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b Mit dem Global Harmonisierten System (Globally Harmonized Sys- tem of Classification and Labelling of Chemicals, GHS) gibt es eine in- ternational harmonisierte Vorgabe der Vereinten Nationen (United Nations, UN) für die Einstufung und Kennzeichnung von gefährli- chen Substanzen. Allerdings muss das GHS in jedem Land in nationa- les Recht umgesetzt werden. Die Mitgliedsstaaten der UN hatten sich darauf geeinigt, dass alle Län- der das GHS bis zum Jahr 2008 in nationales Recht umsetzen, aber dies ist nicht geschehen. Die europäische Union hat das GHS am 31. Dezember 2008 veröf- fentlich, und es ist 20 Tage später in Kraft getreten. Die Übergangs- frist für die Umsetzung wurde für Stoffe und Gemische unterschied- lich angesetzt: Die Übergangsfrist für Stoffe ist am 1. Dezember 2010 abgelaufen, für Gemische läuft sie noch bis zum 1. Juni 2015. In Europa musste die Umset- zung in diesem Zeitraum erfolgen, da die europäische Umsetzung des GHS, die CLP-Verordnung, mit der Reach-Verordnung zusammen- hängt [Nachr. Chem. 2011, 59, 138]. Ein Beispiel dafür sind die Regelungen für das Sicherheitsda- tenblatt, die in Europa nicht in der CLP- sondern in der Reach-Verord- nung festgelegt sind. Die zügige Umsetzung des GHS in Europa war auch deshalb mög- lich, weil schon bisher ein komple- xes System zur Einstufung und Kennzeichnung in Europa existier- te und vieles davon auch in das GHS eingeflossen ist. Dies gilt für viele andere Länder nicht. Daher ist dort zum einen der Druck zur Ein- führung nicht so hoch, und zum andern ist die Umstellung auf das GHS mit größerem Aufwand und größeren Änderungen verbunden. USA: Behördendschungel b Ein Beispiel für die Schwierig- keiten bei der Einführung des GHS bieten die USA. Viele fragen sich, warum ein Land, in dem der Ver- braucher- und Arbeitsschutz einen so hohen Stellenwert hat, das GHS noch nicht eingeführt hat und sich offensichtlich damit auch schwer tut. Dies hat mehrere Gründe. Zum ersten sind in den USA vier Behörden mit der Einführung des GHS betraut: The Department of Transport (DOT) The Occupational Safety and Health Administration (OSHA) The Environmentally Protection Agency (EPA) The Consumer Product Safety Commission (CPSC) Jede dieser Behörden hat ihr eigenes System mit unterschiedlichen Klas- sifizierungskriterien und einer gro- ßen Vielfalt an Symbolen, Signal- wörtern und Gefahrenkommunika- tionen. Für die Koordination der Behörden ist eine behördenüber- greifende Arbeitsgruppe gegründet worden, da alle Behörden zurzeit Eva Keßler Das internationale System zur Chemikalienkennzeichnung sollte seit drei Jahren weltweit gelten. Warum haben es noch nicht alle Länder umgesetzt? GHS in den USA und Asien BChemiewirtschaftV · · · · ******************************** ****** ******************************** ****** : 0532-83889090 Ein japanisches GHS-konformes Etikett für Toluol. Nachrichten aus der Chemie| 59 | September 2011 | www.gdch.de/nachrichten 860

GHS in den USA und Asien

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b Mit dem Global Harmonisierten System (Globally Harmonized Sys-tem of Classification and Labelling of Chemicals, GHS) gibt es eine in-ternational harmonisierte Vorgabe der Vereinten Nationen (United Nations, UN) für die Einstufung und Kennzeichnung von gefährli-chen Substanzen. Allerdings muss das GHS in jedem Land in nationa-les Recht umgesetzt werden. Die Mitgliedsstaaten der UN hatten sich darauf geeinigt, dass alle Län-der das GHS bis zum Jahr 2008 in nationales Recht umsetzen, aber dies ist nicht geschehen.

Die europäische Union hat das GHS am 31. Dezember 2008 veröf-fentlich, und es ist 20 Tage später in Kraft getreten. Die Übergangs-

frist für die Umsetzung wurde für Stoffe und Gemische unterschied-lich angesetzt: Die Übergangsfrist für Stoffe ist am 1. Dezember 2010 abgelaufen, für Gemische läuft sie noch bis zum 1. Juni 2015.

In Europa musste die Umset-zung in diesem Zeitraum erfolgen, da die europäische Umsetzung des GHS, die CLP-Verordnung, mit der Reach-Verordnung zusammen-hängt [Nachr. Chem. 2011, 59, 138]. Ein Beispiel dafür sind die Regelungen für das Sicherheitsda-tenblatt, die in Europa nicht in der CLP- sondern in der Reach-Verord-nung festgelegt sind.

Die zügige Umsetzung des GHS in Europa war auch deshalb mög-lich, weil schon bisher ein komple-

xes System zur Einstufung und Kennzeichnung in Europa existier-te und vieles davon auch in das GHS eingeflossen ist. Dies gilt für viele andere Länder nicht. Daher ist dort zum einen der Druck zur Ein-führung nicht so hoch, und zum andern ist die Umstellung auf das GHS mit größerem Aufwand und größeren Änderungen verbunden.

USA: Behördendschungel

b Ein Beispiel für die Schwierig-keiten bei der Einführung des GHS bieten die USA. Viele fragen sich, warum ein Land, in dem der Ver-braucher- und Arbeitsschutz einen so hohen Stellenwert hat, das GHS noch nicht eingeführt hat und sich offensichtlich damit auch schwer tut. Dies hat mehrere Gründe.

Zum ersten sind in den USA vier Behörden mit der Einführung des GHS betraut: • The Department of Transport

(DOT)• The Occupational Safety and

Health Administration (OSHA)• The Environmentally Protection

Agency (EPA)• The Consumer Product Safety

Commission (CPSC)Jede dieser Behörden hat ihr eigenes System mit unterschiedlichen Klas-sifizierungskriterien und einer gro-ßen Vielfalt an Symbolen, Signal-wörtern und Gefahrenkommunika-tionen. Für die Koordination der Behörden ist eine behördenüber-greifende Arbeitsgruppe gegründet worden, da alle Behörden zurzeit

Eva Keßler

Das internationale System zur Chemikalienkennzeichnung sollte seit drei Jahren weltweit gelten.

Warum haben es noch nicht alle Länder umgesetzt?

GHS in den USA und Asien

BChemiewirtschaftV

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: 0532-83889090

Ein japanisches GHS-konformes Etikett für Toluol.

Nachrichten aus der Chemie| 59 | September 2011 | www.gdch.de/nachrichten

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unabhängig voneinander arbeiten. Es gibt also keine Behörde, die allei-ne ein amerikanisches GHS einfüh-ren kann, es geht nur in der Kombi-nation aller vier Behörden.

Zum zweiten sind die Verbrau-cher und Arbeitnehmer in den USA an eine andere Kommunikation von Gefahren gewöhnt. Sie müssen mit den neuen Symbolen vertraut gemacht und in einigen Bereichen vorher an die Verwendung von Symbolen für die Gefahrenkommu-nikation herangeführt werden. Da-für ist eine umfassende Informati-onsinitiative notwendig.

Dazu gibt es einen Entwurf, und für August dieses Jahres war die Endfassung des amerikanischen GHS angekündigt. Allerdings scheint es so, dass dieser Termin nicht einzuhalten ist. Nach Inkraft-treten ist eine dreijährige Über-gangsfrist geplant.

Asien: uneinheitlich

b In Asien sind viele Länder schon weiter als in den USA. Allerdings ist die Lage insgesamt ziemlich un-übersichtlich. Dies liegt daran, dass jedes Land gemäß des Baukasten-prinzips wählen kann, welche Ge-fahrenklassen eingeführt werden sollen. Auch die EU hat davon Ge-brauch gemacht, um möglichst nah

an der bestehenden Gesetzeslage zu bleiben. Daneben gibt es Variatio-nen bei der Einführung bezüglich• der Übergangsfristen,• der Grundlage der Übergangs-

fristen, z. B. unterschiedliche Fristen für Stoffe und Gemische und/oder verschiedene Fristen für Gefahrstoffetiketten und Si-cherheitsdatenblätter und/oder verschieden Fristen für Indus-trie und Endverbraucher,

• der Zusatzkriterien aus der be-stehenden Gesetzgebung und angrenzender Gesetzesbereiche,

• länderspezifischer Listen von le-gal bindenden oder nicht legal bindenden Einstufungen.

Am weitesten bei der Einführung des GHS in Asien und dem pazifi-schen Raum sind Japan, China, In-donesien, Malaysia, Korea und Neuseeland.

Die größte Schwierigkeit bei der Informationsbeschaffung ist die Sprachbarriere, denn nicht alle Länder stellen die Informationen zur Einführung des GHS in Eng-lisch zur Verfügung und kaum ei-nes den Gesetzestext selbst. Zwar gibt es auf der Webseite der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UN Economic Commission for Europe, Unece) eine Übersicht über den Stand der Einführung in allen Ländern,1) aber diese Über-

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sicht ist nicht immer auf dem neus-ten Stand.

Allerdings dürfen diese Schwie-rigkeiten nicht dazu führen, die lo-kalen Vorschriften nicht umzuset-zen. Beim Export in Länder außer-halb der EU sind immer die Vor-schriften des Empfängerlands ein-zuhalten. Dies bedeutet in vielen Fällen, dass das Etikett in der Lan-dessprache sein muss. So gibt es für den Export nach China die Anfor-derung, dass die Waren bei der Ein-fuhr schon nach dem chinesischen GHS etikettiert sind. Zurzeit wird die Frage geklärt, ob dies vor oder bei der Zollabfertigung meint. Viele Experten sind der Meinung, dass dies vor der Zollabfertigung erfol-gen muss, um einen reibungslosen Transport zu gewährleisten.

Bis zur internationalen Harmo-nisierung ist es noch ein weiter Weg, allerdings ist der schwierigste Schritt, die Einigung auf einheitli-che Kriterien, schon geschafft.

Eva Keßler, promovierte Chemikerin, ist

Gefahrgutbeauftragte bei 3M und berichtete

über den Stand der Umsetzung von GHS in

den USA und Asien auf dem 3. Forum „Global

Harmonized System“ der Chem Academy am

12. September in Köln. [email protected]

Literatur

1) live.unece.org/trans/danger/publi/ghs/

implementation_e.html