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[P~PIJSb21,1 : Schwache Wechselwirkungen nvischen Pheoylgruppen des Kations und Antimonatornen des Anions** Von Siegfiried Pohl*, Wolfgang Saak und Detlev Haase Aren-SbC1,-Addukte sind schon sehr lange bekanrlt".21. In den letzten Jahren wurde auch eine grol3ere Zahl ver- gleichbarer Komplexe von G a l l i u m ( ~ ) ~ ~ ~ , Zinn(rr) und Blei( I 1)l4I sowie von Halogeniden dreiwertiger Elemente der fiinften Ha~ptgruppe~~"~ mit neutralen Arenen synthe- tisiert oder erstmals charakterisiert. Wir berichten hier iiber den Komplex [Ph4P]2[Sb218].2CH3CN 1 in dem wir ahnliche Wechselwirkungen fanden, deren Be- sonderheit darin besteht, dal3 Phenylgruppen des Kations als Donor gegenuber dem Metallatom im Anion fungieren. 1 wird durch Umsetzung aquimolarer Mengen Tetraphe- nylphosphoniumiodid mit Antimontriiodid in Acetonitril bei 81 "C in quantitativer Ausbeute erhalten; bei Einengen der Liisung bilden sich orangerote, prismenformige Kri- stalle. Abb. 1. Ausschnitt aus der Struktur von 1 [81. Die gezeigte Einheit hat kristal- lographische C2-Symmetrie. Das vierte Kation is1 nicht abgebildet (siehe Text). AusgewBhlte Abstlnde [pm]: Sbl-I1 286.4, Sbl-12 288.3, Sbl-13 277.3, 287.2, Sb2-18 276.7 (Standardfehler jeweils 0.2 pm); Sbl-Cl 350, Sbl-C2 358, Sb2-C3 345, Sb2-C4 343 (Standardfehler jcweils 2 pm); Winkel zwischen den Normalen auf den Ebenen durch Sbl,Cl,CZ und den Phenylring: 114.7"; Sb2,C3,C4 - Phenylring: 115.3". Sbl-14 324.7, Sbl-I5 328.8, Sb2-I4 335.3, SbZ-I5 318.7, Sb2-16 287.3, Sb2-17 Abbildung 1 zeigt einen Ausschnitt aus der Struktur von 1, die durch eine R6ntgen-Strukturanalyse bestimmt wur- del*'. Die abgebildete Gruppierung ist einfach negativ gela- den. Das vierte, nicht gezeigte Tetraphenylphosphonium- Ion weist keine Wechselwirkungen mit den Anionen auf. Die Acetonitril-Molekule sind stark fehlgeordnet. Die An- timonatome in den [Sb218]Ze-Ionen sind quadratisch-pyra- midal von Iod koordiniert; vergleichbare Struktur haben die Ionen [ AS~C~~]~~, [AS,B~~]~~ und [Sb2Br,lZeI9l.Wahrend dort jedoch die nichtbindenden Elektronenpaare jeweils die sechste Koordinationsstelle besetzen, erganzen in 1 q*-gebundene Phenylringe der Kationen die Koordina- tionspolyeder um Antimon(rri). Damit sollte das nichtbin- dende Elektronenpaar hier stereochemisch weitgehend inaktiv sein. Obwohl ein weicher Ligand wie Iod einerseits die Lewis-Aciditat von Antimon verringert, begunstigt er wahrscheinlich andererseits den Inertpaar-Effekt und da- mit die Bildung der Phenyl-Antimon-Wechselwirkung. In- folge der geringen Aciditat sind die Acceptoreigenschaften von Sb in [Sb21aIZe nicht sehr ausgeprtigt. Die Sb-C-Ab- s t h d e sind mit Werten zwischen 343 und 358 pm etwas grol3er ais in C6H6.2SbCI3, wo Abstende von 336 bis 343 pm registriert wurdenI6l. Die Bindungsverhaltnisse im [Sb21BIZe-Ion entsprechen denen in anderen Iodoantimo- naten"O*'ll. Dal3 die Abstlnde zwischen Antimon und den Iodatomen in trans-Stellung zu den Phenyl-Antimon-Kon- takten am kurzesten sind, weist darauf hin, dal3 das n-Sy- stem der Phenylgruppe hier ein schwacherer Donor als Iod ist. Die C-C-Abstande sind im Rahmen der Fehlergrenzen gleich lang. Eingegangen am 10. Dezember 1986, veranderte Fassung am 23. Februar 1987 [Z 20041 [I] W. Smith, G. W. Davies, J. Chem. SOC. 41 (1882)411; B. N. Menshutkin, Zh. Russ. Fir. Khim. 43 (1911) 1298, 1786. 121 H. H. Perkampus: Wechselwirkungen von Ir-Eleklronensysremen mil Me- rollhulogeniden. Springer, Berlin 1973, zit. Lit. 131 H. Schmidbaur, Angew. Chem. 97 (1985) 893: Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 24 (1985) 893. [4] P. F. Rodesiler, T. Auel, E. L. Amma, J. Am. Chem. Soc. 97(1975) 7405; P. F. Rodesiler, E. L. Amma, Inorg. Chem. I8 (1979) 751; A. G. Gash. P. F. Rodesiler, E. L. Amma, ibid. 13 (1974) 2429. [5] A. Schier, J. M. Wallis, G. Miiller. H. Schmidbaur, Angew. Chem. 98 (1986) 742; Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 25 (1986) 757. 161 D. Mootz, V. Handler, Z. Anorg. Allg. Chem. 533 (1986) 23. zit. Lit. [7] R. Hulme, J. T. Szymanski, Acfo Cryslollogr. 8 2 5 (1969) 753. 181 Monoklin. C2/c. 0=4562.9(5). b= 1408.6(2), c= 1987.3(3) pm. p- 105.97(1)". V= 12290.4.10" pm', 2=8; 8337 unabhBngige Reflexe wurden vermessen, davon 5 146 mit I> 2u(l). Diffraktometer: Siemens AEDZ; Losung iiber Patterson-Methoden, R=0.053, R,=0.052 (SHELX-76). - Weitere Einzelheiten zur Kristallstrukturuntersuchung konnen beim Fachinformationszentrum Energie. Physik, Mathematik GmbH, D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen 2, unter Angabe der Hinter- legungsnummer CSD-52390, der Autoren und des Zeitschriftenzitats an- gefordert werden. 191 J. Kaub, W . S. Sheldrick, Z. Nulurforsch. 8 3 9 (1984) 1252. 1257; A. T. Mohammed, U. Miiller, ibid. 40 (1985) 562; Aclu Cryslollogr. C41(1985) 329. [lo] A. F. Wells: Structural lnorganic Chemistry. 5. Aufl., Clarendon Press, Oxford 1984. [I I] S. Pohl. W. Saak, P. Mayer, A. Schmidpeter, Angew. Chem. 98 (19x6) 813; Angew. Chem. In?. Ed. Engl. 25 (1986) 825. Glykolat- und Thioglykolat-Komplexe des Rheniums und ihre oxidative Ethylen- sowie Glykol-Eliminierung** Von Wolfgang A. Herrmann*, Dieter Marz, Eberhardt Herdtweck, Adolf Schafer, Werner Wagner und Heinz-Josef Kneuper Professor Gerhard Quinkert turn 60. Geburtstag gewidmet Selendioxid und Osmiumtetraoxid sind wirksame Rea- gentien und Katalysatoren fur die Olefin-Oxidation, wenn- gleich ihre Toxizittit als Anwendungsvorbehalt bestehen [*I Prof. Dr. W. A. Herrmann, D. Man, Dr. E. Herdtweck. Dr. A. Schafer. W. Wagner, Dr. H.-J. Kneuper Anorganisch-chemisches lnstitut der Technischen Universitat Miinchen LichtenbergstraRe 4, D-8046 Carching [**I Mehrfachbindungen zwischen Hauptgruppenelementen und ubergangs- metallen, 40. Mitteilung. Diese Arbeit wurde von der Hoechst AG, der Degussa AG, dem Fonds der Chemischen Industrie sowie dem Bundes- ministerium for Forschung und Technologie geforden. ~ 39. Mitteilung: W. A. Herrmann, 9. Koumbouris. E. Herdtweck, M. L. Ziegler, T. Zahn, Chem. Ber.. im Druck. ['I Prof. Dr. S. Pohl, W. Saak, D. Haase Fachbereich Chemie der Universitlt Carl-von-Ossietzky-StraDe, D-2900 Oldenburg [**I Diese Arbeit wurde vom Fonds der Chemischen lndustrie gefordert. 462 0 VCH Verlogsgesellschojr mbH. D-6940 Weinheim, 1987 0044-R249/87/OS05-0462 $ 02.50/0 Angew. Chem. 99 (1987) Nr. 5

Glykolat- und Thioglykolat-Komplexe des Rheniums und ihre oxidative Ethylen- sowie Glykol-Eliminierung

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[P~PIJSb21,1 : Schwache Wechselwirkungen nvischen Pheoylgruppen des Kations und Antimonatornen des Anions** Von Siegfiried Pohl*, Wolfgang Saak und Detlev Haase

Aren-SbC1,-Addukte sind schon sehr lange bekanrlt".21. In den letzten Jahren wurde auch eine grol3ere Zahl ver- gleichbarer Komplexe von Ga l l ium(~)~~~ , Zinn(rr) und Blei( I 1)l4I sowie von Halogeniden dreiwertiger Elemente der fiinften H a ~ p t g r u p p e ~ ~ " ~ mit neutralen Arenen synthe- tisiert oder erstmals charakterisiert. Wir berichten hier iiber den Komplex

[Ph4P]2[Sb218].2CH3CN 1

in dem wir ahnliche Wechselwirkungen fanden, deren Be- sonderheit darin besteht, dal3 Phenylgruppen des Kations als Donor gegenuber dem Metallatom im Anion fungieren. 1 wird durch Umsetzung aquimolarer Mengen Tetraphe- nylphosphoniumiodid mit Antimontriiodid in Acetonitril bei 81 "C in quantitativer Ausbeute erhalten; bei Einengen der Liisung bilden sich orangerote, prismenformige Kri- stalle.

Abb. 1. Ausschnitt aus der Struktur von 1 [81. Die gezeigte Einheit hat kristal- lographische C2-Symmetrie. Das vierte Kation is1 nicht abgebildet (siehe Text). AusgewBhlte Abstlnde [pm]: Sbl-I1 286.4, Sbl-12 288.3, Sbl-13 277.3,

287.2, Sb2-18 276.7 (Standardfehler jeweils 0.2 pm); Sbl-Cl 350, Sbl-C2 358, Sb2-C3 345, Sb2-C4 343 (Standardfehler jcweils 2 pm); Winkel zwischen den Normalen auf den Ebenen durch Sbl,Cl,CZ und den Phenylring: 114.7"; Sb2,C3,C4 - Phenylring: 115.3".

Sbl-14 324.7, Sbl-I5 328.8, Sb2-I4 335.3, SbZ-I5 318.7, Sb2-16 287.3, Sb2-17

Abbildung 1 zeigt einen Ausschnitt aus der Struktur von 1, die durch eine R6ntgen-Strukturanalyse bestimmt wur- del*'. Die abgebildete Gruppierung ist einfach negativ gela- den. Das vierte, nicht gezeigte Tetraphenylphosphonium- Ion weist keine Wechselwirkungen mit den Anionen auf. Die Acetonitril-Molekule sind stark fehlgeordnet. Die An- timonatome in den [Sb218]Ze-Ionen sind quadratisch-pyra- midal von Iod koordiniert; vergleichbare Struktur haben die Ionen [ A S ~ C ~ ~ ] ~ ~ , [ A S , B ~ ~ ] ~ ~ und [Sb2Br,lZeI9l. Wahrend dort jedoch die nichtbindenden Elektronenpaare jeweils die sechste Koordinationsstelle besetzen, erganzen in 1 q*-gebundene Phenylringe der Kationen die Koordina- tionspolyeder um Antimon(rri). Damit sollte das nichtbin- dende Elektronenpaar hier stereochemisch weitgehend inaktiv sein.

Obwohl ein weicher Ligand wie Iod einerseits die Lewis-Aciditat von Antimon verringert, begunstigt er

wahrscheinlich andererseits den Inertpaar-Effekt und da- mit die Bildung der Phenyl-Antimon-Wechselwirkung. In- folge der geringen Aciditat sind die Acceptoreigenschaften von Sb in [Sb21aIZe nicht sehr ausgeprtigt. Die Sb-C-Ab- s t h d e sind mit Werten zwischen 343 und 358 pm etwas grol3er ais in C6H6.2SbCI3, wo Abstende von 336 bis 343 pm registriert wurdenI6l. Die Bindungsverhaltnisse im [Sb21BIZe-Ion entsprechen denen in anderen Iodoantimo- naten"O*'ll. Dal3 die Abstlnde zwischen Antimon und den Iodatomen in trans-Stellung zu den Phenyl-Antimon-Kon- takten am kurzesten sind, weist darauf hin, dal3 das n-Sy- stem der Phenylgruppe hier ein schwacherer Donor als Iod ist. Die C-C-Abstande sind im Rahmen der Fehlergrenzen gleich lang.

Eingegangen am 10. Dezember 1986, veranderte Fassung am 23. Februar 1987 [Z 20041

[ I ] W. Smith, G. W. Davies, J. Chem. SOC. 41 (1882)411; B. N. Menshutkin, Zh. Russ. Fir. Khim. 43 (1911) 1298, 1786.

121 H. H. Perkampus: Wechselwirkungen von Ir-Eleklronensysremen mil Me- rollhulogeniden. Springer, Berlin 1973, zit. Lit.

131 H. Schmidbaur, Angew. Chem. 97 (1985) 893: Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 24 (1985) 893.

[4] P. F. Rodesiler, T. Auel, E. L. Amma, J. Am. Chem. Soc. 97(1975) 7405; P. F. Rodesiler, E. L. Amma, Inorg. Chem. I8 (1979) 751; A. G. Gash. P. F. Rodesiler, E. L. Amma, ibid. 13 (1974) 2429.

[5] A. Schier, J. M. Wallis, G. Miiller. H. Schmidbaur, Angew. Chem. 98 (1986) 742; Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 25 (1986) 757.

161 D. Mootz, V. Handler, Z. Anorg. Allg. Chem. 533 (1986) 23. zit. Lit. [7] R. Hulme, J. T. Szymanski, Acfo Cryslollogr. 825 (1969) 753. 181 Monoklin. C2/c. 0=4562.9(5). b= 1408.6(2), c = 1987.3(3) pm.

p- 105.97(1)". V = 12290.4.10" pm', 2=8; 8337 unabhBngige Reflexe wurden vermessen, davon 5 146 mit I> 2u(l). Diffraktometer: Siemens AEDZ; Losung iiber Patterson-Methoden, R=0.053, R,=0.052 (SHELX-76). - Weitere Einzelheiten zur Kristallstrukturuntersuchung konnen beim Fachinformationszentrum Energie. Physik, Mathematik GmbH, D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen 2, unter Angabe der Hinter- legungsnummer CSD-52390, der Autoren und des Zeitschriftenzitats an- gefordert werden.

191 J. Kaub, W. S. Sheldrick, Z. Nulurforsch. 839 (1984) 1252. 1257; A. T. Mohammed, U. Miiller, ibid. 40 (1985) 562; Aclu Cryslollogr. C41(1985) 329.

[lo] A. F. Wells: Structural lnorganic Chemistry. 5 . Aufl., Clarendon Press, Oxford 1984.

[ I I] S. Pohl. W. Saak, P. Mayer, A. Schmidpeter, Angew. Chem. 98 (19x6) 813; Angew. Chem. In?. Ed. Engl. 25 (1986) 825.

Glykolat- und Thioglykolat-Komplexe des Rheniums und ihre oxidative Ethylen- sowie Glykol-Eliminierung** Von Wolfgang A. Herrmann*, Dieter Marz, Eberhardt Herdtweck, Adolf Schafer, Werner Wagner und Heinz-Josef Kneuper Professor Gerhard Quinkert turn 60. Geburtstag gewidmet

Selendioxid und Osmiumtetraoxid sind wirksame Rea- gentien und Katalysatoren fur die Olefin-Oxidation, wenn- gleich ihre Toxizittit als Anwendungsvorbehalt bestehen

[*I Prof. Dr. W. A. Herrmann, D. Man, Dr. E. Herdtweck. Dr. A. Schafer. W. Wagner, Dr. H.-J. Kneuper Anorganisch-chemisches lnstitut der Technischen Universitat Miinchen LichtenbergstraRe 4, D-8046 Carching

[**I Mehrfachbindungen zwischen Hauptgruppenelementen und ubergangs- metallen, 40. Mitteilung. Diese Arbeit wurde von der Hoechst AG, der Degussa AG, dem Fonds der Chemischen Industrie sowie dem Bundes- ministerium for Forschung und Technologie geforden. ~ 39. Mitteilung: W. A. Herrmann, 9. Koumbouris. E. Herdtweck, M. L. Ziegler, T. Zahn, Chem. Ber.. im Druck.

['I Prof. Dr. S. Pohl, W. Saak, D. Haase Fachbereich Chemie der Universitlt Carl-von-Ossietzky-StraDe, D-2900 Oldenburg

[**I Diese Arbeit wurde vom Fonds der Chemischen lndustrie gefordert.

462 0 VCH Verlogsgesellschojr mbH. D-6940 Weinheim, 1987 0044-R249/87/OS05-0462 $ 02.50/0 Angew. Chem. 99 (1987) Nr. 5

bleibt"'. Wir suchen daher nach leichter handhabbaren, in organischen Solventien lbslichen Metalloxiden, die sich in der stereospezifischen cis-Hydroxylierung von Olefinen dem Osmiumtetraoxid als ebenbiirtig erweisen sollen. Als giinstiges Studienobjekt bietet sich das mittlerweile be- quem zugangliche Rhenium(vr1)-oxid I ad2].

In einer iibersichtlichen Redoxreaktion lalit sich 1 mit Germaniumdichlorid (als Dioxan-Addukt) nach Schema 1 in das Oxodichlorid 2 UberfiihrenI3I, das bei Behandlung mit Glykolat- oder Dithioglykolat-Losungen (Natrium-Sal- ze) praktisch quantitativ die neuartigen Metallacyclen 3a bzw. 3b ergibtl4'.

.+- ,Re"

1

O/&+O

3a,3b Schema 1.

Eine Einkristall-Rontgen-Strukturanalyse des Glykolat- Komplexes 3a (Abb. 1) ergab Folgendes: Das Molekul weist neben einem azentrisch n-koordinierten Funfringli- ganden und einer doppeltgebundenen Oxogruppe (Re-03 169.6(2) pm) einen gefalteten Re02C2-FUnfring auf (Twist- Konformation), in dem die Atomabstande im Bereich von Einfachbindungen liegen. Im Metallacyclus schlieOen die durch die Atome 01/Re/02 und Cl/Re/C2 definierten Ebenen einen Winkel von 23.6" ein.

Abb. I. ORTEP der Molekulstruktur des Glykolat-Komplexes 3s im Kristall. Die Wasserstoffatome sind rclntgenstrukturanalytisch lokalisiert. Die thermi- schen Schwingungsellipsoide entsprechen 50% Wahrscheinlichkeit, filr die H-Atome sind sie willkilrlich angenommen. - 3s kristallisiert aus n-Hexan (-30°C) orthorhombisch in der RaumgNppe P212,21. u-788.ql). b - 1258.0(1), c= 1278.6(1) pm, a=fi=y-9Oo, 2-4 , Y= 1267. lo6 pm', p,,.-2.083 g 2496 Reflexe gemessen. davon 2145 unabhgngig, 221 Parameter, R-0.016, R,=0.017, GOF=2.314. Ausgewghlte Abstande [pm] und Winkel ["I: Re-O(l) 196.6(2), Re-0(2) 196.3(2), Re-O(3) 169.6(2), C(1)- C(2) 149.8(5), C(I)-O(l) 143.7(4), C(2)-0(2) 143.0(4): O(I)-Re-O(2) 80.2(1), 0(1)-Re-0(3) 108.3(1), 0(2)-Re-0(3) I10.9(1) 151.

Besonders interessant ist das thermische Verhalten des Glykolat-Komplexes 3a : Erhitzen des Feststoffs auf 150°C (1 5 min, Vakuum) oder einer Toluol-Losung unter RuckfluD bewirkt in Abwesenheit von Sauerstoff quantita-

tive Abspaltung von Ethylen unter Regenerierung des Trioxorhenium(vI1)-Edukts 1 (Schema 1). Dieser in der metallorganischen Chemie bisher unbekannte Spezialfall einer Cyclore~ers ion~~~ ist als oxidative Eliminierung des Typs (a) aufzufassen, weil ein formaler Oxidationsstufen- wechsel von Re" nach ReV" stattfindet. Dieser Abbaupro-

R-0,

/ R-0

M'L, - I + L, 0'

zel3 ist NMR-spektroskopisch verfolgbar; erhitzt man 3a in [Ds]Toluol unter strengem 02-Ausschlu0 auf 100°C, so treten die Signale fur 1 (6= 1.98) und Ethylen (S=5.28) auf.

Der Dithioglykolat-Komplex 3b ist thermisch stabiler als 3a, verliert aber bei 200°C in 30 min ebenfalls quantita- tiv Ethylen. Der 3a entsprechende 2,3-Butandiolato-Kom- plex 3c (hergestellt aus 2R,3R-Butandiol und 2 ; rotviolette Kristalle) zerftillt oberhalb 150°C unter Abspaltung von trans-Buten (100%) zu 1. Das analoq synthetisierte I$-Pro- pandiolat-Derivat [(q5-C5Me5)(0)ReOCH2CH2CH2i)] 3d (violettes 0 1 ) verhalt sich analog, indem es schon bei Raumtemperatur (!) Propen abspaltet und deshalb nur un- terhalb von 0°C unzersetzt handhabbar ist.

I * Re-0 A A T 0 . ... 3a

4 Schema 2.

Unter Luftzutritt wandelt sich 3a nach Schema 2 in das kompliziertere Oxidationsprodukt 4 welches sich nach einer Einkristall-Rontgen-Strukturanalyse konstitu- tionell vom Komplex [(q5-C,Me5)2Re204]171 ableitet (Abb: 2). Die beiden ungleichen Re(v)-Fragmente sind iiber Oxo-

Abb. 2. ORTEP der Molekillstruktur des vierkernigen Glykolat-Komplexes 4 im Kristall (ohne Wasserstoffatome). - 4 kristallisiert aus ToLuoI triklin mit zwei Molekillen des Msungsmittels in der Raumgruppe PI. a =938.2(1), 6 - 1452.3(1), c-1543.7(1) pin, a=81.42(1), fl-82.60(1), y=72.88(1)'. Z = 2 , V- 1980. lo6 pm', pkr -2.381 g cm-'. 7005 Reflexe gemessen. davon 6008 unabhangig, 469 Parameter, R = 0.028, R, = 0.03 I , GOF- 3.934. AusgewBhlte AbstBnde [pml und Winkel ["I: Re(l)-Re(Z) 260.2( < I), Re(l)-O(l) 199.6(3), Re(1)-O(2) 203.0(3). O(l)-C(l) 143.2(5), C(1)-C(2) 148.8(6), C(2)-0(2) 143.2(5), Re(l)-0(3) 193.4(2), Re(ltO(4) 192.1(3), Re(2)-0(3) 192.7(2). Re(2)- O(4) 193.7(2), Re(2)-0(5) 208.1(3). Re(2)-0(6) 204.0(3); Re(l)-0(3)-Rc(2) 84.7( I), Re( 1)-0(4)-Re(2) 84.8(1), Re(2)-0(5)-Re(4) 139.7(2), Re(2)-0(6)-Re(3) 134.6(2), Re( 1)-0( I)-C( I ) 116.2(3), Re( 1)-0(2)-C(2) I12.0(2) 151.

Angew. Chem. 99 (1987) Nr. 5 0 V C H Ver/agsgese//schaJf mbH. 0-6940 Weinheim. 1987 0044-8249/87/0505-0463 S 02.50/0 463

Briicken verkniipft; eines tragt noch den zweizahnigen Glykolat-Liganden (Rel), wahrend das andere (Re2) zwei Perrhenat-Gruppen aufweist (Re3/4). Luftsauerstoff be- wirkt also neben der partiellen Glykolat-Abspaltung auch eine Oxidation von [(CsMeS)ReVO,]-Fragmenten unter Ab- losung des Ringliganden. Der in 4 noch vorhandene Re02C2-Metallacyclus zerfallt selbst bei 250°C (Vakuum) nicht mehr unter Ethylen-Eliminierung (GC-Nachweis).

Der Glykolat-Ligand in 3a ist aber auch intakt abspalt- bar. So fiihrt einerseits die Behandlung von 3a mit ver- diinnter wilriger Salzsaure in Umkehrung der Bildungs- weise schlagartig zum Oxodichlorid 2 (IR- und MS-Nach- weis) bei quantitativer Glykol-Ausbeute (GC-Nachweis, Schema 1); mit HCVEther entsteht der Komplex [(I$- C5Mes)ReCL,Jfz1. Ferner gelingt eine oxidative Spaltung der ReO-Bindungen in 3a rnit Wasserstoffperoxid ; hierbei bil- det sich neben Glykol erneut das Rhenium(vr1)-oxid l.

Die Abbaumechanismen der hier vorgestellten oxidi- schen Glykolat-Komplexe des Rheniums bekrgftigen ei- nerseits die Anschauung, wonach die in der Praxis zur Ole- fin-Oxidation genutzten Permanganat- und Osmiumtetra- oxid-Systeme (Criegee- bzw. Sharpless-Reaktion) struktu- rell analoge Zwischenstufen durchlaufen1'*81; andererseits legen sie eine neuartige Anwendungsperspektive des Orga- nometalloxids 1 nahe. Dafiir ist jedoch dessen direkte Ad- dition an CC-Doppelbindungen notig.

Eingegangen am 23. Dezember 1986 [Z 20271

111 Zur Venvendung von OsO, for die Olefin-Hydroxylierung vgl. M. Schra- der, Chem. Reu. 80 (1980) 187.

121 a) W. A. Hemnann. R. Serrano, H. Bock, Angew. Chem. 96 (1984) 364; Angew. Chem. fnt. Ed. Engl. 23 (1984) 383. b) Neuere Zusammenfassun- gen: W. A. Hemann , J. Organomef. Chem. 300 (1986) 111; W. A. Herr- mann, E. Herdtweck, M. Flbel, J. Kulpe, U. Kiisthardt, J. Okuda, Poly- hedron, im Druck; W. A. H e m a n n , J. Okuda, J. Mol. Coral.. im Druck.

[3] W. A. Herrmann, U. KGsthardt, M. FI&el, J. Kulpe, E. Herdtweck, E. Voss, J. Organomef. Chem. 314 (1986) 151.

[4] Arbeitsuorschnj; 200 mg (0.5 mmol) 2 in 40 mL Tetrahydrofuran (THF) werden bei 25°C mit 1.0 mL einer 0.1 M Lasung von Ethylenglykol-Mo- nonatriumsalz in Glykol versetzt, wobei sofortiger Farbumschlag von g d n nach rotviolett eintritt. Nach Abtrennen des NaCI-Niedenchlags uber Filterwatte wird das klare Filtrat im Vakuum eingeengt. Nach Ex- traktion des Riickstands mit n-Hexan und Umkristallisation (n-Hexan) erhalt man 187 mg (94%) analysenreines 3.. Rotviolette Kristalle, Fp=53"C. - IR (cm-I, KBr): 907 vs (vReO); 629 s, 511 s (vReOC). 'H-NMR (270 MHz, CDCI,, 28°C): 6(CH,)=1.96 (s, ISH), 6(CHz)= 3.90 (ddd. 2H). 6(CH2)-3.54 (ddd, 2H); 'J(H,H)=15.6 Hz; 'J(H,H;trans)= 11.2 Hz; 'J(H,H;cis)=6.8 Hz. "C-NMR (67.80 MHz, CDCI,, 28°C): 6(CsMe,)= 108.25, &(CHI)= 11.19, 6(CHz)=80.63. "0- NMR (36.634 MHz, CDZCI2, 28°C): 6(Re0)=731.3 (Glykolat-0 nicht beobachtet wegen fehlender "0-Anreicherung). El-MS (70 eV; bezogen auf '"Re): m/z 398 ( M e , 22%), 370 ([M-CzH41", 6%). 338

auflbsung). Korrekte C,H.O,Re-Analysenwerte. - 3b wird analog darge- stellt: braune. metallglPnzende Prismen, Fp= 115°C. IR (cm-', KBr): 908 vs (vReO). - 'H-NMR (270 MHz, CDCI,, 28°C): 6(CH3)-2.00 (s,

CDCI,, 28°C): 6(CsMes)= 102.13, 6(CH3)= 12.38, 6(CHl)=41.48. "O- NMR (36.634 MHz, CDCII, 28°C): 6(ReO)=769. - ELMS (70 eV; bem- gen auf "'Re): m/z 430 (M", IOG??), 402 ([M-C2H4]", go%), 384 ([CsMe5ReS2l0, 20%), 352 ([CsMe5ReS]', 20%). 64 (S?, l8%), 28 ([CzH,]", Hochauflasung). Korrekte C,H,S-Analysenwerte.

[ 5 ] Weitere Einzelheiten zu den Kristallstrukturuntersuchungen kannen beim Fachinformationszentrum Energie, Physik, Mathematik GmbH. D- 75 14 Eggenstein-Leopoldshafen 2, unter Angabe der Hinterlegungsnum- mer CSD-52337, der Autoren und des Zeitschriftenzitats angefordert werden.

161 Grilne Kristalle: kein Fp bis 250°C. 1R (cm-', KBr): 910 vs (vReO); 606 m (vReORe); 543 m, 518 m (vReOC). IH-NMR (270 MHz, CDCI,,

4.40 (ddd, 2H). "0-NMR (36.50 MHz. C6DsCD3, 28°C): 6(ReO3)=70I, fi(ReO*Re)=657; keine weiteren ReO-Signale wegen fehlender "0-Mar- kicrung.

([M-CzH~0zIm, 12%). 134 ([CioHiJm, 100%), 28 ([CzHJ", 10%, Hoch-

ISH), 6(CHz)=2.53 (ddd. ZH), 2.63 (ddd, 2H). "C-NMR (67.80 MHz,

28°C): 6(CHa)=2.161 (s, ISH), 2.147 (s, ISH); 6(CH2)=3.92 (ddd, 2H).

171 E. Herdtweck, W. A. Herrmann, M. Flbel, unver6ffentlicht. [81 Auch Oxyaminierungs- und Diaminierungsreaktionen an Os""'-Komple-

xen scheinen diesem Mechanismus zu folgen; vgl. A. 0. Chong, K. Oshi- ma, K. B. Sharpless, 1. Am. Chem. SOC. 99 (1977) 3420; entsprechende Reaktionen stehen wegen der Verfiigbarkeit von Komplexen wie [($- CsMes)ReCIz(=N-R)I [Zb] auch fur rheniumhaltige Systeme in Aus- sicht.

[9] Ein Beispiel aus der Wolfram-Chemie ist bekannt, setzt aber die Gegen- wart zusatzlicher Reaktionspartnet voraus: R. R. Schrock, S. F. Petersen, M. R. Churchill, J. W. Ziller, Organomefallies 3 (1984) 1574.

Neuartige Rhenium(v)-Carbonato- und -Sulfato-Chelatkomplexe: Synthesen und "0-NMR-spektroskopisch untersuchte Molekiildynamik** Von Wolfgang A. Herrmann*. Karin A . Jung. Adolf Schayer und Heinz-Josef Kneuper Professor Heinz Harnisch zum 60. Geburtstag gewidmet

Oxidische Rhenacyclen rnit vier, fiinf und sechs Ring- gliedern sind neuerdings zuganglich, und zwar entweder durch cyclisierenden Halogenaustausch im Rhenium(v)- Komplex 1 oder durch (reduktive) Cycloaddition am Rhe- nium(vr1)-oxid 4I'l. Die besondere Stabilitat von ReO-Bin- dungen veranlalte uns zur Uberpriifung der Cyclisierungs- tendenz von Carbonat- und Sulfat-Ionen an Lewis-sauren d2-konfigurierten Rheniumzentren. Das Oxodichlorid 1 reagiert mit wasserfreien Silbersalzen ein- und mehrbasi- ger Oxosauren in organischen Losungsmitteln unter Aus- fallung von Silberchlorid. So entsteht rnit Silbercarbonat der Carbonato-Komplex 2 und mit Silbersulfat der Sulfa- to-Komplex 3 (Schema 1)''I.

Schema I.

Die beiden neuen Metallacyclen 2 und 3 sind nicht nur feuchtigkeitsempfindlich, sondern zerfallen auch bei ther- mischer Belastung. Dabei bildet sich unter Abspaltung von Kohlenmonoxid bzw. Schwefeldioxid (CC- und MS- Nachweis) quantitativ das Rhenium(vlr)-oxid 4 ; andere Spaltprodukte treten nicht auPS1. Der Sulfato-Komplex 3 kann auch aus dem Oxid 4 hergestellt werden, wenn man es in heilem Toluol (SOOC) einige Stunden mit trockenem SO, behandelt. Die Strukturen von 2 und 3 diirften der Struktur des verwandten Komplexes [(qS-CsMes)(0)Re(p-

['I Prof. Dr. W. A. H e m a n n , K. A. Jung, Dr. A. SchPfer, Dr. H.-J. Kneuper Anorganisch-chemisches Institut der Technischen UniversitPt MOnchen LichtenbergstraBe 4, D-8046 Garching

[**I Mehrfachbindungen zwischen Hauptgruppenelementen und Ubergangs- metallen. 41. Mitteilung. ~ 40. Mitteilung: [Id].

464 6 VCH Verlagsgesellschaft mbH, 0-6940 Weinheim. 1987 0044-8249/87/0505-0464 .$ 02.50/0 Angew. Chem. 99 (1987) Nr. 5