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Eidgenössisches Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und Sport VBS
armasuisse
Bundesamt für Landestopografie swisstopo
Giubiasco: Basis von 1881
Die «tollen 1860-er Jahre» waren für die Vermessung der Schweiz eine bedeutende
Zeit: 1861 entstand, nach dem Beitritt der Schweiz zur Mitteleuropäischen Gradmes-
sung, die Schweizerische Geodätische Kommission (SGK) unter der Führung der
Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. Ab 1863 wurde das Geometerkon-
kordat zur Vereinheitlichung der Katastervermessungen vorbereitet, das vom Bun-
desrat 1868 in Kraft gesetzt wurde. Im gleichen Jahr wurde der Schweizer Alpen-
Club gegründet, der sogleich bei der Kartierung der Schweiz eine wichtige Rolle zu
spielen begann. Ende 1864 unterbreitete Dufour dem Bundesrat den Schlussbericht
zur Erstellung der Topographischen Karte der Schweiz 1:100´000 («Dufourkarte»),
deren letztes Blatt 1865 publiziert wurde. Damit war der junge Nationalstaat ein ers-
tes Mal offiziell flächendeckend kartiert, und zwar in einer Art, die international hoch
beachtet wurde – der Weltruf der schweizerischen Kartographie war begründet.
Doch die «Triangulation primordiale», deren Resultate bereits 1840 publiziert worden
waren, konnte nicht mehr als Grundlage für die Mitteleuropäische Gradmessung ge-
nügen. Zwischen 1862 und 1879 wurden in der Folge die Winkel für ein neues Netz
gemessen. Dessen sogenannter «Massstab» sollte anschliessend anhand von drei
Basen (Grundlinien) bestimmt werden, wovon zwei nördlich der Alpen (Aarberg
1880, Weinfelden 1881) und eine südlich davon lagen: Jene bei Bellinzona, welche
heute als «Basis von Giubiasco» bezeichnet wird.
1 Das zwischen 1862 und 1891 von der Schweizerischen Geodätischen Kommission gemessene Netz mit den
Basisvergrösserungsnetzen Aarberg, Weinfelden und Giubiasco (Zölly (1948), S. 68, Abb. 50).
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Für alle drei Basen wurde das gleiche Messmittel verwendet: Der sogenannte
Ibañez’sche Basisapparat. Er trägt den Namen jenes Generals, der 1858 bei der
Messung einer 15 km langen Basis in Spanien bewiesen hatte, dass es genügt, ein
etwa 3 km langes Segment hochgenau zu messen und anschliessend trigonomet-
risch auf die gesamte Basis zu übertragen. Die Basis von Giubiasco kam als letzte
der drei SGK-Basen an die Reihe: Nach Abschluss der Messung bei Weinfelden
wurde das Material sorgfältig gereinigt, eingepackt und unter Begleitung der «brigade
d'opérations» per Eisenbahn nach Chur transportiert, wo es auf Camions umgeladen
und über den San Bernardino-Pass nach Bellinzona gefahren wurde. Dort traf es in
gutem Zustand am Abend des 12. Juli 1881 ein.
Die Basisendpunkte waren durch zwei identische Konstruktionen unterirdisch versi-
chert. Die Messpunkte wurden je durch ein Kreuz auf einem Metallzylinder festge-
legt. Die Arbeiten wurden von den beiden SGK-Mitgliedern Emile Plantamour (1815–
1882), Professor für Astronomie und physikalische Geografie an der Universität
Genf, und Oberst Jules Dumur (1840–1920) geleitet. Dieser war als Chef des Eidge-
nössischen topographischen Bureaus gleichzeitig auch Waffenchef der Genietrup-
pen. Die Basis wurde zwischen dem 15. und dem 23. Juli, zweimal unmittelbar aufei-
nanderfolgend gemessen. Die Equipe bestand aus 78 Mann. Allein die Wachtmann-
schaft war 40 Mann stark und wurde als Détachement des Geniebataillons 8 von
Leutnant Conti kommandiert. Überdies stellte der Kanton Tessin eine Gruppe von
zehn Gendarmen zur Verfügung, welche die Strassenpolizei sicherzustellen hatten.
2 Die Messung der Aarberger Basis mit dem Apparat von Ibañez, der auch bei Giubiasco eingesetzt wurde.
Foto 1880 (Lang (1937), S. 9).
Die etwa 8.5 m breite Strasse konnte während der Messung nicht für den Verkehr
gesperrt werden, weil gangbare Wege zwischen dem Tessin und den steilen Talhän-
gen fehlten. Die Strasse war zwar in gutem Zustand, jedoch von einer dicken Staub-
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schicht bedeckt. Diese wurde durch den Wind oder vorbeifahrende Kutschen aufge-
wirbelt, was die Arbeit ziemlich mühsam machte. Die Hitze war mit mehr als 31° C im
Schatten übermässig und erschwerte den Arbeitsfortgang. Einige der Operateure
wurden manchmal unpässlich und mussten durch Kameraden ersetzt werden. Im-
merhin konnte die Arbeit bei gutem Wetter abgewickelt werden.
3 Die Basis von Giubiasco aus Tafel 4 Base de Bel-
linzone in Hirsch/Dumur (1888). Das dort abgebildete
Kärtchen im Massstab 1:50´000 sieht zwar wie eine
Siegfriedkarte aus, aber deren Erstausgabe in dieser
Zone datiert von 1910.
4 Der Ausschnitt aus Blatt 276 Val Verzasca der aktuel-
len Landeskarte 1:50 000 zeigt den grossen Land-
schaftswandel im dortigen Gebiet.
© swisstopo.
Wie schon in Weinfelden, wurden die acht Sektionen der Basis einmal zeitig am
Morgen und einmal am Abend gemessen, solange es das Tageslicht erlaubte. Carl
Koppe beschreibt den eigentlichen Messvorgang wie folgt: «Eine eiserne, 4 m lange
Messstange ist in halbe Meter getheilt. Zwei Microscope, welche von der Unterlage
der Stange isolirt aufgestellt sind, werden auf diese Theilung eingestellt und zwar
gewöhnlich auf den Null- und auf den vier Meter-Strich. Nach beendigter Einstellung
wird die Stange um ihre Länge vorgeschoben, das hintere Ende derselben unter das
vordere Microscop gebracht, das frei gewordene Microscop vorgestellt und auf das
vordere Ende der Stange eingerichtet. Dann wird die Stange wieder vorgeschoben,
in gleicher Weise operirt u. s. f. Man misst also jedesmal die Entfernung der beiden
Microscope gleich einer Stangenlänge, indem immer durch Bewegen der Stange der
Nullstrich derselben, durch Bewegen des Microscopes hingegen der Endstrich der
Stange unter die Fäden des Microscopes gebracht wird.»
Die Hin- und Rückmessung ergab nach Lang, S. 8, folgende Werte:
Messung 1 3200.4093 m
Messung 2 3200.4076 m
Mittel 3200.4084 m
Aus den Differenzen in den wiederholt gemessenen Teilstrecken wurde eine Mess-
genauigkeit (1σ) von ± 1.1 mm hergeleitet.
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5 Zusammenstellung der Resultate aus
Hirsch/Dumur (1888), S. 85. Der gesamte Zeitbe-
darf für die Hin- und Rückmessung betrug 2677
Minuten oder rund 44.6 Stunden, was umgerechnet
auf die Strecke von 2 x 3200 m eine Geschwindig-
keit von 143 m pro Stunde ausmacht.
Unmittelbar nach Abschluss der Messungen wurde der Apparat sorgfältig gereinigt,
mit Wagen auf der Strasse über den San Bernardino nach Chur verbracht, von wo er
unter Leitung von Hauptmann Perrier per Eisenbahn über Basel-Porrentruy-Belfort
nach Paris transportiert und am 6. August den Gebrüdern Brunner übergeben wer-
den konnte. Diese waren von General Ibañez mit der Rücknahme und der Aufbewah-
rung bis zu einem nächsten Einsatz beauftragt worden.
Der Vergleich mit der 50 Jahre zuvor von Domherr Berchtold im Champ Sec bei Sion
mit einfachen Mitteln gemessenen Basis (Geocache des Monats April 2013) verdeut-
licht den gestiegenen Genauigkeitsanspruch, mit dem aber ein bedeutend grössere
Aufwand sowohl für die Vorbereitung und die Messung, aber auch für die wissen-
schaftliche Auswertung verbunden war.
Literatur Gubler, Erich: 150 Jahre Schweizerische Geodätische Kommission. In: Geomatik Schweiz 109,
6/2011, S. 260–268.
Hirsch, A[dolphe]; Dumur, J[ules]: La mesure des bases (Das Schweizerische Dreieck-
netz/Astronomisch-geodätische Arbeiten in der Schweiz Bd. 3). Lausanne, 1888, inbesondere das
Kapitel Base de Bellinzone, S. 67–86.
Koppe, Carl: Der Basisapparat des General Ibanez und die Aarberger Basismessung. In: Die Eisen-
bahn 14/15, 4–8/1881, S. 19–21, 19–21, 25–27, 31f., 37, 43f., 49.
Lang, Werner: Die Grundlinien der schweizerischen Triangulationen. Winterthur, 1939, S. 8.
Wolf, Rudolf: Geschichte der Vermessungen in der Schweiz. Zürich, 1879, S. 201–203. Zölly, Hans: Geschichte der geodätischen Grundlagen für Karten und Vermessungen in der Schweiz. Bern, 1948, S. 53–54.
Herausgeber
Topografie
Bundesamt für Landestopografie swisstopo
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Tel. +41 31 963 21 11
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