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132 andrologen.info Oktober 2005 Nephrologie Klinische Leitsymptome aussagekräftiger als patho- logische Charakteristika In die klassische Einteilung der Glomerulonephritiden fließen ätiologische, histopathologische und klinische Gesichtspunkte ein. Diese Durchmischung ist für den praktisch tätigen Arzt oft nicht sehr hilfreich, denn das klinische Erscheinungsbild kann vielfach auf verschiedene GN- Formen hinweisen. Insbesondere wird zwischen der Ausbildung eines nephrotischen Syndroms und einem (akut) ne- phritischen Verlauf unterschie- den (Tabelle). Ausschlaggebend für die jeweilige Entwicklung ist das Fehlen bzw. das Vorliegen einer leukozytären Chemotaxis, d.h. die Exsudation von vorwie- gend Monozyten und von Lym- phozyten. Glomerulonephritis Ätiologisch, pathologisch und klinisch uneinheitliche Nephropathie Das klinische Erscheinungs- bild der Glomerulonephritiden kann sehr variabel sein: ▪ Asymptomatische Verläufe kommen zufällig bei Urinun- tersuchungen zum Vorschein. Man findet unter Umständen eine milde Proteinurie und/oder eine Mikrohämaturie, vielfach ohne daß der Patient Ödeme aufweist und einen Bluthochdruck ent- wickelt hat. ▪ Der Patient mit einem nephri- tischen Syndrom präsentiert sich mit einer erst kurz zuvor einge- tretenen Hämaturie und Prote- Entzündliche Erkrankungen der Glomeruli können durch Schädigung aller in den Filtereinheiten vertretenen Zellen und Strukturen verursacht werden. Mit wenigen Ausnahmen handelt es sich bei der Glomerulonephritis (GN) um eine immunver- mittelte Erkrankung, in deren Pathophysiologie neben Antikörpern auch Chemo- kine, Zytokine, Wachstumsfaktoren, Komplementaktivierung, Koagulationspro- dukte, Leukozyten und die Nierenzellen selbst eine Rolle spielen. Ätiologisch wer- den primäre Nierenerkrankungen aufgrund akut entzündlicher Glomerulopathien, akut entzündliche Glomerulonephritiden als Begleitreaktion bei Infektionen und Begleitreaktion systemischer Erkrankungen unterschieden. Der Behandlung von Glomerulonephritiden ist in zahlreichen Fällen kein Erfolg beschieden, so daß die Erkrankung eine der häufigsten Ursachen für terminales Nierenversagen ist. • Minimalläsion (Minimal Change Disease) • Membranöse GN • Fokal segmentale Glomerulosklerose • Mesangioproliferative GN (IgA-Nephropathie) • Membranproliferative GN • Akute postinfektiöse GN • Rapid progressive GN (Halbmond-GN) Bei den nephrotischen Formen steht ganz klar die Proteinurie im Vordergrund: Bei den nephritischen Formen liegt neben einem oft weniger stark ausgeprägten Eiweißverlust auch eine Hämaturie vor. N E P H R O T I S C H N E P H R I T I S C H

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Nephrologie

Klinische Leitsymptome aussagekräftiger als patho-logische Charakteristika

In die klassische Einteilung der Glomerulonephritiden fl ießen ätiologische, histopathologische und klinische Gesichtspunkte ein. Diese Durchmischung ist für den praktisch tätigen Arzt oft nicht sehr hilfreich, denn das klinische Erscheinungsbild kann vielfach auf verschiedene GN-Formen hinweisen. Insbesondere wird zwischen der Ausbildung eines nephrotischen Syndroms und einem (akut) ne-phritischen Verlauf unterschie-den (Tabelle). Ausschlaggebend für die jeweilige Entwicklung ist das Fehlen bzw. das Vorliegen einer leukozytären Chemotaxis, d.h. die Exsudation von vorwie-gend Monozyten und von Lym-phozyten.

GlomerulonephritisÄtiologisch, pathologisch und klinisch uneinheitliche Nephropathie

Das klinische Erscheinungs-bild der Glomerulonephritiden kann sehr variabel sein:▪ Asymptomatische Verläufe kommen zufällig bei Urinun-tersuchungen zum Vorschein. Man fi ndet unter Umständen eine milde Proteinurie und/oder ei ne

Mikrohämaturie, vielfach ohne daß der Patient Ödeme aufweist und einen Bluthochdruck ent-wickelt hat.▪ Der Patient mit einem nephri-tischen Syndrom präsentiert sich mit einer erst kurz zuvor einge-tretenen Hämaturie und Prote-

Entzündliche Erkrankungen der Glomeruli können durch Schädigung aller in den Filtereinheiten vertretenen Zellen und Strukturen verursacht werden. Mit wenigen Ausnahmen handelt es sich bei der Glomerulonephritis (GN) um eine immunver-mittelte Erkrankung, in deren Pathophysiologie neben Antikörpern auch Chemo-kine, Zytokine, Wachstumsfaktoren, Komplementaktivierung, Koagulationspro-dukte, Leukozyten und die Nierenzellen selbst eine Rolle spielen. Ätiologisch wer-den primäre Nierenerkrankungen aufgrund akut entzündlicher Glomerulopathien, akut entzündliche Glomerulonephritiden als Begleitreaktion bei Infektionen und Begleitreaktion systemischer Erkrankungen unterschieden. Der Behandlung von Glomerulonephritiden ist in zahlreichen Fällen kein Erfolg beschieden, so daß die Erkrankung eine der häufi gsten Ursachen für terminales Nierenversagen ist.

• Minimalläsion (Minimal Change Disease)• Membranöse GN• Fokal segmentale Glomerulosklerose• Mesangioproliferative GN (IgA-Nephropathie)• Membranproliferative GN• Akute postinfektiöse GN• Rapid progressive GN (Halbmond-GN)

Bei den nephrotischen Formen steht ganz klar die Proteinurie im Vordergrund:

Bei den nephritischen Formen liegt neben einem oft weniger stark ausgeprägten Eiweißverlust auch eine Hämaturie vor.

Tab.: Anhand der klinischen Leitsymptome lassen sich Glomerulonephritiden in zwei große Gruppen einteilen:

NEPHROTISCH

NEPHRITISCH

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Nephrologie

inurie. Die Nierenfunktion ist beeinträchtigt und durch Was-ser- und Salzretention entsteht Bluthochdruck. Das nephriti-sche Krankheitsbild herrscht bei der rapid progressiven GN und der akuten postinfektiösen GN vor. Teilweise wird es aber auch bei der membranoprolife-rativen und der mesangioproli-ferativen GN beobachtet. ▪ Bei der rapid progressiven GN kommt es innerhalb von Tagen bis drei Monaten zu einem Abfall der glomerulären Filtrationsrate um mindestens 50 % bei zumeist nephritischem Krankheitsbild und ausgeprägter Halbmondbildung. Als Verlaufsform kann die rapid progressive GN bei praktisch al-len GN-Typen auftreten. Die Be-zeichnung geht auf einige Fäl-le von poststreptokokkaler GN mit ungewöhnlich fulminantem Verlauf zurück.▪ Das nephrotische Syndrom ist durch eine erhebliche Proteinurie (>3,5 g/1,73 m2/Tag), Hypalbu-minämie, Hyperlipid ämie und Ödeme gekennzeich net. ▪ Bei der chronischen GN nimmt die Erkrankung einen schlei-chenden Verlauf. Der Beginn ist meist nicht feststellbar. Über Jahre und Jahrzehnte entwickelt sich vielfach eine Niereninsuf-fi zienz. Histopathologisch liegt der chronischen GN in den mei-sten Fällen eine mesangiopro-liferative GN, eine membrano-proliferative GN oder eine fokal sklerosierende GN zugrunde. Glomerulonephritiden treten beim männlichen Geschlecht deut-lich häufi ger auf als beim weib-lichen. Die Ausnahme ist Lupus nephritis. Aber selbst da zeigt sich die verstärkte Anfälligkeit der Männer für Glomerulonephriti-den, denn der Geschlechterun-terschied ist erheblich geringer

ausgeprägt als beim systemischen Lupus erythe matodes.

Pathophysiologische GN-Formen mit klinisch vorherrschender Proteinurie

Die Proteinurie beim nephroti-schen Syndrom ist auf die erhöh-te Permeabilität des Harnfi lters und nicht auf verminderte tubu-läre Resorption zurückzuführen. Neben vorherrschend Albumin gehen auch Immunglobulin G und Gerinnungsfaktoren verlo-ren. Als pathologisches Merk-mal fi ndet man auf der Harnseite der Glomeruli eine Schädigung der Podozyten.

Die Minimalläsion (Mini-mal Change Disease) ist die häufi gste Ursache für ein ne-phrotisches Syndrom im Kin-desalter. In den meisten Fällen spricht die Krankheit bei Kin-dern gut auf eine Steroidthera-pie an und ist reversibel. Bei 20 bis 30 % der Erwach-senen mit einem nephrotischen Syndrom läßt sich eine Minimal-läsion nachweisen. Die Krankheit ist gegenüber einer Behandlung mit Steroiden vielfach resistent, oder es kommt zum Rückfall. In solchen Fällen kann unter Um-ständen mit Cyclosporin A und Cyclophosphamid erfolgreich be-handelt werden. Die Minimalläsion zeigt licht-mikroskopisch keine Auffälligkei-ten. Erst im Elektronenmikroskop läßt sich die Verschmelzung der Podozytenfortsätze erkennen.

Die membranöse GN ist die häufi gste Ursache eines nephro-tischen Syndroms im Erwach-senenalter. Zur Schädigung des Harnfi lters kommt es durch Ab-lagerung von Immunkomplexen

zwischen den Podozytenfortsät-zen und der glomerulären Ba-salmembran (Abb. 1a, b). So-fern die Ursache hierfür nicht bekannt ist, wird von einer pri-mären (idiopathischen) Erkran-kung gesprochen. Vielfach tritt die membranöse GN jedoch im Rahmen anderer Erkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes oder einer Infek-tion mit Hepatisis-B-Viren auf. Ursächlich kann auch die Ein-nahme von Medikamenten wie Captopril, Penicillamin sowie von Gold- und Quecksilberprä-paraten sein. Ferner kommt die membranöse GN bei Krebser-krankungen wie insbesondere Bronchial-, Kolon- und Pro sta-takarzinom vor. In etwa jedem vierten Fall von membranöser GN kommt es zu einer dauerhaften Spont-anremission. Bei einem ähnlich hohen Anteil der Patienten ent-wickelt sich eine unterschiedlich stark ausgeprägte persistierende Proteinurie mit nichturämischer Azotämie. In etwa jedem zwei-ten Fall schreitet die Krankheit bis zur terminalen Niereninsuf-fi zienz voran. Für die Therapie der idiopa-thischen membranösen GN sind Steroide allein völlig unwirk-sam. Vielmehr muß Predniso-lon mit Chlorambucil, Cyclo-phosphamid oder Cyclosporin A kombiniert werden. Bei gün-stigen prognostischen Voraus-setzungen (Proteinurie <6 g/d und Kreatinin <1,5 mg/dl) ist es aufgrund der hohen Rate an Spontanremissionen unter Um-ständen lohnenswert, etwa ein halbes Jahr nur zu beobachten. Bei sekundären Fällen von mem-branöser GN steht die Behand-lung der Grunderkrankung im Vordergrund.

Die fokal segmentale Glome-rulosklerose ist die zweithäufi g-ste Ursache eines nephrotischen Syndroms im Erwachsenenalter. Sie wird vielfach als eine Ver-laufsform der Minimalläsion an-gesehen, bei der die Podozyten in einzelnen Glomeruli, d.h. fokal so schwer geschädigt werden, daß sie teilweise zugrunde gehen und es segmental zu Vernarbungen kommt. Charakteristischerwei-se treten eine plötzliche schwere Proteinurie, Ödembildung und Kreatininanstieg auf.

IgA-Nephritis − weltweit häufi gste Ursache des chro-nischen Nierenversagens

Die Mesangioproliferative GN(IgA-Nephropa thie/Nephritis, Morbus Berger) ist eine auf die Nieren beschränkte, immunver-

Abb. 1a: Membranöse GN: Zwischen glome-rulärer Basalmembran und Podozyten lagern sich Immunkomplexe in granulärer Form ab, so daß es zu einer Schädigung der Podozytenfort-sätze kommt.

Abb.1b: Membranöse GN (IgG-Immun-fl uoreszenz): Die glomeruläre Basal-membran erscheint als diffuses granulä-res Muster.

glomeruläre Basalmembran

Mesangium Immunkomplex

Endothelzelle

Podozyt

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mittelte Krankheit. Hierbei han-delt es sich um die im Erwachse-nenalter häufi gste entzündliche Glomerulopathie, von der etwa dreimal mehr Männer als Frau-en betroffen sind. Aus dem ge-häuften familiären Auftreten der Krankheit wird zudem geschlos-sen, daß der IgA-Nephropathie offenbar eine erbliche Belastung zugrunde liegt. Als ein potenti-eller genetischer Faktor für die Entstehung und das Fortschrei-ten der IgA-Nephropathie gilt ein Enzymdefekt, der zur ano-malen O-Glykosylierung zweier IgA-Untergruppen führt. Worauf die Störung im Im-munsystem bei einer IgA-Ne-

phropathie letztlich zurückzu-führen ist, läßt sich gegenwärtig nicht beantworten. Die Antikör-per – vorwiegend IgA – werden charakteristischerweise im Me-sangium der Glomeruli abge-lagert – unter Umständen aber auch in anderen Anteilen des Glomerulums (Abb. 2a, b). Im Mesangium führt die Ablage-rung von IgA zur Aktivierung der Mesangiumzellen, zur ver-mehrten Freisetzung von Zyto-kinen und zur Proliferation von Mesangiumzellen. Das klinische Bild der IgA-Nephropathie kann sehr stark variieren. Als Minimalbefund fi ndet sich eine geringe persi-stierende Mikrohämaturie. Dies ist häufi g der Fall, wenn die Ab-lagerung der Immunkomplexe auf das Mesangium beschränkt bleibt. In solchen Fällen ist die Prognose günstig. Werden aber auch IgA-Komplexe im suben-dothelialen Bereich abgelagert, bewirken sie ein nephritisches Syndrom. Charakteristisch sind rezidivierende Episoden mit Ma-krohämaturie, die meist von ei-ner Infektion der oberen Luftwe-ge begleitet sind. Ferner besteht neben der Hämaturie meist eine milde Proteinurie. Unter Um-ständen liegt das klinische und pathologische Bild einer rapid progressiven GN vor. Kommt es aber zu IgA-Ablagerung auch im subepithelialen Bereich, wer-den die Podozytenfortsätze ge-schädigt und es entwickelt sich ein nephrotisches Syndrom. Als therapeutische Maßnah-men kommen bei der IgA-Ne-phropathie antiinfl ammatori-sche, antiproliferative, einer Ma trixvermehrung entgegen-wirkende und antihypertensive Medikationen zur Anwendung. Das Vorgehen orientiert sich

sehr stark am Ausmaß der Pro-teinurie und damit am Zustand der Nierenfunktion. Grundle-gend ist die Blutdruckkontrol-le mit dem Zielparameter RR 125/85 mmHg. Bei Patienten mit gut erhaltener Nierenfunk-tion sind je nach Ausmaß der Proteinurie auch Steroide in-diziert, um insbesondere ei-ner Kreatinin-Ver schlechterung vorzubeugen. Gelegentlich wer-den auch Fisch öle eingesetzt. Als ungünstige prognostische Faktoren bei der IgA-Nephro-pathie gelten eine Proteinurie >1,5 g/die, eine glomeruläre Fil-trationsrate <70 ml/min, Blut-hochdruck und männliches Ge-schlecht. Bei einem Teil der Patienten im jungen Erwachse-nenalter geht die IgA-Nephro-pathie in eine chronische Nie-reninsuffi zienz über.

Akut entzündliche GN als Begleitreaktion bei Infek-tionen

Die membranoproliferati-ve GN Typ I ist eine Immun-komplex-Erkrankung mit Kom-plementaktivierung. Sie tritt als glomeruläre Begleitreaktion bei systemischem Lupus erythema-todes, Hepatitis C/Kryoglobu-linämie, HIV und Leukämien auf. Teilweise (in ca. 20 % der Fälle) entwickelt sich das Bild eines akuten nephritischen Syn-droms, während bei 10 % bis 20 % der Patienten Makrohä-maturie-Episoden ähnlich wie bei der IgA-Nephropathie auf-treten. Die Beschreibung als mem-branoproliferativ beruht auf hi-stopathologischen Befunden. Zum einen ist die Anzahl der Mesangiumzellen deutlich ver-mehrt. Andererseits erscheint

die Basalmembran der Kapil-laren im Lichtmikroskop deut-lich verdickt. Oft ist sie auch als Doppelkontur (tram track) erkennbar, wenn sich Mesan-giumzellen zwischen Endothel und Basalmembran schieben, so daß sich vom Endothel her eine Art zweite glomeruläre Basalmembran ausbildet.

Akut entzündliche postinfek-tiöse Glomerulopathien

Als primäre Erkrankung tritt die akute Glomerulonephritis nach überstandener Infektion mit einer Reihe unterschiedli-cher Erregertypen auf. Unter den Verursachern steht eine In-fektion mit β-hämolysierenden Streptokokken vom Typ A an erster Stelle. Aber auch andere bakterielle Erreger wie Diplo-kokken, Staphylokokken, Trepo-nema pallidum, Corynebakteri-um bovis, Salmonella typhosa,Brucella suis und Mykobakte-rien wurden identifi ziert. Als virale Verursacher akuter Glomerulonephritiden kommen Coxsackievirus, Cyto megalie-Virus, Hepatis-B-Virus, Epp-stein-Barr-Virus, Rubella-Virus und Mumpsviren in Frage. Dar-über hinaus sind auch mykoti-sche und protozoale Erreger wie Coccidioides immitis, Plasmodi-um malariae, Plasmodium fal-ciparum, Schistosoma mansoni, Toxoplasma gondi und Trypa-nosomen als Verursacher aku-ter Glomerulopathien identifi -ziert worden.

Die poststreptokokkale GNgilt als Prototyp der akuten post-infektiösen GN. Ihre Häufi gkeit hat sich in den meisten westli-chen Ländern über die letzten Jahrzehnte kontinuierlich ver-

Abb. 2b: Mesangioproliferative GN bei IgA-Nephropathie (Immunfl uores-zenz): Die Ablagerung der Immunkom-plexe konzentriert sich auf mesangiale Bereiche.

Abb. 2a: Mesangioproliferative GN (IgA-Nephropathie): Die Antikörper – vor-wiegend IgA – werden charakteristi-scherweise im Mesangium der Glome-ruli abgelagert. Diese Ablagerung von IgA führt zur Proliferation von Mesan-giumzellen.

Immunkomplex

Endothelzelle

Podozyt

glomeruläreBasalmembran

MesangiumMesangium

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Abb. 5: Goodpasture-Syndrom (Im-munfl uoresz): Die glomeruläre Basal-membran ist gleichmäßig mit fl uores-zierenden Anti-IgG-Antikörpern be-setzt.

an eine urologische Erkran-kung denken. In der Anamne-se fi ndet sich vielfach eine erst vor ein bis drei Wochen über-standene Infektion mit Strepto-kokken (Pharyngitis, Tonsilli-tis, Otitis, Pyodermie). Bei der akuten postinfek-tiösen GN lagern sich Immun-komplexe endokapillär, d.h. su-bendothelial zwischen Endothel und glomerulärer Basalmem-bran ab (Abb. 3a, b). Ferner kommt es zur Komplement- aktivierung und Proliferation von Mesangium- und Endo-thelzellen. Exsudative Prozesse führen zur Infi ltration von Leu-kozyten und Verlegung des Ka-pillarlumens. In der Therapie der poststrep-tokokkalen GN sind Antibioti-ka indiziert. Bei einer sich ver-schlechternden Nierenfunktion, werden auch Glukokortikoide eingesetzt. Im Kindesalter ist die lang-fristige Prognose bei post-streptokokkaler GN sehr gut. Hingegen sind die Aussichten auf eine vollständige Aushei-lung bei den erwachsenen Pa-tienten deutlich weniger gün-stig – insbesondere wenn die Krankheit mit einer deutlichen Beeinträchtigung der Nieren-funktion einsetzt. Im Erwach-senenalter wird auch vermehrt die Ausbildung von Halbmon-den beobachtet. Beim Abklingen der Entzün-dung kommt es unter Umstän-den zu einer Verlagerung von Immunkomplexen von einer Seite der glomerulären Basal-membran auf die andere, d.h. von der subendothelialen in die subepitheliale Position. Schä-digen diese translozierten Im-munkomplexe die Podozyten, kann es in einigen wenigen Fäl-

len auch zur Ausbildung eines nephrotischen Syndroms kom-men.

Entzündliche Glomerulopathien mit rasch voranschreitendem Verlust der Nierenfunktion

Der pathologische Nachweis fi brinoider Nekrosen und Halb-mondbildung (Abb. 4) in mehr als 50 % der Glomeruli ist cha-rakteristisch für die rapid pro-gressive GN. Diese subakute bzw. akute Nierenerkrankung führt nach abruptem Beginn zu einem rapid progressiven Krea-tininanstieg und zum raschen Verlust der Nierenfunktion. In-nerhalb von nur drei Monaten sinkt die glomeruläre Filtra-tionsrate auf unter 50 %. Die Krankheit verursacht in der Re-gel ein nephritisches Syndrom. Im wesentlichen handelt es sich um sekundäre Nephropathien, die als Begleitreaktion syste-mischer Krankheiten auftreten. Man unterscheidet drei Formen der rapid progressiven GN:• I Anti-Basalmembran-GN • II Immunkomplex-GN • III Pauci-Immun-GNIhre komplexe Diagnostik beruht auf serologischen Parametern, der Beurteilung des klinischen Bildes und der histopathologi-schen Untersuchung von Nie-renbiopsien.

Beim seltenen Goodpasture-Syndrom (rapid progressive GN Typ I) bildet das Immunsy-stem Autoantikörper gegen die α3-Kette des Kollagens Typ IV, das sowohl in der glomerulären Basalmembran (GBM) als auch in der Basalmembran der pul-monalen Alveolen vorkommt. Diese im zirkulierenden Blut vorhandenen Anti-GBM-Anti-

körper passieren die Fenestrie-rungen im Endothel der Glome-ruli und binden an Bestandteile der glomerulären Basalmembran (Abb. 5). Diese Wechselwirkung führt zur Komplementaktivie-rung mit Infi ltration polymorph-kerniger Leukozyten und Mo-nozyten. Zur Halbmondbildung in der Bowmanschen Kapsel kommt es, wenn Fibrinogen, das durch die beschädigte Ba-salmembran eindringt, durch prokoagulatorische Faktoren der Monozyten zu Fibrin poly-merisiert wird. Das klinische Bild der rapid progressiven GN beim Goodpa-sture-Syndrom ist durch einen rasch eintretenden Funktions-verlust der Nieren und durch Lungenblutungen gekennzeich-net. Letztere können unter Um-ständen lebensbedrohend sein. In der Therapie beim Goodpa-

ringert. Hierfür werden in er-ster Linie die verbesserte ge-sundheitliche Situation mit dem gezielten Einsatz von Antibio-tika und gehobene sozioökono-mische Verhältnisse verantwort-lich gemacht. Die akute poststreptokokkale GN tritt beim männlichen Ge-schlecht etwa doppelt so häufi g auf wie beim weiblichen. Der typische Patient ist ein drei- bis vierzehnjähriger Junge mit ab-rupt einsetzenden zumeist un-spezifi scher Beschwerden wie Schwächegefühl, Fieber, Bauch-schmerzen, Flankenschmerzen und Unwohlsein. Die Wahrneh-mung des durch Blut braunrot gefärbten Urins läßt zunächst

Abb. 4: Halbmond (Immunfl uores-zenz): Als Folge extrakapillärer Zell-proliferation und Fibrinansammlung in der Bowmanschen Kapsel wird das Kapillarkonvolut verdrängt.

Nephrologie

Abb. 3b: Glomerulum bei postinfektiöser GN (C3-Immunfl uoreszenz): Die fl uores-zierenden granulären Ablagerungen der Im-munkomplexe erscheinen unregelmäßig im Glomerulum verstreut.

Abb. 3a: Bei der postinfektiösen GN kommt es zur Ablagerung von Immunkomple-xen zwischen Endothel und Basalmem-bran. Teilweise fi nden sich auch mesangiale Ablagerungen von IgG und insbesondere Komplement C3.

Immunkomplex

Endothelzelle

Podozyt

glomeruläreBasalmembran

Mesangium

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sture-Syndrom werden Stero-ide und Cyclophosphamid ein-gesetzt. Ob durch zusätzliche Plasmapherese bessere Ergeb-nisse – insbesondere bei schwe-ren Verlaufsformen – erzielt werden können, ist nicht ab-schließend geklärt. Therapie-erfolge lassen sich bei erhalte-ner Diurese unter Umständen auch noch bei fortgeschrit-tener Niereninsuffi zienz er-zielen. Sehr ungünstig ist die Prognose allerdings bei Anurie und einer mehr als 85 %igen Halbmondbildung. Eine Bes-serung stellt sich oft eher bei der pulmonalen als der rena-len Symptomatik ein. Von einer Anti-GBM-Krank-heit wird gesprochen, wenn nur heit wird gesprochen, wenn nur heitdie Nieren involviert sind.

Bei der rapid progressi-ven GN Typ II handelt es sich um äußerst schwere Immun-komplexerkrankungen. Die-ses Krankheitsbild kann unter anderem als fulminante Form der postinfektiösen GN auf-treten. Ferner wird es bei der IgA-Nephropathie, der mem-branoproliferativen GN und bei Henoch-Schönlein-Purpu-ra beobachtet.

Bei der rapid progressiven GN Typ III fi nden sich so gut wie keine Immunablagerun-gen (Pauci-Immun-GN). Die-ser GN-Typ entwickelt sich im Zusammenhang mit Vas-kulitiden. Charakteristisch ist das Auftreten von Autoanti-körpern, die gegen Antigene in den Granula der segment-kernigen Leukozyten gerichtet sind. Diese Anti-Neutrophil-Cy-toplasmic-Antibodies (ANCA) sind insbesondere diagnostisch von Bedeutung. Eine Hypothe-

se über ihre Verbindung zur Pa-thogenese der rapid progressi-ven GN Typ III geht davon aus, daß sie direkt neutrophi-le Granulozyten und mononu-kleäre Phagozyten aktivieren, die dann ihrerseits Gefäßwän-de angreifen. Je nach Färbe-muster wird zwischen perinu-kleären ANCA (p-ANCA) und zytoplasmatischen ANCA (c-ANCA) unterschieden. Von c-ANCA wird insbesondere die Proteinase-3 erkannt. Die Spe-zifi tät der p-ANCA ist hinge-gen geringer. Die generalisierte Wegener-sche Granulomatose wird durch die Trias aus nekro-tisierenden Granulomen im oberen oder unteren Respira-tionstrakt, eine generalisier-te nekrotisierende Vaskulitis sowohl der Arterien als auch der Venen und eine nekroti-sierende Glomerulonephritis defi niert. Durch die Nierenbe-teiligung kommt es zu einem subakuten Kreatininanstieg, zu mäßiger Proteinurie und Mikro-hämaturie. Im nephritischen Se-diment fi ndet man Erythrozy-tenzylinder und Akanthozyten. Bei der pathologischen Unter-suchung lassen sich c-ANCA nachweisen. Die Prognose der Wegener-schen Granulomatose hat sich mit Einführung der Kombina-tionstherapie aus Steroiden und Cyclophosphamid erheblich ge-bessert. Die mikroskopische Polyan-gitis ist eine meist p-ANCA-posi-tive Vaskulitis mit rapid progres-siver GN. Gelegentlich kommt sie auch als ein auf die Nieren beschränkter Krankheitsprozeß vor (nekrotisierende Halbmond-nephritis). jfs ♦