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Ueberreiter, Glasumwandlung und selzunddre Umwandlungen in Polymeren, 5. Mitt. 217 Aus dem Fritz.Haber-Institut der Max.Planck-Gesellscha/t, Berlin-Dahlem Glasumwandlung und sekund~ire Umwandlungen in Polymeren*) 5. Mitt. : Spezifische W/irme, spezitlsche Volumen, Temperatur- und W~rmeleitflihigkeit yon Polymeren Von Kurt Ueberreiter Mit 6 Abbildungen in 9 Einzeldarstellungen I. Einleitung In einer Reihe yon vorangegangenen Arbeiten wurden erstmals Messungen der Temperaturleitf~higkeit yon Gl~sern im Be- reich der Glasumwandlung und bei hSheren Temperaturen mitgeteilt (1). Die Tempera- turleitfi~higkeit f~llt im Glasumwandlungs- intervall scharf ab. Gleichzeitig wurden Messungen der spezifischen Wiirme und des spezifischen Volumens ausgeftihrt und aus diesen Daten die W~rmeleitf~higkeit 2 nach Formel (2) berechnet. Infolge der Diskonti- nuitgt aller Gr61]en im Glasumwandlungs- intervall ist diese Methode zur Bestimmung yon ~ aber nicht brauchbar, weshalb nun zus~tzlich direkte Messungen der W/~rmeleit- fi~higkeit ausgeftihrt wurden. Sie wurden schon bei einem Vortrag auf der Bunsen- tagung 1959 mitgeteilt und in einer vorange- gangenen Mitteilung (2) kurz wiedergegeben. Inzwischen sind in der Literatur eine Reihe yon Arbeiten erschienen, welche zahlreiche Messungen und sehr interessante theoretische Ans~tze zur Erkl~rung yon 2 enthalten (3), sich aber nicht mit der DiskontinuitKt der Wi~rmeleitfKhigkeit im Sinne eines starken Abfalles im Glasumwandlungsintervall be- sch~ftigen, da die Messungen kurz oberhalb der Glastemperatur aufh6ren. Bei der Diskus- sion des Verhaltens yon W~rme- und Tem- .peraturleitf~higkeit wurden deshalb nur die lm folgenden mitgeteilten Ergebnisse be- nutzt. II. MeSmethodik Zur Messung der Temperaturleitf~higkeit wurde die bereits in der ersten Mitteilung beschriebene Methode angewendet (1). Zur Messung der W~rmeleitf~higkeit wurde die Hitzdrahtmethode yon Cecil und Munch (4) benutzt. Dadurch ist es mSglich, beide Messungen an einer Probe durchzufiihren. *) Herrn Prof. Dr. F. H. Mi~ller zum 60. Geburtstag gewidmet. (Eingegangen am 12. Dezenlber 1966) III. Stoffe Es wurde in dieser Arbeit ein Polymethylmeth- acrylat vom Molekulargewicht 5400 hergestellt. AuBer- dem wurden zum Vergleich des Einflusses yon Seiten- gruppen auf den Kmvenverlauf yon 2. und a ein Poly- acryls~uremethylester und ein Polystyrol hergestellt. Alle Polymere wurden thermisch polymerisiert und durch Abschnitt der oberen und unteren Kettenl~ngen ein einigermaBen molekular einheitliches Produkt er- harem Diese einer sorgf~ltigen Fraktionierung unter- ]egene Methode wurde deswegen gew~hlt, weil fiir eine Messung yon a und ~ etwa eine Einwaage yon 12 g ge- braucht wird. Das sind Mengen, welche einen gr6Beren Aufwand bei Anwendung der Fraktionierme~hodik ver- langen. Ffir die Problemstellung dieser Arbeit und der folgenden ist die Methode des ,,Herausschneidens des Maximums" aus einer polymolekularen Verteilung bei gezielter Einstellung dieses Maximums auch vSllig aus- reichend. IV. Ergebnisse Die Ergebnisse der Messungen sind in Abb. 1-3 zu sehen. Es wurden die W~rme- und Temperaturleitfi~higkeiten vom festen, glasigen bis zum Ieichtfliissigen Zustand ge- messen. Man sieht sofort den groSen Einflu~ der Glasumwandlung, es tritt auch bei der Wiirmeleitfiihigkeit ein starker Abfall, wie schon friiher ftir a festgestellt (1), ein. Die als Schnittpunkt der beiden Brechungsindex- geraden im glasigen und fltissigen Zustand ~1 \ ! r 3 3,8 ] I\ \ , c.~ 3,4 o,7 ] 3,o 50 100 150 200 ~ Abb. 1. Temperaturleitf~higkeit a und 0 W~rmeleit- f~higkeit ~ eines Polymethylmethacrylates. TG = volu- metrisch gemessene Glastemperatur

Glasumwandlung und sekundäre Umwandlungen in Polymeren

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Ueberreiter, Glasumwandlung und selzunddre Umwandlungen in Polymeren, 5. Mitt. 217

Aus dem Fritz.Haber-Institut der Max.Planck-Gesellscha/t, Berlin-Dahlem

Glasumwandlung und sekund~ire Umwandlungen in Polymeren*) 5. Mitt . : Spezifische W/irme, spezitlsche Volumen, Temperatur- und W~rmeleitflihigkeit yon Polymeren

Von K u r t U e b e r r e i t e r

Mit 6 Abbildungen in 9 Einzeldarstellungen

I. Einleitung In einer Reihe yon vorangegangenen

Arbe i ten wurden ers tmals Messungen der Tempera tur le i t f~higke i t yon Gl~sern im Be- reich der Glasumwandlung und bei hSheren T e m p e r a t u r e n mitgete i l t (1). Die Tempera - turleitfi~higkeit f~llt im Glasumwandlungs- in terval l scharf ab. Gleichzeitig wurden Messungen der spezifischen Wiirme und des spezifischen Volumens ausgeft ihr t und aus diesen Da t e n die W~rmelei t f~higkei t 2 nach Fo rme l (2) berechnet . Infolge der Diskonti- nu i tg t aller Gr61]en im Glasumwandlungs- in terval l ist diese Methode zur Bes t immung yon ~ aber n icht b rauchbar , weshalb nun zus~tzlich di rekte Messungen der W/~rmeleit- fi~higkeit ausgeft ihr t wurden. Sie wurden schon bei e inem Vor t rag au f der Bunsen- t agung 1959 mitgete i l t und in einer vorange- gangenen Mittei lung (2) kurz wiedergegeben.

Inzwischen sind in der L i t e r a tu r eine Reihe y o n Arbei ten erschienen, welche zahlreiche Messungen und sehr in teressante theoret ische Ans~tze zur Erk l~rung yon 2 en tha l t en (3), sich aber n icht mi t der Diskontinui tKt der Wi~rmeleitfKhigkeit im Sinne eines s tarken Abfalles im Glasumwandlungsin terval l be- sch~ftigen, da die Messungen kurz oberhalb der Glas tempera tu r aufh6ren. Bei der Diskus- sion des Verhal tens yon W~rme- und Tem- .peraturleitf~higkeit wurden deshalb nur die lm folgenden mi tge te i l ten Ergebnisse be- nu tz t .

II. MeSmethodik Zur M e s s u n g der T e m p e r a t u r l e i t f ~ h i g k e i t wurde die

bereits in der ersten Mitteilung beschriebene Methode angewendet (1). Zur Messung der W~rmeleitf~higkeit wurde die Hitzdrahtmethode yon Cecil und Munch (4) benutzt. Dadurch ist es mSglich, beide Messungen an einer Probe durchzufiihren.

*) Herrn Prof. Dr. F. H. Mi~ller zum 60. Geburtstag gewidmet.

(Eingegangen am 12. Dezenlber 1966)

III. Stoffe Es wurde in dieser Arbeit ein Polymethylmeth-

acrylat vom Molekulargewicht 5400 hergestellt. AuBer- dem wurden zum Vergleich des Einflusses yon Seiten- gruppen auf den Kmvenverlauf yon 2. und a ein Poly- acryls~uremethylester und ein Polystyrol hergestellt. Alle Polymere wurden thermisch polymerisiert und durch Abschnitt der oberen und unteren Kettenl~ngen ein einigermaBen molekular einheitliches Produkt er- harem Diese einer sorgf~ltigen Fraktionierung unter- ]egene Methode wurde deswegen gew~hlt, weil fiir eine Messung yon a und ~ etwa eine Einwaage yon 12 g ge- braucht wird. Das sind Mengen, welche einen gr6Beren Aufwand bei Anwendung der Fraktionierme~hodik ver- langen. Ffir die Problemstellung dieser Arbeit und der folgenden ist die Methode des ,,Herausschneidens des Maximums" aus einer polymolekularen Verteilung bei gezielter Einstellung dieses Maximums auch vSllig aus- reichend.

IV. Ergebnisse Die Ergebnisse der Messungen sind in

Abb. 1-3 zu sehen. Es wurden die W~rme- und Temperaturlei t f i~higkeiten vom festen, glasigen bis zum Ieichtfliissigen Zus tand ge- messen. Man sieht sofort den groSen Einflu~ der Glasumwandlung, es t r i t t auch bei der Wiirmeleitfi ihigkeit ein s tarker Abfall, wie schon friiher ftir a festgestell t (1), ein. Die als Schn i t t punk t der beiden Brechungsindex- geraden im glasigen und fltissigen Zus tand

~1 \ ! r 3 3,8

�9 ] I \ \ , c.~ 3,4

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50 100 150 200 ~

Abb. 1. �9 Tempera tu r l e i t f~h igke i t a u n d 0 W~rmele i t - f~higkeit ~ eines Polymethylmethacrylates. TG = volu-

metrisch gemessene Glastemperatur

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bestimmte Glastemperatur ist in den Abb. 1, 2 und 3 als Pfeil angedeutet. Sie liegt bei der Temperaturleitfi~higkeitskurve vor dem Wendepunkt des Steilabfalls im Transfor- mationsintervaH und stellt bei der Wiirme- leitf~higkeitskurve den Beginn des starken Abfalls yon 4 bei der Glasumwandlung dar.

Aufler der , ,Haupt"-Glasumwandlung zeigt das Polymethylmethacrylat in Abb. 1 noch zwei weitere Umwandlungen auf der Temperaturleitfghigkeitskurve a und auf der W~rmeleitfiihigkeitskurve 4. Die n~her an Tc liegende Umwandlung, angezeigt sowohl durch die 4- als auch dureh die a-Kurve, hat sicherlich die gleichen Ursachen, wie noch diskutiert werden soll. Die Temperaturver- schiebung der zweiten Umwandlung auf der 4-T-Kurve relativ zum gleichen Effekt auf der a-T-Kurve entspricht etwa der gleiehen Verschiebung bei der Glastemperatur. Die sekund/~ren Umwandlungen treten auf der Temperaturleitf~higkeitskurve weniger stark in Erscheinung. Durch eine kleine Ab/~nde- rung der Mel~methodik kann jedoch sicher festgestellt werden, ob ein Sprung auf der Temperaturleitf/~higkeit - Temperatur- Kurve durch eine Umwandlung hervorgerufen wird oder nicht. Die Abb. 2 zeigt die Kurven der Temperaturabh/ingigkeit der W/irme- und Temperaturleitf/~higkeit yon Polyacryls/iure- methylester. Wieder ist der starke Abfall beider Mel3gr613en bei der Glasumwandlung erkennbar, dartiber hinaus zeigt die Tempera- turleitf/~higkeitskurve keine sekund/~re Um- wandlung mehr, die W/irmeleitf/~higkeits- kurve dagegen nur noch eine. Die eine sekun- d/~re Umwandlung liegt n/~mlich bei der

l,t - c H i - c - -

, /I

II . ~-2,o,q 1 #"2"J2~

O,8 1 " ~ a,o �9 , , - , J , . , - ,

0 5 0 1 0 0 ~

Abb. 2. �9 und C)Wgrmeleit- f~higkeit ~ eines Po]ymethacrylates

Temperaturleitf/ihigkeit so nahe an der Hauptglasumwandlung, daI3 sie yon dieser schwer zu trennen ist. Es sind Versuehe im Gange, diese Differenzierung noeh zu er- mSglichen. Die 4 und a-Kurven des Poly-

styrols in Abb. 3 zeigen schlieBlich wieder zwei Umwandlungen, die Hauptglasum- wandlung und eine weitere sekundKre Um- wandlung.

1,r %

~'-~j~,o4 ~ \ ] I v I I to.

5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 * C

Abb. 3. �9 Tempera tur le i f f~higkei t a und O W/~rme- lei t f~higkei t eines ~ Polys tyro ls

V. Glasumwandlung 1. Mit W~rme- und Temperaturleit/ahigkeit

zusammenhangende MeflgrSflen Es soll in dieser Arbeit zun~chst versucht

werden, mit dem Debyeschen Ausdruck fiir die Wiirmeleitfiihigkeit 4 zu arbeiten (5).

~ c__ ul. [1] v

Darin ist c die spezifische W~rme, v das spe- zifische Volumen, u die Ausbreitungsge- schwindigkei~ der elastischen Wellen und 1 ihre mittlere freie Wegl/~nge. Weiterhin er- gibt sieh aus der Wi~rmeleitungsgleichung die Beziehung

C = -- a [2] v

mit der Temperaturleitzahl a der Dimension [era 2 see-S]. Ftir sie ergibt sieh, da im Debye- schen Ansatz die Konstante yon der GrSi3en- ordnung 1 ist, ftir die Temperaturleitzahl

a = u l. [3] Es ist nun interessant zu priifen, ob die

mittlere freie Wegl/inge 1 der Phononen bei Polymeren im untersuchten Temperatur- bereich tats/ichlich bereits in der GrSl3en- ordnung der Kettengliedabst/~nde liegt. Zu diesem Zwecke wurde der Elastizit/~tsmodul und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elastischen Wellen eines der untersuchten Polymeren nach der Methode der Biege- schwingungen gemessen (7) und mit diesem Wert und dem der Temperaturleitfiihigkeit die freie Wegl/inge berechnet. Es ergibt sich ein Wert yon 0,9-1,1 A, also ein den -CH~- Abst/~nden in der Ket te und den inter- molekularen Abst/~nden durchaus kommen- surabler Wert. Es soll jetzt zuerst die Ab-

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Ueberreiter, Glasumwandlung und sekundiire Umwandlungen in Polymeren, 5. Mitt. 219

h/~ngigkeit der im Ausdruck fiir 2 enthaltenen GrSSen c, v und a v o n der Beweglichkeit dieser Gruppen und insbesondere ihrer ~nde- rung bei der Glasumwandlung besprochen werden.

2. Glasumwandlung und spezifische Warme Messungen der spezifischen W/irme im

Glasumwandlungsgebiet ergeben Kurven, wie sie in Abb. 4 schematiseh angedeutet sind. Die Kurve a wurde yon meinem Mit-

t \+,,.

Abb. 4. Spezifische Wi~rme c-Temperaturkurven sche- matiseh, a = abgeschreckte Probe, b = langsam ge- kiihlte Probe, c ~ lange getemperte Probe, d ~ Temper-

zeit t -+ ,:~

arbeiter Kreibich (6) gemessen und wird demn~chst ausfiihrlicher besprochen werden. Sie stellt die spez. W/irme-T-Kurve eines Glases dar, das durch schnelles Abschrecken yon hohen Temperaturen erhalten wurde. Die Kurve b zeigt die spez. W/irme-Kurve des gleichen Glases nach einiger Zeit der Tem- perung, die Kurve c wiederum naeh sehr langer Temperung und die Kurve d entspr/iche dem kaum erreichbaren (Temperzeit-+ c~) Gleichgewichtszustand des Glases. Charak- teristisch fiir die Kurven ist das Auftreten einer negativen oder positiven ,,Nase".

Die positive ,,Nase" (Maximum) ist ex- perimentell seit langem bekannt, sie wurde kiirzlich als eine der KristallisationswKrme entsprechende Einfrier- oder Glasumwand- lungsw/irme gedeutet (8). Der endliche F1/t- eheninhalt des ,Maximums" entspricht

einerseits dem Einsatz einer begrenzten Ein- waage (Begrenzung nach ,,oben") und an- dererseits dem Auftreten eines Temperatur- intervalls der Umwandlung wie bei Kristal- len mit Beimischungen; der Fl~icheninhalt wiirde bei einem ganz reinen Kristall zu einem ,,isothermen Strich" zusammen- sehrumpfen.

Die HShe des Maximums (,,Nase" !) wird nun durch das Auftreten einer Spannungs- w/~rme Q~*v vermindert (8); es wird nur noch yon der Einfrierw/s A~* = Aa - Q~p verursaeht und versehwindet, wenn der Betrag der Spannungsw/~rme den der Glas- umwandlungswiirme erreicht (Kurve b). l~bersteigt die Spannungsw/~rme (erzeugt durch schnelles Abschrecken) den Betrag der Glasumwandlungsw/~rme, so tri t t ein Minimum (,,negative Nase" Kurve 4a) auf, dieses kann durch Tempern (Abgabe der Spannungsw/irme) wieder zum Verschwinden gebraeht werden (6). Die Einfrierw/irme Aa* hat dann e i n d e r Glasumwandlungsw/irme Aa entgegengesetztes Vorzeichen.

Das ist am besten an den integrierten Cp- Kurven, den Enthalpiekurven des Glases zu erkennen, die schematisch in den Abb. 5a his d) dargestellt sind, wie bereits an anderer Stelle er6rtert wurde (9). Die Kurven 5 a) und 5d) entsprechen den beiden Extremen: In- stabiles, dutch schnelles Abschrecken er- haltenes Glas voller Spannungsenergie (Abb. 5a) und stabiler Glaszustand, durch lances Tempern am Ende des Transfor- mationsintervalls erreicht (Abb. 5c). Beim schnell abgeschreckten Glas iiberwiegt die Spannungsw/~rme an Betrag die Glasum- wandlungsw/irme, die Einfrierw/~rme hat deshalb ein den Kurven in Abb. 5 c und 5 d entgegengesetztes Vorzeichen (,,negative Nase" = Minimum der c-Kurve a in Abb. 4). Mit der Zeit der Lagerung (Temperzeit) wird die eingefrorene Spannungsw~rme Q~ ab- gegeben bis sie beispielsweise der Glasum- wandlungsw/~rme Aa gleicht (Kurve 5b) und entsprechend Kurve b in Abb. 4). Posi- tive Einfrierw/~rmen (Maxima auf der c-T- Kurve) treten auf, wenn grSi3ere Betr/ige an Spannungsw/~rme durch 1/s Tempern abgegeben wurden (Abb. 5c) und Kurve c in Abb. 4). Der stabile Glaszustand, dargestellt durch die Enthalpiekurve in Abb. 5d) und die spez. W~rme-Kurve d in Abb. 4, ist erst nach auf3erordentlich langen, experimentell deshalb kaum zu verwirklichenden Warte- zeiten evzielbar. Bei Hochpolymeren mit langen Kettenl/~ngen ist jedenfalls dieser Zustand, da er eine kooperative Umordnung

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220 Kolloid.Zeitschrift und Zeitschri/t /iir Polymere, Band 216-217

fiber molekular sehr ausgedehnte Bezirke erfordert, nieht erreiehbar, c~-Kurven der Form c sind bei Hochpolymeren bereits schwerer erh~iltlich.

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~)

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T ~ b)

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c) d) Abb. 5. Enthalpie-Temperaturkurve eines Glases, das sein Gleichgewicht erreichen konnte (Temperzeit-->c~), Spannungsw~rme Qs~ = O. a) Enthalpie-Temperatur- kurve eines abgeschreckten Glases. Sparmungsw~rme Qs~ > Glasumwandlungswgrme AG. Aa* = Einfrier- w~rme, b) Enthalpie-Temperaturkurve eines langsam abgektihlten Glases Qs~ -~ Aa. c) Enthalpie-Temperatur- kurve einer lange getemperten Probe. Spannungs-

warme Q s ~ Aa

3. Volumensprung als Ursache der Spannungen im Glase Eine Fliissigkeit hat eine Struktur, welche

durch die zwischenmolekularen Kr~fte und die Raumerftillung der Molekeln best immt wird. Man kann nun annehmen, dal~ die Glasumwandlung durch eine _~mderung im Rotationsverhalten der Molekeln hervor- gerufen wird. Das ist aueh beim Kristalli- sieren der Fall. Bei Polymeren hi~tten wir yon einem Einfrieren der den Rotat ionen ent- sprechenden Torsionsschwingungen der Ket- tenglieder zu sprechen. Das AufhSren der freien Rotat ion oder Torsion bedingt eine ErhShung der Kohiisionskr~fte, und das verursacht eine Ver~nderung der Struktur, die nicht sehr groB sein muB, sich aber immer- hin yon derjenigen der Fliissigkeit etwas

unterscheidet. Schon S imon (10) hat eine Jfmderung der Koordinationszahl zur Er- kliirung des Sprungs der spez. W~rme bei der Glasumwandlung herangezogen. Die Zu- nahme der Koh~sionskriifte bewirkt eine sprunghafte Abnahme der Gleichgewichts- abst~nde der Molekeln, d .h . es tr i t t ein Volumensprung A VG bei der Glasumwand- lung auf. A Va ist natfirlich sehr viel kleiner als der beim Kristallisieren beobachtete Volumensprung, weft A V = VFz -Va wegen der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizien- ten afest < ~flitssig mit sinkender Temperatur stark abnimmt (11). Diese Feststellung steht scheinbar im Widerspruch mit den experi- mentellen Tatsachen, denn die mit den fib- lichen Abkfihlungszeiten gemessene Kurve des spez. Volumens gegen die Temperatur weist bei der Glastemperatur nur einen Knick auf, wie Abb. 6 schematiseh als Kurve a zeigt (oftmals wird auch Kurvenform b bei Erw~rmungskurven mit Andeutung eines A VG* erhalten !). In Wirklichkeit ist bei der durch schnelle Abkfihlung erzwungenen Glas- umwandlung der gesamte Volumensprung A VG als Porenvolumen in das Glas eingefro- ren, well er im Gegensatz zur Kristallisation wegen der St~rrheit des Systems nicht mo- mentan nach au6en abgegeben und nut dureh Messungen der Diffusion yon Gasen naehge- wiesen werden kann. Beim Abschrecken kann sogar noch ein zus~tzlicher Betrag an ,,freiem Volumen" VF* eingefroren werden (Kurve a in Abb. 6). Dureh langes Tempern

--:.=:'" 5'- !

I

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Abb. 6. Volumen-Temperatur(Erw~rmungs-)Kurven im Einfriergebiet eines Glases. a ~ abgeschreckte Probe, insgesamt eingefrorenes Volumen ~ zl I/E * (a) + A VF*. b ~ langsam gekiihlte Probe, geringer Volumensprung beim Schmelzen ~ A V(~- AVE* (b). c ~ lunge ge- temperte Probe, grSBerer Volumensprung beim Schmel- zen ~ zJ VG -- AVE* (c). d ~-- Temperzeit der Probe ~,

A V(7 (d) hat maximale Gr(iBe

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Ueberreiter, Glasumwandlung und sekundiire Umwandlungeu in Polymeren, 5. Mitt. 221

werden die P o r e n - also Anteile des Volumen- sprungs A Ve - allm/~hlich bis auf ein Rest- oder ,,Einfriervolumen" AVE* naeh augen abgegeben (Kurven b und c in Abb. 6). Bei der Aufnahme yon V-T-Kurven (Erw/~r- mung!) l~gt sich dann ein Volumensprung A V e * = A Va-A VE* feststellen. Das wurde experimentell sehon yon Tool (12) gezeigt, wegen der Inkompressibiliti~t der Fliissigkeit ist aber die damals (12) gegebene ErM/~rung nicht zutreffend (VG ~ VF~ ohne Annahme eines A Va).

Das Einfrieren besteht also in einer Um- wandlung ohne die M6gliehkeit, die Gleich- gewichtspliitze der neuen Glasstruktur sofort einnehmen zu kSnnen. Die dadurch um das Einfriervolumen AVE* , ,expandierte" Glas- s truktur ist somit roller Spannungen, die hohe Werte annehmen kSnnen, wie die Explosion der Bologneser Tr/~nen demon- striert. Das expandierte Glasvolumen (Schaum yon mikromolekularer Porengr6ge !) und die dadurch gespeieherte Spannungs- w/~rme verdecken die Umwandlung I. Ord- nung, die sich sonst in allen Experimenten darstellen wiirde, nun aber nur nach liingeren Wartezeiten erkennbar wird, wie die Kurven in den Abb. 4-6 demonstrieren.

Glas ist bei mikromolekularen Substanzen ein metastabiler Zustand, dessen Stabilit/~t durch die HShe der Keimbildungsarbeit fiir kristalline Keime bestimmt wird. Makro- molekulare G1/~ser aus ataktischen )5akro- molektilen sind stabile G1/iser, da die Keim- bildungsarbeit hier unendlich grog ist, well ihr eine Depolymerisation und taktische Wiederpolymerisation der Makromolektile vorausgehen mtigte, ein bei der Glastempe- ratur unm6glicher Vorgang.

4. Temperaturleit/i~higkeit

Der Ausdruck (2) ffir die W/~rmeleitf~hig- keit zeigt, dab 2 yon den drei GrSgen c, v und a abhi~ngt. Deshalb seheint es notwendig, fiber die Temperaturleitf/ihigkeit a zu disku- tieren, weshalb diese Gr6ge auch bevorzugt in den vorangehenden Arbeiten gemessen wurde.

Die Temperaturleitf/ ihigkeit/ indert sich - wie die W/~rmeleitf/ihigkeit - sprunghaft bei der Glasumwandlung. Bedenken wir, dab a ,,, u l i s t , l aber bereits auf die Ketten- (glied)abst/~nde abgesunken ist und daher als nur noch sehr geringfiigig temperaturab- h/ingig anzunehmen ist, so mug der Sprung von a im Glasumwandlungsintervall auf eine sprunghafte Abnahme der Fortpflanzungs- geschwindigkeit der elastischen Wellen zu- rfickgeffihrt werden.

Betraehten wir einmal den Ausdruck ffir die Geschwindigkeit yon longitudinalen Wel- len im unendlich ausgedehnten Medium

~ [4]

Hierin ist ~ die Dichte, # und ~ die Lamgschen Konstanten. [4] kann auf die bekannte Form mi~ dem Elastizit~tsmodul E gebracht werden

V E 1--~,~ [5] ~= (1 + #~i [i : 2 ~) "

Darin ist m die Poissor~sche Querkontrak- tionskonstante, da die Querkontraktion der verursachenden L/ingsdilatation proportio- nal ist.

In dieser Form wird das Gesetz zumeist zur Diskussion auch der W~rmeleitf/ihigkeit herangezogen, wobei der Bruch m i t m als kon- stant angesehen und in die GrSl~e E einbe- zogen wird. Die in dieser Arbeit und aueh in den vorangehenden gegebenen Megergebnisse yon a und X umspannen aber den Glaszustand und gehen weit in den fliissigen Zustand beinahe bis zur eeiling-Temperatur hinein. Der Ausdruek [5] ist aber nur fiir feste KSrper definiert und augerdem mit dem Makel behaftet, dab der Elastizit/itsmodul E im fliissigen Zustand seinen Sinn verliert, wir diesen Zustand aber gerade mit in den Kreis unserer Betraehtungen ziehen wollen. Deshalb mfissen wir ihn ffir die Betraehtung des gesamten Temperaturbereiehs durch einen anderen ersetzen. Das kann dadurch ge- sehehen, dab wir den ElastizitKtsmodul in [5] dureh den Kompressionsmodul K = ~-1 -mi t ~ der Kompressibilit/~t- ersetzen (13). Man erh/~It

V K 3(1--m) u = 1 + m [6]

Schon die Betrachtung der Werte der Poissonschen Konstanten m im festen und fltissigen Zustand allein gibt einen Hinweis auf eine notwendig sprunghafte Zunahme der Wellenfortpflanzung beim ~bergang fltissig- glasig, m hat n~mlich im festen Zustand den Wert 1/4 < m < 1/3 und im flfissigen den Wert m -1/2. Die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Phononen w/ichst daher allein durch die ~nderung der Querkontraktions- konstante bei der Glasumwandlung flfissig- glasig stark an. Die Kompressibilit/~.t. und das spez. Volumen nehmen beim Ubergang glasig-ttfissig gleichsinnig zu, wobei der Ein- flug der Kompressibilit/it fiberwiegt (~nde- rung des Abstogungspotentials durch Wech- sel im Rotations- oder Torsionsverhalten der

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222 KoUoid-Zeitschri]t und Zeitschri/t /fir Polymere, Band 216-217

Teilchen) ; diese tr~gt daher zum starken Ab- fall yon u entscheidend bei. Die ~_nderung der Phononen-Fortpflanzungsgeschwindigkeit u im Gebiet der Glasumwandlung wurde am gleichen Material nach Messung yon E yon F. Wol/(13) berechnet, ist abet auch durch zahl- lose Messungen anderer Autoren der Tempera- turabhs des E-Moduls vSllig gesichert. Der Sprung der Temperaturleitzahl a im Gebiet der Glasumwandlung scheint damit ausreichend erklKrt zu sein.

Die sprunghafte ~nderung der Wiirmeleit- f~higkeit im Gebiet der Glasumwandlung ist nun nicht mehr so schwer zu erkl~ren, wenn wir einen Blick auf die G1. [2] werfen, welche den Zusammenhang yon ~ mit der Temperaturleitf~higkeit, der spez. W~rme und dem spez. Volumen angibt. Ein Blick auf die Abb. 4 und 6 beweist ni~mlich, dab spez. Wi~rme und spez. Volumen gleichsinnige Spriinge im Gebiet der Glasumwandlung er- fahren. Der vorherrschende EinfluI3 auf wird daher durch die Temperaturleitf~higkeit a, also die Phononenfortpflanzungsgeschwin- digkeit ausgeiibt. ~ zeigt daher einen Sprung im gleichen Sinne wie a, weshalb die Mel~- ergebnisse hinreichend erkl~rt erscheinen.

VI. Sekmad~e Umwandlmagen 1. Ergebnisse

Die Messungen der W~rmeleitf~higkeit und Temperaturleitzahl in Abb. 1-3 zeigen sehr deutlich, dab neben der Hauptglasumwand- lung (T~ dutch einen Pfeil angedeutet) noch weitere Umwandlungen vorkommen. Deren Auswirkungen auf die W~irmeleit- f~higkeit ist durchaus der Hauptglasum- wandlung vergleichbar. Das beigegebene Formelbild der Ketteneinheit des Polymeren gibt den Hinweis, dab die Zahl der ,,sekun- d~ren" Umwandlungen mit der Zahl der Seitengruppen tibereinzustimmen scheint. Ein Vergleieh der ~ mit den a-Kurven ergibt weiterhin, dab eine der sekund~ren Umwand- lungen sich auf den Kurven der Temperatur- leitfi~higkeit geringer heraushebt als auf denen der Wiirmeleitf~higkeit, weil sie dem Gebiet der Hauptglasumwandlung sehr nahe kommt. Dadurch ist die 2-T-Kurve fiir das Studium dieser Erscheinungen besser geeig- net. Wir haben im Vorangehenden die Haupt- glasumwandlung als eine Umwandlung der Bewegungen der Kettenglieder verkniipft mit Erfriererscheinungen erkannt. Es sollen im folgenden die sekund~ren Umwandlungen auf Anderungen des Bewegungszustandes der Seitengruppen zurtickgeftihrt werden.

2. Dis]cussion In frfiheren Arbeiten konnte bereits eine

sekund~re Umwandlung auf der Tempe- raturleitf/~higkeits-Temperaturkurve festge- stellt werden (1). Diese wurde aber auf die Anderung des Bewegungszustandes des Ma- kromolekfils als Ganzes, einer FlieBtempera- tur entspreehend, zuriickgeffihrt. Zahlreiche Messungen an niedermolekularen Substanzen z. B. Weiehmaehern und ~hnlichen Stoffen (2) ergeben aber ebenfalls sekund~re Uberg~nge gleicher Art, wobei eine Differenzierung zwi- sehen Kettenglied und Kette wegf/~llt, Seiten- gruppen jedoeh ebenfalls vorhanden sind. Weitere noch zu verSffentlichende Messungen ergeben, dab die Zahl der sekund~ren Uber- g~nge mit der Zahl der Seitengruppen fiberein- zustimmen scheint (vgl. aueh Abb. 1 mit 2), wenn diese eine GrSfle besitzen, dab bei ihnen eine gewisse ,,kinetisehe Selbst~ndigkeit" vermutet werden kann. Umwandlungen, die das gesamte Makromolektil betreffen, schei- nen mit diesen Uberg~ngen nicht zusammen- zuh~ingen. Es ergibt sich n~mlich aus Mes- sungen der Schmelzviskosit~t, dab die se- kund~ren Umwandlungen in einem leicht- fliissigen Gebiet yon sehr geringer Viskosit~t liegen, in welchem die Makro-Brownsche Bewegung des Makromolektils als Ganzes schon lange frei ist. Gegen eine Ursache yon Umwandlungen durch Freiwerden einer Makro-Brownschen Bewegung scheinen wei- terhin Messungen an vernetzten Makromole- ktilen zu sprechen, die permanent struktur- fixiert sind, wohl aber sekund~re Umwand- lungen aufweisen (1).

Man k6nnte weiterhin vermuten, dab die sekundi~ren Ubergiinge primi~re Umwand- lungen yon Sequenzen yon Hauptketten- gliedern seien, deren Konfiguration eine andere ist. Das k6nnten bei den an einer der beiden -CH2-Gruppen des Kettengliedes hi~ngenden Substituenten des Polymeth- acrylates, Polyacrylates oder Polystyrols An- teile an 1,2 und 1,4 Addition zus~tzlich zur tiberwiegenden 1,3-Stellung sein. Dagegen spricht einerseits die Konstanz der Tem- peraturintervaUe dieser sekundiiren Um- wandlungen unabhi~ngig yon der Polymeri- sationsart der Polymeren und besonders auch das Vorkommen dieser Umwandlungen bei Mikromolektilen, wo kein Zweifel fiber die chemische Konstitution besteht.

Aus diesen Grtinden wird vorgesehlagen, die sekunds Umwandlungen auf ~nde- rungen des Bewegungszustandes yon Seiten- gruppen oder Teilen davon zurtiekzufiihren. Vielleicht ist es sogar instruktiv, ein PoKy-

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Ueberreiter, Glasumwandlung und sekund~ire Umwandlungen in Polymeren, 5. Mitt. 223

meres mi t , ,kinetisch selbst/~ndigen" Seiten- g ruppen als eine Mischung yon K e t t e n mi t Sei tengruppenmoleki i len anzusehen, wobei die BewegungsmSglichkei ten der le tz teren gegentiber gleichen aber n icht an K e t t e n , ,befest igten" Molekiilen herabgese tz t sind. Amorphe Har tpa ra f f ine oder Poly/~thylene zeigen eine Haup tg l a sumwand lung bei e twa

- 20 ~ K a u t s c h u k hingegen bei - 60 ~ was auf eine hohe Beweglichkeit der CH 3- Gruppen des Systems schliel~en l~l~t. Poly- s tyrol ha t der Unbewegl ichkei t der Phenyl - g ruppen wegen eine hohe Glasumwandlungs- t empera tu r . In te ressan t ist auch ein Vergleich vom Polymethaery l s / tu remethy les te r mi t dem Polyaery ls / /uremethyles te r , wie er in den Abb. 1 und 2 durchzuf t ihren ist. Offenbar bewirk t die zus/~tzliehe -CH3-Gruppe gegen- fiber der Es t e rg ruppe im PMMA eine Zu- nahme der Ke t tens te i fhe i t , ausgedri ickt durch die hShere Lage der T e m p e r a t u r der H a u p t - g lasumwandlung. Diese Gruppe scheint auch bei ziemlich hoher T e m p e r a t u r ihre vSllig freie Rotat ionsmOglichkei t einzubiil~en und sich in einen s ta rk gehemmten R o t a t o r mit be s t immten Orient ierungen yon grSBerer Verweilzeit (ungleiche Po ten t ia lmin ima) um- zuwandeln. Das bewirkt eine Versteifung der Gesamts t ruk tu r , so dal~ nach Umwand lung der BewegungsmSglichkei t der Es te rg ruppe die Ke t teng l ieder soweit an TorsionsmSglich- kei ten ver loren haben, dal~ deren AufhSren bei der Glasumwandlung in einem nur etwas t iefer gelegenen Tempera tu r in t e rva l l erfolgt.

Ein Vergleich dieser durch W/irme- und Tempera tu r le i t f/~higkeits-Messungen aufge- fundenen sekund/~ren Umwand lungen mit denen aus meehanischen, dielektr isehen (14) oder ~ / [ l~-Messungen (15) erseheint des- wegen sehr schwierig, weil diese Messungen an einzelnen Gruppen Verschiebungswirkun- gen erzeugen, welehe die sekund/~ren Um- wandlungen zwangsweise in Abh/~ngigkeit yon der Mel~frequenz in ganz andere Tem- pera tu rgeb ie te verschieben kSnnen.

V I I . S e h l u l l

Die Haup tg l a sumwand lung wurde als Um- wandlung I. Ordnung ve rbunden mi t Ein- f r iererscheinungen charakters ier t . Die , ,ther- misehe Vorgeschichte" von Polymeren , wie sie besonders auch von F. H. M~dler in zahl- reichen Arbe i ten un te r such t wurde, ha t deshalb einen grol~en Einflul~ au f den Kur - venver lauf der Temperaturabh/~ngigkei t bei zahllosen 1Vfel~grSi3en.

Die Deu tung der sekund//ren Umwand- lungen - aufgezeigt durch ~berg/s in

W~rme und Temperaturlei t f /~higkei tskurven - als Anderung des Bewegungszustandes yon Sei tengruppen oder Teilen yon ihnen, ist natt ir l ich der geringen Anzahl yon Messun- gen wegen vorers t noch eine Arbei t shypo- these. Es sollen aber bald weitere Messungen an Po lymeren mi t versehiedenar t igen Seiten- g ruppen vorgelegt werden und dann der Versuch einer Best/ i t igung dieser Annahme gemaeht werden.

Um die experimentelle Arheit und Durchfiihrung der Messungen bemiihte sich Herr Chemotechniker D. Zieg- ler. Ich schulde ihm dafiir besonderen Dank. Dem Fonds der Chemischen Industrie danke ich sehr fiir finanzielle Unterstiitzung.

Zusammen/assu~g Es wird ein Sprung der Temperatur- und Wi~rme-

leitfi~higkeit im Gebiet der Hauptglasumwandlung und sekund~tren Umwandlungen bei Polymethylmeth- acrylat, Polymethylacrylat und Polystyrol gemessen. Die Glasumwandlung wird als eine Umwandlung I. Ordnung mit Einfriererscheinungen beschrieben. Damit wird der Verlauf der Temperaturabh~ngigkeit yon spezifischer Wi~rme, Enthalpie und Volumen beim l~bergang fifissig-glasig erkl~trt. Die sekundi~ren Um- wandlungen werden auf Jmderungen des Rotations- vermOgens der Seitengruppen zuriickgefiihrt.

SttYttmctry A sharp increase of the thermal diffusivity and con-

ductivity during the glasstransition and secundary transitions are measured with polymethylmethacrylate, polymethacrylate and polystyrene. It is due to the main glass-transition which is described as a first order transition being overlapped by "freezing in" phenomena. The temperature dependence and apparent anomalies of the specific heat, enthalpy and volume in the glass- transition interval are explained with this theoiTr It is assumed that the secondary transitions are caused by a change of the rotational freedom of the side groups.

Literatur 1) Methode: Z. Naturforschg. 5a, 101 (1950),

weiterhin: 1. Mitt. Kolloid-Z. 123, 92 (1951), 2. Mitt. Z. Naturforschg. 8 a, 664 (1953), 3. Mitt. Kolloid-Z. 133, 26 (1953), 4. Mitt. Kolloid-Z. 1~4, 120 (1955).

2) Ueberreiter, K., The Elastic Range of Polymers and its Change by Plasticization. In: Advances in Chem. Ser. 48, 35 (1965).

3) Eiermann, K., Kolloid-Z. u. Z. Polymere 198, 5 (1964); 199, 125 (1964); 201, 3 (1965); Sheldon, tL P. und Sister K. Lane, Polymer 6, 77, 205 (1965) ; Hattori, M., Kolloid-Z. u. Z. Polymere 202, 11 (1964); Lobe, P., Kolloid-Z. u. Z. Polymere 294, 7. 205, 1 (1965).

4) Cecil, O. B. und R. M. Munch, Ind. Eng. Chem. 48, 437 (1956).

5) Debye, P., Vortr~ge fiber die kinetische Theorie und E|ektrizit~t, Wolfskehlvortr/ige (Berlin 1914).

6) Kreibich, R., Diplomarbeit FU (Berlin 1964). 7) Wolf, .F., Diplomarbeit FU (Berlin 1964). 8) Ueberreiter, K., Naturwiss. 50, 150 (1963). 9) Ueberreiter, K. und W. Bruns, Ber. Bunsenges.

physik. Chem. 70, 17 (1966). 10) Simon, F., Erg. ex. Naturwiss. 9, 244 (1930). 11) Ueberreiter, K., Ricerca Scientifica 25. Suppl.

646 (1954).

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12) Tool, A. Q., J. Amer. Ceram. Soc. 29, 240 (1946). 13) Wol/, F., Dissertation FU Berlin (demn~chst). 14) Zusammenfassung in iVibsche/Wol], Struktur und

physikalisehes Verhalten der Kunststoffe I. (Berlin- Heidelberg-New York 1962).

15) Powles, J. G., B. I . Hunt und 1). J. H. Sandi/ord, Polymer, S. 505 (London 1964).

Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. Kurt Ueberreiter, Fritz-ttaber-Institut der Max.Planck-Gesellschaft, 1 Berlin-Dahlem

Aus den Farbwerken Hoechst AG, vormals Meister Lucius & Bri~ning, Frank/urt am Main-H6chst

Die zwischenmolekularen Krtifte und die physikalischen Eigenschaften makromolekularer Stoffe*)**)

Von O. Fuchs

Mit 10

l . Die Anwendbarkeit der Vorstellungen iiber die Natur der zwischenmolekularen Kr/ifte

Wenngleieh fiber die Natur der zwisehen- molekularen Kr/ifte bereits vor einigen Jahr- zehnten detaillierte Vorstellungen entwiekelt wurden, wird hiervon doch noch zu selten Gebrauch gemaeht, um die Zusammenh~nge zwisehen den versehiedenen physikalischen Eigenschaften und der Struktur, die ja die Art und St~rke der zwischenmolekularen Kr~fte bedingt, zu diskutieren. Die Zuriick- haltung hat mehrere Grfinde:

a) Es gibt, wie noch n~her gezeigt wird, mehrere Arten yon zwischenmolekularen Kr~ften. Bei der Diskussion der Erseheinun- gen erhebt sieh sofort die Frage, in weleher Weise eine Aufteilung der Einzelbeitr~ge der verschiedenen Kr~fte mSglich ist.

b) Die Gleichungen ffir die zwischenmole- kularen Kr/~fte kSnnen nur dazu dienen, qualitative Aussagen zu machen. Zwar well3 man etwa, wie das Dipolmoment oder die Polarisierbarkeit in diese Gleichungen ein- geht; aber sie kSnnen naturgem/iB nur grobe N/~herungen darstellen.

c) Man weiS, dab einige Stoffe stark asso- ziie1~ sind. Assoziationsgrade stellen natfir- lieh nur Mittelwerte dar, da es neben den niehtassoziierten Molekfilen stets mehrere Arten yon Assoziaten gibt. Teilehen mit un- gleichem Assoziationsgrad stellen aber phy- sikalisch gesehen Individuen mit ungleichen molekularen Eigenschaften dar. Wie soll man unter solehen Umst/~nden noch Aussagen fiber die Gr6Be der zwisehenmolekularen Kr/ifte in diesem System machen kSnnen?

*) Herrn Prof. Dr. F. H. Mi~ller zum 60. Geburtstag gewidmet.

**) Erweiterte Fassung eines bei der Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft im Oktober 1966 in Miinchen gehaltenen Vortrages.

Tabellen (Eingegangen am 12. Dezember 1966)

Dieselbe Schwierigkeit tritt in verst/~rktem MaBe bei der Betrachtung yon Substanzge- mischen auf.

d) Bei den)/Iakromolekfilen kommt schlieB- lich noch hinzu, dab die Konformation einer Polymerkette doch sehr mannigfaltig ist und dab man hinsichtlich der zwischen- molekularen Kr~fte bei 1VIakromolekiilen hie yon diesen als Ganzen sprechen kann, son- dern nur yon Teilen derselben. )Iolekfilteile, die einige ~[onomereinheiten yon einem herausgegriffenen Teil des Makromolekiils entfernt sind, kSnnen sich weitgehend un- abh~ngig yon dem jeweiligen Zustand des Bezugteiles verhalten; z. B. kann eine Poly- merkette mehreren getrennten kristallinen und amorphen Bezirken angehSren.

Angesichts dieser wenig exakten Besehrei- bung der GrSl~e der zwisehenmolekularen Kr/ifte scheint es bei den Makromolekfilen fast aussichts]os zu sein, Zusammenh~nge zwisehen den Eigenschaften und den Kr~ften zu finden. Der Zweek der folgenden Ausffih- rungen ist die Widerlegung einer solchen weitverbreiteten Ansicht. Wir wollen anhand einiger Beispiele zeigen, daI~ es durehaus mSglich ist, aufgrund der zur Zeit fiber die Art der einzelnen zwischenmolekularen Kr~fte bestehenden Vorstellungen n~here Aussagen fiber den Einflu~ dieser Kr/ifte auf das physikalische Verhalten der Stoffe zu machen. Aueh wenn keine quantitativen Angaben gemacht werden kSnnen, sind solche Betraehtungen keineswegs zwecklos. Viel- mehr kann die konsequente Anwendung der bekannten Vorstellungen zu neuen Aussagen ffihren, die auf andere Weise nicht oder nur durch zeitraubende Versuche zu erhalten sind. Beispiele hierzu werden unten ange- fiihrt. Gerade in diesem heuristischen Ge- sichtspunkt sehen wir einen wesentliehen