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Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E R T A T I O N zur Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.) vorgelegt der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften der Technischen Universität Dresden von Diplom-Geologe, Stefan Hellebrandt Geboren am 10.02.1986 in Gera Eingereicht am 11.08.2017 Die Dissertation wurde in der Zeit von Dezember 2013 bis Juli 2017 im Institut für Ressourcenökologie Des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf angefertigt.

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Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit

D I S S E R T A T I O N

zur Erlangung des akademischen Grades

Doctor rerum naturalium

(Dr. rer. nat.)

vorgelegt

der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften

der Technischen Universität Dresden

von

Diplom-Geologe, Stefan Hellebrandt

Geboren am 10.02.1986 in Gera

Eingereicht am 11.08.2017

Die Dissertation wurde in der Zeit von Dezember 2013 bis

Juli 2017 im Institut für Ressourcenökologie

Des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf angefertigt.

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Gutachter: Prof. Dr. Thorsten Stumpf (TU Dresden)

Prof. Dr. Thorsten Schäfer (FSU Jena)

Tag der Verteidigung: 06.11.2017

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Danksagung

Die vorliegende Doktorarbeit wurde von Dezember 2013 bis Juli 2017 am Institut für

Ressourcenökologie (IRE) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) unter der

Leitung von Prof. Dr. Thorsten Stumpf und der Betreuung von Dr. Moritz Schmidt in dessen

Nachwuchsgruppe „Strukturen und Reaktionen an der Wasser/Mineralgrenzfläche“

durchgeführt.

Ich danke Prof. Dr. Thorsten Stumpf für seine außerordentliche, wissenschaftliche Betreuung,

seiner wohlplatzierten, konstruktiven Kritik und den offenen Worten. Ich hatte sehr viel Freude

an seinen Bestrebungen mich, durch eine Ausbildung im Fachbereich „Weine aus aller Welt“,

dem humboldtschen Bildungsideal einen Schritt näher zu bringen. Und hoffe wir können dies in

Zukunft fortsetzen.

Ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. Schmidt für seine exzellente wissenschaftliche Betreuung.

Seine kompetente Unterstützung bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen, verwendeten

Analysemethoden oder im Hinblick auf meine Doktorarbeit als solches, war stets von

unschätzbarem Wert. Auch abseits der Arbeit hatte ich viel Spaß bei Squash, Deep Dish Pizza

und vielen unterhaltsamen Abenden.

I am grateful to our cooperation partners in Chicago, Paul Fenter, Sang Soo Lee, Joanne Stubbs,

Peter Eng, L. Soderholm, Suntharalingam Skanthakumar. Thank you for your help with sample

preparation, measurements, modeling and discussion of the data.

Allen Kollegen des Instituts für Ressourcenökologie danke ich sehr herzlich für die tatkräftige

Unterstützung! Ein Spezieller Dank geht an Dr. Vinzenz Brendler für seine Hilfe und dafür,

dass er immer ein offenes Ohr hat. Jana Gorzitze danke ich sehr herzlich für ihre administrative

Aufopferung! Annette Rumpel und Stephan Weiß danke ich für die tolle Arbeit im

Kontrollbereich.

Ich möchte meinen Kollegen für die hervorragende Atmosphäre in unserem schönen

Großraumbüro und viele gewinnbringende Diskussionen danken (Ulli, Susi, Constanze, Jérôme,

Katharina, Manu, Jackey, Henry). Mein besonderer Dank geht an Sascha, Nina und Carola für

die Motivation und das Mitmachen bei sportlichen Aktivitäten oder Kurzweile bei diversen

Wohnungsumzügen.

Ich danke meiner Mutter, Elke Hellebrandt, für ihre Unterstützung, ohne die diese Arbeit nicht

möglich gewesen wäre.

Meiner Frau Sophia möchte ich für ihre Liebe und Unterstützung danken und dafür, dass sie mir

das wertvollste Geschenk überhaupt gemacht hat! Karl danke ich dafür, dass er mich des Nachts

zumeist schlafen lässt.

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Inhaltsverzeichnis

1 Abstract ............................................................................................................................. 7

2 Einführung ....................................................................................................................... 11

2.1 Motivation und Ziele ............................................................................................... 11

2.2 Endlagerung radioaktiver Abfälle ........................................................................... 13

2.2.1 Das Multi-Barrieren-System ........................................................................... 13

3 Kenntnisstand .................................................................................................................. 15

3.1 Muskovit .................................................................................................................. 15

3.2 Sorption - Wechselwirkung von Radionukliden mit Mineraloberflächen ............... 17

4 Chemie der Actiniden ...................................................................................................... 21

4.1 Allgemeines ............................................................................................................. 21

4.2 Aquatische Chemie der untersuchten f-Elemente ................................................... 21

4.2.1 Europium, Americium und Curium ................................................................. 23

4.2.2 Leichte Actiniden – Thorium, Uran und Plutonium ........................................ 25

4.2.3 Nanopartikel .................................................................................................... 28

4.3 Grenzflächenreaktionen von Actiniden auf Muskovit ............................................. 30

4.3.1 Sorption von Th an der Basalfläche von Muskovit im Medium NaCl ............ 30

4.3.2 Pu(IV)-Nanopartikel aus einer Pu(III)-Lösung. .............................................. 31

4.3.3 Einfluss von Mineraloberflächen auf die Bildung von Pu(IV) ........................ 32

5 Material & Methoden ...................................................................................................... 33

5.1 Probenpräparation ................................................................................................... 33

5.1.1 Allgemeines zur Probenpräparation. ............................................................... 33

5.1.2 Oberflächen-Röntgenbeugung. ........................................................................ 34

5.1.3 Laserfluoreszenzspektroskopie. ....................................................................... 34

5.1.4 Alpha-Spektrometrie ....................................................................................... 35

5.2 Oberflächen-Röntgenbeugung ................................................................................. 36

5.2.1 CTR ................................................................................................................. 38

5.2.2 RAXR .............................................................................................................. 41

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5.3 Fluoreszenzspektroskopie ....................................................................................... 44

5.3.1 Allgemeines..................................................................................................... 44

5.3.2 Zeitaufgelöste laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie (TRLFS) ............... 46

5.3.3 Europium(III)-Fluoreszenz ............................................................................. 47

5.3.4 Curium(III)-Fluoreszenz ................................................................................. 50

5.3.5 Verwendete Lasersysteme ............................................................................... 52

5.4 Weitere Methoden ................................................................................................... 52

5.4.1 GI-XANES ...................................................................................................... 52

5.4.2 Spezifische Oberfläche (BET) ........................................................................ 53

6 Ergebnisse & Diskussion ................................................................................................ 54

6.1 Der Einfluss von Hintergrundelektrolyten auf das Sorptionsverhalten von Thorium

an der basalen (001) Fläche von Muskovit ............................................................. 54

6.1.1 Thorium-Natriumperchlorat im Vergleich mit Thorium-Natriumchlorid ....... 56

6.1.2 Thorium-Natriumperchlorat bei niedrigerer Konzentration (Th-loNaClO4) ... 58

6.1.3 Austausch Experiment NaCl/NaClO4 ............................................................. 59

6.1.4 Der Anioneneffekt ........................................................................................... 60

6.1.5 Th-KClO4 System ........................................................................................... 61

6.1.6 Das Lithiumperchlorat-System ....................................................................... 63

6.1.7 Der Kationeneffekt. ......................................................................................... 65

6.1.8 Mechanismen der Hintergrundelektrolyteffekte ............................................. 67

6.2 Bildung vierwertiger Nanopartikel an der Basalfläche von Muskovit .................... 70

6.2.1 Pu(IV)-Nanopartikel ....................................................................................... 70

6.2.2 Grenzflächenstruktur - CTR ............................................................................ 73

6.2.3 RAXR-Daten der Muskovitoberfläche nach der Reaktion mit PuO22+

bzw.

UO22+

. ................................................................................................................ 75

6.2.4 Unterschiede im Sorptionsverhalten von UO22+

/PuO22+

gegenüber anderen

zweiwertigen Ionen. .......................................................................................... 78

6.2.5 Einfluss des Redoxverhaltens ......................................................................... 79

6.2.6 Bildungsmechanismus von Pu(IV)-Nanopartikeln ......................................... 80

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6.2.7 Vergleich der Studie mit anderen Pu-Studien ................................................. 81

6.3 Sorption dreiwertiger f-Elemente an Muskovit und Orthoklas ............................... 83

6.3.1 Sorption in Abhängigkeit vom pH-Wert ......................................................... 83

6.3.2 Sorption von Europium an Muskovit und Orthoklas ....................................... 84

6.3.3 Cm-TRLFS Muskovit und Orthoklas .............................................................. 88

6.3.4 Sorption von Am an Muskovit ........................................................................ 92

6.3.5 IS und Ternärer Orthoklas-Cm-Carbonatkomplex .......................................... 93

6.3.6 Einfluss der Mineralstruktur auf die Sorption ................................................. 94

7 Zusammenfassung ........................................................................................................... 95

8 Ausblick .......................................................................................................................... 98

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Abstract

7

1 Abstract

This thesis investigates the interaction of actinides with siliceous minerals on the molecular level

to contribute to a reliable geochemical long-term safety assessment for a nuclear waste disposal site.

The isolation in deep geological formations is the globally preferred strategy for the disposal of

actinides like plutonium or americium. The reason is that their high radiotoxicity, due to their high

radioactivity and long half-life, requires isolation from the biosphere over a time period up to 1

million years. It is necessary to study the behavior of radionuclides in such a waste disposal site and

its surroundings to predict their mobility in the case of a release due to water ingress, and to

guarantee that aquifers and the biosphere are not affected. The decisive parameter is the mobility of

the radionuclides, which itself depends on different retention mechanisms.

One of these is the sorption on mineral phases. The multi barrier system of a waste disposal site

provides a lot of different mineral phases: In the geotechnical barrier are for example swellable clay

minerals as bentonite, the geological barrier consists of different mineral phases depending on the

host rock (granite, claystone or salt). To improve the understanding of sorption processes, their

mechanisms, and what reaction parameters influence them, is the content of the present work. To

obtain this understanding on a molecular level, modern analytical techniques must be apllied.

Mainly, Surface X-ray Scattering (SXS), with Crystal Truncation Rod (CTR) and Resonant

Anomalous X-ray Reflectivity (RAXR) measurements, and site-selective time-resolved laser

fluorescence spectroscopy (TRLFS), were combined with alpha-spectrometry and grazing incidence

X-ray absorption near-edge structure (GI-XANES) spectroscopy to obtain and validate results in

great detail.

The work can be separated into three major parts: 1. influences of background electrolytes on

sorption processes, 2. the influence of the redox chemistry of some actinides on their retention by a

mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the

first major part of this work the influence of background electrolytes on the sorption behavior of

Thorium ([Th(IV)] = 0.1 mM) at the (001) basal plane of muscovite was investigated. The sorption

reaction was investigated by CTR and RAXR measurements in the presence of LiClO4, NaClO4,

NaCl and KClO4 (I = 0.1 M or 0.01 M, pH = 3.3 ± 0.3). These measurements directly reveal a

strong influence of the background electrolytes on the actinide sorption. No Th sorption was

observed in 0.1 M NaClO4, i.e. the surface coverage θ(Th) per unit cell of muscovite

(AUC = 46.72 Å2) was ≤ 0.01 Th ions per AUC, in a strong contrast to Th uptake of 0.4 Th/AUC from

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a 0.1 M NaCl solution.1 The effect of this anion substitution shows a weak dependence on ionic

strength and a limited uptake of 0.04 Th/AUC was detected using 0.01 M NaClO4 as the background

electrolyte. Besides this anion effect the electrolyte cation also influences the behavior of Th

sorption on muscovite: Weak adsorption was observed in 0.1 M KClO4 (θ(Th) ~ 0.07 Th/AUC),

somewhat increased relative to NaClO4 at the same ionic strength. More pronouncedly, using 0.1 M

LiClO4 as background electrolyte results in a strong adsorption of θ(Th) = 4.9 Th/AUC. This uptake

is ~ 10 times higher than the previously observed uptake in NaCl. The CTR/RAXR structural

analysis of the Th- sorption in LiClO4 obtained a broad Th distribution with two distinct peaks

centered at 4.1 Å and 29 Å distance from the surface, respectively. Neither the high distribution

height of the second species nor the high coverage can be explained by ionic sorption, even if fully

hydrated, suggesting that this high uptake is due to the formation and sorption of Th nanoparticles.

All results were qualitatively confirmed by ex situ alpha-spectrometry, where no measurable Th

coverage was observed in 0.1 M NaClO4, but 1.6 Th/AUC in 0.1 M LiClO4. The uptake values from

alpha-spectrometry is systematically lower for all samples, which can be explained with a washing

process that is necessary to measure the samples by alpha-spectrometry, but affects the Th(IV)

sorption. In contrast, RAXR measurements are probing the in situ sorption structure.

How the redox behavior of actinides can influence their sorption behavior was investigated at the

redox-inactive muscovite (001) surface in contact with solutions containing either 0.1 mM

plutonyl(VI) or 1 mM uranyl(VI) (pH = 3.2 ± 0.2 and I(NaCl) = 0.1 M). A combination of in situ

X-ray scattering techniques (CTR/RAXR), GI-XANES, and ex situ alpha-spectrometry was used

simultaneously to determine the actinide uptake, its sorption structure, and the predominant

oxidation state present at the interface. The measured surface coverage is found to be very different

for Pu and U. For Pu, alpha-spectrometry found a surface coverage of 8.3 Pu/AUC, which is far in

excess of the necessary 0.5 Pu/AUC to compensate the negative surface charge of the muscovite

(001) basal plane with PuO22+

. The adsorbed Pu is broadly distributed (CTR/RAXR) and was

identified to be predominantly tetravalent Pu (GI-XANES). Compared to previous findings, these

results are consistent with the adsorption of Pu in the form of Pu(IV)-oxo-nanoparticles. In contrast,

no adsorbed U was detected at the muscovite interface according to all methods applied, despite the

larger concentration of the adsorbate. This difference in the sorption behavior can be explained by

the different redox behavior of U and Pu. U will stay mainly in its predominant oxidation state VI,

due to its higher stability compared to Pu, while Pu will be present as Pu(VI), but also in a greater

extent in its reduced oxidation states. Due to this difference Pu is able to form nanoparticles,

whereas this is not the case for U.

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Abstract

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The third part compares the sorption of trivalent actinides Am(III) and Cm(III) and their

homolog Eu(III) on alumino-silicates muscovite (phyllosilicate) and orthoclase (framework

silicate). In addition the results from powders from TRLFS single crystals from SXS measurements

can be related.

The surface structure shows little influence on the sorption behavior. The amount of sorption

plateaus at ~ 100 % at pH > 7 under the chosen conditions ([M] = 10-4

M, [NaCl] = 0.1 M) in both,

air and N2. Under acidic conditions all elements adsorb as outer-sphere complexes, while the

relative amount of inner-sphere sorption increases with increasing pH. At higher pH a transition

from adsorbed aquoions to adsorbed hydrolysis-species and eventually a ternary sorption complex

is observed. While TRLFS itself is a strong tool to investigate the speciation of metals in solution or

in contact with a mineral surface the complementary use of SXS techniques is able to improve these

findings. One question in this context is, however, in how far results from pristine single crystal

surfaces are comparable to results from polycrystalline powder samples. In our study no significant

differences for the characteristic onset of inner sphere sorption at pH ~ 5 are observed for the

sorption of Cm(III) on muscovite powders and Am(III) on muscovite (001).

The results of this work, achieved by using modern methods such as X-ray scattering techniques

(CTR/RAXR) and TRLFS, have afforded new insights into the surface reactivity of a wide range of

actinides (Th, U, Pu, Am, and Cm) in contact with muscovite and orthoclase. New influence factors

could be identified in the influence of the background electrolyte on the sorption behavior, where

both cation and anion affect the actinide´s retention. The different redox behavior of redox-active

actinides like U and Pu also influenced the sorption behavior tremendously, even in contact with the

redox-inactive mineral muscovite. The complementary use of surface X-ray diffraction and laser

spectroscopic methods was instrumental to enable us to investigate the distribution, occupancy, and

speciation of the radionuclides at mineral surfaces on a molecular level, which will be required to

make a reliable safety assessment of any potential nuclear waste disposal site.

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Einführung

11

2 Einführung

2.1 Motivation und Ziele

Ziel dieser Arbeit ist es, die Wechselwirkung endlagerrelevanter Actiniden mit Mineralen zu

untersuchen und grundlegende Kenntnisse über Prozesse an der Wasser/Mineralgrenzfläche zu

erlangen. Dabei sollten Mechanismen der Sorption von Actiniden und damit assoziierte Reaktionen

wie bspw. die Bildung von Nanopartikeln aufgeklärt werden. Im Fokus stand dabei der

Erkenntnisgewinn auf molekularer Ebene, welcher durch den Einsatz der Oberflächen-

Röntgenbeugung (SXS) und Laserfluoreszenzspektroskopie ermöglicht wurde. Die korrekte

Beschreibung der zu erwartenden Reaktionen kann dann Grundlage für eine thermodynamische

Parametrisierung und schließlich Ausbreitungsrechnungen als Beitrag zum safety case eines

Endlagerstandorts liefern.

In vielen industriellen und medizinischen Bereichen kommen radioaktive Stoffe zum Einsatz,

insbesondere bei der Energieerzeugung in Kernkraftwerken. Die dabei anfallenden Abfälle sollen in

Deutschland endgelagert werden. Im Mittelpunkt der Untersuchungen der vorliegenden Studie

standen dabei jene Elemente, die zum Inventar abgebrannter Kernbrennelemente (Brennstäbe)

gehören und deren Radiotoxizität über lange Zeiträume bestimmen. Die Endlagerung dieser

hochaktiven, wärmeentwickelnden Abfälle stellt dabei neben der technischen auch eine

wissenschaftliche Herausforderung dar. Grund dafür ist die Zusammensetzung und die daraus

resultierenden Eigenschaften dieses Abfalls (Abbildung 1). Er besteht hauptsächlich aus Uran

(95 %), vermischt mit stabilen und instabilen Spaltprodukten, Plutonium und den sogenannten

Minoren Actiniden (Neptunium, Americium, Curium). Dabei wird die Radiotoxizität (Abbildung 2)

anfänglich von den Spaltprodukten und deren Zerfallsprodukten und nach etwa 100 Jahren, nach

der Entnahme aus dem Reaktor, durch Pu und die Minoren Actiniden, v.a. Am, dominiert.

Aufgrund der relativ kurzen Halbwertszeiten der Spaltprodukte klingt deren Radiotoxizität schon

nach wenigen hundert Jahren unter das Referenzniveau der Radiotoxizität von Uranerz ab. Erst

nach einer relativ langen Zeit von etwa 10 000 Jahren ist die Radiotoxizität der Minoren Actiniden

und deren Zerfallsprodukte auf diesem Niveau angekommen. Obwohl Plutonium nur einen sehr

geringen Anteil von etwa 0,85 % der Gesamtmasse eines abgebrannten UO2-Brennstabs ausmacht,

dominiert dessen Radiotoxizität über den längsten Zeitraum und erreicht das Referenzniveau erst

nach mehr als 100 000 Jahren. Dies erklärt die Notwendigkeit einer langfristigen, sicheren

Endlagerung hochradioaktiven Abfalls und den Fokus dieser Arbeit auf diese Elemente, um eine

Gefährdung der Umwelt und des Menschen durch eine Kontamination mit diesen Stoffen

auszuschließen. Für die adäquate Einschätzung der Sicherheit einer solchen Endlagerung ist es

notwendig zu verstehen, wie sich gerade diese Radionuklide im Nah- und Fernfeld eines Endlagers

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verhalten. Dies wiederum bedarf des Prozessverständnisses dieses Verhaltens auf molekularer

Ebene.

Abbildung 1: Zusammensetzung eines verbrauchten Kernbrennelements nach der Verwendung

in einem Druckwasserreaktor (PWR 33 GW/t, 10 Jahre gekühlt)2

Abbildung 2: Radiotoxizität abgebrannter Brennelemente im Vergleich zur Referenz Uranerz2

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Einführung

13

2.2 Endlagerung radioaktiver Abfälle

Radioaktive Abfälle werden in nicht wärmeentwickelnde (schwach- bis mittelaktive) und

wärmeentwickelnde (hochaktive) Abfälle unterschieden. Erstere werden verbrannt oder

komprimiert und in ein tiefengeologisches Endlager eingebracht. Die technischen Anforderungen

an ein solches Endlager sind geringer, als dies der Fall für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle

ist. In Deutschland ist für schwach- bis mittelaktive Abfälle der Schacht Konrad vorgesehen. Eine

Entscheidung über den Standort des Endlagers für hochaktive wärmeentwickelnde Abfälle steht

noch aus und soll durch das am 23.07.2013 verabschiedete Standortauswahlgesetz (StandAG)

geregelt werden. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die sichere Endlagerung für einen Zeitraum von 1

Million Jahren gewährleistet werden muss. Für diesen geologisch betrachtet kurzen Zeitraum kann

die großräumige tektonische Entwicklung vorausgesagt werden. Wird dieser Zeitraum allerdings an

der Menschheitsgeschichte gemessen, so ist er gleichsam lang und eine Abschätzung erweist sich

als schwierig. Laborexperimente können einen solchen Zeitraum nicht abbilden.

2.2.1 Das Multi-Barrieren-System

Das Konzept der tiefengeologischen Endlagerung mithilfe eines Multi-Barrieren-Systems

entspricht dem aktuellen internationalen Konsens. Die innerste Barriere stellt die Abfallform selbst

dar. Drei weitere Barrieren umschließen diese in folgender Reihenfolge: Die technische, die

geotechnische sowie die geologische Barriere. Der Behälter in dem der Abfall (unabhängig seiner

Form) in das Endlager eingebracht wird, befindet sich im direkten Kontakt mit der entsprechenden

Abfallform und kann je nach Wirtsgestein aus verschiedenen Materialen bestehen, z. B. Stahl oder

Kupfer. Dem folgt die geotechnische Barriere, welche abhängig vom Wirtsgestein z. B. aus

quellfähigen Materialen (in Granit- und Tongesteinen i. d. R. Bentonit) mit guten

Sorptionseigenschaften bestehen kann. Zum einen soll diese Barriere als Füllmaterial dienen und

einen Wassereintritt in das Endlager verhindern, zum anderen soll sie im Falle eines Wassereintritts

eine möglichst effektive Rückhaltung eventuell gelöster Radionuklide durch ihre sehr guten

Sorptionseigenschaften gewährleisten. Sollten diese Barrieren überwunden werden, agiert das

Wirtsgestein, in dem sich das Endlager befindet, als letzte Barriere, um eine Kontamination von

Aquiferen und der Biosphäre zu verhindern. Mit der Wahl des Wirtsgesteins gehen bestimmte

petrographische Eigenschaften einher, was die spezifische Ausgestaltung der technischen und

geotechnischen Barriere beeinflussen kann. So stehen in Deutschland Tonformationen, Steinsalz

und Granit zur Debatte, wobei jedes dieser Wirtsgesteine Vor- und Nachteile besitzt.

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Tonformationen besitzen, bei einem ausreichend hohen Anteil quellfähiger Tonminerale der

Smektit-Gruppe, hervorragende „Selbstheilungseigenschaften“, im Falle tektonisch oder

anthropogen induzierter Bildung von Störungen, z. B. durch den Bau des Endlagers selbst

hervorgerufene Störungen. Zudem besitzen Tonminerale hervorragende Sorptionseigenschaften und

eine geringe Wasserleitfähigkeit, beides trägt zu einer verringerten Mobilität möglicher

Kontaminanten bei. Ingenieurstechnisch ist der Bau eines Endlagers in einer Tonformation

allerdings herausfordernd. Da durch den radioaktiven Zerfall der hochaktiven Abfälle im Nahfeld

eines Endlagers hohe Temperaturen auftreten können, ist auch die schlechte Wärmeleitfähigkeit von

Tongestein nachteilig. Die Wärmleitfähigkeit von Steinsalz ist dagegen hervorragend und auch die

technische Umsetzung des Baus eines Endlagers ist deutlich einfacher. Aufgrund der sowohl

viskosen als auch plastischen Eigenschaften von Salz können mögliche Hohlräume ebenfalls

effektiv geschlossen werden. Die hohe Löslichkeit des Steinsalzes ist hingegen von Nachteil, da ein

möglicher Wassereintritt nur minimal oder gar nicht verhindert wird. Bei trockenen Bedingungen

findet im Salz allerdings kein Transport statt. Der einfache und sehr wahrscheinliche Wasserzutritt

stellt auch die größten Probleme für ein Endlager im Wirtsgestein Granit dar. Granit ist ein sehr

stabiles aber sprödes Material, welches viele Störungen, d. h. eine starke Zerklüftung, aufweist.

Diese Klüfte können potentiell große Mengen Wasser mit hohen Fließgeschwindigkeiten führen.

Der Bau des Endlagers sollte sich in Granit ingenieurstechnisch allerdings als am Einfachsten

erweisen und die Limitierungen der geologischen Barriere können teilweise durch Änderungen in

der technischen (Bspw. durch Verwendung von Cu-Behältern, wie in Schweden oder Finnland

vorgesehen) sowie der geotechnischen Barriere ausgeglichen werden.

Die Wahl des in dieser Arbeit hauptsächlich untersuchten Minerals, Muskovit, begründet sich

auf dessen Relevanz im Konzept des Multi-Barrieren-Systems. Zum einen ist Muskovit aufgrund

der ähnlichen Strukturen ein hervorragendes Analogon für Tonminerale, aus denen Tongesteine und

Bentonit (geotechnische Barriere) zu großen Teilen bestehen. Zum anderen sind Glimmer, zu denen

Muskovit gezählt wird, eines der gesteinsbildenden Minerale von Granit. Die Relevanz von

Muskovit wird im Detail in Kapitel 3.1 erörtert.

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Kenntnisstand

15

3 Kenntnisstand

3.1 Muskovit

In der vorliegenden Arbeit wurde das Sorptionsverhalten an Muskovit, einem Glimmervertreter,

untersucht. Muskovit tritt ubiquitär in der Natur auf und kann in Form von Einkristallen im

Zentimeter- bis Metermaßstab gesteinsbildend auftreten. Häufiger sind allerdings kleinere Kristalle,

welche sich z. B. in Sandsteinen porenständig als Kutane um die Körner gebildet haben. Dadurch ist

das metamorph entstandene Mineral im direkten Kontakt zu potentiell grundwasserführenden

Porenräumen. Im Falle einer Grundwasserkontamination durch Radionuklide, können hier also

entsprechend wirkende Rückhaltemechanismen direkt greifen.

Muskovit KAl2(AlSi3O10)(OH,F)2 ist ein dioktaedrisches Schichtsilikat (Phyllosilikat) mit einer

Tetraeder-Oktaeder-Tetraeder (TOT) Schichtstruktur (Abbildung 3). Drei Sauerstoffe eines SiO4-

Tetraeders werden mit angrenzenden Tetraedern geteilt, wodurch diese in einer Ebene miteinander

verbunden sind. Das verbleibende Sauerstoffion verbindet die Schichten der Tetraeder mit denen

der AlO6-Oktaeder, welche sich zwischen den zwei Tetraederschichten befinden. Die zwei

Tetraederschichten sind dabei um 180° zueinander rotiert.3,4

Abbildung 3: (links) Die Polygondarstellung zeigt die Struktur von Muskovit mit Blickrichtung entlang der

Raumrichtung a. Die SiO4-Tetraeder (blau) sind durch die Sauerstoffe an den Spitzen mit den

AlO6-Oktaedern (Orange) verbunden, wobei die TOT Schichten durch K+-Ionen (rot) in den

Zwischenschichten miteinander verbunden sind. (rechts) Natürlicher Muskovit vergesellschaftet mit Apatit

Kristallen.

Die hier verwendete Modifikation Muskovit-2M1ist monoklin und kann große Einkristalle

ausbilden. Durch die Substitution von vierwertigem Si durch dreiwertiges Al besitzt jede TOT-

Schicht eine permanente negative Strukturladung von 1e- pro Einheitszelle, deren Fläche

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AUC = 46,72 Å2 beträgt, dies entspricht 0,021 e

-/Å

2. Diese Ladung wird im Kristallbulk („Körper“

des Kristalls) durch K+-Ionen kompensiert, die in den Zwischenschichten sitzen. Spaltet man den

Kristall entlang seiner (001) Fläche und bringt diese Spaltfläche in Kontakt mit Wasser, werden die

K+-Ionen entfernt und die so entstandene Oberflächenladung wird durch Ionen aus der Lösung

kompensiert.5-7

Entlang dieser (001) Fläche besitzt Muskovit eine vollkommene Spaltbarkeit, diese

führt zu annähernd atomar-flachen Oberflächen.

Ein Großteil der Untersuchungen dieser Arbeit wurde an der Basalfläche von Muskovit

durchgeführt. Diese Fläche ist aufgrund der konstanten permanenten Oberflächenladung sehr gut

für Sorptionsexperimente verschiedener Art geeignet. Desweiteren ist es durch die atomar-flachen

Oberflächen deutlich einfacher möglich Mechanismen aufzuklären, ohne Unsicherheiten durch ein

mögliches Zusammenspiel unbekannter oder nicht klar definierter Oberflächensites zu generieren.

Die Ergebnisse an Muskovit in Pulverform, wie er für die Laserfluoreszenzmessungen genutzt

wurde, integrieren über vorhandene Spezies an allen möglichen Sites, z. B. an Kanten oder Ecken

des Minerals. Dies macht eine eindeutige Identifizierung der Lokalität z. B. einer Sorptionsspezies

schwierig, es spiegelt aber das natürliche System besser wieder. Die Vergleichbarkeit beider

Ansätze wird im Kapitel 6.3 anhand der Sorption von An(III) näher betrachtet.

Relevanz als Wirtsgestein für Endlager

Granit und Gneis bestehen hauptsächlich aus Quarz, Feldspat und Glimmer. In diesen Gesteinen

nehmen Glimmer eine besondere Position hinsichtlich deren Rückhaltevermögen ein. Die Sorption

von Radionukliden ist an Muskovit stärker ausgeprägt als an Quarz oder Feldspat.8,9

Demzufolge ist

bei der Entscheidung für den Bau eines Endlagers in Granit, wie dies z. B. im finnischen Olkiluoto

der Fall ist, der gesteinsbildende Glimmeranteil von entsprechender Relevanz für eine potentielle

Rückhaltung von Radionukliden.

Muskovit kann ebenso als effektives Analogon für viele Tonminerale verwendet werden, da

diese ähnliche Kristallgitter ausbilden. Ein Beispiel ist Montmorillonit, ein Tonmineral der

Smektitgruppe. Genau wie Muskovit sind auch Smektite durch eine typische TOT-Gitterstruktur im

monoklinen Kristallsystem aufgebaut und besitzen eine permanente Oberflächenladung aufgrund

der Substitution von Si4+

gegen Al3+

im Kristallgitter. Entsprechend sind die oberflächenaktiven

Gruppen identisch und es ist anzunehmen, dass oberflächenladungsinduzierte Prozesse, wie z. B.

Sorption von innersphärischen und äußersphärischen Komplexen, ähnlich funktionieren. Hier sei

allerdings zu erwähnen, dass die Oberflächenladung von Montmorillonit mit 0,6 e-/AUC deutlich

geringer ist als die von Muskovit mit 1e-/AUC. Der wesentliche Unterschied ist die Fähigkeit der

Smektite die Kationen ihrer Zwischenschichten zu substituieren, wodurch Smektite quellfähig sind.

Page 17: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Kenntnisstand

17

Trotzdessen eröffnet die Analogie zu Muskovit die Möglichkeit, Systeme mit Methoden zu

untersuchen, die aufgrund der Morphologie des Montmorillonit nicht direkt an diesem Mineral

möglich sind. Ein Beispiel dafür ist die in dieser Arbeit angewandte SXS, für deren Durchführung

ausreichend große Einkristalle notwendig sind.

Relevant wird der Zusammenhang Muskovit-Smektit auch durch die potentielle Verwendung

von Bentonit als Füllmaterial der geotechnischen Barriere (siehe Kapitel 2.2.1) eines Endlagers für

hochradioaktive Abfälle. Denn Bentonit beinhaltet neben geringen Anteilen an Muskovit selbst

meist mehr als 70 % Smektit.10

Daher können Forschungsergebnisse, die an Muskovit erzielt

wurden, analog für das Material der geotechnischen Barriere und für Tonformationen als

Wirtsgestein Verwendung finden.

Orthoklas

Der Fokus dieser Arbeit liegt in der Analyse des Sorptionsverhaltens von endlagerrelevanten

Radionukliden an dem Mineral Muskovit (KAl2(AlSi3O10)(OH,F)2). Zusätzlich dient Orthoklas als

Vergleichsmineral mit ähnlichen Eigenschaften und wurde parallel mit Hilfe von

Laserfluoreszenzmessungen untersucht. Orthoklas (KAlSi3O8) ist das K-Endglied der

Mischungsreihe der Alkali-Feldspäte. Die Gruppe der Feldspäte kommt in der Natur gleichsam dem

Muskovit ubiquitär vor und stellt den Großteil der gesteinsbildenden Minerale der Erdkruste. Das

monokline Gerüstsilikat ist aus Al- und Si-Tetraedern aufgebaut, welche über O-Atome verbrückt

sind. Aufgrund der Substitution von Si4+

durch Al3+

ist das Gerüst negativ geladen. Dieser

Austausch in einem von vier Tetraedern führt dazu, dass der Hohlraum zwischen diesen Tetraedern

durch ein Kaliumion besetzt ist,11

wodurch die Ladung im Kristallgitter kompensiert wird. Das

Kaliumion ist neunfach koordiniert. Orthoklas besitzt vollkommene Spaltbarkeiten entlang der

(001) und (010) Flächen. Das Mineral soll in dieser Arbeit der Identifizierung dienen, inwiefern die

chemisch sehr ähnlichen Minerale Orthoklas und Muskovit aufgrund struktureller Unterschiede,

Unterschiede in der Wechselwirkung mit Radionukliden aufweisen.

3.2 Sorption - Wechselwirkung von Radionukliden mit Mineraloberflächen

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Sorptionsprozesse von Actiniden und Lanthaniden an

der Fest-Flüssig-Grenzfläche von negativ geladenen Mineralen und der Lösung mit der diese in

Kontakt stehen. Unter Sorption sind elektrostatische Wechselwirkungen von Ionen mit

Mineraloberflächen zusammengefasst. Je nach Art der wirkenden Kräfte wird zwischen Physi- und

Chemisorption unterschieden. Bei der Physisorption treten relativ schwache elektrostatische

Bindungen auf. Abhängig von der Anzahl intakter Hydrathüllen aus Wassermolekülen eines Ions

Page 18: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

18

und dessen Abstand zur Oberfläche, wird zwischen außersphärischen bzw. outer sphere Komplexen

(OS-Komplexe) und erweitert-außersphärischen bzw. extended outer sphere Komplexen (E-OS-

Komplexe) unterschieden (siehe Abbildung 4). Von innersphärischen oder inner sphere Komplexen

(IS-Komplexe) ist die Rede, wenn Teile der Hydrathülle des Sorbats durch Komplexierung mit

Oberflächengruppen des Substrats ersetzt worden sind. Diese Art der Sorption wird auch als

Chemisorption bezeichnet, da nun eine chemische Bindung zur Oberfläche besteht. Neben der

Sorption von Ionen kann es zudem zur Sorption von Polymeren oder Nanopartikeln kommen. Diese

können direkt an der Oberfläche oder in Lösung entstehen. Eine weitere Form der Sorption ist der

Einbau von Ionen in das Wirtskristallgitter. Dieser kann unter bestimmten Bedingungen (Wachstum

oder Umkristallisation) innerhalb geeigneter Minerale, bspw. bei guter Übereinstimmung der

Ionenradien von Wirts- und Gastion, stattfinden.

Abbildung 4: Adsorptionsprozesse von Radionukliden mit Mineraloberflächen.

Es ist notwendig Sorptionsprozesse zu studieren, denn diese stellen einen der wichtigsten

Einflüsse auf das Migrationsverhalten von Kontaminanten, z. B. Radionukliden, und damit einen

der wichtigsten Rückhaltemechanismen in der Umwelt dar. Dabei ist die Sorption ein komplexer

Vorgang, welcher durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Einer der wichtigsten

Faktoren ist der pH-Wert, welcher z. B. die Speziation in Lösung oder die Ladung von

Mineraloberflächen beeinflussen kann. Durch Variation des pH-Wertes kann das Zeta-Potential von

Partikeln in Suspension bestimmt werden,12

dies lässt Rückschlüsse auf dessen Oberflächenladung

zu. Die Oberflächenladung von Muskovit und Orthoklas in Pulverform ist im gesamten

Page 19: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Kenntnisstand

19

Untersuchungsbereich dieser Arbeit negativ und erreicht den isoelektrischen Punkt9 nicht. Die

Oberflächenladung der (001) Fläche des Muskovits hingegen ist vom pH-Wert unabhängig, da

diese permanente Ladung durch Substitution unterschiedlich geladener Ionen im Kristallgitter

hervorgerufen wird.

Ein weiterer Einflussfaktor auf die Sorption eines bestimmten Ions ist die Konkurrenz mit

anderen gelösten Ionen, z. B. dem Hintergrundelektrolyt oder dem Lösungsmittel, Wasser, selbst.

Die ein bis zwei adsorbierten Wasserschichten können dabei je nach Oberfläche relativ stark

gebunden sein13

und sind in der Regel innerhalb der ersten 3 Å über der Oberfläche lokalisiert.14

Schon diese Wasserschichten stellen für die Sorption von Radionukliden eine Barriere dar.

Bezüglich des Hintergrundelektrolyts spielt nicht nur die Ionenstärke sondern auch die Wahl des

Hintergrundelektrolyts eine Rolle, obwohl dieses lediglich die Ionenstärke eines Systems konstant

halten sollte. Denn die unterschiedlichen Kationen und Anionen des Hintergrundelektrolyts

konkurrieren unterschiedlich stark mit unterschiedlichen Radionukliden und beeinflussen die

Sorption in ihrer Art und Weise und Oberflächenbelegung dadurch unter Umständen entscheidend

(siehe Kapitel 6.1). Eine Reihe weiterer Parameter können das Sorptionsverhalten von Ionen an

einem Mineral beeinflussen: unter anderem Temperatur, Eh-Wert, Druck, Korngröße des Minerals,

wobei letzteres die Oberflächensites und deren Dichte beeinflussen kann.

Als Desportion wird der Umkehrprozess der Sorption bezeichnet. Ob und wie leicht ein

gebundener Stoff freigesetzt werden kann, hängt dabei vom Typ der Sorption ab. Schon

Änderungen der Ionenstärke oder der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers kann zur Desorption

von außersphärischen Sorptionskomplexen führen. Um innersphärische Sorptionskomplexe zu

desorbieren, ist i. A. eine Änderung des pH-Wertes notwendig. Zur Freisetzung einer Einbauspezies

hingegen ist es i. d. R. notwendig das Wirtsmineral aufzulösen.

Häufig wird Sorption nur quantitativ betrachtet, das heißt, es werden Sorptionsisothermen

anhand der Konzentration eines sorbierten Ions oder bei unterschiedlichem pH-Wert ermittelt, um

daraus den Verteilungskoeffizienten KD zu berechnen. Dieser ist definiert als

Konzentrationsverhältnis eines Stoffes zwischen zwei nicht mischbaren Phasen.15

Diese Werte sind

spezifisch für bestimmte Lösungsbedingungen und enthalten keine mechanistischen Informationen,

weshalb sich ein Vergleich verschiedener Systeme häufig als schwierig erweist. Um Aussagen über

verschiedene Sorptionsspezies treffen zu können, müssen daher Methoden eingesetzt werden,

welche in der Lage sind, die einzelnen Spezies zu unterscheiden. Die Identifizierung der

Sorptionsprozesse und der zugrunde liegenden Reaktionsmechanismen wurde in dieser Arbeit durch

die Verwendung der Methoden Oberflächen-Röntgenbeugung (SXS) und zeitaufgelöster

Page 20: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

20

laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie (TRLFS) möglich (siehe Kapitel 5.2 & 5.3). Ohne

chemisches Verständnis sind Extrapolationen zum Verhalten und der Verteilung von Radionukliden

in der Umwelt nur unzureichend möglich.

Page 21: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Chemie der Actiniden

21

4 Chemie der Actiniden

4.1 Allgemeines

Als Actinide (An) werden die Elemente mit den Ordnungszahlen von 90 bis 103 bezeichnet, die

dem Actinium folgen und die 5f-Elektronenschale auffüllen. Eine Besonderheit der Actiniden ist

das Fehlen von stabilen Nukliden, alle Isotope dieser Elemente sind radioaktiv. In den

Experimenten dieser Arbeit wurden Thorium (90), Uran (92), Plutonium (94), Americium (95) und

Curium (96) verwendet.

Einige Actinidisotope kommen als primordiale Nuklide (235

U, 238

U und 232

Th) vor, d. h. diese

Nuklide sind aufgrund ihrer langen Halbwertszeiten (> 108 a) Bestandteile der Erde seit ihrer

Entstehung und bis heute nicht vollständig zerfallen. Die Elemente mit einer höheren Ordnungszahl

als Uran, die sogenannten Transurane kommen nicht mehr in der Natur vor, sondern entstehen

bspw. durch Neutroneneinfang, bei hohen Neutronenflüssen in einem Leistungsreaktor. Dabei

entsteht, wie der Hauptreaktionspfad in Gleichung 4.1 zeigt, initial 239

U, welches sich daraufhin in

zwei aufeinander folgenden β--Zerfällen zu

239Pu umwandeln kann. In Folgereaktionen wie im

Beispiel von Gleichung 4.2 gezeigt ist, können dann auch die Nuklide des Am und Cm entstehen.

(4.1)

(4.2)

Abbildung 1 zeigt die Zusammensetzung eines abgebrannten Brennelements nach der Entnahme

aus dem Reaktor. Hieraus wird deutlich, dass die gebildete Menge an Americium und Curium

relativ gering ist. Aufgrund dessen werden diese Elemente, zusammen mit Neptunium als Minore

Actinide bezeichnet. Das Interesse an diesen Elementen, entsteht somit nicht aus ihrer Quantität,

sondern aus der besonders hohen Radiotoxizität, die über viele tausend Jahre anhält (Abbildung 2).

4.2 Aquatische Chemie der untersuchten f-Elemente

Die Actiniden können in „leichte“ Actiniden (Th bis Pu) und „schwere“ Actiniden (ab Am)

eingeteilt werden. Diese Einteilung orientiert sich neben der Ordnungszahl zudem an den stabilen

Oxidationsstufen in wässriger Lösung (Tabelle 1). Die leichten Actiniden besitzen eine Vielzahl

stabiler Oxidationsstufen in wässriger Lösung, wohingegen die schweren Actiniden in wässriger

Lösung i. d. R. in ihrer dreiwertigen Oxidationsstufe vorliegen. Der Grund für dieses

Page 22: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

22

unterschiedliche Verhalten ist die Delokalisierung der 5f-Elektronen im Falle der leichten

Actiniden, dadurch überlagert sich das 5f- mit dem 6d-Orbital. Im Falle der schwereren Actiniden

sind die 5f-Elektronen lokalisiert, wodurch diese Valenzelektronen separiert sind und nur diese für

chemische Reaktionen zur Verfügung stehen.

Die Chemie der meisten Lanthanide ähnelt jener der schweren Actiniden (siehe Kapitel 4.2.1),

da in wässriger Lösung ebenfalls die Oxidationsstufe III dominiert. Die Ionenradien dreiwertiger

Lanthaniden ähneln denen der dreiwertigen Actiniden ebenfalls. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten

können dreiwertige Lanthaniden sehr gut als chemische Analoga für die dreiwertigen Minoren

Actiniden Pu, Am und Cm verwendet werden. Lanthanide füllen die 4f-Schale und Actinide die 5f-

Schale mit Elektronen. Die Lanthanide und Actinide werden auch unter dem Begriff f-Elemente

zusammengefasst. Im Gegensatz zur 4f-Schale der Lanthanide ist die 5f-Schale der Actinide

schwächer abgeschirmt, daraus resultieren unter anderem deutlich höhere kovalente

Bindungsanteile bei den Actiniden. 16,17

Die möglichen Oxidationsstufen der Lanthaniden und Actiniden sind in Tabelle 1 dargestellt.17

Tabelle 1: Auftretende Oxidationsstufen der Lanthanide und der Actinide (in Lösung)*, fett dargestellt sind

die stabilsten Oxidationsstufen und die Namen der Elemente die Gegenstand dieser Arbeit sind

La Ce Pr Nd Pm Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu

2 2 2 2

3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3

4 4 4 4 4

Ac Th Pa U Np Pu Am Cm Bk Cf Es Fm Md No Lr

2 2 2

3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3

4 4 4 4 4 4 4 4

5 5 5 5 5

6 6 6 6 6

7 7

*nach Holleman & Wiberg 2007

Page 23: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Chemie der Actiniden

23

4.2.1 Europium, Americium und Curium

Unter den Seltenerdmetallen ist das Europium tatsächlich selten, nach Promethium ist es das

zweitseltenste Element dieser Gruppe. Die Elektronenkonfiguration von Eu ist [Xe]4f76s

2 und die

des Eu3+

[Xe]4f6. Americium ist ein radioaktives Element aus der Gruppe der Actiniden. Die

Elektronenkonfiguration von Americium ist [Rn]5f77s

2. Am

3+ besitzt dementsprechend die

Elektronenkonfiguration [Rn]5f6. In dieser Arbeit wurde das radioaktive Nuklid

243Am verwendet,

welches ein Alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 7400 Jahren ist. Curium ist ebenfalls ein

radioaktives Element der Gruppe der Actiniden und folgt dem Americium im Periodensystem. Die

Elektronenkonfiguration ist [Rn]5f76d

17s

2, die von Cm

3+ [Rn]5f

7. Der Ionenradius von Cm

3+ beträgt

0,97 Å (Koordinationszahl 6).18

In dieser Arbeit wurde das radioaktive Nuklid 248

Cm verwendet,

welches ein Alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 3,48 × 105 Jahren ist. Aus

strahlenschutztechnischen Gründen wurden für die Experimente dieser Arbeit die erwähnten

langlebigen Nuklide verwendet (243

Am, 248

Cm).

Dreiwertiges Europium wird aufgrund der erwähnten ähnlichen Eigenschaften in dieser Arbeit

als Anaolog für dreiwertiges Americium und Curium verwendet. Die dreiwertigen Ionen dieser

Metalle agieren, aufgrund der niedrigen Ionenradien von ~ 100 pm18

und der daraus resultierenden

hohen Ladungsdichte, als harte Lewis-Säuren nach dem Prinzip der harten und weichen

Lewissäuren (hard and soft acids and bases, kurz HSAB nach Pearson19

). Als solche reagieren sie

bevorzugt mit harten Lewisbasen, wie beispielsweise OH-, CO3

2- oder Cl

-. Eine wichtige Reaktion

in der aquatischen Chemie harter Lewissäuren ist somit die Hydrolyse (Gleichung 4.3a-c).20

Dabei

werden mit steigendem pH-Wert die verschiedenen Hydrolysespezies gebildet und schon bei

neutralem bis schwach basischem pH-Wert fällt das in Gleichung 4.3c dargestellte Produkt

Eu(OH)3, bei [Eu3+

] = 10-4

M, aus. Die Hydrolysekonstanten der dreiwertigen Oxidationsstufe

spiegeln die Ähnlichkeit wieder: Cm(OH)2+

log0β11 = -6,8 ± 0,5

21,22 und Am(OH)

2+

log0β11 = -7,2 ± 0,5

23 im Vergleich zu Eu(OH)

2+ log

0β11 = -7,76.

24

(4.3a)

(4.3b)

(4.3c)

Die Speziation mit und ohne den Einfluss von Carbonat (CO32-

) am Beispiel von Europium ist in

Abbildung 5 dargestellt. Die Berechnungen wurden mithilfe des PHREEQC Lösungs-

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24

Modellierungspakets (Version 2.18) anhand von Daten der NAGRA/PSI chemisch-

thermodynamischen Datenbank durchgeführt.25

Abbildung 5: Speziationsberechnung unter atmosphärischen (links) und inerten (rechts) Bedingungen,

[Eu] = 1 × 10-4

M, [NaCl] = 0,1 M.

Es sind geringe Unterschiede zwischen atmosphärischen und inerten Bedingungen zu

verzeichnen. Für die Sorption an den Mineraloberflächen zur Verfügung stehende Komplexe sind

ab ca. pH 6,5 die erste Hydrolysespezies bzw. unter Atmosphäre auch der erste Carbonatokomplex.

Bei pH ~ 7,5 ist zudem mit wenigen Prozent die zweite Hydrolysespezies in Lösung vorhanden. Für

die Feststellung, welche dieser Spezies am Sorptionsprozess beteiligt sind, werden im Kapitel 6.3

TRLFS-Untersuchungen mit Europium und mit Curium dargestellt.

Unter sauren Bedingungen liegen die Metallkationen als Aquoion M3+

vor und sind 9-fach

koordiniert.26

Die Stabilität von Komplexen mit einigen Liganden richtet sich nach folgender

Sequenz: CO32-

> OH- > F

- > H2PO4 > NO3

- > Cl

- > ClO4

-. Generell ist die Hydrolyse in wässrigen

Lösungen stark favorisiert, wobei die Komplexierung mit Hydroxiden bei pH > 5 beginnt. Dabei

werden die Komplexe entsprechend der generellen Formel geformt, wobei n = 1-3 sein

kann (Gleichung 4.3a-c). M-Carbonato-Komplexe werden nach der generellen

Formel , wobei n = 1-3 annehmen kann, gebildet.

Von besonderem Forschungsinteresse ist Am, da es einen relevanten Anteil der Aktivität

abgebrannter Kernbrennelemente ausmacht. Während die Aktivität von Pu (nach 30 Jahren

Abklingen) anfänglich dominiert, übernimmt Am diese Rolle ab etwa 300 Jahren (nach der

Entladung des Reaktors) um nach etwa 10 000 Jahren vollständig abgeklungen zu sein und erneut

von Pu mit dem höchsten Aktivitätsanteil abgelöst zu werden.27

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Chemie der Actiniden

25

4.2.2 Leichte Actiniden – Thorium, Uran und Plutonium

Thorium besitzt die Elektronenkonfiguration [Rn]6d27s

2, es besitzt also keine 5f-Elektronen. In

wässriger Lösung liegt Thorium ausschließlich in seiner vierwertigen Oxidationsstufe vor, die

aufgrund der [Rn]-Elektronenkonfiguration enorm stabil ist. Dies ermöglicht die Untersuchung von

Sorptionsprozessen unabhängig von Redoxprozessen. Das größte Ion der vierwertigen Actiniden,

Th4+

ist gleichzeitig das weichste und basischste der vierwertigen Kationen. Die Hydrolyse von

Th(IV) ist schon bei stark sauren pH-Werten sehr ausgeprägt und dominiert die Speziation

durchweg. Die Speziation verhält sich dabei für 0,1 M NaCl bei niedrigen Th-Konzentrationen

([Th(IV) = 10-8

M)28,29

folgendermaßen: Die ersten drei Hydrolysespezies

[Th(OH)]3+

/[Th(OH)2]2+

/[Th(OH)3]+ haben ihre Maxima bei pH = 3,8/4,8/5,7 und ab pH = 6,1

dominiert Th(OH)4. Bei steigender Th-Konzentration verschiebt sich diese Speziation aufgrund der

Bildung von Th-Polymeren deutlich. Schon bei pH > 1 bilden sich Dimere mit unterschiedlichen

Verbrückungen und Koordinationszahlen.30,31

Die bereitwillige Bildung von Th-

Polymeren/Nanopartikeln32,33

beginnt teilweise schon bei niedrigen pH-Werten (ab ~ pH 1,5). Diese

können sowohl amorpher als auch mikrokristalliner Natur sein.34

Das verwendete Nuklid von Thorium ist der radioaktive primordiale Alpha-Strahler 232

Th mit

einer Halbwertszeit von 1,4 × 1010

Jahren.

Plutonium. Die Elektronenkonfiguration von Pu ist [Rn]5f67s

2 und die Oxidationsstufen III bis

VI können in wässrigen Lösungen vorliegen. Grund dafür sind die sehr ähnlichen

elektrochemischen Potentiale der Redoxpaare von Pu unter sauren Bedingungen von etwa 1 V (z.B.

PuVI

/PuV = 0,913; Pu

VI/Pu

IV = 1,043; Pu

V/Pu

IV = 1,170; für 298,15 K in V vs. SHE

(Standardwasserstoffelektrode) in 1 M HClO4).35

Abbildung 6 zeigt, dass PuO22+

nur in einem

kleinen Bereich, bei Eh > 0,9 und pH < 5, stabil ist, und die Speziation bei niedrigeren pH-Werten

von drei- bis fünfwertigen Spezies dominiert wird.

Die Hydrolyse von Pu ist bei den hohen Oxidationsstufen (V und VI) stärker ausgeprägt als dies

für die dreiwertigen Ln und An, wie Europium, Curium oder Americium der Fall ist. Im

Allgemeinen ergibt sich für die Stärke der Hydrolyse- und Komplexbildung die Reihnfolge

M4+

> MO22+

> M3+

> MO2+. In Lösung bilden Pu(V) und Pu(VI) sogenannte Plutonyl-Ionen

[O=Pu=O]+/2+

. Diese sind linear angeordnet. Die Partialladung beträgt 2,2 bzw. 3,3.36

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26

Abbildung 6: Die Pourbaix Diagramme ([Pu] = 10-4

M, [U] = 10-3

M, [NaCl] = 10-1

M, Eh-pH, in Luft)

wurden mithilfe des geochemischen Codes Geochemist’s Workbench (Version 11.0.2, Modul Act2) erstellt.

Für die Modellierung von U und Pu wurde die aktuellste NEA thermodynamische Datenbank benutzt.

Pu(V) und Pu(IV) tendieren zur Disproportionierung, allerdings ist Pu(IV) deutlich stabiler als

Pu(V), wobei die Kinetik aufgrund des Bildens und Brechens der Pu=O Bindung in Plutonyl-Ionen

(PuO2+ und PuO2

2+) relativ langsam ist. Dabei folgt die Disproportionierung von Pu(V) Gleichung

(4.4):

(4.4)

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Chemie der Actiniden

27

Daraus ergeben sich die Gleichungen (4.4a) und (4.4b), wobei (4.4a) aufgrund des Brechens der

Pu=O Bindung relativ langsam abläuft, (4.4b) hingeben relativ schnell. Sobald beide Gleichungen

(4.4a) und (4.4b) ihr Gleichgewicht erreicht haben, ist die Disproportionierung vollständig.37

(langsam) (4.4a)

(schnell) (4.4b)

Die Disproportionierung von Pu(IV) folgt Gleichung (4.5),

(4.5)

wobei auch diese zweiteilige Reaktion in einer langsamen (4.5a) und einer schnellen (4.5b)

Teilreaktion abläuft.

(langsam) (4.5a)

(schnell) (4.5b)

Das radioaktive Nuklid 242

Pu (Halbwertszeit: 3,75 × 105 Jahre), ein Alpha-Strahler, wurde in dieser

Arbeit verwendet.

Uran besitzt die Elektronenkonfiguration [Rn]5f36d

17s

2 und seine Chemie ist, wie auch die des

Plutoniums, im Vergleich zum Thorium deutlich komplexer. In wässriger Lösung können die

Oxidationsstufen IV bis VI auftreten. Das chemische Verhalten unterscheidet sich dabei je nach

Oxidationsstufe deutlich. U bildet wie Pu in den Oxidationsstufen V und VI ebenfalls Actinyl-

Ionen, die sogenannten Uranyl-Ionen [O=U=O]+/2+

. In den jeweiligen Oxidationsstufen verhalten

sich die Elemente weitgehend analog.

Die Reaktionen der Actinyle in Lösung sind oftmals schon durch deren Größe (der Radius von

z. B. Uranyl ergibt sich aus U-O Distanz von ~ 1,7 Å + Ionenradius eines Sauerstoffions von

~ 1,4 Å = ~ 3,1 Å)38

kinetisch gehemmt, speziell wenn diese zusätzlich hydratisiert sind.

Uran besitzt in wässrigen Lösungen ein komplexes Redoxverhalten, was unter anderem an den

sehr unterschiedlichen Redoxpotentialen der unterschiedlichen Redoxpaare liegt. (z.B.

UVI

/UV = 0,088; U

VI/U

IV = 0,267; U

IV/U

III = -0,553; für 298,15 K in V vs. SHE in Reinstwasser).

23,39

Sollte es zu Änderungen des Oxidationszustandes von U aufgrund von Änderungen der

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28

Lösungseigenschaften wie pH-/Eh-Wert kommen (siehe Abbildung 6), so läuft diese

Redoxtransformation sehr schnell ab, wenn es zu keinem Brechen der Uranylbindung kommt.

Kommt es zu diesem, läuft die Reaktion sehr langsam ab. Das heißt die Reaktionen (4.6a) und

(4.6b) laufen schnell ab:

(4.6a)

(4.6b)

Während z. B. Reaktion (4.7) langsam abläuft:

(4.7)

Grund dafür ist das Brechen/Bilden der U-O-Bindungen des Uranyls, welche eine kinetische

Barriere für die Redoxreaktion darstellen. Entsprechend der genannten großen Unterschiede der

Redoxpotentiale verbleibt U(VI) unter oxidierenden Bedingungen in seinem prädominanten

Oxidationszustand U(VI). Wie Abbildung 6 zeigt, dominiert UO22+

die Speziation bei Eh-Werten

> 0,2 unter sauren Bedingungen bis pH 4,2. Mit steigendem pH-Wert und unverändertem Eh-Wert

dominieren verschiedene Hydroxo- sowie Ternäre Komplexe. Bei Eh-Werten < 0,2 und sehr sauren

Bedingungen (kleiner pH 2,2) dominiert UCl3+

, falls Cl- vorhanden ist, bzw. U(OH)2

2+. Bei pH-

Werten > 2,2 und gleichzeitig kontinuierlich fallendem Eh-Wert dominiert eine amorphe UO2-

Phase. Im Vergleich zu PuO22+

, was ein kleines Stabilitätsfeld (Eh 0,9 - 1,1 V) in wässriger Lösung

hat, weist UO22+

(Eh 0,2 - 1,1 V) also ein deutlich größeres Stabilitätsfeld auf. UO2+ in wässrigen

Lösungen, neigt zur Disproportionierung nach demselben Schema wie für PuO2+ dargestellt wurde

(Gleichung 4.4).

Das radioaktive Nuklid 238

U (Halbwertszeit: 4,47 × 109 Jahre), ein Alpha-Strahler, wurde in

dieser Arbeit verwendet.

4.2.3 Nanopartikel

Eine spezielle Eigenschaft der vierwertigen Actiniden Th, U, Np und Pu ist ihre Fähigkeit durch

Olations- und/oder Oxolationsreaktionen (Gleichung 4.8a-b) Nanopartikel auszubilden, die auch als

Eigenkolloide bezeichnet werden.40

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Chemie der Actiniden

29

(4.8)

(4.8a - Olation)

(4.8b - Oxolation)

Das Auftreten von Partikeln im Bereich < 1 µm in natürlichem Grundwasser ist hinreichend

bekannt41-44

und aufgrund ihrer Größe und geringen Sedimentationsgeschwindigkeit45

können diese

über lange Zeiträume in Suspension bleiben. Die Rückhaltung von Radionukliden/Kontaminanten

wird durch Kolloide, suspendierte Partikel im nm- bis µm-Bereich, in der Regel negativ

beeinflusst.46,47

Schwer- oder unlösliche Kontaminanten können an Kolloiden anhaften40,46,48

und

somit über weite Strecken transportiert werden. Dabei spielt es keine Rolle ob es sich um

anorganische oder organische Kolloide handelt.49,50

Für diesen Prozess müssen die Kontaminanten

nicht selbst in der Lage sein, Eigenkolloide zu bilden. Wenn sich aus mobilen gelösten Ionen, zum

Beispiel durch oberflächenvermittelte Prozesse,51

Nanopartikel bilden, die an Mineralen adsorbiert

sind, wirkt dieser Vorgang zunächst retardierend. Sollten sich diese Nanopartikel allerdings von der

Oberfläche lösen und in einen kolloidalen Zustand übergehen, so wird deren Mobilität erhöht.

Die Bildung von Nanopartikeln an Mineraloberflächen bedingt zuvor die Bildung von Dimeren

und kleineren Oligomeren. Die Bildung der Dimere funktioniert in wässrigen Lösungen durch

Kondensationsprozesse aus vorhandenen Hydrolysespezies. Dabei sind die Metallionen durch einen

Hydroxidliganden (Gleichung 4.8a - Olation) oder einen Sauerstoffliganden

(Gleichung 4.8b - Oxolation) verbrückt. Mit zunehmender Härte wird dabei die Oxolation

favorisiert.31

Neben dem Hauptfaktor, der Härte, hängt der Kondensationspfad zusätzlich vom

Hydrolyse-Komplex und den Lösungsbedingungen, wie Metallkonzentration und pH-Wert, ab.

Page 30: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

30

4.3 Grenzflächenreaktionen von Actiniden auf Muskovit

4.3.1 Sorption von Th an der Basalfläche von Muskovit im Medium NaCl

In vorangegangenen Arbeiten von Schmidt et al.1 wurde das Sorptionsverhalten von Th im

Kontakt mit der Basalfläche von Muskovit untersucht ([Th] = 0,1 mM, [NaCl] = 0,1 M, pH = 3,2).

Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen für die Th-Experimente der vorliegenden Studie als Referenz

dienen. Die Strukturanalyse wurde in situ mithilfe von SXS (siehe Kapitel 5.1.2) durchgeführt.

Zudem wurde die Oberflächenbelegung unabhängig mittels Alpha-Spektrometrie bestimmt. Die

ermittelten Belegungen des oberflächenassoziierten Th betragen 0,15 ± 0,02 Th/AUC (Alpha-

Spektrometrie) bzw. 0,40 ± 0,07 Th/AUC (RAXR). Die alpha-spektrometrisch ermittelten

Oberflächenbelegungen in Abhängigkeit von der Th-Konzentration ([Thtot] = 1,0 × 10-6

5,0 × 10-3

M) können für niedrige Konzentrationen (bis 1 × 10-3

M) durch eine

Langmuir-Verteilung darstellt werden, für höhere Konzentrationen ist die Belegung durch

oberflächeninduzierte Oligomerisation deutlich erhöht.1

Abbildung 7: Messungen der Th(IV)-Aufnahme,1 wobei die Oberflächenbelegung durch Alpha-Spektrometrie

ermittelt wurde und als Funktion der Th-Konzentation in Lösung dargestellt wurde ([Th]tot = 1,0 × 10-6

bis

4,9 × 10-3

M). Die best-fit Langmuir-Isotherme für die niedrigen Konzentrationen ist als durchgezogene rote

Linie dargestellt. Die gestrichelte orange Linie zeigt den Trend der überschüssigen Th-Aufnahme durch

oberflächeninduzierte Oligomerisation. Das obere Fenster zeigt die Daten bei niedrigen Konzentrationen von

[Th]tot = 1,0 × 10-6

bis 1,0 × 10-3

M, welche für den Langmuir-Fit verwendet wurden.

Die Adsorptionsstruktur an der Fest-Flüssig-Grenzfläche (in situ) konnte als eine breit verteilte

Spezies, mit einem Maximum im Abstand von 10,1 Å von der Mineraloberfläche, identifiziert

werden. Dieser große Abstand zur Oberfläche kann nicht mit den klassischen Modellen der IS- und

OS-Sorption erklärt werden und wird als Extended-OS-Komplex interpretiert.1,52,53

Das heißt, Th

Page 31: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Chemie der Actiniden

31

adsorbiert mit zwei intakten Hydrathüllen. In den meisten Fällen treten Extended-OS-Komplexe als

minorer Anteil zusammen mit dominierenden IS- und OS-Komplexen auf (z.B. im Falle von

zweiwertigen Kationen wie Sr2+

oder Pb2+

),53

im Falle von Th-NaCl-Muskovit dominiert hingegen

der Extended-OS-Komplex. Dies ist durch die hohe freie Hydratationsenthalpie des kleinen,

hochgeladenen Th(IV)-Kations zu erklären (ΔGhyd (Th4+

) = -5815 kJ/mol),54

welche signifikant

höher ist als jegliche freie Hydratationsenthalpie von zweiwertigen Kationen, z.B. des am stärksten

hydratisierten zweiwertigen Kations Be2+

(unter gleichen Bedingungen:

ΔGhyd (Be2+

) = - 2395 kJ/mol)1,54

oder als die von dreiwertigen Kationen, z.B. Y3+

(ΔGhyd (Y3+

) = - 3620 kJ/mol).55,56

4.3.2 Pu(IV)-Nanopartikel aus einer Pu(III)-Lösung.

Pu-Nanopartikel sind Inhalt von diversen aktuellen Forschungsstudien.40,46-48,51,57

Ausgangspunkt

sind dabei häufig Standorte, an denen eine Kontamination durch Pu vorliegt und der Fokus auf

Untersuchungen der Mobilität von Pu im Zusammenhang mit Nanopartikeln liegt.40,46,47

Andere

Studien haben gezeigt, dass Aggregate von an sich schwerlöslichem PuIV

zu einer erhöhten

Löslichkeit führen können, entweder in Form von intrinsischen Kolloiden oder durch Adsorption an

gelösten mineralischen Nanopartikeln.58-60

Die vorangegangene Studie von Schmidt et al.51

untersuchte die Bildung von Pu(IV)-

Nanopartikeln auf der basalen (001) Fläche von Muskovit, ausgehend von einer Pu(III)-Lösung.

Alpha-Spektrometrie sowie RAXR-Messungen ergaben sehr hohe Pu-Belegungen auf der

Muskovitoberfläche von jeweils 9,0 ± 0,5 bzw. 9,9 ± 1,2 Pu/AUC. Die Stabilität der Pu(III)-Lösung

wurde anhand von UV/Vis-Spektroskopie über einen Zeitraum von mehr als einer Woche bestätigt.

Weder eine nachweisbare Pu(IV)-Konzentration (Nachweisgrenze bei spektraler Interferenz für

eine 1 mm Zelle: 160 µM)61

noch Polymerphasen konnten nachgewiesen werden.62

Da nach einer

Kontaktzeit von 24 h Pu(IV)-Nanopartikel an der Muskovitoberfläche nachgewiesen werden

konnten, spielt die Oberfläche offensichtlich eine entscheidende Rolle im Prozess der

Nanopartikelbildung. Nach Schmidt et al.51

findet die initiale Sorption vermutlich in Form einer

Extended-OS-Sorption, ähnlich der im Th-NaCl System beobachteten, statt, bis die Konzentration

einen notwendigen Schwellenwert überschreitet und über Hydrolyse- und Kondensationsprozesse

die Bildung von Nanopartikeln beginnt. Entscheidend für den gesamten Prozess der

Nanopartikelbildung sind die Anwesenheit des Minerals und das Gleichgewicht (GGW) zwischen

Pu(III) und Pu(IV). Dabei wird dem GGW kontinuierlich Pu(IV) durch die

Sorption/Nanopartikelbildung entnommen. Dadurch wird Pu(III) ständig zu Pu(IV) oxidiert, um den

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32

GGW-Zustand beibehalten zu können. Der Prozess ist also durch die Oberfläche katalysiert. Die

Studie lässt offen, wo die Oxidation von Pu(III) zu Pu(IV) stattfindet. Drei mögliche Mechanismen

für die Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln sind vorgeschlagen: (A) Pu(III) wird in der Bulk-Lösung

zu Pu(IV) oxidiert und anschließend adsorbiert Pu(IV) an der Mineraloberfläche. (B) Pu(III)

adsorbiert an der Mineraloberfläche und wird an der Oberfläche zu Pu(IV) oxidiert. Beide Pfade

(A) und (B) führen über Hydrolyse- und Kondensationsprozesse daraufhin zur Bildung von

Oligomeren und letztendlich Nanopartikeln an der Oberfläche. Der dritte Pfad (C) basiert auf der

Bildung der Nanopartikel aus im Lösungsgleichgewicht vorhandenem Pu(IV) direkt in Lösung,

gefolgt von der Sorption dieser an der Mineraloberfläche. Pfad (C) ist auf Grundlage der bekannten

Thermodynamik des Pu allerdings unwahrscheinlich.

4.3.3 Einfluss von Mineraloberflächen auf die Bildung von Pu(IV)

Die Bildung von Pu(IV) an Mineraloberflächen im Kontakt mit Lösungen die Pu in den

Oxidationsstufen Pu(III) bis zu Pu(VI) beinhalten, wurde in vorangegangenen Arbeiten beobachtet.

Sehr viele Studien haben dabei die Relevanz von redox-aktiven Mineralen untersucht.63-72

Dass

dieses Kriterium aber keineswegs eine Notwendigkeit für die Bildung von Pu(IV) darstellt, konnte

wiederum in mehreren Arbeiten mit redox-inaktiven Mineralen gezeigt werden.51,73-76

An den

Oberflächen der redox-aktiven Minerale ist häufig Eisen oder Mangan verfügbar, sodass ein

direkter Elektronentransfer vom oder zum Mineral stattfindet. Wohingegen die redox-inaktiven

Minerale zwar für die Reaktionen notwendig sind oder diese begünstigen, allerdings nicht direkt am

Elektronentransfer teilnehmen können. Ähnlichkeiten mit der vorliegenden Arbeit liegen z.B. in der

Studie über die Reduktion von Pu(V) zu Pu(IV) an Montmorillonit vor.75

Die Reduktion an der

Grenzfläche des redox-inaktiven Montmorillonits verlief ebenfalls langsam und aufgrund der

Abhängigkeit dieser Reaktionsgeschwindigkeit von pH und Ionenstärke, wurde vermutet, dass ein

Protonen-vermittelnder Oberflächenprozesses involviert ist.

Die oberflächenvermittelte Bildung einer Phase auf einem Substrat kann durch epitaxiale

Übereinstimmung erleichtert oder beeinflusst werden. Das heißt, die vorgegebene atomare Ordnung

eines kristallinen Substrats wird auf die Phase, die sich an dessen Oberfläche bildet, übertragen. Ein

solcher Effekt wurde für die Bildung von Pu-Nanopartikeln auf Goethit (FeOOH) beobachtet, wo

Partikel mit Pu4O7-Struktur statt der üblichen PuO2-Struktur gefunden wurden.77

Page 33: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Material & Methoden

33

5 Material & Methoden

5.1 Probenpräparation

5.1.1 Allgemeines zur Probenpräparation.

In diese Arbeit sollen Erkenntnisse über die Wechselwirkung verschiedener Lanthaniden und

Actiniden mit Muskovit (und Orthoklas) und damit assoziierte Oberflächenphänomene,

insbesondere Sorptionsprozesse, gewonnen werden. Dementsprechend wurden verschiedene

Experimente konzipiert, die entweder reale Bedingungen simulieren oder einfach analysierbare

Bedingungen schaffen sollten, um den Einfluss von Sorptionsprozessen auf die Rückhaltung

abschätzen zu können.

Alle chemischen Reaktionen fanden dabei einheitlich in Polypropylen-Röhrchen der Firma

Greiner Bio-One statt und wurden im weitesten Sinne als sogenannte Batch-Versuche durchgeführt.

Bei dem verwendeten Substrat dieser Arbeit handelt es sich um Muskovit, welcher von der

Asheville-Schoonmaker Mica Company (USA) bezogen wurde. Das natürliche Mineral wurde

anhand von Einkristallen und in Pulverform untersucht. Die Einkristalle liegen in V1 Qualität (klar,

hart, einheitliche Farbe, nahezu flach, frei von Spannungen, Einschlüssen, Rissen oder ähnlichen

Defekten) und den Maßen 12,7 × 12,7 × 0,2 mm3 vor.

Mögliche Verunreinigungen der Oberflächen, hervorgerufen durch das Schneiden der

Einkristalle oder die Lagerung dieser, machen es notwendig, die Kristalle, bevor sie in Kontakt mit

der entsprechenden Reaktionslösung gebracht werden, zu spalten. Dabei wird eine unveränderte

„frische“ Oberfläche geschaffen. Durch die Größe der Kristalle und die Form der verwendeten

Probenröhrchen ist der Kontakt zwischen Kristall und Wandung des Röhrchens minimal und

lediglich auf die Ecken des Kristalls beschränkt, weshalb die tatsächliche Reaktionsfläche der

geometrischen (001) Fläche des Muskovits von etwa 161 mm2 entspricht. Für die Messung des Th-

ClClO4 Experiments (siehe Kapitel 6.1.3), wurden dickere Kristalle (~ 2 mm) mit einem

Durchmesser der (001) Fläche von etwa 10 mm, d. h. einer Reaktionsfläche von etwa 79 mm2,

verwendet.

Das Pulver wurde aus den gleichen Kristallen mittels Kugelmühle (Achat) gemahlen und mit

einem Satz Siebe (Stahl) auf eine Korngröße von ≤ 63 µm gesiebt. Dieses Pulver wurde für die

Durchführung der Laserfluoreszenzmessungen und die Erstellung von Sorptionskurven verwendet.

Im Mittelpunkt dieser Arbeit standen grundlagenorientierte Untersuchungen, die der

Prozessaufklärung, d.h. der Sorption von Radionukliden an Mineral-Wasser-Grenzflächen, auf

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34

molekularer Ebene dienen sollen. Die verwendeten Methoden und durchgeführten Experimente

werden im Folgenden beschrieben. Die genauen Lösungszusammensetzungen aller Proben sind in

den entsprechenden Kapiteln separat aufgeführt.

5.1.2 Oberflächen-Röntgenbeugung.

SXS-Experimente (siehe Kapitel 5.2), bestehen aus CTR (Crystal Truncation Rod) und RAXR

(Resonant Anomalous X-ray Reflectivity) Messungen. Sie ermöglichen die Aufklärung der

Oberflächenstruktur und kombinieren dies mit einer elementspezifischen Information, um die

vertikale Verteilung und die Oberflächenbelegung verschiedener, im System vorliegender Spezies

zu ermitteln. Messungen mittels SXS benötigen Einkristall-Substrate für ihre Durchführung. Die

Sorption an diesen Einkristallen findet als Batch-Versuch statt und die Messungen sind in situ. Das

heißt, nachdem sich der Kristall über Nacht (~ 20 h) in der Lösung befand, wird er auf die

Messzelle (siehe Abbildung 8) überführt und mit etwa 20 µL derselben Reaktionslösung bedeckt.

Fixiert wird der Kristall mitsamt der darauf befindlichen Lösung durch eine 7,5 µm-dicke Kapton®

Folie, die zudem ein Austrocknen verhindern soll.

Abbildung 8: Probenzelle die für die SXS-Experimente genutzt wurde (Schmidt et al. 2015, Schmidt et al.

2011). Der Muskovit Kristall wird durch eine dünne Kapton® Folie und zwei weitere domartige Lagen aus

Kapton® umschlossen, wobei die erste dünne Kapton® Folie den Kristall im direkten Kontakt mit der Folie

hält und ein Austrocknen verhindert. Kristall und die Kapton® Folie/Dome sind auf einer

Aluminiumhalterung montiert.

5.1.3 Laserfluoreszenzspektroskopie.

Die laserfluoreszenzspektroskopischen Messungen wurden mit den oben erwähnten

Muskovitpulvern durchgeführt. Hierbei können spezifische Aussagen über die Speziation bei

unterschiedlichen Bedingungen (pH-Wert, Lösungskonzentrationen u. a.) getroffen werden. Ziel

dieser Experimente war es, das Sorptionsverhalten von dreiwertigen Actiniden, speziell Am und

Cm, zu bestimmen und zu verstehen. Cm und Eu dienten dabei aufgrund ihrer hervorragenden

Lumineszenzeigenschaften als Sonden für die Fluoreszenzuntersuchungen und gleichzeitig als

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Material & Methoden

35

Analogon für das endlagerrelevante Am. Bei der Präparation ist zwischen UV-Anregung bei

Raumtemperatur und direkt angeregten Tieftemperaturmessungen bei < 20 K zu unterscheiden. Die

UV-Messungen wurden in Suspension durchgeführt. Für die Tieftemperaturmessungen hingegen

wurde das Pulver, nach der Reaktion im Batch-Experiment, mittels Filtration (0,45 µm Porengröße)

von der Lösung getrennt. Daraufhin wurde das Pulver mit jeweils 1 mL des Hintergrundelektrolyts

und deionisiertem Wasser (DIW) gewaschen, um mögliche Präzipitate des Hintergrundelektrolyts

zu vermeiden. Dem folgte die Trocknung des Pulvers unter atmosphärischen Bedingungen. Das

getrocknete Pulver wurde auf einen Kupferprobenträger überführt, mittels Kryostat auf unter 20 K

gekühlt und daraufhin ex situ laserfluoreszenzspektroskopisch untersucht. Der Überstand wurde

quantitativ mittels ICP-MS (inductively coupled plasma mass spectrometry) untersucht, um zu

bestimmen, wie viel des Sorbens in der Lösung verblieben ist, woraus die prozentuale Sorption

bestimmt wurde.

5.1.4 Alpha-Spektrometrie

Die Alpha-Spektrometrie wurde ebenfalls in Form von ex situ Batch-Versuchen, allerdings an

Einkristallen, durchgeführt. Dabei werden die Einkristalle in eine radionuklidhaltige Lösung (Th, U,

Pu, Am) getaucht und dieser nach einer Kontaktzeit von ~ 20 h entnommen. Dem folgt eine

Waschprozedur: Der Kristall wurde dabei zuerst einige Male in eine Lösung des entsprechenden

Hintergrundelektrolyts derselben Konzentration getaucht um überschüssige, nicht adsorbierte

Radionuklide zu entfernen. Danach wurde überschüssiges Hintergrundelektrolyt durch mehrmaliges

Tauchen in DIW entfernt, dieses würde ansonsten während des Trocknens ausfallen und könnte die

Messung durch Absorption von Alpha-Strahlung verfälschen. Sobald der Kristall unter

atmosphärischen Bedingungen vollständig getrocknet ist, kann dieser an die Rückseite einer

Metallronde (nach Wilson78

), mit Öffnung bekannter Fläche, befestigt werden und in einer

Alpha-Kammer gemessen werden. Dadurch ist der gemessene Bereich in zweierlei Hinsicht

definiert: Zum einen ist die Fläche die zum Signal beiträgt, durch den Kreisdurchmesser der

Öffnung exakt bekannt und zum anderen werden Kanten und Ecken vollständig abgeschirmt.

Dadurch werden lediglich Alpha-Teilchen detektiert, die von Radionukliden ausgehen, welche an

der Basalfläche des Muskovits adsorbiert sind. Dies erlaubt den direkten Vergleich der Belegungen,

welche mittels Alpha-Spektrometrie und SXS-Messungen erhalten wurden. Nach einer

Untergrundkorrektur kann, anhand der Anzahl detektierter Alpha-Teilchen pro Zeitintervall, direkt

die Oberflächenbelegung eines Radionuklids pro Fläche berechnet werden. Allerdings ist hierbei zu

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36

beachten, dass schwach-adsorbierte Spezies durch den Waschprozess entfernt werden können,1,56,79

wodurch die Oberflächenbelegung im Vergleich zu in situ Messungen reduziert sein kann.

Alpha-Experimente dienen in dieser Arbeit der quantitativen Bestimmung der Oberflächenbelegung

und der quantitativen Validierung der SXS-Experimente. Daher wurden die Proben der

Alpha-Spektrometrie unter identischen Lösungsbedingungen wie die entsprechenden SXS-

Experimente durchgeführt.

5.2 Oberflächen-Röntgenbeugung

Die Beugung von Röntgenstrahlen an Elektronen der Atome eines Kristalls wird in der

klassischen Einkristall- und Pulverdiffraktometrie genutzt um die Kristallstrukturen zu analysieren.

Hierbei wird ausgenutzt, dass Röntgenstrahlung Wellenlängen besitzt, die in ihrer Größenordnung

den Gitterabständen eines Kristalls entspricht, wodurch Interferenz an diesem Gitter auftritt.

Konstruktive Interferenz tritt ein, wenn der Gangunterschied Δ zwischen zwei Röntgenstrahlen, die

an unterschiedlichen Netzebenen gebeugt werden, einem ganzzahligen Vielfachen n ihrer

Wellenlänge λ entspricht. Damit ist der Gangunterschied abhängig vom Einfallwinkel θ der

Röntgenstrahlen und dem Netzebenenabstand d. Dieser Zusammenhang wird durch die Bragg-

Gleichung (5.1) beschrieben:80

Δ (5.1)

n ist eine natürliche Zahl (Grad des Maximums) und λ die Wellenlänge der einfallenden

Röntgenstrahlen. Dabei entstehen bei der Einkristall- sowie der Pulverdiffraktometrie typische

Beugungsmuster (Abbildung 9).

Abbildung 9: (Links) Schema des Beugungsprozesses (nach 81

). (Mitte) Pulverdiffraktogramm von

Quarzpulver (82

). (Rechts) Beugungsmuster eines Quasikristalls (Shechtman83

).

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Material & Methoden

37

Die Intensität jedes Bragg-Punktes Ihkl ist dabei proportional zum Betragsquadrat des sogenannten

Strukturfaktors Fhkl, was dem Streuvermögen eines Kristalls entspricht. Der Strukturfaktor stellt die

Fouriertransformation der Elektronendichte ρ, der Einheitszelle des Kristalls, mit den Koordinaten

x, y und z und den Basisvektoren a, b und c, nach Gleichung (5.2) dar:

(5.2)

Dies kann äquivalent als Summe der atomaren Streufaktoren fj der Atome j der Einheitszelle

entsprechend Gleichung (5.3) dargestellt werden:84

(5.3)

Jeder Streufaktor fj stellt die Fouriertransformation der Elektronendichte eines Atoms j dar. Die

gemessene Intensität in Röntgenbeugungsexperimenten steht also in direktem Zusammenhang mit

der Elektronendichte des untersuchten Systems.

Bei der Durchführung der SXS-Experimente wird zunächst die präparierte Probe auf die

Messzelle überführt und diese auf dem Diffraktometer montiert, woraufhin der Kristall im

Röntgenstrahl ausgerichtet werden kann. Dies dient dazu die genaue Lage des Kristalls im

Röntgenstrahl zu kennen, um jede gewünschte Position im reziproken Raum ansteuern zu können.

Mithilfe eines Fluoreszenzdetektors wird die genaue Energie der entsprechenden Absorptionskante

des Elements dem unser Interesse gilt, ermittelt, gleichzeitig wird so bestimmt, ob das

entsprechende Element im Bereich der Oberfläche vorhanden ist. Desweiteren können aus dem

ermittelten XANES-Spektrum über eine Kramers-Kronig-Transformation die anomalen

Dispersionsterme und

ermittelt werden (siehe Kapitel 5.2.2).85

Sobald Ausrichtung und

Energiebestimmung abgeschlossen sind, kann die Probe vermessen werden, was i. d. R. mit der

Suche nach einer qualitativ geeigneten lateralen Position auf dem Kristall beginnt. Um die

Beeinflussung oder die Veränderung der Grenzfläche inklusive der adsorbierten Komponenten

durch den Röntgenstrahl zu minimieren, wird die Position während der gesamten Messung

wiederholt gewechselt.

Die Durchführung dieser Experimente erfordert harte, hochbrillante Röntgenstrahlen, um die

Absorption in der Lösung zwischen Kapton® Folie und Kristall zu minimieren und den

notwendigen Photonenfluss zu gewährleisten, sodass auch bei niedrigen Reflektivitäten (~ 10-10

)

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38

noch genügend Signal generiert wird. Optimale Bedingungen für diese Art von Experimenten

bieten Synchrotroneinrichtungen wie z.B. die Advanced Photon Source (APS) des Argonne

National Laboratory (ANL) oder die European Synchrotron Radiation Facility (ESRF). Die

Messungen dieser Arbeit wurden an der Beamline 13-IDC (GSECARS – University of Chicago)

der APS durchgeführt.

5.2.1 CTR

Die Streuung an einer terminierten Kristalloberfläche resultiert in eindimensionalen Streifen, den

CTRs, welche eine zweidimensionale Bragg-Bedingung erfüllen. In dieser reziproken Darstellung

erscheinen die Bragg-Peaks als Bragg-Punkte, welche vom CTR als Normale zur Oberfläche

geschnitten werden. Die Intensität entlang des CTRs ist immer größer Null, wobei Minima in den

Bereichen zwischen den Bragg-Peaks liegen, welche selbst die Maxima darstellen. Die

Intensitätsunterschiede betragen hierbei mehrere Größenordnungen. Ein idealer Kristall mit drei

Oberflächen (Abbildung 10 links) und dessen Netzebenenabständen a, b und c senkrecht zu den

Oberflächen kann wie in Abbildung 10 (rechts) im reziproken Raum dargestellt werden.

Abbildung 10: (links) Idealer Kristall mit den Netzebenenabständen a, b und c. (rechts) Darstellung dieses

Kristalls im reziproken Raum mit durch Crystal Truncation Rods verbundenen Braggpunkten.

Für ein solches System kann der Strukturfaktors Fgesamt entsprechend Gleichung 5.4 angegeben

werden:

(5.4)

Dabei gehen in den Strukturfaktor die Faktoren der Einheitszelle (FUC) und des CTRs (FCTR) sowie

der Faktor der Grenzfläche (FGrenz) und des Wassers (FW) ein. Der Faktor der Einheitszelle (FUC)

wird, basierend auf der bekannten Position der Atome durch XRD-Messungen, berechnet.86

FCTR

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Material & Methoden

39

beschreibt generisch die Intensität des CTRs nach 1/[1 - exp(-iQd/4)]2,84

wobei Q dem

Impulsübertrag (s. u.) entspricht. Das Produkt aus FUC und FCTR stellt die CTR-Struktur der Atome

der Einheitszelle des Kristalls dar. Durch FGrenz kann die Relaxation der oberflächennahen Atome

zusammengefasst werden. Der Struktur des Wassers und aller darin gelösten Spezies wird durch FW

Rechnung getragen. Die hierbei zusammengefassten Atomverbände des Gesamtstrukturfaktors

dienen dazu bestimmte strukturelle Bereiche zu beschreiben und veränderliche Teile von fixen

Anteilen zu trennen. Der Impulsübertrag Q dient zur Darstellung des Streuprozesses unabhängig

von sowohl Wellenlänge λ der eingestrahlten Röntgenphotonen, als auch der Gitterkonstante des

Kristalls. Q ist ein Vektor, dessen Betrag entsprechend Gleichung (5.5) in Relation zum

Streuwinkel θ und dem Müller-Index L steht:

(5.5)

Jeder der Strukturfaktoren des nicht-resonanten Strukturfaktors ist dabei definiert nach Gleichung

(5.6):

(5.6)

(Q) ist der atomare Formfaktor des j’ten Teils der Struktur, ist die Oberflächenbelegung an der

vertikalen Position mit der Breite der Normalverteilung , welche die thermische Schwingung

und die inhärenten Verteilungsbreite zusammenfasst. Diese Temperaturabhängigkeit der Intensität

wird mittels des letzten Exponentialterms mit der Schwingungsamplitude uj durch den Debye-

Waller-Faktor ausgedrückt.

Die resultierende Reflektivität, das Verhältnis der Intensität des reflektierten und eingestrahlten

Röntgenflusses, der CTR-Messungen wird durch die Adsorption von Ionen, Atomen oder

Molekülen an der Grenzfläche (FGrenz) des Minerals beeinflusst. Aus dieser Veränderung der

Reflektivität können Parameter wie vertikale Position, Belegung und Verteilung der

Oberflächenspezies abgeleitet werden. Allerdings kann die Reflektivität zwar aus einer bekannten

Elektronendichte ermittelt werden, im Kehrschluss ist die direkte Berechnung der Elektronendichte

aus der gemessenen Reflektivität auf Grund des Phasenproblems nicht möglich,87

denn die

gemessene Intensität ist direkt proportional dem Betragsquadrat des Strukturfaktors, welcher selbst

eine komplexe Größe ist. Die resultierende Phase des Strukturfaktors an jedem Punkt kann über die

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40

Berechnung mittels Reflektivitätsdaten nicht definiert werden, weshalb mehr Datenpunkte

gemessen werden müssen, als für die Berechnung eigentlich notwendig wären. Diese

Überbestimmung ermöglicht die Eingrenzung der Phase, wobei eine Restunsicherheit bleibt.87

Die

Reflektivität eines gegebenen Modells setzt sich dabei entsprechend Gleichung (5.7) zusammen:

(5.7)

re = 2,818 × 10-5

Å ist der klassische Elektronenradius und AUC = 46,72 Å2 entspricht der Fläche der

Einheitszelle der basalen (001) Fläche von Muskovit.

Die Bestimmung der Elektronendichte erfolgt anhand eines parametergestützten,

mathematischen Modells. Dabei beschreiben mehrere Gauß’sche Glockenkurven durch drei

Parameter cj, uj und zj, d.h. die Belegung, die Breite der Normalverteilung und die vertikale Höhe

über der Oberfläche des Atoms j, alle adsorbierten Spezies (Gleichung 5.6). Weitere Parameter

lassen in das Modell die Kristallstruktur, die Rauigkeit und Relaxation der Oberfläche einfließen.88

Anhand der genannten Parameter kann das aus drei Teilen (Substrat, Grenzfläche und Lösungsbulk)

bestehende Elektronendichteprofil erstellt werden. Die Modellierung der Oberflächenstruktur zur

Anpassung an den gemessenen CTR erfolgt nach einem etabliertem Algorithmus.84

Die Struktur des

Lösungsmittels wird durch ein geschichtetes Wassermodell beschrieben. Dabei wird die aus dem

Modell berechnete Elektronendichte durch Variation der genannten Parameter den Messdaten

angepasst. Hierbei kommt eine nicht-lineare Methode der kleinsten Fehler-Quadrate zur

Anwendung, während die Genauigkeit jedes Modells mithilfe eines skalierten χ2-Wertes (Gleichung

5.8) und dem R-Faktor (Gleichung 5.9) validiert wird, wodurch unterschiedliche Modelle

verglichen werden könnnen:

(5.8)

(5.9)

Ik und σk sind die Intensität und die dazugehörige Unsicherheit des k’ten Datenpunktes, Icalc ist die

berechnete Intensität für ein bestimmtes Set von Parametern des Modells, N und Np sind die Anzahl

an Datenpunkten und Parametern die für die Modellanpassung benutzt wurden.

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Material & Methoden

41

Die gewählte Energie der Röntgenphotonen muss für die CTR-Messungen so gewählt werden,

dass sie von Energien resonanter Elemente entsprechend weit entfernt ist, um eine Beeinflussung

des gemessenen Signals durch Resonanz zu vermeiden. Mit resonanter Energie ist die

Photonenenergie der verwendeten Röntgenstrahlung gemeint, bei der sich die Absorptionskante

eines Elementes innerhalb der Oberflächenstruktur, befindet. Dieser Beitrag wird bei Energien der

Röntgenstrahlung die entsprechend weit von der Absorptionskante entfernt sind (nicht-resonant)

vernachlässigbar. Dabei übliche Differenzen der Energie zur Absorptionskante sind etwa 1 bis

3 keV.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden CTR-Messungen mit Th, U, Pu und Am durchgeführt. Tabelle

2 zeigt die LIII-Absorptionskanten der jeweiligen Elemente und die Energie bei denen die CTR-

Messungen durchgeführt wurden.

Tabelle 2: LIII-Absorptionskanten (keV) ausgewählter Elemente und Energien der entsprechenden CTR-

Messungen

LIII-Absorptionskante

(keV)

Energie CTR-Messung

(keV)

Th 16,30 18,00

U 17,18 16,00

Pu 18,06 16,00

Am 18,52 16,00

5.2.2 RAXR

Aufbauend auf dem nichtresonanten Formfaktor kann die Variation des atomaren Streufaktors

eines Elements nahe dessen Röntgenabsorptionskante dazu genutzt werden,89

dieser strukturellen

Information eine elementspezifische Sensitivität hinzuzufügen. Dadurch wird die genauere

Lokalisierung und Unterscheidung einzelner Spezies möglich. Der Strukturfaktor für

elementspezifische Teilstrukturen wird durch die Anwendung resonanter Röntgenstreuung nutzbar,

welche durch den atomaren Streufaktor durch Gleichung (5.10) beschrieben wird:90

(5.10)

und

stellen die anormalen Dispersionskorrekturterme des atomaren Formfaktors

dar, der selbst in erster Näherung Energie unabhängig ist. Wobei

nur in der

Nähe einer Absorptionskante eines resonanten Elements von Relevanz sind.

Entsprechend Gleichung (5.11) ist es möglich den Gesamtstrukturfaktor in einen nicht-resonanten

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42

und einen resonanten, elementspezifischen Teil aufzugliedern:91,92

(5.11)

Der nicht-resonante Strukturfaktor FNR, aus Gleichung (5.6), ergibt sich hierbei aus der

Gesamtelektronendichte entlang des Impulsübertrags Q orthogonal zur Substratoberfläche, der in

CTR-Messungen ermittelt wird. Der resonante Teil FR des Gesamtstrukturfaktors ist neben dem

Impulsübertrag Q zudem von der Energie E abhängig und entspricht der Summe aller an der

elementspezifischen Absorptionskante angeregten Komponenten j (Gleichung 5.12):

(5.12)

Entsprechend der vorangegangenen Ausführung wird hierbei der nicht-resonante Strukturfaktor

FNR(Q) unabhängig vom resonanten Strukturfaktor FR(Q, E) ermittelt, wobei die CTR-Messung bei

ausreichend weit von der elementspezifischen Absorptionskante entfernter Energie gemessen wird,

sodass die Störung der gemessenen Reflektivität durch die anomale Streuung vernachlässigbar wird.

Die Messung der RAXR-Intensität erfolgt bei ausgewählten Q-Werten, wobei jeder Energiescan bei

konstantem Q durchgeführt werden muss. Ist FNR(Q) bekannt, wird die RAXR-Intensität als

Funktion der einfallenden Röntgenenergie bei fixem Q proportional zum Betragsquadrat von

Gleichung (5.12) komplett durch die Geometrie des resonanten Atoms (cj, zj, uj) und die anomalen

Dispersionsterme ( und

) festgelegt.92

Im Allgemeinen sind die anomalen Dispersionsterme für

alle Spezies eines Systems in erster Näherung gleich. Das heißt, die Bestimmung der anomalen

Dispersionsterme und

kann mittels Kramers-Kronig-Transformation85

eines

zeitgleich aufgenommenen GI-XANES-Spektrums, durchgeführt werden. Die möglichen Formen

der RAXR-Modulationen werden dabei direkt durch und

vorgegeben, wobei Park &

Fenter93

die Übereinstimmung der berechneten Form und der experimentell ermittelten Form zeigen

konnten (Abbildung 11).

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Material & Methoden

43

Abbildung 11: Berechnete RAXR-Spektren für verschiedene Positionen des resonanten Atoms, welche

gewählt wurden um die Spektren entsprechender Phasenunterschiede (ΦNR(Q) – ΦR(Q)) zu zeigen. Die

gestrichelten Linien repräsentieren die berechneten RAXR-Spektren mithilfe von Cromer-Liberman

und und die farbigen durchgezogenen Linien stellen die RAXR-Spektren mithilfe von experimentell

ermittelten anomalen Dispersionskorrekturtermen für Sr2+

(aq) (beinhaltet die chemische Signatur von XANES)

dar. Alle Daten sind auf der gleichen absoluten vertikalen Skala dargestellt und die Spektren oszillieren um

|F(Q,E)/FNR(Q)|2 = 1 mit einer einzigartigen Form für jeden Phasenwinkel.

93

Unter dieser Voraussetzung ist es möglich den partiellen resonanten Strukturfaktor so

umzuschreiben, dass die bisherige Q- bzw. E-Abhängigkeit separat betrachtet werden kann

(Gleichung 5.13a-c):

(5.13)

(5.13a)

(5.13b)

Damit ist der elementspezifische partielle Strukturfaktor nicht mehr von E abhängig, sondern

nur noch von der lokalen Struktur des resonanten Atoms. Dies ermöglicht eine alternative

Formulierung durch die Amplitude AR(Q), welche mit der kohärenten Belegungszahl des

resonanten Atoms korreliert ist, sowie die Phase PR(Q), die mit der kohärenten Position des

Elements zusammenhängt.93

Der Zusammenhang zwischen AR(Q) und PR(Q) mit der Belegung cj an

der vertikalen Position mit der Breite der Normalverteilung ist in Gleichung (5.14) dargestellt:

Page 44: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

44

(5.14)

Dementsprechend kann jedes RAXR-Spektrum bei konstantem Impulsübertrag Q0 vollständig

mithilfe der zwei Parameter AR(Q0) und PR(Q0) beschrieben werden, solange der nicht-resonante

Strukturfaktor FNR(Q0) und die anomalen Dispersionsterme des resonanten Atoms,

und , bekannt sind. Dabei erfolgt die Erstellung der Strukturmodelle der Oberfläche

äquivalent der Prozedur für CTR aus Kapitel 5.2.1.

5.3 Fluoreszenzspektroskopie

5.3.1 Allgemeines

Photolumineszenz ist der Prozess, bei dem Elektronen eines elektronisch angeregten Zustandes

in den energetisch niedriger gelegenen Grundzustand zurückkehren. Dies geschieht durch spontane

Aussendung von Licht. Dieser Prozess wird manchmal anhand der Lebensdauer (τ) in Fluoreszenz

(τ < 1 µs) und Phosphoreszenz (τ > 1 ms) unterschieden. Diese Unterteilung weist eine Lücke von

drei Größenordnungen auf, deswegen erfolgt alternativ die Einteilung nach der Art der Übergänge.

Als Fluoreszenz werden alle erlaubten Übergänge zwischen Niveaus gleichen Spins bezeichnet und

als Phosphoreszenz solche mit Spinwechsel (ΔS ≠ 0, intersystem crossing).94

Beide Prozesse starten durch Absorption von Licht und dem daraus resultierenden Übergang der

Elektronen in einen angeregten Zustand. Dieser führt entweder direkt zur Lichtemission oder zu

einer strahlungslosen Relaxation in ein niederenergetisches Niveau innerhalb des elektronisch

angeregten Zustandes. Von diesem ausgehend findet die Fluoreszenzemission in den

(schwingungsangeregten) elektronischen Grundzustand statt. Es gilt aufgrund der Energieerhaltung

λEmission > λAbsorption, die Energiedifferenz Δλ wird als Stokes-Shift bezeichnet.95

Im Unterschied zur

Fluoreszenz beinhaltet die Phosphoreszenz einen Übergang bei dem sich die Multiplizität ändert

(Interkombination). Dieser Übergang erfolgt entweder durch intersystem crossing, während der

strahlungslosen Relaxation, oder durch direkte resonante Anregung eines Energieniveaus mit

unterschiedlichem Spin. Da der Übergang in den elektronischen Grundzustand nun spinverboten ist,

erfolgt er langsamer als bei der Fluoreszenz und wird nur möglich, wenn durch das Ligandenfeld

(bspw. dessen Symmetrie) die Auswahlregeln abgeschwächt werden. Deswegen sind unter Kenntnis

der elektronischen Zustände und quantenmechanischer Auswahlregeln Rückschlüsse auf die

chemischen Eigenschaften des lumineszierenden Stoffes aus einem Lumineszenzspektrum möglich.

Page 45: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Material & Methoden

45

Die Intensität eines (Fluoreszenz-) Überganges wird durch zwei Anteile bestimmt: Den

induzierten elektrischen (PED) und magnetischen Dipolübergang (PMD). Die Oszillatorstärke kann

entsprechend Gleichung (5.15) berechnet werden:

(5.15)

Wobei es sich bei NA um die Avogadrosche Zahl und bei e um die Elementladung handelt.

beschreibt den molaren Extinktionskoeffizienten einer Spezies bei der Energie . Magnetische

Dipolübergänge liefern wenig chemische Informationen, können aber als interner Standard genutzt

werden. Als hypersensitive Übergänge bezeichnet man elektrische Dipolübergänge, die besonders

stark durch die chemische Umgebung des Ions beeinflusst werden. Die Ursache hierfür liegt darin,

dass für elektrische Dipolübergänge das Laporte- oder Paritätsverbot gilt, d.h. Übergänge gleicher

Parität (z.B. f-f-Übergänge) sind nicht zugelassen. Jedoch kann dieses Verbot durch die

Beimischung von Zuständen entgegengesetzter Parität umgangen werden, wie es bei der

Koordination mit Liganden und der daraus folgenden Verringerung der Symmetrie der Fall ist.

Diese Änderung des Ligandenfeldes hat dann einen besonders starken Anstieg der

Fluoreszenzintensität zur Folge.

Cm(III) und Eu(III), als Vertreter der f-Elemente, zeigen sehr gut nutzbare

Fluoreszenzeigenschaften. Im Falle von Eu(III) ist die Abschirmung der 4f-Elektronen durch die

gefüllte 5s- und 5p-Schalen relativ stark (Abbildung 12), dennoch können Unterschiede in

Anregungs- bzw. Emissionsspektren für eine quantitative Auswertung genutzt werden. Der Einfluss

des Ligandenfeldes auf die Bandenpositionen fällt hier allerdings gering aus. Die typischen

Kristallfeldaufspaltungen von 100 bis 1000 cm-1

sind bei Raumtemperatur und durch die Kopplung

mit Schwingungsübergängen in Lösung kaum auflösbar. Aufgrund der größeren radialen

Ausdehnung des 5f-Orbitals (Abbildung 12), sind diese weniger stark durch die 6s- und 6p-Orbitale

abgeschirmt. Dadurch reagieren die Übergänge von Cm(III) deutlich sensitiver auf Einflüsse des

Ligandenfeldes.

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46

Abbildung 12: Vergleich der Radialverteilung der Elektronen am Beispiel von Nd3+

(4f) und U3+

(5f)96

5.3.2 Zeitaufgelöste laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie (TRLFS)

Die Lumineszenzeigenschaften der f-Elemente werden bei der zeitaufgelösten laserinduzierten

Fluoreszenzspektroskopie (Time-Resolved Laser-Induced Fluorescence Spectroscopy, TRLFS)

ausgenutzt. Mit TRLFS sind Aussagen über die chemische Umgebung der Fluoreszenzsonde

insbesondere des Hydratationszustandes möglich. Die Speziationsempfindlichkeit für Eu und Cm

liegt bei 10-7

M bzw. 10-9

M in HClO4.97

Durch diese hohe Empfindlichkeit ist die Aufklärung von

Sorptionsmechanismen der Actiniden an Mineralgrenzflächen mit endlagerrelevanten

Konzentrationen möglich. Europium dient hier als Analog für dreiwertige Actiniden aufgrund

seiner hervorragenden Fluoreszenzeigenschaften und den dreiwertigen Actiniden sehr ähnlichen

chemischen Eigenschaften.

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Material & Methoden

47

In dieser Arbeit wurden drei verschiedene Übergänge zur Anregung genutzt. Angeregt wird im

ultravioletten (UV) Spektralbereich in der jeweils stärksten Absorptionsbande bei 394,0 nm für Eu

und 396,6 nm für Cm, nach einer strahlungslosen Relaxation findet die Emission mittels folgender

Übergänge statt: 5D0 →

7FJ (Eu) und

6D7/2 →

8S7/2 (Cm). Dadurch wird eine hohe

Emissionsausbeute erreicht, jedoch ist durch die unspezifische Anregung aller Spezies im System,

eine einzelne Bestimmung verschiedener Spezies nur durch mathematische Entfaltung der

gewonnen Daten möglich. Deswegen wurde mit Eu zusätzlich die Direktanregung in das

emittierende Niveau (5D0) durchgeführt (Site-selektive TRLFS). Dabei werden die strahlungslosen

Relaxationsprozesse umgangen und die einzelnen Spezies können direkt angeregt und

charakterisiert werden. Dafür werden die Proben auf < 20 K gekühlt, wodurch die thermischen

Schwingungen aufgrund der Nähe zum absoluten Nullpunkt unterdrückt werden und es nicht zur

Überlagerung der angeregten Übergänge und Emissionsbanden der Spezies kommt.

5.3.3 Europium(III)-Fluoreszenz

Die Übergänge 5D0 →

7FJ des Eu(III) sind ein Phosphoreszenzprozess mit Änderung der

Spinmultiplizität, jedoch wird in der Literatur meist von Fluoreszenz gesprochen, diese

Nomenklatur wird hier ebenfalls verwendet.

Die indirekte Anregung des Eu(III) erfolgt im UV-Bereich in das 5L6-Niveau (siehe Abbildung

13 links oben). Darauf folgt strahlungslose Relaxation in das 5D0-Niveau, aus welchem die

Lumineszenzübergänge in die verschiedenen angeregten Energieniveaus des elektronischen

Grundzustandes 7FJ (mit J = 0 - 6) stattfinden. Wie schon erwähnt führt diese Art der Anregung zur

gleichzeitigen Anregung der verschiedenen Spezies, deswegen wird bei der site-selektiven

Anregung direkt in das 5D0-Niveau eingestrahlt. Dabei ist es von Nutzen, dass es sich bei dem

Übergang 7F0 nach

5D0 um einen (J = 0)-(J = 0)-Übergang handelt, beide beteiligten Niveaus also

keine Entartung aufweisen. Das heißt, dass für jede angeregte Spezies genau eine Bande existiert

und sich somit die Anzahl der im System vorhandenen Spezies einfach ableiten lässt. Dafür wird

der Bereich des Überganges von 575 bis 583 nm, mit einem durchstimmbaren Laser angeregt, die

entsprechenden Emissionsspektren werden integriert und in Abhängigkeit von der

Anregungswellenlänge in einem so genannten Anregungsspektrum dargestellt (siehe Abbildung 13

rechts oben).

In den Emissionsspektren werden unabhängig von der Anregungswellenlänge die Übergänge

von 5D0 →

7FJ betrachtet. Beim Emissionsspektrum (siehe Abbildung 13 links unten) des

Europiums sind vor allem die Übergänge nach 7F1 und

7F2 von Bedeutung. Bei der

7F1-Bande

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handelt es sich um einen magnetischen Dipolübergang, der in seiner Intensität unabhängig vom

Ligandenfeld ist. Im Gegensatz dazu ist die 7F2-Bande hypersensitiv, da hier ein elektrischer

Dipolübergang vorliegt. Änderungen des Ligandenfeldes führen zu starken Änderungen der

Intensität dieser hypersensitiven Bande. Das Verhältnis der Intensitäten 7F2/

7F1 gibt also Auskunft

über den Komplexierungsgrad des Europiums. Bei entsprechender Auflösung kann eine

Aufspaltung der 7FJ-Übergänge in maximal 2J+1 Banden beobachtet werden. Generell ist das

Aufspaltungsmuster von 7F1- und

7F2-Bande (siehe Abbildung 13 rechts unten) nutzbar für die

Einordnung polykristalliner Proben in eine Symmetriegruppe (siehe Tabelle 3), denn die

Symmetriegruppen korrelieren mit der Entartung der einzelnen J-Level. Hierbei ist eine hohe

Symmetrie mit einem hohen Entartungsgrad gekoppelt und weist damit eine geringe Aufspaltung

auf. Aufgrund der thermischen Verbreiterung der Banden lassen sich die Aufspaltungsmuster i. A.

nur bei Tieftemperatur analysieren.98

Abbildung 13: (Links oben) Darstellung der elektronischen Übergänge bei direkter und indirekter Anregung

und anschließender Lumineszenz des Eu3+

. (Links unten) Emissionsspektren des Eu nach Sorption an

Muskovit bei unterschiedlichen pH-Werten nach indirekter Anregung. (Rechts) Anregungsspektrum eines Eu-

dotierten Calcits (oben) und die entsprechenden Emissionsspektren nach Direktanregung (unten) (nach

Hofmann 2015).99

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Material & Methoden

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Tabelle 3: Bestimmung von Symmetriegruppen anhand der Aufspaltungsmuster der einzelnen Banden100

Symmetrie Aufspaltung

Punktgruppen J = 0 1 2 3 4

Ikosaeder 1 1 1 2 2

Kubisch 1 1 2 3 4 Oh, O, Td, Th, T

Hexagonal 1 2 3 5 6 D6h, D6, D6v, D3h, D3d, D3, C3v, C3i, C3

Pentagonal 1 2 3 4 5 D5h, C5h, C5v, C5, D5

Tetragonal 1 2 4 5 7 D4h, D4, C4v, C4h, C4, D2d, S4

Gering 1 3 5 7 9 D2h, D2, C2h, Cs, S2, C1, Ci

Zwischen dem Grundzustand des ersten angeregten elektronischen (5D0) und dem Grundzustand

(7F6) von Eu(III) existiert eine energetische Lücke von ca. 12000 cm

-1.101

Diese große Energielücke

kann durch strahlungslose Relaxation nur durch hochenergetische Schwingungen überbrückt

werden. Mögliche Schwingungen sind die der O-H- (~ 3500 cm-1

), N-H- (~ 3200 cm-1

) oder D-O-

Bindung (~ 2500 cm -1

). Wenn Eu(III) mit Wassermolekülen koordiniert ist, findet

dementsprechend die Überbrückung der Energielücke durch die O-H-Oberschwingungen statt.

Dadurch wird die Abklingzeit der Fluoreszenz bei Anwesenheit von Wassermolekülen in der ersten

Koordinationssphäre verringert (Quenching). Das Eu(III)-Aquoion zeigt eine Lebensdauer von

110 µs. In D2O erhöht sich die Lebensdauer auf ~ 1700 µs, da die O-D-Schwingung energetisch

deutlich niedriger liegt, es also noch höhere Oberschwingungen benötigt, um die Energie der

angeregten Elektronen abzuführen. Aufgrund dieser Tatsache konnte Horrocks und Sudnick

(Gleichung 5.16) den Quencheffekt bei Eu durch koordinierte Wassermoleküle empirisch

ermitteln:102,103

(5.16)

Die Lebenszeiten der Europiumfluoreszenz lassen somit Rückschlüsse auf die Anzahl der

Wassermoleküle in der ersten Koordinationssphäre zu, wodurch Aussagen über Komplexierung mit

anderen Liganden möglich sind, welche die Fluoreszenz nicht quenchen. Dies kann bei der

Charakterisierung der Sorption von Europium an Mineraloberflächen ausgenutzt werden. Hierbei

unterscheiden sich OS-Komplexe hinsichtlich ihrer Lebensdauer nicht vom gelösten Aquoion. Wird

ein Teil der Hydrathülle durch die Komplexierung mit Oberflächengruppen des Minerals ersetzt,

bildet sich also ein IS-Komplex, kann dies anhand der verlängerten Lebenszeiten nachgewiesen

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50

werden. Wenn die komplette Hydrathülle fehlt, kann von einem Oberflächenpräzipitat oder dem

Einbau in die Mineralphase ausgegangen werden.

Neben Quencheffekten hervorgerufen durch die erste Koordinationssphäre des Eu selbst, können

diese ihre Ursache zudem in Energietransfer auf in der Nähe befindliche Übergangsmetalle haben,

die Bestandteil der Minerale sind, v.a. Eisen. Der Eisenanteil in natürlichen Mineralen kann sich

dabei stark unterscheiden, Richter9 bestimmte zum Beispiel für Muskovit 3 % und für Orthoklas

0,05 %. Durch Eisen hervorgerufenes Quenchen kann statisch oder dynamisch sein. Statisches

Quenchen erfolgt bei einer Fe-O-Eu-Bindung und führt zur vollständigen Löschung der

Fluoreszenz. Dynamischen Quenchen kann entlang von Fe-O-Al-O-Eu o. ä. erfolgen, wenn das

Eisen in Alumotetraedern vorliegt und verringert dadurch die Fluoreszenzquantenausbeute.104

Hartmann et al. stellten fest, dass die Quantenausbeute dieser Quenchprozesse nicht nur abhängig

vom Eisengehalt sind, sondern vor allem auch der Abstand zum Eu eine große Rolle spielt. Daraus

ergibt sich eine Vielzahl möglicher Lebenszeiten in Abhängigkeit vom Abstand zu einem

Eisenatom für ein und dieselbe Europiumspezies.

5.3.4 Curium(III)-Fluoreszenz

Curiums reagiert sensitiver auf Änderungen der chemischen Umgebung als Europium, d. h. es

kommt zu größeren Bandenverschiebungen. Die Ursache hierfür liegt in der geringeren

Abschirmung der 5f-Elektronen durch die 6s- und 6p-Orbitale sowie ihrer größeren räumlichen

Ausdehnung. Die Elektronenkonfiguration des Cm(III)-Ion ist [Rn]5f7, der Grundzustand ist somit

nominell 8S7/2, durch die starke Spin-Bahn-Kopplung werden jedoch noch andere Zustände

beigemischt, v. a. 6P7/2. Das Absorptionsspektrum des Cm(III)-Aquoions (siehe Abbildung 14) zeigt

die alphabetisch benannten f-f-Übergänge. Der Grundzustand wird mit Z bezeichnet, die

intensivsten Übergänge (H, G und F) liegen im UV-Bereich zwischen 375,4 und 396,6 nm. Bei der

indirekten Anregung wird üblicherweise bei 396,6 nm (F) eingestrahlt, von hier erfolgt die

strahlungslose Relaxation in den A-Zustand aus dem die Lumineszenz erfolgt.

In der Curium(III)-Spektroskopie wird die Spektralbande des Übergangs 6D7/2 →

8S7/2 betrachtet,

welche sich aufgrund des nephelauxetischen Effekts relativ zum Aquoion bathochrom verschiebt

(siehe Abbildung 15 rechts). Im Allgemeinen führt die Komplexierung mit stärkeren Liganden zu

einer stärkeren Rotverschiebung.97,107

Diese Verschiebungen lassen bei indirekter Anregung bei

396,6 nm die Unterscheidung verschiedener Spezies zu.

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Material & Methoden

51

Abbildung 14: Absorptionsspektrum des Cm3+

in 1 M HClO4 (links),105

optisches Spektrum des Aquoions

und die energetischen Zustände des freien Ions (rechts).106

Für das Aquoion [Cm(H2O)9]3+

erfolgt die Emission bei 593,8 nm. Auch bei Cm kann die

Energielücke (~ 17000 cm-1

) zwischen Grundzustand des ersten angeregten elektronischen Zustands

und Grundzustand (6D7/2 →

8S7/2)

108 durch O-H-Quenching überbrückt werden (siehe Abbildung 15

links). Für den Zusammenhang zwischen koordinierten Wassermolekülen und der

Fluoreszenzlebensdauer ermittelte Kimura folgende empirische Gleichung (5.17):103

(5.17)

Abbildung 15: (Links) Darstellung der elektronischen Übergänge bei indirekter Anregung und anschließender

Lumineszenz des Cm3+

. (Rechts) Rotverschiebung des Cm3+

Fluoreszenzemissionssignals bei verschiedenen

Sorptionsspezies mit zunehmender Stärke des Ligandenfeldes an Orthoklas relativ zum Aquoion.

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52

5.3.5 Verwendete Lasersysteme

Die Anregung erfolgt sowohl für die indirekte als auch für die direkte Anregung mit gepulster

Laserstrahlung der entsprechenden Wellenlänge. Die Zeit zwischen den einzelnen Laserpulsen

(50/100 ms) ist ausreichend um die Fluoreszenz komplett abklingen zu lassen. Die Möglichkeit der

zeitaufgelösten Messung ergibt sich aus der Steuerung der Verzögerung zwischen Laserpuls und

Beginn der Messung an der CCD-Kamera. Vor der Kamera befindet sich ein Polychromator, der

das eintreffende Signal durch ein optisches Gitter spektral aufteilt und so die Anteile der einzelnen

Wellenlängenbereiche unterscheidbar macht.

Die Messungen mit indirekter Anregung erfolgte mit einem gepulsten Nd:YAG-OPO System

(Powerlite Precision II 9020 Laser gekoppelt mit einem PANTHER EX OPO von Continuum). Zur

Verwendung kam ein Spektrograph (Oriel MS257 von Newport) mit drei Polychromatoren mit 300,

600 und 1200 mm-1

Linien sowie eine CCD-Kamera (ANDOR iStar 734), deren CCD-Sensor auf –

15°C gekühlt wird, um thermisches Rauschen zu vermindern. Die statistischen Messungen

erfolgten 1 µs nach Laserpuls für 1 ms. Die Anregungswellenlänge für Eu betrug 394 nm, für Cm

396,6 nm. Die Proben befanden sich in Quarzküvetten mit einer Pfadlänge von 10 mm und wurden

kontinuierlich gerührt, um eine Sedimentation zu verhindern.

Für die site-selektive Anregung kam ein gepulster Nd:YAG-Laser (Continuum SureLiteII) mit

einem durchstimmbaren Farbstoffsystem (Radient Dyes Narrow Scan K) zur Anwendung. Auch

hier ist vor der iCCD-Kamera (Andor iStar 734, Sensor gekühlt auf – 30°C) ein Spektrograph

(Andor SR303i) mit 300, 600 und 1200 mm-1

Polychromatoren eingesetzt. Im Farbstofflaser

verwendete Farbstoffe sind Pyrromethene 580 für Eu sowie Rhodamine B und Sulforhodamine für

Cm (Radiant Dyes). Für die Energiekorrektur der Anregungsspektren wurde ein optisches

Energiemeter verwendet (Newport 1918-R). Die am Farbstofflaser eingestellte Wellenlänge wurde

über ein Wellenlängenmessgerät kontrolliert (High Finesse WS-5). Die Proben befanden sich

während der Messung in einem Kupferprobenhalter und wurden in einem He-Kryostaten

(Cryophysics) unter Hochvakuum (10-7

bis 10-6

mbar) auf unter 20 K gekühlt.

5.4 Weitere Methoden

5.4.1 GI-XANES

Röntgen-Absorptionsspektroskopie (GI-XANES - Grazing incidence X-ray absorption near-edge

structure) wurde im Rahmen dieser Arbeit dazu verwendet, den Oxidationszustand der

Radionuklide an der Oberfläche des Kristalls zu ermitteln und die anomalen Dispersionsterme

und für die RAXR-Auswertung zu bestimmen (siehe Kapitel 5.2.2). Grundlage dieser Methode

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Material & Methoden

53

ist die Anhebung kernnaher Elektronen in einen unbesetzten höher-energetischen Zustand durch die

Absorption eines Röntgenquants. Sollte die Energie des Röntgenquants hoch genug sein um ein

Elektron entsprechend anzuregen, steigt die Röntgenabsorption sprunghaft an. Diese Position wird

als Absorptionskante bezeichnet. Durch die Auswertung der XANES-Spektren, ist es möglich

anhand von Referenzen den Oxidationszustand des angeregten Atoms zu bestimmen. Im Falle der

Actinyle zeigt sich zudem eine Schulter, die auf Streuung an den Sauerstoffen des AnO2+/2+

Molekülkations zurückzuführen ist. In den Spektren von An3+/4+

taucht solch eine Schulter somit

nicht auf.

Da die Bulklösung für die durchgeführten Experimente nicht von Interesse ist, wurden die

XANES-Messungen mit streifendem Einstrahlwinkel (engl. grazing incidence) durchgeführt.

Hierbei wird der Einfallswinkel α so gewählt, dass dieser geringfügig kleiner als der kritische

Winkel αkrit des Substrates Muskovit ist (α = 0,1° im Vergleich dazu αkrit = 0,11° bei 18 keV).

Dementsprechend gewählte Einfallbedingungen des Röntgenstrahls sorgen für eine Verstärkung des

Oberflächensignals durch das Auftreten des Effekts der „stehenden Röntgenwelle“ („X-ray standing

wave“, XSW),109

während Beiträge des Wasserbulks zum Signal unterdrückt werden.110

Nichtsdestotrotz ist GI-XANES nicht oberflächenspezifisch, weshalb Einflüsse auf das Signal durch

den Lösungsbulk zwar unterdrückt sind, aber weiterhin auftreten, z. B. durch Absorption von

Röntgenstrahlen durch Ionen der Lösung. Zudem ist der Bereich über der Oberfläche, welcher in

das Messergebnis einfließt, für XSW deutlich größer als für SXS (µm vs. Å).

5.4.2 Spezifische Oberfläche (BET)

Die spezifische Oberfläche eines Minerals beeinflusst die Sorption, durch die Anzahl der

verfügbaren Sorptionsstellen. Die Ermittlung der spezifischen Oberfläche erfolgte durch

Bestimmung der Stickstoff-Physisorptionsisothermen und die Auswertung nach der Methode von

Brunauer, Emmett und Teller (BET). Sie beträgt für die Pulver der Minerale Muskovit und

Orthoklas der Korngröße < 63 µm, 9,9 m2/g bzw. 4,2 m

2/g. Muskovit wurde bei 100°C 480 Minuten

lang und Orthoklas bei 150°C 180 Minuten lang aktiviert. Es wurde eine Quantachrome Nova

Station A verwendet.

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54

6 Ergebnisse & Diskussion

6.1 Der Einfluss von Hintergrundelektrolyten auf das Sorptionsverhalten von

Thorium an der basalen (001) Fläche von Muskovit

Das Sorptionsverhalten eines Stoffes an einer Mineraloberfläche wird durch viele verschiedene

Parameter beeinflusst (siehe Kapitel 3.2). Einer dieser Parameter ist der Hintergrundelektrolyt. Er

soll die Ionenstärke I konstant einstellen, sodass Änderungen der Aktivität durch die

Sorptionsreaktion vernachlässigbar sind und die Reaktion nicht anderweitig beeinflussen.

Dementsprechend sollte nur die Konzentration bzw. Ionenstärke des Hintergrundelektrolyts, nicht

aber seine Zusammensetzung, von Bedeutung sein. Bei konstanter Konzentration des

Hintergrundelektrolyts und gleicher Ladung seiner Komponenten soll das Komplexierungs- und

Konkurrenzverhalten ebenfalls konstant bleiben.

Um den Einfluss des Hintergrundelektrolyts auf das Sorptionsverhalten zu erforschen, wurde die

Sorption von ThIV

([Th] = 0,1 mM) an der Basalfläche von Muskovit unter sauren Bedingungen

(pH 3,2 - 3,5) in Gegenwart verschiedener Elektrolyte (NaClO4, KClO4 und LiClO4) untersucht.

Tabelle 4 stellt einen Überblick der untersuchten Systeme dar:

Tabelle 4: Lösungsbedingungen der Thorium-Proben und Unterschiede in deren Oberflächenbelegungen

(θ in Th/AUC) zwischen RAXR und alpha-spektrometrischen Messungen

Systemname Elektrolyt pH I (M) θ (Th/AUC)

Alpha

θ (Th/AUC)

RAXR

Th-NaCl*

Th-NaClO4

Th-loNaClO4

Th-LiClO4

Th-KClO4

Th-ClClO4

NaCl

NaClO4

NaClO4

LiClO4

KClO4

NaCl/NaClO4

3,2

3,2

3,2

3,5

3,5

3,2

0,1

0,1

0,01

0,1

0,1

0,1

0,15 ± 0,02

< d.l.**

< d.l**

1,6 ± 0,3

< d.l**

0,4

< d.l. ***

0,04

4,9

0,07

*Schmidt et al. (2012)1

**Detektionslimit ~ 0,1 Atome/AUC

***Detektionslimit 0,01 Atome/AUC

Als Referenzsystem soll dabei die zuvor von Schmidt et al.1 charakterisierte Sorption von

Thorium an Muskovit mit dem Hintergrundelektrolyt Natriumchlorid (NaCl) dienen

([Th] = 0,1 mM, [NaCl] = 0,1 M, pH = 3,2). Bei der Spezies des Referenzsystems handelt es sich

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Ergebnisse & Diskussion

55

um einen breit verteilten Extended-OS-Komplex mit einem Verteilungsmaximum bei 10,1 Å

vertikalem Abstand zur (001)-Oberfläche von Muskovit. Die ermittelten Oberflächenbelegungen

betragen 0,15 ± 0,02 Th/AUC (Alpha-Spektrometrie) bzw. 0,40 ± 0,07 Th/AUC (RAXR), wobei der

Unterschied auf den Waschprozess78

der Probe und die damit verbundene teilweise Desorption

(Kapitel 6.1.3) schwächer gebundener Speziesanteile zurückzuführen ist. Der untere Bereich von

Abbildung 16 zeigt die gesamte Elektronendichte des Muskovits und der assoziierten Lösung als

Funktion der Höhe über der Mineraloberfläche, wobei der elementspezifische Anteil der

Elektronendichte in blau dargestellt ist. Zur Verdeutlichung sind im oberen Bereich der Abbildung

die Schichtstruktur des Muskovits sowie die Lösung schematisch dargestellt.

Abbildung 16: Grenzflächenstruktur des Referenzsystems Th-NaCl.1 Das EDtot-Profil (schwarze Linie) wurde

durch CTR-Messungen und die Verteilung der Th-Elektronendichte (blaue Fläche, hellblau ist der Fehler der

ED) wurde durch RAXR-Messungen ermittelt. Die ED ist mit der vom Lösungsbulk ρ normalisiert, ρ

(Lösungsbulk) = 0,33 e-/Å

3. Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å

definiert. Zum Zwecke der Illustration ist im oberen Teil der Abbildung eine schematische Repräsentation der

Spezies die zur beobachteten ED beitragen, gezeigt (violette Tetraeder: SiO4, blaue Oktaeder: AlO6, rote

Kugeln: O, weiße Kugeln: H, grüne Kugeln: Th). Die schattierten Bereiche sollen die erste und die zweite

Hydratationssphäre des Th(IV) hervorheben.

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56

Um den Einfluss des Anions des Hintergrundelektrolyts auf das Sorptionsverhalten von Th zu

untersuchen, wurde das Referenzsystem mit dem System Th-NaClO4 verglichen. Die Messung

wurde bei zwei Konzentrationen des Hintergrundelektrolyts durchgeführt (Th-loNaClO4), um einen

Einfluss der Ionenstärke auf den im Th-NaClO4-System beobachteten Effekt zu untersuchen. Der

Vergleich der Systeme Th-NaClO4, Th-LiClO4 und Th-KClO4 hingegen soll dazu dienen, den

Einfluss des Kations des Hintergrundelektrolyts auf das Sorptionsverhalten von Th zu ermitteln.

6.1.1 Thorium-Natriumperchlorat im Vergleich mit Thorium-Natriumchlorid

Die Oberflächenbelegung im Th-NaClO4-System ([Th] = 0,1 mM, [NaClO4] = 0,1 M, pH = 3,2)

auf der basalen Fläche von Muskovit wurden zunächst mittels Alpha-Spektrometrie bestimmt,

wobei keine Belegung oberhalb des Detektionslimits von ~0,1 Th/AUC festgestellt werden konnte.

Das Ergebnis zeigt also bereits einen deutlichen Kontrast zum Referenzsystem Th-NaCl, bei

welchem eine Oberflächenbeladung von 0,15 ± 0,02 Th/AUC mittels Alpha-Spektrometrie ermittelt

wurde (siehe Tabelle 4).

Strukturelle Informationen aus der CTR-Messung bestätigen die Ergebnisse der Alpha-

Spektrometrie. Das Elektronendichteprofil (EDtot) des Systems Th-NaClO4 zeigt in vertikaler

Richtung zwei Peaks mit einer Entfernung von 2,5 und 4,0 Å zur Muskovitoberfläche (siehe

Abbildung 17). Zusätzlich ist eine weitere Struktur mit einem Maximum bei 11,7 Å vorhanden.

Dieser dritte Peak hat eine breite Verteilung (~ 10 Å), die Elektronendichte ist aber sehr gering und

hebt sich nur minimal von der Elektronendichte des Wassers ab. Abbildung 18 zeigt ausgewählte

RAXR-Scans des Th-NaClO4-Systems bei unterschiedlichem Impulsübertrag (Q), im Vergleich zu

RAXR-Scans des Th-NaCl-Systems bei denselben Q-Werten. Keine der Messungen mit NaClO4 als

Hintergrundelektrolyt zeigt Modulationen, dies bedeutet, es befindet sich kein Thorium an der

Muskovitoberfläche, was mit den Alpha-Messungen übereinstimmt. Die Änderung des verwendeten

Anions, von Cl- zu ClO4

-, führt also zu einer drastischen Reduktion der Th Sorption an der

Basalfläche von Muskovit.

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Ergebnisse & Diskussion

57

Abbildung 17: EDtot-Profile der verwendeten Hintergrundelektrolyte mittels CTR gemessen. Die Graphen

sind aus Gründen der Übersichtlichkeit mit einem Offset versehen und entsprechend des Systems benannt.

Die ED ist mit der vom Lösungsbulk ρ normalisiert, ρ(Wasser) = 0,33 e-/Å

3. Die gestrichelte schwarze Linie

zeigt das Niveau der Elektronendichte des Lösungsbulks. Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von

Muskovit ist als z = 0 Å definiert. Anhang A6 und A7 zeigen die Parameter die Best-Fit Modelle für die

CTR-Daten aus Abbildung 17.

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58

Abbildung 18: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der basalen (001) Fläche von

Muskovit der Systeme Th-NaCl (links) und Th-NaClO4 (rechts). Jedes Spektrum gibt die Variation der

Reflektivität als Funktion der Photonenenergie, E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1

), wieder. Die

Spektren sind auf den nicht-resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|

2, wobei Ftot und FNR jeweils

dem gesamten und dem nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung

wegen sind die Spektren mit einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die blaue Linie

zeigt die berechneten Intensitäten des am besten passenden Modells, wohingegen die grün, gestrichelte Linie

aus der modellunabhängigen Analyse resultiert und als Orientierung dienen soll. Anhang A8 zeigt die

Parameter des Best-Fit Modells der RAXR-Daten des Th-LiClO4-Systems.

6.1.2 Thorium-Natriumperchlorat bei niedrigerer Konzentration (Th-loNaClO4)

Zur Überprüfung, welchen Einfluss die Konzentration des Hintergrundelektrolyts hat, wurde diese

im Th-loNaClO4-System um den Faktor 10 gegenüber der Konzentration im Th-NaClO4-System

verringert und beträgt 0,01 M (Tabelle 4). Die anhand von CTR-Messungen ermittelte

Oberflächenstruktur unterscheidet sich nicht in der Position der Peaks vom Th-NaClO4 System,

allerdings weist der oberflächennächste Peak im Th-loNaClO4 System eine geringfügig höhere

Elektronendichte auf (5,8 ± 0,3 Weq gegenüber 4,1 ± 0,4 Weq).

Mittels Alpha-Spektrometrie konnte wiederum kein adsorbiertes Th oberhalb der Nachweisgrenze

detektiert werden (Tabelle 4). Aufgrund der höheren Sensitivität der SXS und dadurch, dass die

Messungen in situ durchgeführt werden, konnte mittels RAXR-Messungen hingegen eine

Oberflächenbelegung von ~ 0,04 Th/AUC ermittelt werden. Die Modulationen sind sichtbar (siehe

Abbildung 19), konnten allerdings lediglich zur Abschätzung der Oberflächenbelegung genutzt

werden.

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Ergebnisse & Diskussion

59

Abbildung 19: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der (001) Fläche von Muskovit

des Systems Th-loNaClO4. Jedes Spektrum gibt die Variation der Reflektivität als Funktion der

Photonenenergie, E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1

), wieder. Die Spektren sind auf den nicht-

resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|

2, wobei Ftot und FNR jeweils dem gesamten und dem

nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung wegen sind die Spektren mit

einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die grüne, gestrichelte Linie soll dem Auge als

Führung dienen.

6.1.3 Austausch Experiment NaCl/NaClO4

Dieses Experiment soll überprüfen, ob sich der Effekt des ClO4--Anions auch auf bereits

adsorbiertes Th(IV) auswirkt, oder ob er nur während des Sorptionsprozesses wirksam wird. Hierfür

wurde zunächst das Experiment von Schmidt et al.1 wiederholt. D. h. die Sorptionsreaktion wurde

an der Basalfläche von Muskovit im Hintergrundelektrolyt NaCl (0,1 M) und einer Th-

Konzentration von 0,1 mM untersucht. Die ermittelten RAXR-Scans beider Experimente sind in

Übereinstimmung (siehe Abbildung 20).

Im direkten Anschluss folgte das fortführende Desorptionsexperiment, wobei dieselbe Probe mit

einigen mL NaClO4-Lösung ohne enthaltenes Th gespült und für einen Zeitraum von 8 h in Kontakt

gehalten wurde. Nach 1 h Reaktionszeit konnte eine Abnahme der Amplitude des RAXR-Signals

der niedrigen Q-Werte (Q = 0,15 - 0,38 Å) um ~ 30 % beobachtet werden. Acht Stunden nachdem

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60

die Probe mit NaClO4 gespült wurde, ist die Amplitude des niedrigsten Q-Wertes weiterhin

unverändert, während ansonsten mit steigendem Q-Wert deutlich geringere Amplituden beobachtet

wurden.

Abbildung 20: RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen an der (001)-Oberfläche von Muskovit der

Th-NaClClO4 Probe zu verschiedenen Zeitpunkten. Jedes Spektrum zeigt die Veränderung der Reflektivität

als Funktion der Photonenenergie, E, bei verschiedenen Impulsüberträgen, Q (Å-1

), wie angegeben. Die

Spektren sind auf den nicht-resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|

2, wobei Ftot und FNR jeweils

dem gesamten und dem nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert und mit einem in Klammern

angegebenen Offset versehen.

6.1.4 Der Anioneneffekt

Der direkte Vergleich der Systeme Th-NaCl und Th-NaClO4, die sich nur im Anion des

Hintergrundelektrolyts unterscheiden, zeigt einen drastischen Effekt auf die Sorption von Th(IV).

Die Sorption von Th auf Muskovit wird durch den scheinbar geringen Wechsel vom Anion des

Referenzsystems, Cl- zu ClO4

-, offenbar effektiv unterdrückt. Dennoch unterscheidet sich die

beobachtete Struktur gegenüber jener in Abwesenheit von Th.111

Die Peak-Positionen sind im

Gegensatz zur Na+-Adsorptionsstruktur in Abwesenheit von Thorium zu größeren Abständen zur

Oberfläche verschoben.111

Lee et al. beobachteten die erste und zweite Wasserschicht bei ~1,5 &

2,5 Å, wobei diese im Th-NaClO4 System bei ~2,5 & 4,0 Å liegen. Hierbei ist allerdings zu

erwähnen, dass die Experimente von Lee et al.111

bei einer niedrigeren Konzentration des

Hintergrundelektrolyts (3 × 10-2

M) sowie bei höherem pH-Wert (pH 5,7) durchgeführt wurden. Die

strukturellen Unterschiede könnten durchaus auch durch diese unterschiedlichen experimentellen

Bedingungen begründet sein. Zusätzlich ist im Th-NaClO4-System eine breite Struktur mit

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Ergebnisse & Diskussion

61

Maximum bei einer Sorptionshöhe von 11,7 Å zu sehen. Wenn auch sehr schwach ausgeprägt,

befindet sich diese Struktur dennoch in einer vergleichbaren Sorptionshöhe mit dem Extended-OS-

Komplex des Th im Referenzsystems Th-NaCl (10,1 Å). Sollte es sich dabei um Th handeln, so

wäre die Menge adsorbierten Th allerdings sehr gering.

Das durchgeführte Austauschexperiment konnte zeigen, dass die Desorption von Th durch den

Wechsel des Hintergrundelektrolyts von NaCl zu NaClO4 stattfindet. Nach 1 h Reaktionszeit mit

NaClO4 weist die verringert Amplitude auf eine partielle Desorption von Th hin, wobei die

Initialbelegung von 0,4 Th/AUC auf ungefähr 0,33 Th/AUC gesunken ist. Die Q-abhängige Variation

der resonanten Amplitude bleibt dabei unverändert, was auf eine unveränderte Verteilung des Th

hindeutet. Acht Stunden nachdem die Probe mit NaClO4 gespült wurde, ist die Amplitude des

niedrigsten Q-Wertes weiterhin unverändert, während ansonsten mit steigendem Q-Wert deutlich

geringere Amplituden ermittelt wurden. Der beobachtete Prozess ist langsam und während der

Dauer des Experiments (~ 10 h) konnte keine vollständige Desorption des Th beobachtet werden.

Die partielle Desorption kann allerdings nicht eindeutig dem Wechsel der Hintergrundelektrolyte

zugeordnet werden, denn die Spüllösung enthielt kein Th, was die partielle Desorption ebenfalls

erklären könnte.1 Die Scans dazu sind in Abbildung 20 im Vergleich mit den RAXR-Messungen bei

niedrigen Q-Werten im Medium NaCl zu sehen.

6.1.5 Th-KClO4 System

Nachdem gezeigt werden konnte, dass das Anion das Sorptionsverhalten von ThIV

deutlich

beeinflusst, soll nun untersucht werden, ob ein ähnlicher Effekt ebenfalls durch das Kation des

Hintergrundelektrolyts hervorgerufen wird. Auch im System Th-KClO4 konnte wie schon für Th-

NaClO4 mittels Alpha-Spektrometrie keine Oberflächenbelegung für Th gemessen werden, mittels

SXS konnte allerdings eine Oberflächenbelegung ermittelt werden, welche mit 0,07 Th/AUC

unterhalb des Detektionslimits der Alpha-Spektrometrie liegt. Die normalisierten RAXR-Signale

(Abbildung 21) zeigen niedrige Intensitäten, wobei die Modulationen gut erkennbar sind, allerdings

keine adäquate Anpassung eines Modells möglich war. Dabei ist die mittels CTR beobachtete

Struktur an der Grenzfläche des Muskovits der des Systems Th-NaClO4 ähnlich. Eine Verschiebung

der Peaks der EDtot in Richtung der Oberfläche, zu einer vertikalen Distanz von 1,7 und 3,1 Å, ist zu

beobachten. Ergänzt wird die Th-KClO4-Struktur durch einen weiteren Peak bei 5,7 Å (siehe

Abbildung 17). Das breit verteilte Strukturelement um ~11 Å fehlt für KClO4.

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62

Abbildung 21: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der (001) Fläche von Muskovit

des Systems Th-KClO4. Jedes Spektrum gibt die Variation der Reflektivität als Funktion der Photonenenergie,

E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1

), wieder. Die Spektren sind auf den nicht-resonanten Strukturfaktor

FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|

2, wobei Ftot und FNR jeweils dem gesamten und dem nicht-resonanten

Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung wegen sind die Spektren mit einem Versatz

versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die grüne, gestrichelte Linie soll dem Auge als Führung

dienen.

Das ermittelte Elektronendichteprofil für Th-KClO4 ähnelt jenem für KCl in Abwesenheit von

Th111

bezüglich der Positionen der Peaks. Deutliche Unterschiede sind hingegen in den

Peakintensitäten zu erkennen, welche in Anwesenheit von Th deutlich größer sind (Abbildung 22).

Dies ist wahrscheinlich auf die Co-Adsorption von K+ und sehr geringen Mengen Th

zurückzuführen, wie durch die RAXR-Ergebnisse gezeigt wurde.

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Ergebnisse & Diskussion

63

Abbildung 22: EDtot-Profile ermittelt durch CTR-Messungen verschiedener K+-Proben. Die ED-Profile des

Th-KClO4-Systems (rote Linie, diese Arbeit) und Muskovit in KCl in Abwesenheit von Th (schwarze

gestrichelte Linie)111

sind zum Vergleich mit dem ED-Profil von Muskovit in DIW (blaue gepunktete Linie)14

dargestellt. Die Unsicherheit der ED-Profile der Th-KClO4 Probe (rote Fläche) und der KCl-Probe (graue

Fläche) sind ebenfalls dargestellt. Die ED ist mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å

3.

6.1.6 Das Lithiumperchlorat-System

Die Analyse des Th-LiClO4-Systems ergab eine sehr hohe Oberflächenbelegung von

1,6 ± 0,3 Th/AUC (Alpha-Spektrometrie) und 4,9 Th/AUC (RAXR) auf Muskovit. Die Werte

überschreiten sowohl die Oberflächenbelegungen der übrigen Perchlorat-Systeme, als auch die des

Referenzsystems NaCl um mehr als eine Größenordnung. Die damit verbundenen intensiven

RAXR-Signale (Abbildung 23) ermöglichen, im Gegensatz zu den anderen Perchlorat-Systemen,

eine vollständige strukturelle Analyse. Das am besten angepasste Strukturmodell ist in Abbildung

24 dargestellt. Das gesamte Elektronendichte(EDtot)-Profil (CTR) zeigt zwei Bereiche erhöhter

Elektronendichte, die deutlich über dem Niveau der Elektronendichte von Wasser liegen. Der erste

Bereich befindet sich zwischen Mineraloberfläche und 15 Å über dieser und wird durch eine

Vielzahl kleinerer Peaks strukturiert.

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64

Abbildung 23: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der (001) Fläche von Muskovit

des Systems Th-loNaClO4. Jedes Spektrum gibt die Variation der Reflektivität als Funktion der

Photonenenergie, E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1

), wieder. Die Spektren sind auf den nicht-

resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|

2, wobei Ftot und FNR jeweils dem gesamten und dem

nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung wegen sind die Spektren mit

einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die grüne, gestrichelte Linie soll dem Auge als

Führung dienen.

Der zweite Bereich hingegen weist eine geringere maximale Elektronendichte auf, ist allerdings

deutlich breiter. Aufgrund elementspezifischer Messungen (RAXR) können diese Bereiche der

Anwesenheit von Th zugeordnet werden. Die Sorption von Th an der Muskovit-Wasser-

Grenzfläche findet in zwei breiten Bereichen statt, mit Maxima bei 4,1 bzw. 29 Å. Adsorbiertes Th

befindet sich bis zu 50 Å über der Mineraloberfläche. Das ermittelte Verteilungsmodell weist einen

geringen statistischen Fehler auf (d.h. 1σ Fehler, dargestellt durch das orange Band in Abbildung

24) und spiegelt die experimentellen Daten sehr gut wieder (Fit-Qualität: χ2 = 5,1 & R = 3,8 %).

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Ergebnisse & Diskussion

65

Abbildung 24: Grenzflächenstruktur des Th-LiClO4-Systems. Das gesamte Elektronendichte(EDtot)-Profil

(durchgehend schwarze Linie) wurde durch CTR-Messungen ermittelt und die Th-ED Verteilung (blaue

Fläche, die orange Fläche zeigt die Unsicherheit dieser ED) wurde durch RAXR-Messungen ermittelt. Das

Th-ED-Profil (gestrichelt schwarze Linie) der Th-NaCl-Probe1 wurde aus Gründen der Vergleichbarkeit

ebenfalls dargestellt. Die ED sind mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å

3. Die mittlere

Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert.

6.1.7 Der Kationeneffekt.

Die drei Kationen Li+, Na

+ und K

+ wurden hinsichtlich ihres Einflusses auf das

Sorptionsverhalten von Th an der (001)-Oberfläche von Muskovit untersucht. Dabei konnte im Th-

LiClO4-System ein Anstieg der adsorbierten Menge Thoriums, um mehr als eine Größenordnung

auf 4,9 Th/AUC, im Vergleich zum Referenzsystem Th-NaCl (0,4 Th/AUC) ermittelt werden. Im

drastischen Unterschied dazu steht die Sorption von Th im Th-NaClO4-System, welche unterhalb

des Detektionslimits liegt. Das System Th-KClO4 sollte als drittes Experiment in der Reihe der

Kationen Aufschluss darüber geben, ob sich der beobachtete Trend des Sorptionsverhaltens

innerhalb der Alkalimetallkationen fortsetzt. In diesem Fall sollte K+ einen stärkeren negativen

Effekt zeigen als Na+ (jeweils relativ zu Li

+), und man würde erwarten wie schon im Th-NaClO4-

System keine Th-Sorption zu beobachten. Allerdings ergaben RAXR-Messungen wider diesen

Erwartungen Oberflächenbelegungen im Th-KClO4-System von 0,07 Th/AUC. Zwar ist dieser Wert

verhältnismäßig klein, entspricht aber dennoch ~ 28 % der benötigen Belegung zur Kompensation

der Oberflächenladung des Muskovits durch ein vierwertiges Ion. Eine Systematik innerhalb der

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66

Gruppe der Alkalimetalle ist also zunächst nicht erkennbar.

Um die enormen Unterschiede des Sorptionsverhaltens von Th unter Verwendung verschiedener

Hintergrundelektrolyte zu verstehen, muss berücksichtigt werden, wie diese die Bedingungen an der

Muskovit-Wasser-Grenzfläche beeinflussen. In Abbildung 17 ist zu sehen, dass sich die

Elektronendichteprofile (CTR) des NaClO4- und KClO4-Systems stark ähneln. Als Gemeinsamkeit

weisen alle Profile zwei oberflächennahe Peaks auf. Diese sind für die Systeme unter Anwesenheit

von Th(IV) in NaClO4 identisch, bei ~ 2 und 4 Å, und in KClO4 etwas zur Oberfläche hin

verschoben, zu 1,7 und 3,1 Å. Während Th-KClO4 einen weiteren Peak bei 5,7 Å zeigt, sind in den

NaClO4-Systemen breite Peaks bei ~ 12 Å ausgebildet. Diese breiten Peaks besitzen relativ geringe

Anteile an der gesamten Elektronendichte von ~ 7 % (Th-loNaClO4) und ~ 6 % (Th-NaClO4). Die

Position der oberflächennahen Peaks ähnelt jenen die in Elektrolytlösungen einfacher Ionen bzw.

Wasser in Abwesenheit von Thorium beobachtet wurden. Einige Details sind mitunter jedoch

unterschiedlich. Die oberflächennahen Peaks in Wasser befinden sich beispielsweise bei 1,3 und

2,5 Å,14

jene bei Sorption von Na+-Ionen bei 1,2 und 2,4 Å.

111 Tendenziell sind die Peaks im

NaClO4-System in Anwesenheit von Th(IV) etwas weiter von der Oberfläche entfernt. Diese

Beobachtung scheint für die K+-Systeme nicht zuzutreffen bzw. ist deutlich geringer ausgeprägt.

Abbildung 22 zeigt, dass sich die Peaks in Anwesenheit (Abwesenheit) von Th(IV) bei 1,9 und

3,3 Å (1,7 und 3,1 Å) sowie bei 5,4 Å (5,7 Å) befinden.111

Erwähnenswert sind dabei die

Unterschiede der Elektronendichteintensitäten der oberflächennahen Peaks, welche in Anwesenheit

von Th(IV) durch Co-Adsorption von K+ mit geringen Mengen Th(IV) erhöht sind. Ein

entsprechender Co-Adsorptionsprozess wurde in den Na-Systemen nicht beobachtet.

Während die Sorption von Th(IV) im Th-NaClO4-System noch gänzlich unterdrückt wird, ist

dies in den Systemen Th-KClO4 (0,07 Th/AUC) und Th-loNaClO4 (0,04 Th/AUC) nicht mehr der Fall.

Dies weist daraufhin das K+ im Vergleich zu Na

+ der unterdrückenden Wirkung des Perchlorats

entgegenwirkt und somit einen positiven Effekt auf die Adsorption von Th(IV) hat. Die Reduktion

der NaClO4-Konzentration scheint ebenfalls zu einem positiven Effekt zu führen. An dieser Stelle

bleibt unklar, ob die Verringerung der Konzentration von Na+, durch ein verringertes

Konkurrenzverhalten der Sorptionsspezies, einen positiven Einfluss hat oder sich lediglich die

geringere Konzentration von ClO4- positiv auswirkt.

Substantielle Änderungen der Th-Reaktivität konnten auch durch die Verwendung des

Hintergrundelektrolyts LiClO4 festgestellt werden. Die Sorption von Th an Muskovit ist im

LiClO4-Medium (4,9 Th/AUC) im Vergleich zum Referenzmedium NaCl (0,4 Th/AUC) um mehr als

eine Größenordnung erhöht. Während unter ansonsten gleichen Bedingungen in den Medien KClO4

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Ergebnisse & Diskussion

67

und NaClO4 noch ein unterdrückender Effekt des Perchlorats dominiert (vgl. mit NaCl), so scheint

dieser in LiClO4 nicht mehr vorhanden oder dem positiven Effekt von Li+ untergeordnet zu sein.

Wie die Daten im Th-LiClO4-System zeigen, adsorbiert Th in zwei deutlich voneinander

getrennten Spezies, was auf zwei unterschiedliche Sorptionsmodi hinweist. Dabei befindet sich die

erste Spezies näher an der Mineraloberfläche als der Extended-OS-Komplex im Referenzsystem

Th-NaCl (schwarz gestrichelte Linie in Abbildung 24).1 Dies entspricht einer Höhe, welche

typischerweise durch Sorptionskomplexe hydratisierter oder teilweise hydratisierter Kationen

besetzt wird,53

d.h. von IS- bzw. OS-Komplexen. Die Position der etwas breiteren Verteilung um

29 Å ist vergleichbar mit jener Höhe die bei der Adsorption1 bzw. der Bildung von Plutonium-

Nanopartikeln51

an der Muskovit-Wasser-Grenzfläche beobachtet wurde. Die ermittelte

Oberflächenbeladung im System Th-LiClO4 (4,9 Th/AUC) ist allerdings deutlich kleiner als die der

Plutonium-Experimente (9,9 und 10,8 Pu/AUC). Dennoch ist diese hohe Oberflächenbeladung von

4,9 Th/AUC als Bildung von Nanopartikeln zu interpretieren, da sie für Sorptionsphänomene wie

IS-, OS- oder E-OS-Sorption deutlich zu hoch ist.

Die Interpretation der beobachteten Th-Struktur als Th-Nanopartikel und größere Aggregate

dieser Th-Nanopartikel schließt nicht aus, dass zusätzlich Sorptionsspezies von Th(IV) im System

vorliegen. Zudem weisen die Unterschiede zwischen Alpha- und RAXR-Messungen daraufhin, dass

Teile der Partikel vergleichsweise leicht desorbiert werden können. Im Falle von Th-E-OS-

Komplexen wurde eine ähnliche teilweise Reversibilität beobachtet,1 für Pu-Nanopartikel hingegen

nicht.51

6.1.8 Mechanismen der Hintergrundelektrolyteffekte

Drei unterschiedliche Effekte des Hintergrundelektrolyts auf die Th-Sorption konnten

unterschieden werden: a) Ein negativer Effekt durch ClO4-, b) ein schwach positiver Effekt durch

K+, und c) ein stark positiver Effekt durch Li

+, jeweils in Relation zu Na

+ bzw. Cl

-. Die

Mechanismen die hinter den beobachteten Effekten stehen bleiben allerdings zunächst unklar.

Eine mögliche Erklärung für das beobachtete Sorptionsverhalten der Kationen ist deren

Konkurrenz mit Th. Hierbei kann mit der Abhängigkeit von der Kationenhydratation argumentiert

werden. Li+, welches eine stärkere Hydratation als Na

+/K

+ zeigt, adsorbiert v. a. als OS-Komplex,

wohingegen Na+ und K

+ v. a. als IS-Komplex adsorbieren, also stärker an die Oberfläche gebunden

sind. Diese schwächere Bindung von Li+ ermöglicht eine stärkere Sorption von Th im Medium

LiClO4. Allerdings kann das unterschiedliche Sorptionsverhalten unter Verwendung der

Hintergrundkationen Na+ und K

+ hierdurch nicht erklärt werden.

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68

Ein weiterer Erklärungsansatz könnte der direkte Einfluss von Li+ auf die Lösungschemie von

Th sein. Es konnte gezeigt werden, dass Li+ die Bildung von Oligomeren und Nanopartikeln einiger

Actinide verstärkt, unter anderem die von Th und Pu.112,113

Für K+ bzw. Na

+ ist kein entsprechender

Einfluss auf die Lösungschemie von Th bekannt. Es könnte also die Annahme getroffen werden,

dass die Anwesenheit von Li+ die Speziation von Th in Richtung einer stärkeren Prävalenz von Th-

Oligomeren verschiebt. Allerdings ist es mit den in dieser Arbeit verwendeten Grenzflächen-

spezifischen Methoden nicht möglich die Lösungsspeziation zu untersuchen und in verfügbaren

Datenbanken ist kein Effekt von Li+ auf die Lösungsspeziation dokumentiert.

114 Um diese Frage

endgültig zu klären, besteht bezüglich des Hintergrundelektrolyteinflusses auf die aquatische

Speziation von Th weiterer Forschungsbedarf (siehe Ausblick Kapitel 8).

Die verwendeten Anionen aller Experimente in den Th-Hintergrundelektrolyt-Muskovit-

Systemen sind Chlorid (Cl-) und Perchlorat (ClO4

-) Ionen. Die Speziation des Th in Lösung beider

Hintergrundelektrolyte sind in Tabelle 5 dargestellt und wurden anhand von Daten der OECD-

NEA114

und der NAGRA/PSI thermodynamischen Datenbank25

sowie zusätzlichen experimentellen

Daten modelliert.28,32

Dabei kam die PHREEQC Lösungs-Modellierungs-Software (Version 2.17)

zum Einsatz.115

Die auf diese Weise berechnete Speziation gibt die Zusammensetzung des

Lösungsbulks und nicht die Zusammensetzung im Grenzflächenbereich wieder.

Die Berechnungen der Th-Speziation sind in NaCl und NaClO4 ähnlich, wobei der größte

Unterschied im Fehlen einer ThClO4--Spezies im Th-NaClO4-System liegt. Das Pendant dazu im

Th-NaCl-System, ThCl3+

, hat unter den vorliegenden Bedingungen einen Anteil von 30,7 % an der

Lösung. Dieser Unterschied bewirkt im Th-NaClO4-System, neben der Erhöhung der

Konzentrationen des Aquoions (13,9 % → 21,7 %), eine Erhöhung der ersten (43,6 % → 62,8 %)

und der zweiten Hydrolysespezies (3,5 % → 6,8 %). Zudem ist ein höherer Anteil des dimeren

Komplexes, Th2(OH)53+

(0,19 % → 0,34 %), zu sehen. Nichtsdestotrotz ist der Beitrag des

letztgenannten Komplexes gering und alle anderen Oligomere tragen sogar noch weniger zur

Speziation unter diesen Bedingungen bei.

Von einer Komplexierung zwischen Th und ClO4- wurde bislang nicht berichtet. Der ThCl

3+

Komplex hingegen wird in der aktuellsten NEA thermodynamischen Datenbank aufgeführt,114

ein

spektroskopischer Nachweis konnte allerdings nicht erbracht werden.34

Sollte auch der ThCl3+

Komplex nicht existieren, so ergäbe sich eine identische Speziation für beide Systeme. Die

berechneten Speziationen unter Verwendung verschiedener Hintergrundkationen (Li+, Na

+, K

+)

sollten laut thermodynamischen Daten keine Unterschiede ergeben.

Page 69: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Ergebnisse & Diskussion

69

Tabelle 5: Berechnete Speziation der Th-NaCl & Th-NaClO4-Lösungen. [Th]tot = 1,0 × 10-4

M, pH = 3,2 und

dem Hintergrundelektrolyt NaCl (links) und NaClO4 (rechts) jeweils mit einer Konzentration

von 1,0 × 10-1

M.

Spezies

(0,1 M NaCl)

Konzentration

(in M)

% Spezies

(0,1 M NaClO4)

Konzentration

(in M)

%

ThOH3+

4,4 × 10-5

43,6 ThOH3+

6,3 × 10-5

62,8

ThCl3+

3,1 × 10-5

30,7 Th4+

2,2 × 10-5

21,7

Th4+

1,4 × 10-5

13,9 [Th(CO3)2(OH)2]2-

8,0 × 10-6

8,0

[Th(CO3)2(OH)2]2-

8,0 × 10-5

8,0 Th(OH)22+

6,8 × 10-6

6,8

Th(OH)22+

3,5 × 10-6

3,5 Th2(OH)35+

3,4 × 10-7

0,3

aus Schmidt et al.116

Der Vergleich zwischen Th-NaCl und Th-NaClO4 zeigt sehr deutlich die unterdrückende

Wirkung des Perchlorats auf die Th-Sorption. Dies könnte auf eine Komplexbildungsreaktion

zwischen Th und ClO4- hinweisen, da die niedriger geladenen Komplexe eine geringere Affinität

zur Oberfläche aufweisen würden. Allerdings würde eine niedrigere Ladung der Komplexe

andererseits eine höhere Belegung der Oberfläche ermöglichen, denn zur Kompensierung der

Oberflächenladung würde eine größere Menge des niedriger geladenen Komplexes benötigt

werden. Vor Allem, wird aber ClO4- gerade wegen seiner sehr schwachen Komplexbildung häufig

als Hintergrundelektrolyt verwendet, und Th-ClO4--Komplexe konnten wie schon erwähnt bislang

weder spektroskopisch, noch thermodynamisch beschrieben werden. Daher kann die

Komplexierung von Th(IV) mit ClO4- als primäre Ursache des Perchlorat-Effekts ausgeschlossen

werden.

Ein weiterer, wichtiger Vorgang, der in Betracht gezogen werden muss, ist das Vermögen von

Ionen, auf die Wasserstruktur, über die eigene Hydrathülle hinaus, strukturschaffend oder -brechend

zu wirken („structure making or breaking“).117

Deren relativer Einfluss kann durch die Hofmeister-

Serie ausgedrückt werden.118

Dieser Effekt würde nicht direkt auf das adsorbierte Th, sondern auf

dessen umgebende Wasserstruktur und/oder die der Grenzfläche wirken. Dabei wird sowohl Cl- als

auch ClO4- als „strukturbrechend“ charakterisiert, wobei der Effekt des ClO4

- deutlich stärker

ausgeprägt ist als der des Cl-. Eine mögliche Erklärung für den beobachteten Anioneneffekt wäre

demzufolge, dass die Wasserstruktur an der Grenzfläche durch ClO4- in einer Art gestört wäre, die

dazu führt, dass Th weniger stark adsorbiert. Diesem Teil der Theorie, die Marcus präsentiert,117

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70

widerspricht allerdings das Verhalten der Kationen des Hintergrundelektrolyts. Entsprechend der

Studie gilt Li+ als „strukturschaffend“, Na

+ als Grenzfall und K

+ als „strukturbrechend“.

Vorausgesetzt, strukturbrechende Ionen unterbinden die Sorption, so würde die Th(IV)-Sorption

dem Trend Li+ > Na

+ > K

+ folgen, wobei für Th-KClO4 dementsprechend keine Sorption zu

beobachten wäre. Th-LiClO4 scheint dieser Reihenfolge zu entsprechen, für Th-KClO4 tritt dies

nicht zu, hier kann eine höhere Belegung als für Th-NaClO4 beobachtet werden. Weiterhin ist zu

bemerken, dass die EDtot-Profile (CTR) unabhängig vom Hintergrundelektrolyt relativ ähnliche

Wasserstrukturen nahe der Grenzfläche zeigen (siehe Abbildung 17). Zwar gibt es durchaus

Unterschiede in Position und Amplitude der Peaks zwischen den verschiedenen

Hintergrundelektrolyten, aber die Struktur der Wasserschichten scheint jeweils intakt zu sein.

Hierzu kommt, dass gemeinhin angenommen wird, dass die Hydratation einer Oberfläche

Sorptionsprozesse behindert. Man würde somit eher erwarten, dass eine Schwächung der

Wasserstruktur zu verstärkter Sorption führt. Es sollte hierbei auch Beachtung finden, dass die

Hofmeister Theorie auf biologischen Daten118

und die Arbeiten von Marcus auf Beobachtungen in

ionischen Lösungen hoher Ionenstärken begründet ist. Daher ist ein stärkerer Einfluss anderer

Wechselwirkungen, z.B. Komplexierungs- oder Adsorptionskonkurrenz, unter den deutlich

verdünnten, geochemischen Bedingungen der vorliegenden Arbeit nicht verwunderlich.

Das Austauschexperiment hat gezeigt, dass der Perchlorat-Effekt auf die Th-Adsorption sehr

langsam ist, wenn Th(IV) erst einmal an der Muskovitoberfläche adsorbiert ist. Dennoch kann aus

dem Experiment der Schluss gezogen werden, dass der Perchlorat-Effekt direkt während des

Sorptionsvorganges Einfluss auf diesen nimmt und auf eine schon abgeschlossene Sorption nur

geringfügigen oder keinen Einfluss hat.

6.2 Bildung vierwertiger Nanopartikel an der Basalfläche von Muskovit

6.2.1 Pu(IV)-Nanopartikel

In der vorliegenden Arbeit wurde die Sorption von Plutonyl(VI) mit der von Uranyl(VI) an der

(001)-Oberfläche von Muskovit verglichen [[PuO22+

] = 0,1 mM, [UO22+

] = 1 mM, [NaCl] = 0,1 M,

pH 3,2]. Die Untersuchungen sollten dabei die Fragestellung klären, ob sich Plutonyl(VI) und

Uranyl(VI) analog verhalten oder deren unterschiedliches Redoxverhalten einen Einfluss auf das

Sorptionsverhalten hat. Ergänzend zur vorangegangen Studie von Schmidt et al.51

sollen dabei im

Falle einer Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln aus dieser Pu(VI)-Lösung folgende Fragen

beantwortet werden: Wo findet die Redoxreaktion statt? Ist der Mechanismus tatsächlich

unabhängig von spezifischen Redoxpartnern und lediglich auf Pu(IV) im GGW angewiesen?

Page 71: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Ergebnisse & Diskussion

71

Vorausgesetzt der Mechanismus beruht grundsätzlich auf dem GGW von Pu(III) mit Pu(IV), wobei

Pu(III) keine weitere Prozessrelevanz hat, dann müsste dieser Prozess ebenfalls auf Grundlage

anderer Redox-GGW funktionieren, also z. B. durch die Reduktion von Pu(VI) zu Pu(IV).

Aufgrund dessen, dass die vorangegangene Studie ausschließlich Pu(III) untersuchte,51

aber

keine Schlüsse bezüglich der Lokalisierung der Oxidation zuließ, wurde die vorliegende Arbeit als

vergleichende Studie mit Pu(VI) und U(VI) konzipiert. Da das chemische Verhalten von U(VI) und

Pu(VI) analog ist, sich ihr Redoxverhalten jedoch deutlich unterscheidet, können so die von

Schmidt et al. aufgestellten Hypothesen zur Wechselwirkung zwischen Sorptionsverhalten und

Redoxchemie überprüft werden. Sowohl Pu(VI) als auch U(VI) liegen in Lösung in Form von linear

angeordneten Actinyl-Molekül-Kationen [O=An=O]2+

vor, U(VI) ist unter den

Reaktionsbedingungen allerdings wesentlich stabiler als Pu(VI) (siehe Kapitel 4.2.2). Die

Grenzflächenstrukturen wurden mittels SXS charakterisiert und die Oberflächenbelegung mittels

ex situ Alpha-Spektrometrie verifiziert. Die Oxidationsstufe der Actiniden im Grenzflächenbereich

wurde in GI-XANES-Messungen ermittelt.

Alpha-Spektrometrie.

Die Messungen der Pu-Probe mittels Alpha-Spektrometrie ergab eine Oberflächenbelegung von

θPu (alpha) = 8,3 ± 0,2 Pu/AUC, was 0,71 µg/cm2 entspricht. Damit liegt das Ergebnis im gleichen

Bereich wie die Oberflächenbelegungen, die bei der Sorption von Pu(IV)-oxo-Nanopartikeln aus

einer Pu(III)-Lösung (9,0 ± 0,5 Pu/AUC)51

und durch die Sorption von vorgeformten Pu(IV)-oxo-

Nanopartikeln (10,8 ± 0,6 Pu/AUC),57

ermittelt wurden. Die Oberflächenbelegungen aller

Experimente liegen ebenfalls deutlich über den Erwartungswerten für eine Ladungskompensation

durch Ionen wie z. B. Pu3+/4+

oder PuO22+

, welche durch die Oberflächenladung von Muskovit (1 e-

/AUC) bestimmt werden würde, also muss es sich ebenfalls um die Sorption von Pu-Nanopartikeln

handeln.

Im Gegensatz dazu konnte keine Sorption von Uran auf der basalen Fläche von Muskovit mittels

Alpha-Spektrometrie festgestellt werden. Die Nachweisgrenze der Messung für 238

U liegt bei

θU (alpha) = 0,04 U/AUC, dies entspricht 3,52 ng/cm2. Trotz einer um den Faktor 10 höheren

Ausgangskonzentration für U(VI) ist die resultierende Oberflächenbelegung also um mehr als das

200fache geringer als die Oberflächenbelegung für Pu(VI).

XANES (X-ray absorption near-edge structure).

XANES-Spektroskopie wurde unter anderem zur Bestimmung der Oxidationsstufen von Pu bzw.

U verwendet, dies unterliegt allerdings einigen Einschränkungen.119,120

Generell zeigen XANES-

Spektren fünf- und sechswertiger Actinide mit einer Actinyl-Struktur (AnO22+/+

) charakteristische

Page 72: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

72

Schultern der LIII-Kanten, welche aus der starken Rückstreuung der eng gebundenen Sauerstoffe des

Actinyls resultieren.121

Die Unterschiede hinsichtlich der Kantenform lassen eine Unterscheidung

zwischen reduzierten Ionen (III, IV) und oxidierten Actinylen (V,VI) zu. Eine Unterscheidung

zwischen den Oxidationsstufen III und IV erweist sich als kompliziert, da keine signifikante

Formänderung vorliegt und eine Verschiebung der Kantenposition aufgrund der

Oxidationsstufenänderung in derselben Größenordnung liegt wie eine Verschiebung durch

Änderungen der chemischen Umgebung.119

Selbiges gilt für die Unterscheidung der

Oxidationsstufen V und VI.

In Abbildung 25 sind die XANES-Spektren für Pu und U dargestellt. Die durchgehenden Linien

zeigen die Ergebnisse der Pu(VI)- bzw. U(VI)-Experimente dieser Arbeit, zusätzlich sind Spektren

vierwertiger (gestrichelt)122-124

und sechswertiger (gepunktet)123,124

Referenzen des jeweiligen

Actinids dargestellt. Die Referenzen sind in Systemen gemessen, deren Lösungszusammensetzung

sich von den Lösungen der Proben dieser Arbeit unterscheiden, weshalb geringfügige

Verschiebungen der Peaks aufgrund der Chemie möglich sind.

Das GI-XANES-Spektrum der Muskovitoberfläche in Kontakt mit Pu(VI)-Lösung zeigt keine

Schulter, welche im Falle der Sorption von Pu(VI) hätte sichtbar sein müssen. Stattdessen stimmt

der stark ausgeprägte, breite Peak („white line“) hervorragend mit dem Pu(IV)-Referenzspektrum

überein, was darauf hindeutet, dass das Pu als reduzierte Spezies an der Muskovitoberfläche

vorliegt. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass UV/vis-Spektroskopie derselben Lösung in

Abwesenheit von Muskovit keinerlei Hinweis auf die Anwesenheit von Pu(IV) in Lösung gab,

wobei der Messzeitraum jenen des Beugungsexperiments deutlich übertraf.

Ein ausgeprägtes „white line“ Feature, wie die Ergebnisse von Muskovit in Pu(VI)-Lösung

gezeigt haben, ist für Muskovit in U(VI)-Lösung nicht zu erkennen, das Spektrum zeigt eine

prominente Schulter (siehe Pfeil Abbildung 25 b)), welche nahelegt, dass U in Form von UO22+

oder UO2+ vorliegt. Die schlechtere Datenqualität des Signals der U(VI)-Messung, erkennbar durch

ein deutlich niedrigeres Verhältnis von Signal zu Rauschen, ist hauptsächlich der sehr niedrigen

Intensität des U-Lα-Fluoreszenzsignals zuzuschreiben. Ein entsprechend niedriges Signal unter

GI-Bedingungen weist auf minimale oder keine Sorption von U hin.

Page 73: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Ergebnisse & Diskussion

73

Abbildung 25: GI-XANES-Spektren der LIII-Absorptionskante an der Muskovit-(001)-Grenzfläche in Kontakt

mit a) Pu(VI) und b) U(VI). Die gemessenen Spektren sind mit Referenzspektren von Pu(IV)122,123

und

Pu(VI)123

als auch U(IV) und U(VI)124

dargestellt. Die dargestellten Spektren sind entsprechend der

angezeigten Energien verschoben und alle Spektren wurden aus Gründen der Vergleichbarkeit auf eine

einheitliche Peakintensität normiert.

6.2.2 Grenzflächenstruktur - CTR

Grenzflächenstruktur - Adsorptionsstruktur von Pu (CTR).

Die CTR-Daten der Muskovit-Basalfläche im Kontakt mit Plutonyl-Lösung ([PuO22+

] = 0,1 mM;

[NaCl] = 0,1 M, pH 3,2) sind in Abbildung 26a dargestellt. Die Daten zeigen typische starke

Variationen um mehrere Größenordnungen, wobei die höchsten Reflektivitäten den Bragg-Peaks

des Kristall-Bulks entsprechen. Als Referenz soll eine NaCl-Probe ([NaCl] = 30 mM, pH 5,7) ohne

Pu dienen.111

Deutliche Unterschiede zwischen diesen CTRs, wie sie bspw. bei Q ~1,5 Å-1

oder

Q ~4,7 Å-1

zu erkennen sind, geben Hinweis auf gravierende Unterschiede der

Grenzflächenstruktur. Die angepassten Strukturmodelle sind in Abbildung 26b dargestellt. Das

EDtot-Profil der Pu-Probe wird durch einen breiten, strukturierten Peak innerhalb der ersten 20 Å

der Lösung oberhalb der Oberfläche dominiert. Dem folgt ein flacher, breiter Peak der bei etwa

45 Å das Niveau des Wasserbulks erreicht und sein Maximum bei ~ 32 Å hat. Features dieser Art

sind in der NaCl-Probe nicht vorhanden und die stark erhöhte ED muss heißen, dass diese durch die

Sorption von Pu hervorgerufen wurde. Pu bedingt durch seine hohe Ordnungszahl (Z = 94) eine

starke Streuung, d.h. Beugungsexperimente sind besonders sensitiv für solch schwere Ionen. Unter

der vereinfachten Annahme, dass der integrierte Überschuss der ED, relativ zu Bulk-Wasser,

ausschließlich vom Pu stammt, würde dieser etwa 4 Pu/AUC entsprechen. Dieses Ergebnis ist

konform mit den hohen Pu-Oberflächenbelegungen der Alpha-Spektrometrie. Im Anhang in Tabelle

A4 sind die Parameter des Modells zu finden, welches die CTR-Daten bestmöglich wiederspiegelt.

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74

Abbildung 26: a) Röntgenreflektivität der Muskovit-(001)-Fläche im Gleichgewicht mit einer Lösung die

0,1 mM Pu(VI) enthält bei pH 3,2 mit 0,1 M NaCl als Hintergrundelektrolyt als Funktion des Impulsübertrags

Q, gemessen mit einer Photonenenergie E = 16,0 keV. Die gemessenen Reflektivitätsdaten sind als rote

Symbole dargestellt und das dazugehörige bestangepasste Modell als blaue Linie. Zusätzlich ist ein Datensatz,

gemessen an Muskovit nach der Reaktion mit 30 mM NaCl, durch graue Symbole dargestellt.111

b) Das EDtot-

Profil, anhand von CTR-Messungen ermittelt, ist als schwarze Linie dargestellt. Aus Gründen der

Vergleichbarkeit ist zusätzlich das EDtot-Profil der Muskovitprobe im Gleichgewicht mit 30 mM NaCl111

als

gestrichelte rote Linie dargestellt. Die ED sind mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å

3.

Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert.

Grenzflächenstruktur – Adsorptionsstruktur von U (CTR).

Die CTR-Daten der Muskovit-Basalfläche im Kontakt mit Uranyl-Lösung ([UO22+

] = 1 mM;

[NaCl] = 0,1 M, pH 3,2) sind in Abbildung 27a dargestellt. Als Referenz dienen dieselben Daten

einer NaCl-Probe mit ähnlicher Konzentration ([NaCl] = 30 mM) in Abwesenheit von U.111

Die

CTR-Daten beider Systeme zeigen minimale Unterschiede und diese auch erst für höhere Q-Werte

(z.B. bei Q ≈ 4,0 oder 4,7 Å-1

), dementsprechend unterscheiden sich die EDtot-Profile in An- und

Abwesenheit von UO22+

nur marginal. Beide Profile zeigen ein oberflächennahes Doppelpeak-

Feature in einer vertikalen Höhe von < 4 Å, gefolgt von schwächeren Oszillationsfeatures in

größerer Distanz zur Oberfläche. Einzig eine leichte Verschiebung der ersten beiden Peaks im

UO22+

-System, um ~ 0,4 bzw. 0,2 Å von der Oberfläche weg, unterscheidet die ED-Profile. Die

Parameter des Modells, welches die CTR-Daten am besten wiederspiegelt, ist im Anhang in Tabelle

A5 zu finden. Die geringen Unterschiede der Strukturen könnten auf eine Reihe von Faktoren

zurückzuführen sein, unter anderem die unterschiedliche NaCl-Konzentration, Unterschiede im pH-

Wert der Bulk-Lösung oder des pH-Wertes in Oberflächennähe. Eine Adsorption von U erscheint

unwahrscheinlich, da es aufgrund seiner hohen Ordnungszahl größeren Einfluss auf die ED haben

müsste, insofern kann die Bildung oder Sorption von U-Nanopartikeln ausgeschlossen werden.

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Ergebnisse & Diskussion

75

Abbildung 27: a) Röntgenreflektivität der Muskovit-(001)-Fläche im Gleichgewicht mit einer Lösung, die

1 mM U(VI) enthält, bei pH 3,2 mit 0,1 M NaCl als Hintergrundelektrolyt, als Funktion des Impulsübertrags

Q, gemessen mit einer Photonenenergie E = 16,0 keV. Die gemessenen Reflektivitätsdaten sind als rote

Symbole dargestellt und das dazugehörige, bestangepasste Modell als blaue Linie. Zusätzlich ist ein

Datensatz, gemessen an Muskovit nach der Reaktion mit 30 mM NaCl, durch graue Symbole dargestellt.111

b)

Das EDtot-Profil, anhand von CTR-Messungen ermittelt, ist als schwarze Linie dargestellt. Aus Gründen der

Vergleichbarkeit ist zusätzlich das EDtot-Profil der Muskovitprobe im Gleichgewicht mit 30 mM NaCl111

als

gestrichelte rote Linie dargestellt. Die ED sind mit der vom Lösungsbulk ρ normalisiert, ρ

(Wasser) = 0,33 e-/Å

3. Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert.

6.2.3 RAXR-Daten der Muskovitoberfläche nach der Reaktion mit PuO22+

bzw. UO22+

.

Der Beitrag zur Grenzflächenstruktur durch adsorbiertes Pu und U wurde mithilfe von

RAXR-Messungen an der jewiligen LIII-Absorptionskante aufgeklärt. Ausgewählte Modulationen

sind in Abbildung 28 dargestellt (Anhang A2) zeigt den vollständigen Pu-Datensatz). Dabei zeigen

die Pu-RAXR-Daten die größte Modulation bei dem kleinsten gemessenen Q-Wert, wobei die

Amplitude der Modulationen mit steigendem Q schnell abnimmt. Da die Amplitude der

Modulationen proportional zur Menge des adsorbierten Pu ist, liegt auf der Hand, dass Pu auf der

Oberfläche adsorbiert ist. Die schnelle Abnahme der Größe der Modulation schon im Bereich

kleiner Q-Werte deutet auf eine breite Verteilung des sorbierten Pu hin. Im Kontrast dazu zeigen die

Daten für U nahezu kein resonantes Signal nahe der Kantenenergie von U, was den Schluss zulässt,

dass kein oder nur sehr wenig U ( 0,01 U/AUC) adsorbiert ist. Das ist in guter Übereinstimmung

mit den Ergebnissen der ex situ Alpha-Spektrometrie sowie der Interpretation der CTR-Messungen.

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76

Abbildung 28: Ausgewählte RAXR-Daten (○) an der basalen (001)-Fläche von Muskovit bei

unterschiedlichen fixen Impulsüberträgen Q (Å-1

) gemessen. Die RAXR-Messungen wurden durch das

Scannen der einfallenden Photonenenergie nahe der LIII-Absorptionskante von a) Pu (18,06 keV) und b) U

(17,18 keV) ermittelt. Die Abweichung des RAXR-Signals von der Pu/U freien Basislinie (rote gestrichelte

Linie) ist das Resultat adsorbierter, resonanter Ionen (exemplarisch durch den grauen Pfeil für Q = 0,14 Å-1

der Pu-Daten gezeigt). Die Spektren sind nach (|Ftot(Q,E)|2-/|FNR(Q)|

2)/(2|FNR(Q)|) normiert, wobei Ftot und FNR

jeweils dem gesamten und dem nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen. Der besseren Darstellung wegen

sind die Spektren mit einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die blaue Linie ist das

Resultat der modellunabhängigen Analyse und dient zur Orientierung.

Obwohl die Grenzflächenverteilung des Adsorbats von RAXR-Daten abgeleitet werden kann,

war es für Pu nicht möglich ein akkurates Strukturmodell mit eindeutiger Quantifizierung anhand

des vorliegenden RAXR-Datensatzes zu generieren. Grund hierfür ist die noch während der

Messung andauernde Reaktion und damit die fortwährende Veränderung der Struktur des

Adsorbats. Die gesamte Dauer der Messung betrug ~ 12 h, zuvor reagierte der Muskovit-Kristall

über Nacht mit der Pu(VI)-Lösung, wobei offensichtlich die Reaktionszeit nicht ausreichend lang

gewählt wurde um die bekanntermaßen langsame Reduktion von Pu(VI) zu Pu(IV) komplett

ablaufen zu lassen.63,71,75,125

Die andauernde Änderung der Struktur des Adsorbats stellt aufgrund dessen ein Problem dar, da

die Analyse der RAXR-Daten als Eingabeinformation den nicht-resonanten Strukturfaktor (siehe

Kapitel 5.2.2) und RAXR-Spektren, die von ein und derselben Absorbatstruktur stammen, benötigt.

Die CTR-Daten haben aufgrund der ständigen Veränderung der Oberflächenstruktur während der

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Ergebnisse & Diskussion

77

Messung ein anderes Stadium der Struktur aufgenommen als die RAXR-Daten, was die notwendige

Kombination dieser unzulässig macht. Dem ist hinzuzufügen, dass Pu unter ähnlichen Bedingungen

sehr empfindlich auf den Röntgenstrahl reagieren kann,125

obwohl das Experiment entsprechend

gestaltet wurde, um den Einfluss des Röntgenstrahls auf die Grenzflächenchemie zu minimieren

(z.B. durch Defokussierung des Röntgenstrahl kombiniert mit regelmäßigen

Translationsbewegungen der Probe um verschiedene Bereiche zu untersuchen). Ein signifikanter

Einfluss des Röntgenstrahls auf die Adsorptionsstruktur ist dementsprechend nicht zu erwarten.

Trotz dieser Probleme bestätigt auch die modellunabhängige RAXR-Analyse, welche eine

Abschätzung der Gesamtverteilung des resonanten Elements zulässt,93

eine Adsorptionsschicht

bestehend aus Pu und einer durchschnittlichen Höhe der Pu-Verteilung ⟨z⟩ = limQ→0[PR(Q)/Q] von

> 30 Å über der Oberfläche, wobei PR(Q) die Phase des resonanten Strukturfaktors ist (siehe Kapitel

5.2.2). Diese Beobachtungen sind in vollständiger Übereinstimmung mit den Messungen der Alpha-

Spektrometrie, GI-XANES und CTR, welche eine ausgedehnte vertikale Verteilung und eine hohe

Oberflächenbelegung durch Pu anzeigen.

Zusammengenommen zeigen die Daten eindeutig die Bildung von Pu(IV)-oxo-Nanopartikeln an

der Muskovitoberfläche. Dabei ist die Oberflächenbelegung von etwa 8 Pu/AUC signifikant höher,

als für die Kompensation der Oberflächenladung durch zweiwertige Ionen (0,5 PuO22+

/AUC)

notwendig wäre. Die GI-XANES Ergebnisse der PuO22+

-Probe zeigen keine Plutonyl-Schulter,

dementsprechend handelt es sich bei dem Pu an der Grenzfläche des Muskovits nicht um fünf- oder

sechswertiges Pu. Vielmehr zeigt der Vergleich mit Referenzproben (siehe Abbildung 25), dass es

sich um vierwertiges Pu handelt.

Die Untersuchungen von UO22+

unter ähnlichen experimentellen Bedingungen führten zu

komplett gegensätzlichen Ergebnissen. Konsistent zu vorherigen Arbeiten konnte keine Adsorption

von U an Muskovit festgestellt werden. Die Ergebnisse von Alpha-Spektrometrie und

Röntgenbeugung zeigen übereinstimmend, dass die Oberflächenbelegung unter den

Detektionslimits von 0,04 U/AUC und ~0,01 U/AUC liegen. Die ermittelte Oberflächenstruktur

(CTR) ähnelt jener Oberflächenstruktur des NaCl-Systems in Abwesenheit von U.111

Einzig eine

leichte Verschiebung der Peaks des EDtot-Profils zu größeren vertikalen Abständen zur

Mineraloberfläche unterscheidet die zwei Systeme (siehe Abbildung 27).

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78

6.2.4 Unterschiede im Sorptionsverhalten von UO22+

/PuO22+

gegenüber anderen zweiwertigen

Ionen.

Unter der Annahme, dass der Sorptionsprozess elektrostatischer Natur ist, sollte das

Sorptionsverhalten von U(VI)O22+

dem anderer zweiwertiger Ionen, bspw. Sr2+

und Ba2+

,

entsprechen. Deren Sorptionsverhalten wurde in früheren Studien53,126,127

untersucht und es konnte

gezeigt werden, dass diese Ionen erwartungsgemäß die negative Oberflächenladung des Muskovits

kompensieren (θ(Sr2+

) = 0,57 ± 0,03 und θ(Ba2+

) ≥ 0,44 M2+

/AUC).53,127

Demnach müsste UO22+

die

Oberflächenladung ebenfalls kompensieren, wenn ausschließlich die Ladung entscheidend wäre.

Dies ist allerdings nicht der Fall.

Die signifikanten Abweichungen im Sorptionsverhalten zwischen UO22+

und anderen

zweiwertigen Ionen könnten mehrere Gründe haben. Aus einer elektrostatischen Sichtweise heraus

konkurrieren Ionen wie einwertiges Na oder zweiwertiges Sr mit dem Hydronium-Ion, wobei

letzteres eine effektivere Adsorptionsstärke besitzt als andere einwertige Kationen.128

Unter den

Bedingungen der vorliegenden Arbeit mit niedrigerem pH-Wert (pH = 3,2 gegenüber pH = 5,7)

würden wir für die Oberflächenbelegung von Sr nur etwa 50 % der erwarteten Belegung schätzen,

die für die Kompensation der Oberflächenladung von Muskovit notwendig wäre.53,126,127

Dies wäre

allerdings immer noch deutlich mehr als für UO22+

beobachtet wurde, es muss also noch andere

Einflussfaktoren geben.

Ein weiterer Faktor kann der Aufbau von UO22+

als Molekülkation sein. Wird der Aufbau der

Ionen betrachtet, können Sr2+

und Ba2+

als annähernd kugelsymmetrisch angesehen werden. UO22+

hingegen ist ein linear aufgebautes Molekülkation. Zudem ist der axiale Radius (rax) des UO22+

mit

einem U-O-Abstand von 1,7 Å plus dem Ionenradius des Sauerstoffs von 1,4 Å deutlich größer

(rax ≈ 3,1 Å) als die Ionenradien von Sr2+

oder Ba2+

(1,2 bzw. 1,5 Å).18

Dieser größere Radius,

speziell bei vollständiger Hydratisierung, destabilisiert die Adsorption des komplexeren UO22+

Ions

zusätzlich stärker, als dies im Vergleich dazu bei den einfachen zweiwertigen Kationen der Fall ist.

Zu diesem sterischen Problem kommt die unterschiedliche Ladungsverteilung. Sr2+

und Ba2+

besitzen eine kugelsymmetrische Ladungsverteilung. UO22+

besitzt partielle Ladungen, wobei das

zentral lokalisierte U positiv geladen ist, wohingegen die endständigen Sauerstoffe noch

anionisches Verhalten zeigen können.129-132

Bei einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung spielt

die Orientierung des Ions im Raum keine Rolle, bei einer linearen Form wie der des UO22+

hingegen eine entscheidende, da es relevant ist, welche partielle Ladung des UO22+

der negativ

geladenen Oberfläche zugewandt ist.

Obwohl Änderungen der Ladungsverteilung als Argumente geeignet sein mögen, um zwischen

Page 79: Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit D I S S E ... · mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the In the first

Ergebnisse & Diskussion

79

UO22+

und zweiwertigen Ionen wie Sr2+

und Ba2+

zu unterscheiden, so sind diese Argumente nicht

ausreichend, um den Überschuss an Pu-Sorption zu erklären. Der Radius von PuO22+

ist etwas

kleiner als der von UO22+

, die Ladungsverteilung ist hingegen nahezu identisch. Folglich sollte die

Konkurrenz von PuO22+

und UO22+

mit Na+ bzw. H3O

+ sehr ähnlich sein. Die Unterschiede im

Sorptionsverhalten der beiden Actiniden müssen also auf eine andere Ursache zurückzuführen sein.

6.2.5 Einfluss des Redoxverhaltens

Eine naheliegende Erklärung für die beobachteten Unterschiede bietet das unterschiedliche

Redoxverhalten von Pu und U. Tatsächlich zeigen die GI-XANES-Daten, dass es sich beim

oberflächennahen Pu um reduziertes Pu handelt, PuO22+

adsorbiert also ebenfalls nicht. Das

Redoxverhalten beider Actinide, Pu und U, in wässrigen Lösungen ist gut bekannt und gibt

Aufschluss über deren unterschiedliches Verhalten. Der Vergleich der Standardpotentiale der

Reduktion von der sechswertigen zur vierwertigen Oxidationsstufe von Pu und U zeigt, dass die

Halbzellenreaktion von Pu mit 0,776 V begünstigt ist (+1,043 V (Pu) zu +0,267 V (U), jeweils bei

pH = 0 gegen SHE, siehe Kapitel 4). Ausschlaggebend bei diesem Vergleich ist die Stabilität des

fünfwertigen Oxidationszustandes. Tatsächlich ist Pu(V)O2+ unter den gegebenen Bedingungen des

Experiments die stabile Pu-Spezies in wässriger Lösung. Wohingegen bekannt ist, dass die

sechswertige Oxidationsstufe von U in weiten Bereichen wässriger Lösungen stabil ist (siehe

Kapitel 4). Entsprechend ist der erste Schritt der Reduktion des sechswertigen Actinids für Pu

kinetisch favorisiert, wohingegen UO22+

weitgehend stabil bleibt. Durch die Disproportionierung

von PuO2+ entsteht daraufhin sowohl Pu(IV) als auch Pu(VI).

Der Reduktionsprozess steht nicht in direkter Verbindung mit der Muskovitoberfläche, denn

sowohl Oxidation (Pu(III)51

) als auch Reduktion (Pu(VI)) führt zur Bildung von

Pu(IV)O2-Aggregaten an der Grenzfläche. Spekulativ bleibt hierbei, was als zweiter Teil des

Redoxpaares agiert. Muskovit selbst ist ein redox-inaktives Mineral, demzufolge agiert vermutlich

Wasser als Redoxpartner, da es das einzig noch vorhandene Reduktionsmittel im System ist. Diese

Hypothese konnte allerdings durch unsere Experimente nicht belegt werden. Da beide Reaktionen

an der Mineraloberfläche allerdings deutlich schneller ablaufen als in den jeweiligen Lösungen,

muss die Oberfläche aber dennoch einen Einfluss auf die Reaktionen haben. Das Substrat Muskovit

beeinflusst die Reduktion von Pu(VI) dabei durch die Anreicherung von Pu(IV) an der Oberfläche.

Diese Akkumulierung der minoren Spezies führt dazu, dass die Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln

begünstigt wird, was wiederum Pu(IV) aus dem Gleichgewicht entfernt und dieses weiter zu Pu(IV)

verschiebt. Dies soll durch den Zusammenhang zwischen Gleichung 6.1 und 6.2 verdeutlicht

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80

werden. E´, also die benötigte Energie für die direkte Reaktion von PuO22+

zu PuO2-Nanopartikeln

ist größer als E, die benötigte Energie für die Bildung von Pu4+

. Dadurch läuft die in Gleichung 6.1

dargestellte Reaktion bevorzugt ab. Nachdem die Konzentration von Pu4+

an der Mineraloberfläche

ausreichend hoch ist, bilden sich PuO2-Nanopartikel durch Hydrolyse- und Kondensationsprozesse

(siehe Kapitel 4.2.3).

(6.1)

(6.2)

6.2.6 Bildungsmechanismus von Pu(IV)-Nanopartikeln

Der Bildungsmechanismus der Pu(IV)-Nanopartikel kann folgendermaßen erklärt werden (siehe

Abbildung 29): Sowohl sechswertiges Plutonyl als auch Uranyl sind nicht in der Lage mit der

Mineraloberfläche in ausreichendem Maße zu interagieren. Grund dafür ist der mehr als 100- bzw.

1000-fache Überschuss an Na+ und H3O

+ Ionen, womit beide Actiniden in ihrer sechswertigen

Actinylform nicht konkurrieren können. Der Unterschied des Redoxverhaltens zwischen Pu und U

führt effektiv zur Abwesenheit von U(IV) in Lösung, im Gegensatz zu Pu(IV), dessen

Konzentration ist zwar ebenfalls gering, aber deutlich (~ 25x) höher als die Konzentration von

U(IV). Während Uran dadurch in seiner sechswertigen Oxidationsstufe verbleibt, tritt Pu(IV) in

Konkurrenz mit dem Überschuss an Na+ Ionen. Durch die Sorption von Pu(IV) als E-OS-Komplex

wird Pu(IV) an der Grenzfläche akkumuliert. Diese erhöhte Pu(IV)-Oberflächenkonzentration führt,

nach dem Überschreiten eines notwendigen Schwellenwertes, über Hydrolyse, welche für Pu

stärker ausgeprägt ist als für U, und Kondensationsprozesse zur Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln.

Unklar bleibt ob die Pu(IV)O2-Phase sich dabei in Lösung und/oder direkt an der

Mineraloberfläche bildet. Fest steht, dass die Mineraloberfläche den Prozess begünstigt.51,64,74,76

Die

beobachtete Bildung von Pu-oxo-Nanopartikeln begünstigt die Reduktion von Pu zusätzlich, da

dem Gleichgewicht dadurch Pu(IV) entnommen wird.

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Ergebnisse & Diskussion

81

Abbildung 29: Schematische Darstellung des Bildungsmechanismus von An-Nanopartikeln auf der (001)-

Oberfläche von Muskovit aus einer An(VI)-Lösung, unter Einbeziehung der Beispiele Plutonyl und Uranyl.

Mittels X (magenta) sind ausgeschlossene oder weniger wahrscheinliche Teilreaktion oder Reaktionspfade

markiert.

6.2.7 Vergleich der Studie mit anderen Pu-Studien

Das EDtot-Profil der Pu-CTR-Daten (Abbildung 26) ist in Abbildung 30 mit den EDtot-Profilen

von ähnlichen Pu-Lösungen im Kontakt mit Muskovit verglichen (Anhang A3 zeigt die

entsprechenden CTRs im Vergleich). Das Experiment Pu(III)51

wurde in Kapitel 4.3.2 dargestellt

und ist in der Konzeption mit dem Pu(VI)-Experiment identisch. Bei dem dargestellten Pu(IV)-

Experiment handelt es sich um ein Sorptionsexperiment unter Verwendung einer Lösung, die Pu-

Nanopartikel enthält.57

In diesem Experiment wurde die Sorption von monodispersen kubischen Pu-

oxo-Nanopartikeln ([Pu38O56Clx(H2O)y](40-x)+

) an der (001)-Oberfläche von Muskovit

([NaCl] = 0,1 M, bei pH 2,6) untersucht. Die ermittelte Oberflächenbelegung beträgt 10,8 Pu/AUC.

Alle drei Pu-Profile zeigen ein Feature im Bereich < 20 Å, welches sich im Detail unterscheidet.

Dieser Struktur folgt jeweils ein breiter Bereich erhöhter ED, in großem Abstand zur

Mineraloberfläche (teilweise >60 Å). Anhand der CTR-Daten kann abgeschätzt werden, dass die

Oberflächenschicht des Plutoniums, resultierend aus der Pu(VI)-Lösung, geringer ausgeprägt ist als

die der anderen Pu-Lösungen. Denn sowohl die vertikale Ausdehnung (z) als auch die ED der

Struktur aus der Pu(VI)-Lösung sind geringer.

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82

Abbildung 30: Vergleich der EDtot-Profile von Muskovit im Kontakt mit Lösungen die PuIII

,51

PuVI

-oder PuIV

-

Nanopartikel57

im Vergleich zu Muskovit im Kontakt mit einer 30 mM NaCl-Lösung in Abwesenheit von

Pu.111

Wie erörtert, ähneln sich die gebildeten Strukturen, unabhängig davon, ob der Startpunkt bei

einer Pu(VI)-Lösung oder einer Pu(IV)O2-Nanopartikel- bzw. Pu(III)-Lösung liegt. Aufgrund der

komplexeren Reaktionskinetik, d.h. der Fragmentierung des Plutonyl-Molekülkations, ist die

Reaktion von PuO22+

zu Pu(IV) kinetisch gehindert. Dies wird durch die Beobachtung bestätigt,

dass der Gleichgewichtszustand im System noch nicht erreicht war und die Reaktion während der

Messung andauerte, im Gegensatz zur Reaktion im Pu(III)-System im gleichen Zeitraum.

Vermutlich handelt es sich also bei der beobachteten Struktur um ein Übergangsstadium des

Bildungsprozesses der Pu(IV)-Nanopartikel. Nach Einstellung des Gleichgewichts im System

würde sich die Struktur in Form und Oberflächenbelegung sehr wahrscheinlich ebenfalls jener

annähern, die in Experimenten mit Pu(III) und Pu(IV)-Nanopartikel ermittelt wurde.

Powell et al. 2011 konnten eine Pu4O7-Struktur anstatt der üblichen PuO2-Struktur für die

Bildung von Pu-Nanopartikeln auf Goethit beobachten. Der Grund dafür ist eine epitaxiale

Übereinstimmung zwischen den adsorbierten Pu-Nanopartikeln und der Goethitstruktur. Eine

solche epitaxiale Übereinstimmung mit der Muskovit Einheitszelle konnte für die Pu-Phase in

unseren Experimenten nicht festgestellt werden, sie ist also für die Bildung von Pu-Nanopartikeln

an einer Mineraloberfläche nicht notwendig.

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Ergebnisse & Diskussion

83

6.3 Sorption dreiwertiger f-Elemente an Muskovit und Orthoklas

Im Folgenden werden die Wechselwirkungen dreiwertiger Actiniden (Am, Cm) und

Lanthaniden (Eu) mit den Mineraloberflächen von Muskovit und Orthoklas vorgestellt. Die

Experimente wurden neben Muskovit zusätzlich an Orthoklas durchgeführt, um die

Sorptionseigenschaften verschiedener Silikatminerale, welche chemisch ähnlich, aber strukturell

unterschiedlich sind, vergleichend darstellen zu können. Der komplementäre Einsatz der Methoden

site-selektive TRLFS und SXS ermöglicht ein besseres Verständnis der Sorptionsprozesse.

6.3.1 Sorption in Abhängigkeit vom pH-Wert

In einem ersten Schritt wurden die Sorptionskurven für Americium an Muskovit und Europium

an Muskovit und Orthoklas im pH-Bereich von 3 bis 12 aufgenommen. Für beide Minerale sind die

Sorptionskurven unter Normalatmosphäre (atm) und unter Stickstoff-Atmosphäre (inert) in

Abbildung 31 dargestellt. Die Eu-Sorptionskanten an Muskovit und Orthoklas unter

atmosphärischen Bedingungen ähneln sich stark, wobei die des Muskovits geringfügig steiler

verläuft. Die Sorptionskanten liegen für Muskovit und Orthoklas jeweils im Bereich von pH ~ 7,1

bzw. pH ~ 7,3. Das Plateau, welches vollständiger Sorption entspricht, wird von beiden Mineralen

bei pH ~ 8 erreicht. Sowohl Sorptionskante als auch Plateau zeigen beim Muskovit nur

unerhebliche bzw. keine Unterschiede, wenn derselbe Versuch unter inerten Bedingungen

durchgeführt wird. Die Sorptionskurve des Orthoklases unter inerten Bedingungen zeigt einen

geringfügig steileren Verlauf als unter Normalatmosphäre, das Plateau ist jedoch gleich ausgebildet.

Die Sorptionskurve für Americium auf Muskovit wurde aus strahlenschutztechnischen Gründen

nur unter inerten Bedingungen aufgenommen (siehe Abbildung 31). Die Kurve verläuft ähnlich zu

der des Europiums, ein stabiles Plateau ist ab pH ~ 7,5 zu erkennen. Der Anstieg der Sorptionskante

ist ähnlich, allerdings befindet sich diese bei pH ~ 6,3. Die Gründe hierfür liegen möglicherweise in

der niedrigeren Am-Konzentration von 1,5 × 10−7

M ([Eu] = 1× 10−4

M).

Für die Sorption von Eu unter Normalatmosphäre konnte eine Abweichung verglichen zum Rest

der Daten im sauren pH-Bereich beobachtet werden. Für pH < 5 wurden hierbei Sorptionswerte im

Bereich um etwa 20 % ermittelt, wohingegen die Sorptionswerte für Muskovit-Eu (inert) und

Muskovit-Am (inert) deutlich unter diesen Werten liegen. Eine Erklärung für die deutlich erhöhten

Werte konnte allerdings nicht gefunden werden, speziell da dieses Phänomen im Falle von

Orthoklas nicht beobachtet wurde. Möglicherweise konnten im Falle der Sorption von Eu (atm) auf

Muskovit bei niedrigen pH-Werten andere Sorptionssites genutzt werden. Eventuell wurde die Eu-

Speziation auch geringfügig durch Prozesse an der Muskovitoberfläche (z. B. durch

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84

Karbonatauflösung aus dem Mineral) beeinflusst, wodurch die erhöhte Sorption verursacht wurde.

An dieser Stelle ist allerdings weitere Forschungsarbeit notwendig.

Abbildung 31: Sorptionskurven von Am und Eu an Muskovit (links) und Orthoklas (rechts) unter

atmosphärischen und inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4

M; [Am] = 1,5 × 10−7

M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L

Muskovit/Orthoklas.

6.3.2 Sorption von Europium an Muskovit und Orthoklas

Um den Sorptionsmechanismus auf molekularer Ebene zu verstehen, wurden Eu-TRLFS

Untersuchungen durchgeführt. Hierbei liefert vor allem das 7F2/

7F1-Bandenverhältnis die

entscheidenden Hinweise, denn die 7F2-Bande ist eine hypersensitive Bande, welche sehr

empfindlich auf Änderungen im Ligandenfeld reagiert, die 7F1-Bande hingegen nicht, d.h. mit

steigender Komplexierungsstärke steigt ebenfalls das 7F2/

7F1-Verhältnis.

Ebenjene Änderung des Bandenverhältnisses konnte sowohl für Muskovit als auch für Orthoklas

unter atmosphärischen (siehe Abbildung 32) und inerten Bedingungen (nicht dargestellt) mit

steigendem pH-Wert beobachtet werden. Dies weist auf eine zunehmende Stärke des

Ligandenfeldes, d. h. eine signifikante Zunahme der Sorption, hin. Der Anstieg der 7F2-Bande

startet bei Muskovit und Orthoklas zwischen pH 5 und 6. Bei pH 7 steigt das Verhältnis sprunghaft

an. Dies ist in sehr guter Übereinstimmung mit dem Anstieg der Sorptionskurven aus Abbildung 31.

Wird das 7F2/

7F1-Verhältnis gegen den pH-Wert aufgetragen (siehe Abbildung 33), zeigt sich der

Verlauf sehr ähnlich den Sorptionskurven. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Veränderungen

des Ligandenfeldes direkt mit der zunehmenden Sorption verknüpft sind. Die Unterschiede

zwischen atmosphärischen und inerten Bedingungen sind gering.

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Ergebnisse & Diskussion

85

Abbildung 32: Eu-Emissionspektren (normalisiert auf die Fläche der 7F1-Bande) für Muskovit (links) und

Orthoklas (rechts) nach UV-Anregung für verschiedene pH-Werte unter atmosphärischen Bedingungen;

[Eu] = 1 × 10−4

M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L Muskovit/Orthoklas.

Abbildung 33: Verhältnis der Banden 7F2/

7F1 von Muskovit (links) und Orthoklas (rechts) unter Atmosphäre

bzw. inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4

M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L Muskovit/Orthoklas.

Bei genauerer Betrachtung der Emissionspektren des Muskovits fällt eine Formänderung der 7F2-

Bande ab etwa pH 10 auf. Dies spricht für eine deutliche Änderung der Symmetrie des

Ligandenfeldes, die in allen anderen Spektren (auch beim Orthoklas im selben pH-Wert-Bereich)

nicht auftritt.

Für eine genauere Aussage über die Speziation des Europiums wurden die

Fluoreszenzlebensdauern bei verschiedenen pH-Werten bestimmt. Für Muskovit und Orthoklas sind

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86

mit steigendem pH-Wert höhere Lebenszeiten verbunden (siehe Tabelle 6), aber auch mit

Lebenszeiten unter 112 µs, welche nicht durch ein Quenchen durch O-H-Streckschwingungen

erklärt werden können, sondern einer Erklärung durch andere Quenchvorgänge, z. B. Fe-

Quenching, bedürfen. Sollte es sich um Quenching durch Fe handeln, so läge der Schluss nahe, dass

es sich wahrscheinlich um IS-Sorption handelt, da die kürzeren Lebenszeiten aus den geringeren

Abständen von Eu zu Fe resultieren.

Tabelle 6: Ausgewählte, mono- oder biexponentiell angepasste Lebenszeiten nach indirekter Anregung für

Muskovit und Orthoklas in Abhängigkeit vom pH-Wert.

Muskovit (atm) Muskovit (inert) Orthoklas (atm) Orthoklas (inert)

pH τ [µs] pH τ [µs] pH τ [µs] pH τ [µs]

4,5 88 ± 9 4,0 118 ± 12 3,0 111 ± 11 3,7 114 ± 11

8,3 193 ± 19 8,1 119 ± 12 8,0 147 ± 15 8,5 193 ± 19

17 ± 2 27 ± 3 55 ± 11 56 ± 2

10,1 119 ± 12 10,1 133 ± 13 10,0 159 ± 16 10,4 268 ± 27

9 ± 3 35 ± 4 50 ± 16 49 ± 6

Die Anpassung der Lebenszeiten an die Abklingkurve ab rund pH = 5 gestaltete sich schwierig,

da selbst ein bi-exponentieller Fit keine gute Übereinstimmung ergab. Die für pH > 5 ermittelten

geringen Lebenszeiten im Muskovit-Eu-System geben also keinen direkten Rückschluss auf die

koordinierten Wassermoleküle in der ersten Hydratationssphäre, sondern zeigen auf, dass es sich

sehr wahrscheinlich um IS-Sorption an das entsprechende Mineral handelt, da hier der Abstand zu

den Eisenatomen geringer wird. Wohingegen die zugleich auftretenden langen Lebensdauern IS-

Komplexen in größerer Entfernung zu Fe zugewiesen werden können.

Für eine bessere Darstellung der Form der Emissionsbanden und um Spezies direkt anregen zu

können, wurde site-selektive TRLFS bei tiefen Temperaturen durchgeführt. Dafür wurden zuerst

Anregungsspektren aufgenommen, um die nötige Anregungswellenlänge zu bestimmen. Diese

Anregungsspektren von Muskovit und Orthoklas unterscheiden sich dabei in der Position ihres

Maximums (siehe Abbildung 34). Im Falle von Muskovit ist das Maximum als eine Art Plateau von

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Ergebnisse & Diskussion

87

etwa 576,1 bis 576,6 nm ausgebildet. Das Maximum von Orthoklas befindet sich bei 578,2 nm. Die

Form der Spektren ist jedoch bei beiden sehr breit (Halbwertsbreite von ~ 4,5 nm bei Muskovit und

~ 2,5 nm bei Orthoklas), dementsprechend handelt es sich nicht um klar definierte Spezies an

definierten Sorptions-Sites, sondern um ein Kontinuum minimal unterschiedlicher Spezies bzw.

Sorptions-Sites. Deswegen wurden bei den in Abbildung 35 dargestellten verschiedenen

Anregungswellenlängen hochaufgelöste Emissionsspektren aufgenommen. Dabei sollte ein

Vergleich der Emissionsspektren der Peaks mit Spektren im Schulterbereich der Anregungsspektren

ermöglicht werden. Hierbei konnte festgestellt werden, dass es sich im Schulterbereich der

Anregungsspektren durchaus um die gleichen Sorptionsspezies handelt wie im Peakbereich, wobei

geringfügig Unterschiede in der Intensität einzelner Bereiche der Emissionsspektren zu sehen sind,

nicht aber in deren Position. Sowohl die 7F1 als auch die

7F2-Bande weisen Unterschiede zwischen

den Mineralen hinsichtlich ihrer Form auf.

Abbildung 34: Anregungsspektren von Muskovit und Orthoklas bei pH 8,2 (Muskovit) bzw. 8,6 (Orthoklas)

unter inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4

M; [NaCl] = 0,1 M; 20 g/L Muskovit/Orthoklas, Integration über

den Bereich der 7F1 &

7F2-Banden.

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Abbildung 35: Eu-Emissionsspektren nach Direktanregung für Muskovit und Orthoklas bei pH 8,2

(Muskovit) bzw. 8,6 (Orthoklas) unter inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4

M; [NaCl] = 0,1 M; 20 g/L

Muskovit/Orthoklas

Die konstante geringe Sorption von Europium an beide Minerale bei niedrigen pH-Werten

(pH < 5) könnte sowohl auf Kationenaustausch als auch auf OS-Sorption zurückzuführen sein.

Jedoch deuten die Lebenszeiten von etwa 112 µs und die 7F2/

7F1-Verhältnisse auf OS-Sorption hin,

offensichtlich ist die sorbierte Spezies in ihrer ersten Koordinationssphäre identisch mit dem Eu-

Aquoion. Es muss sich also um einen OS- oder E-OS-Komplex handeln. Bei einem

Kationenaustausch würde sich durch den Austausch von Wassermolekülen in der Wasserhülle

durch andere Liganden nicht nur die Lebenszeit erhöhen, sondern ebenfalls das Bandenverhältnis

7F2/

7F1.

6.3.3 Cm-TRLFS Muskovit und Orthoklas

Für eine weitere Aufklärung der am Sorptionsprozess beteiligten Spezies wird die Cm-

Spektroskopie genutzt. Veränderungen des Ligandenfeldes führen zu starken Verschiebungen der

Emissionsbanden verschiedener Spezies, wodurch sich diese besser voneinander unterscheiden

lassen. Um Einzelspektren der verschiedenen Spezies zu erhalten, wurde eine Peakentfaltung

durchgeführt.

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Ergebnisse & Diskussion

89

Für Orthoklas unter inerten Bedingungen wurden so, zusätzlich zum Aquoion bzw. OS-

Komplex, drei Spezies identifiziert. Spezies 1 tritt ab pH ~ 5,3 auf, ihre Bande liegt bei 599,7 nm.

Spezies 2 befindet sich bei 603,9 nm und tritt etwa ab pH 7,5 auf. Bei diesen beiden Spezies handelt

es sich um einen IS-Sorptionskomplex und dessen Hydrolysespezies. Dies zeigt sich in den

Lebenszeiten (Tabelle 7), die sich bei beiden trotz unterschiedlicher Bandenlage nicht unterscheiden

(siehe Abbildung 36). Diese IS-Sorption zeigte sich auch schon in der Eu-Spektroskopie. Die dritte

Spezies weist eine deutlich höhere Lebenszeit auf, ihr Bandenmaximum befindet sich bei 607,2 nm.

Sie tritt ab pH ~ 8,8 in Erscheinung.

Tabelle 7: Übersicht Cm-Sorptionsspezies an Orthoklas.

pH Peakmaximu

m [nm]

Spezie

s

Lebenszeit

[µs] Speziation

< 5,3 593,8 69 ± 7 Aquoion/OS-

Spezies

> 5,3 599,7 1 74 ± 7 IS-Spezies

> 7,5 603,9 2 82 ± 8 Hydrolysespezies

> 8,8 607,2 2 109 ± 11 Ternärer Komplex

Abbildung 36: Cm-Einzelkomponentenspektren nach Peakentfaltung (links), dazugehörige

Fluoreszenzlebenszeiten (rechts); [Cm] = 1 × 10−6

M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L Orthoklas.

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Bei der Peakentfaltung wurde durch Normierung auf die Fläche der Spektren eine

Speziesverteilung ermittelt (siehe Abbildung 37). Hier zeigt der IS-Sorptionskomplex (Spezies 1)

schon bei pH 6 einen relativen Anteil von ~ 45 %. Ab pH 6 startet die Hydrolyse des IS-

Komplexes, Spezies 2 bestimmt ab pH 8 die Speziation. Nur eine untergeordnete Rolle spielt

Spezies 3 mit einem Anteil von maximal 6 % ab pH 9. Es wurde keine Korrektur der Fluoreszenz-

Intensität durchgeführt.

Die ermittelten Fluoreszenzlebenszeiten sind in Tabelle 7 dargestellt. Allerdings wurde auf eine

Ermittlung der koordinierten Wassermoleküle wie schon bei Eu verzichtet. Es ist jedoch ein Trend

zu höheren Lebenszeiten bei steigenden pH-Werten zu erkennen.

Abbildung 37: Cm-Speziesverteilung in Abhängigkeit vom pH-Wert für 10-6

M Cm an Orthoklas.

Für Muskovit wurden unter gleichen Reaktionsbedingungen nur zwei Spezies nach der

Peakentfaltung gefunden. Für die Interpretation der Sorptionsdaten wird davon ausgegangen, dass

es sich bei Spezies, bei denen sich die Positionen der Peakmaxima auf der Muskovit- und der

Orthoklasoberfläche gleichen, auch um dieselben Spezies handelt. Entsprechend wurde ab pH ~ 5,5

Spezies 1 (IS-Komplex) bei 601,4 nm identifiziert und Spezies 3 konnte ab pH 10,4 und ~ 607,3 nm

ermittelt werden. Spezies 2 (hydrolysierter IS-Komplex) wurde demnach nicht beobachtet, da kein

Peak bei ~ 604 nm beobachtet wurde. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass an Muskovit andere

Oberflächengruppen ausgebildet werden und Spezies 2 somit spektroskopisch nicht von einer der

anderen zu unterscheiden ist oder nicht existiert. An dieser Stelle ist weiterer Forschungsbedarf

notwendig, denn eine vollständige Auswertung der Cm-Spektren des Muskovits mit

Lebenszeitbestimmung war nicht möglich, da die Signalstärke nicht ausreichte.

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Ergebnisse & Diskussion

91

Abbildung 38: Cm-Einzelkomponentenspektren nach Peakentfaltung, [Cm] = 1 × 10−6

M; [NaCl] = 0,1 M;

3 g/L Muskovit.

Abbildung 39 zeigt zwei Cm-Spektren im Vergleich zum Cm-Aquoion. Die Spektren sind bei

pH = 4,8 und pH = 5,4 aufgenommen und schon in diesem pH-Bereich sind leichte Verschiebungen

relativ zum Aquoion sichtbar. Demnach handelt es sich bei den Spezies der Spektren nicht mehr um

reine OS-Komplexe, sonst wären sie identisch mit dem Spektrum des Aquoions. Der hier

beobachtete Anfangspunkt des Überganges zur IS-Sorption dient als charakteristischer Punkt für

SXS. Hier soll insbesondere die qualitative Vergleichbarkeit von Ergebnissen zur Sorption an

Mineralpulvern und Einkristalloberflächen kritisch hinterfragt werden.

Abbildung 39: Cm-Fluoreszenzspektren bei verschiedenen pH-Werten, an Muskovitpulver. Zur

Verdeutlichung der Verschiebung ist auf der rechten Seite eine Vergrößerung des Peak-Bereiches dargestellt.

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92

6.3.4 Sorption von Am an Muskovit

Für die weitere Aufklärung der Sorptionsstruktur dreiwertiger f-Elemente an Muskovit wurde

die Sorption von Americium an der Basalfläche von Muskovit mit SXS untersucht. Dafür wurde ein

Muskoviteinkristall für 24 h einer Am-Lösung ([Am] = 1 × 10-4

M) ohne Hintergrundelektrolyt bei

pH = 5,0 ± 0,3 ausgesetzt und anschließend wurden in situ CTR- und RAXR-Messungen

durchgeführt. Abbildung 40 zeigt das EDtot-Profil der Oberfläche des Muskovits sowie der

oberflächennahen Wasserschichten. Die ersten zwei Peaks des Profils befinden sich bei 2,5 und 6 Å

über der Oberfläche, wobei der erste Peak deutlicher über das Niveau von Bulkwasser hinausragt

(~ 1,8 Weq) als die folgenden Peaks (1,2 - 1,3 Weq). Diesen Peaks folgen zwei kleinere Peaks bei

etwa 10 und 14 Å, sowie ein sehr breiter Peak von sehr niedriger Intensität mit einem Maximum bei

etwa 20 Å, woraufhin die ED das Niveau von Bulkwasser erreicht. Das

Gesamtelektronendichteprofil, welches aus den CTR-Daten ermittelt wurde, unterscheidet sich nur

geringfügig von dem Profil der Muskovit-Wasser-Grenzfläche in Abwesenheit von Am.14

Einziger

auffälliger Unterschied ist die Verschiebung der Oberflächenpeaks zu etwas größeren Abständen

zur Oberfläche, was auf eine geringe Am-Sorption hinweist.

Die durch RAXR ermittelte Elektronendichte des Am ist als blaue Fläche dargestellt (Abbildung

40). Die Oberflächenbelegung beträgt 0,26 ± 0,04 Am/AUC, befindet sich also im für

Ladungskompensation erwarteten Bereich (0,33 Am3+

/AUC). Die breite Verteilung (~ 20 Å) setzt

sich aus zwei Bereichen zusammen, deren Maxima sich bei 6 und 17 Å über der Oberfläche

befinden. Dies deckt den gesamten Bereich für IS- bis hin zur E-OS-Komplexierung ab, wobei das

erste Maximum im Bereich von OS-Komplexen liegt. In Anhang (A9) sind die Parameterdaten des

verwendeten Best-Fit-Modells zu finden. Die Anteile der verschiedenen Spezies als grobe

Näherung kann wie folgt abgeschätzt werden: IS 20%, OS 65 % und E-OS 15 %. Die Anteile

wurden anhand der zwei im Modell ermittelten Peaks abgeschätzt. Die Oberflächenbelegung des

zweiten Peaks im Modell (0,036 Am/AUC, siehe Anhang A9) wurde als E-OS-Komplex deklariert,

was einem Anteil von etwa 15 % entspricht. Die Grenze zwischen IS- und OS-Komplex wurde bei

3 Å gezogen und der prozentuale Anteil des Integrals des ersten Peaks entsprechend zugeordnet.

Die RAXR-ED zeigt, dass bei pH = 5,0 ± 0,3 etwa 20 % des sorbierten Am als IS-Komplex

vorliegen. Dies war in den Eu-TRLFS-Spektren allerdings erst ab pH 6,0 erkennbar. Die höhere

Sensitivität der Cm-TRLFS erlaubt hier solche minoren Spezies besser zu detektieren. In Abbildung

39 sind Cm-Fluoreszenzspektren bei verschiedenen pH-Werten dargestellt. Bei einer reinen OS-

Sorption sollten die Spektren exakt dem des Aquoions bei 593,8 nm gleichen, es ist allerdings

bereits bei pH = 4,8 und noch deutlicher bei pH = 5,4 eine Verschiebung hin zu größeren

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Ergebnisse & Diskussion

93

Wellenlängen sichtbar. Die Cm-TRLFS bestätigt also, dass bereits bei pH ~ 5 erste IS-Komplexe

gebildet werden. Erwartungsgemäß sollte auch im Falle von Eu schon bei pH ~ 5 anteilig ein IS-

Komplex vorliegen, was allerdings wahrscheinlich aufgrund der geringeren Sensitivität bzw. der

Auflösung nicht beobachtet werden konnte.

Die RAXR-Ergebnisse liefern also zusätzliche Informationen zu den Ergebnissen der Eu/Cm-

Spektroskopie, was in Kombination ein genaueres Bild der vorliegenden Spezies liefern kann,

zeigen aber auch, dass die Ergebnisse der Methoden trotz unterschiedlicher Substrate (Einkristall

vs. Pulver) vergleichbar bleiben.

Abbildung 40: Grenzflächenstruktur von Am an der Basalfläche von Muskovit. Das EDtot-Profil

(durchgehend schwarze Linie) wurde durch CTR-Messungen ermittelt und die Am-ED-Verteilung (blaue

Fläche, die hellblaue Fläche zeigt die Unsicherheit dieser ED) wurde durch RAXR-Messungen ermittelt. Die

ED sind mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å

3. Die mittlere Höhe z der

Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert. Das RAXR-Best-Fit Modell ist im Anhang A9

zu finden. Zum Vergleich ist als gestrichelte grüne Linie das EDtot-Profil von DIW auf Muskovit dargestellt.14

6.3.5 IS und Ternärer Orthoklas-Cm-Carbonatkomplex

Die beschriebenen Spezies 1 und 2 im Orthoklas-Cm-System wurden als IS-Sorptionsspezies

und ihre erste Hydrolysestufe identifiziert. Stumpf et al.133

beschreiben ebenfalls IS-Sorption von

Cm an Orthoklas mit Bandenmaxima bei 601,4 nm (pH > 5) und 603,6 nm (pH > 6,2). Dies ist in

relativ guter Übereinstimmung mit den vorliegenden Daten. Die leichten Abweichungen könnten

sowohl durch unterschiedliche Korngrößen des Minerals als auch durch Unterschiede in der

Zusammensetzung der natürlichen Minerale erklärt werden. Denn dadurch könnte sich das Angebot

an Sorptionssites ändern oder die Sites könnten durch etwas unterschiedliche Ligandenfelder leichte

Verschiebungen der Bandenmaxima hervorrufen.

Bei Spezies 3 handelt es sich, wie schon erörtert, nicht um eine zweite Hydrolysestufe sondern

höchstwahrscheinlich um einen ternären Komplex, denn die Lebenszeit (109 ± 9 µs) dieser Spezies

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94

ist deutlich länger als dies für die zweite Hydrolysestufe der Fall wäre. Da es sich bei dem

verwendeten Orthoklas um ein natürliches Mineral handelt, kann ein Anteil an Carbonatmineralen

nicht ausgeschlossen werden, sodass ein ternärer Orthoklas-Cm-Carbonatkomplex denkbar wäre.

Ähnliche ternäre Komplexe wurden bereits von Marques Fernandes et al.134

für γ-Al2O3 mit einer

Bandenlage von 605 nm beobachtet. Eine weitere Möglichkeit ist ein ternärer Orthoklas-Cm-

Silikat-Komplex. Das Silikat würde in diesem Fall aus der Auflösung des Feldspates bei hohen pH-

Werten stammen. Auch diese Komplexe sind in der Literatur schon für Kaolinit bei pH > 10

beschrieben worden.135

Hier lag das Bandenmaximum bei 611 nm. Die bei dem hier beobachteten

Komplex ermittelte Bandenverschiebung lässt sich keinem dieser beiden Literaturwerte eindeutig

zuordnen. Das Auftreten von Spezies 3 schon ab relativ niedrigen pH-Werten (ab pH = 8,8) spricht

allerdings für CO32-

als Komplexpartner, da bei diesem pH-Wert die SiO44-

-Auflösung gerade

beginnt und erst bei höheren pH-Werten signifikante SiO44-

-Konzentrationen in Lösung auftreten.

Um hier eine eindeutige Antwort zu erhalten, bedarf es weiterer Forschungsarbeit zu diesem

Thema.

6.3.6 Einfluss der Mineralstruktur auf die Sorption

Zusammenfassend kann der unterschiedlichen Struktur von Muskovit und Orthoklas durchaus

ein Einfluss auf die Sorption zugesprochen werden, allerdings ist dieser Einfluss schwach

ausgeprägt. Durch den Vergleich der Sorptionskurven (Abbildung 31) sind zunächst keine

Unterschiede im Sorptionsverhalten erkennbar. Die Anregungsspektren der spektroskopischen

Untersuchungen der Sorption von Eu (Abbildung 34) zeigen hingegen eindeutig einen Unterschied.

Hierbei unterscheiden sich die Peakmaxima um etwa 2 nm und Muskovit bildet ein plateauartiges

Kontinuum von Spezies aus. Die Betrachtung einzelner Spezies zeigen hingegen wiederum

Ähnlichkeiten der Emissionsspektren mit geringfügigen Abweichungen in der Intensität und der

Ausprägung der Aufspaltung der Banden. Die Cm-Spektroskopie bestätigt diese Aussage, auch hier

sind nur geringfügige Unterschiede für besagten Spezies 1 und 3 feststellbar, allerdings ist Spezies

2 ausschließlich bei Orthoklas zu beobachten. Ob Spezies 2 bei der Cm-Sorption an Muskovit nicht

vorhanden ist oder lediglich spektroskopisch von anderen Spezies nicht zu unterscheiden ist, bleibt

dabei unklar.

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Zusammenfassung

95

7 Zusammenfassung

In dieser Arbeit wurde das Sorptionsverhalten von Actiniden an Al-Silikaten (Muskovit und

Orthoklas) unter Verwendung der Hauptmethoden SXS und site-selektiver TRLFS in Kombination

mit Alpha-Spektrometrie und GI-XANES untersucht. Die Beeinflussung dieses Sorptionsverhaltens

wurde zum einen durch die Verwendung verschiedener Hintergrundelektrolyte, zum anderen

anhand der unterschiedlichen Redoxeigenschaften der Actiniden und der Verwendung zweier

unterschiedlicher Minerale, Muskovit und Orthoklas, untersucht. Im Fokus stand die Aufklärung

der Mechanismen, die hinter dem Sorptionsverhalten stehen, auf der molekularen Ebene. Durch die

Kombination von SXS und site-selektiver TRLFS kann dabei ein vollständigeres Bild eines

Systems generiert werden, als es die Methoden unabhängig voneinander vermögen.

Die Arbeit umfasst Untersuchungen mit Actiniden in den endlagerrelevanten Oxidationsstufen

III, IV und VI. Dabei wurde ein breites Spektrum verschiedener Actiniden verwendet: Th, U, Pu,

Am und Cm. Der Fokus lag auf dem Einfluss der aquatischen Chemie der Actiniden auf ihre

Retention an Mineraloberflächen. Die Untersuchungen dieser Arbeit richteten sich dabei vorrangig

darauf, wie dieser Retentionsprozess durch den Hintergrundelektrolyt, das Redoxverhalten der

Actiniden und die Oberflächenstruktur der Minerale beeinflusst wird.

Der Einfluss des Hintergrundelektrolyts wurde am Beispiel von Thorium untersucht. Das

Sorptionsverhalten von Th(IV) in Lösung unter Verwendung der am häufigsten verwendeten

Hintergrundelektrolyte, NaCl, Li/K/NaClO4, zeigte eine unerwartet starke Beeinflussung der

Sorption durch die Wahl des Hintergrundelektrolyts. Relativ zum Referenzsystem konnten dabei

zwei eindeutige Regime des Hintergrundelektrolyt-Effekts identifiziert werden. Für die Anionen

konnte ein unterdrückender Effekt durch ClO4- beobachtet werden. Bei den Kationen konnte

hingegen festgestellt werden, dass Li+ gegenüber Na

+ die Sorption drastisch erhöht. Auch für K

+

konnte eine verstärkte Sorption beobachtet werden, wobei diese weniger stark ausgeprägt ist als bei

Li+. Unklar blieb dabei welche Mechanismen tatsächlich für diese Unterschiede verantwortlich sind.

Es war möglich Komplexierungsreaktionen und chaotrope Effekte der Ionen (Hofmeister-Serie) als

Ursachen auszuschließen. Eine mögliche Erklärung für den Effekt der Hintergrundelektrolyt-

Kationen könnte in deren Adsorptionskonkurrenz liegen. Die direkte Identifizierung eines einzelnen

verantwortlichen Mechanismus, vor allem auch im Hinblick auf die Anionen, ist allerdings nicht

möglich und bedarf weiterer Forschung. Dabei sollte beachtet werden, dass die identifizierten

Effekte die Konsequenz verschiedener Mechanismen in Lösung und an der Mineraloberfläche sein

könnten. Nichtsdestotrotz machen die erzielten Ergebnisse auf die Bedeutung der Wahl des

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96

Hintergrundelektrolyts aufmerksam. Diese Ergebnisse sind insbesondere deshalb überraschend,

weil der Hintergrundelektrolyt die berechneten Speziationen nicht signifikant beeinflusst, aber

dennoch enorme Unterschiede im Sorptionsverhalten hervorruft.

Der Einfluss des Redoxverhaltens wurde anhand von Pu und U untersucht. In keinem der beiden

Fälle wurde die anfänglich enthaltene Actinyl-Spezies als die sorbierte Spezies identifiziert. Durch

die Kombination der Methoden Alpha-Spektrometrie, GI-XANES und SXS (CTR/RAXR) konnte

eindeutig die Bildung einer Oberflächenschicht von reduziertem vierwertigem Pu gezeigt werden.

Die hohe Oberflächenbelegung von etwa 8 Pu/AUC (Alpha-Spektrometrie) und die vertikale

Speziesverteilung zeigen beide starke Ähnlichkeiten mit Ergebnissen, welche mit einer Pu(III)-

Lösung, sowie einer Lösung die bereits PuO2-Nanopartikel enthielt, erzielt wurden. Die Uran(VI)-

Lösung zeigt im Kontakt mit Muskovit trotz 10-fach höherer Actinidkonzentration unter ansonsten

identischen Bedingungen ein komplett anderes Verhalten. Es war nicht möglich, die Sorption von

Uran an der (001)-Fläche von Muskovit nachzuweisen. Dieser starke Kontrast des

Sorptionsverhaltens der zwei sechswertigen Actinylionen in wässriger Lösung muss auf das

unterschiedliche Redoxverhalten von Uran und Plutonium zurückzuführen sein. Ausgehend vom

günstigeren Standardreduktionspotential der Reaktion von PuO22+

zum Pu(IV), über die

bereitwilligere Hydrolyse des entstandenen Pu(IV) und darauffolgende Kondensationsprozesse zur

Bildung der Pu(IV)-Nanopartikel, begünstigen alle Faktoren die Nanopartikel-Bildung des Pu

gegenüber U. Unter den Reaktionsbedingungen ist für Uran bereits die Reduktion von UO22+

zu

U(IV) so ungünstig, sodass die Entstehung von U(IV)-Nanopartikeln nach demselben Schema, wie

für Pu beobachtet, thermodynamisch unmöglich wäre.

Das unterschiedliche Verhalten dieser zwei Radionuklide unter ähnlichen Reaktionsbedingungen

bietet Einblick in die Rolle des Redoxfensters, welches durch die Lösung, im Kontakt mit dem

redox-inaktiven Mineral Muskovit, bereitgestellt wird. Die Oberflächen-vermittelte Hilfestellung

des Muskovits ist offenbar nicht ausreichend, um die höheren Potentialunterschiede der Reaktion

von UO22+

(aq) zu UO2(am), verglichen mit der Reaktion PuO22+

(aq) zu PuO2(am), zu überwinden. Diese

Ergebnisse zeigen, dass unterschiedliches Redoxverhalten signifikante Unterschiede im Sorptions-

und Speziationsverhalten verschiedene Radionuklide hervorrufen kann, z. B. durch die Bildung von

Nanopartikeln und eine damit einhergehende Änderung der Mobilität, was in einer möglichen

Beurteilung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle Beachtung finden sollte.

Schließlich wurde untersucht, ob die Struktur der Oberfläche des Al-Silikats einen Einfluss auf

die Wechselwirkung mit den Actiniden hat. Hierzu wurden die dreiwertigen Actiniden Am und Cm

untersucht, deren Sorptionsverhalten nicht durch Redoxprozesse oder die Bildung von

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Zusammenfassung

97

Nanopartikeln beeinflusst wird. An Muskovit und Orthoklas erzielte Ergebnisse zeigen ein nahezu

äquivalentes Sorptionsverhalten, daher liegt der Schluss nahe, dass es sich wahrscheinlich auch bei

anderen strukturähnlichen Al-Silikaten ähnlich verhalten würde. Dabei dominieren im sauren pH-

Bereich das Aquoion bzw. (E-)OS-Komplexe der dreiwertigen Actiniden, was mit steigenden pH-

Werten in eine innersphärische Komplexierung übergeht, welche ab pH 7 dominiert. Dabei konnte

gezeigt werden, dass dies nicht schlagartig geschieht, sondern die verschiedenen

Sorptionskomplexe von E-OS- über OS- bis zu IS-Komplexen im Übergangsbereich gleichzeitig

vorliegen können. Mithilfe der komplementären Verwendung von SXS und TRLFS konnten dabei

detailliertere Ergebnisse erzielt werden, da z. B. mittels TRLFS allein kein Unterschied zwischen

einem E-OS- und einem OS-Komplex ermittelt werden kann.

In den Experimenten dieser Arbeit zur Untersuchung des Sorptionsverhaltens von Actiniden an

Mineraloberflächen kamen vier verschiedene Actinide in drei endlagerrelevanten Oxidationsstufen

unter Anwendung modernster Methoden zur Strukturaufklärung zum Einsatz. Dabei wurden bislang

unbekannte Reaktionen und Prozesse auf der molekularen Ebene identifiziert und charakterisiert.

Unter anderem wurde ein Prozessverständnis der zugrundeliegenden Mechanismen der Sorption

und der Bildung von Nanopartikeln an Mineraloberflächen erlangt und es konnte gezeigt werden,

welche Rolle dabei Einflussfaktoren wie Hintergrundelektrolyt und Redoxverhalten spielen. Diese

Kenntnisse über Sorptionsprozesse sowie die zugrunde liegenden Mechanismen und damit das

potentielle Rückhaltevermögen, wiederum, sind wichtig um verlässliche

Langzeitsicherheitsanalysen eines tiefengeologischen Endlagers für hochradioaktive Abfälle

erstellen oder beurteilen zu können.

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98

8 Ausblick

Einige Fragen blieben in dieser Arbeit unbeantwortet oder wurden durch sie neu generiert und

bedürfen weiterer Forschungsarbeit. Eine dieser offenen Fragen betrifft die Lokalisierung des

erörterten Kationeneffekts. Aktuell werden diesbezüglich bereits ESI-TOF-MS Experimente

durchgeführt, wobei die Lösungen in Anwesenheit von NaClO4 und LiClO4 und Abwesenheit von

Muskovit betrachtet werden, um festzustellen, ob sich Nanopartikel in stärkerem Maße ausbilden

wenn Li+ zugegen ist. In diesem Zusammenhang soll auch die Bildung von Nanopartikeln

weiterführend mithilfe von Zr untersucht werden. Der Einfluss des Redoxverhaltens könnte

ebenfalls weiter untersucht werden, z. B. durch den Kontakt von Muskovit mit einer Lösung die

bereit U(IV)-Nanopartikel enthält, wie es für Pu bereits durchgeführt wurde. Aufbauend auf dieser

Arbeit könnte das Verhalten von Actiniden oder deren Nanopartikeln in (simulierten) komplexen

natürlichen Systemen untersucht werden.

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99

ANHANG

A1

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100

A2: Vollständiger Satz aller RAXR-Modulationen (Kapitel 6.2.3)

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101

A3

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102

A4: Parameter des CTR Best-Fit-Modells für Pu (Kapitel 6.2.2)

Species Paramet

er

Unit Value Uncertaint

y 1

st peak z1 Å 1.40 0.06

c1 Weq 1.96 0.22

u1 Å 0.15 fixed

2nd

peak z2 Å 3.04 0.04

c2 Weq 13.42 1.06

u2 Å 0.91 fixed

3rd

peak z3 Å 5.67 0.08

c3 Weq 2.38 0.78

u3 Å 0.16 0.24

4th peak z4 Å 6.85 0.10

c4 Weq 2.58 0.58

u4 Å 0.29 0.13

5th peak z5 Å 9.02 0.24

c5 Weq 80.02 4.92

u5 Å 3.92 0.29

6th peak z6 Å 32.04 1.45

c6 Weq 11.70 2.32

u6 Å 5.05 0.54

Remote

LW

zLW Å 12.78 0.30

uLW Å 1.57 0.37

dLW Å 1.00 fixed

cLW Å 1.00 fixed

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103

A5: Parameter des CTR Best-Fit-Modells für U (Kapitel 6.2.2)

A6: Parameter der Lösungsspeziation der Grenzflächenregion des Best-Fit-Modells der CTR-Daten

für die Systeme Th-NaClO4, Th-loNaClO4 und Th-KClO4.

1. Schicht 2. Schicht 3. Schicht

z1 (Å) c1

(Weq)

u1 (Å) z2 (Å) c2

(Weq)

u2 (Å) z3 (Å) c3

(Weq)

u3 (Å)

Th-NaClO4 2.04(2) 4.1(4) 0.60(3) 4.03(2) 1.20(7) 0.20* 11.7(3) 1.3(4) 2.25(44)

Th-loNaClO4 2.03(3) 5.8(3) 0.59(3) 4.06(6) 3.5(6) 0.58(10) 12.7(5) 1.6(7) 2.95(68)

Th-KClO4 1.68(1) 2.2(1) 0.10* 3.10(2) 5.6(3) 0.64(4) 5.49(4) 2.1(5) 0.75(9)

zj, cj und uj sind die Höhe über der Muskovit Oberfläche, die Belegung und die Verteilungsbreite des j’ten Peaks. Die

Belegungen (cj) sind in dimensionslosen Wasseräquivalenten (Weq) ausgedrückt, also die effektive Anzahl an

Wassermolekülen die benötigt werden um die Elektronendichte eines Peaks zu erhalten (d. h. die Elektronendichte

normalisiert auf die Anzahl Elektronen in H2O Molekülen pro AUC). Die Zahlen in Klammern hinter jedem Parameter

stellen die 1σ Standardabweichung der letzten Nachkommastelle(n) dar. Mit * markierte Parameter wurden während des

Fitprozesses fixiert.

Species Parameter Unit Value Uncertainty

1st peak z1 Å 1.71 0.09

c1 Weq 1.56 0.36

u1 Å 0.10 fixed

2nd

peak z2 Å 2.57 0.07

c2 Weq 2.84 0.26

u2 Å 0.15 fixed

Remote LW zLW Å 4.23 0.05

uLW Å 1.38 0.11

dLW Å 3.99 0.32

cLW Å 1.59 fixed

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104

A7: der Lösungsspeziation der Grenzflächenregion des Best-Fit-Modells der CTR-Daten für das Th-

LiClO4-System.

Parameters

z1 (Å) c1 (Weq) u1 (Å)

1. Peak 1.80(5) 1.1(3) 0.20*

2. Peak 2.87(6) 3.1(4) 0.49(8)

3. Peak 4.39(3) 1.4(2) 0.20*

4. Peak 6.14(11) 5.0(12) 1.28(16)

5. Peak 9.07(9) 0.7(2) 0.40(15)

6. Peak 9.97(58) 47.3(66) 4.56(39)

7. Peak 27.1(19) 14.4(28) 6.4(14)

zj, cj und uj sind die Höhe über der Muskovit Oberfläche, die Belegung und die Verteilungsbreite des j’ten Peaks. Die

Belegungen (cj) sind in dimensionslosen Wasseräquivalenten (Weq) ausgedrückt, also die effektive Anzahl an

Wassermolekülen die benötigt werden um die Elektronendichte eines Peaks zu erhalten (d. h. die Elektronendichte

normalisiert auf die Anzahl Elektronen in H2O Molekülen pro AUC). Die Zahlen in Klammern hinter jedem Parameter

stellen die 1σ Standardabweichung der letzten Nachkommastelle(n) dar. Mit * markierte Parameter wurden während des

Fitprozesses fixiert.

A8: Fit Parameter und Unsicherheit des Best-Fit-Modells der RAXR-Daten für das System Th-

LiClO4:

Best-Fit Modell: 2 = 5.15, R-factor = 3.84%

Spezies Parameter Einheit Wert Unsicherheit

1. Peak z1 Å 4.11 0.12

c1 Th/AUC 2.42 0.10

u1 Å 5.52 0.18 2. Peak z2 Å 29.09 0.16

c2 Th/AUC 2.47 0.14

u2 Å 6.70 0.24

A9: Fit Parameter und Unsicherheit des Best-Fit-Modells der RAXR-Daten für Am auf Muskovit:

Best-Fit Modell: 2 = 1.54, R-factor = 0.004%

Spezies Parameter Einheit Wert Unsicherheit

1. Peak z1 Å 5.55 0.29

c1 Am/AUC 0.228 0.032

u1 Å 4.99 0.41 2. Peak z2 Å 17.69 0.64

c2 Am/AUC 0.036 0.006

u2 Å 1.88 fixed

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105

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Versicherung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne

Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt

oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher

weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde

vorgelegt.

Die Arbeit wurde am Institut für Ressourcenökologie (IRE) des Helmholtz-Zentrums Dresden-

Rossendorf (HZDR) in der Zeit von Dezember 2013 bis Juli 2017 unter der wissenschaftlichen

Leitung von Herrn Prof. Dr. Thorsten Stumpf und Herrn Dr. Moritz Schmidt angefertigt.

……… ……………………

Datum Stefan Hellebrandt