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IAA Nachlese Getriebe 1 Einleitung Am 30. September 2000 ging die 58. Inter- nationale Automobil-Ausstellung als Nutz- fahrzeugmesse mit dem Erlebnistag „Nutz- fahrzeuge“ um 20 Uhr zu Ende. Mit 1.318 Unternehmen aus 42 Ländern wurde ein neuer Ausstellerrekord aufgeboten, vor zwei Jahren waren es noch 1.228 Firmen ge- wesen. Auffallend in den prall gefüllten Messehallen war über alle Ausstellungsta- ge hinweg gewesen, dass man dem schlechten Image der Brummis als „Stin- ker“, „Lärmer“ und „Überhol-Hindernis“ mit zahlreichen positiven Motto-Plakaten entgegen trat. Ausnahmsweise in Frankfurt am Main abgehalten, weil auf dem sonst zur Verfügung stehenden Messegelände in Hannover die Weltausstel- lung Expo abgehalten wird, konnte die Veranstaltung „58. IAA Nutz- fahrzeuge“ als voller Erfolg gebucht werden. Denn es waren trotz des Umzugs von der Leine an den Main mit 240.000 Besuchern genauso viele Besucher gekommen wie vor zwei Jahren. Und bei den Ausstel- lern wurde mit 1.318 Firmen ein neuer Rekord aufgestellt. Im Folgen- den sollen einige Neuentwicklungen im Getriebebereich beispielhaft an den Unternehmen DaimlerChrysler, MAN und Iveco sowie von ZF und Eaton vorgestellt werden. Getriebeinnovationen auf der 58. IAA Mit 240.000 Besuchern wurden die Erwar- tungen des Veranstalters VDA sowie die Zahlen aus dem Jahr 1998 erreicht. Bei Om- nibussen und Anhängern konnten mehr Aufträge denn je unterzeichnet werden. Vor allem vom elektronischen Handel (E- Commerce) erwarten sich die Speditionen und Hersteller Wachstumsschübe. Hoffent- lich wirkt sich das gute Investitionsklima – trotz der in letzter Zeit hohen Kraftstoff- preise – auch über die nächsten zwei Jahre hinweg langfristig positiv aus, damit es auch vom 12. bis 19. September 2002 dies- mal wieder in Hannover heißen kann: „Für alle auf Achse – die Nutzfahrzeuge fahren auch für Sie“. 2 DaimlerChrysler, MAN und Iveco glänzen mit ihren Messeständen Auf insgesamt drei Ausstellungsständen der IAA Nutzfahrzeuge 2000 und dem Frei- gelände des Frankfurter Messegeländes präsentierte das Geschäftsfeld Nutzfahr- zeuge der DaimlerChrysler AG sein Pro- dukt- und Dienstleistungsprogramm für die europäischen Nutzfahrzeug-Kunden. Hinzu kommen neue so genannte Full- Line-Angebote aus Nutzfahrzeug plus Dienstleistung für alle Branchen. Der Ge- schäftsbereich Powertrain zeigte sein um- fangreiches Programm an Motoren, An- triebsstrang-Komponenten wie Getrieben und Achsen sowie zukünftigen Antriebs- konzepten. Er entstand vor zwei Jahren als Ausgliederung aus der DaimlerChrysler AG. Das Münchener Unternehmen MAN Nutz- fahrzeuge AG, auf der Truck-Messe erregte es durch den Kauf des Omnibusherstellers Neoplan in Stuttgart Aufsehen, konnte zahlreiche Neuheiten in seiner Messehalle präsentieren. Hierzu zählen beispielsweise die schwere LKW-Baureihe Trucknology- Generation, Erneuerungen an der mittel- schweren Baureihe M2000 und an der Bild 1: Kompletter Antriebsstrang des Geschäfts- bereichs Powertrain der DaimlerChrysler AG: mechatronische Komponenten OM906LA, Reihen- sechszylinder, Getriebe G85, Sechsganggetriebe, Vorderachse VL2 und Hinterradachse HL2 sowie Steer-by-wire-System und Elektronikmodul PTC

Getriebeinnovationen auf der 58. IAA

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IAA Nachlese Getriebe

1 Einleitung

Am 30. September 2000 ging die 58. Inter-nationale Automobil-Ausstellung als Nutz-fahrzeugmesse mit dem Erlebnistag „Nutz-fahrzeuge“ um 20 Uhr zu Ende. Mit 1.318Unternehmen aus 42 Ländern wurde einneuer Ausstellerrekord aufgeboten, vorzwei Jahren waren es noch 1.228 Firmen ge-wesen. Auffallend in den prall gefülltenMessehallen war über alle Ausstellungsta-ge hinweg gewesen, dass man demschlechten Image der Brummis als „Stin-ker“, „Lärmer“ und „Überhol-Hindernis“mit zahlreichen positiven Motto-Plakatenentgegen trat.

Ausnahmsweise in Frankfurt am Main abgehalten, weil auf dem sonstzur Verfügung stehenden Messegelände in Hannover die Weltausstel-lung Expo abgehalten wird, konnte die Veranstaltung „58. IAA Nutz-fahrzeuge“ als voller Erfolg gebucht werden. Denn es waren trotz desUmzugs von der Leine an den Main mit 240.000 Besuchern genausoviele Besucher gekommen wie vor zwei Jahren. Und bei den Ausstel-lern wurde mit 1.318 Firmen ein neuer Rekord aufgestellt. Im Folgen-den sollen einige Neuentwicklungen im Getriebebereich beispielhaftan den Unternehmen DaimlerChrysler, MAN und Iveco sowie von ZFund Eaton vorgestellt werden.

Getriebeinnovationen auf der 58. IAA

Mit 240.000 Besuchern wurden die Erwar-tungen des Veranstalters VDA sowie dieZahlen aus dem Jahr 1998 erreicht. Bei Om-nibussen und Anhängern konnten mehrAufträge denn je unterzeichnet werden.Vor allem vom elektronischen Handel (E-Commerce) erwarten sich die Speditionenund Hersteller Wachstumsschübe. Hoffent-lich wirkt sich das gute Investitionsklima –trotz der in letzter Zeit hohen Kraftstoff-preise – auch über die nächsten zwei Jahrehinweg langfristig positiv aus, damit esauch vom 12. bis 19. September 2002 dies-mal wieder in Hannover heißen kann: „Füralle auf Achse – die Nutzfahrzeuge fahrenauch für Sie“.

2 DaimlerChrysler, MAN undIveco glänzen mit ihrenMesseständen

Auf insgesamt drei Ausstellungsständender IAA Nutzfahrzeuge 2000 und dem Frei-gelände des Frankfurter Messegeländespräsentierte das Geschäftsfeld Nutzfahr-zeuge der DaimlerChrysler AG sein Pro-dukt- und Dienstleistungsprogramm fürdie europäischen Nutzfahrzeug-Kunden.Hinzu kommen neue so genannte Full-Line-Angebote aus Nutzfahrzeug plusDienstleistung für alle Branchen. Der Ge-schäftsbereich Powertrain zeigte sein um-fangreiches Programm an Motoren, An-triebsstrang-Komponenten wie Getriebenund Achsen sowie zukünftigen Antriebs-konzepten. Er entstand vor zwei Jahren alsAusgliederung aus der DaimlerChrysler AG.

Das Münchener Unternehmen MAN Nutz-fahrzeuge AG, auf der Truck-Messe erregtees durch den Kauf des OmnibusherstellersNeoplan in Stuttgart Aufsehen, konntezahlreiche Neuheiten in seiner Messehallepräsentieren. Hierzu zählen beispielsweisedie schwere LKW-Baureihe Trucknology-Generation, Erneuerungen an der mittel-schweren Baureihe M2000 und an der

Bild 1: Kompletter Antriebsstrang des Geschäfts-bereichs Powertrain der DaimlerChrysler AG:mechatronische Komponenten OM906LA, Reihen-sechszylinder, Getriebe G85, Sechsganggetriebe,Vorderachse VL2 und Hinterradachse HL2 sowieSteer-by-wire-System und Elektronikmodul PTC

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leichten Baureihe L2000, neue Omnibusty-pen sowie neue Motoren, die nun die Ab-gasgrenzwerte der Norm Euro 3 (tritt am 1.Januar 2001 in Kraft) erfüllen. Zur IAA 2000ging auch die lang erwartete Voll-Luftfede-rung beim TG-A in Serie.

Daneben weisen viele Zahnradgetriebe inMAN-Fahrzeugen nun mehr Komfort undSicherheit auf. Hauptlieferanten dieserneuen automatisierten Schaltgetriebe fürMAN sind die deutsche Firma ZF und dieUS-amerikanische Eaton. Das von MAN mitder TG-A-Generation eingeführte Schaltenohne Betätigung des Kupplungspedals undohne Zurücknehmen des Gaspedals ist jetztauch in der unteren Getriebegruppe mitdem automatisierten Getriebe Comfort-Shift von ZF möglich. Dabei wird wie bisherlediglich der Knopf am Schaltknauf ge-drückt, worauf der Schaltvorgang eingelei-tet wird. Die Kupplung wird während desSchaltens elektropneumatisch gesteuertund hydraulisch betätigt. Die Fahrzeug-elektronik sorgt für eine automatischeDrehzahlanpassung. Dies bedeutet einenhohen Schaltkomfort für alle Schaltvorgän-ge nach dem Anfahren. Für vollautomati-sche Schaltungen steht das Getriebe Tip-Matic zur Verfügung.

Zur IAA 2000 setzte Iveco die Erneuerungseiner Motoren, nach den Cursor-Motoren,nun auch in der Mittelklasse fort. Das Un-ternehmen präsentierte die von Grund aufneu entwickelte Motorenbaureihe Tectorfür die Mittelklasse-Fahrzeuge des Kon-zerns. Der Name will dem neuen Motor –wie vorher schon dem Cursor – eine eigen-ständige, unverwechselbare Persönlichkeitgeben, die der Motorcharakteristik ent-spricht. Wirtschaftliche Leistungsstufun-gen, reduzierte Abgas- und Geräuschemis-sionen, leichtere und weniger häufige War-tung, verbesserte Fahrbarkeit und Bedie-nung, niedrigere Betriebskosten und neueMaßstäbe bei der Zuverlässigkeit: Mit denTector-Motoren für den EuroCargo beweistIveco auch in der Mittelklasse seine Kom-petenz in Sachen Motorenbau.

Die Tector-Familie besteht aus drei Vierzy-lindern mit 3,92 l Hubraum und zwei Sechs-zylindern mit einem Hubraum von 5,88 l.Alle Motoren sind mit Hochdruck-Com-mon-Rail-Einspritzung von Bosch, Abgas-turbolader mit integriertem Wastegate-Ventil, Ladeluftkühlung sowie vier Venti-len pro Zylinder versehen. Das Motormana-gement übernimmt die elektronischeSteuerung Bosch EDC7. Die Vierzylinder lei-sten 95 bis 125 kW, die Sechszylinder 134und 154 kW. Die Nenndrehzahl beträgt je-

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weils 2.700/min. Die maximalen Drehmo-mente von 430 bis 680 Nm liegen bei rund1.200/min an und verlaufen anschließendbis etwa 2 000/min annähernd waage-recht. Neue Iveco-Getriebe mit fünf undneun Gängen aus dem Hause ZF, Kupp-lungsscheiben mit größeren Durchmessern– für längere Haltbarkeit – sowie die Optio-nen Tempomat (gleichzeitig Drehzahlreglerfür Nebenabtriebe im Stationärbetrieb)und Wegfahrsperre ergänzen die techni-schen Neuheiten am LKW EuroCargo Tec-tor.

3 Getriebe von DaimlerChryslerfür alle Anwendungsbereiche

Das Leistungsangebot vom Geschäftsbe-reich Powertrain reicht vom Getriebe fürPKW, Mini-Vans, Vans und Transporter bishin zu Aggregaten für schwere LKW, Omni-busse und Sonderfahrzeuge, Bild 1. Ein um-fangreiches Programm an Nebenabtriebenund Verteilergetrieben sowie Schaltungs-varianten ermöglicht es, dass sich aus stan-dardisierten Bausteinen schnell und flexi-bel ein maßgeschneidertes Getriebesystementwickeln lässt.

Der Produktbereich Getriebe innerhalb desGeschäftsbereichs Powertrain wird im Jahr2000 an seinen Standorten Gaggenau undRastatt eine Viertelmillion Getriebe herstel-len und damit seine starke weltweiteMarktposition untermauern. 35 % dieserGetriebe werden in Lastkraftwagen oderBussen und 65 % in PKW, Transportern oderVans eingebaut.

Ein Highlight ist das neue Getriebe GQ35-6,ein besonders kompaktes Sechsgang-Ge-

triebe für den Front-Quer-Einbau, das fürden Einsatz in PKW, Mini-Vans, Vans undTransportern prädestiniert ist. Dieses Ge-triebekonzept eignet sich für Eingangs-drehmomente bis zu 450 Nm und hat eineEinbaulänge von nur 327 mm. Für das Ge-triebe GQ35-6 hat der Geschäftsbereich Po-wertrain eine elektronisch-automatisierteGetriebeschaltung entwickelt, die via Da-tenvernetzung mit dem Motor kommuni-ziert und so einen ausgeprägt material-schonenden und zugleich kraftstoffsparen-den Fahrzeugbetrieb ermöglicht.

Mit den Getrieben G 16-5, G28-5, G20-5, G32-5 und G33-5 startet die Leistungspalet-te für den Bereich PKW und Transporter.Diese Getriebe verkraften Motordrehmo-mente bis zu 330 Nm. Typisch für diese Ag-gregate sind fünf Gänge mit kurzen Schalt-wegen. Sie sind mit Direktschaltung, Seil-zug-Schaltung und elektronisch-automati-sierter Schaltung erhältlich. Zu den beson-deren Eigenschaften zählt auch die großeSpreizung. Schließlich sollen Transporterselbst mit beladenem Anhänger am Bergohne Probleme anfahren können, undgleichzeitig sind hohe Endgeschwindigkei-ten bei geringem Geräusch- und Ver-brauchsniveau gefordert.

Gerade leichte Nutzfahrzeuge müssen miteiner ausreichenden Zahl von Schaltstufenunterwegs sein. Die Konsequenz daraussind die Getriebe G56-6, G60-6 und G85-6mit sechs Gängen. Sie sind für leichte LKWmit einem Motordrehmoment bis 850 Nmausgelegt. Diese Getriebe sind mit mecha-nischer Direkt- und Fernschaltung oder hy-draulischer Schaltung lieferbar. Letztere hatmehrere Vorteile: Da Hydraulikleitungenbeliebig verlegbar sind und wenig Platz er-

Bild 2: Neu entwickeltes NeunganggetriebeG221-9 von DaimlerChrysler Powertrain fürschwere Fernverkehr-LKW

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fordern, ist die Position des Schalthebels imFahrerraum variabel. Ein weiteres Plus be-steht darin, dass Hydraulikleitungen imGegensatz zum herkömmlichen Schaltge-stänge keine Vibrationen und Schwingun-gen übertragen.

Für die hohen und sehr unterschiedlichenAnsprüche an die mittelschweren Nutz-fahrzeuge ist das Getriebe G100-12 ausge-legt. Es verkraftet bis zu 1.100 Nm Drehmo-ment und mehr. Zwölf Gänge schaffen hierden nötigen Spielraum auch für den Betriebmit einem hohen Gesamtzug-Gewicht. Diekompakte Bauweise ist wiederum die Basisfür niedrige Rahmenhöhen. Dies ist fürgeräumige Aufbauten, zum Beispiel bei Vo-lumen- oder Verteilerfahrzeugen, äußerstwichtig. Nebenabtriebe für zusätzliche Ag-

gregate (zum Beispiel im Kommunalbe-trieb) und Zusatzbremsen wie Retardersind möglich und erlauben die Anpassungan individuelle Anforderungen des Kun-den.

Mechanische Schaltung, pneumatischeSchalthilfe, hydraulische Schaltung, elek-tronisch-pneumatische Schaltung oderelektronisch-automatisierte Schaltung –für schwere Nutzfahrzeuge stehen die Ag-gregate G210-16 bis G260-16 des Produktbe-reichs Getriebe zur Verfügung. Hinter die-sen Varianten steckt die ganze Kunst derGetriebebauer: Soll es, wie bei der pneuma-tischen Schalthilfe, eine klassische Schal-tung mit Schalthebel und Schaltgestängesein? Oder ist die besonders komfortable

elektronisch-automatisierte Schaltung ge-wünscht? Hier macht die Elektronik bei ei-nem mechanischen Getriebe nicht nur denherkömmlichen Schalthebel, sondern sogardas Kupplungspedal überflüssig. Mit denverschiedenen Schaltungen ist die Vielfaltnicht beendet. Zusätzlich zu den bekanntenSchaltgetrieben wurde für Schwerlastwa-gen ein neues Neungang-Getriebe ent-wickelt, Bild 2. Dieses Getriebe G221-9 ba-siert auf dem seit zwei Jahren bewährtenDirektgang-Range-Split-Getriebe G211-9und ist als besonders wirtschaftliche Lö-sung im klassischen Fernverkehr zu sehen.Auch hier stehen selbstverständlich mehre-re Schaltungsvarianten zur Auswahl.

Mit dem 16-Gang-Getriebe G211-16 steht einbesonders wirtschaftliches und leistungs-

starkes Getriebe mit direkter Übersetzungim höchsten Gang für den typischen Fern-verkehrs-LKW zur Verfügung. Es ist für Mo-toren bis über 2.100 Nm geeignet, decktrund 315 kW Leistung ab. Die anderen Ge-triebe in Schnellgang-Ausführung wieder-um lassen Motordrehmomente bis über2.700 Nm zu. Das entspricht den stärkstenderzeit verfügbaren LKW-Motoren. Dies al-les ist bei sehr niedrigem Gewicht und fla-cher Bauweise möglich, so dass eine niedri-ge Rahmenhöhe und damit hohe Aufbau-ten zulässig werden.

Auch für Omnibusse sind die richtigen Ge-triebe im Angebot. Die TypenbezeichnungGO steht als Kürzel für „Getriebe Omnibus“und bezeichnet Sechsgang-Schaltgetriebe

für Omnibusse. Die progressiv abgestuftenGänge der Varianten GO170-6 (maximal1.750 Nm Drehmoment) bis GO210 (bis zu2.100 Nm Drehmoment) erlauben auch hierniedrige Geschwindigkeiten zum Rangie-ren einerseits, wirtschaftlich niedrige Dreh-zahlen bei Autobahntempo andererseits.Die Direktgang-Ausführung des GetriebesGO170-6 mit der Übersetzung 1,0 im höch-sten Gang verspricht eine große Wirt-schaftlichkeit. Wichtig für die hohen Kom-fortansprüche im Omnibus sind dergeräuscharme Lauf durch eine optimaleVerzahnung. Für die hohe Wirtschaftlich-keit des Getriebes sprechen neben der ho-hen Lebenserwartung auch die ausgespro-chen langen Ölwechsel-Intervalle. Auchdiese Getriebe sind mit verschiedenenSchaltungen erhältlich. Weitere Wahlmög-lichkeiten bieten Anbauteile für alle gängi-gen Dauerbremsen. Besonders hervorzuhe-ben ist die Variante mit dem integriertenhydrodynamischen Retarder von VoithTurbo, Bild 3, die Gewicht und Einbauraumspart. So ist das Getriebe mit integrierterZusatzbremse an den Flanschflächen nichtlänger dimensioniert als ein Getriebe ohneRetarder.

Der Produktbereich Getriebe macht auchvor ungewöhnlichen Anforderungen spezi-eller Branchen nicht Halt. Zur Wahl stehenGetriebe für geländegängige Sonderfahr-zeuge, Verteilergetriebe für leichte, mittle-re und schwere Nutzfahrzeuge sowie einkomplettes Programm an Nebenabtrieben.So fertigen die Getriebespezialisten bei Po-wertrain Aggregate für den allradgetriebe-nen Unimog, der sich mit ihrer Hilfe zumAll-Round-Geräteträger und -Zugfahrzeugweiterentwickelt hat. Beispiel: Die achtVorwärtsgänge des Getriebes UG 100-8 sinddank einer vorgeschalteten Wendegruppealle auch rückwärts fahrbar. Geschaltetwird das UG 100 auf Wunsch auch elektro-nisch-pneumatisch. Dieses Getriebe ist bei-spielsweise serienmäßig in die neuen Uni-mog-Baureihen U 300 bis U 500 von Merce-des-Benz eingebaut, Bild 4. Verteilergetrie-be übernehmen die Kraftübertragung zurangetriebenen Hinterachse und zur ange-triebenen Vorderachse, sind also Voraus-setzung für einen Allradantrieb. Die Vertei-lergetriebe des Produktbereichs Getriebebesitzen eine schaltbare Übersetzung fürextreme Zugkraft bei niedrigen Geschwin-digkeiten. Das sperrbare Längsdifferenzialverhindert das Durchrutschen einzelnerAchsen auf glattem Untergrund. Trotz vor-wiegendem Einsatz unter schweren Bedin-gungen überzeugen die Verteilergetriebedurch lange Service-Intervalle, die denender Schaltgetriebe entsprechen.

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Bild 3: Neu ist derRetarder R 115 E vonVoith Turbo für dieGetriebebaureiheGO für Omnibussevon DaimlerChrysler

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4 ZF forciert Automatgetriebefür Omnibusse

Was im Stadtbus schon längst gang undgäbe ist, wird über kurz oder lang auch imReise- und Überlandbus zum Standardgehören: ein automatisches Getriebe.Während im Stadtbus bereits fast 100 % al-ler Fahrzeuge mit Wandlerautomatgetrie-ben ausgerüstet sind, wird im Reise- undÜberlandbus noch fleißig manuell geschal-tet. Vor diesem Hintergrund ist die Strate-gie des großen Getriebeherstellers ZF Frie-drichshafen AG klar auf das automatischeSchalten ausgerichtet: Für den Stadtbuswird ZF nach wie vor das mehr als bewähr-te Automatgetriebe Ecomat anbieten, weildamit die Vorteile bester Fahrkomfort undleistungsfähiger Primärretarder zum Tra-gen kommen. Vorteile, die der Markt be-stätigt: Im Stadtbus mit einem zulässigenGesamtgewicht von mehr als 12 t ist ZFweltweit Marktführer, zumal in aller Weltrund 180 000 Busse mit dem Getriebe Eco-mat unterwegs sind. Allein für das Jahr2000 sollen 20 000 Getriebe an den Stan-dorten Friedrichshafen, Sorocaba (Brasilien)und Kawasaki (Japan) gefertigt werden.Seit 1998 produziert ZF das Ecomat 2 mitden zusätzlichen technischen Merkmalen– CAN-Kommunikation mit EDC-Motoren– erweiterte Diagnosefähigkeit– weniger Service- und Wartungsauf-

wand sowie– insgesamt geringeren Life-Cycle-Costs.

Im Reise- und Überlandbus dagegen setztdas Unternehmen ZF künftig auf das auto-matische Getriebesystem AS Tronic, weilhier die Vorteile Abdeckung hoher Motor-leistungen sowie noch bessere Wirtschaft-lichkeit ausschlaggebend sind, Bild 5. Mitden Buskunden Neoplan und Setra erfolgtebereits die Markteinführung; und der Seri-enanlauf des neuen Mercedes-Benz Trave-go mit dem Getriebe AS Tronic steht kurzbevor. Insgesamt befinden sich bereitsrund 100 Fahrzeuge mit dem modernen Ge-triebe im Einsatz. Auch wenn die Markt-durchdringung nicht die Ausmaße des Ge-triebes Ecomat annehmen wird, so wirddennoch im Segment schwerer Reise- undLinienbusse jedes zweite ZF-Busgetriebeein AS Tronic sein.

Da aber auch weiterhin Synchrongetriebezum Schalten gefragt sein werden, stehenauch hier Neu- und Weiterentwicklungenbei ZF auf dem Programm. So zeigte ZF erst-mals auf der IAA 2000 in Frankfurt/Maindas Sechsgang-Schaltgetriebe 6 S 1600 mitZF-Kabelschaltung, integrierter SchaltungServoshift und ZF-Intarder als komplettes

System, was gleichzeitig die Philosophiedes Systemanbieters verdeutlicht.

Der Trend, automatische und automatisier-te Getriebe verstärkt in Nutzfahrzeugeneinzusetzen, ist mehr als deutlich. Warenvor zwei bis drei Jahren Schaltgetriebe nochdie Regel, gehört bis dato bereits jedes vier-te Getriebe der Kategorie automatisch oderautomatisiert an. Es gibt in Europa keinenFahrzeughersteller mehr, der nicht auf dieneuen Getriebe setzt. ZF, einer der größtenunabhängigen Fahrzeugzulieferer, hat die-

sen Trend bereits früh erkannt und schon1997 ein vollintegriertes automatisches Ge-triebe mit dem Produktnamen AS Tronicauf den Markt gebracht. Bis Ende des Jahres2000 werden rund 10 000 Getriebe diesesTyps die Montagehalle am Bodensee ver-lassen haben.

Ebenfalls im Jahr 2000 wird ZF den Einstiegdes Getriebes AS Tronic in den Off-Road-Be-reich vollzogen haben. Mit dem KundenLiebherr wird der Serienanlauf des AS Tro-nic im Kranfahrzeug (all terrain) realisiert

Bild 4: Neue Unimog-Baureihe U 300 von Mercedes-Benz mit dem elektronisch-pneumatisch geschal-teten Getriebe UG 100-8 samt vorgeschalteter Wendegruppe

Bild 5: Im Reise- und Überlandbus setzt das Un-ternehmen ZF künftig auf das automatische

Getriebesystem AS Tronic

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werden. Auch drei Jahre nach Marktein-führung mit dem Entwicklungspartner Ive-co ist ZF nach wie vor der einzige Getriebe-hersteller mit diesem zukunftsweisendenvoll integrierten Getriebe in Zwei-Pedal-Technologie. Der Münchner LKW-HerstellerMAN Nutzfahrzeuge hat kürzlich entschie-den, die neue Fahrzeuggeneration TG-A nurmit ZF-Getrieben auszustatten.

Der Automatisierungstrend wird allerdingskeineswegs an der Sechs-Tonnen-Grenzehalt machen. Vielmehr werden sich auchim Fahrzeugsegment Nutzfahrzeuge bis6,5 t die Vorteile automatischer Getriebedurchsetzen. Ein eigens für den Bereichleichte Nutzfahrzeuge und Verteilerver-kehr neu geschaffenes ZF-Geschäftsfeldwird bis 2004 sein Produktspektrum an au-tomatischen Getrieben anbieten. Auch hierspricht letztlich der Markt für sich: Schät-zungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr2007 automatische Getriebe einen Mark-tanteil in Westeuropa von 50 bis 70 % ha-ben werden.

Auch wenn automatische Getriebe fürNutzfahrzeuge die Medien beherrschen,werden Schaltgetriebe à la Ecolite und Eco-split von ZF, das schon in Kürze die Produk-tionszahl von einer Million erreicht habenwird, nach wie vor auf dem Markt gefragtsein. Grund genug für ZF, diese Getriebeweiterzuentwickeln und strategisch zuplatzieren. So wurde erstmals auf der IAA2000 das neue Ecolite-Getriebe 6 S 850 prä-sentiert. Dieses Sechsgang-Getriebe ist fürein Eingangsdrehmoment von 850 Nm aus-gelegt und vornehmlich für das Segmentleichte Nutzfahrzeuge vorgesehen. Eineweitere Neuerung betrifft die feinere Seg-mentierung der Ecosplit-Getriebe. So wirddie Ecosplit-Familie künftig um weitere Ge-triebevarianten ergänzt. Aber auch Ent-wicklungen von Systemkomponentenkommen bei Schaltgetrieben nicht zu kurz.Nachdem das Schaltsystem ZF-Servoshiftfür das Getriebe Ecosplit bereits auf einerfrüheren IAA vorgestellt worden war,konnten die Messebesucher nun diesesJahr die integrierte Schaltkraftunterstüt-zung auch beim Busgetriebe 6 S 1600,Bild 6, begutachten. Doch die wohl interes-santeste Weiterentwicklung betrifft denZF-Intarder. Der Typ ZF-Intarder 2 hat jetzteine um 20 % auf 500 kW gesteigerteBremsleistung; zusätzlich wurde die Leer-laufleistung um 40 % reduziert. Rund 35 %aller Ecosplit-Getriebe werden mit einemIntarder ausgeliefert. Insgesamt produzier-te ZF bereits mehr als 120.000 Intarder. Indiesem Jahr sollen rund 35.000 Intarder dasWerk am Bodensee verlassen. Leistungs-

stärkere Motoren und vielfältigere Einsätzevon Nutz- und Schwerfahrzeugen stellenbesondere Anforderungen an das Fahr-werk. ZF bietet im Rahmen seines Fahr-werk- und Achsenprogramms dazu Lösun-gen im Antriebsstrang von Allradfahrzeu-gen, die ZF-Produkte VerteilergetriebeVG 2700 und das Automatic Drivetrain Ma-nagement.

Das neue Verteilergetriebe VG 2700 rundetdie Palette der Verteilergetriebe nach obenhin ab. Mit einem Eingangsdrehmomentvon 30.000 Nm bietet ZF das leistungs-stärkste Verteilergetriebe der Welt an. Dasspeziell für Allradfahrzeuge entwickeltezweistufige Getriebe, zur Verteilung derAntriebskräfte auf die Triebachsen, ist miteiner Differenzialsperre ausgerüstet. Zu-sätzlich kann das Getriebe VG 2700 mitADM, dem Automatic-Drive-Train Manage-ment, ausgerüstet werden. ZF verfügt überein umfassendes Programm von Verteiler-getrieben, für das leichte, mittlere undschwere allradgetriebene Nutzfahrzeug.

Steigende Anforderungen bezüglich Fahrsi-cherheit, Wirtschaftlichkeit und Bediener-freundlichkeit führten zur Entwicklung ei-nes Allradantriebssystems bei ZF, dem Au-tomatic Drivetrain Management (ADM).Besonders das Fahren unter erschwertenBedingungen auf der Straße und im Gelän-de, zum Beispiel bei Feuerwehr-, Winter-dienst- und/oder Baustellenfahrzeugen,wird durch dieses System leichter und si-cherer. Das ADM bedeutet einen wesentli-chen Schritt zur vollautomatischen An-triebssteuerung bei Allradfahrzeugen. DasHightech-Paket ADM besteht aus einemmechanischen Getriebe, einer pneumati-

schen Steuerung und einer speziell ent-wickelten Elektronik. Das System sorgt fürdie automatische Zu- und Abschaltung vonDifferenzialen in den Achsen und im Ver-teilergetriebe in Abhängigkeit vom jeweili-gen Fahrzustand. Bei Bedarf wird auch derVorderachsantrieb automatisch zugeschal-tet. Für den Fahrer und für das Fahrzeugbringt dieses System interessante Vorteile:– ständige Verfügbarkeit höchster Trak-

tion– Vermeiden der Verspannung des An-

triebsstrangs– Entlastung des Fahrers– Reduzierung des Reifenverschleißes

und Erhöhung der Lebensdauer desFahrzeugs.

Aus der gesteigerten Fahrzeugstabilität er-gibt sich eine Verbesserung der Fahrsicher-heit. Über Sensoren in den Komponentendes Fahrzeugantriebsstrangs werden dieInformationen über die Fahrzustände(durchdrehende Räder, Kurvenfahrt, ruck-artige Beschleunigung, unterschiedlicheAbrollverhältnisse der Reifen usw.) an dieElektronik weitergeleitet und führen zurautomatischen Aktivierung des Allradan-triebs beziehungsweise der Längsdifferen-zialsperre im Verteilergetriebe sowie zurAktivierung der Längs- und Querdifferenti-alsperren in den Achsen. Außerdem be-steht eine Verbindung über das CAN-Bus-Datennetz zu den Elektronikmodulen ande-rer Fahrzeugfunktionen. Somit ist das mitADM ausgerüstete Verteilergetriebe einwesentliches Element der Leistungsopti-mierung des gesamten Antriebsstrangsvon Allradfahrzeugen.

Michael Reichenbach

Bild 6: Busgetriebe 6 S 1600 mit integrierter Schaltkraftunterstützung von ZF