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03 | 2017 Fachstelle Energie- und Gebäudetechnik Grenzabstände bei Erdwärmesonden Untersuchungen zu neuen Bemessungs- und Planungsgrundlagen Schlussbericht

Grenzabstände bei Erdwärmesonden · (Unterstützung numerische Berechnungen: Bastian Rau, Aquasoil, Berlin) AF-Consult Switzerland AG, Baden/Dättwil [email protected]

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Fachstelle

Energie- und Gebäudetechnik

Grenzabstände bei Erdwärmesonden

Untersuchungen zu neuen Bemessungs- und Planungsgrundlagen

Schlussbericht

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IMPRESSUM

Auftraggeberin:

Stadt Zürich,

Amt für Hochbauten,

Fachstelle Energie- und Gebäudetechnik,

Amtshaus III, Lindenhofstrasse 21

8021 Zürich

Bearbeitung:

Dr. Joachim Poppei, Dr. Olivier Masset

(Unterstützung numerische Berechnungen: Bastian Rau, Aquasoil, Berlin)

AF-Consult Switzerland AG, Baden/Dättwil

[email protected]

Projektleitung:

Dr. Roland Wagner

Fachstelle Energie- und Gebäudetechnik,

Amt für Hochbauten

Projektteam

Dr. Roland Wagner (AHB)

Rita Kobler (BFF)

Arthur Huber (HETAG)

Download als pdf von

https://www.stadt-zuerich.ch/hbd/de/index/hochbau/bauen-fuer-2000-watt

-> Grundlagen und Studienergebnisse

Zürich, März 2017

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1 Sicht des Auftraggebers

Roland Wagner

In der Stadt Zürich sind heute1 auf einer Fläche von 3‘300 ha bereits ca. 1‘400 Erdsonden-gekop-

pelte Wärmepumpen mit insgesamt rund 7‘000 Erdwärmesonden (EWS) in Betrieb. Dies ergibt

auf der für EWS-Bohrungen zulässigen Fläche der Stadt Zürich einen spezifischen Wärmeentzug

von rund 3-4 kWh m-2 a-1. Obwohl dieser Wärmeentzug etwa viermal so gross ist wie der natürli-

che geothermische Wärmestrom, muss wegen des langfristig zusätzlich relevanten Wär-

mestroms über die Erdoberfläche noch von keiner „Übernutzung“ des Untergrundes gesprochen

werden – von lokalen Übernutzungen abgesehen und sofern die Dichte der EWS zukünftig nicht

wesentlich zunimmt.

Erdwärmenutzung spielt in der kommunalen Energieplanung der Stadt Zürich eine bedeutende

Rolle: Gemäss Effizienz-Szenario des Energiekonzeptes 2050 der Stadt Zürich sollen Erdwärme-

sonden-gekoppelte Wärmepumpen im Jahr 2050 etwa 450 GWh Nutzwärme produzieren und

14% des städtischen Energiebedarfs für Raumwärme und Warmwasser abdecken. Es besteht

kein Zweifel daran, dass eine Erdwärmenutzung, die einem Vielfachen der heutigen Nutzung ent-

spricht, ohne aktive Regeneration im Stadtgebiet Zürich zu einer signifikanten gegenseitigen Be-

einflussung der Erdwärmesonden führt.

Der Schweizerische Ingenieur und Architektenverein SIA verlangt, dass „[…] bei einer örtlichen

Häufung von verschiedenen Projekten […] die gegenseitige Beeinflussung einzurechnen oder

durch geeignete Massnahmen (saisonale Nachladung) zu eliminieren“ ist (SIA 384/6 Erdwärme-

sonden, Ziffer 2.3.3.2). In der Praxis wurde (und wird) die gegenseitige Beeinflussung von unter-

schiedlichen EWS-Anlagen selten berücksichtigt – nicht zuletzt, weil hierfür einfache Dimensio-

nierungswerkzeuge fehlten, oder Angaben über Standort und Betrieb benachbarter Anlagen nur

schwer zugänglich sind.

Die vorliegende Studie „Grenzabstände von Erdwärmesonden“ zeigt, wie mit Hilfe einer ver-

gleichsweise einfachen Rechenmethode benachbarte EWS-Anlagen bei der Auslegung einer

neuen Anlage berücksichtigt werden können. Mit Hilfe der Methode kann berechnet werden, ab

welchem Abstand zu bestehenden Anlagen die gegenseitige Beeinflussung vernachlässigbar ist

bzw. wie bei kürzeren Abständen die gegenseitige Beeinflussung durch zusätzliche EWS-Boh-

rungen oder durch Regeneration kompensiert werden kann. Eine wichtige Voraussetzung ist,

dass eine gewisse gegenseitige Beeinflussung grundsätzlich in Kauf genommen werden muss –

andernfalls ist eine signifikante Erdwärmenutzung wegen der grossen Ausdehnung der „Tempe-

raturtrichter“ undenkbar. Da eine korrekt nach SIA 384/6 ausgelegte EWS-Anlage gewisse Leis-

tungsreserven aufweist, wurde in der Studie angenommen, dass eine gegenseitige Beeinflus-

sung, die zu einer zusätzlichen Absenkung der Temperatur in einer Sonde von 1 K führt, tolerier-

bar ist, d.h. es sind Abstände zu bestehenden Anlagen zulässig, die zu einer maximalen gegen-

seitigen Beeinflussung von maximal 1 K führen.

Mit der vorliegenden Methode kann nur die Auswirkung auf eine momentan neu hinzukommende

EWS-Anlage berechnet werden. Im Ergebnis kann dies eine grössere EWS-Länge oder eine

(Teil-)Regeneration sein.2 Eine neue Anlage beeinflusst langfristig aber auch die bestehenden

Anlagen. Als Konsequenz müsste eine neue Anlage also zusätzlich so viel Wärme in den Boden

„zurückgeben“, wie diese Anlagen den bestehenden Anlagen „wegnimmt“. Diese Massnahme

wurde im Rahmen dieser Studie nicht untersucht, könnte jedoch mit den vorliegenden Werkzeu-

gen berechnet werden. Werden sogar weitere zukünftige Anlagen berücksichtigt, müssen noch

grössere Abstände berücksichtigt werden. Hier gelangt die Methode an eine praktische Grenze.

1 Stand 31. August 2016, Daniel Meister, AWEL 2 Die Studie RegenOpt (Persdorf, Ruesch & Haller, 2015) zeigt, dass unter den in der Studie getroffenen Annahmen eine Teil-Regeneration gegenüber einer grösseren EWS-Länge zu bevorzugen ist.

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Die hier vorgestellte Methode ergibt tendenziell eher zu grosse Abstände, da die EWS durch un-

endliche Linienquellen beschrieben werden. Die Genauigkeit der Methode liesse sich durch Ver-

wendung von g-Funktionen, jedoch auf Kosten der Einfachheit, verbessern. Diese Studie ist

deshalb nicht als Auslegungshilfe (im Sinne von SIA 384/6 Ziffer 2.3.3.2), Planungsempfeh-

lung, Richtlinie oder Haltung der Stadt Zürich zu verstehen, sondern stellt einen Zwischen-

stand aktuell laufender Arbeiten dar. Eine Empfehlung aus den Ergebnissen dieser und ande-

rer Studien ist jedoch die Ausstattung der Wärmepumpen-Anlage mit einer dauerhaft installierten

Messung der Wärmeträgertemperatur im EWS-Kreis sowie das Erarbeiten eines Regenerations-

Konzeptes für eine allfällige spätere Umrüstung der Anlage oder für den Fall, dass die EWS-

Temperaturen aufgrund gegenseitiger Beeinflussung stärker als geplant absinken.

Offen bleibt, wie gross der Einfluss von Grundwasserströmung auf das geothermische Potenzial

ist. In der Stadt Zürich ist der Untergrund dort, wo EWS-Bohrungen aus gewässerschutzrechtli-

chen Aspekten erlaubt sind, überwiegend durch konduktiven Wärmetransport geprägt. An ande-

ren Orten mag der Einfluss einer gewissen Grundwasserströmung die gegenseitige Beeinflus-

sung von Erdwärmesonden durchaus abschwächen.

Quellen:

J. Poppei und R. Schwarz, Gegenseitige Beeinflussung oberflächennaher Geothermieanlagen –

Instrumente zum Management (knapper werden) der Ressourcen, Beitrag „Der Geothermie-Kon-

gress 2010“, 17.-19. November 2010, Karlsruhe, 2010

J. Wellstein, Erdwärmesonden brauchen Regeneration – Geothermie-Projekte richtig planen,

Spektrum GebäudeTechnik – SGT 6/2012

R. Wagner und T. Weisskopf, Erdsondenpotenzial in der Stadt Zürich, Stadt Zürich, Amt für

Hochbauten der Stadt Zürich (Hrsg.), 2014

P. Persdorf, F. Ruesch, M.Y. Haller, RegenOpt - Optionen zur Vermeidung nachbarschaftlicher

Beeinflussung von Erdwärmesonden: energetische und ökonomische Analysen, Stadt Zürich,

Amt für Hochbauten der Stadt Zürich (Hrsg.), 2015

B. Bébié, F. Schmid, R. Gessler, und T.W: Püntener, Planungsbericht Energieversorgung, Kom-

munale Energieplanung der Stadt Zürich, Überarbeitung 2014 bis 2016, Stadt Zürich, Energiebe-

auftragter (Hrsg.), 2016

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Inhaltsverzeichnis

1 Sicht des Auftraggebers .......................................................................................................................... 3

2 Einordnung und Zielstellung .................................................................................................................... 6

3 Lösungs- und Modellansätze .................................................................................................................. 8

3.1 Prozesse und Features .................................................................................................................. 8

3.2 Analytische Modellansätze ............................................................................................................ 9

3.3 Eskilson’s Responsefunktionen der Temperatur (g-functions) ...................................................... 9

4 Vorgehenskonzept ................................................................................................................................ 11

4.1 Auswahl eines geeigneten Modellansatzes ................................................................................. 11

4.2 Kriterien zur Bemessung von Grenzabständen ........................................................................... 14

5 Orientierende Modellrechnungen und ausgewählte Ergebnisse .......................................................... 17

5.1 Optimale Abstände zwischen EWS zur Vermeidung einer langfristigen Beeinflussung von mehr als 1K und Verluste bei festen Abständen ................................................................................................ 17

5.2 Zubau einer EWS oder eines Feldes an ein bestehendes EWS-Feld: zulässige Abstände ....... 21

5.3 Abstand zur Begrenzung der Temperaturabsenkung bei benachbarten Feldern ....................... 21

5.4 Vorschlag und Entwicklung eines Tools zur Bewertung nachbarschaftlicher Beeinflussung und für Empfehlungen von Abständen oder spezifischen Entzugsleistungen ................................................. 23

5.5 3D Modellrechnungen eines komplexen Gebietes ...................................................................... 26

6 Schlussfolgerungen und Empfehlungen ............................................................................................... 35

7 Literatur ................................................................................................................................................. 36

8 Anhang .................................................................................................................................................. 37

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2 Einordnung und Zielstellung

Die Stadt Zürich erwartet mit der geplanten Umsetzung gemäss Energiekonzept der Stadt Zürich

EK 2050 eine - zumindest lokale - Übernutzung ihres Untergrundes und eine Reduzierung des

Angebotspotenzials durch konkurrierende Ansprüche. In drei Workshops „EWS in dicht bebau-

tem Gebiet“, organisiert durch das Bundesamt für Energie, wurde die Problematik diskutiert und

nach praktikablen Wegen zur nachhaltigen und gerechten Nutzung des Untergrunds zum Wär-

meentzug gesucht.

Zielstellung dieses Projektes ist die Entwicklung einer robusten und einfachen Handlungs- und

Planungsempfehlung zur Bemessung von Abständen für EWS von existierenden und potentiellen

benachbarten Nutzern für

Behörden (kantonal und Gemeinde im Vollzug)

Bauherren und Architekten

Planern (SIA u.a.)

zur Sicherstellung eines angemessenen, gerechten und möglichst gering beeinflussten Zugangs

zur Ressource Erdwärme (für EWS).

Die Zielstellung tangiert verschiedene Aspekte der thermischen Nutzung des Untergrunds: As-

pekte der Anlagensicherheit, Raumplanung und Nachhaltigkeit. Planerische Aspekte der Anla-

gendimensionierung werden in der SIA-Norm 384/6 behandelt. Die Planungshilfen in dieser Norm

gehen aber derzeit nicht über 4 Erdwärmesonden pro Anlage hinaus.

Kantonale Regelungen zur Nutzung des Untergrunds weisen vielfache Spezifikationen auf. Diese

betreffen Auflagen zur Erkundung, zur Projektierung (Ausschluss bestimmter Horizonte bzw.

Teufen) und zum Betrieb (Genehmigungsverfahren). Nach Kenntnis der Autoren werden bei den

kantonalen Verfahren und Auflagen nachbarschaftliche Beeinflussungen (oder deren Behinde-

rung) derzeit nicht betrachtet. Das AWEL in Zürich fordert, wie in Basel-Land, Bern oder St.Gal-

len, die Zustimmung des benachbarten Grundeigentümers bei einem Abstand von weniger als 3

m (in Thurgau 3.5 m) zur Grundstücksgrenze. Lediglich Bern fordert zusätzlich einen Abstand

von mindestens 5 m zu benachbarten Sonden.

Auch in unseren Nachbarländern gibt es keine einheitliche Regeln, Empfehlungen oder Vorschrif-

ten. Tabelle 1 zeigt exemplarisch die Vorgaben zu Grenzabständen in verschiedenen deutschen

Bundesländern (Stand 2010).

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Tabelle 1: Grenzabstände der deutschen Bundesländer

Ergänzung: Hessen 5m zur Grundstücksgrenze (Mitteilung S. Rumohr, 2016)

5m/6m: entsprechend VDI 4640 5m bei 40…50m Länge; 6m bei 50…100m Länge

Im Zusammenhang mit der Aufgabenstellung lassen sich folgende Fragen formulieren:

Sind die kantonal geforderten Mindestabstände zu Nachbargrundstücken zur Einholung der

Zustimmung aus energetischer Sicht sinnvoll, ausreichend und zudem begründbar, um eine

Übernutzung des Untergrundes zu verhindern?

Gibt es hinreichend einfache, robuste und ausreichend (aber nicht über-) konservative An-

sätze zur Empfehlung bzw. Festlegung von Grenzabständen?

Wenn ja, wie könnte eine Bemessungshilfe für Planer und Behörden angelegt sein, die den

z.T. unterschiedlichen Ansprüchen von Anlagenplanern, Raumplanern und Genehmigungsbe-

hörden gerecht werden kann?

Um diese Fragen zu beantworten, werden Modellansätze und zur Verfügung stehende Werk-

zeuge verwendet, die einleitend in Kap. 3 vorgestellt werden. Aus der Analyse der Probleme und

der Modellkonzepte wird ein Vorgehenskonzept abgeleitet (Kap.4). Im Kap. 5 werden Modellrech-

nungen und -ergebnisse vorgestellt und diskutiert. Abschliessend werden in Kap. 6 Schlussfolge-

rungen gezogen und Empfehlungen abgeleitet.

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3 Lösungs- und Modellansätze

Die Berechnung des konduktiven Wärmeentzugs durch EWS hat eine Tradition von etwa drei

Jahrzehnten mit verschiedenen Ansätzen, Konzepten, Vereinfachungen und auch messtechni-

scher Überprüfung. Eine Rekapitulation dieser Modelle würde bei weitem die vorliegende Aufga-

benstellung sprengen. Der interessierte Leser sei auf die Bücher [Eskilson 1987], [Hellström

1991] und die Dissertation von [Cimmino 2014] u.a. Veröffentlichungen verwiesen.

Im Folgenden beschreiben wir kurz die Prozesse und Features, die ein für die Aufgabenstellung

geeignetes Modell abbilden muss und geben ausgewählte Beispiele an.

3.1 Prozesse und Features

Der Wärmeentzug durch ein turbulent fliessendes Fluid in komplex ausgebauter EWS (U- oder

Doppel-U mit verschiedenen Materialien und Hinterfüllung) ist ein räumlich und zeitlich variabler

Prozess. Für die vorliegende Aufgabenstellung lassen sich folgende Vereinfachungen begrün-

den:

Die explizite Beschreibung der i.d.R. turbulenten Strömung des Fluids innerhalb der EWS ist

nicht erforderlich.

Für die Aufgabenstellung sind grosse Zeiträume (mehrere Jahrzehnte) zu betrachten. Die dif-

fusive Eindringtiefe des thermischen Signals beträgt dann mehrere Meter. Entsprechend ist

eine Auflösung der Prozesse innerhalb der Sonde mit Dimensionen von wenigen Zentimetern

nicht erforderlich.

Wir können (hier) den advektiven Wärmetransport mit strömenden Grundwasser vernachläs-

sigen. Diese Annahme ist für die Stadt Zürich zutreffend. Die Aufgabenstellung ist ein reines

Wärmeleitungsproblem.

Wir vernachlässigen eine vertikale Variabilität (Schichtung) thermophysikalischer Gesteinsei-

genschaften. Für spezielle Standortbetrachtungen muss diese eventuell berücksichtigt wer-

den, hier genügen effektive, d.h. über die Sondenlänge gemittelte Parameter.

Unter diesen Annahmen führt der konduktive Wärmeentzug zu einem transient und zunächst

radial zunehmenden Auskühlungsbereich mit asymptotischer Annäherung an die ungestörte

Gesteinstemperatur. Abweichungen vom radialen Wärmeentzug, die letztlich zu stationären

Verhältnissen führen können, sind begründet im zusätzlichen Wärmenachschub in Oberflä-

chennähe und die dreidimensionale Wärmezufuhr am Sondenfuss. Werden diese stationären

Verhältnisse im Betriebszeitraum nicht erreicht (das ist in der Regel bei allen Sonden über

100m so) wird zur Auslegung eine minimale Fluidtemperatur gewählt, die im Auslegungszu-

stand (genauer am Ende dessen) nicht unterschritten werden darf. Derartiger Modellansätze

bedienen sich die Auslegungstools EED [Hellström/ Sanner 2015] und EWS [Huber 2016].

Eine vollständig geschlossene, analytische Behandlung der gegenseitigen Beeinflussung

mehrerer EWS ist nicht möglich. Die o.g. Tools bedienen sich dazu der Ergebnisse numeri-

scher Berechnungen (sog. g-Funktionen, s. Kap. 3.3), die für eine grosse Zahl möglicher Kon-

figurationen und unter Berücksichtigung dreidimensionaler Verhältnisse berechnet worden

sind.

Im Folgenden werden Modellansätze genannt, die speziell für die o.g. Aufgabenstellung geeignet

erscheinen. Es liegt auf der Hand, dass numerische Modellansätze auf der Basis finiter Ele-

mente, finiter Volumen oder finiter Differenzen mit nahezu beliebiger Komplexität umgehen kön-

nen, den Anspruch einfacher und robuster Lösungen aber nicht erfüllen können. Dazu sind analy-

tische Modellansätze besser geeignet, die sich dazu jedoch bestimmter Vereinfachungen bedie-

nen müssen. Auf diesen Aspekt wird nachfolgend eingegangen, da die zur analytischen Lösbar-

keit zu treffenden Vereinfachungen bei den Berechnungsergebnissen und derer Interpretation zu

berücksichtigen und zu würdigen sind.

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3.2 Analytische Modellansätze

3.2.1 Infinite line source (ILS)

Die Lösung der Infiniten Linienquelle (infinite line source, ILS) wurde bereits von Lord Kelvin

(1882) vorgeschlagen. Sie beschreibt die Temperatur um eine unendliche Linienquelle als Funk-

tion vom Abstand und der Zeit (Gleichung 2-1). Es ist eine eindimensionale radialsymmetrische

Lösung und deshalb unabhängig von der Länge der Linienquelle.

at

r

u

g duu

eQTtrTtrT

4

24

,,

2-1

a … Temperaturleitfähigkeit [m2/s]

Q … Wärmeentzug [W/m]

r … Abstand [m]

t … Zeit [s]

T … Temperatur [°C]

λ … Wärmeleitfähigkeit [W/mK]

3.2.2 Cylindrical heat source (CHS)

Die Lösung einer zylindrischen Wärmequelle (CHS) wurde von Carslaw und Jaeger (1946) ange-geben. Sie gibt das Temperaturfeld um eine unendlich lange zylindrische Quelle als Funktion von Raum und Zeit (Gleichung 2-2). Auch diese Lösung ist eindimensional und radialsymmetrisch.

𝐺(𝐹𝑜, 𝑝) =1

𝜋2∫

exp(−𝑠2𝐹𝑜) − 1

𝐽12(𝑠) + 𝑌1

2(𝑠)[𝐽0(𝑝𝑠)𝑌1(𝑠) − 𝐽1(𝑠)𝑌0(𝑝𝑠)]

0

∙𝑑𝑠

𝑠2 2-2

𝑝 = 𝑟/𝑟𝑏

∆𝑇(𝐹𝑜, 𝑝) =𝑄

𝜆𝐺(𝐹𝑜, 𝑝)

𝐹𝑜 =𝑎𝑡

𝑟𝑏2

Jn, Yn … Besselfunktionen 1. und 2. Ordnung

3.2.3 Finite line source (FLS)

Einige Lösungen wurden für endlich lange Linienquellen (FLS) angegeben, u.a. die von Zeng et

al. (2002), beschrieben durch Gleichung 2-3. Sie ist zweidimensional, radialsymmetrisch und er-

laubt die Berechnung der Temperatur als Funktion von Zeit, Abstand und Tiefe einer Sonde z mit

einer gegebenen Länge H.

𝑇(𝑟, 𝑧, 𝑡) = 𝑇𝑔 −𝑄

4𝜋𝜆∙ ∫

[ 𝑒𝑟𝑓𝑐 (

√𝑟2 + (𝑧 − ℎ)2

2√𝛼𝑠𝑡)

√𝑟2 + (𝑧 − ℎ)2−

𝑒𝑟𝑓𝑐 (√𝑟2 + (𝑧 + ℎ)2

2√𝛼𝑠𝑡)

√𝑟2 + (𝑧 + ℎ)2

]

𝐷+𝐻

𝐷

𝑑ℎ 2-3

3.3 Eskilson’s Responsefunktionen der Temperatur (g-functions)

Eskilson (1987) entwickelte eine kombinierte Methode zur Berechnung von Temperatur-Respon-

sefunktionen (sog. g-functions). Die g-functions werden numerisch durch Finite-Differenzen-Ver-

fahren bestimmt. Sie werden auf der Basis entwickelt, dass alle Sonden die gleiche Temperatur

aufweisen, durch ihre gegenseitige Beeinflussung je nach Abstand und Zahl der Nachbarn aber

unterschiedliche Extraktionsraten ermöglichen. Die auf diese Weise bestimmten g-functions wer-

den als dimensionslose Variablen mit analytischen Lösungen gekoppelt, die die Temperaturbe-

rechnung als Funktion von Abstand und Zeit erlauben (Gleichung 2-4). g-functions sind die Basis

von Auslegungstools, wie z.B. EED.

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𝑇𝑏 = 𝑇𝑔 −𝑄

2𝜋𝜆∙ 𝑔 (

𝑡

𝑡𝑠,𝑟𝑏𝐻

,𝐵

𝐻) 2-4

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4 Vorgehenskonzept

Das Vorgehenskonzept zur Auswahl eines geeigneten Werkzeugs gründet sich auf

a) der Ziel- und Aufgabenstellung (Kap. 2) und

b) der Analyse vorhandener Modellansätze (Kap. 3).

Wir werden dazu in diesem Kapitel anhand von orientierenden Berechnungen ein geeignetes

Verfahren zur Lösung der Aufgabenstellung auswählen und die Auswahl begründen.

Eine Überprüfung der Eignung an einem komplexen numerischen Modell mit möglichst realitäts-

naher Problematik schliesst sich an [Kap. 5.5].

4.1 Auswahl eines geeigneten Modellansatzes

Abbildung 1 und Abbildung 2 vergleichen berechnete Temperaturfelder der unter 3.2 genannten

analytischen Modelansätze zu verschiedenen Zeiten nach Inbetriebnahme für zwei verschiedene

Tiefen einer EWS (Tiefe ist relevant nur für das FLS-Modell).

Abbildung 1: berechnete Temperaturen im Abstand von der EWS mit verschiedenen Modellansätzen (ILS, CHS und FLS) und zu verschiedenen Zeiten (Q=20 W/m, λ=2.0 W/(m·K), α=1e-6 m2/s, rb=0.05 m), angenommene Bohrungs-länge 100 m für das FLS-Modell

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Abbildung 2: berechnete Temperaturen im Abstand von der EWS mit verschiedenen Modellansätzen (ILS, CHS und FLS) und zu verschiedenen Zeiten (Q=20 W/m, λ=2.0 W/(m·K), α=1e-6 m2/s, rb=0.05 m), angenommene Bohrungs-länge 200 m für das FLS-Modell

Es sind keine Unterschiede zwischen dem ILS- und dem CHS-Modell im berechneten Zeit- und

Raumbereich erkennbar. 3D-Effekte, erfasst durch das FLS-Modell, sind nur bei der kürzeren

Sonde und sehr grossen Zeiten (50 Jahre) erkennbar. Diese Aussage ist in Korrelation mit der

Eskilson-Analyse, nach der nicht-radiale Effekte erst bei Zeiten 𝑡 > 𝐻2 9 𝑎⁄ zum Tragen kommen

(in diesem Beispiel bei H=100m nach 35 Jahren).

Abbildung 3 bis Abbildung 5 vergleichen die Response-Faktoren des ILS-Verfahrens (Superposi-

tion der Integrale in Glg. 2-1) mit g-function einer 4 x 4 – Konfiguration bei verschiedenen Son-

denabständen. Die drei farbigen Linien geben die unterschiedlichen Responsefaktoren im 4 x 4 -

Feld wieder (Zentrum, Ränder und Eckpunkte3). Je länger die Bohrung oder je grösser ihre inter-

nen Abstände desto besser korrespondiert der analytische Responsefaktor des ILS-Modells mit

den numerisch berechneten g-function. (Die hier gewählten Abstände sind aufgrund der verfüg-

baren B/H-Relationen nicht unabhängig wählbar.) Für grosse Zeiten sind die analytischen

Response-Faktoren des ILS-Modells bezüglich der Beeinflussung eher konservativ (da sie kei-

nerlei 3D-Effekte berücksichtigen).

3 Das hier gewählte Beispiel ist eine 4 x 4 Anordnung, also 16 EWS. Der analytische Responsefaktor ist für drei Gruppen der EWS

unterschiedlich, die jeweils eine bestimmte Zahl von und Abstände zu den Nachbarsonden haben. Die g-function des Feldes (rote Punkte) hingegen wurden über eine mittlere Leistungsreduzierung ermittelt, wenn allen 16 EWS die gleiche Temperaturrandbedin-gung aufgeprägt wurde. Insofern sind die Ergebnisse nur bedingt vergleichbar.

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Abbildung 3: Response-Faktoren berechnet mit dem ILS Modell für ein Feld aus 4x4 EWS mit 0.05 m Durchmesser, Tiefe 100 m, einem internen Abstand von 30 m im Vergleich mit der zugehörigen g-function

Abbildung 4: Response-Faktoren berechnet mit dem ILS Modell für ein Feld aus 4x4 EWS mit 0.05 m Durchmesser, Tiefe 200 m, einem internen Abstand von 60 m im Vergleich mit der zugehörigen g-function

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Abbildung 5: Response-Faktoren berechnet mit dem ILS Modell für ein Feld aus 4x4 EWS mit 0.05 m Durchmesser, Tiefe 300 m, einem internen Abstand von 90 m im Vergleich mit der zugehörigen g-function

Der Vergleich der verwendeten Modellansätze im hier interessierten Zeit- und Raumbereich lässt folgende Schlussfolgerungen zu:

1. Obwohl das ILS-Modell einfacher ist als das CHS-Modell, ist es hier ausreichend zur Analyse

der Temperaturbeeinflussung auf Basis vorhandener Modellansätze (Kap. 3).

2. Unterschiede zwischen dem ILS- und dem FLS-Modell sind im betrachteten Raum-/Zeitbe-

reich vernachlässigbar bei Bohrungen mit Tiefen über 100m

3. Unterschiede zwischen den Erdwärmesonden entsprechend ihrer Anordnung in der Konfigu-

ration sind umso kleiner, je weiter sie auseinander liegen

4. Zur Berücksichtigung weit entfernter EWS (hier 60m) sind die analytischen und flexiblen

Responsefunktionen des ILS-Modells genauso geeignet, wie die numerisch ermittelten und

nur für bestimmte B/H-Verhältnisse verfügbaren g-function. Bei kleineren Abständen ist der

analytische Ansatz konservativ (d.h. überschätzt den Effekt der Nachbarschaft).

Das ILS-Modell mit den Vorteilen der Unabhängigkeit von der Bohrtiefe und von der Verfüg-

barkeit von g-function ist im betrachteten Raum-/Zeitbereich ausreichend zur Lösung der

Problemstellung (insbesondere bei Sondenlängen von deutlich mehr als 100m)

4.2 Kriterien zur Bemessung von Grenzabständen

Wenn wir ein vereinfachtes Modell zur Bemessung von Grenzabständen heranziehen wollen, be-

darf es weiterer konzeptioneller Überlegungen. Dies betrifft einerseits den Umgang mit oder die

Vernachlässigung vom typisch saisonalen Betrieb mit dazwischen liegenden Erholungsphasen

und andererseits ein Grenzkriterium zur Bemessung von Signifikanz der gegenseitigen Beeinflus-

sung.

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4.2.1 Variable Entzugsrate

Legt man das ILS-Modell zugrunde, ist der transiente langfristige Temperaturresponse mit einer

saisonal alternierenden Nutzung (Wärmeentzug) im Mittel der gleiche wie bei einem konstanten

Wärmentzug mit entsprechend dem zeitlichen Anteil der Nutzung reduzierter Leistung. Abbildung

6 zeigt als Beispiel den berechneten Temperaturverlauf bei einem halbjährlichen Entzug von 40

W/m und einem konstanten Entzug von 20 W/m (grüne Linie)4. Bei einer halbjährlichen Nutzung

entspricht der Temperaturverlauf infolge einer halbierten, konstanten Entnahmerate dem Mittel-

wert der saisonal veränderlichen Temperatur (Abbildung 6, unten).

Abbildung 6: variabler und (reduzierter) konstanter Wärmeentzug (ILS-Modell), oben und Temperaturverlauf (unten)

4.2.2 Bemessungskriterien

Die Überlagerung benachbarter Temperaturfelder (nach hinreichend langer Betriebszeit) führt

entweder a) zu einer zunehmenden Reduzierung der Zirkulationstemperatur (bei gleichbleibender

Entzugsleistung der Sonden) oder b) zu einem reduzierten Energiegewinn (wenn langfristig die

ursprüngliche Grenztemperatur gesichert bleiben soll). Es fragt sich daher, welches Kriterium zur

Bewertung der nachbarschaftlichen Beeinflussung herangezogen werden soll. Ersteres (a) ist

i.d.R. der Fall, wenn bei der Dimensionierung und dem Betrieb der Sonden der nachbarschaftli-

che Einfluss nicht berücksichtigt worden ist (oder mangels Kenntnis nicht konnte), zweites wenn

in Kenntnis des existierenden Nachbarn die eigene, hinzukommende EWS ausgelegt wird. Die

Wahl des entsprechenden Kriteriums ist bedeutsam, da sich einerseits langfristig nur geringe

Temperaturen oberhalb des Gefrierpunkts des Zirkulationsfluids einstellen werden (langfristige

Betriebssicherheit), andererseits sich die nachbarschaftliche Beeinflussung asymptotisch über

z.T. grosse Strecken abbaut, an deren Enden der radiale Wärmefluss verschwindet (s. Reichwei-

ten in Abbildung 1). Aufgrund der asymptotischen, grossen Ausdehnung der Temperaturtrichter

ist die Forderung nach einer vollständigen Vermeidung gegenseitiger Beeinflussung nicht zielfüh-

rend.

4 Im ILS-Modell ist nur ein radialer Wärmefluss wirksam. Entsprechend wird ein terrestrischer Wärmstrom, der während des Abschal-

tens zu einer partiellen Regenerierung beitragen kann vernachlässigt. Das ist angesichts der geringen Leistungsdichten gerechtfer-tigt, aber konservativ.

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16

Deshalb wählen wir für den Fall a) eine zulässige Reduktion der Erdreichtemperatur (durch nach-

barschaftliche Beeinflussung) von max. 1K. Diese Temperaturtoleranz erscheint aus folgenden

Gründen gerechtfertigt:

sie liegt etwa im Bereich der Aussagegenauigkeit einfacher Modelle mit homogenen Parame-

tersätzen

sie gefährdet bei korrekter Auslegung den langfristigen Betrieb nicht und

sie ist als Sicherheitszuschlag bei der Berechnung der Erdreichtemperatur nach SIA 384/6

bereits berücksichtigt.

Das Kriterium a) wäre sinnvoller bei der raum- und energieplanerischen Auslegung ganzer Felder

zum gleichen Zeitpunkt. Das Kriterium b) wäre sinnvoller, wenn es um die nachträgliche Errich-

tung einzelner EWS bei Existenz vorhandener EWS-Felder in der Nachbarschaft geht. Im 2. Fall

ist die potentielle Reduktion der Entzugsleistung (durch die Nachbarschaft) durch eine entspre-

chende Erhöhung der Sondentiefe bei der Planung (ohne Beeinflussung der bestehenden Nach-

barschaft) korrigierbar.

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17

5 Orientierende Modellrechnungen und ausgewählte Ergebnisse

5.1 Optimale Abstände zwischen EWS zur Vermeidung einer langfristigen Beeinflussung

von mehr als 1K und Verluste bei festen Abständen

In diesem Kapitel berechnen wir mit dem ILS-Modell (3.2.1) und den Kriterien aus 4.2.2 optimale

Abstände und beispielhaft die Reduzierung der Entzugsleistung durch gegenseitige Beeinflus-

sung. Den orientierenden Berechnungen liegen einheitliche Parametersätze zugrunde:

Wärmeleitfähigkeit λ 2 W/mK

Temperaturleitfähigkeit a 1·10-6 m2/s

Bohrungsradius rb 0.05 m

Betriebsdauer t 50 Jahre

Konstante Entzugsleistung Q 10 W/m bzw. 7 W/m (Jahresmittelwerte)

und reguläre Sondenanordnungen.

Der Einfluss des Nachbarn ist – je nach Standort im Feld – unterschiedlich. Die hier ausgewiese-

nen „optimalen Abstände“ beziehen sich jeweils auf die EWS, die im Feld am stärksten beein-

flusst wird.

Tabelle 2 gibt die Abstände in einem EWS-Feld an, bei dem die Beeinflussung durch die Nach-

barn auf max. 1K Auskühlung begrenzt bleibt und die Reduktion der Leistung an, die zum Ein-

fluss der Nachbarsonden kompensiert werden müsste, damit die Temperatur bei einem Abstand

von generell 20 m nicht beeinflusst werden würde.

Abbildung 7: EWS-Feld mit internen Abstand A

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Tabelle 2: optimale Abstände und Reduktion der Leistung

Geo-metrie

Interne Abstände zur Si-cherung einer max. Tem-peraturabnahme von 1K bei einem mittleren Ent-zug von 10 W/m [m]

Interne Abstände zur Si-cherung einer max. Tem-peraturabnahme von 1K bei einem mittleren Ent-zug von 7 W/m [m]

Verluste der Entzugsrate bei einem internen Ab-stand von 20m [%]

1x2 17.3 9.9 14

1x3 34.8 25.5 24

1x4 37.7 29.4 28

1x5 39.8 32.2 32

1x6 40.1 32.7 33

1x7 40.4 33.3 35

1x8 40.4 33.4 36

1x9 40.4 33.5 36

1x10 40.4 33.5 36

2x2 41.0 32.3 30

2x3 52.2 43.8 42

2x4 53.2 45.3 46

2x5 54.0 46.5 50

2x6 54.0 46.6 51

2x7 54.1 46.7 53

2x8 54.1 46.7 53

2x9 54.1 46.7 53

2x10 54.1 46.7 54

3x3 60.9 53.0 53

3x4 61.5 53.8 56

3x5 62.0 54.6 60

3x6 62.0 54.6 62

3x7 62.0 54.6 62

3x8 62.0 54.6 62

3x9 62.0 54.6 64

3x10 62.0 54.6 64

4x4 62.0 54.6 60

4x5 62.3 55.2 64

4x6 62.3 55.2 66

4x7 62.3 55.3 66

4x8 62.3 55.3 66

4x9 62.3 55.3 66

4x10 62.3 55.3 69

5x5 62.7 55.9 66

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Geo-metrie

Interne Abstände zur Si-cherung einer max. Tem-peraturabnahme von 1K bei einem mittleren Ent-zug von 10 W/m [m]

Interne Abstände zur Si-cherung einer max. Tem-peraturabnahme von 1K bei einem mittleren Ent-zug von 7 W/m [m]

Verluste der Entzugsrate bei einem internen Ab-stand von 20m [%]

5x6 62.8 55.9 69

5x7 62.8 55.9 69

5x8 62.8 55.9 69

5x9 62.8 55.9 69

5x10 62.8 55.9 69

6x6 62.8 55.9 69

6x7 62.8 55.9 69

6x8 62.8 55.9 72

6x9 62.8 55.9 72

6x10 62.8 55.9 72

7x7 62.8 56.0 72

7x8 62.8 56.0 72

7x9 62.8 56.0 75

7x10 62.8 56.0 75

8x8 62.8 56.0 75

8x9 62.8 56.0 75

8x10 62.8 56.0 75

9x9 62.8 56.0 75

9x10 62.8 56.0 75

10x10 62.8 56.0 75

Bei 2 EWS mit einer mittleren Entzugsleistung von 10 W/m beträgt der Abstand, bei dem die zu-

sätzliche Temperaturabsenkung auf 1K begrenzt bleibt, 17 m, bei einer Reihenanordnung ab 5

EWS ca. 40 m und bei drei oder mehr Reihen etwa 60 m.

Bei 20 m Abstand würde bei den gewählten Untergrundparametern die spezifische Entzugsleis-

tung durch die nachbarschaftliche Beeinflussung um max. 75% reduziert werden, die durch eine

entsprechende Erhöhung der Sondenlänge zu kompensieren sind.

Die Ergebnisse von Tabelle 2 sind zunächst überraschend und bedürfen einer Erläuterung, die

wir am Beispiel von 4 Sonden im Abstand A nach Abbildung 7 illustrieren:

Die ILS-Lösung in alternativer Schreibweise (E1-Funktion anstelle Integral5) für 4 Sonden nach

Abbildung 7 lautet:

5 Das Integral in (2-1) lässt sich durch die Funktion E1(x) ausdrücken:

x

t

dtt

exE1 (in der Hydrogeologie auch als Brunnenfunk-

tion bezeichnet). Diese steht mit dem Exponentialintegral Ei in Beziehung: xEixE 1 . Verkürzt verwenden wir nachfolgend

anstelle der Integralschreibweise:

at

rE

41

2.

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20

at

rAE

at

rAE

at

rE

QT bbb

4

21

412

41

4

222

4-1

Der 2. und 3. Summand kommt von den 3 benachbarten Sonden (im Abstand A und 2 A). Der

Abstand A ist so zu wählen, dass deren Beitrag (mit dem Vorfaktor) höchsten 1K ergibt:

K

at

rAE

at

rAE

Q bb 14

21

412

4

22

4-2

Dies ist bei einem Abstand A von 41 m (bei einem mittleren Entzug von 7 W/m von 32 m) der

Fall.

Damit in einem solchen Feld die Temperaturänderung genauso gross ist wie in einer Einzel-

sonde, muss die Entzugsrate Q entsprechend reduziert werden (auf Qneu):

at

rE

Q

at

rAE

at

rAE

at

rE

Q bbbbneu

41

44

21

412

41

4

2222

4-3

Der relative Verlust durch die 3 Nachbarn ist demnach:

at

rAE

at

rAE

at

rE

at

rE

Q

Q

Q

Q

bbb

b

neu

4

21

412

41

41

11222

2

4-4

und beträgt beispielsweise bei einem Abstand A von 20 m 0.3 oder 30%.

Die Grössenordnung der Leistungsverluste bestätigen auch EED-Rechnungen mit einem Ver-

gleichsentzug einer einzelnen EWS von 28 W/m im Dezember und gleichen Untergrundeigen-

schaften (Abbildung 8). Dieser Vergleich soll aufgrund der zu grundliegenden Abweichungen der

beiden Modellannahmen und Lösungen/-systemen (zeitliche Lastprofile, radiale Widerstände

etc.) nur exemplarisch geführt werden.

Abbildung 8: Vergleichsrechnung mit EED (mit Standardlastprofil und 28 W/m Entzug im Dezember bei der Vergleichs-EWS)

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5.2 Zubau einer EWS oder eines Feldes an ein bestehendes EWS-Feld: zulässige Ab-

stände

Der optimale Abstand B zu einem bestehenden EWS-Feld zur Begrenzung einer Beeinflussung

in diesem Feld gemäss Abbildung 9 reduziert sich auf den Abstand zum nächsten Nachbarn und

entspricht dem Fall 1 x 2 in Tabelle 2. Die Beeinflussung im existierenden Feld ist kleiner 1K in

einem Abstand von ca. 17 m, sie ist vernachlässigbar in einem Abstand von 20 m, wenn bei der

Planung der neuen Sonde ein Zuschlag von 14% berücksichtigt wird6.

Abbildung 9: Abstand einer neuen EWS B von einem existierenden Feld

5.3 Abstand zur Begrenzung der Temperaturabsenkung bei benachbarten Feldern

Die Bestandssicherung eines existierenden Feldes bei Hinzunahme eines neuen Feldes lässt

sich auf ähnliche Weise wie oben berechnen. Nunmehr müssen aber zur Berechnung der Aus-

wirkungen auf den nächsten, bereits bestehenden Nachbarn auch weitere EWS des neuen Fel-

des hinzugezogen werden. Eine mögliche Konfiguration durch Zubau eines neuen 2 x 2 Feldes in

der Nähe eines 3 x 3 Feldes zeigt Abbildung 10. Die Bemessung erfolgt entsprechend der direk-

ten Abstände D, skizziert in Abbildung 11.

Abbildung 10: mögliche Konfiguration eines neuen Feldes (rot) im Abstand B zu einem existierenden Feld (schwarz)

6 Anmerkungen: (1) Eine Leistungseinbusse um 14% macht bei anhaltender Beeinflussung in der Tiefe eine Erhöhung

der Sondenlänge um 16% erforderlich. (2) Dieser einfache Ansatz geht davon aus, dass zur Kompensation der Re-duktion benachbarte EWS gleichermassen den spezifischen Entzug reduzieren. Für bereits existente EWS dürfte die Verlängerung in der Praxis jedoch kaum möglich sein.

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Abbildung 11: Berechnungsmodus zur Bemessung des Effektes aus Abbildung 10

Eine Tabelle im Anhang gibt die Ergebnisse für verschiedene Konfigurationen wieder. Dargestellt

sind die Abstände B zu einem bestehenden Feld (nächster Nachbar) für die verschiedenen Konfi-

gurationen nach Tabelle 2 (Spalte 1), bei denen die Auswirkung durch den Zubau auf maximal 1

K begrenzt bleiben. Abbildung 12 zeigt für drei Konfigurationen exemplarisch das Schema. Die

Tabelle im Anhang enthält Mindestabstände zum existierenden Feld B für interne Abstände im

neuen Feld A von 5 m, 10 m, 15 m, 20 m, 25 m und 30 m.

Abbildung 12: Skizze für die Abstände B bei Zubau verschiedener Konfigurationen mit internen Abständen A (Ergeb-nisse: Tabelle im Anhang)

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23

5.4 Vorschlag und Entwicklung eines Tools zur Bewertung nachbarschaftlicher Beein-

flussung und für Empfehlungen von Abständen oder spezifischen Entzugsleistungen

5.4.1 Grundlagen

Der o.g. Ansatz der Superposition von Lösungen der ILS ermöglicht eine schnelle und robuste

Abschätzung der gegenseitigen Beeinflussung existierender EWS(-felder) und durch bzw. auf

den Zubau neuer EWS. Dazu treffen wir folgende vereinfachten Annahmen:

Die Untergrundparameter der EWS am Standort sind gleich (und in der Tiefe homogen). Bei

korrekter Auslegung (ohne Berücksichtigung) der EWS in der Nachbarschaft würde man auch

den gleichen spezifischen Wärmeentzug erwarten (s. 3.1)

Die EWS sind so tief, dass während der Betriebszeit 3D-Effekte nur eine untergeordnete

Rolle spielen. Dies rechtfertigt das ILS-Modell und vermeidet bei der Superposition die Rest-

riktionen der g-Funktionen. (s. 4.1)

Es werden nur grosse Zeiträume betrachtet, eine Auflösung im sondennahen Raum – wie zur

Dimensionierung - ist daher nicht erforderlich.

Wie in 4.2.1 dargestellt, lässt sich der saisonale Betrieb durch einen kontinuierlichen Betrieb

mit entsprechend reduzierter Leistung gleichsetzen.

5.4.2 Erforderliche Inputdaten und Ergebnisse

Zur Bewertung braucht der Anwender lediglich folgende Informationen:

Wärmeleitfähigkeit am Standort (die Temperaturleitfähigkeit lässt sich näherungsweise zur

Wärmeleitfähigkeit in Relation setzen7)

den Bohrdurchmesser der zu betrachtenden EWS

die Abstände zu jeder einzelnen benachbarten EWS (ganz gleich, ob die zum eigenen Feld

oder zu Nachbarfeldern gehört)

die Inbetriebnahme jeder einzelnen EWS und

den Betrachtungszeitraum.

Wie oben an der Konfiguration 2 x 2 beschrieben, lässt sich allgemein der Leistungsverlust von

N-1 benachbarten EWS am Standort rb = r0 (n=0) ausweisen zu

N

n n

n

at

rE

at

rE

Q

Q

Q

Q

0

2

0

20

00

41

41

11 4-5

mit

nn Arr 0 und ahmeInbetriebnngszeitraumBetrachtunn ttt , .

In entsprechender Weise, wie sich durch die Nachbarschaft die spezifische Leistung reduziert,

muss die Länge erhöht werden.

Mit dieser Funktionalität ist ein Prototyp des „Tools“ erstellt worden und zur Prüfung beim Auf-

traggeber.

7 Wir schlagen vor, hier, anstelle einer Abfrage der volumetrischen Wärmekapazität, die der Anwender i.d.R. nicht kennt, von einer

linearen Regression der Temperaturleitfähigkeit a von der Wärmeleitfähigkeit λ Gebrauch zu machen. Die Gleichung

133.0381.010 6

2

mK

W

s

ma (R2=0.94) basiert auf den Referenzwerten der Gesteinsdatenbank in EED für die 10

gebräuchlichen Sedimente Ton, Tonstein, Kies, Sand und Sandstein, jeweils feucht und trocken. Im Sinne einer einfachen Abschät-zung wird die Genauigkeit als ausreichend befunden.

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Abbildung 13: Prototyp des Tools

Erweiterungen sind relativ einfach möglich, z.B.

zur Berücksichtigung der Abschaltphasen (einer benachbarten EWS innerhalb des Betrach-

tungszeitraums), durch Erweiterung der Linienquellenlösung für die recovery-Phase (nach

[Häfner et al. 1992]

zur Verwendung von GIS-Oberflächen zur Platzierung der EWS in einem grafischen Interface

u.a.m.

5.4.3 Illustration an einem hypothetischen Szenario mit realem Hintergrund

Die Funktionalität soll an einem komplexen Beispiel illustriert und anschl. im Kap. 5.5 unter Ver-

wendung eines numerischen 3D-Modells überprüft werden.

Als Beispiel dient eine reale Überbauung, die durch eine extrem hohe Anlagendichte charakteri-

siert ist (Abbildung 14).

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25

Abbildung 14: Beispielgebiet mit hoher Anlagendichte in Winterthur (Quelle AHB)

Wir nehmen im Folgenden ein rein hypothetisches Szenario8 an:

Das Feld A, bestehend aus 2 Reihen mit insgesamt 11 EWS mit internen Abständen zwischen 6

und 15 m, ging 1990 in Betrieb; Feld B mit 4 weiteren EWS läuft seit 2015; interne Abstände 11.5

m. Zu prüfen sind 2 Standorte eines neuen Feldes C, geplante Inbetriebnahme 2016, eine im SE

(C1), eine im NW (C2; Aussenpositionen der 6 Standorte in Abbildung 14). Die Wärmeleitfähig-

keit λ am Standort sei 2 W/mK (die Temperaturleitfähigkeit a nach interner Regression 9·10-7

m2/s).

Die Abstände von C1 zum Feld A variieren zwischen 27 und 59 m, zum Feld B zwischen 19 und

40 m. In Fall C2 sind die Abstände zum Feld A zwischen 42 und 81 m und zum Feld B zwischen

53 und 57 m.

Abbildung 15 zeigt die Eingabemaske und das Ergebnis: am Standort C1 ist durch die Nachbarn

im Feld A und B mit Leistungseinbussen von 62% zu rechnen. Am Standort C2 (hier nicht ge-

zeigt) sind es 45%. Umgekehrt lässt sich auf diese Weise natürlich auch der Einfluss der neu hin-

zukommenden EWS auf bereits existierende berechnen.

8 Weder die hier verwendeten Anlagenspezifikationen noch die Untergrundverhältnisse tragen dem Standort Rechnung. Das Beispiel

wird nur aus illustrativen Gründen verwendet. Eine aktuell laufende Auswertung der EWS-Temperaturen am Strandort weist auf eine geringe Belastung der EWS wegen eines sehr geringen Wärmebedarfs der Siedlung hin. Trotz der hohen Dichte sind die Son-den offenbar mehr als ausreichend dimensioniert.

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Abbildung 15: Beispielszenario des gewählten Standorts und fiktiven Szenarios

5.5 3D Modellrechnungen eines komplexen Gebietes

In diesem Kapitel wird ein numerisches Modell auf Basis Finiter Elemente zur Simulation hinzu-

gezogen. Als Beispiel dient die Konfiguration in Abbildung 14 aus der dichten Nutzung mit den 3

exemplarischen Feldern A, B und C. Wie in 5.4.3 werden hier ein fiktives Szenario und fiktive Un-

tergrunddaten verwendet.

Die Vergleichsrechnung soll zwei Zielen dienen: Visualisierung der Temperaturänderung im Un-

tergrund in der Umgebung komplexer Felder im dreidimensionalen Raum unter Berücksichtigung

realitätsnaher Verhältnisse (Sondenausbau und Betrieb, Wärmeeinträge an der Oberfläche, ge-

othermische Gradienten mit Wärmeflüssen zur Oberfläche) und Überprüfung des einfachen An-

satzes mit Superposition der ILS. Obgleich ein solches numerisches Modell durchaus komple-

xere Verhältnisse abbilden kann (z.B. Schichtung, heterogene und anisotrope Verteilung thermo-

physikalischer Stoffeigenschaften, Grundwasserbewegung u.a.m.), soll zur Vergleichbarkeit mit

den analytischen Lösungen auf solche Prozesse und Gegebenheiten hier verzichtet werden.

Das Modell (Code FEFLOW) implementiert, neben den o.g. 3D-Verhältnissen mit entsprechen-

den Randbedingungen an der Oberfläche und im Liegenden, einen EWS-Simulator, der die Geo-

metrie, Hinterfüllung und Fluidströmung im Detail abbildet. Darüber hinaus werden – hier verein-

facht - saisonale Nutzungen berücksichtigt, im Beispiel durch 72 Tage kontinuierlicher Zirkulation

und Wärmeentzug und anschliessender Erholungsphase.

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5.5.1 Modellbeschreibung

Das 3D-Modell deckt in der Fläche die drei Felder ab und hat eine Tiefe von insgesamt 500 m.

An der Terrainoberkante ist eine Temperatur von 12°C vorgeschrieben, in 500 m Tiefe sorgt eine

Temperaturrandbedingung von 27°C für einen geothermischen Gradienten von 3 K/100m. Das

Gestein hat homogene Eigenschaften:

Wärmeleitfähigkeit9 1.8 W/mK

Volumetrische Wärmekapazität 2.0·106 Ws/m3K

Abbildung 16: Modellgebiet und Diskretisierung

Die 11 EWS im Feld A, die 4 EWS im Feld B und die 2 potentiell neuen EWS im Feld C haben

eine einheitliche Tiefe von 220 m und sind entsprechend Abbildung 17 parametrisiert. Allen Son-

den wird die gleiche Lastkurve unterstellt: 7.04 kW konstant über 76 Tage im Jahr.

9 Im Beispielfall zu Abbildung 15 wurde dort eine Wärmeleitfähigkeit von 2.0 W/mK gewählt. Dieser Unterschied ist un-

erheblich.

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Abbildung 17: Modellparameter der EWS

Die fiktiven Szenarien orientieren sich an dem Beispiel in 5.4.3:

Feld A: Inbetriebnahme 1990, Ausserbetriebnahme 2040

Feld B: Inbetriebnahme 2015, Ausserbetriebnahme 2065

Feld C: Inbetriebnahme einer Sonde 2016; Betriebszeit bis 2066

5.5.2 Illustration der Auswirkungen der dichten Nutzung auf den Untergrund

Die nachfolgenden Abbildungen geben die Temperaturverhältnisse im Untergrund zu vier ausge-

wählten Zeitpunkten wieder:

Ende 2015

Ende 2016 (kurz nach Inbetriebnahme der EWS im C-Feld)

Ende 2040 (hier Ende der Betriebsphase des A-Felds)

Ende 2065 (nach Ausserbetriebnahme des B-Felds).

Dargestellt sind jeweils ein horizontaler Schnitt in 110 m Tiefe und eine 3D-Darstellung mit den

Isoflächen der Temperaturdifferenzen zum ungestörten Zustand.

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Abbildung 18: Temperaturänderungen Ende 2015 (Schnitt in 110 m Tiefe oben; 3D-Darstellung unten)

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Abbildung 19: Temperaturänderungen Ende 2016 (Schnitt in 110 m Tiefe oben; 3D-Darstellung unten)

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Abbildung 20: Temperaturänderungen Ende 2040 (Schnitt in 110 m Tiefe oben; 3D-Darstellung unten)

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Abbildung 21: Temperaturänderungen Ende 2065 (Schnitt in 110 m Tiefe oben; 3D-Darstellung unten)

Deutlich wird die Überlagerung der Temperaturfelder, die während der Betriebszeit zunimmt. Be-

reits bei Inbetriebnahme der EWS im C-Feld (mit Abständen zwischen ca. 20 und 60 m zu den

bestehenden EWS) ist dort eine anfängliche Auskühlung um etwa 1K erkennbar. Die 3D-Bilder

machen deutlich, dass bei den internen Abständen im A-Feld sich eine das Feld umfassende Ab-

kühlungszone ausbilden wird.

Darüber hinaus wird deutlich, dass nach dem Abschalten der EWS sich die Temperatur im Erd-

reich durch natürliche Regeneration nur langsam erholt.

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5.5.3 Verifizierung des Tools aus 5.4

Hierzu wird als Szenario der potentielle Einfluss der in Betrieb befindlichen Sonden der Felder A

und B auf die Temperaturentwicklung einer Sonde im Feld C herangezogen.

Abbildung 22 gibt die analytisch mit dem ILS-Modell berechnete Temperaturabnahme am Stand-

ort C1 bzw. C2, ohne und mit Berücksichtigung der Felder A und B unter Annahme einer kon-

stanten spezifischen Entzugsleitung Q von 72 Tage / 365.25 Tage x 7.04kW / 220m wieder.

Zu Beginn des Betriebs der Sonden im C-Feld ist durch den Betrieb der anderen Sonden die mitt-

lere Untergrundtemperatur bei C1 (SE-Ecke) um 2K, bei C2 (NW-Ecke) um knapp 1K abgesenkt.

Die Temperaturen sinken im Vergleich zu einer Einzelsonde durch den Einfluss der benachbar-

ten Felder langfristig im Mittel um zusätzlich 4 K (C2) bzw. 6.5 K (C1) ab, was – im Mittel - gerade

noch die Frostfreiheit garantieren würde. Das Abschalten der Felder A und später B führt zu einer

Stabilisierung der Temperaturabsenkung im zeitlichen Verlauf.

Abbildung 22: Temperaturabsenkung (∆T) in den fiktiven Sonden im Feld C (C1 im SE; C2 im NW des Feldes; hier al-ternativ in Betrieb) und Einfluss der Felder A und B (gestrichelte Linien: ohne Ausserbetriebnahme)

Den Vergleich mit den numerisch berechneten Temperaturverläufen für den Fall, dass beide

Sonden im Feld C 2016 in Betrieb gehen, zeigen Abbildung 23 und Abbildung 2410.

10 Die hier gezeigten Temperaturen der numerischen Simulation sind zur besseren Vergleichbarkeit nicht die Fluidtemperaturen, son-

dern die Gesteinstemperatur in 110 m Tiefe in unmittelbarer Umgebung der Sonde

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Abbildung 23: Berechnete Temperaturentwicklung T in einer EWS am Standort C2 (NW-Ecke des C-Feldes) ohne das A- und B-Feld (blau) und mit Einfluss des B- und C-Feldes (rot); saisonale Linien: FEFLOW-3D, durchgezogene Linie: ILS-Superposition (beide EWS im Feld C ab 2016 in Betrieb)

Abbildung 24: wie oben, aber Standort C1 (SE-Ecke Feld C)

Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, dass die kurze saisonale Betriebsdauer keine

einfache Mittelwertbildung der Min-Max-Werte rechtfertigt.

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6 Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Die Zunahme und Verdichtung von Erdwärmesonden, im Wohnungsbau fast ausschliesslich zu

Heizzwecken mit Wärmeentzug und mit einer zu erwartenden Betriebsdauer von 50 Jahren aus-

gelegt, erfordert Bemessungs- und Planungsgrundlagen, die die potentielle Beeinflussung unter-

einander minimieren und einen gleichberechtigten Anspruch an die thermische Nutzung des Un-

tergrunds gewährleisten.

Bisherige Empfehlungen und Vorschriften zu Mindestabständen der Kantone (übrigens auch die

deutscher Bundesländer) werden diesem Anspruch nicht gerecht. Genehmigungs- und Raumpla-

nungsbehörden und Planungsbüros bedürfen einfacher Hinweise und Richtlinien, die im Vollzug

praktikabel und nicht übertrieben konservativ sind und keine unangemessenen hohen Modellie-

rungsaufwendungen erfordern.

Handregeln, wie jene von Eskilson abgeleitete Richtlinie vom Abstand mindestens halber Son-

denlänge, überbewerten insbesondere bei EWS über 100m, für die sie nicht (!) abgeleitet worden

sind, den Platzbedarf und schränken die Verwendbarkeit der Technologie unangemessen ein.

In dieser Studie wird gezeigt, dass ein vergleichsweise einfacher Ansatz, der Superposition von

Lösungen der unendlichen Linienquelle, eine praktikable Alternative zu aufwendigen Simulations-

rechnungen darstellt. Ausgehend von einer Prozess- und Dimensionsanalyse werden Anwen-

dungsmöglichkeiten und Grenzen des Ansatzes aufgezeigt.

Orientierende Beispielrechnungen zu einer Vielzahl möglicher Konfigurationen zeigen, dass im

Allgemeinen die erforderlichen Abstände zur Sicherung einer höchstens geringfügigen Beeinflus-

sung deutlich über die rechtlichen oder behördlichen Mindestabstände zu Grundstücksgrenzen

hinausgehen. Insbesondere sind bei der gegenseitigen Beeinflussung ganzer Felder u.U. Ab-

stände sicherzustellen, die mehrere Dutzendmeter betragen können. Dieser Umstand wird auch

durch numerische Simulation eines komplexen Anwendungsfalles am Beispiel einer dichten Be-

bauung und Nutzung von EWS betätigt.

Andererseits ist bei Zubau in der Nachbarschaft zu existierenden EWS nur eine relativ geringe

Erhöhung der Sondentiefe (bei in der Tiefe unbeeinflusstem Wärmeentzug) erforderlich, um ne-

gativen Effekten in der Nachbarschaft entgegenzutreten. Für den Neubau einzelner EWS lassen

sich unter bestimmten Voraussetzungen vergleichsweise einfache, auf Knopfdruck berechenbare

Tiefenzuschläge bestimmen, die den Standortbedingungen mit benachbarten EWS, die zu unter-

schiedlichen Zeiten in Betrieb gingen oder gehen, gerecht werden. Die Studie enthält einen Vor-

schlag eines Prototyps, der diese Aufgabe wahrnehmen kann.

Für die angemessene und ausreichend dimensionierte Planung ganzer Bebauungsgebiete sind

zur langfristigen Sicherstellung der Ressourcenverfügbarkeit die Planer verantwortlich. Hierzu

existieren geeignete Planungsverfahren und –tools, die in den entsprechenden Normen Berück-

sichtigung finden könnten. Eine solche Erweiterung wird zur Novellierung der SIA-Norm 384/6

dringend empfohlen.

Raumplanungs- und Genehmigungsbehörden wird empfohlen, zur Zulassung des Neubaus von

EWS einen vereinfachten Nachweis zur höchstens geringfügigen Beeinflussung existierender

und potentieller Nachbarsonden erbringen zu lassen. Für einzelne EWS kann dies durch einen

entsprechenden Abstand von mindestens 8…10 m (ggf. festzulegen) zu jeder Grundstücks-

grenze und bei Unterschreiten durch entsprechende Tiefenzuschläge gesichert werden. Bei kom-

plexen Feldern ist der Nachweis durch Modellberechnungen zu erbringen.

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7 Literatur

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Amt für Hochbauten, Fachstelle Energie- und Gebäudetechnik,

05/2014.

[Carslaw/Jaeger 1946] Conduction of Heat in Solids, H.S. Carslaw, J.C. Jaeger, Oxford Uni-

versity Press, U.S.A., 1946.

[Cimmino 2014] Développement et validation expérimentale de facteurs de réponse

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Ecole Polytechnique de Montréal, Département de génie mécanique,

Décembre 2014.

[Eskilson 1987] Thermal analysis of heat extraction boreholes, Per Eskilson, Univer-

sity of Lund, Dep. of Mathematical Physics, June 1987.

[Haefner et al. 1992] Wärme- und Stofftransport, Mathematische Methoden, Frieder Häf-

ner; Dietrich Sames; Hans-Dieter Voigt, Springer-Verlag, 1992.

[Hellström 1991] Ground heat storage, Thermal analysis of duct storage systems, Uni-

versity of Lund, Dep. of Mathematical Physics, April 1991.

[Hellström/Sanner 2015] Earth Energy Designer, Version 3.21, Th. Blomberg et al., March

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University Press, 1882-1911, ISBN 0-521-05474-5.

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cia M. Monzo, KTH School of Industrial Engineering and Manage-

ment, Division of Applied Thermodynamic and Refrigeration, Stock-

holm 2011.

[SIA 384/6] Erdwärmesonden, Schweizer Norm SN 546 384/6, Schweizerischer

Ingenieur- und Architektenverein, 2010.

[Zeng et al. 2002] A finite line-source model for boreholes in geothermal heat exchang-

ers. Zeng, H. Y., Diao, N. R., & Fang, Z. H.; Heat Transfer - Asian Re-

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8 Anhang Mindestabstand B eines neuen Feldes mit verschiedenen internen Abständen A zu einem existie-

renden Feld zur Sicherung einer höchstens geringfügigen Beeinflussung ohne Erhöhung der

Sondenlänge

interner Abstand A: 5 m 10 m 15 m 20 m 25 m 30 m

1x1 17

1x2 35 34 34 33 32 31

1x3 45 45 44 43 41 39

1x4 53 52 51 49 46 44

1x5 59 57 55 53 50 46

1x6 63 61 59 55 52 47

1x7 67 65 61 57 53 48

1x8 70 67 63 59 53 48

1x9 73 69 65 59 54 49

1x10 75 71 66 60 54 49

2x1 32 30 28 27 25 24

2x2 51 48 46 44 42 40

2x3 61 59 56 53 50 48

2x4 68 65 62 59 56 52

2x5 74 70 67 63 59 54

2x6 78 74 70 66 61 56

2x7 81 77 73 67 62 56

2x8 84 80 75 69 63 57

2x9 87 82 76 70 63 57

2x10 89 84 77 70 63 57

3x1 41 37 33 30 28 26

3x2 59 55 51 47 44 41

3x3 69 64 60 56 53 49

3x4 76 71 67 62 58 54

3x5 81 76 71 66 61 56

3x6 85 80 74 69 63 57

3x7 88 83 77 70 64 58

3x8 91 85 79 72 65 59

3x9 93 87 80 73 65 59

3x10 95 89 81 73 66 59

4x1 46 40 36 32 29 26

4x2 64 58 53 49 45 42

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interner Abstand A: 5 m 10 m 15 m 20 m 25 m 30 m

4x3 74 67 62 58 53 50

4x4 80 74 68 63 58 54

4x5 85 79 73 67 62 56

4x6 89 82 76 70 64 58

4x7 92 85 78 71 65 58

4x8 95 88 80 73 65 59

4x9 97 90 82 74 66 59

4x10 99 91 83 74 66 59

5x1 50 43 37 32 29 26

5x2 67 60 54 49 45 42

5x3 77 69 63 58 54 50

5x4 83 76 69 64 59 54

5x5 88 80 73 67 62 56

5x6 92 84 77 70 64 58

5x7 95 87 79 72 65 59

5x8 98 89 81 73 66 59

5x9 100 91 82 74 66 59

5x10 102 92 83 74 66 59

6x1 52 44 37 32 29 26

6x2 69 61 54 49 45 42

6x3 79 70 63 58 54 50

6x4 85 76 69 64 59 54

6x5 90 81 74 67 62 56

6x6 94 85 77 70 64 58

6x7 97 87 79 72 65 59

6x8 100 90 81 73 66 59

6x9 102 92 82 74 66 59

6x10 104 93 83 74 66 59

7x1 54 44 37 32 29 26

7x2 71 61 54 49 45 42

7x3 80 71 64 58 54 50

7x4 87 77 70 64 59 54

7x5 91 81 74 67 62 56

7x6 95 85 77 70 64 58

7x7 98 88 79 72 65 59

7x8 101 90 81 73 66 59

7x9 103 92 83 74 66 59

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interner Abstand A: 5 m 10 m 15 m 20 m 25 m 30 m

7x10 105 94 84 74 66 59

8x1 56 45 38 32 29 26

8x2 72 62 54 49 45 42

8x3 81 71 64 58 54 50

8x4 88 77 70 64 59 54

8x5 92 82 74 67 62 56

8x6 96 85 77 70 64 58

8x7 99 88 79 72 65 59

8x8 102 90 81 73 66 59

8x9 104 92 83 74 66 59

8x10 106 94 84 74 66 59

9x1 57 45 38 32 29 26

9x2 73 62 54 49 45 42

9x3 82 71 64 58 54 50

9x4 88 77 70 64 59 54

9x5 93 82 74 67 62 56

9x6 97 85 77 70 64 58

9x7 100 88 79 72 65 59

9x8 102 90 81 73 66 59

9x9 104 92 83 74 66 59

9x10 106 94 84 74 66 59

10x1 58 45 38 32 29 26

10x2 74 62 54 49 45 42

10x3 83 71 64 58 54 50

10x4 89 77 70 64 59 54

10x5 94 82 74 67 62 56

10x6 97 85 77 70 64 58

10x7 100 88 79 72 65 59

10x8 103 91 81 73 66 59

10x9 105 92 83 74 66 59

10x10 107 94 84 74 66 59

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Schlussbericht, 12. Januar 2017

Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Bemerkungen zur Studie „Grenzabstände bei

Erdwärmesonden“

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2 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Autor

Walter Eugster, Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz, Bern, und Polydynamics Engineering Zürich, Zürich

Diese Studie wurde im Auftrag von EnergieSchweiz erstellt. Für den Inhalt sind alleine die Autoren verantwortlich. Adresse EnergieSchweiz, Bundesamt für Energie BFE Mühlestrasse 4, CH-3063 Ittigen. Postadresse: 3003 Bern Infoline 0848 444 444. www.energieschweiz.ch/beratung [email protected], www.energieschweiz.ch

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3 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Inhalt

1 Einleitung ............................................................................................................................... 4

2 Kurzer Inhaltsüberblick der Studie ..................................................................................... 5

3 Diskussion ............................................................................................................................. 7

4 Schlussfolgerungen ............................................................................................................ 12

5 Literatur ................................................................................................................................ 13

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4 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

1 Einleitung Die Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) hat den Auftrag erhalten, den Schlussbericht „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“, verfasst im Auftrag des Amtes für Hochbauten der Stadt Zürich von Dr. Joachim Poppei und Dr. Olivier Masset, AF-Consult Switzerland AG, Baden/Dättwil [1].

Die Studie entstand also Folge der von der Stadt Zürich federführend geführten Diskussion, wie verhindert werden kann, dass der Untergrund in dicht überbauten Gebieten durch die vermehrte Nutzung von Erdwärmesondenanlagen übernutzt wird. Dabei geht es insbesondere auch um die Frage, welche Anforderungen an die Planung und Dimensionierung einer neuen Anlage gestellt werden muss, welche in unmittelbarer Nachbarschaft bereits existierende Anlagen hat, die meist als Einzelanlagen ausgelegt worden sind. Gesucht sind letztlich Planungshilfen, die es ermöglichen, dass neue Anlagen trotz Vorbelastung durch die bestehenden Nachbaranlagen korrekt nach dem Stand der Technik dimensioniert werden können, so dass alte wie neue Anlagen möglichst unbeeinflusst von einander betrieben werden können.

Die Arbeit von Poppei und Masset ist der Versuch, ein solches Planungstool zu erarbeiten.

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5 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

2 Kurzer Inhaltsüberblick der Studie Der Ansatz von Poppei und Masset ist pragmatisch und nachvollziehbar. Die Verfasser halten fest, dass für die Abschätzung der gegenseitigen Beeinflussung lange Betriebszeiträume herangezogen werden, nach denen die thermische Störung des Untergrundes durch den Betrieb bereits mehrere Meter beträgt. Daraus folgern sie, dass eine hohe rechnerische Auflösung der Prozesse in und um die Sonde nicht erforderlich ist. Der advektive Wärmetransport wird vernachlässigt. Es handelt sich also um ein rein konduktives Problem.

Sie stellen dar, dass numerische Modelle auf Basis z.B. Finiter Elemente beliebig komplexe Probleme der gegenseitigen Beeinflussung lösen können, dass diese aber als Planungstool nicht geeignet sind. Vielmehr soll versucht werden, das Problem mit Hilfe vereinfachter analytischer Modellansätze zu lösen.

Verschiedene Modellansätze werden untersucht. Die Poppei und Masset zeigen auf, dass das Modell der infiniten Linienquelle (infinite line source, ILS) ausreichend ist, das Problem zu lösen. Die infinite Linienquelle beschreibt die Temperatur um eine unendliche Linienquelle als Funktion vom Abstand und von der Zeit. Es ist eine eindimensionale radialsymmetrische Lösung und deshalb unabhängig von der Länge der Linienquelle.

Das Modell berücksichtigt also einzig die radiale Temperaturausbreitung und superponiert die radialen Temperaturänderungen von benachbarten Sonden. Dargestellt wird im Modell also die radiale, rein konduktive Temperaturausbreitung.

Das gewählte Modell der infiniten Linienquelle ist entsprechend einfach. Die analytischen Response-Faktoren bilden über weite Bereiche die gegenseitige Beeinflussung im Vergleich zu den komplexeren Modellen genügend genau ab. Für grosse Zeiten und bei kleineren Abständen ist das Modell aber konservativ, d.h. es überschätzt den Effekt der nachbarschaftlichen Beeinflussung.

Als weitere Vereinfachung kann dank des infiniten Linienquellen-Modells statt mit saisonalem Lastprofil-gesteuertem Betrieb mit einem äquivalenten Dauerbetrieb über das ganze Jahr gerechnet werden.

Die Verfasser führen weiter aus, dass die Überlagerung benachbarter Temperaturfelder nach hinreichend langer Betriebszeit entweder a) bei gleichbleibender Entzugsleistung zu einer kontinuierlich abnehmenden Zirkulationstemperatur führt oder b) zu einem reduzierten Energiegewinn, wenn langfristig die untere Grenztemperatur nicht unterschritten werden soll. Beide Effekte können als Kriterium für die nachbarschaftliche Beeinflussung herangezogen werden. Der Effekt a) symbolisiert die Situation, wenn die neue Anlage ohne Berücksichtigung des bereits bestehenden Nachbarn dimensioniert wird. Der Effekt b) symbolisiert die Situation, wenn in Kenntnis der bestehenden Nachbaranlage die neue Anlage ausgelegt wird. In diesem 2. Fall kann die Reduktion der Entzugsleistung durch eine entsprechende Erhöhung der Sondenlänge kompensiert werden. Für den Effekt a) wählen die Verfasser eine zulässige Reduktion der Erdreichtemperatur durch nachbarschaftliche Beeinflussung von max. 1 K.

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6 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Für 2 benachbarte Einzelsonden heisst das beispielsweise, dass der minimale Abstand zur Sicherung einer maximalen Temperaturabnahme von 1 K rund 17 m betragen muss, wenn beide Sonden als Einzelanlagen ausgelegt werden. Beträgt der Abstand 20 m zwischen diesen beiden Einzelsonden, so führt dies zu einer Reduktion der Entzugsrate von 14%. Dieser Effekt müsste durch eine Verlängerung der Sonden von 14 % kompensiert werden. Dieser Effekt wird bei der Auslegung nach SIA 384/6 berücksichtigt, wenn die beiden Sonden Teil einer einzigen Anlage sind. Die SIA berücksichtigt diese Effekte bei Anlagen von bis zu 4 Sonden.

Bei Feldern von 3 und mehr Reihen beträgt der minimale Abstand bereits mehr als 60 m um das 1K-Kriterium erfüllen zu können, wenn jede Sonde im Feld als Einzelsonde ausgelegt werden würde. Umgekehrt beträgt in diesen Fällen die Erhöhung der Sondenlänge um bis zu 75%, wenn bei 20 m Sondenabstand der nachbarschaftliche Einfluss kompensiert werden soll.

Werden solche Sondenfelder mit EED oder einem ähnlichen Programm ausgelegt, so ist diese Kompensation der reduzierten Entzugsleistung selbstverständlich mitberücksichtigt.

Wird dieses Modell nun auf den Abstand von einer neu zu erstellenden Einzelsonde oder einem Sondenfeld zu einem bestehenden Sondenfeld angewendet, so führt dies zu nachfolgenden Resultaten.

Wird eine Einzelsonde neu erstellt, so geht es nur um den Einfluss zur nächst gelegenen Sonde des Feldes. Der Minimalabstand beträgt 17 m bzw. falls der Abstand 20 m beträgt, muss die neue Sondenlänge um 14% erhöht werden (analog dem 1. Beispiel oben).

Falls ein neues Sondenfeld in der Nachbarschaft eines bestehenden Sondenfeldes gebaut werden soll, so muss der Abstand zwischen beiden Feldern zur Erfüllung des 1K-Kriteriums schnell einmal einige 10 m betragen. Im Maximum bei einem internen Sondenabstand von 5 m muss der Abstand zum existierenden Feld über 100 m betragen. Beträgt der interne Abstand 10 m, so reduziert sich der Feldabstand um rund 10%.

Da in der Praxis in mehr oder weniger dicht besiedelten Gebieten diese Minimalabstände zwischen 2 Feldern kaum gegeben sind, erhöht sich der zu kompensierende Einfluss massiv.

Zum Schluss wird ein Tool vorgestellt, das es ermöglichen soll, den Zubau von verschiedenen neuen Nachbarn zu berücksichtigen und ebenso die Stilllegung von bereits bestehenden Anlagen. Es zeigt sich dann deutlich, dass mit diesem Modell bei der Berücksichtigung von mehreren und gestaffelt zugebauten Nachbarn mit verdoppelten Sondenlängen gerechnet werden muss.

Die Resultate sind glaubhaft und absolut nachvollziehbar.

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7 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

3 Diskussion Anhand des in der Studie vorgestellten Beispiels sollen die Resultate des Tools bzw. des Modells diskutiert werden.

Anhand eines echten Beispielgebietes mit hoher Anlagendichte in Winterthur soll nun ein fiktives Szenario betrachtet werden:

• Ein bestehendes Feld A von 11 Sonden (11 EFH, 2 Reihen, Sondenabstand 6 m, Reihenabstand 15 m) ist seit 1990 in Betrieb.

• Nach 25 Betriebsjahren wird 2015 ein weiteres Feld B (4 Sonden in Reihe, Abstand 11.5 m) in der Nachbarschaft erstellt. Der Abstand zum Feld A beträgt gut 50 m)

• Ein Jahr darauf soll ein neues Feld C (2 Reihen à 3 Sonden) in Betrieb gehen. Betrachtet werden die extremen beiden Sonden grosser Nähe und maximaler Entfernung zu beiden bestehenden Feldern.

Gemäss Tool müssten die betrachtete neue Sonde, die am nächsten zu den beiden bestehenden Feldern liegt, bei Berücksichtigung sämtlicher Nachbarn in etwa die 2.5-fache Länge aufweisen als wenn es eine Einzelsonde wären. Also beispielsweise 350 m statt 130 m. Das würde zu einem deutlichen Markthindernis führen.

Würden die Sonden nicht entsprechend verlängert, so würden die Temperaturabsenkung in der näheren Sonde rund 6.5K zusätzlich betragen, in der Sonde mit dem grössten Abstand wären es noch 4K. Dies würde zu massiv verringerten möglichen Entzugsleistungen führen. Die nähere Anlage würde am Rand des Frostbereiches funktionieren.

Das wird mit zusätzlichen Modellrechnungen (FEFLOW) überprüft.

• Nach 25 Betriebsjahren hat sich im Feld A im Dezember eine grossflächige Erdreichtemperaturerniedrigung von mehr als 2.5K ergeben. Der Bereich erstreckt sich auf etwa max. 15 m im Zentrum des Feldes. Die 1K-Grenze liegt in fast 40 m Abstand. In Sondennähe beträgt die Abkühlung mehr als 5K. Der neu aufgenommene Betrieb des Feldes B ist bei der 1K-Grenze sichtbar.

• 1 Jahr später hat sich im bestehenden Feld nicht viel verändert, das Inbetriebnahme des 3. Feldes (Feld C) ist im nächsten Bereich der drei Felder feststellbar.

• Nach 50 Betriebsjahren des Feldes A (Ausserbetriebnahme) hat sich der stark abgekühlte Erdreichbereich (-5 - -7.5K) vom Zentrum des Feldes A in Richtung der Berührungsbereich zu den Feldern B und C ausgedehnt. Der 1K Bereich umfasst einen Radius von etwa 75 m

• Weiter 25 Jahre später, bei der Ausserbetriebnahme des Feldes B hat sich der stark abgekühlte Bereich auf das Feld B inkl. Berührungsbereich mit Feld C zurückgezogen. Der Bereich des seit 25 Jahren ruhenden Feldes A hat sich um einige K erholt.

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8 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Der kritische Punkt bei dieser Betrachtung ist, dass in der Realität die Anlagen in dieser dichten Überbauung wesentlich besser funktionieren. Einige der Anlagen wurden gemäss Mitteilung von Ruedi Kriesi ausgemessen (Bericht noch ausstehend). Trotz der Dichte der Anlagen funktionieren diese mehr oder weniger gemäss SIA. Also keine Spur von deutlich erniedrigten Erdreichtemperaturen.

Diese Umstände zeigen letztlich, dass man ohne die Modelle zur Einflussabschätzung – ob einfach oder komplex – zwar nicht auskommt. Wenn es aber darum geht, die Effekte zu quantifizieren, kann es vorkommen, dass man mitunter völlig neben der Realität steht. Und dass die natürlichen thermischen Vorgänge (wie z.B. Advektion), welche von den Modellen nicht berücksichtigt werden, mitunter einen unerwartet grossen Effekt auf die Stabilisierung der Erdreichtemperaturen haben.

In der Konsequenz bedeutet dies schliesslich, dass ein standardmässiger Einsatz solcher Tools mit Vorsicht zu betrachten ist. Man sollte sich bewusst sein, dass diese Modelle einen sehr konservativen „worst case“ berücksichtigen. Und letztlich ist es möglich, mit dem Einsatz solcher Planungstools einen ähnlich grossen finanziellen Schaden zu verursachen wie wenn man auf die Berücksichtigung der nachbarschaftlichen Einflüsse verzichtet. Beides ist selbstredend zu vermeiden.

Der Effekt des Grundwassers auf die Sondentemperaturen ist in Gebieten, in denen viel Wasser angebohrt wird, hinlänglich bekannt. Die Heizungsinstallateure und Bohrfirmen wissen aus Erfahrung, dass in solchen Gebieten die Anlage problemlos funktioniert, auch wenn die vorgesehene Endteufe der Bohrungen nicht erreicht werden kann. Das ist zwar eine empirische Aussage und keine Planungsgrundlage, aber der Effekt ist bestens bekannt.

Dies soll mit einigen Beispielen verdeutlicht werden.

Der Einfluss eines Grundwasserleiters auf die Sondentemperaturen ist bereits 1989 in [2] aufgezeigt worden: Zwei 50 m tiefe Erdwärmesonden stehen in einem 20 m mächtigen Grundwasserleiter (Skizze in Abbildung 1). Die Darcy-Geschwindigkeit ist allerdings sehr hoch (4.10-4 m/s).Dargestellt sind in Abbildung 2 die Rücklauftemperaturen in die Sonde für 2 unterschiedliche Porositäten des Grundwasserleiters und der Bezugsfall ohne Grundwasserleiter. Der stabilisierende Effekt des Grundwassers ist massiv.

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9 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Abbildung 1: Modellgebiet zur Berechnung des Grundwassereinflusses (aus [2])

Abbildung 2: Tagesmittelwerte der Rücklauftemperaturen bei Anwesenheit von fliessendem Grundwasser (B und C) und

ohne Grundwasserstrom (Referenzfall, A)

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10 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Einen ähnlichen Effekt zeigen die Temperaturmessungen der Anlage in Elgg [3]. Die Anlage ist mittlerweile ausser Betrieb. Die 105 m tiefe Sonde wurde 1986 erstellt. Die Hinterfüllung war nach dem damaligen Stand der Technik erstellt worden. Die Anlage war unterdimensioniert. Die Kreislauftemperaturen lagen während der kältesten Zeit des Winters konstant zwischen -2°C und -6°C. In etwa 10, 20 und 65 m Tiefe befinden sich Nagelfluhschichten mit sehr viel Wasser (Klüfte). Das fliessende Wasser führte zu einer gewissen Stabilisierung der Erdreichtemperaturen in diesen Tiefenbereichen und verhinderte ein Gefrieren der Sonde. Die Herbst-Temperaturprofile über die Sondentiefe sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Temperaturverlauf im Erdreich entlang der koaxialen Erdwärmesonde in Elgg in 50 cm Abstand (aus [3])

Dezember 1986(Inbetriebnahme)

September 1988

September 1987

September 1989

September 1990

September 1991

September 1996

4 6 8 10 12 14 16110

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Tief

e [m

]

September 1997

4 6 8 10 12 14 16Temperatur [°C]

110

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

September 2001

September 1998

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11 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

Beide Beispiele zeigen, dass fliessendes Grund- oder Kluftwasser einen erheblichen Einfluss auf die Stabilisierung der Erdreichtemperaturen haben kann. Um den Einfluss einer bestehenden Anlage auf eine geplante Anlage abschätzen zu können, braucht es neben der Kenntnis der bestehenden Sondenstandorte auch Kenntnis über die Beschaffenheit des Untergrundes. Diese Information ist in der Regel vorhanden, wenn auch nicht in immer optimaler Qualität.

Der Ansatz, dass sich neu geplante Anlagen an den bereits bestehenden orientieren und eine allfällige Übernutzung durch diese kompensieren sollen, ist vielleicht in letzter Konsequenz nicht gerecht. Aber es ist eine pragmatische und umsetzbare Lösung.

Ohne entsprechende gesetzliche Regelungen wird es kaum machbar sein, bei bestehenden Anlagen Nachrüstungen zu verlangen. Der Ansatz, dass eine (neue) Erdwärmesonden-Anlage prinzipiell nur die Wärme der eigenen Parzelle nutzen darf, erscheint aus Sicht des Marktes als unnötige Einschränkung mit unnötigem Nachweisaufwand. Praktisch stellt sich auch hier die Frage, bei welcher Temperaturdifferenz auf der Nachbarzelle ist dies noch zulässig.

Ein letzter Punkt zur Diskussion dürfte das 1K-Kriterium zur nachbarlichen Beeinflussung sein. Ist dieser Wert zu hoch oder zu niedrig? Dieser Wert gilt noch als „nicht beeinflusst“. Ist auch mehr zumutbar? Wenn der Untergrund der neu zu erstellenden Anlage um 2.5K kühler ist als normal, dann bedeutet dies gemäss EED, dass die Sondenlänge um 14% vergrössert werden muss. Ein Wert, der eigentlich noch in der Auslegungsungenauigkeit liegt – praktisch gesehen. Denn werden für einen Bauprojekt drei Konkurrenzofferten eingeholt, so ist die Differenz in der ausgelegten Sondenlänge manchmal höher als diese 14%. Muss jedoch noch die Unterdimensionierung der bestehenden Anlage kompensiert werden, so liegt man bereits bei knapp 30%. Ein solcher Zuschlag ist sicher nicht mehr à priori zumutbar.

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12 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

4 Schlussfolgerungen Es braucht unbestrittenermassen einfache und schnelle Tools, um den nachbarlichen Einfluss abschätzen zu können. Als Grundlage für die Planer, aber auch als Instrument für die Behörden. Dazu braucht es klare Regeln und Kriterien, auf denen die Tools aufbauen können. Die Diskussion darüber ist noch nicht fertig.

Die Gefahr von einfachen Tools ist die sture Anwendung derselben. Dies kann ebensolche volkswirtschaftlichen Nachteile bewirken, wie wenn der nachbarliche Einfluss negiert wird. Darum sollten solche Tools mit Bedacht ausgewählt und entwickelt werden, aber auch mit Bedacht angewendet werden.

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13 Analyse „Grenzabstände bei Erdwärmesonden“

5 Literatur [1] Grenzabstände bei Erdwärmesonden. Stadt Zürich, Amt für Hochbauten. Oktober 2016.

[2] Erdwärmesonden-Heizanlagen: Durch Messungen und Berechnungen bestimmte Auslegungs- und Betriebsgrössen. Studie Nr. 46. Schriftenreihe des Bundesamtes für Energie, September 1989 (vergriffen)

[3] Langzeitverhalten der EWS-Anlage in Elgg (ZH). Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Energie. November 2001.