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-1- Gottesbilder im Christentum und im Islam 1. Das Problem der Gottesbilder 1.1 Definition „Gottesbilder“ Bei jedem Menschen haben sich im Laufe seines Lebens bewusst oder oftmals auch unbewusst Bilder von Gott oder über Gott herausbildet. Dazu gehören z. Bsp. alle Vorstellungen darüber wie Gott ist, wie er sich gibt (sein Charakter und sein Wesen) und wie er in bestimmten Situationen handelt oder reagiert. Darüber hinaus kann man alle religiösen Vorstellungen, mit denen die Menschen ihre Anschauung über Gott zum Ausdruck bringen und alle Dinge, die dem Menschen heilig sind, unter dem Sammelbegriff Gottesbild zusammenfassen. 1.2. Entstehung und Wirkung von Gottesbildern Gottesbilder sind einem Menschen nicht immer offensichtlich und entwickeln sich über einen längeren Zeitraum hinweg ggf. sogar zeitlebens. Dabei spielen persönliche Erfahrungen in der Kindheit und Jugend, die Erziehung der Eltern sowie soziale, kulturelle und bildungsmäßige Aspekte eine wichtige Rolle. Diese Erlebnisse werden unbewusst auf Gott übertragen und prägen das Gottesbild. So kann es sein, dass man sich aufgrund eigener Erlebnisse Gott als einen strengen Polizisten vorstellt, der ständig nur am Überwachen und Bestrafen ist. Oder er gleicht einem Feuerwehrmann, der in der Not immer die letzte Rettung zu sein hat. Für den einen gilt er als Helfer, der den Menschen wohlwollend zugewandt ist, ein anderer sieht in ihm ein unberechenbares Wesen. Über die individuellen und sozialen Faktoren hinaus können auch im Unterbewusstsein verschiedene Motive, verborgene Ängste, innere Stimmen und heimliche Wünsche Einfluss auf die Prägung des Gottesbildes haben. Diese Bilder bestimmen dann das weitere Leben und den Umgang miteinander. Sie haben Bedeutung dafür, ob wir einem anderen Menschen z. Bsp. vergeben können oder ihm ständig alles nachtragen: Wer von Gott keine Vergebung erfahren hat, der kann sie auch nicht weitergeben. Wer in Gott einen strengen Kontrolleur sieht, der wird auch anderen Menschen mit erhobenem Zeigefinger begegnen. So kann ein bestimmtes Gottesbild auch Auswirkungen darauf haben, ob und welche Ängste uns in bestimmten Situationen begegnen. 1.3. Umgang mit Gottesbildern Das Gottesbild ist wegen der verschiedenen Faktoren bei jedem Menschen anders und meist aufgrund der eigenen Erfahrungen sehr subjektiv geprägt. Die Folge davon ist, dass die Gottesbilder nie ganz der Wirklichkeit Gottes entsprechen, wie er tatsächlich ist. Die eigenen Gottesbilder müssen daher von Gott und seiner Offenbarung unterschieden werden. Der erste Schritt dabei ist, dass man sich der eigenen Gottesvorstellungen bewusst wird. Dies kann durch Reflektion der eigenen Erfahrungen, Austausch mit anderen Christen oder auch durch Gespräche in der Seelsorge geschehen. Wenn negative Erfahrungen aus der Kindheit auf- und verarbeitet werden, kann dies positiv dazu beitragen, dass sich auch das Gottesbild verändert. Sofern man sich der eigenen Bilder bewusst geworden ist und die Bereitschaft zeigt, diese hinterfragen, relativieren und verändern zu lassen, kann Gott selbst die falschen Vorstellungen korrigieren und sein wahres Wesen offenbaren. So kann das subjektive Gottesbild, ausgeglichen, ergänzt und erweitert werden. Das wahre Gottesbild hat Gott uns selbst in Jesus Christus, der „ … das Bild des unsichtbaren Gottes … „ (Kol 1,15) ist vor Augen gestellt. Deshalb ist die Bibel, die von Gott und Jesus zeugt, der Maßstab an dem sich alle unsere Gottesbilder messen

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Gottesbilder im Christentum und im Islam

1. Das Problem der Gottesbilder

1.1 Definition „Gottesbilder“Bei jedem Menschen haben sich im Laufe seines Lebens bewusst oder oftmals auch unbewusst Bilder von Gott oder über Gott herausbildet. Dazu gehören z. Bsp. alle Vorstellungen darüber wie Gott ist, wie er sich gibt (sein Charakter und sein Wesen) und wie er in bestimmten Situationen handelt oder reagiert. Darüber hinaus kann man alle religiösen Vorstellungen, mit denen die Menschen ihre Anschauung über Gott zum Ausdruck bringen und alle Dinge, die dem Menschen heilig sind, unter dem Sammelbegriff Gottesbild zusammenfassen.

1.2. Entstehung und Wirkung von GottesbildernGottesbilder sind einem Menschen nicht immer offensichtlich und entwickeln sich über einen längeren Zeitraum hinweg ggf. sogar zeitlebens. Dabei spielen persönliche Erfahrungen in der Kindheit und Jugend, die Erziehung der Eltern sowie soziale, kulturelle und bildungsmäßige Aspekte eine wichtige Rolle. Diese Erlebnisse werden unbewusst auf Gott übertragen und prägen das Gottesbild. So kann es sein, dass man sich aufgrund eigener Erlebnisse Gott als einen strengen Polizisten vorstellt, der ständig nur am Überwachen und Bestrafen ist. Oder er gleicht einem Feuerwehrmann, der in der Not immer die letzte Rettung zu sein hat. Für den einen gilt er als Helfer, der den Menschen wohlwollend zugewandt ist, ein anderer sieht in ihm ein unberechenbares Wesen. Über die individuellen und sozialen Faktoren hinaus können auch im Unterbewusstsein verschiedene Motive, verborgene Ängste, innere Stimmen und heimliche Wünsche Einfluss auf die Prägung des Gottesbildes haben. Diese Bilder bestimmen dann das weitere Leben und den Umgang miteinander. Sie haben Bedeutung dafür, ob wir einem anderen Menschen z. Bsp. vergeben können oder ihm ständig alles nachtragen: Wer von Gott keine Vergebung erfahren hat, der kann sie auch nicht weitergeben. Wer in Gott einen strengen Kontrolleur sieht, der wird auch anderen Menschen mit erhobenem Zeigefinger begegnen. So kann ein bestimmtes Gottesbild auch Auswirkungen darauf haben, ob und welche Ängste uns in bestimmten Situationen begegnen.

1.3. Umgang mit GottesbildernDas Gottesbild ist wegen der verschiedenen Faktoren bei jedem Menschen anders und meist aufgrund der eigenen Erfahrungen sehr subjektiv geprägt. Die Folge davon ist, dass die Gottesbilder nie ganz der Wirklichkeit Gottes entsprechen, wie er tatsächlich ist. Die eigenen Gottesbilder müssen daher von Gott und seiner Offenbarung unterschieden werden. Der erste Schritt dabei ist, dass man sich der eigenen Gottesvorstellungen bewusst wird. Dies kann durch Reflektion der eigenen Erfahrungen, Austausch mit anderen Christen oder auch durch Gespräche in der Seelsorge geschehen. Wenn negative Erfahrungen aus der Kindheit auf- und verarbeitet werden, kann dies positiv dazu beitragen, dass sich auch das Gottesbild verändert. Sofern man sich der eigenen Bilder bewusst geworden ist und die Bereitschaft zeigt, diese hinterfragen, relativieren und verändern zu lassen, kann Gott selbst die falschen Vorstellungen korrigieren und sein wahres Wesen offenbaren. So kann das subjektive Gottesbild, ausgeglichen, ergänzt und erweitert werden. Das wahre Gottesbild hat Gott uns selbst in Jesus Christus, der „ … das Bild des unsichtbaren Gottes … „ (Kol 1,15) ist vor Augen gestellt. Deshalb ist die Bibel, die von Gott und Jesus zeugt, der Maßstab an dem sich alle unsere Gottesbilder messen

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lassen müssen. Wer in der Bibel liest und offen dafür ist, sich in seinen bisherigen Überzeugungen berichtigen zu lassen, zu dem kann Gott durch den Heiligen Geist sprechen, sich offenbaren und er wird ein objektiveres Gottesbild erhalten.

2. Herausforderungen, die unser Gottesbild heute prägen

2.1. Ein neues ParadigmaDie heutige Zeit und damit auch unser heutigen Gottesbilder sind stark geprägt durch ein neues Denkkonzept, dass Gegensatzpaare wie Licht und Finsternis, oben und unten, Gott und Mensch nicht mehr als unüberwindbare Gegensätze ansieht, sondern beide Gegenstücke integriert, einschließt und nicht mehr klar voneinander trennt. Damit wird Gott nicht mehr als eine Person angesehen - im Unterschied oder in Abgrenzung zum Menschen – sondern als eine Art Geistesmacht oder Prinzip, dass in jedem Menschen wirkt. Gott wird manchmal nicht mehr als Schöpfer, sondern als Geist im Universum angesehen, der natürlich weder männlich noch weiblich, noch in irgendeiner Form manifestierbar ist, sondern eine Art Selbstorganisationsdynamik des gesamten Kosmos darstellt.

2.2. Verschiedene DenkrichtungenIm New-Age Denken ist infolge dieses neuen Paradigmas die Ansicht vertreten, dass sich der eigene Geist mit dem Weltgeist verbinden kann und alles dreht sich um die Erleuchtung und Erkenntnis, dass Gott im Menschen ist. Hierbei steht die Gefahr, dass sich der Mensch selbst zu Gott macht und einen eigenen Erlösungsweg findet.Das Rationalistische Denken, in dem man versucht alles durch das Raster der Vernunft zu erklären, hat ebenfalls seine Auswirkungen auf unsere Gottesbilder. Denn nur, was die Vernunft von Gott erklären kann, wird als real und wahr anerkannt, alles andere nicht. Die Gefahr dabei ist, dass Gott auf die Vernunft und die menschliche Verstehbarkeit reduziert wird und damit auch lediglich eine menschliche Projektion bleibt, die die göttliche Selbstoffenbarung nicht für notwendig hält. Das Postmoderne Denken, indem es keine absolute sondern nur noch eine subjektive Wahrheit gibt und damit viele verschiedene Wahrheiten existieren, verhindert, dass absolute Aussagen über Gott getroffen werden und falsche Gottesbilder korrigiert werden können. Dieses Denken prägt bzw. unterstützt die subjektiven Gottesbilder, die sich jeder Mensch im Laufe seines Lebens zusammengestellt hat und erschwert, dass andere Sichtweisen angenommen werden können bzw. sich Menschen auf die Suche nach dem „einen wahren Wesen Gottes“ begeben.

2.3. Das Gottesbild im Islam und der Gott der BibelDer Islam ist weit verbreitet und zeigt ein Gottesbild, dass viele Menschen verunsichert. Viele Anschläge und Attentate lassen die Frage aufkommen, ob Christen und Muslime an denselben Gott glauben oder nicht. Während einige davon ausgehen, dass Allah und Jahwe identisch sind - der Unterschied nur darin besteht, dass dieser eine Gott sich im Islam anders offenbart hat als im Christentum - gehen andere Theologen davon aus, dass es nicht nur gravierende Unterschiede in der Lehre gibt sondern Allah und Jahwe grundsätzlich unvereinbar sind. Nachfolgend sollen 3 wesentliche Aspekte gegenübergestellt werden:Allah gilt als einzigartig. Er ist der eine Gott, dem keine anderen Götter beigestellt werden dürfen. Sure 112 und 4,48 beschreiben diesen Anspruch und beinhalten damit eine radikale und scharfe Verurteilung des christologischen und trinitarischen Dogmas der christlichen Kirche. Dieses bekennt sich, im Gegensatz zum Islam, zu Jesus Christus, als dem Sohn Gottes, dem Messias und verehrt ihn als Gott. Das Christentum versteht Jesus und den Heiligen Geist als Offenbarung Gottes im Gegensatz zu den Muslimen, die den

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Trinitätsglauben ablehnen und sich die Trinität lediglich als Vater, Mutter (Maria) und Sohn erklären. Allah ist allmächtig und erhaben. Sure 2,256 beschreibt ihn als den Lebendigen, Ewigen, der nicht schläft, dem alles gehört, der alles weiß und alles bestimmt. Sein Thron reicht über die Himmel und die Erde. Er ist allen Wesen überlegen und gilt damit als unerreichbarer und unnahbarer Richter. Alle Vermenschlichungen sind ausgeschlossen. Er hat keine Gefühle, er leidet und freut sich auch nicht. Alle diese Eigenschaften stehen im Widerspruch zu Jahwe, der sich selbst in Christus seinem Sohn erniedrigt hat, Mensch geworden ist und Leid und Tod auf sich genommen hat, damit Menschen das ewige Leben finden können. Er hat aus Liebe und Erbarmen selbst gelitten und sich für die Menschen erreichbar gemacht. Allah würde sich selbst niemals erniedrigen, genau das aber ist für Christen die Mitte des Evangeliums (Eph 2,4) und ein gewaltiger Unterschied zum Gottesbild des Islam.Allah ist weise, barmherzig und vergibt. Diese Eigenschaften lassen sich aus den 99 Namen Allahs (z. Bsp.: Erbarmer, Barmherziger, Vergebender, Weiser, usw.) ablesen, stehen jedoch größtenteils im Widerspruch zu seiner Allmacht, wie vorstehend ausgeführt. Unter all den Namen findet man nie den Ausdruck „Liebe“ oder „Vater“, weil die Botschaft von der Liebe Gottes im Islam unbekannt ist. Die Barmherzigkeit und Gnade können eher mit einer Art Ware verglichen werden, die durch fromme Anstrengung erworben werden kann und lediglich den Aufenthalt in der Hölle verkürzt. Im Gegensatz zu Jahwe, der in der Bibel größtenteils mit „Liebe“ und „Vater“ in Verbindung gebracht wird und dessen Ziel es ist, eine persönliche Beziehung zu den Menschen aufzubauen, bleibt Allah ein ferner und unerreichbarer Gott.

3. Umgang mit diesen HerausforderungenAuch hier ist es wichtig, dass man sich erst einmal bewusst macht, dass der Zeitgeist und auch andere Religionen unser Gottesbild prägen, verblassen oder auch verwischen können. Wir leben „in“ der Welt und wachsen auf inmitten der verschiedenen Denkweisen unserer Zeit. Um diese Denkweisen nicht automatisch auf das Gottesbild zu übertragen, ist es wichtig, dass man sich mit ihnen beschäftigt, sie kennenlernt, reflektiert und mit den Aussagen der Bibel vergleicht. Somit kann weithin verhindert werden, dass ein einseitiges und eingeengtes oder gar falsches Gottesbild entsteht. Die Bibel ist durch viele Zeitepochen hindurch geschrieben worden und Gott offenbarte sich im Laufe der Geschichte zu unterschiedlichen Zeiten auf unterschiedliche Art und Weise. Die Bibel ist deshalb auch hier der Maßstab, an dem sich diese unterschiedlichen Zeitströmungen und Denkweisen messen lassen können. Sie zeigt aber auch, dass Gott selbst es über die Zeiten hinweg immer möglich war, sich zu offenbaren und den Menschen sein wahres Wesen zu zeigen. Deshalb finde ich, dass man den Zeitgeist kritisch hinterfragen sollte, halte es aber auch heute für möglich, dass Gott bereits vorhandene Überzeugungen durchbrechen und korrigieren kann. Hinsichtlich anderer Religionen und speziell dem Islam ist es wichtig, genau hinzusehen. Es gibt Aussagen, die einen glauben lassen können, dass Allah und Jahwe identisch sind aber bei genauerer Betrachtung stellt man gravierende Unterschiede fest. Auch hier gilt, die Aussagen anhand der Bibel genau zu prüfen und Gott von anderen Religionen klar abzugrenzen.

Therese Leistner