaftler. Was ist daran, bit-te, falsch? Es ist genau so! Wir, die Al-ten, haben es versemmelt, so einfachist das. Sonst wäre der Planet heutenicht in diesem Zustand.

Aber wenn wir uns weiterhin aneiner Sechzehnjährigen abarbeiten,anstatt wirklich zu reagieren, verschla-fen wir auch noch die nächsten zehnJahre; dann wird es leider wirklichernst. Uns Alten kann das vielleichtegal sein, den Jungen sicher nicht! WirMedienleute haben übrigens eine ganzbesondere Schuld an dieser Katastro-phe. Wir haben es zu wenig themati-

siert, zu wenig darüber kampagnisiert.Fangen wir endlich damit an!Hans Metzger, Geschäftsführer „tele“

»Ein Jugendsender kann Ö1 nicht sein«,von Isabella Wallnöfer, 13. 10.

Beherztes GestaltenÖ1-Chef Martin Bernhofer hat völligrecht. Die Öffentlich-Rechtlichenkönnten die Drehscheibe bilden, einNationalarchiv aufzubauen, das unsvon Google und Co. unabhängigmacht. Das wäre auch der Grundstockfür digitalisiertes und individualisiertesLernen. Völlig neue Bildungswege wä-ren ermöglicht, wenn die Schulbuch-verlage dafür bezahlt würden, interak-

tive Lernmodule ins Netz zu stellen,auf die jeder Bürger Zugriff erhält unddarüber anerkannte Qualifikationenerwerben könnte.

Man könnte Schule grundlegendumbauen und käme vom tradiertenund parteipolitisch geführten Organi-sationskrampf weg. Hier würde be-herztes Gestalten eine neue Aufklärungmit dem Aufbruch von ungeahnterFreiheit anstoßen. Schule würde völliganders wirken, Inklusion einen ande-ren Stellenwert erhalten, und Wir-kungsmöglichkeiten könnten entdecktanstatt erstickt werden. Und sicherwäre es auch nicht teurer als das, wo-mit sich alle zurzeit abquälen.Erhard Petzel, 5020 Salzburg

»Poet an der Peripherie des Lebens – Theo-dor Kramer«, von Michael Horowitz, 29. 9.

Sinnstörender FehlerAls große Verehrerin der Gedichte vonTheodor Kramer war es für mich sehr

erfreulich, in der „Presse am Sonntag“einen ganzseitigen Artikel über diesenimmer noch viel zu wenig bekanntengroßen österreichischen Lyriker zu fin-den. Leider enthält das groß gedruckteZitat aus einem seiner Gedichte abereinen äußerst sinnstörenden Fehler:Statt „schlagt, ihr Leute, nicht die Har-fe, spielt die Ziehharmonika“ muss esrichtig wie folgt heißen: „schlag, ihrLeute, nicht die Harfe, spiel die Zieh-harmonika“ (es ist keine Aufforderung,sondern eine Ich-Erzählung).

Vielleicht könnten Sie bei Gelegen-heit einmal das ganze Gedicht abdru-cken . . .Mag. Margit Baar, 2126 Ladendorf

Gedanken zum Anschlag in Halle

Verstörend, unverständlichVerstörende, unverständliche Vernich-tung unschuldiger Menschen durchpolitisch oder religiös gesteuerte Täterentsetzen weltweit die Bevölkerung.

Massenmörder wie Breivik und Tarranterschrecken durch ihre Mordlust, hierstellt sich die Frage, ob unsere Gesetze,aber auch die Ausstattungen der Haft-anstalten ausreichen, um abschre-ckende Wirkung zu erzielen. Die oft-mals erfolgreich angestrebte Flucht inpsychische Erkrankungen verhinderteine härtere, angemessenere Bestra-fung. Medial und politisch könnte maneine unterschiedliche Bewertung beiAttentaten erkennen, eher rechts ange-siedelte Verbrechen dieser Art werdensofort mit dem Attribut rechtsextremversehen, während die Bezeichnung is-lamistisch möglichst vermieden oderzumindest hinausgezögert wird.

Nicht begreifbar ist die Motivationdes Halle-Attentäters, hier fehlen er-kennbare Gründe. Zum Glück war sei-ne Bewaffnung nicht auf dem letztenStand der Technik und konnte dahernicht an die anfangs erwähnten Atten-täter anschließen.Anton Kreitner, 1210 Wien

»Die Mondlandung im Prater«, von MarkkuDatler, 13. 10. und Gedanken zur politischenSituation in Wien

Armes Wien!Ein Kenianer läuft für sich einen Re-kord, welcher aber offiziell als Weltre-kord nicht anerkannt wird! Die StadtWien macht Kopfstände und gibt Un-summen für dieses Spektakel aus.Neue Asphaltierung, kilometerlangeLaufstreckenkennzeichnung, Tafeln,Begleitung und Begleitfahrzeuge, Stra-ßensperren, Staus usw. Gleichzeitigwerden Krankenzimmer und OP-Sälemangels Personal gesperrt, kein Geldfür Bildung usw. Auf den Steinhofgrün-den fällt die Gesiba ca. 100 Bäume fürden Bau von 120 Wohnungen. Die ver-sprochenen 222 Ersatzpflanzungen inzwei bis drei Jahren sind absolut nichtglaubhaft, weil’s niemand kontrolliert.

Armes Wien!!Rudolf Heine, 1130 Wien

Vom Idol einer Schriftstellergeneration zum NS-Propagandisten: Der Norweger Knut Hamsun, hier mit seiner Frau Marie. % gettyimages universal

» Die Natoproklamiertein altesGesetz, dasdes Dschun-gels: DerStärkere hatimmer recht.Und diezivilisiertenRegierungenapplau-dieren. «ALEXANDERSOLSCHENI-ZYNNobelpreisträgerfür Literatur (1970)über den Angriffder Nato auf dasMilosevic-RegimeSerbiens 1999.

Ges

chic

hte