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Grenzflächenreaktionen von Actiniden an Muskovit
D I S S E R T A T I O N
zur Erlangung des akademischen Grades
Doctor rerum naturalium
(Dr. rer. nat.)
vorgelegt
der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften
der Technischen Universität Dresden
von
Diplom-Geologe, Stefan Hellebrandt
Geboren am 10.02.1986 in Gera
Eingereicht am 11.08.2017
Die Dissertation wurde in der Zeit von Dezember 2013 bis
Juli 2017 im Institut für Ressourcenökologie
Des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf angefertigt.
Gutachter: Prof. Dr. Thorsten Stumpf (TU Dresden)
Prof. Dr. Thorsten Schäfer (FSU Jena)
Tag der Verteidigung: 06.11.2017
Danksagung
Die vorliegende Doktorarbeit wurde von Dezember 2013 bis Juli 2017 am Institut für
Ressourcenökologie (IRE) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) unter der
Leitung von Prof. Dr. Thorsten Stumpf und der Betreuung von Dr. Moritz Schmidt in dessen
Nachwuchsgruppe „Strukturen und Reaktionen an der Wasser/Mineralgrenzfläche“
durchgeführt.
Ich danke Prof. Dr. Thorsten Stumpf für seine außerordentliche, wissenschaftliche Betreuung,
seiner wohlplatzierten, konstruktiven Kritik und den offenen Worten. Ich hatte sehr viel Freude
an seinen Bestrebungen mich, durch eine Ausbildung im Fachbereich „Weine aus aller Welt“,
dem humboldtschen Bildungsideal einen Schritt näher zu bringen. Und hoffe wir können dies in
Zukunft fortsetzen.
Ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. Schmidt für seine exzellente wissenschaftliche Betreuung.
Seine kompetente Unterstützung bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen, verwendeten
Analysemethoden oder im Hinblick auf meine Doktorarbeit als solches, war stets von
unschätzbarem Wert. Auch abseits der Arbeit hatte ich viel Spaß bei Squash, Deep Dish Pizza
und vielen unterhaltsamen Abenden.
I am grateful to our cooperation partners in Chicago, Paul Fenter, Sang Soo Lee, Joanne Stubbs,
Peter Eng, L. Soderholm, Suntharalingam Skanthakumar. Thank you for your help with sample
preparation, measurements, modeling and discussion of the data.
Allen Kollegen des Instituts für Ressourcenökologie danke ich sehr herzlich für die tatkräftige
Unterstützung! Ein Spezieller Dank geht an Dr. Vinzenz Brendler für seine Hilfe und dafür,
dass er immer ein offenes Ohr hat. Jana Gorzitze danke ich sehr herzlich für ihre administrative
Aufopferung! Annette Rumpel und Stephan Weiß danke ich für die tolle Arbeit im
Kontrollbereich.
Ich möchte meinen Kollegen für die hervorragende Atmosphäre in unserem schönen
Großraumbüro und viele gewinnbringende Diskussionen danken (Ulli, Susi, Constanze, Jérôme,
Katharina, Manu, Jackey, Henry). Mein besonderer Dank geht an Sascha, Nina und Carola für
die Motivation und das Mitmachen bei sportlichen Aktivitäten oder Kurzweile bei diversen
Wohnungsumzügen.
Ich danke meiner Mutter, Elke Hellebrandt, für ihre Unterstützung, ohne die diese Arbeit nicht
möglich gewesen wäre.
Meiner Frau Sophia möchte ich für ihre Liebe und Unterstützung danken und dafür, dass sie mir
das wertvollste Geschenk überhaupt gemacht hat! Karl danke ich dafür, dass er mich des Nachts
zumeist schlafen lässt.
Inhaltsverzeichnis
1 Abstract ............................................................................................................................. 7
2 Einführung ....................................................................................................................... 11
2.1 Motivation und Ziele ............................................................................................... 11
2.2 Endlagerung radioaktiver Abfälle ........................................................................... 13
2.2.1 Das Multi-Barrieren-System ........................................................................... 13
3 Kenntnisstand .................................................................................................................. 15
3.1 Muskovit .................................................................................................................. 15
3.2 Sorption - Wechselwirkung von Radionukliden mit Mineraloberflächen ............... 17
4 Chemie der Actiniden ...................................................................................................... 21
4.1 Allgemeines ............................................................................................................. 21
4.2 Aquatische Chemie der untersuchten f-Elemente ................................................... 21
4.2.1 Europium, Americium und Curium ................................................................. 23
4.2.2 Leichte Actiniden – Thorium, Uran und Plutonium ........................................ 25
4.2.3 Nanopartikel .................................................................................................... 28
4.3 Grenzflächenreaktionen von Actiniden auf Muskovit ............................................. 30
4.3.1 Sorption von Th an der Basalfläche von Muskovit im Medium NaCl ............ 30
4.3.2 Pu(IV)-Nanopartikel aus einer Pu(III)-Lösung. .............................................. 31
4.3.3 Einfluss von Mineraloberflächen auf die Bildung von Pu(IV) ........................ 32
5 Material & Methoden ...................................................................................................... 33
5.1 Probenpräparation ................................................................................................... 33
5.1.1 Allgemeines zur Probenpräparation. ............................................................... 33
5.1.2 Oberflächen-Röntgenbeugung. ........................................................................ 34
5.1.3 Laserfluoreszenzspektroskopie. ....................................................................... 34
5.1.4 Alpha-Spektrometrie ....................................................................................... 35
5.2 Oberflächen-Röntgenbeugung ................................................................................. 36
5.2.1 CTR ................................................................................................................. 38
5.2.2 RAXR .............................................................................................................. 41
5.3 Fluoreszenzspektroskopie ....................................................................................... 44
5.3.1 Allgemeines..................................................................................................... 44
5.3.2 Zeitaufgelöste laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie (TRLFS) ............... 46
5.3.3 Europium(III)-Fluoreszenz ............................................................................. 47
5.3.4 Curium(III)-Fluoreszenz ................................................................................. 50
5.3.5 Verwendete Lasersysteme ............................................................................... 52
5.4 Weitere Methoden ................................................................................................... 52
5.4.1 GI-XANES ...................................................................................................... 52
5.4.2 Spezifische Oberfläche (BET) ........................................................................ 53
6 Ergebnisse & Diskussion ................................................................................................ 54
6.1 Der Einfluss von Hintergrundelektrolyten auf das Sorptionsverhalten von Thorium
an der basalen (001) Fläche von Muskovit ............................................................. 54
6.1.1 Thorium-Natriumperchlorat im Vergleich mit Thorium-Natriumchlorid ....... 56
6.1.2 Thorium-Natriumperchlorat bei niedrigerer Konzentration (Th-loNaClO4) ... 58
6.1.3 Austausch Experiment NaCl/NaClO4 ............................................................. 59
6.1.4 Der Anioneneffekt ........................................................................................... 60
6.1.5 Th-KClO4 System ........................................................................................... 61
6.1.6 Das Lithiumperchlorat-System ....................................................................... 63
6.1.7 Der Kationeneffekt. ......................................................................................... 65
6.1.8 Mechanismen der Hintergrundelektrolyteffekte ............................................. 67
6.2 Bildung vierwertiger Nanopartikel an der Basalfläche von Muskovit .................... 70
6.2.1 Pu(IV)-Nanopartikel ....................................................................................... 70
6.2.2 Grenzflächenstruktur - CTR ............................................................................ 73
6.2.3 RAXR-Daten der Muskovitoberfläche nach der Reaktion mit PuO22+
bzw.
UO22+
. ................................................................................................................ 75
6.2.4 Unterschiede im Sorptionsverhalten von UO22+
/PuO22+
gegenüber anderen
zweiwertigen Ionen. .......................................................................................... 78
6.2.5 Einfluss des Redoxverhaltens ......................................................................... 79
6.2.6 Bildungsmechanismus von Pu(IV)-Nanopartikeln ......................................... 80
6.2.7 Vergleich der Studie mit anderen Pu-Studien ................................................. 81
6.3 Sorption dreiwertiger f-Elemente an Muskovit und Orthoklas ............................... 83
6.3.1 Sorption in Abhängigkeit vom pH-Wert ......................................................... 83
6.3.2 Sorption von Europium an Muskovit und Orthoklas ....................................... 84
6.3.3 Cm-TRLFS Muskovit und Orthoklas .............................................................. 88
6.3.4 Sorption von Am an Muskovit ........................................................................ 92
6.3.5 IS und Ternärer Orthoklas-Cm-Carbonatkomplex .......................................... 93
6.3.6 Einfluss der Mineralstruktur auf die Sorption ................................................. 94
7 Zusammenfassung ........................................................................................................... 95
8 Ausblick .......................................................................................................................... 98
Abstract
7
1 Abstract
This thesis investigates the interaction of actinides with siliceous minerals on the molecular level
to contribute to a reliable geochemical long-term safety assessment for a nuclear waste disposal site.
The isolation in deep geological formations is the globally preferred strategy for the disposal of
actinides like plutonium or americium. The reason is that their high radiotoxicity, due to their high
radioactivity and long half-life, requires isolation from the biosphere over a time period up to 1
million years. It is necessary to study the behavior of radionuclides in such a waste disposal site and
its surroundings to predict their mobility in the case of a release due to water ingress, and to
guarantee that aquifers and the biosphere are not affected. The decisive parameter is the mobility of
the radionuclides, which itself depends on different retention mechanisms.
One of these is the sorption on mineral phases. The multi barrier system of a waste disposal site
provides a lot of different mineral phases: In the geotechnical barrier are for example swellable clay
minerals as bentonite, the geological barrier consists of different mineral phases depending on the
host rock (granite, claystone or salt). To improve the understanding of sorption processes, their
mechanisms, and what reaction parameters influence them, is the content of the present work. To
obtain this understanding on a molecular level, modern analytical techniques must be apllied.
Mainly, Surface X-ray Scattering (SXS), with Crystal Truncation Rod (CTR) and Resonant
Anomalous X-ray Reflectivity (RAXR) measurements, and site-selective time-resolved laser
fluorescence spectroscopy (TRLFS), were combined with alpha-spectrometry and grazing incidence
X-ray absorption near-edge structure (GI-XANES) spectroscopy to obtain and validate results in
great detail.
The work can be separated into three major parts: 1. influences of background electrolytes on
sorption processes, 2. the influence of the redox chemistry of some actinides on their retention by a
mineral surface, and 3. effects of the surface structure on the interaction with adsorbing ions. In the
first major part of this work the influence of background electrolytes on the sorption behavior of
Thorium ([Th(IV)] = 0.1 mM) at the (001) basal plane of muscovite was investigated. The sorption
reaction was investigated by CTR and RAXR measurements in the presence of LiClO4, NaClO4,
NaCl and KClO4 (I = 0.1 M or 0.01 M, pH = 3.3 ± 0.3). These measurements directly reveal a
strong influence of the background electrolytes on the actinide sorption. No Th sorption was
observed in 0.1 M NaClO4, i.e. the surface coverage θ(Th) per unit cell of muscovite
(AUC = 46.72 Å2) was ≤ 0.01 Th ions per AUC, in a strong contrast to Th uptake of 0.4 Th/AUC from
8
a 0.1 M NaCl solution.1 The effect of this anion substitution shows a weak dependence on ionic
strength and a limited uptake of 0.04 Th/AUC was detected using 0.01 M NaClO4 as the background
electrolyte. Besides this anion effect the electrolyte cation also influences the behavior of Th
sorption on muscovite: Weak adsorption was observed in 0.1 M KClO4 (θ(Th) ~ 0.07 Th/AUC),
somewhat increased relative to NaClO4 at the same ionic strength. More pronouncedly, using 0.1 M
LiClO4 as background electrolyte results in a strong adsorption of θ(Th) = 4.9 Th/AUC. This uptake
is ~ 10 times higher than the previously observed uptake in NaCl. The CTR/RAXR structural
analysis of the Th- sorption in LiClO4 obtained a broad Th distribution with two distinct peaks
centered at 4.1 Å and 29 Å distance from the surface, respectively. Neither the high distribution
height of the second species nor the high coverage can be explained by ionic sorption, even if fully
hydrated, suggesting that this high uptake is due to the formation and sorption of Th nanoparticles.
All results were qualitatively confirmed by ex situ alpha-spectrometry, where no measurable Th
coverage was observed in 0.1 M NaClO4, but 1.6 Th/AUC in 0.1 M LiClO4. The uptake values from
alpha-spectrometry is systematically lower for all samples, which can be explained with a washing
process that is necessary to measure the samples by alpha-spectrometry, but affects the Th(IV)
sorption. In contrast, RAXR measurements are probing the in situ sorption structure.
How the redox behavior of actinides can influence their sorption behavior was investigated at the
redox-inactive muscovite (001) surface in contact with solutions containing either 0.1 mM
plutonyl(VI) or 1 mM uranyl(VI) (pH = 3.2 ± 0.2 and I(NaCl) = 0.1 M). A combination of in situ
X-ray scattering techniques (CTR/RAXR), GI-XANES, and ex situ alpha-spectrometry was used
simultaneously to determine the actinide uptake, its sorption structure, and the predominant
oxidation state present at the interface. The measured surface coverage is found to be very different
for Pu and U. For Pu, alpha-spectrometry found a surface coverage of 8.3 Pu/AUC, which is far in
excess of the necessary 0.5 Pu/AUC to compensate the negative surface charge of the muscovite
(001) basal plane with PuO22+
. The adsorbed Pu is broadly distributed (CTR/RAXR) and was
identified to be predominantly tetravalent Pu (GI-XANES). Compared to previous findings, these
results are consistent with the adsorption of Pu in the form of Pu(IV)-oxo-nanoparticles. In contrast,
no adsorbed U was detected at the muscovite interface according to all methods applied, despite the
larger concentration of the adsorbate. This difference in the sorption behavior can be explained by
the different redox behavior of U and Pu. U will stay mainly in its predominant oxidation state VI,
due to its higher stability compared to Pu, while Pu will be present as Pu(VI), but also in a greater
extent in its reduced oxidation states. Due to this difference Pu is able to form nanoparticles,
whereas this is not the case for U.
Abstract
9
The third part compares the sorption of trivalent actinides Am(III) and Cm(III) and their
homolog Eu(III) on alumino-silicates muscovite (phyllosilicate) and orthoclase (framework
silicate). In addition the results from powders from TRLFS single crystals from SXS measurements
can be related.
The surface structure shows little influence on the sorption behavior. The amount of sorption
plateaus at ~ 100 % at pH > 7 under the chosen conditions ([M] = 10-4
M, [NaCl] = 0.1 M) in both,
air and N2. Under acidic conditions all elements adsorb as outer-sphere complexes, while the
relative amount of inner-sphere sorption increases with increasing pH. At higher pH a transition
from adsorbed aquoions to adsorbed hydrolysis-species and eventually a ternary sorption complex
is observed. While TRLFS itself is a strong tool to investigate the speciation of metals in solution or
in contact with a mineral surface the complementary use of SXS techniques is able to improve these
findings. One question in this context is, however, in how far results from pristine single crystal
surfaces are comparable to results from polycrystalline powder samples. In our study no significant
differences for the characteristic onset of inner sphere sorption at pH ~ 5 are observed for the
sorption of Cm(III) on muscovite powders and Am(III) on muscovite (001).
The results of this work, achieved by using modern methods such as X-ray scattering techniques
(CTR/RAXR) and TRLFS, have afforded new insights into the surface reactivity of a wide range of
actinides (Th, U, Pu, Am, and Cm) in contact with muscovite and orthoclase. New influence factors
could be identified in the influence of the background electrolyte on the sorption behavior, where
both cation and anion affect the actinide´s retention. The different redox behavior of redox-active
actinides like U and Pu also influenced the sorption behavior tremendously, even in contact with the
redox-inactive mineral muscovite. The complementary use of surface X-ray diffraction and laser
spectroscopic methods was instrumental to enable us to investigate the distribution, occupancy, and
speciation of the radionuclides at mineral surfaces on a molecular level, which will be required to
make a reliable safety assessment of any potential nuclear waste disposal site.
10
Einführung
11
2 Einführung
2.1 Motivation und Ziele
Ziel dieser Arbeit ist es, die Wechselwirkung endlagerrelevanter Actiniden mit Mineralen zu
untersuchen und grundlegende Kenntnisse über Prozesse an der Wasser/Mineralgrenzfläche zu
erlangen. Dabei sollten Mechanismen der Sorption von Actiniden und damit assoziierte Reaktionen
wie bspw. die Bildung von Nanopartikeln aufgeklärt werden. Im Fokus stand dabei der
Erkenntnisgewinn auf molekularer Ebene, welcher durch den Einsatz der Oberflächen-
Röntgenbeugung (SXS) und Laserfluoreszenzspektroskopie ermöglicht wurde. Die korrekte
Beschreibung der zu erwartenden Reaktionen kann dann Grundlage für eine thermodynamische
Parametrisierung und schließlich Ausbreitungsrechnungen als Beitrag zum safety case eines
Endlagerstandorts liefern.
In vielen industriellen und medizinischen Bereichen kommen radioaktive Stoffe zum Einsatz,
insbesondere bei der Energieerzeugung in Kernkraftwerken. Die dabei anfallenden Abfälle sollen in
Deutschland endgelagert werden. Im Mittelpunkt der Untersuchungen der vorliegenden Studie
standen dabei jene Elemente, die zum Inventar abgebrannter Kernbrennelemente (Brennstäbe)
gehören und deren Radiotoxizität über lange Zeiträume bestimmen. Die Endlagerung dieser
hochaktiven, wärmeentwickelnden Abfälle stellt dabei neben der technischen auch eine
wissenschaftliche Herausforderung dar. Grund dafür ist die Zusammensetzung und die daraus
resultierenden Eigenschaften dieses Abfalls (Abbildung 1). Er besteht hauptsächlich aus Uran
(95 %), vermischt mit stabilen und instabilen Spaltprodukten, Plutonium und den sogenannten
Minoren Actiniden (Neptunium, Americium, Curium). Dabei wird die Radiotoxizität (Abbildung 2)
anfänglich von den Spaltprodukten und deren Zerfallsprodukten und nach etwa 100 Jahren, nach
der Entnahme aus dem Reaktor, durch Pu und die Minoren Actiniden, v.a. Am, dominiert.
Aufgrund der relativ kurzen Halbwertszeiten der Spaltprodukte klingt deren Radiotoxizität schon
nach wenigen hundert Jahren unter das Referenzniveau der Radiotoxizität von Uranerz ab. Erst
nach einer relativ langen Zeit von etwa 10 000 Jahren ist die Radiotoxizität der Minoren Actiniden
und deren Zerfallsprodukte auf diesem Niveau angekommen. Obwohl Plutonium nur einen sehr
geringen Anteil von etwa 0,85 % der Gesamtmasse eines abgebrannten UO2-Brennstabs ausmacht,
dominiert dessen Radiotoxizität über den längsten Zeitraum und erreicht das Referenzniveau erst
nach mehr als 100 000 Jahren. Dies erklärt die Notwendigkeit einer langfristigen, sicheren
Endlagerung hochradioaktiven Abfalls und den Fokus dieser Arbeit auf diese Elemente, um eine
Gefährdung der Umwelt und des Menschen durch eine Kontamination mit diesen Stoffen
auszuschließen. Für die adäquate Einschätzung der Sicherheit einer solchen Endlagerung ist es
notwendig zu verstehen, wie sich gerade diese Radionuklide im Nah- und Fernfeld eines Endlagers
12
verhalten. Dies wiederum bedarf des Prozessverständnisses dieses Verhaltens auf molekularer
Ebene.
Abbildung 1: Zusammensetzung eines verbrauchten Kernbrennelements nach der Verwendung
in einem Druckwasserreaktor (PWR 33 GW/t, 10 Jahre gekühlt)2
Abbildung 2: Radiotoxizität abgebrannter Brennelemente im Vergleich zur Referenz Uranerz2
Einführung
13
2.2 Endlagerung radioaktiver Abfälle
Radioaktive Abfälle werden in nicht wärmeentwickelnde (schwach- bis mittelaktive) und
wärmeentwickelnde (hochaktive) Abfälle unterschieden. Erstere werden verbrannt oder
komprimiert und in ein tiefengeologisches Endlager eingebracht. Die technischen Anforderungen
an ein solches Endlager sind geringer, als dies der Fall für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle
ist. In Deutschland ist für schwach- bis mittelaktive Abfälle der Schacht Konrad vorgesehen. Eine
Entscheidung über den Standort des Endlagers für hochaktive wärmeentwickelnde Abfälle steht
noch aus und soll durch das am 23.07.2013 verabschiedete Standortauswahlgesetz (StandAG)
geregelt werden. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die sichere Endlagerung für einen Zeitraum von 1
Million Jahren gewährleistet werden muss. Für diesen geologisch betrachtet kurzen Zeitraum kann
die großräumige tektonische Entwicklung vorausgesagt werden. Wird dieser Zeitraum allerdings an
der Menschheitsgeschichte gemessen, so ist er gleichsam lang und eine Abschätzung erweist sich
als schwierig. Laborexperimente können einen solchen Zeitraum nicht abbilden.
2.2.1 Das Multi-Barrieren-System
Das Konzept der tiefengeologischen Endlagerung mithilfe eines Multi-Barrieren-Systems
entspricht dem aktuellen internationalen Konsens. Die innerste Barriere stellt die Abfallform selbst
dar. Drei weitere Barrieren umschließen diese in folgender Reihenfolge: Die technische, die
geotechnische sowie die geologische Barriere. Der Behälter in dem der Abfall (unabhängig seiner
Form) in das Endlager eingebracht wird, befindet sich im direkten Kontakt mit der entsprechenden
Abfallform und kann je nach Wirtsgestein aus verschiedenen Materialen bestehen, z. B. Stahl oder
Kupfer. Dem folgt die geotechnische Barriere, welche abhängig vom Wirtsgestein z. B. aus
quellfähigen Materialen (in Granit- und Tongesteinen i. d. R. Bentonit) mit guten
Sorptionseigenschaften bestehen kann. Zum einen soll diese Barriere als Füllmaterial dienen und
einen Wassereintritt in das Endlager verhindern, zum anderen soll sie im Falle eines Wassereintritts
eine möglichst effektive Rückhaltung eventuell gelöster Radionuklide durch ihre sehr guten
Sorptionseigenschaften gewährleisten. Sollten diese Barrieren überwunden werden, agiert das
Wirtsgestein, in dem sich das Endlager befindet, als letzte Barriere, um eine Kontamination von
Aquiferen und der Biosphäre zu verhindern. Mit der Wahl des Wirtsgesteins gehen bestimmte
petrographische Eigenschaften einher, was die spezifische Ausgestaltung der technischen und
geotechnischen Barriere beeinflussen kann. So stehen in Deutschland Tonformationen, Steinsalz
und Granit zur Debatte, wobei jedes dieser Wirtsgesteine Vor- und Nachteile besitzt.
14
Tonformationen besitzen, bei einem ausreichend hohen Anteil quellfähiger Tonminerale der
Smektit-Gruppe, hervorragende „Selbstheilungseigenschaften“, im Falle tektonisch oder
anthropogen induzierter Bildung von Störungen, z. B. durch den Bau des Endlagers selbst
hervorgerufene Störungen. Zudem besitzen Tonminerale hervorragende Sorptionseigenschaften und
eine geringe Wasserleitfähigkeit, beides trägt zu einer verringerten Mobilität möglicher
Kontaminanten bei. Ingenieurstechnisch ist der Bau eines Endlagers in einer Tonformation
allerdings herausfordernd. Da durch den radioaktiven Zerfall der hochaktiven Abfälle im Nahfeld
eines Endlagers hohe Temperaturen auftreten können, ist auch die schlechte Wärmeleitfähigkeit von
Tongestein nachteilig. Die Wärmleitfähigkeit von Steinsalz ist dagegen hervorragend und auch die
technische Umsetzung des Baus eines Endlagers ist deutlich einfacher. Aufgrund der sowohl
viskosen als auch plastischen Eigenschaften von Salz können mögliche Hohlräume ebenfalls
effektiv geschlossen werden. Die hohe Löslichkeit des Steinsalzes ist hingegen von Nachteil, da ein
möglicher Wassereintritt nur minimal oder gar nicht verhindert wird. Bei trockenen Bedingungen
findet im Salz allerdings kein Transport statt. Der einfache und sehr wahrscheinliche Wasserzutritt
stellt auch die größten Probleme für ein Endlager im Wirtsgestein Granit dar. Granit ist ein sehr
stabiles aber sprödes Material, welches viele Störungen, d. h. eine starke Zerklüftung, aufweist.
Diese Klüfte können potentiell große Mengen Wasser mit hohen Fließgeschwindigkeiten führen.
Der Bau des Endlagers sollte sich in Granit ingenieurstechnisch allerdings als am Einfachsten
erweisen und die Limitierungen der geologischen Barriere können teilweise durch Änderungen in
der technischen (Bspw. durch Verwendung von Cu-Behältern, wie in Schweden oder Finnland
vorgesehen) sowie der geotechnischen Barriere ausgeglichen werden.
Die Wahl des in dieser Arbeit hauptsächlich untersuchten Minerals, Muskovit, begründet sich
auf dessen Relevanz im Konzept des Multi-Barrieren-Systems. Zum einen ist Muskovit aufgrund
der ähnlichen Strukturen ein hervorragendes Analogon für Tonminerale, aus denen Tongesteine und
Bentonit (geotechnische Barriere) zu großen Teilen bestehen. Zum anderen sind Glimmer, zu denen
Muskovit gezählt wird, eines der gesteinsbildenden Minerale von Granit. Die Relevanz von
Muskovit wird im Detail in Kapitel 3.1 erörtert.
Kenntnisstand
15
3 Kenntnisstand
3.1 Muskovit
In der vorliegenden Arbeit wurde das Sorptionsverhalten an Muskovit, einem Glimmervertreter,
untersucht. Muskovit tritt ubiquitär in der Natur auf und kann in Form von Einkristallen im
Zentimeter- bis Metermaßstab gesteinsbildend auftreten. Häufiger sind allerdings kleinere Kristalle,
welche sich z. B. in Sandsteinen porenständig als Kutane um die Körner gebildet haben. Dadurch ist
das metamorph entstandene Mineral im direkten Kontakt zu potentiell grundwasserführenden
Porenräumen. Im Falle einer Grundwasserkontamination durch Radionuklide, können hier also
entsprechend wirkende Rückhaltemechanismen direkt greifen.
Muskovit KAl2(AlSi3O10)(OH,F)2 ist ein dioktaedrisches Schichtsilikat (Phyllosilikat) mit einer
Tetraeder-Oktaeder-Tetraeder (TOT) Schichtstruktur (Abbildung 3). Drei Sauerstoffe eines SiO4-
Tetraeders werden mit angrenzenden Tetraedern geteilt, wodurch diese in einer Ebene miteinander
verbunden sind. Das verbleibende Sauerstoffion verbindet die Schichten der Tetraeder mit denen
der AlO6-Oktaeder, welche sich zwischen den zwei Tetraederschichten befinden. Die zwei
Tetraederschichten sind dabei um 180° zueinander rotiert.3,4
Abbildung 3: (links) Die Polygondarstellung zeigt die Struktur von Muskovit mit Blickrichtung entlang der
Raumrichtung a. Die SiO4-Tetraeder (blau) sind durch die Sauerstoffe an den Spitzen mit den
AlO6-Oktaedern (Orange) verbunden, wobei die TOT Schichten durch K+-Ionen (rot) in den
Zwischenschichten miteinander verbunden sind. (rechts) Natürlicher Muskovit vergesellschaftet mit Apatit
Kristallen.
Die hier verwendete Modifikation Muskovit-2M1ist monoklin und kann große Einkristalle
ausbilden. Durch die Substitution von vierwertigem Si durch dreiwertiges Al besitzt jede TOT-
Schicht eine permanente negative Strukturladung von 1e- pro Einheitszelle, deren Fläche
16
AUC = 46,72 Å2 beträgt, dies entspricht 0,021 e
-/Å
2. Diese Ladung wird im Kristallbulk („Körper“
des Kristalls) durch K+-Ionen kompensiert, die in den Zwischenschichten sitzen. Spaltet man den
Kristall entlang seiner (001) Fläche und bringt diese Spaltfläche in Kontakt mit Wasser, werden die
K+-Ionen entfernt und die so entstandene Oberflächenladung wird durch Ionen aus der Lösung
kompensiert.5-7
Entlang dieser (001) Fläche besitzt Muskovit eine vollkommene Spaltbarkeit, diese
führt zu annähernd atomar-flachen Oberflächen.
Ein Großteil der Untersuchungen dieser Arbeit wurde an der Basalfläche von Muskovit
durchgeführt. Diese Fläche ist aufgrund der konstanten permanenten Oberflächenladung sehr gut
für Sorptionsexperimente verschiedener Art geeignet. Desweiteren ist es durch die atomar-flachen
Oberflächen deutlich einfacher möglich Mechanismen aufzuklären, ohne Unsicherheiten durch ein
mögliches Zusammenspiel unbekannter oder nicht klar definierter Oberflächensites zu generieren.
Die Ergebnisse an Muskovit in Pulverform, wie er für die Laserfluoreszenzmessungen genutzt
wurde, integrieren über vorhandene Spezies an allen möglichen Sites, z. B. an Kanten oder Ecken
des Minerals. Dies macht eine eindeutige Identifizierung der Lokalität z. B. einer Sorptionsspezies
schwierig, es spiegelt aber das natürliche System besser wieder. Die Vergleichbarkeit beider
Ansätze wird im Kapitel 6.3 anhand der Sorption von An(III) näher betrachtet.
Relevanz als Wirtsgestein für Endlager
Granit und Gneis bestehen hauptsächlich aus Quarz, Feldspat und Glimmer. In diesen Gesteinen
nehmen Glimmer eine besondere Position hinsichtlich deren Rückhaltevermögen ein. Die Sorption
von Radionukliden ist an Muskovit stärker ausgeprägt als an Quarz oder Feldspat.8,9
Demzufolge ist
bei der Entscheidung für den Bau eines Endlagers in Granit, wie dies z. B. im finnischen Olkiluoto
der Fall ist, der gesteinsbildende Glimmeranteil von entsprechender Relevanz für eine potentielle
Rückhaltung von Radionukliden.
Muskovit kann ebenso als effektives Analogon für viele Tonminerale verwendet werden, da
diese ähnliche Kristallgitter ausbilden. Ein Beispiel ist Montmorillonit, ein Tonmineral der
Smektitgruppe. Genau wie Muskovit sind auch Smektite durch eine typische TOT-Gitterstruktur im
monoklinen Kristallsystem aufgebaut und besitzen eine permanente Oberflächenladung aufgrund
der Substitution von Si4+
gegen Al3+
im Kristallgitter. Entsprechend sind die oberflächenaktiven
Gruppen identisch und es ist anzunehmen, dass oberflächenladungsinduzierte Prozesse, wie z. B.
Sorption von innersphärischen und äußersphärischen Komplexen, ähnlich funktionieren. Hier sei
allerdings zu erwähnen, dass die Oberflächenladung von Montmorillonit mit 0,6 e-/AUC deutlich
geringer ist als die von Muskovit mit 1e-/AUC. Der wesentliche Unterschied ist die Fähigkeit der
Smektite die Kationen ihrer Zwischenschichten zu substituieren, wodurch Smektite quellfähig sind.
Kenntnisstand
17
Trotzdessen eröffnet die Analogie zu Muskovit die Möglichkeit, Systeme mit Methoden zu
untersuchen, die aufgrund der Morphologie des Montmorillonit nicht direkt an diesem Mineral
möglich sind. Ein Beispiel dafür ist die in dieser Arbeit angewandte SXS, für deren Durchführung
ausreichend große Einkristalle notwendig sind.
Relevant wird der Zusammenhang Muskovit-Smektit auch durch die potentielle Verwendung
von Bentonit als Füllmaterial der geotechnischen Barriere (siehe Kapitel 2.2.1) eines Endlagers für
hochradioaktive Abfälle. Denn Bentonit beinhaltet neben geringen Anteilen an Muskovit selbst
meist mehr als 70 % Smektit.10
Daher können Forschungsergebnisse, die an Muskovit erzielt
wurden, analog für das Material der geotechnischen Barriere und für Tonformationen als
Wirtsgestein Verwendung finden.
Orthoklas
Der Fokus dieser Arbeit liegt in der Analyse des Sorptionsverhaltens von endlagerrelevanten
Radionukliden an dem Mineral Muskovit (KAl2(AlSi3O10)(OH,F)2). Zusätzlich dient Orthoklas als
Vergleichsmineral mit ähnlichen Eigenschaften und wurde parallel mit Hilfe von
Laserfluoreszenzmessungen untersucht. Orthoklas (KAlSi3O8) ist das K-Endglied der
Mischungsreihe der Alkali-Feldspäte. Die Gruppe der Feldspäte kommt in der Natur gleichsam dem
Muskovit ubiquitär vor und stellt den Großteil der gesteinsbildenden Minerale der Erdkruste. Das
monokline Gerüstsilikat ist aus Al- und Si-Tetraedern aufgebaut, welche über O-Atome verbrückt
sind. Aufgrund der Substitution von Si4+
durch Al3+
ist das Gerüst negativ geladen. Dieser
Austausch in einem von vier Tetraedern führt dazu, dass der Hohlraum zwischen diesen Tetraedern
durch ein Kaliumion besetzt ist,11
wodurch die Ladung im Kristallgitter kompensiert wird. Das
Kaliumion ist neunfach koordiniert. Orthoklas besitzt vollkommene Spaltbarkeiten entlang der
(001) und (010) Flächen. Das Mineral soll in dieser Arbeit der Identifizierung dienen, inwiefern die
chemisch sehr ähnlichen Minerale Orthoklas und Muskovit aufgrund struktureller Unterschiede,
Unterschiede in der Wechselwirkung mit Radionukliden aufweisen.
3.2 Sorption - Wechselwirkung von Radionukliden mit Mineraloberflächen
Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Sorptionsprozesse von Actiniden und Lanthaniden an
der Fest-Flüssig-Grenzfläche von negativ geladenen Mineralen und der Lösung mit der diese in
Kontakt stehen. Unter Sorption sind elektrostatische Wechselwirkungen von Ionen mit
Mineraloberflächen zusammengefasst. Je nach Art der wirkenden Kräfte wird zwischen Physi- und
Chemisorption unterschieden. Bei der Physisorption treten relativ schwache elektrostatische
Bindungen auf. Abhängig von der Anzahl intakter Hydrathüllen aus Wassermolekülen eines Ions
18
und dessen Abstand zur Oberfläche, wird zwischen außersphärischen bzw. outer sphere Komplexen
(OS-Komplexe) und erweitert-außersphärischen bzw. extended outer sphere Komplexen (E-OS-
Komplexe) unterschieden (siehe Abbildung 4). Von innersphärischen oder inner sphere Komplexen
(IS-Komplexe) ist die Rede, wenn Teile der Hydrathülle des Sorbats durch Komplexierung mit
Oberflächengruppen des Substrats ersetzt worden sind. Diese Art der Sorption wird auch als
Chemisorption bezeichnet, da nun eine chemische Bindung zur Oberfläche besteht. Neben der
Sorption von Ionen kann es zudem zur Sorption von Polymeren oder Nanopartikeln kommen. Diese
können direkt an der Oberfläche oder in Lösung entstehen. Eine weitere Form der Sorption ist der
Einbau von Ionen in das Wirtskristallgitter. Dieser kann unter bestimmten Bedingungen (Wachstum
oder Umkristallisation) innerhalb geeigneter Minerale, bspw. bei guter Übereinstimmung der
Ionenradien von Wirts- und Gastion, stattfinden.
Abbildung 4: Adsorptionsprozesse von Radionukliden mit Mineraloberflächen.
Es ist notwendig Sorptionsprozesse zu studieren, denn diese stellen einen der wichtigsten
Einflüsse auf das Migrationsverhalten von Kontaminanten, z. B. Radionukliden, und damit einen
der wichtigsten Rückhaltemechanismen in der Umwelt dar. Dabei ist die Sorption ein komplexer
Vorgang, welcher durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Einer der wichtigsten
Faktoren ist der pH-Wert, welcher z. B. die Speziation in Lösung oder die Ladung von
Mineraloberflächen beeinflussen kann. Durch Variation des pH-Wertes kann das Zeta-Potential von
Partikeln in Suspension bestimmt werden,12
dies lässt Rückschlüsse auf dessen Oberflächenladung
zu. Die Oberflächenladung von Muskovit und Orthoklas in Pulverform ist im gesamten
Kenntnisstand
19
Untersuchungsbereich dieser Arbeit negativ und erreicht den isoelektrischen Punkt9 nicht. Die
Oberflächenladung der (001) Fläche des Muskovits hingegen ist vom pH-Wert unabhängig, da
diese permanente Ladung durch Substitution unterschiedlich geladener Ionen im Kristallgitter
hervorgerufen wird.
Ein weiterer Einflussfaktor auf die Sorption eines bestimmten Ions ist die Konkurrenz mit
anderen gelösten Ionen, z. B. dem Hintergrundelektrolyt oder dem Lösungsmittel, Wasser, selbst.
Die ein bis zwei adsorbierten Wasserschichten können dabei je nach Oberfläche relativ stark
gebunden sein13
und sind in der Regel innerhalb der ersten 3 Å über der Oberfläche lokalisiert.14
Schon diese Wasserschichten stellen für die Sorption von Radionukliden eine Barriere dar.
Bezüglich des Hintergrundelektrolyts spielt nicht nur die Ionenstärke sondern auch die Wahl des
Hintergrundelektrolyts eine Rolle, obwohl dieses lediglich die Ionenstärke eines Systems konstant
halten sollte. Denn die unterschiedlichen Kationen und Anionen des Hintergrundelektrolyts
konkurrieren unterschiedlich stark mit unterschiedlichen Radionukliden und beeinflussen die
Sorption in ihrer Art und Weise und Oberflächenbelegung dadurch unter Umständen entscheidend
(siehe Kapitel 6.1). Eine Reihe weiterer Parameter können das Sorptionsverhalten von Ionen an
einem Mineral beeinflussen: unter anderem Temperatur, Eh-Wert, Druck, Korngröße des Minerals,
wobei letzteres die Oberflächensites und deren Dichte beeinflussen kann.
Als Desportion wird der Umkehrprozess der Sorption bezeichnet. Ob und wie leicht ein
gebundener Stoff freigesetzt werden kann, hängt dabei vom Typ der Sorption ab. Schon
Änderungen der Ionenstärke oder der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers kann zur Desorption
von außersphärischen Sorptionskomplexen führen. Um innersphärische Sorptionskomplexe zu
desorbieren, ist i. A. eine Änderung des pH-Wertes notwendig. Zur Freisetzung einer Einbauspezies
hingegen ist es i. d. R. notwendig das Wirtsmineral aufzulösen.
Häufig wird Sorption nur quantitativ betrachtet, das heißt, es werden Sorptionsisothermen
anhand der Konzentration eines sorbierten Ions oder bei unterschiedlichem pH-Wert ermittelt, um
daraus den Verteilungskoeffizienten KD zu berechnen. Dieser ist definiert als
Konzentrationsverhältnis eines Stoffes zwischen zwei nicht mischbaren Phasen.15
Diese Werte sind
spezifisch für bestimmte Lösungsbedingungen und enthalten keine mechanistischen Informationen,
weshalb sich ein Vergleich verschiedener Systeme häufig als schwierig erweist. Um Aussagen über
verschiedene Sorptionsspezies treffen zu können, müssen daher Methoden eingesetzt werden,
welche in der Lage sind, die einzelnen Spezies zu unterscheiden. Die Identifizierung der
Sorptionsprozesse und der zugrunde liegenden Reaktionsmechanismen wurde in dieser Arbeit durch
die Verwendung der Methoden Oberflächen-Röntgenbeugung (SXS) und zeitaufgelöster
20
laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie (TRLFS) möglich (siehe Kapitel 5.2 & 5.3). Ohne
chemisches Verständnis sind Extrapolationen zum Verhalten und der Verteilung von Radionukliden
in der Umwelt nur unzureichend möglich.
Chemie der Actiniden
21
4 Chemie der Actiniden
4.1 Allgemeines
Als Actinide (An) werden die Elemente mit den Ordnungszahlen von 90 bis 103 bezeichnet, die
dem Actinium folgen und die 5f-Elektronenschale auffüllen. Eine Besonderheit der Actiniden ist
das Fehlen von stabilen Nukliden, alle Isotope dieser Elemente sind radioaktiv. In den
Experimenten dieser Arbeit wurden Thorium (90), Uran (92), Plutonium (94), Americium (95) und
Curium (96) verwendet.
Einige Actinidisotope kommen als primordiale Nuklide (235
U, 238
U und 232
Th) vor, d. h. diese
Nuklide sind aufgrund ihrer langen Halbwertszeiten (> 108 a) Bestandteile der Erde seit ihrer
Entstehung und bis heute nicht vollständig zerfallen. Die Elemente mit einer höheren Ordnungszahl
als Uran, die sogenannten Transurane kommen nicht mehr in der Natur vor, sondern entstehen
bspw. durch Neutroneneinfang, bei hohen Neutronenflüssen in einem Leistungsreaktor. Dabei
entsteht, wie der Hauptreaktionspfad in Gleichung 4.1 zeigt, initial 239
U, welches sich daraufhin in
zwei aufeinander folgenden β--Zerfällen zu
239Pu umwandeln kann. In Folgereaktionen wie im
Beispiel von Gleichung 4.2 gezeigt ist, können dann auch die Nuklide des Am und Cm entstehen.
(4.1)
(4.2)
Abbildung 1 zeigt die Zusammensetzung eines abgebrannten Brennelements nach der Entnahme
aus dem Reaktor. Hieraus wird deutlich, dass die gebildete Menge an Americium und Curium
relativ gering ist. Aufgrund dessen werden diese Elemente, zusammen mit Neptunium als Minore
Actinide bezeichnet. Das Interesse an diesen Elementen, entsteht somit nicht aus ihrer Quantität,
sondern aus der besonders hohen Radiotoxizität, die über viele tausend Jahre anhält (Abbildung 2).
4.2 Aquatische Chemie der untersuchten f-Elemente
Die Actiniden können in „leichte“ Actiniden (Th bis Pu) und „schwere“ Actiniden (ab Am)
eingeteilt werden. Diese Einteilung orientiert sich neben der Ordnungszahl zudem an den stabilen
Oxidationsstufen in wässriger Lösung (Tabelle 1). Die leichten Actiniden besitzen eine Vielzahl
stabiler Oxidationsstufen in wässriger Lösung, wohingegen die schweren Actiniden in wässriger
Lösung i. d. R. in ihrer dreiwertigen Oxidationsstufe vorliegen. Der Grund für dieses
22
unterschiedliche Verhalten ist die Delokalisierung der 5f-Elektronen im Falle der leichten
Actiniden, dadurch überlagert sich das 5f- mit dem 6d-Orbital. Im Falle der schwereren Actiniden
sind die 5f-Elektronen lokalisiert, wodurch diese Valenzelektronen separiert sind und nur diese für
chemische Reaktionen zur Verfügung stehen.
Die Chemie der meisten Lanthanide ähnelt jener der schweren Actiniden (siehe Kapitel 4.2.1),
da in wässriger Lösung ebenfalls die Oxidationsstufe III dominiert. Die Ionenradien dreiwertiger
Lanthaniden ähneln denen der dreiwertigen Actiniden ebenfalls. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten
können dreiwertige Lanthaniden sehr gut als chemische Analoga für die dreiwertigen Minoren
Actiniden Pu, Am und Cm verwendet werden. Lanthanide füllen die 4f-Schale und Actinide die 5f-
Schale mit Elektronen. Die Lanthanide und Actinide werden auch unter dem Begriff f-Elemente
zusammengefasst. Im Gegensatz zur 4f-Schale der Lanthanide ist die 5f-Schale der Actinide
schwächer abgeschirmt, daraus resultieren unter anderem deutlich höhere kovalente
Bindungsanteile bei den Actiniden. 16,17
Die möglichen Oxidationsstufen der Lanthaniden und Actiniden sind in Tabelle 1 dargestellt.17
Tabelle 1: Auftretende Oxidationsstufen der Lanthanide und der Actinide (in Lösung)*, fett dargestellt sind
die stabilsten Oxidationsstufen und die Namen der Elemente die Gegenstand dieser Arbeit sind
La Ce Pr Nd Pm Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu
2 2 2 2
3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3
4 4 4 4 4
Ac Th Pa U Np Pu Am Cm Bk Cf Es Fm Md No Lr
2 2 2
3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3
4 4 4 4 4 4 4 4
5 5 5 5 5
6 6 6 6 6
7 7
*nach Holleman & Wiberg 2007
Chemie der Actiniden
23
4.2.1 Europium, Americium und Curium
Unter den Seltenerdmetallen ist das Europium tatsächlich selten, nach Promethium ist es das
zweitseltenste Element dieser Gruppe. Die Elektronenkonfiguration von Eu ist [Xe]4f76s
2 und die
des Eu3+
[Xe]4f6. Americium ist ein radioaktives Element aus der Gruppe der Actiniden. Die
Elektronenkonfiguration von Americium ist [Rn]5f77s
2. Am
3+ besitzt dementsprechend die
Elektronenkonfiguration [Rn]5f6. In dieser Arbeit wurde das radioaktive Nuklid
243Am verwendet,
welches ein Alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 7400 Jahren ist. Curium ist ebenfalls ein
radioaktives Element der Gruppe der Actiniden und folgt dem Americium im Periodensystem. Die
Elektronenkonfiguration ist [Rn]5f76d
17s
2, die von Cm
3+ [Rn]5f
7. Der Ionenradius von Cm
3+ beträgt
0,97 Å (Koordinationszahl 6).18
In dieser Arbeit wurde das radioaktive Nuklid 248
Cm verwendet,
welches ein Alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 3,48 × 105 Jahren ist. Aus
strahlenschutztechnischen Gründen wurden für die Experimente dieser Arbeit die erwähnten
langlebigen Nuklide verwendet (243
Am, 248
Cm).
Dreiwertiges Europium wird aufgrund der erwähnten ähnlichen Eigenschaften in dieser Arbeit
als Anaolog für dreiwertiges Americium und Curium verwendet. Die dreiwertigen Ionen dieser
Metalle agieren, aufgrund der niedrigen Ionenradien von ~ 100 pm18
und der daraus resultierenden
hohen Ladungsdichte, als harte Lewis-Säuren nach dem Prinzip der harten und weichen
Lewissäuren (hard and soft acids and bases, kurz HSAB nach Pearson19
). Als solche reagieren sie
bevorzugt mit harten Lewisbasen, wie beispielsweise OH-, CO3
2- oder Cl
-. Eine wichtige Reaktion
in der aquatischen Chemie harter Lewissäuren ist somit die Hydrolyse (Gleichung 4.3a-c).20
Dabei
werden mit steigendem pH-Wert die verschiedenen Hydrolysespezies gebildet und schon bei
neutralem bis schwach basischem pH-Wert fällt das in Gleichung 4.3c dargestellte Produkt
Eu(OH)3, bei [Eu3+
] = 10-4
M, aus. Die Hydrolysekonstanten der dreiwertigen Oxidationsstufe
spiegeln die Ähnlichkeit wieder: Cm(OH)2+
log0β11 = -6,8 ± 0,5
21,22 und Am(OH)
2+
log0β11 = -7,2 ± 0,5
23 im Vergleich zu Eu(OH)
2+ log
0β11 = -7,76.
24
(4.3a)
(4.3b)
(4.3c)
Die Speziation mit und ohne den Einfluss von Carbonat (CO32-
) am Beispiel von Europium ist in
Abbildung 5 dargestellt. Die Berechnungen wurden mithilfe des PHREEQC Lösungs-
24
Modellierungspakets (Version 2.18) anhand von Daten der NAGRA/PSI chemisch-
thermodynamischen Datenbank durchgeführt.25
Abbildung 5: Speziationsberechnung unter atmosphärischen (links) und inerten (rechts) Bedingungen,
[Eu] = 1 × 10-4
M, [NaCl] = 0,1 M.
Es sind geringe Unterschiede zwischen atmosphärischen und inerten Bedingungen zu
verzeichnen. Für die Sorption an den Mineraloberflächen zur Verfügung stehende Komplexe sind
ab ca. pH 6,5 die erste Hydrolysespezies bzw. unter Atmosphäre auch der erste Carbonatokomplex.
Bei pH ~ 7,5 ist zudem mit wenigen Prozent die zweite Hydrolysespezies in Lösung vorhanden. Für
die Feststellung, welche dieser Spezies am Sorptionsprozess beteiligt sind, werden im Kapitel 6.3
TRLFS-Untersuchungen mit Europium und mit Curium dargestellt.
Unter sauren Bedingungen liegen die Metallkationen als Aquoion M3+
vor und sind 9-fach
koordiniert.26
Die Stabilität von Komplexen mit einigen Liganden richtet sich nach folgender
Sequenz: CO32-
> OH- > F
- > H2PO4 > NO3
- > Cl
- > ClO4
-. Generell ist die Hydrolyse in wässrigen
Lösungen stark favorisiert, wobei die Komplexierung mit Hydroxiden bei pH > 5 beginnt. Dabei
werden die Komplexe entsprechend der generellen Formel geformt, wobei n = 1-3 sein
kann (Gleichung 4.3a-c). M-Carbonato-Komplexe werden nach der generellen
Formel , wobei n = 1-3 annehmen kann, gebildet.
Von besonderem Forschungsinteresse ist Am, da es einen relevanten Anteil der Aktivität
abgebrannter Kernbrennelemente ausmacht. Während die Aktivität von Pu (nach 30 Jahren
Abklingen) anfänglich dominiert, übernimmt Am diese Rolle ab etwa 300 Jahren (nach der
Entladung des Reaktors) um nach etwa 10 000 Jahren vollständig abgeklungen zu sein und erneut
von Pu mit dem höchsten Aktivitätsanteil abgelöst zu werden.27
Chemie der Actiniden
25
4.2.2 Leichte Actiniden – Thorium, Uran und Plutonium
Thorium besitzt die Elektronenkonfiguration [Rn]6d27s
2, es besitzt also keine 5f-Elektronen. In
wässriger Lösung liegt Thorium ausschließlich in seiner vierwertigen Oxidationsstufe vor, die
aufgrund der [Rn]-Elektronenkonfiguration enorm stabil ist. Dies ermöglicht die Untersuchung von
Sorptionsprozessen unabhängig von Redoxprozessen. Das größte Ion der vierwertigen Actiniden,
Th4+
ist gleichzeitig das weichste und basischste der vierwertigen Kationen. Die Hydrolyse von
Th(IV) ist schon bei stark sauren pH-Werten sehr ausgeprägt und dominiert die Speziation
durchweg. Die Speziation verhält sich dabei für 0,1 M NaCl bei niedrigen Th-Konzentrationen
([Th(IV) = 10-8
M)28,29
folgendermaßen: Die ersten drei Hydrolysespezies
[Th(OH)]3+
/[Th(OH)2]2+
/[Th(OH)3]+ haben ihre Maxima bei pH = 3,8/4,8/5,7 und ab pH = 6,1
dominiert Th(OH)4. Bei steigender Th-Konzentration verschiebt sich diese Speziation aufgrund der
Bildung von Th-Polymeren deutlich. Schon bei pH > 1 bilden sich Dimere mit unterschiedlichen
Verbrückungen und Koordinationszahlen.30,31
Die bereitwillige Bildung von Th-
Polymeren/Nanopartikeln32,33
beginnt teilweise schon bei niedrigen pH-Werten (ab ~ pH 1,5). Diese
können sowohl amorpher als auch mikrokristalliner Natur sein.34
Das verwendete Nuklid von Thorium ist der radioaktive primordiale Alpha-Strahler 232
Th mit
einer Halbwertszeit von 1,4 × 1010
Jahren.
Plutonium. Die Elektronenkonfiguration von Pu ist [Rn]5f67s
2 und die Oxidationsstufen III bis
VI können in wässrigen Lösungen vorliegen. Grund dafür sind die sehr ähnlichen
elektrochemischen Potentiale der Redoxpaare von Pu unter sauren Bedingungen von etwa 1 V (z.B.
PuVI
/PuV = 0,913; Pu
VI/Pu
IV = 1,043; Pu
V/Pu
IV = 1,170; für 298,15 K in V vs. SHE
(Standardwasserstoffelektrode) in 1 M HClO4).35
Abbildung 6 zeigt, dass PuO22+
nur in einem
kleinen Bereich, bei Eh > 0,9 und pH < 5, stabil ist, und die Speziation bei niedrigeren pH-Werten
von drei- bis fünfwertigen Spezies dominiert wird.
Die Hydrolyse von Pu ist bei den hohen Oxidationsstufen (V und VI) stärker ausgeprägt als dies
für die dreiwertigen Ln und An, wie Europium, Curium oder Americium der Fall ist. Im
Allgemeinen ergibt sich für die Stärke der Hydrolyse- und Komplexbildung die Reihnfolge
M4+
> MO22+
> M3+
> MO2+. In Lösung bilden Pu(V) und Pu(VI) sogenannte Plutonyl-Ionen
[O=Pu=O]+/2+
. Diese sind linear angeordnet. Die Partialladung beträgt 2,2 bzw. 3,3.36
26
Abbildung 6: Die Pourbaix Diagramme ([Pu] = 10-4
M, [U] = 10-3
M, [NaCl] = 10-1
M, Eh-pH, in Luft)
wurden mithilfe des geochemischen Codes Geochemist’s Workbench (Version 11.0.2, Modul Act2) erstellt.
Für die Modellierung von U und Pu wurde die aktuellste NEA thermodynamische Datenbank benutzt.
Pu(V) und Pu(IV) tendieren zur Disproportionierung, allerdings ist Pu(IV) deutlich stabiler als
Pu(V), wobei die Kinetik aufgrund des Bildens und Brechens der Pu=O Bindung in Plutonyl-Ionen
(PuO2+ und PuO2
2+) relativ langsam ist. Dabei folgt die Disproportionierung von Pu(V) Gleichung
(4.4):
(4.4)
Chemie der Actiniden
27
Daraus ergeben sich die Gleichungen (4.4a) und (4.4b), wobei (4.4a) aufgrund des Brechens der
Pu=O Bindung relativ langsam abläuft, (4.4b) hingeben relativ schnell. Sobald beide Gleichungen
(4.4a) und (4.4b) ihr Gleichgewicht erreicht haben, ist die Disproportionierung vollständig.37
(langsam) (4.4a)
(schnell) (4.4b)
Die Disproportionierung von Pu(IV) folgt Gleichung (4.5),
(4.5)
wobei auch diese zweiteilige Reaktion in einer langsamen (4.5a) und einer schnellen (4.5b)
Teilreaktion abläuft.
(langsam) (4.5a)
(schnell) (4.5b)
Das radioaktive Nuklid 242
Pu (Halbwertszeit: 3,75 × 105 Jahre), ein Alpha-Strahler, wurde in dieser
Arbeit verwendet.
Uran besitzt die Elektronenkonfiguration [Rn]5f36d
17s
2 und seine Chemie ist, wie auch die des
Plutoniums, im Vergleich zum Thorium deutlich komplexer. In wässriger Lösung können die
Oxidationsstufen IV bis VI auftreten. Das chemische Verhalten unterscheidet sich dabei je nach
Oxidationsstufe deutlich. U bildet wie Pu in den Oxidationsstufen V und VI ebenfalls Actinyl-
Ionen, die sogenannten Uranyl-Ionen [O=U=O]+/2+
. In den jeweiligen Oxidationsstufen verhalten
sich die Elemente weitgehend analog.
Die Reaktionen der Actinyle in Lösung sind oftmals schon durch deren Größe (der Radius von
z. B. Uranyl ergibt sich aus U-O Distanz von ~ 1,7 Å + Ionenradius eines Sauerstoffions von
~ 1,4 Å = ~ 3,1 Å)38
kinetisch gehemmt, speziell wenn diese zusätzlich hydratisiert sind.
Uran besitzt in wässrigen Lösungen ein komplexes Redoxverhalten, was unter anderem an den
sehr unterschiedlichen Redoxpotentialen der unterschiedlichen Redoxpaare liegt. (z.B.
UVI
/UV = 0,088; U
VI/U
IV = 0,267; U
IV/U
III = -0,553; für 298,15 K in V vs. SHE in Reinstwasser).
23,39
Sollte es zu Änderungen des Oxidationszustandes von U aufgrund von Änderungen der
28
Lösungseigenschaften wie pH-/Eh-Wert kommen (siehe Abbildung 6), so läuft diese
Redoxtransformation sehr schnell ab, wenn es zu keinem Brechen der Uranylbindung kommt.
Kommt es zu diesem, läuft die Reaktion sehr langsam ab. Das heißt die Reaktionen (4.6a) und
(4.6b) laufen schnell ab:
(4.6a)
(4.6b)
Während z. B. Reaktion (4.7) langsam abläuft:
(4.7)
Grund dafür ist das Brechen/Bilden der U-O-Bindungen des Uranyls, welche eine kinetische
Barriere für die Redoxreaktion darstellen. Entsprechend der genannten großen Unterschiede der
Redoxpotentiale verbleibt U(VI) unter oxidierenden Bedingungen in seinem prädominanten
Oxidationszustand U(VI). Wie Abbildung 6 zeigt, dominiert UO22+
die Speziation bei Eh-Werten
> 0,2 unter sauren Bedingungen bis pH 4,2. Mit steigendem pH-Wert und unverändertem Eh-Wert
dominieren verschiedene Hydroxo- sowie Ternäre Komplexe. Bei Eh-Werten < 0,2 und sehr sauren
Bedingungen (kleiner pH 2,2) dominiert UCl3+
, falls Cl- vorhanden ist, bzw. U(OH)2
2+. Bei pH-
Werten > 2,2 und gleichzeitig kontinuierlich fallendem Eh-Wert dominiert eine amorphe UO2-
Phase. Im Vergleich zu PuO22+
, was ein kleines Stabilitätsfeld (Eh 0,9 - 1,1 V) in wässriger Lösung
hat, weist UO22+
(Eh 0,2 - 1,1 V) also ein deutlich größeres Stabilitätsfeld auf. UO2+ in wässrigen
Lösungen, neigt zur Disproportionierung nach demselben Schema wie für PuO2+ dargestellt wurde
(Gleichung 4.4).
Das radioaktive Nuklid 238
U (Halbwertszeit: 4,47 × 109 Jahre), ein Alpha-Strahler, wurde in
dieser Arbeit verwendet.
4.2.3 Nanopartikel
Eine spezielle Eigenschaft der vierwertigen Actiniden Th, U, Np und Pu ist ihre Fähigkeit durch
Olations- und/oder Oxolationsreaktionen (Gleichung 4.8a-b) Nanopartikel auszubilden, die auch als
Eigenkolloide bezeichnet werden.40
Chemie der Actiniden
29
(4.8)
(4.8a - Olation)
(4.8b - Oxolation)
Das Auftreten von Partikeln im Bereich < 1 µm in natürlichem Grundwasser ist hinreichend
bekannt41-44
und aufgrund ihrer Größe und geringen Sedimentationsgeschwindigkeit45
können diese
über lange Zeiträume in Suspension bleiben. Die Rückhaltung von Radionukliden/Kontaminanten
wird durch Kolloide, suspendierte Partikel im nm- bis µm-Bereich, in der Regel negativ
beeinflusst.46,47
Schwer- oder unlösliche Kontaminanten können an Kolloiden anhaften40,46,48
und
somit über weite Strecken transportiert werden. Dabei spielt es keine Rolle ob es sich um
anorganische oder organische Kolloide handelt.49,50
Für diesen Prozess müssen die Kontaminanten
nicht selbst in der Lage sein, Eigenkolloide zu bilden. Wenn sich aus mobilen gelösten Ionen, zum
Beispiel durch oberflächenvermittelte Prozesse,51
Nanopartikel bilden, die an Mineralen adsorbiert
sind, wirkt dieser Vorgang zunächst retardierend. Sollten sich diese Nanopartikel allerdings von der
Oberfläche lösen und in einen kolloidalen Zustand übergehen, so wird deren Mobilität erhöht.
Die Bildung von Nanopartikeln an Mineraloberflächen bedingt zuvor die Bildung von Dimeren
und kleineren Oligomeren. Die Bildung der Dimere funktioniert in wässrigen Lösungen durch
Kondensationsprozesse aus vorhandenen Hydrolysespezies. Dabei sind die Metallionen durch einen
Hydroxidliganden (Gleichung 4.8a - Olation) oder einen Sauerstoffliganden
(Gleichung 4.8b - Oxolation) verbrückt. Mit zunehmender Härte wird dabei die Oxolation
favorisiert.31
Neben dem Hauptfaktor, der Härte, hängt der Kondensationspfad zusätzlich vom
Hydrolyse-Komplex und den Lösungsbedingungen, wie Metallkonzentration und pH-Wert, ab.
30
4.3 Grenzflächenreaktionen von Actiniden auf Muskovit
4.3.1 Sorption von Th an der Basalfläche von Muskovit im Medium NaCl
In vorangegangenen Arbeiten von Schmidt et al.1 wurde das Sorptionsverhalten von Th im
Kontakt mit der Basalfläche von Muskovit untersucht ([Th] = 0,1 mM, [NaCl] = 0,1 M, pH = 3,2).
Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen für die Th-Experimente der vorliegenden Studie als Referenz
dienen. Die Strukturanalyse wurde in situ mithilfe von SXS (siehe Kapitel 5.1.2) durchgeführt.
Zudem wurde die Oberflächenbelegung unabhängig mittels Alpha-Spektrometrie bestimmt. Die
ermittelten Belegungen des oberflächenassoziierten Th betragen 0,15 ± 0,02 Th/AUC (Alpha-
Spektrometrie) bzw. 0,40 ± 0,07 Th/AUC (RAXR). Die alpha-spektrometrisch ermittelten
Oberflächenbelegungen in Abhängigkeit von der Th-Konzentration ([Thtot] = 1,0 × 10-6
–
5,0 × 10-3
M) können für niedrige Konzentrationen (bis 1 × 10-3
M) durch eine
Langmuir-Verteilung darstellt werden, für höhere Konzentrationen ist die Belegung durch
oberflächeninduzierte Oligomerisation deutlich erhöht.1
Abbildung 7: Messungen der Th(IV)-Aufnahme,1 wobei die Oberflächenbelegung durch Alpha-Spektrometrie
ermittelt wurde und als Funktion der Th-Konzentation in Lösung dargestellt wurde ([Th]tot = 1,0 × 10-6
bis
4,9 × 10-3
M). Die best-fit Langmuir-Isotherme für die niedrigen Konzentrationen ist als durchgezogene rote
Linie dargestellt. Die gestrichelte orange Linie zeigt den Trend der überschüssigen Th-Aufnahme durch
oberflächeninduzierte Oligomerisation. Das obere Fenster zeigt die Daten bei niedrigen Konzentrationen von
[Th]tot = 1,0 × 10-6
bis 1,0 × 10-3
M, welche für den Langmuir-Fit verwendet wurden.
Die Adsorptionsstruktur an der Fest-Flüssig-Grenzfläche (in situ) konnte als eine breit verteilte
Spezies, mit einem Maximum im Abstand von 10,1 Å von der Mineraloberfläche, identifiziert
werden. Dieser große Abstand zur Oberfläche kann nicht mit den klassischen Modellen der IS- und
OS-Sorption erklärt werden und wird als Extended-OS-Komplex interpretiert.1,52,53
Das heißt, Th
Chemie der Actiniden
31
adsorbiert mit zwei intakten Hydrathüllen. In den meisten Fällen treten Extended-OS-Komplexe als
minorer Anteil zusammen mit dominierenden IS- und OS-Komplexen auf (z.B. im Falle von
zweiwertigen Kationen wie Sr2+
oder Pb2+
),53
im Falle von Th-NaCl-Muskovit dominiert hingegen
der Extended-OS-Komplex. Dies ist durch die hohe freie Hydratationsenthalpie des kleinen,
hochgeladenen Th(IV)-Kations zu erklären (ΔGhyd (Th4+
) = -5815 kJ/mol),54
welche signifikant
höher ist als jegliche freie Hydratationsenthalpie von zweiwertigen Kationen, z.B. des am stärksten
hydratisierten zweiwertigen Kations Be2+
(unter gleichen Bedingungen:
ΔGhyd (Be2+
) = - 2395 kJ/mol)1,54
oder als die von dreiwertigen Kationen, z.B. Y3+
(ΔGhyd (Y3+
) = - 3620 kJ/mol).55,56
4.3.2 Pu(IV)-Nanopartikel aus einer Pu(III)-Lösung.
Pu-Nanopartikel sind Inhalt von diversen aktuellen Forschungsstudien.40,46-48,51,57
Ausgangspunkt
sind dabei häufig Standorte, an denen eine Kontamination durch Pu vorliegt und der Fokus auf
Untersuchungen der Mobilität von Pu im Zusammenhang mit Nanopartikeln liegt.40,46,47
Andere
Studien haben gezeigt, dass Aggregate von an sich schwerlöslichem PuIV
zu einer erhöhten
Löslichkeit führen können, entweder in Form von intrinsischen Kolloiden oder durch Adsorption an
gelösten mineralischen Nanopartikeln.58-60
Die vorangegangene Studie von Schmidt et al.51
untersuchte die Bildung von Pu(IV)-
Nanopartikeln auf der basalen (001) Fläche von Muskovit, ausgehend von einer Pu(III)-Lösung.
Alpha-Spektrometrie sowie RAXR-Messungen ergaben sehr hohe Pu-Belegungen auf der
Muskovitoberfläche von jeweils 9,0 ± 0,5 bzw. 9,9 ± 1,2 Pu/AUC. Die Stabilität der Pu(III)-Lösung
wurde anhand von UV/Vis-Spektroskopie über einen Zeitraum von mehr als einer Woche bestätigt.
Weder eine nachweisbare Pu(IV)-Konzentration (Nachweisgrenze bei spektraler Interferenz für
eine 1 mm Zelle: 160 µM)61
noch Polymerphasen konnten nachgewiesen werden.62
Da nach einer
Kontaktzeit von 24 h Pu(IV)-Nanopartikel an der Muskovitoberfläche nachgewiesen werden
konnten, spielt die Oberfläche offensichtlich eine entscheidende Rolle im Prozess der
Nanopartikelbildung. Nach Schmidt et al.51
findet die initiale Sorption vermutlich in Form einer
Extended-OS-Sorption, ähnlich der im Th-NaCl System beobachteten, statt, bis die Konzentration
einen notwendigen Schwellenwert überschreitet und über Hydrolyse- und Kondensationsprozesse
die Bildung von Nanopartikeln beginnt. Entscheidend für den gesamten Prozess der
Nanopartikelbildung sind die Anwesenheit des Minerals und das Gleichgewicht (GGW) zwischen
Pu(III) und Pu(IV). Dabei wird dem GGW kontinuierlich Pu(IV) durch die
Sorption/Nanopartikelbildung entnommen. Dadurch wird Pu(III) ständig zu Pu(IV) oxidiert, um den
32
GGW-Zustand beibehalten zu können. Der Prozess ist also durch die Oberfläche katalysiert. Die
Studie lässt offen, wo die Oxidation von Pu(III) zu Pu(IV) stattfindet. Drei mögliche Mechanismen
für die Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln sind vorgeschlagen: (A) Pu(III) wird in der Bulk-Lösung
zu Pu(IV) oxidiert und anschließend adsorbiert Pu(IV) an der Mineraloberfläche. (B) Pu(III)
adsorbiert an der Mineraloberfläche und wird an der Oberfläche zu Pu(IV) oxidiert. Beide Pfade
(A) und (B) führen über Hydrolyse- und Kondensationsprozesse daraufhin zur Bildung von
Oligomeren und letztendlich Nanopartikeln an der Oberfläche. Der dritte Pfad (C) basiert auf der
Bildung der Nanopartikel aus im Lösungsgleichgewicht vorhandenem Pu(IV) direkt in Lösung,
gefolgt von der Sorption dieser an der Mineraloberfläche. Pfad (C) ist auf Grundlage der bekannten
Thermodynamik des Pu allerdings unwahrscheinlich.
4.3.3 Einfluss von Mineraloberflächen auf die Bildung von Pu(IV)
Die Bildung von Pu(IV) an Mineraloberflächen im Kontakt mit Lösungen die Pu in den
Oxidationsstufen Pu(III) bis zu Pu(VI) beinhalten, wurde in vorangegangenen Arbeiten beobachtet.
Sehr viele Studien haben dabei die Relevanz von redox-aktiven Mineralen untersucht.63-72
Dass
dieses Kriterium aber keineswegs eine Notwendigkeit für die Bildung von Pu(IV) darstellt, konnte
wiederum in mehreren Arbeiten mit redox-inaktiven Mineralen gezeigt werden.51,73-76
An den
Oberflächen der redox-aktiven Minerale ist häufig Eisen oder Mangan verfügbar, sodass ein
direkter Elektronentransfer vom oder zum Mineral stattfindet. Wohingegen die redox-inaktiven
Minerale zwar für die Reaktionen notwendig sind oder diese begünstigen, allerdings nicht direkt am
Elektronentransfer teilnehmen können. Ähnlichkeiten mit der vorliegenden Arbeit liegen z.B. in der
Studie über die Reduktion von Pu(V) zu Pu(IV) an Montmorillonit vor.75
Die Reduktion an der
Grenzfläche des redox-inaktiven Montmorillonits verlief ebenfalls langsam und aufgrund der
Abhängigkeit dieser Reaktionsgeschwindigkeit von pH und Ionenstärke, wurde vermutet, dass ein
Protonen-vermittelnder Oberflächenprozesses involviert ist.
Die oberflächenvermittelte Bildung einer Phase auf einem Substrat kann durch epitaxiale
Übereinstimmung erleichtert oder beeinflusst werden. Das heißt, die vorgegebene atomare Ordnung
eines kristallinen Substrats wird auf die Phase, die sich an dessen Oberfläche bildet, übertragen. Ein
solcher Effekt wurde für die Bildung von Pu-Nanopartikeln auf Goethit (FeOOH) beobachtet, wo
Partikel mit Pu4O7-Struktur statt der üblichen PuO2-Struktur gefunden wurden.77
Material & Methoden
33
5 Material & Methoden
5.1 Probenpräparation
5.1.1 Allgemeines zur Probenpräparation.
In diese Arbeit sollen Erkenntnisse über die Wechselwirkung verschiedener Lanthaniden und
Actiniden mit Muskovit (und Orthoklas) und damit assoziierte Oberflächenphänomene,
insbesondere Sorptionsprozesse, gewonnen werden. Dementsprechend wurden verschiedene
Experimente konzipiert, die entweder reale Bedingungen simulieren oder einfach analysierbare
Bedingungen schaffen sollten, um den Einfluss von Sorptionsprozessen auf die Rückhaltung
abschätzen zu können.
Alle chemischen Reaktionen fanden dabei einheitlich in Polypropylen-Röhrchen der Firma
Greiner Bio-One statt und wurden im weitesten Sinne als sogenannte Batch-Versuche durchgeführt.
Bei dem verwendeten Substrat dieser Arbeit handelt es sich um Muskovit, welcher von der
Asheville-Schoonmaker Mica Company (USA) bezogen wurde. Das natürliche Mineral wurde
anhand von Einkristallen und in Pulverform untersucht. Die Einkristalle liegen in V1 Qualität (klar,
hart, einheitliche Farbe, nahezu flach, frei von Spannungen, Einschlüssen, Rissen oder ähnlichen
Defekten) und den Maßen 12,7 × 12,7 × 0,2 mm3 vor.
Mögliche Verunreinigungen der Oberflächen, hervorgerufen durch das Schneiden der
Einkristalle oder die Lagerung dieser, machen es notwendig, die Kristalle, bevor sie in Kontakt mit
der entsprechenden Reaktionslösung gebracht werden, zu spalten. Dabei wird eine unveränderte
„frische“ Oberfläche geschaffen. Durch die Größe der Kristalle und die Form der verwendeten
Probenröhrchen ist der Kontakt zwischen Kristall und Wandung des Röhrchens minimal und
lediglich auf die Ecken des Kristalls beschränkt, weshalb die tatsächliche Reaktionsfläche der
geometrischen (001) Fläche des Muskovits von etwa 161 mm2 entspricht. Für die Messung des Th-
ClClO4 Experiments (siehe Kapitel 6.1.3), wurden dickere Kristalle (~ 2 mm) mit einem
Durchmesser der (001) Fläche von etwa 10 mm, d. h. einer Reaktionsfläche von etwa 79 mm2,
verwendet.
Das Pulver wurde aus den gleichen Kristallen mittels Kugelmühle (Achat) gemahlen und mit
einem Satz Siebe (Stahl) auf eine Korngröße von ≤ 63 µm gesiebt. Dieses Pulver wurde für die
Durchführung der Laserfluoreszenzmessungen und die Erstellung von Sorptionskurven verwendet.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit standen grundlagenorientierte Untersuchungen, die der
Prozessaufklärung, d.h. der Sorption von Radionukliden an Mineral-Wasser-Grenzflächen, auf
34
molekularer Ebene dienen sollen. Die verwendeten Methoden und durchgeführten Experimente
werden im Folgenden beschrieben. Die genauen Lösungszusammensetzungen aller Proben sind in
den entsprechenden Kapiteln separat aufgeführt.
5.1.2 Oberflächen-Röntgenbeugung.
SXS-Experimente (siehe Kapitel 5.2), bestehen aus CTR (Crystal Truncation Rod) und RAXR
(Resonant Anomalous X-ray Reflectivity) Messungen. Sie ermöglichen die Aufklärung der
Oberflächenstruktur und kombinieren dies mit einer elementspezifischen Information, um die
vertikale Verteilung und die Oberflächenbelegung verschiedener, im System vorliegender Spezies
zu ermitteln. Messungen mittels SXS benötigen Einkristall-Substrate für ihre Durchführung. Die
Sorption an diesen Einkristallen findet als Batch-Versuch statt und die Messungen sind in situ. Das
heißt, nachdem sich der Kristall über Nacht (~ 20 h) in der Lösung befand, wird er auf die
Messzelle (siehe Abbildung 8) überführt und mit etwa 20 µL derselben Reaktionslösung bedeckt.
Fixiert wird der Kristall mitsamt der darauf befindlichen Lösung durch eine 7,5 µm-dicke Kapton®
Folie, die zudem ein Austrocknen verhindern soll.
Abbildung 8: Probenzelle die für die SXS-Experimente genutzt wurde (Schmidt et al. 2015, Schmidt et al.
2011). Der Muskovit Kristall wird durch eine dünne Kapton® Folie und zwei weitere domartige Lagen aus
Kapton® umschlossen, wobei die erste dünne Kapton® Folie den Kristall im direkten Kontakt mit der Folie
hält und ein Austrocknen verhindert. Kristall und die Kapton® Folie/Dome sind auf einer
Aluminiumhalterung montiert.
5.1.3 Laserfluoreszenzspektroskopie.
Die laserfluoreszenzspektroskopischen Messungen wurden mit den oben erwähnten
Muskovitpulvern durchgeführt. Hierbei können spezifische Aussagen über die Speziation bei
unterschiedlichen Bedingungen (pH-Wert, Lösungskonzentrationen u. a.) getroffen werden. Ziel
dieser Experimente war es, das Sorptionsverhalten von dreiwertigen Actiniden, speziell Am und
Cm, zu bestimmen und zu verstehen. Cm und Eu dienten dabei aufgrund ihrer hervorragenden
Lumineszenzeigenschaften als Sonden für die Fluoreszenzuntersuchungen und gleichzeitig als
Material & Methoden
35
Analogon für das endlagerrelevante Am. Bei der Präparation ist zwischen UV-Anregung bei
Raumtemperatur und direkt angeregten Tieftemperaturmessungen bei < 20 K zu unterscheiden. Die
UV-Messungen wurden in Suspension durchgeführt. Für die Tieftemperaturmessungen hingegen
wurde das Pulver, nach der Reaktion im Batch-Experiment, mittels Filtration (0,45 µm Porengröße)
von der Lösung getrennt. Daraufhin wurde das Pulver mit jeweils 1 mL des Hintergrundelektrolyts
und deionisiertem Wasser (DIW) gewaschen, um mögliche Präzipitate des Hintergrundelektrolyts
zu vermeiden. Dem folgte die Trocknung des Pulvers unter atmosphärischen Bedingungen. Das
getrocknete Pulver wurde auf einen Kupferprobenträger überführt, mittels Kryostat auf unter 20 K
gekühlt und daraufhin ex situ laserfluoreszenzspektroskopisch untersucht. Der Überstand wurde
quantitativ mittels ICP-MS (inductively coupled plasma mass spectrometry) untersucht, um zu
bestimmen, wie viel des Sorbens in der Lösung verblieben ist, woraus die prozentuale Sorption
bestimmt wurde.
5.1.4 Alpha-Spektrometrie
Die Alpha-Spektrometrie wurde ebenfalls in Form von ex situ Batch-Versuchen, allerdings an
Einkristallen, durchgeführt. Dabei werden die Einkristalle in eine radionuklidhaltige Lösung (Th, U,
Pu, Am) getaucht und dieser nach einer Kontaktzeit von ~ 20 h entnommen. Dem folgt eine
Waschprozedur: Der Kristall wurde dabei zuerst einige Male in eine Lösung des entsprechenden
Hintergrundelektrolyts derselben Konzentration getaucht um überschüssige, nicht adsorbierte
Radionuklide zu entfernen. Danach wurde überschüssiges Hintergrundelektrolyt durch mehrmaliges
Tauchen in DIW entfernt, dieses würde ansonsten während des Trocknens ausfallen und könnte die
Messung durch Absorption von Alpha-Strahlung verfälschen. Sobald der Kristall unter
atmosphärischen Bedingungen vollständig getrocknet ist, kann dieser an die Rückseite einer
Metallronde (nach Wilson78
), mit Öffnung bekannter Fläche, befestigt werden und in einer
Alpha-Kammer gemessen werden. Dadurch ist der gemessene Bereich in zweierlei Hinsicht
definiert: Zum einen ist die Fläche die zum Signal beiträgt, durch den Kreisdurchmesser der
Öffnung exakt bekannt und zum anderen werden Kanten und Ecken vollständig abgeschirmt.
Dadurch werden lediglich Alpha-Teilchen detektiert, die von Radionukliden ausgehen, welche an
der Basalfläche des Muskovits adsorbiert sind. Dies erlaubt den direkten Vergleich der Belegungen,
welche mittels Alpha-Spektrometrie und SXS-Messungen erhalten wurden. Nach einer
Untergrundkorrektur kann, anhand der Anzahl detektierter Alpha-Teilchen pro Zeitintervall, direkt
die Oberflächenbelegung eines Radionuklids pro Fläche berechnet werden. Allerdings ist hierbei zu
36
beachten, dass schwach-adsorbierte Spezies durch den Waschprozess entfernt werden können,1,56,79
wodurch die Oberflächenbelegung im Vergleich zu in situ Messungen reduziert sein kann.
Alpha-Experimente dienen in dieser Arbeit der quantitativen Bestimmung der Oberflächenbelegung
und der quantitativen Validierung der SXS-Experimente. Daher wurden die Proben der
Alpha-Spektrometrie unter identischen Lösungsbedingungen wie die entsprechenden SXS-
Experimente durchgeführt.
5.2 Oberflächen-Röntgenbeugung
Die Beugung von Röntgenstrahlen an Elektronen der Atome eines Kristalls wird in der
klassischen Einkristall- und Pulverdiffraktometrie genutzt um die Kristallstrukturen zu analysieren.
Hierbei wird ausgenutzt, dass Röntgenstrahlung Wellenlängen besitzt, die in ihrer Größenordnung
den Gitterabständen eines Kristalls entspricht, wodurch Interferenz an diesem Gitter auftritt.
Konstruktive Interferenz tritt ein, wenn der Gangunterschied Δ zwischen zwei Röntgenstrahlen, die
an unterschiedlichen Netzebenen gebeugt werden, einem ganzzahligen Vielfachen n ihrer
Wellenlänge λ entspricht. Damit ist der Gangunterschied abhängig vom Einfallwinkel θ der
Röntgenstrahlen und dem Netzebenenabstand d. Dieser Zusammenhang wird durch die Bragg-
Gleichung (5.1) beschrieben:80
Δ (5.1)
n ist eine natürliche Zahl (Grad des Maximums) und λ die Wellenlänge der einfallenden
Röntgenstrahlen. Dabei entstehen bei der Einkristall- sowie der Pulverdiffraktometrie typische
Beugungsmuster (Abbildung 9).
Abbildung 9: (Links) Schema des Beugungsprozesses (nach 81
). (Mitte) Pulverdiffraktogramm von
Quarzpulver (82
). (Rechts) Beugungsmuster eines Quasikristalls (Shechtman83
).
Material & Methoden
37
Die Intensität jedes Bragg-Punktes Ihkl ist dabei proportional zum Betragsquadrat des sogenannten
Strukturfaktors Fhkl, was dem Streuvermögen eines Kristalls entspricht. Der Strukturfaktor stellt die
Fouriertransformation der Elektronendichte ρ, der Einheitszelle des Kristalls, mit den Koordinaten
x, y und z und den Basisvektoren a, b und c, nach Gleichung (5.2) dar:
(5.2)
Dies kann äquivalent als Summe der atomaren Streufaktoren fj der Atome j der Einheitszelle
entsprechend Gleichung (5.3) dargestellt werden:84
(5.3)
Jeder Streufaktor fj stellt die Fouriertransformation der Elektronendichte eines Atoms j dar. Die
gemessene Intensität in Röntgenbeugungsexperimenten steht also in direktem Zusammenhang mit
der Elektronendichte des untersuchten Systems.
Bei der Durchführung der SXS-Experimente wird zunächst die präparierte Probe auf die
Messzelle überführt und diese auf dem Diffraktometer montiert, woraufhin der Kristall im
Röntgenstrahl ausgerichtet werden kann. Dies dient dazu die genaue Lage des Kristalls im
Röntgenstrahl zu kennen, um jede gewünschte Position im reziproken Raum ansteuern zu können.
Mithilfe eines Fluoreszenzdetektors wird die genaue Energie der entsprechenden Absorptionskante
des Elements dem unser Interesse gilt, ermittelt, gleichzeitig wird so bestimmt, ob das
entsprechende Element im Bereich der Oberfläche vorhanden ist. Desweiteren können aus dem
ermittelten XANES-Spektrum über eine Kramers-Kronig-Transformation die anomalen
Dispersionsterme und
ermittelt werden (siehe Kapitel 5.2.2).85
Sobald Ausrichtung und
Energiebestimmung abgeschlossen sind, kann die Probe vermessen werden, was i. d. R. mit der
Suche nach einer qualitativ geeigneten lateralen Position auf dem Kristall beginnt. Um die
Beeinflussung oder die Veränderung der Grenzfläche inklusive der adsorbierten Komponenten
durch den Röntgenstrahl zu minimieren, wird die Position während der gesamten Messung
wiederholt gewechselt.
Die Durchführung dieser Experimente erfordert harte, hochbrillante Röntgenstrahlen, um die
Absorption in der Lösung zwischen Kapton® Folie und Kristall zu minimieren und den
notwendigen Photonenfluss zu gewährleisten, sodass auch bei niedrigen Reflektivitäten (~ 10-10
)
38
noch genügend Signal generiert wird. Optimale Bedingungen für diese Art von Experimenten
bieten Synchrotroneinrichtungen wie z.B. die Advanced Photon Source (APS) des Argonne
National Laboratory (ANL) oder die European Synchrotron Radiation Facility (ESRF). Die
Messungen dieser Arbeit wurden an der Beamline 13-IDC (GSECARS – University of Chicago)
der APS durchgeführt.
5.2.1 CTR
Die Streuung an einer terminierten Kristalloberfläche resultiert in eindimensionalen Streifen, den
CTRs, welche eine zweidimensionale Bragg-Bedingung erfüllen. In dieser reziproken Darstellung
erscheinen die Bragg-Peaks als Bragg-Punkte, welche vom CTR als Normale zur Oberfläche
geschnitten werden. Die Intensität entlang des CTRs ist immer größer Null, wobei Minima in den
Bereichen zwischen den Bragg-Peaks liegen, welche selbst die Maxima darstellen. Die
Intensitätsunterschiede betragen hierbei mehrere Größenordnungen. Ein idealer Kristall mit drei
Oberflächen (Abbildung 10 links) und dessen Netzebenenabständen a, b und c senkrecht zu den
Oberflächen kann wie in Abbildung 10 (rechts) im reziproken Raum dargestellt werden.
Abbildung 10: (links) Idealer Kristall mit den Netzebenenabständen a, b und c. (rechts) Darstellung dieses
Kristalls im reziproken Raum mit durch Crystal Truncation Rods verbundenen Braggpunkten.
Für ein solches System kann der Strukturfaktors Fgesamt entsprechend Gleichung 5.4 angegeben
werden:
(5.4)
Dabei gehen in den Strukturfaktor die Faktoren der Einheitszelle (FUC) und des CTRs (FCTR) sowie
der Faktor der Grenzfläche (FGrenz) und des Wassers (FW) ein. Der Faktor der Einheitszelle (FUC)
wird, basierend auf der bekannten Position der Atome durch XRD-Messungen, berechnet.86
FCTR
Material & Methoden
39
beschreibt generisch die Intensität des CTRs nach 1/[1 - exp(-iQd/4)]2,84
wobei Q dem
Impulsübertrag (s. u.) entspricht. Das Produkt aus FUC und FCTR stellt die CTR-Struktur der Atome
der Einheitszelle des Kristalls dar. Durch FGrenz kann die Relaxation der oberflächennahen Atome
zusammengefasst werden. Der Struktur des Wassers und aller darin gelösten Spezies wird durch FW
Rechnung getragen. Die hierbei zusammengefassten Atomverbände des Gesamtstrukturfaktors
dienen dazu bestimmte strukturelle Bereiche zu beschreiben und veränderliche Teile von fixen
Anteilen zu trennen. Der Impulsübertrag Q dient zur Darstellung des Streuprozesses unabhängig
von sowohl Wellenlänge λ der eingestrahlten Röntgenphotonen, als auch der Gitterkonstante des
Kristalls. Q ist ein Vektor, dessen Betrag entsprechend Gleichung (5.5) in Relation zum
Streuwinkel θ und dem Müller-Index L steht:
(5.5)
Jeder der Strukturfaktoren des nicht-resonanten Strukturfaktors ist dabei definiert nach Gleichung
(5.6):
(5.6)
(Q) ist der atomare Formfaktor des j’ten Teils der Struktur, ist die Oberflächenbelegung an der
vertikalen Position mit der Breite der Normalverteilung , welche die thermische Schwingung
und die inhärenten Verteilungsbreite zusammenfasst. Diese Temperaturabhängigkeit der Intensität
wird mittels des letzten Exponentialterms mit der Schwingungsamplitude uj durch den Debye-
Waller-Faktor ausgedrückt.
Die resultierende Reflektivität, das Verhältnis der Intensität des reflektierten und eingestrahlten
Röntgenflusses, der CTR-Messungen wird durch die Adsorption von Ionen, Atomen oder
Molekülen an der Grenzfläche (FGrenz) des Minerals beeinflusst. Aus dieser Veränderung der
Reflektivität können Parameter wie vertikale Position, Belegung und Verteilung der
Oberflächenspezies abgeleitet werden. Allerdings kann die Reflektivität zwar aus einer bekannten
Elektronendichte ermittelt werden, im Kehrschluss ist die direkte Berechnung der Elektronendichte
aus der gemessenen Reflektivität auf Grund des Phasenproblems nicht möglich,87
denn die
gemessene Intensität ist direkt proportional dem Betragsquadrat des Strukturfaktors, welcher selbst
eine komplexe Größe ist. Die resultierende Phase des Strukturfaktors an jedem Punkt kann über die
40
Berechnung mittels Reflektivitätsdaten nicht definiert werden, weshalb mehr Datenpunkte
gemessen werden müssen, als für die Berechnung eigentlich notwendig wären. Diese
Überbestimmung ermöglicht die Eingrenzung der Phase, wobei eine Restunsicherheit bleibt.87
Die
Reflektivität eines gegebenen Modells setzt sich dabei entsprechend Gleichung (5.7) zusammen:
(5.7)
re = 2,818 × 10-5
Å ist der klassische Elektronenradius und AUC = 46,72 Å2 entspricht der Fläche der
Einheitszelle der basalen (001) Fläche von Muskovit.
Die Bestimmung der Elektronendichte erfolgt anhand eines parametergestützten,
mathematischen Modells. Dabei beschreiben mehrere Gauß’sche Glockenkurven durch drei
Parameter cj, uj und zj, d.h. die Belegung, die Breite der Normalverteilung und die vertikale Höhe
über der Oberfläche des Atoms j, alle adsorbierten Spezies (Gleichung 5.6). Weitere Parameter
lassen in das Modell die Kristallstruktur, die Rauigkeit und Relaxation der Oberfläche einfließen.88
Anhand der genannten Parameter kann das aus drei Teilen (Substrat, Grenzfläche und Lösungsbulk)
bestehende Elektronendichteprofil erstellt werden. Die Modellierung der Oberflächenstruktur zur
Anpassung an den gemessenen CTR erfolgt nach einem etabliertem Algorithmus.84
Die Struktur des
Lösungsmittels wird durch ein geschichtetes Wassermodell beschrieben. Dabei wird die aus dem
Modell berechnete Elektronendichte durch Variation der genannten Parameter den Messdaten
angepasst. Hierbei kommt eine nicht-lineare Methode der kleinsten Fehler-Quadrate zur
Anwendung, während die Genauigkeit jedes Modells mithilfe eines skalierten χ2-Wertes (Gleichung
5.8) und dem R-Faktor (Gleichung 5.9) validiert wird, wodurch unterschiedliche Modelle
verglichen werden könnnen:
(5.8)
(5.9)
Ik und σk sind die Intensität und die dazugehörige Unsicherheit des k’ten Datenpunktes, Icalc ist die
berechnete Intensität für ein bestimmtes Set von Parametern des Modells, N und Np sind die Anzahl
an Datenpunkten und Parametern die für die Modellanpassung benutzt wurden.
Material & Methoden
41
Die gewählte Energie der Röntgenphotonen muss für die CTR-Messungen so gewählt werden,
dass sie von Energien resonanter Elemente entsprechend weit entfernt ist, um eine Beeinflussung
des gemessenen Signals durch Resonanz zu vermeiden. Mit resonanter Energie ist die
Photonenenergie der verwendeten Röntgenstrahlung gemeint, bei der sich die Absorptionskante
eines Elementes innerhalb der Oberflächenstruktur, befindet. Dieser Beitrag wird bei Energien der
Röntgenstrahlung die entsprechend weit von der Absorptionskante entfernt sind (nicht-resonant)
vernachlässigbar. Dabei übliche Differenzen der Energie zur Absorptionskante sind etwa 1 bis
3 keV.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden CTR-Messungen mit Th, U, Pu und Am durchgeführt. Tabelle
2 zeigt die LIII-Absorptionskanten der jeweiligen Elemente und die Energie bei denen die CTR-
Messungen durchgeführt wurden.
Tabelle 2: LIII-Absorptionskanten (keV) ausgewählter Elemente und Energien der entsprechenden CTR-
Messungen
LIII-Absorptionskante
(keV)
Energie CTR-Messung
(keV)
Th 16,30 18,00
U 17,18 16,00
Pu 18,06 16,00
Am 18,52 16,00
5.2.2 RAXR
Aufbauend auf dem nichtresonanten Formfaktor kann die Variation des atomaren Streufaktors
eines Elements nahe dessen Röntgenabsorptionskante dazu genutzt werden,89
dieser strukturellen
Information eine elementspezifische Sensitivität hinzuzufügen. Dadurch wird die genauere
Lokalisierung und Unterscheidung einzelner Spezies möglich. Der Strukturfaktor für
elementspezifische Teilstrukturen wird durch die Anwendung resonanter Röntgenstreuung nutzbar,
welche durch den atomaren Streufaktor durch Gleichung (5.10) beschrieben wird:90
(5.10)
und
stellen die anormalen Dispersionskorrekturterme des atomaren Formfaktors
dar, der selbst in erster Näherung Energie unabhängig ist. Wobei
nur in der
Nähe einer Absorptionskante eines resonanten Elements von Relevanz sind.
Entsprechend Gleichung (5.11) ist es möglich den Gesamtstrukturfaktor in einen nicht-resonanten
42
und einen resonanten, elementspezifischen Teil aufzugliedern:91,92
(5.11)
Der nicht-resonante Strukturfaktor FNR, aus Gleichung (5.6), ergibt sich hierbei aus der
Gesamtelektronendichte entlang des Impulsübertrags Q orthogonal zur Substratoberfläche, der in
CTR-Messungen ermittelt wird. Der resonante Teil FR des Gesamtstrukturfaktors ist neben dem
Impulsübertrag Q zudem von der Energie E abhängig und entspricht der Summe aller an der
elementspezifischen Absorptionskante angeregten Komponenten j (Gleichung 5.12):
(5.12)
Entsprechend der vorangegangenen Ausführung wird hierbei der nicht-resonante Strukturfaktor
FNR(Q) unabhängig vom resonanten Strukturfaktor FR(Q, E) ermittelt, wobei die CTR-Messung bei
ausreichend weit von der elementspezifischen Absorptionskante entfernter Energie gemessen wird,
sodass die Störung der gemessenen Reflektivität durch die anomale Streuung vernachlässigbar wird.
Die Messung der RAXR-Intensität erfolgt bei ausgewählten Q-Werten, wobei jeder Energiescan bei
konstantem Q durchgeführt werden muss. Ist FNR(Q) bekannt, wird die RAXR-Intensität als
Funktion der einfallenden Röntgenenergie bei fixem Q proportional zum Betragsquadrat von
Gleichung (5.12) komplett durch die Geometrie des resonanten Atoms (cj, zj, uj) und die anomalen
Dispersionsterme ( und
) festgelegt.92
Im Allgemeinen sind die anomalen Dispersionsterme für
alle Spezies eines Systems in erster Näherung gleich. Das heißt, die Bestimmung der anomalen
Dispersionsterme und
kann mittels Kramers-Kronig-Transformation85
eines
zeitgleich aufgenommenen GI-XANES-Spektrums, durchgeführt werden. Die möglichen Formen
der RAXR-Modulationen werden dabei direkt durch und
vorgegeben, wobei Park &
Fenter93
die Übereinstimmung der berechneten Form und der experimentell ermittelten Form zeigen
konnten (Abbildung 11).
Material & Methoden
43
Abbildung 11: Berechnete RAXR-Spektren für verschiedene Positionen des resonanten Atoms, welche
gewählt wurden um die Spektren entsprechender Phasenunterschiede (ΦNR(Q) – ΦR(Q)) zu zeigen. Die
gestrichelten Linien repräsentieren die berechneten RAXR-Spektren mithilfe von Cromer-Liberman
und und die farbigen durchgezogenen Linien stellen die RAXR-Spektren mithilfe von experimentell
ermittelten anomalen Dispersionskorrekturtermen für Sr2+
(aq) (beinhaltet die chemische Signatur von XANES)
dar. Alle Daten sind auf der gleichen absoluten vertikalen Skala dargestellt und die Spektren oszillieren um
|F(Q,E)/FNR(Q)|2 = 1 mit einer einzigartigen Form für jeden Phasenwinkel.
93
Unter dieser Voraussetzung ist es möglich den partiellen resonanten Strukturfaktor so
umzuschreiben, dass die bisherige Q- bzw. E-Abhängigkeit separat betrachtet werden kann
(Gleichung 5.13a-c):
(5.13)
(5.13a)
(5.13b)
Damit ist der elementspezifische partielle Strukturfaktor nicht mehr von E abhängig, sondern
nur noch von der lokalen Struktur des resonanten Atoms. Dies ermöglicht eine alternative
Formulierung durch die Amplitude AR(Q), welche mit der kohärenten Belegungszahl des
resonanten Atoms korreliert ist, sowie die Phase PR(Q), die mit der kohärenten Position des
Elements zusammenhängt.93
Der Zusammenhang zwischen AR(Q) und PR(Q) mit der Belegung cj an
der vertikalen Position mit der Breite der Normalverteilung ist in Gleichung (5.14) dargestellt:
44
(5.14)
Dementsprechend kann jedes RAXR-Spektrum bei konstantem Impulsübertrag Q0 vollständig
mithilfe der zwei Parameter AR(Q0) und PR(Q0) beschrieben werden, solange der nicht-resonante
Strukturfaktor FNR(Q0) und die anomalen Dispersionsterme des resonanten Atoms,
und , bekannt sind. Dabei erfolgt die Erstellung der Strukturmodelle der Oberfläche
äquivalent der Prozedur für CTR aus Kapitel 5.2.1.
5.3 Fluoreszenzspektroskopie
5.3.1 Allgemeines
Photolumineszenz ist der Prozess, bei dem Elektronen eines elektronisch angeregten Zustandes
in den energetisch niedriger gelegenen Grundzustand zurückkehren. Dies geschieht durch spontane
Aussendung von Licht. Dieser Prozess wird manchmal anhand der Lebensdauer (τ) in Fluoreszenz
(τ < 1 µs) und Phosphoreszenz (τ > 1 ms) unterschieden. Diese Unterteilung weist eine Lücke von
drei Größenordnungen auf, deswegen erfolgt alternativ die Einteilung nach der Art der Übergänge.
Als Fluoreszenz werden alle erlaubten Übergänge zwischen Niveaus gleichen Spins bezeichnet und
als Phosphoreszenz solche mit Spinwechsel (ΔS ≠ 0, intersystem crossing).94
Beide Prozesse starten durch Absorption von Licht und dem daraus resultierenden Übergang der
Elektronen in einen angeregten Zustand. Dieser führt entweder direkt zur Lichtemission oder zu
einer strahlungslosen Relaxation in ein niederenergetisches Niveau innerhalb des elektronisch
angeregten Zustandes. Von diesem ausgehend findet die Fluoreszenzemission in den
(schwingungsangeregten) elektronischen Grundzustand statt. Es gilt aufgrund der Energieerhaltung
λEmission > λAbsorption, die Energiedifferenz Δλ wird als Stokes-Shift bezeichnet.95
Im Unterschied zur
Fluoreszenz beinhaltet die Phosphoreszenz einen Übergang bei dem sich die Multiplizität ändert
(Interkombination). Dieser Übergang erfolgt entweder durch intersystem crossing, während der
strahlungslosen Relaxation, oder durch direkte resonante Anregung eines Energieniveaus mit
unterschiedlichem Spin. Da der Übergang in den elektronischen Grundzustand nun spinverboten ist,
erfolgt er langsamer als bei der Fluoreszenz und wird nur möglich, wenn durch das Ligandenfeld
(bspw. dessen Symmetrie) die Auswahlregeln abgeschwächt werden. Deswegen sind unter Kenntnis
der elektronischen Zustände und quantenmechanischer Auswahlregeln Rückschlüsse auf die
chemischen Eigenschaften des lumineszierenden Stoffes aus einem Lumineszenzspektrum möglich.
Material & Methoden
45
Die Intensität eines (Fluoreszenz-) Überganges wird durch zwei Anteile bestimmt: Den
induzierten elektrischen (PED) und magnetischen Dipolübergang (PMD). Die Oszillatorstärke kann
entsprechend Gleichung (5.15) berechnet werden:
(5.15)
Wobei es sich bei NA um die Avogadrosche Zahl und bei e um die Elementladung handelt.
beschreibt den molaren Extinktionskoeffizienten einer Spezies bei der Energie . Magnetische
Dipolübergänge liefern wenig chemische Informationen, können aber als interner Standard genutzt
werden. Als hypersensitive Übergänge bezeichnet man elektrische Dipolübergänge, die besonders
stark durch die chemische Umgebung des Ions beeinflusst werden. Die Ursache hierfür liegt darin,
dass für elektrische Dipolübergänge das Laporte- oder Paritätsverbot gilt, d.h. Übergänge gleicher
Parität (z.B. f-f-Übergänge) sind nicht zugelassen. Jedoch kann dieses Verbot durch die
Beimischung von Zuständen entgegengesetzter Parität umgangen werden, wie es bei der
Koordination mit Liganden und der daraus folgenden Verringerung der Symmetrie der Fall ist.
Diese Änderung des Ligandenfeldes hat dann einen besonders starken Anstieg der
Fluoreszenzintensität zur Folge.
Cm(III) und Eu(III), als Vertreter der f-Elemente, zeigen sehr gut nutzbare
Fluoreszenzeigenschaften. Im Falle von Eu(III) ist die Abschirmung der 4f-Elektronen durch die
gefüllte 5s- und 5p-Schalen relativ stark (Abbildung 12), dennoch können Unterschiede in
Anregungs- bzw. Emissionsspektren für eine quantitative Auswertung genutzt werden. Der Einfluss
des Ligandenfeldes auf die Bandenpositionen fällt hier allerdings gering aus. Die typischen
Kristallfeldaufspaltungen von 100 bis 1000 cm-1
sind bei Raumtemperatur und durch die Kopplung
mit Schwingungsübergängen in Lösung kaum auflösbar. Aufgrund der größeren radialen
Ausdehnung des 5f-Orbitals (Abbildung 12), sind diese weniger stark durch die 6s- und 6p-Orbitale
abgeschirmt. Dadurch reagieren die Übergänge von Cm(III) deutlich sensitiver auf Einflüsse des
Ligandenfeldes.
46
Abbildung 12: Vergleich der Radialverteilung der Elektronen am Beispiel von Nd3+
(4f) und U3+
(5f)96
5.3.2 Zeitaufgelöste laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie (TRLFS)
Die Lumineszenzeigenschaften der f-Elemente werden bei der zeitaufgelösten laserinduzierten
Fluoreszenzspektroskopie (Time-Resolved Laser-Induced Fluorescence Spectroscopy, TRLFS)
ausgenutzt. Mit TRLFS sind Aussagen über die chemische Umgebung der Fluoreszenzsonde
insbesondere des Hydratationszustandes möglich. Die Speziationsempfindlichkeit für Eu und Cm
liegt bei 10-7
M bzw. 10-9
M in HClO4.97
Durch diese hohe Empfindlichkeit ist die Aufklärung von
Sorptionsmechanismen der Actiniden an Mineralgrenzflächen mit endlagerrelevanten
Konzentrationen möglich. Europium dient hier als Analog für dreiwertige Actiniden aufgrund
seiner hervorragenden Fluoreszenzeigenschaften und den dreiwertigen Actiniden sehr ähnlichen
chemischen Eigenschaften.
Material & Methoden
47
In dieser Arbeit wurden drei verschiedene Übergänge zur Anregung genutzt. Angeregt wird im
ultravioletten (UV) Spektralbereich in der jeweils stärksten Absorptionsbande bei 394,0 nm für Eu
und 396,6 nm für Cm, nach einer strahlungslosen Relaxation findet die Emission mittels folgender
Übergänge statt: 5D0 →
7FJ (Eu) und
6D7/2 →
8S7/2 (Cm). Dadurch wird eine hohe
Emissionsausbeute erreicht, jedoch ist durch die unspezifische Anregung aller Spezies im System,
eine einzelne Bestimmung verschiedener Spezies nur durch mathematische Entfaltung der
gewonnen Daten möglich. Deswegen wurde mit Eu zusätzlich die Direktanregung in das
emittierende Niveau (5D0) durchgeführt (Site-selektive TRLFS). Dabei werden die strahlungslosen
Relaxationsprozesse umgangen und die einzelnen Spezies können direkt angeregt und
charakterisiert werden. Dafür werden die Proben auf < 20 K gekühlt, wodurch die thermischen
Schwingungen aufgrund der Nähe zum absoluten Nullpunkt unterdrückt werden und es nicht zur
Überlagerung der angeregten Übergänge und Emissionsbanden der Spezies kommt.
5.3.3 Europium(III)-Fluoreszenz
Die Übergänge 5D0 →
7FJ des Eu(III) sind ein Phosphoreszenzprozess mit Änderung der
Spinmultiplizität, jedoch wird in der Literatur meist von Fluoreszenz gesprochen, diese
Nomenklatur wird hier ebenfalls verwendet.
Die indirekte Anregung des Eu(III) erfolgt im UV-Bereich in das 5L6-Niveau (siehe Abbildung
13 links oben). Darauf folgt strahlungslose Relaxation in das 5D0-Niveau, aus welchem die
Lumineszenzübergänge in die verschiedenen angeregten Energieniveaus des elektronischen
Grundzustandes 7FJ (mit J = 0 - 6) stattfinden. Wie schon erwähnt führt diese Art der Anregung zur
gleichzeitigen Anregung der verschiedenen Spezies, deswegen wird bei der site-selektiven
Anregung direkt in das 5D0-Niveau eingestrahlt. Dabei ist es von Nutzen, dass es sich bei dem
Übergang 7F0 nach
5D0 um einen (J = 0)-(J = 0)-Übergang handelt, beide beteiligten Niveaus also
keine Entartung aufweisen. Das heißt, dass für jede angeregte Spezies genau eine Bande existiert
und sich somit die Anzahl der im System vorhandenen Spezies einfach ableiten lässt. Dafür wird
der Bereich des Überganges von 575 bis 583 nm, mit einem durchstimmbaren Laser angeregt, die
entsprechenden Emissionsspektren werden integriert und in Abhängigkeit von der
Anregungswellenlänge in einem so genannten Anregungsspektrum dargestellt (siehe Abbildung 13
rechts oben).
In den Emissionsspektren werden unabhängig von der Anregungswellenlänge die Übergänge
von 5D0 →
7FJ betrachtet. Beim Emissionsspektrum (siehe Abbildung 13 links unten) des
Europiums sind vor allem die Übergänge nach 7F1 und
7F2 von Bedeutung. Bei der
7F1-Bande
48
handelt es sich um einen magnetischen Dipolübergang, der in seiner Intensität unabhängig vom
Ligandenfeld ist. Im Gegensatz dazu ist die 7F2-Bande hypersensitiv, da hier ein elektrischer
Dipolübergang vorliegt. Änderungen des Ligandenfeldes führen zu starken Änderungen der
Intensität dieser hypersensitiven Bande. Das Verhältnis der Intensitäten 7F2/
7F1 gibt also Auskunft
über den Komplexierungsgrad des Europiums. Bei entsprechender Auflösung kann eine
Aufspaltung der 7FJ-Übergänge in maximal 2J+1 Banden beobachtet werden. Generell ist das
Aufspaltungsmuster von 7F1- und
7F2-Bande (siehe Abbildung 13 rechts unten) nutzbar für die
Einordnung polykristalliner Proben in eine Symmetriegruppe (siehe Tabelle 3), denn die
Symmetriegruppen korrelieren mit der Entartung der einzelnen J-Level. Hierbei ist eine hohe
Symmetrie mit einem hohen Entartungsgrad gekoppelt und weist damit eine geringe Aufspaltung
auf. Aufgrund der thermischen Verbreiterung der Banden lassen sich die Aufspaltungsmuster i. A.
nur bei Tieftemperatur analysieren.98
Abbildung 13: (Links oben) Darstellung der elektronischen Übergänge bei direkter und indirekter Anregung
und anschließender Lumineszenz des Eu3+
. (Links unten) Emissionsspektren des Eu nach Sorption an
Muskovit bei unterschiedlichen pH-Werten nach indirekter Anregung. (Rechts) Anregungsspektrum eines Eu-
dotierten Calcits (oben) und die entsprechenden Emissionsspektren nach Direktanregung (unten) (nach
Hofmann 2015).99
Material & Methoden
49
Tabelle 3: Bestimmung von Symmetriegruppen anhand der Aufspaltungsmuster der einzelnen Banden100
Symmetrie Aufspaltung
Punktgruppen J = 0 1 2 3 4
Ikosaeder 1 1 1 2 2
Kubisch 1 1 2 3 4 Oh, O, Td, Th, T
Hexagonal 1 2 3 5 6 D6h, D6, D6v, D3h, D3d, D3, C3v, C3i, C3
Pentagonal 1 2 3 4 5 D5h, C5h, C5v, C5, D5
Tetragonal 1 2 4 5 7 D4h, D4, C4v, C4h, C4, D2d, S4
Gering 1 3 5 7 9 D2h, D2, C2h, Cs, S2, C1, Ci
Zwischen dem Grundzustand des ersten angeregten elektronischen (5D0) und dem Grundzustand
(7F6) von Eu(III) existiert eine energetische Lücke von ca. 12000 cm
-1.101
Diese große Energielücke
kann durch strahlungslose Relaxation nur durch hochenergetische Schwingungen überbrückt
werden. Mögliche Schwingungen sind die der O-H- (~ 3500 cm-1
), N-H- (~ 3200 cm-1
) oder D-O-
Bindung (~ 2500 cm -1
). Wenn Eu(III) mit Wassermolekülen koordiniert ist, findet
dementsprechend die Überbrückung der Energielücke durch die O-H-Oberschwingungen statt.
Dadurch wird die Abklingzeit der Fluoreszenz bei Anwesenheit von Wassermolekülen in der ersten
Koordinationssphäre verringert (Quenching). Das Eu(III)-Aquoion zeigt eine Lebensdauer von
110 µs. In D2O erhöht sich die Lebensdauer auf ~ 1700 µs, da die O-D-Schwingung energetisch
deutlich niedriger liegt, es also noch höhere Oberschwingungen benötigt, um die Energie der
angeregten Elektronen abzuführen. Aufgrund dieser Tatsache konnte Horrocks und Sudnick
(Gleichung 5.16) den Quencheffekt bei Eu durch koordinierte Wassermoleküle empirisch
ermitteln:102,103
(5.16)
Die Lebenszeiten der Europiumfluoreszenz lassen somit Rückschlüsse auf die Anzahl der
Wassermoleküle in der ersten Koordinationssphäre zu, wodurch Aussagen über Komplexierung mit
anderen Liganden möglich sind, welche die Fluoreszenz nicht quenchen. Dies kann bei der
Charakterisierung der Sorption von Europium an Mineraloberflächen ausgenutzt werden. Hierbei
unterscheiden sich OS-Komplexe hinsichtlich ihrer Lebensdauer nicht vom gelösten Aquoion. Wird
ein Teil der Hydrathülle durch die Komplexierung mit Oberflächengruppen des Minerals ersetzt,
bildet sich also ein IS-Komplex, kann dies anhand der verlängerten Lebenszeiten nachgewiesen
50
werden. Wenn die komplette Hydrathülle fehlt, kann von einem Oberflächenpräzipitat oder dem
Einbau in die Mineralphase ausgegangen werden.
Neben Quencheffekten hervorgerufen durch die erste Koordinationssphäre des Eu selbst, können
diese ihre Ursache zudem in Energietransfer auf in der Nähe befindliche Übergangsmetalle haben,
die Bestandteil der Minerale sind, v.a. Eisen. Der Eisenanteil in natürlichen Mineralen kann sich
dabei stark unterscheiden, Richter9 bestimmte zum Beispiel für Muskovit 3 % und für Orthoklas
0,05 %. Durch Eisen hervorgerufenes Quenchen kann statisch oder dynamisch sein. Statisches
Quenchen erfolgt bei einer Fe-O-Eu-Bindung und führt zur vollständigen Löschung der
Fluoreszenz. Dynamischen Quenchen kann entlang von Fe-O-Al-O-Eu o. ä. erfolgen, wenn das
Eisen in Alumotetraedern vorliegt und verringert dadurch die Fluoreszenzquantenausbeute.104
Hartmann et al. stellten fest, dass die Quantenausbeute dieser Quenchprozesse nicht nur abhängig
vom Eisengehalt sind, sondern vor allem auch der Abstand zum Eu eine große Rolle spielt. Daraus
ergibt sich eine Vielzahl möglicher Lebenszeiten in Abhängigkeit vom Abstand zu einem
Eisenatom für ein und dieselbe Europiumspezies.
5.3.4 Curium(III)-Fluoreszenz
Curiums reagiert sensitiver auf Änderungen der chemischen Umgebung als Europium, d. h. es
kommt zu größeren Bandenverschiebungen. Die Ursache hierfür liegt in der geringeren
Abschirmung der 5f-Elektronen durch die 6s- und 6p-Orbitale sowie ihrer größeren räumlichen
Ausdehnung. Die Elektronenkonfiguration des Cm(III)-Ion ist [Rn]5f7, der Grundzustand ist somit
nominell 8S7/2, durch die starke Spin-Bahn-Kopplung werden jedoch noch andere Zustände
beigemischt, v. a. 6P7/2. Das Absorptionsspektrum des Cm(III)-Aquoions (siehe Abbildung 14) zeigt
die alphabetisch benannten f-f-Übergänge. Der Grundzustand wird mit Z bezeichnet, die
intensivsten Übergänge (H, G und F) liegen im UV-Bereich zwischen 375,4 und 396,6 nm. Bei der
indirekten Anregung wird üblicherweise bei 396,6 nm (F) eingestrahlt, von hier erfolgt die
strahlungslose Relaxation in den A-Zustand aus dem die Lumineszenz erfolgt.
In der Curium(III)-Spektroskopie wird die Spektralbande des Übergangs 6D7/2 →
8S7/2 betrachtet,
welche sich aufgrund des nephelauxetischen Effekts relativ zum Aquoion bathochrom verschiebt
(siehe Abbildung 15 rechts). Im Allgemeinen führt die Komplexierung mit stärkeren Liganden zu
einer stärkeren Rotverschiebung.97,107
Diese Verschiebungen lassen bei indirekter Anregung bei
396,6 nm die Unterscheidung verschiedener Spezies zu.
Material & Methoden
51
Abbildung 14: Absorptionsspektrum des Cm3+
in 1 M HClO4 (links),105
optisches Spektrum des Aquoions
und die energetischen Zustände des freien Ions (rechts).106
Für das Aquoion [Cm(H2O)9]3+
erfolgt die Emission bei 593,8 nm. Auch bei Cm kann die
Energielücke (~ 17000 cm-1
) zwischen Grundzustand des ersten angeregten elektronischen Zustands
und Grundzustand (6D7/2 →
8S7/2)
108 durch O-H-Quenching überbrückt werden (siehe Abbildung 15
links). Für den Zusammenhang zwischen koordinierten Wassermolekülen und der
Fluoreszenzlebensdauer ermittelte Kimura folgende empirische Gleichung (5.17):103
(5.17)
Abbildung 15: (Links) Darstellung der elektronischen Übergänge bei indirekter Anregung und anschließender
Lumineszenz des Cm3+
. (Rechts) Rotverschiebung des Cm3+
Fluoreszenzemissionssignals bei verschiedenen
Sorptionsspezies mit zunehmender Stärke des Ligandenfeldes an Orthoklas relativ zum Aquoion.
52
5.3.5 Verwendete Lasersysteme
Die Anregung erfolgt sowohl für die indirekte als auch für die direkte Anregung mit gepulster
Laserstrahlung der entsprechenden Wellenlänge. Die Zeit zwischen den einzelnen Laserpulsen
(50/100 ms) ist ausreichend um die Fluoreszenz komplett abklingen zu lassen. Die Möglichkeit der
zeitaufgelösten Messung ergibt sich aus der Steuerung der Verzögerung zwischen Laserpuls und
Beginn der Messung an der CCD-Kamera. Vor der Kamera befindet sich ein Polychromator, der
das eintreffende Signal durch ein optisches Gitter spektral aufteilt und so die Anteile der einzelnen
Wellenlängenbereiche unterscheidbar macht.
Die Messungen mit indirekter Anregung erfolgte mit einem gepulsten Nd:YAG-OPO System
(Powerlite Precision II 9020 Laser gekoppelt mit einem PANTHER EX OPO von Continuum). Zur
Verwendung kam ein Spektrograph (Oriel MS257 von Newport) mit drei Polychromatoren mit 300,
600 und 1200 mm-1
Linien sowie eine CCD-Kamera (ANDOR iStar 734), deren CCD-Sensor auf –
15°C gekühlt wird, um thermisches Rauschen zu vermindern. Die statistischen Messungen
erfolgten 1 µs nach Laserpuls für 1 ms. Die Anregungswellenlänge für Eu betrug 394 nm, für Cm
396,6 nm. Die Proben befanden sich in Quarzküvetten mit einer Pfadlänge von 10 mm und wurden
kontinuierlich gerührt, um eine Sedimentation zu verhindern.
Für die site-selektive Anregung kam ein gepulster Nd:YAG-Laser (Continuum SureLiteII) mit
einem durchstimmbaren Farbstoffsystem (Radient Dyes Narrow Scan K) zur Anwendung. Auch
hier ist vor der iCCD-Kamera (Andor iStar 734, Sensor gekühlt auf – 30°C) ein Spektrograph
(Andor SR303i) mit 300, 600 und 1200 mm-1
Polychromatoren eingesetzt. Im Farbstofflaser
verwendete Farbstoffe sind Pyrromethene 580 für Eu sowie Rhodamine B und Sulforhodamine für
Cm (Radiant Dyes). Für die Energiekorrektur der Anregungsspektren wurde ein optisches
Energiemeter verwendet (Newport 1918-R). Die am Farbstofflaser eingestellte Wellenlänge wurde
über ein Wellenlängenmessgerät kontrolliert (High Finesse WS-5). Die Proben befanden sich
während der Messung in einem Kupferprobenhalter und wurden in einem He-Kryostaten
(Cryophysics) unter Hochvakuum (10-7
bis 10-6
mbar) auf unter 20 K gekühlt.
5.4 Weitere Methoden
5.4.1 GI-XANES
Röntgen-Absorptionsspektroskopie (GI-XANES - Grazing incidence X-ray absorption near-edge
structure) wurde im Rahmen dieser Arbeit dazu verwendet, den Oxidationszustand der
Radionuklide an der Oberfläche des Kristalls zu ermitteln und die anomalen Dispersionsterme
und für die RAXR-Auswertung zu bestimmen (siehe Kapitel 5.2.2). Grundlage dieser Methode
Material & Methoden
53
ist die Anhebung kernnaher Elektronen in einen unbesetzten höher-energetischen Zustand durch die
Absorption eines Röntgenquants. Sollte die Energie des Röntgenquants hoch genug sein um ein
Elektron entsprechend anzuregen, steigt die Röntgenabsorption sprunghaft an. Diese Position wird
als Absorptionskante bezeichnet. Durch die Auswertung der XANES-Spektren, ist es möglich
anhand von Referenzen den Oxidationszustand des angeregten Atoms zu bestimmen. Im Falle der
Actinyle zeigt sich zudem eine Schulter, die auf Streuung an den Sauerstoffen des AnO2+/2+
Molekülkations zurückzuführen ist. In den Spektren von An3+/4+
taucht solch eine Schulter somit
nicht auf.
Da die Bulklösung für die durchgeführten Experimente nicht von Interesse ist, wurden die
XANES-Messungen mit streifendem Einstrahlwinkel (engl. grazing incidence) durchgeführt.
Hierbei wird der Einfallswinkel α so gewählt, dass dieser geringfügig kleiner als der kritische
Winkel αkrit des Substrates Muskovit ist (α = 0,1° im Vergleich dazu αkrit = 0,11° bei 18 keV).
Dementsprechend gewählte Einfallbedingungen des Röntgenstrahls sorgen für eine Verstärkung des
Oberflächensignals durch das Auftreten des Effekts der „stehenden Röntgenwelle“ („X-ray standing
wave“, XSW),109
während Beiträge des Wasserbulks zum Signal unterdrückt werden.110
Nichtsdestotrotz ist GI-XANES nicht oberflächenspezifisch, weshalb Einflüsse auf das Signal durch
den Lösungsbulk zwar unterdrückt sind, aber weiterhin auftreten, z. B. durch Absorption von
Röntgenstrahlen durch Ionen der Lösung. Zudem ist der Bereich über der Oberfläche, welcher in
das Messergebnis einfließt, für XSW deutlich größer als für SXS (µm vs. Å).
5.4.2 Spezifische Oberfläche (BET)
Die spezifische Oberfläche eines Minerals beeinflusst die Sorption, durch die Anzahl der
verfügbaren Sorptionsstellen. Die Ermittlung der spezifischen Oberfläche erfolgte durch
Bestimmung der Stickstoff-Physisorptionsisothermen und die Auswertung nach der Methode von
Brunauer, Emmett und Teller (BET). Sie beträgt für die Pulver der Minerale Muskovit und
Orthoklas der Korngröße < 63 µm, 9,9 m2/g bzw. 4,2 m
2/g. Muskovit wurde bei 100°C 480 Minuten
lang und Orthoklas bei 150°C 180 Minuten lang aktiviert. Es wurde eine Quantachrome Nova
Station A verwendet.
54
6 Ergebnisse & Diskussion
6.1 Der Einfluss von Hintergrundelektrolyten auf das Sorptionsverhalten von
Thorium an der basalen (001) Fläche von Muskovit
Das Sorptionsverhalten eines Stoffes an einer Mineraloberfläche wird durch viele verschiedene
Parameter beeinflusst (siehe Kapitel 3.2). Einer dieser Parameter ist der Hintergrundelektrolyt. Er
soll die Ionenstärke I konstant einstellen, sodass Änderungen der Aktivität durch die
Sorptionsreaktion vernachlässigbar sind und die Reaktion nicht anderweitig beeinflussen.
Dementsprechend sollte nur die Konzentration bzw. Ionenstärke des Hintergrundelektrolyts, nicht
aber seine Zusammensetzung, von Bedeutung sein. Bei konstanter Konzentration des
Hintergrundelektrolyts und gleicher Ladung seiner Komponenten soll das Komplexierungs- und
Konkurrenzverhalten ebenfalls konstant bleiben.
Um den Einfluss des Hintergrundelektrolyts auf das Sorptionsverhalten zu erforschen, wurde die
Sorption von ThIV
([Th] = 0,1 mM) an der Basalfläche von Muskovit unter sauren Bedingungen
(pH 3,2 - 3,5) in Gegenwart verschiedener Elektrolyte (NaClO4, KClO4 und LiClO4) untersucht.
Tabelle 4 stellt einen Überblick der untersuchten Systeme dar:
Tabelle 4: Lösungsbedingungen der Thorium-Proben und Unterschiede in deren Oberflächenbelegungen
(θ in Th/AUC) zwischen RAXR und alpha-spektrometrischen Messungen
Systemname Elektrolyt pH I (M) θ (Th/AUC)
Alpha
θ (Th/AUC)
RAXR
Th-NaCl*
Th-NaClO4
Th-loNaClO4
Th-LiClO4
Th-KClO4
Th-ClClO4
NaCl
NaClO4
NaClO4
LiClO4
KClO4
NaCl/NaClO4
3,2
3,2
3,2
3,5
3,5
3,2
0,1
0,1
0,01
0,1
0,1
0,1
0,15 ± 0,02
< d.l.**
< d.l**
1,6 ± 0,3
< d.l**
0,4
< d.l. ***
0,04
4,9
0,07
*Schmidt et al. (2012)1
**Detektionslimit ~ 0,1 Atome/AUC
***Detektionslimit 0,01 Atome/AUC
Als Referenzsystem soll dabei die zuvor von Schmidt et al.1 charakterisierte Sorption von
Thorium an Muskovit mit dem Hintergrundelektrolyt Natriumchlorid (NaCl) dienen
([Th] = 0,1 mM, [NaCl] = 0,1 M, pH = 3,2). Bei der Spezies des Referenzsystems handelt es sich
Ergebnisse & Diskussion
55
um einen breit verteilten Extended-OS-Komplex mit einem Verteilungsmaximum bei 10,1 Å
vertikalem Abstand zur (001)-Oberfläche von Muskovit. Die ermittelten Oberflächenbelegungen
betragen 0,15 ± 0,02 Th/AUC (Alpha-Spektrometrie) bzw. 0,40 ± 0,07 Th/AUC (RAXR), wobei der
Unterschied auf den Waschprozess78
der Probe und die damit verbundene teilweise Desorption
(Kapitel 6.1.3) schwächer gebundener Speziesanteile zurückzuführen ist. Der untere Bereich von
Abbildung 16 zeigt die gesamte Elektronendichte des Muskovits und der assoziierten Lösung als
Funktion der Höhe über der Mineraloberfläche, wobei der elementspezifische Anteil der
Elektronendichte in blau dargestellt ist. Zur Verdeutlichung sind im oberen Bereich der Abbildung
die Schichtstruktur des Muskovits sowie die Lösung schematisch dargestellt.
Abbildung 16: Grenzflächenstruktur des Referenzsystems Th-NaCl.1 Das EDtot-Profil (schwarze Linie) wurde
durch CTR-Messungen und die Verteilung der Th-Elektronendichte (blaue Fläche, hellblau ist der Fehler der
ED) wurde durch RAXR-Messungen ermittelt. Die ED ist mit der vom Lösungsbulk ρ normalisiert, ρ
(Lösungsbulk) = 0,33 e-/Å
3. Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å
definiert. Zum Zwecke der Illustration ist im oberen Teil der Abbildung eine schematische Repräsentation der
Spezies die zur beobachteten ED beitragen, gezeigt (violette Tetraeder: SiO4, blaue Oktaeder: AlO6, rote
Kugeln: O, weiße Kugeln: H, grüne Kugeln: Th). Die schattierten Bereiche sollen die erste und die zweite
Hydratationssphäre des Th(IV) hervorheben.
56
Um den Einfluss des Anions des Hintergrundelektrolyts auf das Sorptionsverhalten von Th zu
untersuchen, wurde das Referenzsystem mit dem System Th-NaClO4 verglichen. Die Messung
wurde bei zwei Konzentrationen des Hintergrundelektrolyts durchgeführt (Th-loNaClO4), um einen
Einfluss der Ionenstärke auf den im Th-NaClO4-System beobachteten Effekt zu untersuchen. Der
Vergleich der Systeme Th-NaClO4, Th-LiClO4 und Th-KClO4 hingegen soll dazu dienen, den
Einfluss des Kations des Hintergrundelektrolyts auf das Sorptionsverhalten von Th zu ermitteln.
6.1.1 Thorium-Natriumperchlorat im Vergleich mit Thorium-Natriumchlorid
Die Oberflächenbelegung im Th-NaClO4-System ([Th] = 0,1 mM, [NaClO4] = 0,1 M, pH = 3,2)
auf der basalen Fläche von Muskovit wurden zunächst mittels Alpha-Spektrometrie bestimmt,
wobei keine Belegung oberhalb des Detektionslimits von ~0,1 Th/AUC festgestellt werden konnte.
Das Ergebnis zeigt also bereits einen deutlichen Kontrast zum Referenzsystem Th-NaCl, bei
welchem eine Oberflächenbeladung von 0,15 ± 0,02 Th/AUC mittels Alpha-Spektrometrie ermittelt
wurde (siehe Tabelle 4).
Strukturelle Informationen aus der CTR-Messung bestätigen die Ergebnisse der Alpha-
Spektrometrie. Das Elektronendichteprofil (EDtot) des Systems Th-NaClO4 zeigt in vertikaler
Richtung zwei Peaks mit einer Entfernung von 2,5 und 4,0 Å zur Muskovitoberfläche (siehe
Abbildung 17). Zusätzlich ist eine weitere Struktur mit einem Maximum bei 11,7 Å vorhanden.
Dieser dritte Peak hat eine breite Verteilung (~ 10 Å), die Elektronendichte ist aber sehr gering und
hebt sich nur minimal von der Elektronendichte des Wassers ab. Abbildung 18 zeigt ausgewählte
RAXR-Scans des Th-NaClO4-Systems bei unterschiedlichem Impulsübertrag (Q), im Vergleich zu
RAXR-Scans des Th-NaCl-Systems bei denselben Q-Werten. Keine der Messungen mit NaClO4 als
Hintergrundelektrolyt zeigt Modulationen, dies bedeutet, es befindet sich kein Thorium an der
Muskovitoberfläche, was mit den Alpha-Messungen übereinstimmt. Die Änderung des verwendeten
Anions, von Cl- zu ClO4
-, führt also zu einer drastischen Reduktion der Th Sorption an der
Basalfläche von Muskovit.
Ergebnisse & Diskussion
57
Abbildung 17: EDtot-Profile der verwendeten Hintergrundelektrolyte mittels CTR gemessen. Die Graphen
sind aus Gründen der Übersichtlichkeit mit einem Offset versehen und entsprechend des Systems benannt.
Die ED ist mit der vom Lösungsbulk ρ normalisiert, ρ(Wasser) = 0,33 e-/Å
3. Die gestrichelte schwarze Linie
zeigt das Niveau der Elektronendichte des Lösungsbulks. Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von
Muskovit ist als z = 0 Å definiert. Anhang A6 und A7 zeigen die Parameter die Best-Fit Modelle für die
CTR-Daten aus Abbildung 17.
58
Abbildung 18: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der basalen (001) Fläche von
Muskovit der Systeme Th-NaCl (links) und Th-NaClO4 (rechts). Jedes Spektrum gibt die Variation der
Reflektivität als Funktion der Photonenenergie, E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1
), wieder. Die
Spektren sind auf den nicht-resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|
2, wobei Ftot und FNR jeweils
dem gesamten und dem nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung
wegen sind die Spektren mit einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die blaue Linie
zeigt die berechneten Intensitäten des am besten passenden Modells, wohingegen die grün, gestrichelte Linie
aus der modellunabhängigen Analyse resultiert und als Orientierung dienen soll. Anhang A8 zeigt die
Parameter des Best-Fit Modells der RAXR-Daten des Th-LiClO4-Systems.
6.1.2 Thorium-Natriumperchlorat bei niedrigerer Konzentration (Th-loNaClO4)
Zur Überprüfung, welchen Einfluss die Konzentration des Hintergrundelektrolyts hat, wurde diese
im Th-loNaClO4-System um den Faktor 10 gegenüber der Konzentration im Th-NaClO4-System
verringert und beträgt 0,01 M (Tabelle 4). Die anhand von CTR-Messungen ermittelte
Oberflächenstruktur unterscheidet sich nicht in der Position der Peaks vom Th-NaClO4 System,
allerdings weist der oberflächennächste Peak im Th-loNaClO4 System eine geringfügig höhere
Elektronendichte auf (5,8 ± 0,3 Weq gegenüber 4,1 ± 0,4 Weq).
Mittels Alpha-Spektrometrie konnte wiederum kein adsorbiertes Th oberhalb der Nachweisgrenze
detektiert werden (Tabelle 4). Aufgrund der höheren Sensitivität der SXS und dadurch, dass die
Messungen in situ durchgeführt werden, konnte mittels RAXR-Messungen hingegen eine
Oberflächenbelegung von ~ 0,04 Th/AUC ermittelt werden. Die Modulationen sind sichtbar (siehe
Abbildung 19), konnten allerdings lediglich zur Abschätzung der Oberflächenbelegung genutzt
werden.
Ergebnisse & Diskussion
59
Abbildung 19: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der (001) Fläche von Muskovit
des Systems Th-loNaClO4. Jedes Spektrum gibt die Variation der Reflektivität als Funktion der
Photonenenergie, E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1
), wieder. Die Spektren sind auf den nicht-
resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|
2, wobei Ftot und FNR jeweils dem gesamten und dem
nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung wegen sind die Spektren mit
einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die grüne, gestrichelte Linie soll dem Auge als
Führung dienen.
6.1.3 Austausch Experiment NaCl/NaClO4
Dieses Experiment soll überprüfen, ob sich der Effekt des ClO4--Anions auch auf bereits
adsorbiertes Th(IV) auswirkt, oder ob er nur während des Sorptionsprozesses wirksam wird. Hierfür
wurde zunächst das Experiment von Schmidt et al.1 wiederholt. D. h. die Sorptionsreaktion wurde
an der Basalfläche von Muskovit im Hintergrundelektrolyt NaCl (0,1 M) und einer Th-
Konzentration von 0,1 mM untersucht. Die ermittelten RAXR-Scans beider Experimente sind in
Übereinstimmung (siehe Abbildung 20).
Im direkten Anschluss folgte das fortführende Desorptionsexperiment, wobei dieselbe Probe mit
einigen mL NaClO4-Lösung ohne enthaltenes Th gespült und für einen Zeitraum von 8 h in Kontakt
gehalten wurde. Nach 1 h Reaktionszeit konnte eine Abnahme der Amplitude des RAXR-Signals
der niedrigen Q-Werte (Q = 0,15 - 0,38 Å) um ~ 30 % beobachtet werden. Acht Stunden nachdem
60
die Probe mit NaClO4 gespült wurde, ist die Amplitude des niedrigsten Q-Wertes weiterhin
unverändert, während ansonsten mit steigendem Q-Wert deutlich geringere Amplituden beobachtet
wurden.
Abbildung 20: RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen an der (001)-Oberfläche von Muskovit der
Th-NaClClO4 Probe zu verschiedenen Zeitpunkten. Jedes Spektrum zeigt die Veränderung der Reflektivität
als Funktion der Photonenenergie, E, bei verschiedenen Impulsüberträgen, Q (Å-1
), wie angegeben. Die
Spektren sind auf den nicht-resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|
2, wobei Ftot und FNR jeweils
dem gesamten und dem nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert und mit einem in Klammern
angegebenen Offset versehen.
6.1.4 Der Anioneneffekt
Der direkte Vergleich der Systeme Th-NaCl und Th-NaClO4, die sich nur im Anion des
Hintergrundelektrolyts unterscheiden, zeigt einen drastischen Effekt auf die Sorption von Th(IV).
Die Sorption von Th auf Muskovit wird durch den scheinbar geringen Wechsel vom Anion des
Referenzsystems, Cl- zu ClO4
-, offenbar effektiv unterdrückt. Dennoch unterscheidet sich die
beobachtete Struktur gegenüber jener in Abwesenheit von Th.111
Die Peak-Positionen sind im
Gegensatz zur Na+-Adsorptionsstruktur in Abwesenheit von Thorium zu größeren Abständen zur
Oberfläche verschoben.111
Lee et al. beobachteten die erste und zweite Wasserschicht bei ~1,5 &
2,5 Å, wobei diese im Th-NaClO4 System bei ~2,5 & 4,0 Å liegen. Hierbei ist allerdings zu
erwähnen, dass die Experimente von Lee et al.111
bei einer niedrigeren Konzentration des
Hintergrundelektrolyts (3 × 10-2
M) sowie bei höherem pH-Wert (pH 5,7) durchgeführt wurden. Die
strukturellen Unterschiede könnten durchaus auch durch diese unterschiedlichen experimentellen
Bedingungen begründet sein. Zusätzlich ist im Th-NaClO4-System eine breite Struktur mit
Ergebnisse & Diskussion
61
Maximum bei einer Sorptionshöhe von 11,7 Å zu sehen. Wenn auch sehr schwach ausgeprägt,
befindet sich diese Struktur dennoch in einer vergleichbaren Sorptionshöhe mit dem Extended-OS-
Komplex des Th im Referenzsystems Th-NaCl (10,1 Å). Sollte es sich dabei um Th handeln, so
wäre die Menge adsorbierten Th allerdings sehr gering.
Das durchgeführte Austauschexperiment konnte zeigen, dass die Desorption von Th durch den
Wechsel des Hintergrundelektrolyts von NaCl zu NaClO4 stattfindet. Nach 1 h Reaktionszeit mit
NaClO4 weist die verringert Amplitude auf eine partielle Desorption von Th hin, wobei die
Initialbelegung von 0,4 Th/AUC auf ungefähr 0,33 Th/AUC gesunken ist. Die Q-abhängige Variation
der resonanten Amplitude bleibt dabei unverändert, was auf eine unveränderte Verteilung des Th
hindeutet. Acht Stunden nachdem die Probe mit NaClO4 gespült wurde, ist die Amplitude des
niedrigsten Q-Wertes weiterhin unverändert, während ansonsten mit steigendem Q-Wert deutlich
geringere Amplituden ermittelt wurden. Der beobachtete Prozess ist langsam und während der
Dauer des Experiments (~ 10 h) konnte keine vollständige Desorption des Th beobachtet werden.
Die partielle Desorption kann allerdings nicht eindeutig dem Wechsel der Hintergrundelektrolyte
zugeordnet werden, denn die Spüllösung enthielt kein Th, was die partielle Desorption ebenfalls
erklären könnte.1 Die Scans dazu sind in Abbildung 20 im Vergleich mit den RAXR-Messungen bei
niedrigen Q-Werten im Medium NaCl zu sehen.
6.1.5 Th-KClO4 System
Nachdem gezeigt werden konnte, dass das Anion das Sorptionsverhalten von ThIV
deutlich
beeinflusst, soll nun untersucht werden, ob ein ähnlicher Effekt ebenfalls durch das Kation des
Hintergrundelektrolyts hervorgerufen wird. Auch im System Th-KClO4 konnte wie schon für Th-
NaClO4 mittels Alpha-Spektrometrie keine Oberflächenbelegung für Th gemessen werden, mittels
SXS konnte allerdings eine Oberflächenbelegung ermittelt werden, welche mit 0,07 Th/AUC
unterhalb des Detektionslimits der Alpha-Spektrometrie liegt. Die normalisierten RAXR-Signale
(Abbildung 21) zeigen niedrige Intensitäten, wobei die Modulationen gut erkennbar sind, allerdings
keine adäquate Anpassung eines Modells möglich war. Dabei ist die mittels CTR beobachtete
Struktur an der Grenzfläche des Muskovits der des Systems Th-NaClO4 ähnlich. Eine Verschiebung
der Peaks der EDtot in Richtung der Oberfläche, zu einer vertikalen Distanz von 1,7 und 3,1 Å, ist zu
beobachten. Ergänzt wird die Th-KClO4-Struktur durch einen weiteren Peak bei 5,7 Å (siehe
Abbildung 17). Das breit verteilte Strukturelement um ~11 Å fehlt für KClO4.
62
Abbildung 21: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der (001) Fläche von Muskovit
des Systems Th-KClO4. Jedes Spektrum gibt die Variation der Reflektivität als Funktion der Photonenenergie,
E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1
), wieder. Die Spektren sind auf den nicht-resonanten Strukturfaktor
FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|
2, wobei Ftot und FNR jeweils dem gesamten und dem nicht-resonanten
Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung wegen sind die Spektren mit einem Versatz
versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die grüne, gestrichelte Linie soll dem Auge als Führung
dienen.
Das ermittelte Elektronendichteprofil für Th-KClO4 ähnelt jenem für KCl in Abwesenheit von
Th111
bezüglich der Positionen der Peaks. Deutliche Unterschiede sind hingegen in den
Peakintensitäten zu erkennen, welche in Anwesenheit von Th deutlich größer sind (Abbildung 22).
Dies ist wahrscheinlich auf die Co-Adsorption von K+ und sehr geringen Mengen Th
zurückzuführen, wie durch die RAXR-Ergebnisse gezeigt wurde.
Ergebnisse & Diskussion
63
Abbildung 22: EDtot-Profile ermittelt durch CTR-Messungen verschiedener K+-Proben. Die ED-Profile des
Th-KClO4-Systems (rote Linie, diese Arbeit) und Muskovit in KCl in Abwesenheit von Th (schwarze
gestrichelte Linie)111
sind zum Vergleich mit dem ED-Profil von Muskovit in DIW (blaue gepunktete Linie)14
dargestellt. Die Unsicherheit der ED-Profile der Th-KClO4 Probe (rote Fläche) und der KCl-Probe (graue
Fläche) sind ebenfalls dargestellt. Die ED ist mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å
3.
6.1.6 Das Lithiumperchlorat-System
Die Analyse des Th-LiClO4-Systems ergab eine sehr hohe Oberflächenbelegung von
1,6 ± 0,3 Th/AUC (Alpha-Spektrometrie) und 4,9 Th/AUC (RAXR) auf Muskovit. Die Werte
überschreiten sowohl die Oberflächenbelegungen der übrigen Perchlorat-Systeme, als auch die des
Referenzsystems NaCl um mehr als eine Größenordnung. Die damit verbundenen intensiven
RAXR-Signale (Abbildung 23) ermöglichen, im Gegensatz zu den anderen Perchlorat-Systemen,
eine vollständige strukturelle Analyse. Das am besten angepasste Strukturmodell ist in Abbildung
24 dargestellt. Das gesamte Elektronendichte(EDtot)-Profil (CTR) zeigt zwei Bereiche erhöhter
Elektronendichte, die deutlich über dem Niveau der Elektronendichte von Wasser liegen. Der erste
Bereich befindet sich zwischen Mineraloberfläche und 15 Å über dieser und wird durch eine
Vielzahl kleinerer Peaks strukturiert.
64
Abbildung 23: Ausgewählte RAXR-Daten (schwarze Kreise) gemessen auf der (001) Fläche von Muskovit
des Systems Th-loNaClO4. Jedes Spektrum gibt die Variation der Reflektivität als Funktion der
Photonenenergie, E, bei konstantem Impulsübertrag, Q (Å-1
), wieder. Die Spektren sind auf den nicht-
resonanten Strukturfaktor FNR, als |Ftot(Q,E)|2/|FNR(Q)|
2, wobei Ftot und FNR jeweils dem gesamten und dem
nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen, normiert. Der besseren Darstellung wegen sind die Spektren mit
einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die grüne, gestrichelte Linie soll dem Auge als
Führung dienen.
Der zweite Bereich hingegen weist eine geringere maximale Elektronendichte auf, ist allerdings
deutlich breiter. Aufgrund elementspezifischer Messungen (RAXR) können diese Bereiche der
Anwesenheit von Th zugeordnet werden. Die Sorption von Th an der Muskovit-Wasser-
Grenzfläche findet in zwei breiten Bereichen statt, mit Maxima bei 4,1 bzw. 29 Å. Adsorbiertes Th
befindet sich bis zu 50 Å über der Mineraloberfläche. Das ermittelte Verteilungsmodell weist einen
geringen statistischen Fehler auf (d.h. 1σ Fehler, dargestellt durch das orange Band in Abbildung
24) und spiegelt die experimentellen Daten sehr gut wieder (Fit-Qualität: χ2 = 5,1 & R = 3,8 %).
Ergebnisse & Diskussion
65
Abbildung 24: Grenzflächenstruktur des Th-LiClO4-Systems. Das gesamte Elektronendichte(EDtot)-Profil
(durchgehend schwarze Linie) wurde durch CTR-Messungen ermittelt und die Th-ED Verteilung (blaue
Fläche, die orange Fläche zeigt die Unsicherheit dieser ED) wurde durch RAXR-Messungen ermittelt. Das
Th-ED-Profil (gestrichelt schwarze Linie) der Th-NaCl-Probe1 wurde aus Gründen der Vergleichbarkeit
ebenfalls dargestellt. Die ED sind mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å
3. Die mittlere
Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert.
6.1.7 Der Kationeneffekt.
Die drei Kationen Li+, Na
+ und K
+ wurden hinsichtlich ihres Einflusses auf das
Sorptionsverhalten von Th an der (001)-Oberfläche von Muskovit untersucht. Dabei konnte im Th-
LiClO4-System ein Anstieg der adsorbierten Menge Thoriums, um mehr als eine Größenordnung
auf 4,9 Th/AUC, im Vergleich zum Referenzsystem Th-NaCl (0,4 Th/AUC) ermittelt werden. Im
drastischen Unterschied dazu steht die Sorption von Th im Th-NaClO4-System, welche unterhalb
des Detektionslimits liegt. Das System Th-KClO4 sollte als drittes Experiment in der Reihe der
Kationen Aufschluss darüber geben, ob sich der beobachtete Trend des Sorptionsverhaltens
innerhalb der Alkalimetallkationen fortsetzt. In diesem Fall sollte K+ einen stärkeren negativen
Effekt zeigen als Na+ (jeweils relativ zu Li
+), und man würde erwarten wie schon im Th-NaClO4-
System keine Th-Sorption zu beobachten. Allerdings ergaben RAXR-Messungen wider diesen
Erwartungen Oberflächenbelegungen im Th-KClO4-System von 0,07 Th/AUC. Zwar ist dieser Wert
verhältnismäßig klein, entspricht aber dennoch ~ 28 % der benötigen Belegung zur Kompensation
der Oberflächenladung des Muskovits durch ein vierwertiges Ion. Eine Systematik innerhalb der
66
Gruppe der Alkalimetalle ist also zunächst nicht erkennbar.
Um die enormen Unterschiede des Sorptionsverhaltens von Th unter Verwendung verschiedener
Hintergrundelektrolyte zu verstehen, muss berücksichtigt werden, wie diese die Bedingungen an der
Muskovit-Wasser-Grenzfläche beeinflussen. In Abbildung 17 ist zu sehen, dass sich die
Elektronendichteprofile (CTR) des NaClO4- und KClO4-Systems stark ähneln. Als Gemeinsamkeit
weisen alle Profile zwei oberflächennahe Peaks auf. Diese sind für die Systeme unter Anwesenheit
von Th(IV) in NaClO4 identisch, bei ~ 2 und 4 Å, und in KClO4 etwas zur Oberfläche hin
verschoben, zu 1,7 und 3,1 Å. Während Th-KClO4 einen weiteren Peak bei 5,7 Å zeigt, sind in den
NaClO4-Systemen breite Peaks bei ~ 12 Å ausgebildet. Diese breiten Peaks besitzen relativ geringe
Anteile an der gesamten Elektronendichte von ~ 7 % (Th-loNaClO4) und ~ 6 % (Th-NaClO4). Die
Position der oberflächennahen Peaks ähnelt jenen die in Elektrolytlösungen einfacher Ionen bzw.
Wasser in Abwesenheit von Thorium beobachtet wurden. Einige Details sind mitunter jedoch
unterschiedlich. Die oberflächennahen Peaks in Wasser befinden sich beispielsweise bei 1,3 und
2,5 Å,14
jene bei Sorption von Na+-Ionen bei 1,2 und 2,4 Å.
111 Tendenziell sind die Peaks im
NaClO4-System in Anwesenheit von Th(IV) etwas weiter von der Oberfläche entfernt. Diese
Beobachtung scheint für die K+-Systeme nicht zuzutreffen bzw. ist deutlich geringer ausgeprägt.
Abbildung 22 zeigt, dass sich die Peaks in Anwesenheit (Abwesenheit) von Th(IV) bei 1,9 und
3,3 Å (1,7 und 3,1 Å) sowie bei 5,4 Å (5,7 Å) befinden.111
Erwähnenswert sind dabei die
Unterschiede der Elektronendichteintensitäten der oberflächennahen Peaks, welche in Anwesenheit
von Th(IV) durch Co-Adsorption von K+ mit geringen Mengen Th(IV) erhöht sind. Ein
entsprechender Co-Adsorptionsprozess wurde in den Na-Systemen nicht beobachtet.
Während die Sorption von Th(IV) im Th-NaClO4-System noch gänzlich unterdrückt wird, ist
dies in den Systemen Th-KClO4 (0,07 Th/AUC) und Th-loNaClO4 (0,04 Th/AUC) nicht mehr der Fall.
Dies weist daraufhin das K+ im Vergleich zu Na
+ der unterdrückenden Wirkung des Perchlorats
entgegenwirkt und somit einen positiven Effekt auf die Adsorption von Th(IV) hat. Die Reduktion
der NaClO4-Konzentration scheint ebenfalls zu einem positiven Effekt zu führen. An dieser Stelle
bleibt unklar, ob die Verringerung der Konzentration von Na+, durch ein verringertes
Konkurrenzverhalten der Sorptionsspezies, einen positiven Einfluss hat oder sich lediglich die
geringere Konzentration von ClO4- positiv auswirkt.
Substantielle Änderungen der Th-Reaktivität konnten auch durch die Verwendung des
Hintergrundelektrolyts LiClO4 festgestellt werden. Die Sorption von Th an Muskovit ist im
LiClO4-Medium (4,9 Th/AUC) im Vergleich zum Referenzmedium NaCl (0,4 Th/AUC) um mehr als
eine Größenordnung erhöht. Während unter ansonsten gleichen Bedingungen in den Medien KClO4
Ergebnisse & Diskussion
67
und NaClO4 noch ein unterdrückender Effekt des Perchlorats dominiert (vgl. mit NaCl), so scheint
dieser in LiClO4 nicht mehr vorhanden oder dem positiven Effekt von Li+ untergeordnet zu sein.
Wie die Daten im Th-LiClO4-System zeigen, adsorbiert Th in zwei deutlich voneinander
getrennten Spezies, was auf zwei unterschiedliche Sorptionsmodi hinweist. Dabei befindet sich die
erste Spezies näher an der Mineraloberfläche als der Extended-OS-Komplex im Referenzsystem
Th-NaCl (schwarz gestrichelte Linie in Abbildung 24).1 Dies entspricht einer Höhe, welche
typischerweise durch Sorptionskomplexe hydratisierter oder teilweise hydratisierter Kationen
besetzt wird,53
d.h. von IS- bzw. OS-Komplexen. Die Position der etwas breiteren Verteilung um
29 Å ist vergleichbar mit jener Höhe die bei der Adsorption1 bzw. der Bildung von Plutonium-
Nanopartikeln51
an der Muskovit-Wasser-Grenzfläche beobachtet wurde. Die ermittelte
Oberflächenbeladung im System Th-LiClO4 (4,9 Th/AUC) ist allerdings deutlich kleiner als die der
Plutonium-Experimente (9,9 und 10,8 Pu/AUC). Dennoch ist diese hohe Oberflächenbeladung von
4,9 Th/AUC als Bildung von Nanopartikeln zu interpretieren, da sie für Sorptionsphänomene wie
IS-, OS- oder E-OS-Sorption deutlich zu hoch ist.
Die Interpretation der beobachteten Th-Struktur als Th-Nanopartikel und größere Aggregate
dieser Th-Nanopartikel schließt nicht aus, dass zusätzlich Sorptionsspezies von Th(IV) im System
vorliegen. Zudem weisen die Unterschiede zwischen Alpha- und RAXR-Messungen daraufhin, dass
Teile der Partikel vergleichsweise leicht desorbiert werden können. Im Falle von Th-E-OS-
Komplexen wurde eine ähnliche teilweise Reversibilität beobachtet,1 für Pu-Nanopartikel hingegen
nicht.51
6.1.8 Mechanismen der Hintergrundelektrolyteffekte
Drei unterschiedliche Effekte des Hintergrundelektrolyts auf die Th-Sorption konnten
unterschieden werden: a) Ein negativer Effekt durch ClO4-, b) ein schwach positiver Effekt durch
K+, und c) ein stark positiver Effekt durch Li
+, jeweils in Relation zu Na
+ bzw. Cl
-. Die
Mechanismen die hinter den beobachteten Effekten stehen bleiben allerdings zunächst unklar.
Eine mögliche Erklärung für das beobachtete Sorptionsverhalten der Kationen ist deren
Konkurrenz mit Th. Hierbei kann mit der Abhängigkeit von der Kationenhydratation argumentiert
werden. Li+, welches eine stärkere Hydratation als Na
+/K
+ zeigt, adsorbiert v. a. als OS-Komplex,
wohingegen Na+ und K
+ v. a. als IS-Komplex adsorbieren, also stärker an die Oberfläche gebunden
sind. Diese schwächere Bindung von Li+ ermöglicht eine stärkere Sorption von Th im Medium
LiClO4. Allerdings kann das unterschiedliche Sorptionsverhalten unter Verwendung der
Hintergrundkationen Na+ und K
+ hierdurch nicht erklärt werden.
68
Ein weiterer Erklärungsansatz könnte der direkte Einfluss von Li+ auf die Lösungschemie von
Th sein. Es konnte gezeigt werden, dass Li+ die Bildung von Oligomeren und Nanopartikeln einiger
Actinide verstärkt, unter anderem die von Th und Pu.112,113
Für K+ bzw. Na
+ ist kein entsprechender
Einfluss auf die Lösungschemie von Th bekannt. Es könnte also die Annahme getroffen werden,
dass die Anwesenheit von Li+ die Speziation von Th in Richtung einer stärkeren Prävalenz von Th-
Oligomeren verschiebt. Allerdings ist es mit den in dieser Arbeit verwendeten Grenzflächen-
spezifischen Methoden nicht möglich die Lösungsspeziation zu untersuchen und in verfügbaren
Datenbanken ist kein Effekt von Li+ auf die Lösungsspeziation dokumentiert.
114 Um diese Frage
endgültig zu klären, besteht bezüglich des Hintergrundelektrolyteinflusses auf die aquatische
Speziation von Th weiterer Forschungsbedarf (siehe Ausblick Kapitel 8).
Die verwendeten Anionen aller Experimente in den Th-Hintergrundelektrolyt-Muskovit-
Systemen sind Chlorid (Cl-) und Perchlorat (ClO4
-) Ionen. Die Speziation des Th in Lösung beider
Hintergrundelektrolyte sind in Tabelle 5 dargestellt und wurden anhand von Daten der OECD-
NEA114
und der NAGRA/PSI thermodynamischen Datenbank25
sowie zusätzlichen experimentellen
Daten modelliert.28,32
Dabei kam die PHREEQC Lösungs-Modellierungs-Software (Version 2.17)
zum Einsatz.115
Die auf diese Weise berechnete Speziation gibt die Zusammensetzung des
Lösungsbulks und nicht die Zusammensetzung im Grenzflächenbereich wieder.
Die Berechnungen der Th-Speziation sind in NaCl und NaClO4 ähnlich, wobei der größte
Unterschied im Fehlen einer ThClO4--Spezies im Th-NaClO4-System liegt. Das Pendant dazu im
Th-NaCl-System, ThCl3+
, hat unter den vorliegenden Bedingungen einen Anteil von 30,7 % an der
Lösung. Dieser Unterschied bewirkt im Th-NaClO4-System, neben der Erhöhung der
Konzentrationen des Aquoions (13,9 % → 21,7 %), eine Erhöhung der ersten (43,6 % → 62,8 %)
und der zweiten Hydrolysespezies (3,5 % → 6,8 %). Zudem ist ein höherer Anteil des dimeren
Komplexes, Th2(OH)53+
(0,19 % → 0,34 %), zu sehen. Nichtsdestotrotz ist der Beitrag des
letztgenannten Komplexes gering und alle anderen Oligomere tragen sogar noch weniger zur
Speziation unter diesen Bedingungen bei.
Von einer Komplexierung zwischen Th und ClO4- wurde bislang nicht berichtet. Der ThCl
3+
Komplex hingegen wird in der aktuellsten NEA thermodynamischen Datenbank aufgeführt,114
ein
spektroskopischer Nachweis konnte allerdings nicht erbracht werden.34
Sollte auch der ThCl3+
Komplex nicht existieren, so ergäbe sich eine identische Speziation für beide Systeme. Die
berechneten Speziationen unter Verwendung verschiedener Hintergrundkationen (Li+, Na
+, K
+)
sollten laut thermodynamischen Daten keine Unterschiede ergeben.
Ergebnisse & Diskussion
69
Tabelle 5: Berechnete Speziation der Th-NaCl & Th-NaClO4-Lösungen. [Th]tot = 1,0 × 10-4
M, pH = 3,2 und
dem Hintergrundelektrolyt NaCl (links) und NaClO4 (rechts) jeweils mit einer Konzentration
von 1,0 × 10-1
M.
Spezies
(0,1 M NaCl)
Konzentration
(in M)
% Spezies
(0,1 M NaClO4)
Konzentration
(in M)
%
ThOH3+
4,4 × 10-5
43,6 ThOH3+
6,3 × 10-5
62,8
ThCl3+
3,1 × 10-5
30,7 Th4+
2,2 × 10-5
21,7
Th4+
1,4 × 10-5
13,9 [Th(CO3)2(OH)2]2-
8,0 × 10-6
8,0
[Th(CO3)2(OH)2]2-
8,0 × 10-5
8,0 Th(OH)22+
6,8 × 10-6
6,8
Th(OH)22+
3,5 × 10-6
3,5 Th2(OH)35+
3,4 × 10-7
0,3
aus Schmidt et al.116
Der Vergleich zwischen Th-NaCl und Th-NaClO4 zeigt sehr deutlich die unterdrückende
Wirkung des Perchlorats auf die Th-Sorption. Dies könnte auf eine Komplexbildungsreaktion
zwischen Th und ClO4- hinweisen, da die niedriger geladenen Komplexe eine geringere Affinität
zur Oberfläche aufweisen würden. Allerdings würde eine niedrigere Ladung der Komplexe
andererseits eine höhere Belegung der Oberfläche ermöglichen, denn zur Kompensierung der
Oberflächenladung würde eine größere Menge des niedriger geladenen Komplexes benötigt
werden. Vor Allem, wird aber ClO4- gerade wegen seiner sehr schwachen Komplexbildung häufig
als Hintergrundelektrolyt verwendet, und Th-ClO4--Komplexe konnten wie schon erwähnt bislang
weder spektroskopisch, noch thermodynamisch beschrieben werden. Daher kann die
Komplexierung von Th(IV) mit ClO4- als primäre Ursache des Perchlorat-Effekts ausgeschlossen
werden.
Ein weiterer, wichtiger Vorgang, der in Betracht gezogen werden muss, ist das Vermögen von
Ionen, auf die Wasserstruktur, über die eigene Hydrathülle hinaus, strukturschaffend oder -brechend
zu wirken („structure making or breaking“).117
Deren relativer Einfluss kann durch die Hofmeister-
Serie ausgedrückt werden.118
Dieser Effekt würde nicht direkt auf das adsorbierte Th, sondern auf
dessen umgebende Wasserstruktur und/oder die der Grenzfläche wirken. Dabei wird sowohl Cl- als
auch ClO4- als „strukturbrechend“ charakterisiert, wobei der Effekt des ClO4
- deutlich stärker
ausgeprägt ist als der des Cl-. Eine mögliche Erklärung für den beobachteten Anioneneffekt wäre
demzufolge, dass die Wasserstruktur an der Grenzfläche durch ClO4- in einer Art gestört wäre, die
dazu führt, dass Th weniger stark adsorbiert. Diesem Teil der Theorie, die Marcus präsentiert,117
70
widerspricht allerdings das Verhalten der Kationen des Hintergrundelektrolyts. Entsprechend der
Studie gilt Li+ als „strukturschaffend“, Na
+ als Grenzfall und K
+ als „strukturbrechend“.
Vorausgesetzt, strukturbrechende Ionen unterbinden die Sorption, so würde die Th(IV)-Sorption
dem Trend Li+ > Na
+ > K
+ folgen, wobei für Th-KClO4 dementsprechend keine Sorption zu
beobachten wäre. Th-LiClO4 scheint dieser Reihenfolge zu entsprechen, für Th-KClO4 tritt dies
nicht zu, hier kann eine höhere Belegung als für Th-NaClO4 beobachtet werden. Weiterhin ist zu
bemerken, dass die EDtot-Profile (CTR) unabhängig vom Hintergrundelektrolyt relativ ähnliche
Wasserstrukturen nahe der Grenzfläche zeigen (siehe Abbildung 17). Zwar gibt es durchaus
Unterschiede in Position und Amplitude der Peaks zwischen den verschiedenen
Hintergrundelektrolyten, aber die Struktur der Wasserschichten scheint jeweils intakt zu sein.
Hierzu kommt, dass gemeinhin angenommen wird, dass die Hydratation einer Oberfläche
Sorptionsprozesse behindert. Man würde somit eher erwarten, dass eine Schwächung der
Wasserstruktur zu verstärkter Sorption führt. Es sollte hierbei auch Beachtung finden, dass die
Hofmeister Theorie auf biologischen Daten118
und die Arbeiten von Marcus auf Beobachtungen in
ionischen Lösungen hoher Ionenstärken begründet ist. Daher ist ein stärkerer Einfluss anderer
Wechselwirkungen, z.B. Komplexierungs- oder Adsorptionskonkurrenz, unter den deutlich
verdünnten, geochemischen Bedingungen der vorliegenden Arbeit nicht verwunderlich.
Das Austauschexperiment hat gezeigt, dass der Perchlorat-Effekt auf die Th-Adsorption sehr
langsam ist, wenn Th(IV) erst einmal an der Muskovitoberfläche adsorbiert ist. Dennoch kann aus
dem Experiment der Schluss gezogen werden, dass der Perchlorat-Effekt direkt während des
Sorptionsvorganges Einfluss auf diesen nimmt und auf eine schon abgeschlossene Sorption nur
geringfügigen oder keinen Einfluss hat.
6.2 Bildung vierwertiger Nanopartikel an der Basalfläche von Muskovit
6.2.1 Pu(IV)-Nanopartikel
In der vorliegenden Arbeit wurde die Sorption von Plutonyl(VI) mit der von Uranyl(VI) an der
(001)-Oberfläche von Muskovit verglichen [[PuO22+
] = 0,1 mM, [UO22+
] = 1 mM, [NaCl] = 0,1 M,
pH 3,2]. Die Untersuchungen sollten dabei die Fragestellung klären, ob sich Plutonyl(VI) und
Uranyl(VI) analog verhalten oder deren unterschiedliches Redoxverhalten einen Einfluss auf das
Sorptionsverhalten hat. Ergänzend zur vorangegangen Studie von Schmidt et al.51
sollen dabei im
Falle einer Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln aus dieser Pu(VI)-Lösung folgende Fragen
beantwortet werden: Wo findet die Redoxreaktion statt? Ist der Mechanismus tatsächlich
unabhängig von spezifischen Redoxpartnern und lediglich auf Pu(IV) im GGW angewiesen?
Ergebnisse & Diskussion
71
Vorausgesetzt der Mechanismus beruht grundsätzlich auf dem GGW von Pu(III) mit Pu(IV), wobei
Pu(III) keine weitere Prozessrelevanz hat, dann müsste dieser Prozess ebenfalls auf Grundlage
anderer Redox-GGW funktionieren, also z. B. durch die Reduktion von Pu(VI) zu Pu(IV).
Aufgrund dessen, dass die vorangegangene Studie ausschließlich Pu(III) untersuchte,51
aber
keine Schlüsse bezüglich der Lokalisierung der Oxidation zuließ, wurde die vorliegende Arbeit als
vergleichende Studie mit Pu(VI) und U(VI) konzipiert. Da das chemische Verhalten von U(VI) und
Pu(VI) analog ist, sich ihr Redoxverhalten jedoch deutlich unterscheidet, können so die von
Schmidt et al. aufgestellten Hypothesen zur Wechselwirkung zwischen Sorptionsverhalten und
Redoxchemie überprüft werden. Sowohl Pu(VI) als auch U(VI) liegen in Lösung in Form von linear
angeordneten Actinyl-Molekül-Kationen [O=An=O]2+
vor, U(VI) ist unter den
Reaktionsbedingungen allerdings wesentlich stabiler als Pu(VI) (siehe Kapitel 4.2.2). Die
Grenzflächenstrukturen wurden mittels SXS charakterisiert und die Oberflächenbelegung mittels
ex situ Alpha-Spektrometrie verifiziert. Die Oxidationsstufe der Actiniden im Grenzflächenbereich
wurde in GI-XANES-Messungen ermittelt.
Alpha-Spektrometrie.
Die Messungen der Pu-Probe mittels Alpha-Spektrometrie ergab eine Oberflächenbelegung von
θPu (alpha) = 8,3 ± 0,2 Pu/AUC, was 0,71 µg/cm2 entspricht. Damit liegt das Ergebnis im gleichen
Bereich wie die Oberflächenbelegungen, die bei der Sorption von Pu(IV)-oxo-Nanopartikeln aus
einer Pu(III)-Lösung (9,0 ± 0,5 Pu/AUC)51
und durch die Sorption von vorgeformten Pu(IV)-oxo-
Nanopartikeln (10,8 ± 0,6 Pu/AUC),57
ermittelt wurden. Die Oberflächenbelegungen aller
Experimente liegen ebenfalls deutlich über den Erwartungswerten für eine Ladungskompensation
durch Ionen wie z. B. Pu3+/4+
oder PuO22+
, welche durch die Oberflächenladung von Muskovit (1 e-
/AUC) bestimmt werden würde, also muss es sich ebenfalls um die Sorption von Pu-Nanopartikeln
handeln.
Im Gegensatz dazu konnte keine Sorption von Uran auf der basalen Fläche von Muskovit mittels
Alpha-Spektrometrie festgestellt werden. Die Nachweisgrenze der Messung für 238
U liegt bei
θU (alpha) = 0,04 U/AUC, dies entspricht 3,52 ng/cm2. Trotz einer um den Faktor 10 höheren
Ausgangskonzentration für U(VI) ist die resultierende Oberflächenbelegung also um mehr als das
200fache geringer als die Oberflächenbelegung für Pu(VI).
XANES (X-ray absorption near-edge structure).
XANES-Spektroskopie wurde unter anderem zur Bestimmung der Oxidationsstufen von Pu bzw.
U verwendet, dies unterliegt allerdings einigen Einschränkungen.119,120
Generell zeigen XANES-
Spektren fünf- und sechswertiger Actinide mit einer Actinyl-Struktur (AnO22+/+
) charakteristische
72
Schultern der LIII-Kanten, welche aus der starken Rückstreuung der eng gebundenen Sauerstoffe des
Actinyls resultieren.121
Die Unterschiede hinsichtlich der Kantenform lassen eine Unterscheidung
zwischen reduzierten Ionen (III, IV) und oxidierten Actinylen (V,VI) zu. Eine Unterscheidung
zwischen den Oxidationsstufen III und IV erweist sich als kompliziert, da keine signifikante
Formänderung vorliegt und eine Verschiebung der Kantenposition aufgrund der
Oxidationsstufenänderung in derselben Größenordnung liegt wie eine Verschiebung durch
Änderungen der chemischen Umgebung.119
Selbiges gilt für die Unterscheidung der
Oxidationsstufen V und VI.
In Abbildung 25 sind die XANES-Spektren für Pu und U dargestellt. Die durchgehenden Linien
zeigen die Ergebnisse der Pu(VI)- bzw. U(VI)-Experimente dieser Arbeit, zusätzlich sind Spektren
vierwertiger (gestrichelt)122-124
und sechswertiger (gepunktet)123,124
Referenzen des jeweiligen
Actinids dargestellt. Die Referenzen sind in Systemen gemessen, deren Lösungszusammensetzung
sich von den Lösungen der Proben dieser Arbeit unterscheiden, weshalb geringfügige
Verschiebungen der Peaks aufgrund der Chemie möglich sind.
Das GI-XANES-Spektrum der Muskovitoberfläche in Kontakt mit Pu(VI)-Lösung zeigt keine
Schulter, welche im Falle der Sorption von Pu(VI) hätte sichtbar sein müssen. Stattdessen stimmt
der stark ausgeprägte, breite Peak („white line“) hervorragend mit dem Pu(IV)-Referenzspektrum
überein, was darauf hindeutet, dass das Pu als reduzierte Spezies an der Muskovitoberfläche
vorliegt. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass UV/vis-Spektroskopie derselben Lösung in
Abwesenheit von Muskovit keinerlei Hinweis auf die Anwesenheit von Pu(IV) in Lösung gab,
wobei der Messzeitraum jenen des Beugungsexperiments deutlich übertraf.
Ein ausgeprägtes „white line“ Feature, wie die Ergebnisse von Muskovit in Pu(VI)-Lösung
gezeigt haben, ist für Muskovit in U(VI)-Lösung nicht zu erkennen, das Spektrum zeigt eine
prominente Schulter (siehe Pfeil Abbildung 25 b)), welche nahelegt, dass U in Form von UO22+
oder UO2+ vorliegt. Die schlechtere Datenqualität des Signals der U(VI)-Messung, erkennbar durch
ein deutlich niedrigeres Verhältnis von Signal zu Rauschen, ist hauptsächlich der sehr niedrigen
Intensität des U-Lα-Fluoreszenzsignals zuzuschreiben. Ein entsprechend niedriges Signal unter
GI-Bedingungen weist auf minimale oder keine Sorption von U hin.
Ergebnisse & Diskussion
73
Abbildung 25: GI-XANES-Spektren der LIII-Absorptionskante an der Muskovit-(001)-Grenzfläche in Kontakt
mit a) Pu(VI) und b) U(VI). Die gemessenen Spektren sind mit Referenzspektren von Pu(IV)122,123
und
Pu(VI)123
als auch U(IV) und U(VI)124
dargestellt. Die dargestellten Spektren sind entsprechend der
angezeigten Energien verschoben und alle Spektren wurden aus Gründen der Vergleichbarkeit auf eine
einheitliche Peakintensität normiert.
6.2.2 Grenzflächenstruktur - CTR
Grenzflächenstruktur - Adsorptionsstruktur von Pu (CTR).
Die CTR-Daten der Muskovit-Basalfläche im Kontakt mit Plutonyl-Lösung ([PuO22+
] = 0,1 mM;
[NaCl] = 0,1 M, pH 3,2) sind in Abbildung 26a dargestellt. Die Daten zeigen typische starke
Variationen um mehrere Größenordnungen, wobei die höchsten Reflektivitäten den Bragg-Peaks
des Kristall-Bulks entsprechen. Als Referenz soll eine NaCl-Probe ([NaCl] = 30 mM, pH 5,7) ohne
Pu dienen.111
Deutliche Unterschiede zwischen diesen CTRs, wie sie bspw. bei Q ~1,5 Å-1
oder
Q ~4,7 Å-1
zu erkennen sind, geben Hinweis auf gravierende Unterschiede der
Grenzflächenstruktur. Die angepassten Strukturmodelle sind in Abbildung 26b dargestellt. Das
EDtot-Profil der Pu-Probe wird durch einen breiten, strukturierten Peak innerhalb der ersten 20 Å
der Lösung oberhalb der Oberfläche dominiert. Dem folgt ein flacher, breiter Peak der bei etwa
45 Å das Niveau des Wasserbulks erreicht und sein Maximum bei ~ 32 Å hat. Features dieser Art
sind in der NaCl-Probe nicht vorhanden und die stark erhöhte ED muss heißen, dass diese durch die
Sorption von Pu hervorgerufen wurde. Pu bedingt durch seine hohe Ordnungszahl (Z = 94) eine
starke Streuung, d.h. Beugungsexperimente sind besonders sensitiv für solch schwere Ionen. Unter
der vereinfachten Annahme, dass der integrierte Überschuss der ED, relativ zu Bulk-Wasser,
ausschließlich vom Pu stammt, würde dieser etwa 4 Pu/AUC entsprechen. Dieses Ergebnis ist
konform mit den hohen Pu-Oberflächenbelegungen der Alpha-Spektrometrie. Im Anhang in Tabelle
A4 sind die Parameter des Modells zu finden, welches die CTR-Daten bestmöglich wiederspiegelt.
74
Abbildung 26: a) Röntgenreflektivität der Muskovit-(001)-Fläche im Gleichgewicht mit einer Lösung die
0,1 mM Pu(VI) enthält bei pH 3,2 mit 0,1 M NaCl als Hintergrundelektrolyt als Funktion des Impulsübertrags
Q, gemessen mit einer Photonenenergie E = 16,0 keV. Die gemessenen Reflektivitätsdaten sind als rote
Symbole dargestellt und das dazugehörige bestangepasste Modell als blaue Linie. Zusätzlich ist ein Datensatz,
gemessen an Muskovit nach der Reaktion mit 30 mM NaCl, durch graue Symbole dargestellt.111
b) Das EDtot-
Profil, anhand von CTR-Messungen ermittelt, ist als schwarze Linie dargestellt. Aus Gründen der
Vergleichbarkeit ist zusätzlich das EDtot-Profil der Muskovitprobe im Gleichgewicht mit 30 mM NaCl111
als
gestrichelte rote Linie dargestellt. Die ED sind mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å
3.
Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert.
Grenzflächenstruktur – Adsorptionsstruktur von U (CTR).
Die CTR-Daten der Muskovit-Basalfläche im Kontakt mit Uranyl-Lösung ([UO22+
] = 1 mM;
[NaCl] = 0,1 M, pH 3,2) sind in Abbildung 27a dargestellt. Als Referenz dienen dieselben Daten
einer NaCl-Probe mit ähnlicher Konzentration ([NaCl] = 30 mM) in Abwesenheit von U.111
Die
CTR-Daten beider Systeme zeigen minimale Unterschiede und diese auch erst für höhere Q-Werte
(z.B. bei Q ≈ 4,0 oder 4,7 Å-1
), dementsprechend unterscheiden sich die EDtot-Profile in An- und
Abwesenheit von UO22+
nur marginal. Beide Profile zeigen ein oberflächennahes Doppelpeak-
Feature in einer vertikalen Höhe von < 4 Å, gefolgt von schwächeren Oszillationsfeatures in
größerer Distanz zur Oberfläche. Einzig eine leichte Verschiebung der ersten beiden Peaks im
UO22+
-System, um ~ 0,4 bzw. 0,2 Å von der Oberfläche weg, unterscheidet die ED-Profile. Die
Parameter des Modells, welches die CTR-Daten am besten wiederspiegelt, ist im Anhang in Tabelle
A5 zu finden. Die geringen Unterschiede der Strukturen könnten auf eine Reihe von Faktoren
zurückzuführen sein, unter anderem die unterschiedliche NaCl-Konzentration, Unterschiede im pH-
Wert der Bulk-Lösung oder des pH-Wertes in Oberflächennähe. Eine Adsorption von U erscheint
unwahrscheinlich, da es aufgrund seiner hohen Ordnungszahl größeren Einfluss auf die ED haben
müsste, insofern kann die Bildung oder Sorption von U-Nanopartikeln ausgeschlossen werden.
Ergebnisse & Diskussion
75
Abbildung 27: a) Röntgenreflektivität der Muskovit-(001)-Fläche im Gleichgewicht mit einer Lösung, die
1 mM U(VI) enthält, bei pH 3,2 mit 0,1 M NaCl als Hintergrundelektrolyt, als Funktion des Impulsübertrags
Q, gemessen mit einer Photonenenergie E = 16,0 keV. Die gemessenen Reflektivitätsdaten sind als rote
Symbole dargestellt und das dazugehörige, bestangepasste Modell als blaue Linie. Zusätzlich ist ein
Datensatz, gemessen an Muskovit nach der Reaktion mit 30 mM NaCl, durch graue Symbole dargestellt.111
b)
Das EDtot-Profil, anhand von CTR-Messungen ermittelt, ist als schwarze Linie dargestellt. Aus Gründen der
Vergleichbarkeit ist zusätzlich das EDtot-Profil der Muskovitprobe im Gleichgewicht mit 30 mM NaCl111
als
gestrichelte rote Linie dargestellt. Die ED sind mit der vom Lösungsbulk ρ normalisiert, ρ
(Wasser) = 0,33 e-/Å
3. Die mittlere Höhe z der Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert.
6.2.3 RAXR-Daten der Muskovitoberfläche nach der Reaktion mit PuO22+
bzw. UO22+
.
Der Beitrag zur Grenzflächenstruktur durch adsorbiertes Pu und U wurde mithilfe von
RAXR-Messungen an der jewiligen LIII-Absorptionskante aufgeklärt. Ausgewählte Modulationen
sind in Abbildung 28 dargestellt (Anhang A2) zeigt den vollständigen Pu-Datensatz). Dabei zeigen
die Pu-RAXR-Daten die größte Modulation bei dem kleinsten gemessenen Q-Wert, wobei die
Amplitude der Modulationen mit steigendem Q schnell abnimmt. Da die Amplitude der
Modulationen proportional zur Menge des adsorbierten Pu ist, liegt auf der Hand, dass Pu auf der
Oberfläche adsorbiert ist. Die schnelle Abnahme der Größe der Modulation schon im Bereich
kleiner Q-Werte deutet auf eine breite Verteilung des sorbierten Pu hin. Im Kontrast dazu zeigen die
Daten für U nahezu kein resonantes Signal nahe der Kantenenergie von U, was den Schluss zulässt,
dass kein oder nur sehr wenig U ( 0,01 U/AUC) adsorbiert ist. Das ist in guter Übereinstimmung
mit den Ergebnissen der ex situ Alpha-Spektrometrie sowie der Interpretation der CTR-Messungen.
76
Abbildung 28: Ausgewählte RAXR-Daten (○) an der basalen (001)-Fläche von Muskovit bei
unterschiedlichen fixen Impulsüberträgen Q (Å-1
) gemessen. Die RAXR-Messungen wurden durch das
Scannen der einfallenden Photonenenergie nahe der LIII-Absorptionskante von a) Pu (18,06 keV) und b) U
(17,18 keV) ermittelt. Die Abweichung des RAXR-Signals von der Pu/U freien Basislinie (rote gestrichelte
Linie) ist das Resultat adsorbierter, resonanter Ionen (exemplarisch durch den grauen Pfeil für Q = 0,14 Å-1
der Pu-Daten gezeigt). Die Spektren sind nach (|Ftot(Q,E)|2-/|FNR(Q)|
2)/(2|FNR(Q)|) normiert, wobei Ftot und FNR
jeweils dem gesamten und dem nicht-resonanten Strukturfaktor entsprechen. Der besseren Darstellung wegen
sind die Spektren mit einem Versatz versehen, welcher in Klammern angegeben ist. Die blaue Linie ist das
Resultat der modellunabhängigen Analyse und dient zur Orientierung.
Obwohl die Grenzflächenverteilung des Adsorbats von RAXR-Daten abgeleitet werden kann,
war es für Pu nicht möglich ein akkurates Strukturmodell mit eindeutiger Quantifizierung anhand
des vorliegenden RAXR-Datensatzes zu generieren. Grund hierfür ist die noch während der
Messung andauernde Reaktion und damit die fortwährende Veränderung der Struktur des
Adsorbats. Die gesamte Dauer der Messung betrug ~ 12 h, zuvor reagierte der Muskovit-Kristall
über Nacht mit der Pu(VI)-Lösung, wobei offensichtlich die Reaktionszeit nicht ausreichend lang
gewählt wurde um die bekanntermaßen langsame Reduktion von Pu(VI) zu Pu(IV) komplett
ablaufen zu lassen.63,71,75,125
Die andauernde Änderung der Struktur des Adsorbats stellt aufgrund dessen ein Problem dar, da
die Analyse der RAXR-Daten als Eingabeinformation den nicht-resonanten Strukturfaktor (siehe
Kapitel 5.2.2) und RAXR-Spektren, die von ein und derselben Absorbatstruktur stammen, benötigt.
Die CTR-Daten haben aufgrund der ständigen Veränderung der Oberflächenstruktur während der
Ergebnisse & Diskussion
77
Messung ein anderes Stadium der Struktur aufgenommen als die RAXR-Daten, was die notwendige
Kombination dieser unzulässig macht. Dem ist hinzuzufügen, dass Pu unter ähnlichen Bedingungen
sehr empfindlich auf den Röntgenstrahl reagieren kann,125
obwohl das Experiment entsprechend
gestaltet wurde, um den Einfluss des Röntgenstrahls auf die Grenzflächenchemie zu minimieren
(z.B. durch Defokussierung des Röntgenstrahl kombiniert mit regelmäßigen
Translationsbewegungen der Probe um verschiedene Bereiche zu untersuchen). Ein signifikanter
Einfluss des Röntgenstrahls auf die Adsorptionsstruktur ist dementsprechend nicht zu erwarten.
Trotz dieser Probleme bestätigt auch die modellunabhängige RAXR-Analyse, welche eine
Abschätzung der Gesamtverteilung des resonanten Elements zulässt,93
eine Adsorptionsschicht
bestehend aus Pu und einer durchschnittlichen Höhe der Pu-Verteilung ⟨z⟩ = limQ→0[PR(Q)/Q] von
> 30 Å über der Oberfläche, wobei PR(Q) die Phase des resonanten Strukturfaktors ist (siehe Kapitel
5.2.2). Diese Beobachtungen sind in vollständiger Übereinstimmung mit den Messungen der Alpha-
Spektrometrie, GI-XANES und CTR, welche eine ausgedehnte vertikale Verteilung und eine hohe
Oberflächenbelegung durch Pu anzeigen.
Zusammengenommen zeigen die Daten eindeutig die Bildung von Pu(IV)-oxo-Nanopartikeln an
der Muskovitoberfläche. Dabei ist die Oberflächenbelegung von etwa 8 Pu/AUC signifikant höher,
als für die Kompensation der Oberflächenladung durch zweiwertige Ionen (0,5 PuO22+
/AUC)
notwendig wäre. Die GI-XANES Ergebnisse der PuO22+
-Probe zeigen keine Plutonyl-Schulter,
dementsprechend handelt es sich bei dem Pu an der Grenzfläche des Muskovits nicht um fünf- oder
sechswertiges Pu. Vielmehr zeigt der Vergleich mit Referenzproben (siehe Abbildung 25), dass es
sich um vierwertiges Pu handelt.
Die Untersuchungen von UO22+
unter ähnlichen experimentellen Bedingungen führten zu
komplett gegensätzlichen Ergebnissen. Konsistent zu vorherigen Arbeiten konnte keine Adsorption
von U an Muskovit festgestellt werden. Die Ergebnisse von Alpha-Spektrometrie und
Röntgenbeugung zeigen übereinstimmend, dass die Oberflächenbelegung unter den
Detektionslimits von 0,04 U/AUC und ~0,01 U/AUC liegen. Die ermittelte Oberflächenstruktur
(CTR) ähnelt jener Oberflächenstruktur des NaCl-Systems in Abwesenheit von U.111
Einzig eine
leichte Verschiebung der Peaks des EDtot-Profils zu größeren vertikalen Abständen zur
Mineraloberfläche unterscheidet die zwei Systeme (siehe Abbildung 27).
78
6.2.4 Unterschiede im Sorptionsverhalten von UO22+
/PuO22+
gegenüber anderen zweiwertigen
Ionen.
Unter der Annahme, dass der Sorptionsprozess elektrostatischer Natur ist, sollte das
Sorptionsverhalten von U(VI)O22+
dem anderer zweiwertiger Ionen, bspw. Sr2+
und Ba2+
,
entsprechen. Deren Sorptionsverhalten wurde in früheren Studien53,126,127
untersucht und es konnte
gezeigt werden, dass diese Ionen erwartungsgemäß die negative Oberflächenladung des Muskovits
kompensieren (θ(Sr2+
) = 0,57 ± 0,03 und θ(Ba2+
) ≥ 0,44 M2+
/AUC).53,127
Demnach müsste UO22+
die
Oberflächenladung ebenfalls kompensieren, wenn ausschließlich die Ladung entscheidend wäre.
Dies ist allerdings nicht der Fall.
Die signifikanten Abweichungen im Sorptionsverhalten zwischen UO22+
und anderen
zweiwertigen Ionen könnten mehrere Gründe haben. Aus einer elektrostatischen Sichtweise heraus
konkurrieren Ionen wie einwertiges Na oder zweiwertiges Sr mit dem Hydronium-Ion, wobei
letzteres eine effektivere Adsorptionsstärke besitzt als andere einwertige Kationen.128
Unter den
Bedingungen der vorliegenden Arbeit mit niedrigerem pH-Wert (pH = 3,2 gegenüber pH = 5,7)
würden wir für die Oberflächenbelegung von Sr nur etwa 50 % der erwarteten Belegung schätzen,
die für die Kompensation der Oberflächenladung von Muskovit notwendig wäre.53,126,127
Dies wäre
allerdings immer noch deutlich mehr als für UO22+
beobachtet wurde, es muss also noch andere
Einflussfaktoren geben.
Ein weiterer Faktor kann der Aufbau von UO22+
als Molekülkation sein. Wird der Aufbau der
Ionen betrachtet, können Sr2+
und Ba2+
als annähernd kugelsymmetrisch angesehen werden. UO22+
hingegen ist ein linear aufgebautes Molekülkation. Zudem ist der axiale Radius (rax) des UO22+
mit
einem U-O-Abstand von 1,7 Å plus dem Ionenradius des Sauerstoffs von 1,4 Å deutlich größer
(rax ≈ 3,1 Å) als die Ionenradien von Sr2+
oder Ba2+
(1,2 bzw. 1,5 Å).18
Dieser größere Radius,
speziell bei vollständiger Hydratisierung, destabilisiert die Adsorption des komplexeren UO22+
Ions
zusätzlich stärker, als dies im Vergleich dazu bei den einfachen zweiwertigen Kationen der Fall ist.
Zu diesem sterischen Problem kommt die unterschiedliche Ladungsverteilung. Sr2+
und Ba2+
besitzen eine kugelsymmetrische Ladungsverteilung. UO22+
besitzt partielle Ladungen, wobei das
zentral lokalisierte U positiv geladen ist, wohingegen die endständigen Sauerstoffe noch
anionisches Verhalten zeigen können.129-132
Bei einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung spielt
die Orientierung des Ions im Raum keine Rolle, bei einer linearen Form wie der des UO22+
hingegen eine entscheidende, da es relevant ist, welche partielle Ladung des UO22+
der negativ
geladenen Oberfläche zugewandt ist.
Obwohl Änderungen der Ladungsverteilung als Argumente geeignet sein mögen, um zwischen
Ergebnisse & Diskussion
79
UO22+
und zweiwertigen Ionen wie Sr2+
und Ba2+
zu unterscheiden, so sind diese Argumente nicht
ausreichend, um den Überschuss an Pu-Sorption zu erklären. Der Radius von PuO22+
ist etwas
kleiner als der von UO22+
, die Ladungsverteilung ist hingegen nahezu identisch. Folglich sollte die
Konkurrenz von PuO22+
und UO22+
mit Na+ bzw. H3O
+ sehr ähnlich sein. Die Unterschiede im
Sorptionsverhalten der beiden Actiniden müssen also auf eine andere Ursache zurückzuführen sein.
6.2.5 Einfluss des Redoxverhaltens
Eine naheliegende Erklärung für die beobachteten Unterschiede bietet das unterschiedliche
Redoxverhalten von Pu und U. Tatsächlich zeigen die GI-XANES-Daten, dass es sich beim
oberflächennahen Pu um reduziertes Pu handelt, PuO22+
adsorbiert also ebenfalls nicht. Das
Redoxverhalten beider Actinide, Pu und U, in wässrigen Lösungen ist gut bekannt und gibt
Aufschluss über deren unterschiedliches Verhalten. Der Vergleich der Standardpotentiale der
Reduktion von der sechswertigen zur vierwertigen Oxidationsstufe von Pu und U zeigt, dass die
Halbzellenreaktion von Pu mit 0,776 V begünstigt ist (+1,043 V (Pu) zu +0,267 V (U), jeweils bei
pH = 0 gegen SHE, siehe Kapitel 4). Ausschlaggebend bei diesem Vergleich ist die Stabilität des
fünfwertigen Oxidationszustandes. Tatsächlich ist Pu(V)O2+ unter den gegebenen Bedingungen des
Experiments die stabile Pu-Spezies in wässriger Lösung. Wohingegen bekannt ist, dass die
sechswertige Oxidationsstufe von U in weiten Bereichen wässriger Lösungen stabil ist (siehe
Kapitel 4). Entsprechend ist der erste Schritt der Reduktion des sechswertigen Actinids für Pu
kinetisch favorisiert, wohingegen UO22+
weitgehend stabil bleibt. Durch die Disproportionierung
von PuO2+ entsteht daraufhin sowohl Pu(IV) als auch Pu(VI).
Der Reduktionsprozess steht nicht in direkter Verbindung mit der Muskovitoberfläche, denn
sowohl Oxidation (Pu(III)51
) als auch Reduktion (Pu(VI)) führt zur Bildung von
Pu(IV)O2-Aggregaten an der Grenzfläche. Spekulativ bleibt hierbei, was als zweiter Teil des
Redoxpaares agiert. Muskovit selbst ist ein redox-inaktives Mineral, demzufolge agiert vermutlich
Wasser als Redoxpartner, da es das einzig noch vorhandene Reduktionsmittel im System ist. Diese
Hypothese konnte allerdings durch unsere Experimente nicht belegt werden. Da beide Reaktionen
an der Mineraloberfläche allerdings deutlich schneller ablaufen als in den jeweiligen Lösungen,
muss die Oberfläche aber dennoch einen Einfluss auf die Reaktionen haben. Das Substrat Muskovit
beeinflusst die Reduktion von Pu(VI) dabei durch die Anreicherung von Pu(IV) an der Oberfläche.
Diese Akkumulierung der minoren Spezies führt dazu, dass die Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln
begünstigt wird, was wiederum Pu(IV) aus dem Gleichgewicht entfernt und dieses weiter zu Pu(IV)
verschiebt. Dies soll durch den Zusammenhang zwischen Gleichung 6.1 und 6.2 verdeutlicht
80
werden. E´, also die benötigte Energie für die direkte Reaktion von PuO22+
zu PuO2-Nanopartikeln
ist größer als E, die benötigte Energie für die Bildung von Pu4+
. Dadurch läuft die in Gleichung 6.1
dargestellte Reaktion bevorzugt ab. Nachdem die Konzentration von Pu4+
an der Mineraloberfläche
ausreichend hoch ist, bilden sich PuO2-Nanopartikel durch Hydrolyse- und Kondensationsprozesse
(siehe Kapitel 4.2.3).
(6.1)
(6.2)
6.2.6 Bildungsmechanismus von Pu(IV)-Nanopartikeln
Der Bildungsmechanismus der Pu(IV)-Nanopartikel kann folgendermaßen erklärt werden (siehe
Abbildung 29): Sowohl sechswertiges Plutonyl als auch Uranyl sind nicht in der Lage mit der
Mineraloberfläche in ausreichendem Maße zu interagieren. Grund dafür ist der mehr als 100- bzw.
1000-fache Überschuss an Na+ und H3O
+ Ionen, womit beide Actiniden in ihrer sechswertigen
Actinylform nicht konkurrieren können. Der Unterschied des Redoxverhaltens zwischen Pu und U
führt effektiv zur Abwesenheit von U(IV) in Lösung, im Gegensatz zu Pu(IV), dessen
Konzentration ist zwar ebenfalls gering, aber deutlich (~ 25x) höher als die Konzentration von
U(IV). Während Uran dadurch in seiner sechswertigen Oxidationsstufe verbleibt, tritt Pu(IV) in
Konkurrenz mit dem Überschuss an Na+ Ionen. Durch die Sorption von Pu(IV) als E-OS-Komplex
wird Pu(IV) an der Grenzfläche akkumuliert. Diese erhöhte Pu(IV)-Oberflächenkonzentration führt,
nach dem Überschreiten eines notwendigen Schwellenwertes, über Hydrolyse, welche für Pu
stärker ausgeprägt ist als für U, und Kondensationsprozesse zur Bildung von Pu(IV)-Nanopartikeln.
Unklar bleibt ob die Pu(IV)O2-Phase sich dabei in Lösung und/oder direkt an der
Mineraloberfläche bildet. Fest steht, dass die Mineraloberfläche den Prozess begünstigt.51,64,74,76
Die
beobachtete Bildung von Pu-oxo-Nanopartikeln begünstigt die Reduktion von Pu zusätzlich, da
dem Gleichgewicht dadurch Pu(IV) entnommen wird.
Ergebnisse & Diskussion
81
Abbildung 29: Schematische Darstellung des Bildungsmechanismus von An-Nanopartikeln auf der (001)-
Oberfläche von Muskovit aus einer An(VI)-Lösung, unter Einbeziehung der Beispiele Plutonyl und Uranyl.
Mittels X (magenta) sind ausgeschlossene oder weniger wahrscheinliche Teilreaktion oder Reaktionspfade
markiert.
6.2.7 Vergleich der Studie mit anderen Pu-Studien
Das EDtot-Profil der Pu-CTR-Daten (Abbildung 26) ist in Abbildung 30 mit den EDtot-Profilen
von ähnlichen Pu-Lösungen im Kontakt mit Muskovit verglichen (Anhang A3 zeigt die
entsprechenden CTRs im Vergleich). Das Experiment Pu(III)51
wurde in Kapitel 4.3.2 dargestellt
und ist in der Konzeption mit dem Pu(VI)-Experiment identisch. Bei dem dargestellten Pu(IV)-
Experiment handelt es sich um ein Sorptionsexperiment unter Verwendung einer Lösung, die Pu-
Nanopartikel enthält.57
In diesem Experiment wurde die Sorption von monodispersen kubischen Pu-
oxo-Nanopartikeln ([Pu38O56Clx(H2O)y](40-x)+
) an der (001)-Oberfläche von Muskovit
([NaCl] = 0,1 M, bei pH 2,6) untersucht. Die ermittelte Oberflächenbelegung beträgt 10,8 Pu/AUC.
Alle drei Pu-Profile zeigen ein Feature im Bereich < 20 Å, welches sich im Detail unterscheidet.
Dieser Struktur folgt jeweils ein breiter Bereich erhöhter ED, in großem Abstand zur
Mineraloberfläche (teilweise >60 Å). Anhand der CTR-Daten kann abgeschätzt werden, dass die
Oberflächenschicht des Plutoniums, resultierend aus der Pu(VI)-Lösung, geringer ausgeprägt ist als
die der anderen Pu-Lösungen. Denn sowohl die vertikale Ausdehnung (z) als auch die ED der
Struktur aus der Pu(VI)-Lösung sind geringer.
82
Abbildung 30: Vergleich der EDtot-Profile von Muskovit im Kontakt mit Lösungen die PuIII
,51
PuVI
-oder PuIV
-
Nanopartikel57
im Vergleich zu Muskovit im Kontakt mit einer 30 mM NaCl-Lösung in Abwesenheit von
Pu.111
Wie erörtert, ähneln sich die gebildeten Strukturen, unabhängig davon, ob der Startpunkt bei
einer Pu(VI)-Lösung oder einer Pu(IV)O2-Nanopartikel- bzw. Pu(III)-Lösung liegt. Aufgrund der
komplexeren Reaktionskinetik, d.h. der Fragmentierung des Plutonyl-Molekülkations, ist die
Reaktion von PuO22+
zu Pu(IV) kinetisch gehindert. Dies wird durch die Beobachtung bestätigt,
dass der Gleichgewichtszustand im System noch nicht erreicht war und die Reaktion während der
Messung andauerte, im Gegensatz zur Reaktion im Pu(III)-System im gleichen Zeitraum.
Vermutlich handelt es sich also bei der beobachteten Struktur um ein Übergangsstadium des
Bildungsprozesses der Pu(IV)-Nanopartikel. Nach Einstellung des Gleichgewichts im System
würde sich die Struktur in Form und Oberflächenbelegung sehr wahrscheinlich ebenfalls jener
annähern, die in Experimenten mit Pu(III) und Pu(IV)-Nanopartikel ermittelt wurde.
Powell et al. 2011 konnten eine Pu4O7-Struktur anstatt der üblichen PuO2-Struktur für die
Bildung von Pu-Nanopartikeln auf Goethit beobachten. Der Grund dafür ist eine epitaxiale
Übereinstimmung zwischen den adsorbierten Pu-Nanopartikeln und der Goethitstruktur. Eine
solche epitaxiale Übereinstimmung mit der Muskovit Einheitszelle konnte für die Pu-Phase in
unseren Experimenten nicht festgestellt werden, sie ist also für die Bildung von Pu-Nanopartikeln
an einer Mineraloberfläche nicht notwendig.
Ergebnisse & Diskussion
83
6.3 Sorption dreiwertiger f-Elemente an Muskovit und Orthoklas
Im Folgenden werden die Wechselwirkungen dreiwertiger Actiniden (Am, Cm) und
Lanthaniden (Eu) mit den Mineraloberflächen von Muskovit und Orthoklas vorgestellt. Die
Experimente wurden neben Muskovit zusätzlich an Orthoklas durchgeführt, um die
Sorptionseigenschaften verschiedener Silikatminerale, welche chemisch ähnlich, aber strukturell
unterschiedlich sind, vergleichend darstellen zu können. Der komplementäre Einsatz der Methoden
site-selektive TRLFS und SXS ermöglicht ein besseres Verständnis der Sorptionsprozesse.
6.3.1 Sorption in Abhängigkeit vom pH-Wert
In einem ersten Schritt wurden die Sorptionskurven für Americium an Muskovit und Europium
an Muskovit und Orthoklas im pH-Bereich von 3 bis 12 aufgenommen. Für beide Minerale sind die
Sorptionskurven unter Normalatmosphäre (atm) und unter Stickstoff-Atmosphäre (inert) in
Abbildung 31 dargestellt. Die Eu-Sorptionskanten an Muskovit und Orthoklas unter
atmosphärischen Bedingungen ähneln sich stark, wobei die des Muskovits geringfügig steiler
verläuft. Die Sorptionskanten liegen für Muskovit und Orthoklas jeweils im Bereich von pH ~ 7,1
bzw. pH ~ 7,3. Das Plateau, welches vollständiger Sorption entspricht, wird von beiden Mineralen
bei pH ~ 8 erreicht. Sowohl Sorptionskante als auch Plateau zeigen beim Muskovit nur
unerhebliche bzw. keine Unterschiede, wenn derselbe Versuch unter inerten Bedingungen
durchgeführt wird. Die Sorptionskurve des Orthoklases unter inerten Bedingungen zeigt einen
geringfügig steileren Verlauf als unter Normalatmosphäre, das Plateau ist jedoch gleich ausgebildet.
Die Sorptionskurve für Americium auf Muskovit wurde aus strahlenschutztechnischen Gründen
nur unter inerten Bedingungen aufgenommen (siehe Abbildung 31). Die Kurve verläuft ähnlich zu
der des Europiums, ein stabiles Plateau ist ab pH ~ 7,5 zu erkennen. Der Anstieg der Sorptionskante
ist ähnlich, allerdings befindet sich diese bei pH ~ 6,3. Die Gründe hierfür liegen möglicherweise in
der niedrigeren Am-Konzentration von 1,5 × 10−7
M ([Eu] = 1× 10−4
M).
Für die Sorption von Eu unter Normalatmosphäre konnte eine Abweichung verglichen zum Rest
der Daten im sauren pH-Bereich beobachtet werden. Für pH < 5 wurden hierbei Sorptionswerte im
Bereich um etwa 20 % ermittelt, wohingegen die Sorptionswerte für Muskovit-Eu (inert) und
Muskovit-Am (inert) deutlich unter diesen Werten liegen. Eine Erklärung für die deutlich erhöhten
Werte konnte allerdings nicht gefunden werden, speziell da dieses Phänomen im Falle von
Orthoklas nicht beobachtet wurde. Möglicherweise konnten im Falle der Sorption von Eu (atm) auf
Muskovit bei niedrigen pH-Werten andere Sorptionssites genutzt werden. Eventuell wurde die Eu-
Speziation auch geringfügig durch Prozesse an der Muskovitoberfläche (z. B. durch
84
Karbonatauflösung aus dem Mineral) beeinflusst, wodurch die erhöhte Sorption verursacht wurde.
An dieser Stelle ist allerdings weitere Forschungsarbeit notwendig.
Abbildung 31: Sorptionskurven von Am und Eu an Muskovit (links) und Orthoklas (rechts) unter
atmosphärischen und inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4
M; [Am] = 1,5 × 10−7
M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L
Muskovit/Orthoklas.
6.3.2 Sorption von Europium an Muskovit und Orthoklas
Um den Sorptionsmechanismus auf molekularer Ebene zu verstehen, wurden Eu-TRLFS
Untersuchungen durchgeführt. Hierbei liefert vor allem das 7F2/
7F1-Bandenverhältnis die
entscheidenden Hinweise, denn die 7F2-Bande ist eine hypersensitive Bande, welche sehr
empfindlich auf Änderungen im Ligandenfeld reagiert, die 7F1-Bande hingegen nicht, d.h. mit
steigender Komplexierungsstärke steigt ebenfalls das 7F2/
7F1-Verhältnis.
Ebenjene Änderung des Bandenverhältnisses konnte sowohl für Muskovit als auch für Orthoklas
unter atmosphärischen (siehe Abbildung 32) und inerten Bedingungen (nicht dargestellt) mit
steigendem pH-Wert beobachtet werden. Dies weist auf eine zunehmende Stärke des
Ligandenfeldes, d. h. eine signifikante Zunahme der Sorption, hin. Der Anstieg der 7F2-Bande
startet bei Muskovit und Orthoklas zwischen pH 5 und 6. Bei pH 7 steigt das Verhältnis sprunghaft
an. Dies ist in sehr guter Übereinstimmung mit dem Anstieg der Sorptionskurven aus Abbildung 31.
Wird das 7F2/
7F1-Verhältnis gegen den pH-Wert aufgetragen (siehe Abbildung 33), zeigt sich der
Verlauf sehr ähnlich den Sorptionskurven. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Veränderungen
des Ligandenfeldes direkt mit der zunehmenden Sorption verknüpft sind. Die Unterschiede
zwischen atmosphärischen und inerten Bedingungen sind gering.
Ergebnisse & Diskussion
85
Abbildung 32: Eu-Emissionspektren (normalisiert auf die Fläche der 7F1-Bande) für Muskovit (links) und
Orthoklas (rechts) nach UV-Anregung für verschiedene pH-Werte unter atmosphärischen Bedingungen;
[Eu] = 1 × 10−4
M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L Muskovit/Orthoklas.
Abbildung 33: Verhältnis der Banden 7F2/
7F1 von Muskovit (links) und Orthoklas (rechts) unter Atmosphäre
bzw. inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4
M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L Muskovit/Orthoklas.
Bei genauerer Betrachtung der Emissionspektren des Muskovits fällt eine Formänderung der 7F2-
Bande ab etwa pH 10 auf. Dies spricht für eine deutliche Änderung der Symmetrie des
Ligandenfeldes, die in allen anderen Spektren (auch beim Orthoklas im selben pH-Wert-Bereich)
nicht auftritt.
Für eine genauere Aussage über die Speziation des Europiums wurden die
Fluoreszenzlebensdauern bei verschiedenen pH-Werten bestimmt. Für Muskovit und Orthoklas sind
86
mit steigendem pH-Wert höhere Lebenszeiten verbunden (siehe Tabelle 6), aber auch mit
Lebenszeiten unter 112 µs, welche nicht durch ein Quenchen durch O-H-Streckschwingungen
erklärt werden können, sondern einer Erklärung durch andere Quenchvorgänge, z. B. Fe-
Quenching, bedürfen. Sollte es sich um Quenching durch Fe handeln, so läge der Schluss nahe, dass
es sich wahrscheinlich um IS-Sorption handelt, da die kürzeren Lebenszeiten aus den geringeren
Abständen von Eu zu Fe resultieren.
Tabelle 6: Ausgewählte, mono- oder biexponentiell angepasste Lebenszeiten nach indirekter Anregung für
Muskovit und Orthoklas in Abhängigkeit vom pH-Wert.
Muskovit (atm) Muskovit (inert) Orthoklas (atm) Orthoklas (inert)
pH τ [µs] pH τ [µs] pH τ [µs] pH τ [µs]
4,5 88 ± 9 4,0 118 ± 12 3,0 111 ± 11 3,7 114 ± 11
8,3 193 ± 19 8,1 119 ± 12 8,0 147 ± 15 8,5 193 ± 19
17 ± 2 27 ± 3 55 ± 11 56 ± 2
10,1 119 ± 12 10,1 133 ± 13 10,0 159 ± 16 10,4 268 ± 27
9 ± 3 35 ± 4 50 ± 16 49 ± 6
Die Anpassung der Lebenszeiten an die Abklingkurve ab rund pH = 5 gestaltete sich schwierig,
da selbst ein bi-exponentieller Fit keine gute Übereinstimmung ergab. Die für pH > 5 ermittelten
geringen Lebenszeiten im Muskovit-Eu-System geben also keinen direkten Rückschluss auf die
koordinierten Wassermoleküle in der ersten Hydratationssphäre, sondern zeigen auf, dass es sich
sehr wahrscheinlich um IS-Sorption an das entsprechende Mineral handelt, da hier der Abstand zu
den Eisenatomen geringer wird. Wohingegen die zugleich auftretenden langen Lebensdauern IS-
Komplexen in größerer Entfernung zu Fe zugewiesen werden können.
Für eine bessere Darstellung der Form der Emissionsbanden und um Spezies direkt anregen zu
können, wurde site-selektive TRLFS bei tiefen Temperaturen durchgeführt. Dafür wurden zuerst
Anregungsspektren aufgenommen, um die nötige Anregungswellenlänge zu bestimmen. Diese
Anregungsspektren von Muskovit und Orthoklas unterscheiden sich dabei in der Position ihres
Maximums (siehe Abbildung 34). Im Falle von Muskovit ist das Maximum als eine Art Plateau von
Ergebnisse & Diskussion
87
etwa 576,1 bis 576,6 nm ausgebildet. Das Maximum von Orthoklas befindet sich bei 578,2 nm. Die
Form der Spektren ist jedoch bei beiden sehr breit (Halbwertsbreite von ~ 4,5 nm bei Muskovit und
~ 2,5 nm bei Orthoklas), dementsprechend handelt es sich nicht um klar definierte Spezies an
definierten Sorptions-Sites, sondern um ein Kontinuum minimal unterschiedlicher Spezies bzw.
Sorptions-Sites. Deswegen wurden bei den in Abbildung 35 dargestellten verschiedenen
Anregungswellenlängen hochaufgelöste Emissionsspektren aufgenommen. Dabei sollte ein
Vergleich der Emissionsspektren der Peaks mit Spektren im Schulterbereich der Anregungsspektren
ermöglicht werden. Hierbei konnte festgestellt werden, dass es sich im Schulterbereich der
Anregungsspektren durchaus um die gleichen Sorptionsspezies handelt wie im Peakbereich, wobei
geringfügig Unterschiede in der Intensität einzelner Bereiche der Emissionsspektren zu sehen sind,
nicht aber in deren Position. Sowohl die 7F1 als auch die
7F2-Bande weisen Unterschiede zwischen
den Mineralen hinsichtlich ihrer Form auf.
Abbildung 34: Anregungsspektren von Muskovit und Orthoklas bei pH 8,2 (Muskovit) bzw. 8,6 (Orthoklas)
unter inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4
M; [NaCl] = 0,1 M; 20 g/L Muskovit/Orthoklas, Integration über
den Bereich der 7F1 &
7F2-Banden.
88
Abbildung 35: Eu-Emissionsspektren nach Direktanregung für Muskovit und Orthoklas bei pH 8,2
(Muskovit) bzw. 8,6 (Orthoklas) unter inerten Bedingungen; [Eu] = 1 × 10−4
M; [NaCl] = 0,1 M; 20 g/L
Muskovit/Orthoklas
Die konstante geringe Sorption von Europium an beide Minerale bei niedrigen pH-Werten
(pH < 5) könnte sowohl auf Kationenaustausch als auch auf OS-Sorption zurückzuführen sein.
Jedoch deuten die Lebenszeiten von etwa 112 µs und die 7F2/
7F1-Verhältnisse auf OS-Sorption hin,
offensichtlich ist die sorbierte Spezies in ihrer ersten Koordinationssphäre identisch mit dem Eu-
Aquoion. Es muss sich also um einen OS- oder E-OS-Komplex handeln. Bei einem
Kationenaustausch würde sich durch den Austausch von Wassermolekülen in der Wasserhülle
durch andere Liganden nicht nur die Lebenszeit erhöhen, sondern ebenfalls das Bandenverhältnis
7F2/
7F1.
6.3.3 Cm-TRLFS Muskovit und Orthoklas
Für eine weitere Aufklärung der am Sorptionsprozess beteiligten Spezies wird die Cm-
Spektroskopie genutzt. Veränderungen des Ligandenfeldes führen zu starken Verschiebungen der
Emissionsbanden verschiedener Spezies, wodurch sich diese besser voneinander unterscheiden
lassen. Um Einzelspektren der verschiedenen Spezies zu erhalten, wurde eine Peakentfaltung
durchgeführt.
Ergebnisse & Diskussion
89
Für Orthoklas unter inerten Bedingungen wurden so, zusätzlich zum Aquoion bzw. OS-
Komplex, drei Spezies identifiziert. Spezies 1 tritt ab pH ~ 5,3 auf, ihre Bande liegt bei 599,7 nm.
Spezies 2 befindet sich bei 603,9 nm und tritt etwa ab pH 7,5 auf. Bei diesen beiden Spezies handelt
es sich um einen IS-Sorptionskomplex und dessen Hydrolysespezies. Dies zeigt sich in den
Lebenszeiten (Tabelle 7), die sich bei beiden trotz unterschiedlicher Bandenlage nicht unterscheiden
(siehe Abbildung 36). Diese IS-Sorption zeigte sich auch schon in der Eu-Spektroskopie. Die dritte
Spezies weist eine deutlich höhere Lebenszeit auf, ihr Bandenmaximum befindet sich bei 607,2 nm.
Sie tritt ab pH ~ 8,8 in Erscheinung.
Tabelle 7: Übersicht Cm-Sorptionsspezies an Orthoklas.
pH Peakmaximu
m [nm]
Spezie
s
Lebenszeit
[µs] Speziation
< 5,3 593,8 69 ± 7 Aquoion/OS-
Spezies
> 5,3 599,7 1 74 ± 7 IS-Spezies
> 7,5 603,9 2 82 ± 8 Hydrolysespezies
> 8,8 607,2 2 109 ± 11 Ternärer Komplex
Abbildung 36: Cm-Einzelkomponentenspektren nach Peakentfaltung (links), dazugehörige
Fluoreszenzlebenszeiten (rechts); [Cm] = 1 × 10−6
M; [NaCl] = 0,1 M; 3 g/L Orthoklas.
90
Bei der Peakentfaltung wurde durch Normierung auf die Fläche der Spektren eine
Speziesverteilung ermittelt (siehe Abbildung 37). Hier zeigt der IS-Sorptionskomplex (Spezies 1)
schon bei pH 6 einen relativen Anteil von ~ 45 %. Ab pH 6 startet die Hydrolyse des IS-
Komplexes, Spezies 2 bestimmt ab pH 8 die Speziation. Nur eine untergeordnete Rolle spielt
Spezies 3 mit einem Anteil von maximal 6 % ab pH 9. Es wurde keine Korrektur der Fluoreszenz-
Intensität durchgeführt.
Die ermittelten Fluoreszenzlebenszeiten sind in Tabelle 7 dargestellt. Allerdings wurde auf eine
Ermittlung der koordinierten Wassermoleküle wie schon bei Eu verzichtet. Es ist jedoch ein Trend
zu höheren Lebenszeiten bei steigenden pH-Werten zu erkennen.
Abbildung 37: Cm-Speziesverteilung in Abhängigkeit vom pH-Wert für 10-6
M Cm an Orthoklas.
Für Muskovit wurden unter gleichen Reaktionsbedingungen nur zwei Spezies nach der
Peakentfaltung gefunden. Für die Interpretation der Sorptionsdaten wird davon ausgegangen, dass
es sich bei Spezies, bei denen sich die Positionen der Peakmaxima auf der Muskovit- und der
Orthoklasoberfläche gleichen, auch um dieselben Spezies handelt. Entsprechend wurde ab pH ~ 5,5
Spezies 1 (IS-Komplex) bei 601,4 nm identifiziert und Spezies 3 konnte ab pH 10,4 und ~ 607,3 nm
ermittelt werden. Spezies 2 (hydrolysierter IS-Komplex) wurde demnach nicht beobachtet, da kein
Peak bei ~ 604 nm beobachtet wurde. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass an Muskovit andere
Oberflächengruppen ausgebildet werden und Spezies 2 somit spektroskopisch nicht von einer der
anderen zu unterscheiden ist oder nicht existiert. An dieser Stelle ist weiterer Forschungsbedarf
notwendig, denn eine vollständige Auswertung der Cm-Spektren des Muskovits mit
Lebenszeitbestimmung war nicht möglich, da die Signalstärke nicht ausreichte.
Ergebnisse & Diskussion
91
Abbildung 38: Cm-Einzelkomponentenspektren nach Peakentfaltung, [Cm] = 1 × 10−6
M; [NaCl] = 0,1 M;
3 g/L Muskovit.
Abbildung 39 zeigt zwei Cm-Spektren im Vergleich zum Cm-Aquoion. Die Spektren sind bei
pH = 4,8 und pH = 5,4 aufgenommen und schon in diesem pH-Bereich sind leichte Verschiebungen
relativ zum Aquoion sichtbar. Demnach handelt es sich bei den Spezies der Spektren nicht mehr um
reine OS-Komplexe, sonst wären sie identisch mit dem Spektrum des Aquoions. Der hier
beobachtete Anfangspunkt des Überganges zur IS-Sorption dient als charakteristischer Punkt für
SXS. Hier soll insbesondere die qualitative Vergleichbarkeit von Ergebnissen zur Sorption an
Mineralpulvern und Einkristalloberflächen kritisch hinterfragt werden.
Abbildung 39: Cm-Fluoreszenzspektren bei verschiedenen pH-Werten, an Muskovitpulver. Zur
Verdeutlichung der Verschiebung ist auf der rechten Seite eine Vergrößerung des Peak-Bereiches dargestellt.
92
6.3.4 Sorption von Am an Muskovit
Für die weitere Aufklärung der Sorptionsstruktur dreiwertiger f-Elemente an Muskovit wurde
die Sorption von Americium an der Basalfläche von Muskovit mit SXS untersucht. Dafür wurde ein
Muskoviteinkristall für 24 h einer Am-Lösung ([Am] = 1 × 10-4
M) ohne Hintergrundelektrolyt bei
pH = 5,0 ± 0,3 ausgesetzt und anschließend wurden in situ CTR- und RAXR-Messungen
durchgeführt. Abbildung 40 zeigt das EDtot-Profil der Oberfläche des Muskovits sowie der
oberflächennahen Wasserschichten. Die ersten zwei Peaks des Profils befinden sich bei 2,5 und 6 Å
über der Oberfläche, wobei der erste Peak deutlicher über das Niveau von Bulkwasser hinausragt
(~ 1,8 Weq) als die folgenden Peaks (1,2 - 1,3 Weq). Diesen Peaks folgen zwei kleinere Peaks bei
etwa 10 und 14 Å, sowie ein sehr breiter Peak von sehr niedriger Intensität mit einem Maximum bei
etwa 20 Å, woraufhin die ED das Niveau von Bulkwasser erreicht. Das
Gesamtelektronendichteprofil, welches aus den CTR-Daten ermittelt wurde, unterscheidet sich nur
geringfügig von dem Profil der Muskovit-Wasser-Grenzfläche in Abwesenheit von Am.14
Einziger
auffälliger Unterschied ist die Verschiebung der Oberflächenpeaks zu etwas größeren Abständen
zur Oberfläche, was auf eine geringe Am-Sorption hinweist.
Die durch RAXR ermittelte Elektronendichte des Am ist als blaue Fläche dargestellt (Abbildung
40). Die Oberflächenbelegung beträgt 0,26 ± 0,04 Am/AUC, befindet sich also im für
Ladungskompensation erwarteten Bereich (0,33 Am3+
/AUC). Die breite Verteilung (~ 20 Å) setzt
sich aus zwei Bereichen zusammen, deren Maxima sich bei 6 und 17 Å über der Oberfläche
befinden. Dies deckt den gesamten Bereich für IS- bis hin zur E-OS-Komplexierung ab, wobei das
erste Maximum im Bereich von OS-Komplexen liegt. In Anhang (A9) sind die Parameterdaten des
verwendeten Best-Fit-Modells zu finden. Die Anteile der verschiedenen Spezies als grobe
Näherung kann wie folgt abgeschätzt werden: IS 20%, OS 65 % und E-OS 15 %. Die Anteile
wurden anhand der zwei im Modell ermittelten Peaks abgeschätzt. Die Oberflächenbelegung des
zweiten Peaks im Modell (0,036 Am/AUC, siehe Anhang A9) wurde als E-OS-Komplex deklariert,
was einem Anteil von etwa 15 % entspricht. Die Grenze zwischen IS- und OS-Komplex wurde bei
3 Å gezogen und der prozentuale Anteil des Integrals des ersten Peaks entsprechend zugeordnet.
Die RAXR-ED zeigt, dass bei pH = 5,0 ± 0,3 etwa 20 % des sorbierten Am als IS-Komplex
vorliegen. Dies war in den Eu-TRLFS-Spektren allerdings erst ab pH 6,0 erkennbar. Die höhere
Sensitivität der Cm-TRLFS erlaubt hier solche minoren Spezies besser zu detektieren. In Abbildung
39 sind Cm-Fluoreszenzspektren bei verschiedenen pH-Werten dargestellt. Bei einer reinen OS-
Sorption sollten die Spektren exakt dem des Aquoions bei 593,8 nm gleichen, es ist allerdings
bereits bei pH = 4,8 und noch deutlicher bei pH = 5,4 eine Verschiebung hin zu größeren
Ergebnisse & Diskussion
93
Wellenlängen sichtbar. Die Cm-TRLFS bestätigt also, dass bereits bei pH ~ 5 erste IS-Komplexe
gebildet werden. Erwartungsgemäß sollte auch im Falle von Eu schon bei pH ~ 5 anteilig ein IS-
Komplex vorliegen, was allerdings wahrscheinlich aufgrund der geringeren Sensitivität bzw. der
Auflösung nicht beobachtet werden konnte.
Die RAXR-Ergebnisse liefern also zusätzliche Informationen zu den Ergebnissen der Eu/Cm-
Spektroskopie, was in Kombination ein genaueres Bild der vorliegenden Spezies liefern kann,
zeigen aber auch, dass die Ergebnisse der Methoden trotz unterschiedlicher Substrate (Einkristall
vs. Pulver) vergleichbar bleiben.
Abbildung 40: Grenzflächenstruktur von Am an der Basalfläche von Muskovit. Das EDtot-Profil
(durchgehend schwarze Linie) wurde durch CTR-Messungen ermittelt und die Am-ED-Verteilung (blaue
Fläche, die hellblaue Fläche zeigt die Unsicherheit dieser ED) wurde durch RAXR-Messungen ermittelt. Die
ED sind mit der vom Wasser ρ normalisiert, ρ (Wasser) = 0,33 e-/Å
3. Die mittlere Höhe z der
Oberflächensauerstoffe von Muskovit ist als z = 0 Å definiert. Das RAXR-Best-Fit Modell ist im Anhang A9
zu finden. Zum Vergleich ist als gestrichelte grüne Linie das EDtot-Profil von DIW auf Muskovit dargestellt.14
6.3.5 IS und Ternärer Orthoklas-Cm-Carbonatkomplex
Die beschriebenen Spezies 1 und 2 im Orthoklas-Cm-System wurden als IS-Sorptionsspezies
und ihre erste Hydrolysestufe identifiziert. Stumpf et al.133
beschreiben ebenfalls IS-Sorption von
Cm an Orthoklas mit Bandenmaxima bei 601,4 nm (pH > 5) und 603,6 nm (pH > 6,2). Dies ist in
relativ guter Übereinstimmung mit den vorliegenden Daten. Die leichten Abweichungen könnten
sowohl durch unterschiedliche Korngrößen des Minerals als auch durch Unterschiede in der
Zusammensetzung der natürlichen Minerale erklärt werden. Denn dadurch könnte sich das Angebot
an Sorptionssites ändern oder die Sites könnten durch etwas unterschiedliche Ligandenfelder leichte
Verschiebungen der Bandenmaxima hervorrufen.
Bei Spezies 3 handelt es sich, wie schon erörtert, nicht um eine zweite Hydrolysestufe sondern
höchstwahrscheinlich um einen ternären Komplex, denn die Lebenszeit (109 ± 9 µs) dieser Spezies
94
ist deutlich länger als dies für die zweite Hydrolysestufe der Fall wäre. Da es sich bei dem
verwendeten Orthoklas um ein natürliches Mineral handelt, kann ein Anteil an Carbonatmineralen
nicht ausgeschlossen werden, sodass ein ternärer Orthoklas-Cm-Carbonatkomplex denkbar wäre.
Ähnliche ternäre Komplexe wurden bereits von Marques Fernandes et al.134
für γ-Al2O3 mit einer
Bandenlage von 605 nm beobachtet. Eine weitere Möglichkeit ist ein ternärer Orthoklas-Cm-
Silikat-Komplex. Das Silikat würde in diesem Fall aus der Auflösung des Feldspates bei hohen pH-
Werten stammen. Auch diese Komplexe sind in der Literatur schon für Kaolinit bei pH > 10
beschrieben worden.135
Hier lag das Bandenmaximum bei 611 nm. Die bei dem hier beobachteten
Komplex ermittelte Bandenverschiebung lässt sich keinem dieser beiden Literaturwerte eindeutig
zuordnen. Das Auftreten von Spezies 3 schon ab relativ niedrigen pH-Werten (ab pH = 8,8) spricht
allerdings für CO32-
als Komplexpartner, da bei diesem pH-Wert die SiO44-
-Auflösung gerade
beginnt und erst bei höheren pH-Werten signifikante SiO44-
-Konzentrationen in Lösung auftreten.
Um hier eine eindeutige Antwort zu erhalten, bedarf es weiterer Forschungsarbeit zu diesem
Thema.
6.3.6 Einfluss der Mineralstruktur auf die Sorption
Zusammenfassend kann der unterschiedlichen Struktur von Muskovit und Orthoklas durchaus
ein Einfluss auf die Sorption zugesprochen werden, allerdings ist dieser Einfluss schwach
ausgeprägt. Durch den Vergleich der Sorptionskurven (Abbildung 31) sind zunächst keine
Unterschiede im Sorptionsverhalten erkennbar. Die Anregungsspektren der spektroskopischen
Untersuchungen der Sorption von Eu (Abbildung 34) zeigen hingegen eindeutig einen Unterschied.
Hierbei unterscheiden sich die Peakmaxima um etwa 2 nm und Muskovit bildet ein plateauartiges
Kontinuum von Spezies aus. Die Betrachtung einzelner Spezies zeigen hingegen wiederum
Ähnlichkeiten der Emissionsspektren mit geringfügigen Abweichungen in der Intensität und der
Ausprägung der Aufspaltung der Banden. Die Cm-Spektroskopie bestätigt diese Aussage, auch hier
sind nur geringfügige Unterschiede für besagten Spezies 1 und 3 feststellbar, allerdings ist Spezies
2 ausschließlich bei Orthoklas zu beobachten. Ob Spezies 2 bei der Cm-Sorption an Muskovit nicht
vorhanden ist oder lediglich spektroskopisch von anderen Spezies nicht zu unterscheiden ist, bleibt
dabei unklar.
Zusammenfassung
95
7 Zusammenfassung
In dieser Arbeit wurde das Sorptionsverhalten von Actiniden an Al-Silikaten (Muskovit und
Orthoklas) unter Verwendung der Hauptmethoden SXS und site-selektiver TRLFS in Kombination
mit Alpha-Spektrometrie und GI-XANES untersucht. Die Beeinflussung dieses Sorptionsverhaltens
wurde zum einen durch die Verwendung verschiedener Hintergrundelektrolyte, zum anderen
anhand der unterschiedlichen Redoxeigenschaften der Actiniden und der Verwendung zweier
unterschiedlicher Minerale, Muskovit und Orthoklas, untersucht. Im Fokus stand die Aufklärung
der Mechanismen, die hinter dem Sorptionsverhalten stehen, auf der molekularen Ebene. Durch die
Kombination von SXS und site-selektiver TRLFS kann dabei ein vollständigeres Bild eines
Systems generiert werden, als es die Methoden unabhängig voneinander vermögen.
Die Arbeit umfasst Untersuchungen mit Actiniden in den endlagerrelevanten Oxidationsstufen
III, IV und VI. Dabei wurde ein breites Spektrum verschiedener Actiniden verwendet: Th, U, Pu,
Am und Cm. Der Fokus lag auf dem Einfluss der aquatischen Chemie der Actiniden auf ihre
Retention an Mineraloberflächen. Die Untersuchungen dieser Arbeit richteten sich dabei vorrangig
darauf, wie dieser Retentionsprozess durch den Hintergrundelektrolyt, das Redoxverhalten der
Actiniden und die Oberflächenstruktur der Minerale beeinflusst wird.
Der Einfluss des Hintergrundelektrolyts wurde am Beispiel von Thorium untersucht. Das
Sorptionsverhalten von Th(IV) in Lösung unter Verwendung der am häufigsten verwendeten
Hintergrundelektrolyte, NaCl, Li/K/NaClO4, zeigte eine unerwartet starke Beeinflussung der
Sorption durch die Wahl des Hintergrundelektrolyts. Relativ zum Referenzsystem konnten dabei
zwei eindeutige Regime des Hintergrundelektrolyt-Effekts identifiziert werden. Für die Anionen
konnte ein unterdrückender Effekt durch ClO4- beobachtet werden. Bei den Kationen konnte
hingegen festgestellt werden, dass Li+ gegenüber Na
+ die Sorption drastisch erhöht. Auch für K
+
konnte eine verstärkte Sorption beobachtet werden, wobei diese weniger stark ausgeprägt ist als bei
Li+. Unklar blieb dabei welche Mechanismen tatsächlich für diese Unterschiede verantwortlich sind.
Es war möglich Komplexierungsreaktionen und chaotrope Effekte der Ionen (Hofmeister-Serie) als
Ursachen auszuschließen. Eine mögliche Erklärung für den Effekt der Hintergrundelektrolyt-
Kationen könnte in deren Adsorptionskonkurrenz liegen. Die direkte Identifizierung eines einzelnen
verantwortlichen Mechanismus, vor allem auch im Hinblick auf die Anionen, ist allerdings nicht
möglich und bedarf weiterer Forschung. Dabei sollte beachtet werden, dass die identifizierten
Effekte die Konsequenz verschiedener Mechanismen in Lösung und an der Mineraloberfläche sein
könnten. Nichtsdestotrotz machen die erzielten Ergebnisse auf die Bedeutung der Wahl des
96
Hintergrundelektrolyts aufmerksam. Diese Ergebnisse sind insbesondere deshalb überraschend,
weil der Hintergrundelektrolyt die berechneten Speziationen nicht signifikant beeinflusst, aber
dennoch enorme Unterschiede im Sorptionsverhalten hervorruft.
Der Einfluss des Redoxverhaltens wurde anhand von Pu und U untersucht. In keinem der beiden
Fälle wurde die anfänglich enthaltene Actinyl-Spezies als die sorbierte Spezies identifiziert. Durch
die Kombination der Methoden Alpha-Spektrometrie, GI-XANES und SXS (CTR/RAXR) konnte
eindeutig die Bildung einer Oberflächenschicht von reduziertem vierwertigem Pu gezeigt werden.
Die hohe Oberflächenbelegung von etwa 8 Pu/AUC (Alpha-Spektrometrie) und die vertikale
Speziesverteilung zeigen beide starke Ähnlichkeiten mit Ergebnissen, welche mit einer Pu(III)-
Lösung, sowie einer Lösung die bereits PuO2-Nanopartikel enthielt, erzielt wurden. Die Uran(VI)-
Lösung zeigt im Kontakt mit Muskovit trotz 10-fach höherer Actinidkonzentration unter ansonsten
identischen Bedingungen ein komplett anderes Verhalten. Es war nicht möglich, die Sorption von
Uran an der (001)-Fläche von Muskovit nachzuweisen. Dieser starke Kontrast des
Sorptionsverhaltens der zwei sechswertigen Actinylionen in wässriger Lösung muss auf das
unterschiedliche Redoxverhalten von Uran und Plutonium zurückzuführen sein. Ausgehend vom
günstigeren Standardreduktionspotential der Reaktion von PuO22+
zum Pu(IV), über die
bereitwilligere Hydrolyse des entstandenen Pu(IV) und darauffolgende Kondensationsprozesse zur
Bildung der Pu(IV)-Nanopartikel, begünstigen alle Faktoren die Nanopartikel-Bildung des Pu
gegenüber U. Unter den Reaktionsbedingungen ist für Uran bereits die Reduktion von UO22+
zu
U(IV) so ungünstig, sodass die Entstehung von U(IV)-Nanopartikeln nach demselben Schema, wie
für Pu beobachtet, thermodynamisch unmöglich wäre.
Das unterschiedliche Verhalten dieser zwei Radionuklide unter ähnlichen Reaktionsbedingungen
bietet Einblick in die Rolle des Redoxfensters, welches durch die Lösung, im Kontakt mit dem
redox-inaktiven Mineral Muskovit, bereitgestellt wird. Die Oberflächen-vermittelte Hilfestellung
des Muskovits ist offenbar nicht ausreichend, um die höheren Potentialunterschiede der Reaktion
von UO22+
(aq) zu UO2(am), verglichen mit der Reaktion PuO22+
(aq) zu PuO2(am), zu überwinden. Diese
Ergebnisse zeigen, dass unterschiedliches Redoxverhalten signifikante Unterschiede im Sorptions-
und Speziationsverhalten verschiedene Radionuklide hervorrufen kann, z. B. durch die Bildung von
Nanopartikeln und eine damit einhergehende Änderung der Mobilität, was in einer möglichen
Beurteilung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle Beachtung finden sollte.
Schließlich wurde untersucht, ob die Struktur der Oberfläche des Al-Silikats einen Einfluss auf
die Wechselwirkung mit den Actiniden hat. Hierzu wurden die dreiwertigen Actiniden Am und Cm
untersucht, deren Sorptionsverhalten nicht durch Redoxprozesse oder die Bildung von
Zusammenfassung
97
Nanopartikeln beeinflusst wird. An Muskovit und Orthoklas erzielte Ergebnisse zeigen ein nahezu
äquivalentes Sorptionsverhalten, daher liegt der Schluss nahe, dass es sich wahrscheinlich auch bei
anderen strukturähnlichen Al-Silikaten ähnlich verhalten würde. Dabei dominieren im sauren pH-
Bereich das Aquoion bzw. (E-)OS-Komplexe der dreiwertigen Actiniden, was mit steigenden pH-
Werten in eine innersphärische Komplexierung übergeht, welche ab pH 7 dominiert. Dabei konnte
gezeigt werden, dass dies nicht schlagartig geschieht, sondern die verschiedenen
Sorptionskomplexe von E-OS- über OS- bis zu IS-Komplexen im Übergangsbereich gleichzeitig
vorliegen können. Mithilfe der komplementären Verwendung von SXS und TRLFS konnten dabei
detailliertere Ergebnisse erzielt werden, da z. B. mittels TRLFS allein kein Unterschied zwischen
einem E-OS- und einem OS-Komplex ermittelt werden kann.
In den Experimenten dieser Arbeit zur Untersuchung des Sorptionsverhaltens von Actiniden an
Mineraloberflächen kamen vier verschiedene Actinide in drei endlagerrelevanten Oxidationsstufen
unter Anwendung modernster Methoden zur Strukturaufklärung zum Einsatz. Dabei wurden bislang
unbekannte Reaktionen und Prozesse auf der molekularen Ebene identifiziert und charakterisiert.
Unter anderem wurde ein Prozessverständnis der zugrundeliegenden Mechanismen der Sorption
und der Bildung von Nanopartikeln an Mineraloberflächen erlangt und es konnte gezeigt werden,
welche Rolle dabei Einflussfaktoren wie Hintergrundelektrolyt und Redoxverhalten spielen. Diese
Kenntnisse über Sorptionsprozesse sowie die zugrunde liegenden Mechanismen und damit das
potentielle Rückhaltevermögen, wiederum, sind wichtig um verlässliche
Langzeitsicherheitsanalysen eines tiefengeologischen Endlagers für hochradioaktive Abfälle
erstellen oder beurteilen zu können.
98
8 Ausblick
Einige Fragen blieben in dieser Arbeit unbeantwortet oder wurden durch sie neu generiert und
bedürfen weiterer Forschungsarbeit. Eine dieser offenen Fragen betrifft die Lokalisierung des
erörterten Kationeneffekts. Aktuell werden diesbezüglich bereits ESI-TOF-MS Experimente
durchgeführt, wobei die Lösungen in Anwesenheit von NaClO4 und LiClO4 und Abwesenheit von
Muskovit betrachtet werden, um festzustellen, ob sich Nanopartikel in stärkerem Maße ausbilden
wenn Li+ zugegen ist. In diesem Zusammenhang soll auch die Bildung von Nanopartikeln
weiterführend mithilfe von Zr untersucht werden. Der Einfluss des Redoxverhaltens könnte
ebenfalls weiter untersucht werden, z. B. durch den Kontakt von Muskovit mit einer Lösung die
bereit U(IV)-Nanopartikel enthält, wie es für Pu bereits durchgeführt wurde. Aufbauend auf dieser
Arbeit könnte das Verhalten von Actiniden oder deren Nanopartikeln in (simulierten) komplexen
natürlichen Systemen untersucht werden.
99
ANHANG
A1
100
A2: Vollständiger Satz aller RAXR-Modulationen (Kapitel 6.2.3)
101
A3
102
A4: Parameter des CTR Best-Fit-Modells für Pu (Kapitel 6.2.2)
Species Paramet
er
Unit Value Uncertaint
y 1
st peak z1 Å 1.40 0.06
c1 Weq 1.96 0.22
u1 Å 0.15 fixed
2nd
peak z2 Å 3.04 0.04
c2 Weq 13.42 1.06
u2 Å 0.91 fixed
3rd
peak z3 Å 5.67 0.08
c3 Weq 2.38 0.78
u3 Å 0.16 0.24
4th peak z4 Å 6.85 0.10
c4 Weq 2.58 0.58
u4 Å 0.29 0.13
5th peak z5 Å 9.02 0.24
c5 Weq 80.02 4.92
u5 Å 3.92 0.29
6th peak z6 Å 32.04 1.45
c6 Weq 11.70 2.32
u6 Å 5.05 0.54
Remote
LW
zLW Å 12.78 0.30
uLW Å 1.57 0.37
dLW Å 1.00 fixed
cLW Å 1.00 fixed
103
A5: Parameter des CTR Best-Fit-Modells für U (Kapitel 6.2.2)
A6: Parameter der Lösungsspeziation der Grenzflächenregion des Best-Fit-Modells der CTR-Daten
für die Systeme Th-NaClO4, Th-loNaClO4 und Th-KClO4.
1. Schicht 2. Schicht 3. Schicht
z1 (Å) c1
(Weq)
u1 (Å) z2 (Å) c2
(Weq)
u2 (Å) z3 (Å) c3
(Weq)
u3 (Å)
Th-NaClO4 2.04(2) 4.1(4) 0.60(3) 4.03(2) 1.20(7) 0.20* 11.7(3) 1.3(4) 2.25(44)
Th-loNaClO4 2.03(3) 5.8(3) 0.59(3) 4.06(6) 3.5(6) 0.58(10) 12.7(5) 1.6(7) 2.95(68)
Th-KClO4 1.68(1) 2.2(1) 0.10* 3.10(2) 5.6(3) 0.64(4) 5.49(4) 2.1(5) 0.75(9)
zj, cj und uj sind die Höhe über der Muskovit Oberfläche, die Belegung und die Verteilungsbreite des j’ten Peaks. Die
Belegungen (cj) sind in dimensionslosen Wasseräquivalenten (Weq) ausgedrückt, also die effektive Anzahl an
Wassermolekülen die benötigt werden um die Elektronendichte eines Peaks zu erhalten (d. h. die Elektronendichte
normalisiert auf die Anzahl Elektronen in H2O Molekülen pro AUC). Die Zahlen in Klammern hinter jedem Parameter
stellen die 1σ Standardabweichung der letzten Nachkommastelle(n) dar. Mit * markierte Parameter wurden während des
Fitprozesses fixiert.
Species Parameter Unit Value Uncertainty
1st peak z1 Å 1.71 0.09
c1 Weq 1.56 0.36
u1 Å 0.10 fixed
2nd
peak z2 Å 2.57 0.07
c2 Weq 2.84 0.26
u2 Å 0.15 fixed
Remote LW zLW Å 4.23 0.05
uLW Å 1.38 0.11
dLW Å 3.99 0.32
cLW Å 1.59 fixed
104
A7: der Lösungsspeziation der Grenzflächenregion des Best-Fit-Modells der CTR-Daten für das Th-
LiClO4-System.
Parameters
z1 (Å) c1 (Weq) u1 (Å)
1. Peak 1.80(5) 1.1(3) 0.20*
2. Peak 2.87(6) 3.1(4) 0.49(8)
3. Peak 4.39(3) 1.4(2) 0.20*
4. Peak 6.14(11) 5.0(12) 1.28(16)
5. Peak 9.07(9) 0.7(2) 0.40(15)
6. Peak 9.97(58) 47.3(66) 4.56(39)
7. Peak 27.1(19) 14.4(28) 6.4(14)
zj, cj und uj sind die Höhe über der Muskovit Oberfläche, die Belegung und die Verteilungsbreite des j’ten Peaks. Die
Belegungen (cj) sind in dimensionslosen Wasseräquivalenten (Weq) ausgedrückt, also die effektive Anzahl an
Wassermolekülen die benötigt werden um die Elektronendichte eines Peaks zu erhalten (d. h. die Elektronendichte
normalisiert auf die Anzahl Elektronen in H2O Molekülen pro AUC). Die Zahlen in Klammern hinter jedem Parameter
stellen die 1σ Standardabweichung der letzten Nachkommastelle(n) dar. Mit * markierte Parameter wurden während des
Fitprozesses fixiert.
A8: Fit Parameter und Unsicherheit des Best-Fit-Modells der RAXR-Daten für das System Th-
LiClO4:
Best-Fit Modell: 2 = 5.15, R-factor = 3.84%
Spezies Parameter Einheit Wert Unsicherheit
1. Peak z1 Å 4.11 0.12
c1 Th/AUC 2.42 0.10
u1 Å 5.52 0.18 2. Peak z2 Å 29.09 0.16
c2 Th/AUC 2.47 0.14
u2 Å 6.70 0.24
A9: Fit Parameter und Unsicherheit des Best-Fit-Modells der RAXR-Daten für Am auf Muskovit:
Best-Fit Modell: 2 = 1.54, R-factor = 0.004%
Spezies Parameter Einheit Wert Unsicherheit
1. Peak z1 Å 5.55 0.29
c1 Am/AUC 0.228 0.032
u1 Å 4.99 0.41 2. Peak z2 Å 17.69 0.64
c2 Am/AUC 0.036 0.006
u2 Å 1.88 fixed
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Versicherung
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt
oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher
weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde
vorgelegt.
Die Arbeit wurde am Institut für Ressourcenökologie (IRE) des Helmholtz-Zentrums Dresden-
Rossendorf (HZDR) in der Zeit von Dezember 2013 bis Juli 2017 unter der wissenschaftlichen
Leitung von Herrn Prof. Dr. Thorsten Stumpf und Herrn Dr. Moritz Schmidt angefertigt.
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Datum Stefan Hellebrandt