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Grundlagen Altersleitbild 2025 Rapperswil-Jona Verabschiedet vom Stadtrat am 10. Juli 2017

Grundlagen Altersleitbild 2025 sich an den Bedürfnissen und Ressourcen der älteren Menschen orien-tieren. Neben der persönlichen Begegnung im Rahmen von Beratung oder In-formationen

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Grundlagen Altersleitbild 2025 Rapperswil-Jona

Verabschiedet vom Stadtrat am 10. Juli 2017

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Impressum

Grundlagen Altersleitbild 2025

Stadt Rapperswil Jona

Verfasst von Curanovis – Care Management Dr. Stefan Knoth PhD, MHSc, Gesundheitswissenschafter

in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt

und weiteren Partnern

© Rapperswil Jona 2017

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G r u nd l a g e n z u m A l t e r s l e i t b i l d Rapperswil-Jona

©2017 Knoth// Curanovis – Care Management Seite - 3 -

Inhalt Abschnitt A Einleitung ......................................................................................................................... 6

A.1 Warum ein Altersleitbild? Warum jetzt? ................................................................................. 6

A.2 Zielsetzung und Referenzrahmen ............................................................................................ 7

Abschnitt B Grundlagen Altersleitbild .............................................................................................. 10

B.1 Ist Zustand 2017 .................................................................................................................... 10

B.1.1 Wohnen, soziales Engagement und Beratung............................................................... 10

B.1.2 Gesundheitssystem – Stand 2017 ................................................................................. 12

B.2 Bevölkerung und Bedarf ........................................................................................................ 12

B.2.1 Statistische Grundlagen und Methode .......................................................................... 12

B.2.2 Bevölkerungsentwicklung.............................................................................................. 13

B.2.3 Entwicklung der älteren Bevölkerung ........................................................................... 13

B.3 Bettenbedarf Prognose ......................................................................................................... 15

B.3.1 Berechnungsgrundlage .................................................................................................. 15

B.3.2 Bettenbedarf stationäre Pflege ..................................................................................... 15

B.3.3 Abdeckung des Bedarfs ................................................................................................. 17

B.4 Ambulante und teilstationäre Angebote ............................................................................... 18

B.4.1 Zwischen «ganz daheim und ganz im Heim» ................................................................ 18

B.4.2 Spitex ............................................................................................................................. 19

B.5 Faktor Demenz ...................................................................................................................... 22

B.5.1 Prävalenz der Demenz ................................................................................................... 22

B.5.2 Stationäre Strukturen für Demenz ................................................................................ 22

B.5.3 Neue Strukturen für Demenz ........................................................................................ 24

B.6 Fazit und Konsequenzen........................................................................................................ 26

B.6.1 Fazit ............................................................................................................................... 26

B.6.2 Konsequenzen für das Altersleitbild .............................................................................. 27

Abschnitt C Altersleitbild 2025 ......................................................................................................... 28

C.1 Übersicht ............................................................................................................................... 28

C.2 Wohnen und Lebensraum ..................................................................................................... 30

C.2.1 Handlungsfeld 1: Wohnraum und altersgerechte Wohnformen .................................. 30

C.2.2 Handlungsfeld 2: Mobilität & Lebensraum ................................................................... 31

C.3 Gemeinwohl und Partizipation .............................................................................................. 32

C.3.1 Handlungsfeld 3: Gemeinwohl ...................................................................................... 32

C.3.2 Handlungsfeld 4: Partizipation ...................................................................................... 33

C.4 Beratung und Dienstleistung ................................................................................................. 34

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C.4.1 Handlungsfeld 5: Information und Beratung ................................................................ 34

C.4.2 Handlungsfeld 6: Dienstleistungen ................................................................................ 35

C.5 Gesundheitsversorgung......................................................................................................... 36

C.5.1 Handlungsfeld 7: Ambulante Versorgung ..................................................................... 36

C.5.2 Handlungsfeld 8: Stationäre Pflege ............................................................................... 37

C.6 Steuerung .............................................................................................................................. 38

Abschnitt D Anhang: Vertiefung einzelner Themen ......................................................................... 40

D.1 Demographie ......................................................................................................................... 40

D.1.1 Bevölkerungsentwicklung Kanton – Region .................................................................. 40

D.1.2 Umrechnung Bettenbedarf stationäre Pflege ............................................................... 42

D.2 Veränderungen in der Gesundheitsversorgung .................................................................... 44

D.3 Zwei Mikrotrends – mit grosser Wirkung? ............................................................................ 46

D.3.1 Pflegeheime im Ausland ................................................................................................ 46

D.3.2 Freier Wille – auch beim Sterben .................................................................................. 46

D.4 Nationale Strategien Demenz und Palliative Care ................................................................ 49

D.5 Gesellschaftliche Prognosen und Trends .............................................................................. 51

D.5.1 Das Alter verändert sich ................................................................................................ 51

D.5.2 Neue Wohnformen ........................................................................................................ 51

D.6 Neue Versorgungsmodelle .................................................................................................... 54

D.6.1 „Fluid Care“ Modell Gottlieb Duttweiler Institut (senesuisse) ...................................... 54

D.6.2 Das Wohn- und Pflegemodell 2030 Curaviva ................................................................ 55

D.6.3 Chronologisches Versorgungsmodell Curanovis ........................................................... 57

Abschnitt E Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 59

Abschnitt F Abbildungs- und Tabellenverzeichnisse ........................................................................ 60

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Vorwort

Im Jahr 2007 wurde für die Stadt Rapperswil-Jona ein erstes Alterskonzept erarbeitet. Das oberste

Ziel war die Konzentration und Bündelung vorhandener Angebote. Mit dem Alterskonzept wurden

bereits damals viele zentrale Herausforderungen im Kontext einer «alternden Gesellschaft» erkannt. Mit der vorliegenden Überarbeitung geht die Stadt einen wesentlichen Schritt weiter. Basierend auf

den Grundsätzen der Altersfreundlichen Stadt, wie sie die WHO in einem weltweit anerkannten Kon-

zept aufgebaut hat, sollen gesellschaftliche, soziale, städtebauliche und gesundheitsbezogene Fragen

rund um das Thema Alter beleuchtet werden. Dabei werden Einwohner in der dritten und vierten Ge-

neration nicht als Belastung, sondern als Teil der Gesellschaft und wichtige Ressource für die Gesell-

schaft erkannt.

Das vorliegende Altersleitbild dient als Orientierung für die nächsten Jahre. Mit konkreten Zielen und

Leitlinien sollen Themen und Inhalte aufgenommen und erarbeitet werden. Das Altersleitbild dient

damit gleichermassen als Vision wie auch als Orientierungshilfe. Die Finanzierung, Terminierung und Kontrolle von den einzelnen Projekten ist Gegenstand der Umsetzung und wird im vorliegenden Leit-

bild nicht beleuchtet.

Das Ziel des Altersleitbildes 2025 ist es, das Zusammenleben der Generationen nachhaltig zu ermögli-

chen und den älteren Mitmenschen ein lebenswertes Leben bis ins höchste Alter zu ermöglichen.

Stadtrat Rapperswil-Jona

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Abschnitt A Einleitung

A.1 Warum ein Altersleitbild? Warum jetzt?

Öffentlicher Auftrag Die Stadt Rapperswil-Jona erfüllt öffentliche Aufgaben in verschiedenen gesell-

schaftlichen Fragen. Die Frage der Altersversorgung ist nicht zuletzt aufgrund

des demographischen Wandels ein zentraler öffentlicher Auftrag. Dabei geht

es nicht nur um die Altersversorgung im Sinne der Gesundheitsversorgung im

Alter, sondern auch darum, Menschen in der dritten und vierten Lebensphase

ein selbstbestimmtes Leben in der sozialen Gemeinschaft zu ermöglichen.

Altersleitbild 2007 Die grundlegende Strategie des Alterskonzeptes 2007 waren die «Integration

der älteren Menschen und bedürfnisorientierte Betreuungs- und Wohnformen, die sich am Wunsch nach Wohnen zuhause orientieren» und die «Führung und

Koordination der Altersarbeit durch die Stadt». Für diese Strategie wurden Ziele

und Massnahmen zu den folgenden Themen formuliert: � Integration / Vernetzung

� Prävention

� Wohnen im Alter

� Offene Altersbetreuung

� Stationäre Altersbetreuung

� Führung und Koordination

� Qualitätssicherung

Aufbau Organisation Der Aufbau der Organisation RaJoVita und mit der darin integrierten Dreh-

scheibe stand im Zentrum der Massnahmen im Jahr 2007: Das Projekt RaJoVita hatte und hat den Auftrag, vielfältige Versorgungsleistungen in der Altersver-

sorgung – gemeinsam mit anderen Akteuren – zu erbringen: von der Beratung

bis zur stationären Versorgung. Dieses Ansinnen konnte äusserst erfolgreich

umgesetzt werden, RaJoVita wird auch in Zukunft als zentraler Akteur die ge-

sundheitsbezogene Versorgung sicherstellen.

Evaluation und Standortbestimmung 2010

Im Jahr 2010 wurden die 2007 geplanten Massnahmen evaluiert und eine um-

fassende Standortbestimmung durchgeführt (Würmli, Überarbeitung Alters-

konzept Rapperswil-Jona, 2010). Im Rahmen der Evaluation wurden insgesamt

fünf Themen bestimmt, die in den nachfolgenden Jahren noch vertieft und um-

gesetzt werden sollen: Palliative Care, Nachbarschaftshilfe im Quartier, neue

Wohnformen, Langzeitpflege für Menschen unter 65 Jahre und die Gesund-

heitsberatung durch RaJoVita. Zu jedem dieser fünf Themen wurde vom Win-

terthurer Institut für Gesundheitsökonomie WIG ein Massnahmenpapier aus-gearbeitet. Für einzelne Themen besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Im

Rahmen der Massnahmenplanung im vorliegenden Altersleitbild werden die

entsprechenden Massnahmen wieder aufgenommen.

Gleiche und neue Herausforderungen

Oberflächlich betrachtet hat sich seit 2007 bzw. 2010 noch nicht so viel verän-

dert, und doch liegen die Bedürfnisse heute nicht exakt gleich. Die Veränderung

liegt in erster Linie in einer Ausweitung des Blickes über den gesundheitsbezo-

genen Versorgungsfokus hinaus. Die Stadt in ihrer Entwicklung muss sich auf

das Thema Alter einstellen, die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung al-

lein reicht nicht mehr. Die zweite grosse Veränderung, die das neue Leitbild prägen soll, ist durch die

Veränderungen in der Gesellschaft geprägt: Vorstellungen und Lebensentwürfe

im Alter verändern sich derzeit rasch, bessere Gesundheit und die Zunahme an

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alternativen Wohn- und Betreuungsformen verändern auch die Rollen der Ak-teure.

Fokus Sozialer Raum Werden gesellschaftliche und demographische Entwicklungen in Betracht ge-

zogen, wird ein Paradigma Wechsel sichtbar: Alter bedeutet immer weniger

Rückzug, Gebrechlichkeit oder Krankheit. Alter bedeutet in erster Linie, nicht

mehr arbeiten zu müssen, aktiv zu sein und zu bleiben.

Dem sozialen Raum muss dementsprechend viel Gewicht beigemessen wer-

den: der Gestaltung von Verkehr und Mobilität und der Strukturierung von In-

formationen und Dienstleistungen. Ein weiterer Fokus liegt in den gesellschaft-

lichen Fragen des Zusammenlebens, der Partizipation und des Respekts.

A.2 Zielsetzung und Referenzrahmen

Zielsetzung Das Altersleitbild erfüllt verschiedene Zielsetzungen. Es soll mit seinen Leitli-nien Impulse für Politik, Gesellschaft und Organisationen geben. Das Thema Al-

ter umfasst dabei weit mehr als die Gesundheitsversorgung: Es geht darum,

selbstbestimmtes Leben im Alter zu ermöglichen. Dazu müssen verschiedene

Bedingungen erfüllt sein. Der Zweck des Altersleitbildes liegt darin, die Bedin-

gungen zu erkennen und zu beschreiben und damit die Grundlagen einer „Al-

tersfreundlichen Stadt“ zu schaffen.

Referenz: Alters-freundliche Stadt WHO

Als zugrundeliegender Referenzrahmen dient das Konzept «Age friendly Cities

framework» der Weltgesundheitsorganisation WHO (WHO, kein Datum).

Netzwerk Die Stadt Rapperswil-Jona hat an einer Studie der Hochschule Luzern in Koope-

ration mit der Fachhochschule Köln im „Schweizer Netzwerk altersfreundlicher

Städte“ (Schweizer Netzwerk altersfreundlicher Städte, kein Datum) teilgenom-

men. Das Projekt heisst „Integrierte Sozialplanung als Innovation für die Ver-

sorgung im Alter (ISPInoVA)“.

8 relevante Themen-felder

Die WHO bezeichnet 8 relevante Themenfelder für die Einschätzung der Alters-

freundlichkeit von Städten:

1. Gemeinschaft und Gesundheitsversorgung

2. Öffentlicher Verkehr 3. Wohnen

4. Soziale Teilhabe (Partizipation)

5. Umwelt und Lebensraum

6. Respekt und soziale Integration

7. Partizipation und Arbeit

8. Kommunikation und Information

Details zu den The-menfeldern

Zu diesen 8 Themenfelder werden ausführliche Beschreibungen und Kriterien

genannt. Nachfolgend werden die wichtigsten Bereiche kurz aufgenommen

und mit stichwortartigen � Hinweisen versehen:

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1. Gemeinschaft und Gesund-heitsversorgung

Im Vordergrund stehen Zugang zu einer sozialen Gemeinschaft und zu Gesund-heitsleistungen, um Senioren gesund, unabhängig und aktiv zu erhalten. Von

grosser Bedeutung ist dabei die Nähe der beiden Angebote zum Wohnort. So-

wohl die sozialen Räume wie auch die Gesundheitsleistungen sollen von pro-

fessionellen Fachpersonen angeboten werden.

� Die Schaffung dezentraler Sozialzonen mit Begegnung und gesundheitsbe-

zogenen Leistungen ist von grosser Bedeutung

� Quartierentwicklung und -pflege

2. Öffentlicher Ver-

kehr Der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmittel ist der Schlüssel, um die ältere Be-

völkerung in den Austausch mit ihrer Umwelt zu erhalten. Dabei spielen Fahr-verhalten der Chauffeure, Umsteigezeiten und der hindernisfreie Zugang im

Ein- und Ausstieg eine besondere Rolle. Daneben haben Parkplatzgrösse und

Nähe zu Ausgängen eine Bedeutung.

� Öffentlicher Verkehr mit guten Umsteigezeiten

� Behindertengerechte Parkplätze

3. Wohnen Das Wohnen spielt – vor allem in der Steuerung des stationären Angebotes –

eine ganz zentrale Rolle. Wohnen in den eigenen vier Wänden wird oft als Sy-

nonym mit Lebensqualität und Eigenständigkeit verstanden. Wohnmöglichkei-

ten mit Zugang zu sozialen und gesundheitsbezogenen Leistungen ermöglichen eine Verzögerung des Heimeintrittes und geben Sicherheit.

� Wohnen im Alter, mit und ohne Dienstleistungen (assisted living)

� Hindernisfreies Wohnen

4. Soziale Teilhabe Die Teilnahme und Teilhabe am sozialen Leben mit allen sozialen, kulturellen

und spirituellen Aktivitäten sind die Basis von Integration mit der Gesellschaft.

Dazu gehören auch Kontakte zwischen den Generationen, zumal die älteste Ge-

neration sehr häufig unter sich bleibt.

� Soziale Anlässe mit Transportdiensten, altersfreundlichen Zeiten � Begegnung und Bewirtschaftung von generationenübergreifenden Sozial-

zonen.

5. Umwelt und

Lebensraum Natur und Grünzonen haben die grösste positive Wirkung auf Mobilität, Unab-

hängigkeit und Lebensqualität für ältere Menschen. Die Gestaltung von Erho-

lungsgebieten, Ruhezonen und guten Fusswegen ist von besonderer städtebau-

licher Bedeutung. Darüber hinaus sind die Gehwege, Strassenübergänge und

Rastmöglichkeiten im Stadtgebiet für Menschen mit Mobilitätseinschränkun-

gen oder Schmerzen angenehm.

� Grünzonen, (rollatorfähige) Spazierwege und Ruhezonen im Stadtgebiet � Transportmöglichkeiten zu diesen Zonen.

6. Respekt und soziale Integra-tion

Soziale Integration und Respekt gehen Hand in Hand. Dabei ist der Generatio-

nenvertrag von besonderer Bedeutung, der neben den ökonomischen Aspek-

ten auch soziale Themen integriert.

In der westlichen Welt bestehen negative Zuschreibungen gegenüber alten

Menschen. Die Nutzung der Erfahrungen der älteren Generation ist der Zugang

für soziale Integration und Wertschätzung.

� Sensibilisierung für generationenübergreifenden Respekt

� Nutzung der Erfahrung und Erfassen der Wünsche in einem «Altersforum».

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7. Partizipation und Arbeit

Neben der sozialen Teilhabe bestehen durchaus auch noch Ressourcen in der Arbeitskraft von älteren Menschen. Die gemachten Erfahrungen können ge-

nutzt werden. Insbesondere auch in der politischen und gesellschaftsbezoge-

nen Arbeit bestehen Potentiale.

� Freiwilligenarbeit und Mentoring

� Nutzung der Erfahrung in einem «Altersforum».

8. Kommunikation

und Information Informiert sein über Anlässe, Neuigkeiten und Aktivitäten sind der Eintritt in die

Teilnahme. Der Aufbau einer altersgerechten Information ist technisch heute

möglich und erhält die soziale Integration. Diese elektronischen Plattformen

sollen sich an den Bedürfnissen und Ressourcen der älteren Menschen orien-tieren. Neben der persönlichen Begegnung im Rahmen von Beratung oder In-

formationen spielen die sozialen Medien auch bei Senioren eine immer grös-

sere Rolle.

� Aufbau von elektronischen Informations- und Kommunikationsplattformen

� Altersgerechte Präsentation von Inhalten

Überlegungen Die Themen der WHO zeigen eines sehr deutlich auf: die Frage der Gesundheit

spielt zwar eine wichtige Rolle, steht aber nicht im Vordergrund. Viel wichtiger

ist die Gestaltung einer Stadt, die soziale Integration und Partizipation ermög-

licht, allen Generationen gleichermassen mit Respekt begegnet und Sozial-räume der Begegnung schafft. Dies ist in der Auffassung der WHO die Grund-

lage für beschwerdefreies Altern.

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Abschnitt B Grundlagen Altersleitbild

B.1 Ist Zustand 2017

B.1.1 Wohnen, soziales Engagement und Beratung Wohnen in ange-stammter Umge-bung

Das Wohnen in der angestammten Umgebung ist die wichtigste Wohnform

überhaupt. Die Herausforderungen sind insbesondere in älteren

Einfamilienhäusern gross: das Schlafzimmer befindet sich im Obergeschoss, es

gibt keinen Lift, die Treppe ist steil.

Neue Immobilien hingegen verfügen bereits immer häufiger über weitgehende

Hindernisfreiheit, teilweise sind sie sogar barrierefrei.

Alterswohnungen liegen im Trend

Alterswohnungen werden in der ganzen Schweiz seit kurzer Zeit stark im Trend.

Die Angebote haben einige gemeinsame Grundlagen: sie sind meist

hindernisfrei, oft zentral gelegen und haben grosszügige Bäder. In der weiteren

Ausgestaltung unterscheiden sie sich aber stark. Insbesondere in der Menge und

Gestaltung von Serviceleistungen und Pflegeangeboten haben sich noch kaum

Standards etabliert.

Keine Aufgabe der Gemeinden

Alterswohnungen sind keine Aufgabe der Gemeinden, sie werden von privaten

Organisationen (oft Genossenschaften) oder von der Immobilienbranche realisiert. Für die nachhaltige Entwicklung der stationären Betten und auch der

notwendigen Spitexleistungen ist es für die Gemeinde aber bedeutsam, die

Entwicklungen der Alterswohnungen im Blick zu haben.

Alterswohnungen Rapperswil-Jona

In Rapperswil-Jona sind in den letzten Jahren einige Alterswohnungen realisiert

worden, weitere sind geplant. Folgende Angebote stehen aktuell oder in naher

Zukunft zur Verfügung:

� Etzelblick: 34 Wohnungen von der Stadt Rapperswil-Jona

� Porthof: 60 Wohnungen inkl. Erweiterung mit 51 Wohnungen bis 2020

(Stiftung Alterswohnen) � BühlPark: 33 Wohnungen (ab Sommer 2017, Pensionskasse SG)

� Schachen: 60 Wohnungen (ab 2022) von der Ortsgemeinde Rapperswil-

Jona

In den Wohnungen vom Porthof, BühlPark und Schachen bietet RaJoVita Ser-

viceleistungen an.

Soziales Engage-ment & Begegnung

Soziale Angebote gehören traditionell zum Fundament einer funktionierenden

Gemeinschaft. Neben den Kirchgemeinden sind dies in Rapperswil-Jona insbe-

sondere der gemeinnützige Frauenverein und der Förderverein für Freiwilligen-arbeit. Diese Angebote entlasten die Angehörigen und die Akteure der Gesund-

heitsversorgung einerseits, andererseits geben sie den Menschen, die sich nach

der Pensionierung für die Allgemeinheit einsetzen wollen, die notwendige Platt-

form:

� Evangelische und Katholische Kirchgemeinde sowie weitere Glaubensge-meinschaften: seelsorgerische Tätigkeiten, Seniorennachmittage, Mittags-

tisch, Besuche an Geburtstagen, Freiwilligenarbeit u.a.m.

� Gemeinnütziger Frauenverein Rapperswil-Jona (GFV): Freiwilligenarbeit,

Besuchsdienst, Cafeteria Meienberg

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� Förderverein für Freiwilligenarbeit: Der Förderverein bietet Freiwilligen die Möglichkeit Menschen in ihrer Umgebung zu unterstützen, Beziehungen zu

pflegen und ihre Fähigkeiten sinnvoll einzubringen. Angeboten werden Be-

gleitung und Weiterbildungen für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in

der Freiwilligenarbeit. Der Förderverein verbindet Organisationen der Stadt

Rapperswil-Jona und der Region, die sich in der Freiwilligenarbeit engagie-

ren und bietet ihnen eine Plattform.

� Stiftung RaJoVita bietet in den Pflegezentren öffentliche Veranstaltungen,

Cafeteria, Mittagstisch, Angehörigenaustausch u.a.m. Über die Drehscheibe

mit der Gesundheitsberatung werden weitere Anlässe in den Quartieren

und in Zusammenarbeit mit den aufgeführten Anbietern durchgeführt

Information und Be-ratung

Informationen und Beratungsangebote bewegen sich immer in der Schnittstelle

zwischen sozialem und Versorgungssystem. Hier können drei Akteure unter-

schieden werden: die Pro Senectute, die Stiftung RaJoVita und die Strukturen

der Stadt:

� Soziale Dienste Stadt Rapperswil-Jona: Beratung, Sozialhilfe, finanzielle Hil-

fen, Informationen und Abklärungen von Leistungen und Beiträgen der

AHV-IV und von Ergänzungsleistungen etc.

� Pro Senectute Beratungsstelle: Beratung und Information für Personen ab

60, Gesprächsgruppen, Bildungs- und Sportangebote in den Bereichen Ge-sundheit, Lebensgestaltung, Sprachen etc. Mehr als 40% der Besucherinnen

der Beratungsstelle sind Bezügerinnen von Ergänzungsleistungen. Am häu-

figsten stehen finanzielle Aspekte im Zentrum der Beratungen.

� RaJoVita: Die Drehscheibe der Stiftung RaJoVita ist eine Anlaufstelle für

sämtliche Fragen und Informationen rund um das Thema Leben und Woh-

nen im Alter: Umfassende persönliche Beratung, Entlastungs- und Unter-stützungsmöglichkeiten, Demenzberatung, Angehörigenbegleitung, Ge-

sundheitsförderung und Prävention, Hilfestellungen für das Wohnen zu

Hause, Information zu Pflege- und Betreuungsangeboten ambulant und sta-

tionär, Anmeldung für stationären Aufenthalt, Koordination von Freiwilli-

genarbeit

Dienstleistungen Der Bereich Dienstleistungen umfasst alle Angebote, die auf Abruf in Anspruch genommen werden können. Die allermeisten Angebote sind dabei nicht auf Se-

nioren fokussiert, stehen diesen aber offen (z.B. Taxi, Steuerberatung oder Ein-

kaufsportale im Internet mit Lieferung nach Hause). Hier werden lediglich die

spezifischen Angebote aufgeführt (möglicherweise nicht abschliessend):

� Mahlzeitendienst (aus dem Bürgerspital)

� Fahrdienste Verein Tixi-Verein, Rotkreuz-Fahrdienst

� Unterstützung zu Hause (Pro Senectute und private Anbieter)

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B.1.2 Gesundheitssystem – Stand 2017 Ambulante Ange-bote

Im Bereich der ambulanten Dienste für zu Hause lebende Betagte sind verschie-

dene Organisationen tätig. Die wichtigsten Angebote sind insbesondere:

� RaJoVita Spitex mit verschiedenen spezialisierten Angeboten

� Pro Senectute mit verschiedenen Angeboten

� Diverse private Anbieter der ambulanten Pflege

� Entlastungsdienste für pflegende Angehörige von verschiedenen Anbie-

tern

� Hausärzte und Rappjmed-Ärztezentrum � Permanence der Rosenklinik

� Ambulante Therapieangebote wie Physiotherapie, Ergotherapie u.a.

� Psychiatrische Tagesklinik Süd, Uznach

Stationäre Pflege-Angebote

Für die stationäre Pflege werden verschiedene Möglichkeiten angeboten:

� Pflegezentrum Linthgebiet, Uznach mit 25 Plätzen für Rapperswil-Jona

� Alters- und Pflegeheim Bürgerspital mit 41 Pflegeplätzen

� RaJoVita Pflegezentren

o Pflegezentrum Bühl mit 70 Pflegeplätzen, davon 28 für Demenz

o Pflegezentrum Meienberg mit 69 Pflegeplätzen, davon 12 für Demenz o Pflegewohnung Porthof mit 8 Pflegeplätzen

o Pflegewohnung Spinnereistrasse mit 8 Pflegeplätzen

o Tagesstätte Grünfels, Entlastungsangebot für Betreuende Angehörige

� Geplante Pflegeplätze RaJoVita (Erweiterung und Ersatz)

o Pflegewohnung Porthof West mit 19 Betten (Ersatz für Porthof und Spin-

nereistrasse bis 2020)

o Pflegezentrum Schachen mit 168 Betten, davon 28 für Demenz und eine

Tagesstätte für 10 Personen. (Ersatz für Meienberg und Bürgerspital. Be-

zug ca. im Jahr 2022)

B.2 Bevölkerung und Bedarf

B.2.1 Statistische Grundlagen und Methode Statistische Grundla-gen Bedarfsberech-nung

Die Berechnung des Bettenbedarfs basiert auf drei Variablen: Bevölkerungsent-

wicklung – Altersverteilung – Heimrate. Um eine prognostische Aussage ma-

chen zu können, müssen auf der Basis der aktuellen und zukünftigen Bevölke-

rungsentwicklung die demographischen (Altersverteilung) und sozialen Ent-

wicklungen (z.B. Migration) antizipiert werden.

Methodisches Vorge-hen

Die Berechnungsmethoden in diesem Bericht unterscheiden sich von den Me-

thoden in den anderen Untersuchungen der demographischen Entwicklungen.

Je nach Fragestellung müssen andere Daten als Bezugssysteme dienen: die Be-völkerungsentwicklung und demographische Zusammensetzung der letzten

Jahre kann sehr präzise erhoben werden. Bei der Erstellung von Prognosen

müssen Schätzungen von kantonalen Berechnungen auf die Stadt Rapperswil-

Jona abgeleitet werden. Zudem wurden von den Autoren eigene Hochrechnun-

gen gemacht, die sich nicht auf den linearen Fortschreibungen des Bundesam-

tes für Statistik abstützen, sondern auf empirischen Daten aufbauen. In den

entsprechenden Ergebnissen werden Datengrundlage und allfällige Abwei-

chungen immer kenntlich gemacht.

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B.2.2 Bevölkerungsentwicklung Entwicklung Rap-perswil-Jona

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, wuchs die Bevölkerung von Rapperswil-Jona

seit 1985 stetig. Im Jahr 2014 lebten in Rapperswil-Jona 26‘722 Menschen. Da-

mit ist Rapperswil-Jona neben dem Kantonshauptort St. Gallen die bevölke-

rungsstärkste Kommune im Kanton St. Gallen. Die Bevölkerungszunahme seit

1985 beträgt 24 Prozent, sie übertrifft jene des Kanons St. Gallen (23.6 Prozent)

marginal.

Abbildung 1: Bevölkerungsent-wicklung Rappers-wil-Jona 1985-2014

B.2.3 Entwicklung der älteren Bevölkerung Demographische Entwicklung SG

Wie in Abbildung 2 ersichtlich ist, gehen die Prognosen überall von einer zuneh-

menden Alterung der Gesellschaft aus. Dies äussert sich in einer absoluten und

besonders in einer relativen Zunahme der älteren und betagten Bevölkerung ge-

genüber den 20- bis 64-Jährigen. Somit verändert sich auch das Verhältnis von

arbeitender zu nicht arbeitender Bevölkerung.

Altersquotient Ein Indikator für diese Entwicklung ist der Altersquotient, welcher das Verhältnis

der über 64-jährigen Bevölkerung zur Erwerbsbevölkerung, d.h. zu den 20- bis

64-Jährigen, darstellt. Je höher der Altersquotient liegt, desto weniger arbei-

tende Einwohner kommen auf Pensionierte.

Altersquotient Rap-perswil-Jona

Für die Stadt Rapperswil-Jona liegen keine detaillierten Zahlen vor, weshalb Um-

rechnungen auf der Datenbasis1 des Wahlkreis See-Gaster gemacht wurden.

Im Jahr 2014 lag der Altersquotient des Wahlkreises See-Gaster bei 28.8 Prozent

und damit nahe am nationalen Durchschnitts (28.7%), im Kanton St. Gallen liegt

das Verhältnis etwas tiefer bei 27.8 Prozent. Bis ins Jahr 2025 ist im Wahlkreis

See-Gaster mit einem Altersquotienten von knapp 38 Prozent zu rechnen, dies entspricht einer Zunahme von 29 Prozent gegenüber 2014. Der Kanton St. Gallen

erfährt dasselbe Wachstum, weist jedoch aufgrund seines tieferen absoluten

Wertes im Jahr 2014 auch im Jahr 2025 einen tieferen Altersquotienten auf

(35.9%). Der Kanton St. Gallen und der Wahlkreis See-Gaster werden folglich bis

1 Mehr Details siehe � Abschnitt D: D.1.1

1985 1990 1995 2000 2005 2010 2014

Zunahme gegenüber 1985 3.6% 5.5% 11.2% 17.1% 21.7% 24.0%

Zunahme 5 Jahres Periode 3.6% 1.8% 5.4% 5.4% 3.9% 1.9%

Bevölkerungsstand

Jahresende21'545 22'315 22'721 23'951 25'238 26'212 26'722

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0

5'000

10'000

15'000

20'000

25'000

30'000

Bevölkerungsentwicklung Rapperswil-Jona 1985-2014Datenquelle: Statistik Kanton St.Gallen

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2025 von einer überdurchschnittlichen relativen Zunahme der über 64-Jährigen betroffen sein.

Abbildung 2: Prog-nose der Altersquo-tienten

Altersentwicklung nach Altersgruppen

Für die Beurteilung der demographischen Entwicklung werden in der nachfol-

genden Tabelle die Einwohnerzahlen mit den in den jeweiligen Berichten publi-

zierten Hochrechnungen verglichen. Dabei zeigen sich einige Differenzen:

� Das Alterskonzept der Stadt Rapperswil Jona von 2007 (Arbeitsgruppe

Alterskonzept , 2007) ist in den kurzfristigen Berechnungen zu tief, bereits

die realen Zahlen von 2014 zeigen höhere Werte als die damals berechneten

Prognosen, dies insbesondere für die Altersgruppen ab 70 Jahren.

� Langfristig prognostizieren die Prognosen 2007 und 2012 der Stadt Rap-

perswil Jona die gleiche Entwicklung. Curanovis geht jedoch langfristig (ab

2020) von einer deutlich stärkeren Entwicklung aus. Die deutliche Korrektur des aktualisierten mittleren Szenarios (2025 +4%) für den Kanton St. Gallen

spricht eher für die Bevölkerungsprognose von Curanovis.

� Die Prognose von Curanovis, sowie jene aus dem Konzept „Wohnen im Alter

in Rapperswil-Jona“ (Projektgruppe ,,Wohnen im Alter", 2012) scheinen in

Anbetracht der aktuellen Bevölkerungszahlen am realistischsten.

� Die reale Bevölkerungszahl in der Alterskategorie 85+ hat 2014 bereits alle

Prognosen für 2015 übertroffen.

2014

REAL

Alterskonzept der Stadt

Rapperswil Jona (2007)

Konzept Wohnen im Alter in

Rapperswil Jona, mittleres

Szenario (2012)

Curanovis (Basis: kantonale Prognose)

2014 2015 2020 2025 2015 2020 2025 2015 2020 2025

65-69 1'530 1'534 1'436 1'537 1632 1601 1‘537 1'540 1'621 1'839

70-74 1'358 1'351 1'416 1'328 1392 1525 1‘328 1'402 1'538 1'620

75-79 1'007 964 1'143 1'197 995 1215 1‘197 1'021 1'242 1'367

80-84 694 623 721 853 670 784 853 697 781 959

85+ 631 503 551 628 610 662 628 617 714 833

Tabelle 1: Bevölkerungsentwicklung – Vergleich der Prognosen

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B.3 Bettenbedarf Prognose

B.3.1 Berechnungsgrundlage Berechnungsgrund-lage

Ausgangslage für die Berechnung des heutigen sowie zukünftigen Bettenbe-

darfs sind die publizierten Einwohnerzahlen des Kantons St. Gallen bzw. der

Stadt Rapperswil-Jona, wie sie beim Bundesamt für Statistik (BFS) bzw. bei der

Fachstelle für Statistik des Kantons St. Gallen abgerufen werden können23. Der

Stand der Daten ist jeweils per 31.12.2015.

Umrechnung für Rap-perswil-Jona

Für die Stadt Rapperswil-Jona sind keine Zahlen zur prognostizierten Bevölke-

rungsentwicklung nach Altersklassen zugänglich. Die zukünftigen Einwohner-

zahlen sind deshalb hochgerechnet anhand jener des Kantons bzw. dem Anteil

der Bevölkerungen von Rapperswil-Jona an der Gesamtbevölkerung des Kan-

tons St. Gallen im Jahr 2014.

Methodische Hin-weise zur Umrech-nung

Allfällige Differenzen der Modelle in Bezug auf die Berechnung des Bettenbe-

darfs werden kommentiert. Die Institutionalisierungshäufigkeiten zur Berech-

nung des Bettenbedarfs nach Alterskategorie (5-Jahres-Schritte) wurden von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich (Langzeitversorgung: Kenndaten

2013, 2014) erarbeitet. Für die Alterskategorie 95+ wurde von der Gesundheits-

direktion keine Häufigkeit publiziert. Es handelt sich dabei um eine Schätzung

von Curanovis. Diese ist jedoch konsistent mit Schätzungen von Prof. Dr.

François Höpflinger aus dem Jahre 2006 (Bayer-Oglesby, Höpflinger, &

Camenzind, 2006), wonach „eine Pflegebedürftigkeitsquote zwischen 33 und

35% bei der Altersgruppe 85+ realistisch erscheint“ Diese Zahlen ergeben sich

ziemlich genau, wenn man den durch Curanovis berechneten Bettenbedarf der

Alterskategorien 85-89, 90-94 und 95+ durch die Einwohnerzahlen in jenen Al-

tersgruppen dividiert.

Dynamische Einfluss-faktoren

Um den zukünftigen Entwicklungen (leistungsfähigere Spitex, Gesundheit der

Bevölkerung, neue Wohnformen mit Service, Kulturwandel, etc.) Rechnung zu

tragen, werden die Institutionalisierungshäufigkeiten aus dem Jahr 2013 einer

strukturellen Reduktion unterworfen.

B.3.2 Bettenbedarf stationäre Pflege Heimrate Die Heimrate liegt im Kanton St. Gallen derzeit bei 72.2. Dies bedeutet, dass

von 1000 Einwohnern über 64 Jahren 72.2 in der stationären Altersversorgung

leben. Auf die Bevölkerung im Jahr 2014 umgerechnet würde dies bedeuten,

dass derzeit 377 Einwohner in der stationären Pflege versorgt würden. In Rap-

perswil-Jona ist die Heimrate deutlich niedriger.

Stationäre Versor-gung

Der Bettenbedarf basiert nun auf differenzierten Umwandlungssätzen4. Im Fol-

genden werden die Modellrechnungen von Curanovis dargestellt und erläutert.

An dieser Stelle wird auf einen Vergleich mit den bisherigen Berechnungen aus

den bisherigen Studien verzichtet.

2www.statistik.sg.ch/home/themen/b01/wohnbev/basis/_jcr_content/Par/downloadlist_1/DownloadListPar/down-

load_0.ocFile/B01_STATPOP_009_Soziodemographie_SG-Wahlkreise-Gemeinden_2015-08-27.xlsx 3 Fachstelle für Statistik: Regionalisierte Bevölkerungsprognose zum Kanton St. Gallen (BevSzen-SG-5-a-2014-2060) 4 Die detaillierten Umrechnungsmodifikationen für die nachfolgenden Berechnungen sind im Anhang abgebil-

det: D.1.2: Umrechnung Bettenbedarf stationäre Pflege

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Insgesamt ergibt sich für 2015 ein Bettenbedarf von 232 Betten. Dieser Bedarf steigt – vor allem durch die Zunahme der Bevölkerungsgruppen der über 80-

jährigen bis ins Jahr 2025 auf 319 Betten an.

Abbildung 3: Modellrechnung Curanovis Bettenbedarf 2015-2025

Kantonales Pla-nungsmodell

Im Mai 2017 hat das kantonale Amt für Soziales, Abteilung Alter, ein «Neues Pla-

nungsmodell für die Angebote zur Betreuung und Pflege von Betagten» (Amt für

Soziales, Kanton SG, 2017) erstellt. Mit diesem Modell wird ein sogenannter Kor-

ridor anstelle der Obergrenze festgelegt. In der Erläuterung heisst es dazu: «Die

bisherigen maximalen Planungsrichtwerte (Obergrenzen) werden durch einen

Planungskorridor abgelöst; mit einer Ober- und einer Untergrenze. Damit kön-

nen die Gemeinden eine den lokalen oder regionalen Begebenheiten angepasste Strategie in der stationären, teilstationären und ambulanten Pflege und Betreu-

ung wählen und den Handlungsbedarf konkret ableiten.» (Amt für Soziales,

Kanton SG, 2017)

Gleichzeitig wurde der Planungswert gesenkt: «Die aktuellen Berechnungen, die

auf einem national etablierten Modell beruhen, zeigen, dass die bisherigen ma-

ximalen Richtwerte für das stationäre Angebot gesenkt werden können.» (Amt

für Soziales, Kanton SG, 2017)

Planungswerte Kan-ton

Die Planungswerte gemäss dem Modell SG für Rapperswil-Jona sind in der nach-

folgenden Tabelle abgebildet. Der Korridor wird dabei über die Ober- und Unter-grenze festgelegt.

Tabelle 2: Ober- und Untergrenze Pla-nungsmodell SG

Gruppe

65-69

Gruppe

70-74

Gruppe

75-79

Gruppe

80-84

Gruppe

85-89

Gruppe

90-94

Gruppe

95+Total

dyn Bettenbedarf 2015 6 11 20 44 72 67 13 232

dyn Bettenbedarf 2020 7 12 24 49 82 75 23 271

dyn Bettenbedarf 2025 7 12 27 60 94 89 30 319

0

50

100

150

200

250

300

350

An

zah

l Be

tte

n

Prognose Bettenbedarf Rapperswil-Jona

Obergrenze 2014 2020 2025 2030 2035

Anzahl Plätze 364 419 460 504 551

Untergrenze 2014 2020 2025 2030 2035

Anzahl Plätze 242 279 306 336 367

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B.3.3 Abdeckung des Bedarfs Schwierige Prognose Die Unterschiede der Prognosen in der Bevölkerungsentwicklung erschweren

die Prognose eines Bettenbedarfs sehr. Es wurde versucht, den errechneten

Bedarf mit dem dynamischen Umwandlungssatz durch den Bedarf an Demenz-

plätzen zu verifizieren. Zusammenfassend werden in der Tabelle 3 Angebot und

Bedarf gemäss den Hochrechnungen verglichen.

Erläuterungen In einem ersten Schritt werden die geplanten Angebote (Planungsstand August

2016) zusammengerechnet und der Bedarfsplanung Rapperswil-Jona von 2012 gegenübergestellt. Daraus ergeben sich Abweichungen in den Jahren 2020 (26

Betten zu viel), 2025 (8 Betten zu wenig) und 2030 (16 Betten zu wenig).

Die Bedarfsberechnungen von Curanovis zeigen eine gute Abdeckung des Be-

darfs bis 2020, im Anschluss wird der Bedarf aber grösser als die Nachfrage

(2025 fehlen 45 Betten). Curanovis macht keine Aussagen zu den Entwicklun-

gen im Jahr 2030, da hier zu viele Einflussfaktoren berücksichtigt werden müs-

sen.

Angebotsplanung (Stand 08/2016) 2015 2020 2025 2030 Meienberg 69 69 0 0

Bühl 70 70 61 61

Schachen 0 0 168 168

Bürgerspital 41 41 0 0

Spinnerei 8 0 0 0

Porthof 8 0 0 0

Neu; Pflegewohnungen 0 19 19 19

Pflegezentrum Linthgebiet 25 25 25 25

Modulare Erweiterung Schachen 0 0 0 28

Total Angebot (Planung August 2016) 221 224 273 301

Bedarfsplanung 2012 235 248 281 317

Angebot 2016 vs. Bedarfsplanung 2012 -14 -24 -8 -16

Bedarfsberechnung Curanovis Dynamisch 232 271 319

Differenz zum Angebot 2016 -11 -47 -46

Geplante Eröffnung Schachen: 2022

Tabelle 3: Gegenüberstellung Angebot – Bedarf gemäss Hochrechnungen

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Bedarf und Angebot im Kontext mit Pla-nungsmodell SG

Die nachfolgende Grafik verbindet nun die Bedarfsberechnung von Curanovis mit dem Angebot im Kontext des neuen Planungsmodells. Dabei wird deutlich,

dass sich die Berechnungen von Curanovis immer an der Untergrenze des Korri-

dors bewegen. Die aktuellen und geplanten Angebote in Rapperswil-Jona liegen

immer unterhalb des kantonalen Korridors.

Abbildung 4: Bedarf und Angebot im Kon-text Planungsmodell SG

Monitoring In beiden Berechnungen (Planungsmodell SG und Bedarfsberechnung Curano-

vis) wird klar, dass der aktuelle Bestand bzw. die geplanten Entwicklungen die

Nachfrage nicht abdecken kann. Dieser Zustand bleibt auch nach der Fertigstel-

lung des neuen Pflegezentrums im Schachen bestehen. Ab 2022 werden die An-gebote sich dem Bedarf annähern (dies abhängig davon, ob Menschen, die nicht

in ein Pflegeheim „müssen“, eine andere Versorgungsform wählen). Wie die Er-

fahrungen bisher gezeigt haben, sind Berechnungsprozesse lediglich Prognose-

modelle.

Für die Steuerung ist es von grosser Bedeutung, dass Angebot und Nachfrage

laufend erhoben werden, um Trends und Lücken in der Versorgung nicht zu ver-

passen.

B.4 Ambulante und teilstationäre Angebote

B.4.1 Zwischen «ganz daheim und ganz im Heim» Intermediäre Struktu-ren

Die beiden Pole «Wohnen in der angestammten Umgebung» und stationäre Strukturen (Pflegeheim, Pflegezentrum) werden auch in der Zukunft bestehen

bleiben. Dazwischen bildet sich aber ein Raum, der vom Gesundheitsobserva-

torium als «intermediär» bezeichnet wird. In diesen Strukturen werden

Dienstleistungen und Pflege in hoher Durchlässigkeit angeboten.

Altersgerechtes Woh-nen

Die erste und sehr bedeutsame Form ist hier unter dem Begriff «Altersgerech-

tes Wohnen» zusammengefasst. Darunter sind sehr viele Formen zu verstehen:

von der hindernisfreien Wohnung über Service-Wohnen bis hin zur Residenz.

In diesen Strukturen ist es oft möglich, noch in hohen Pflegestufen betreut zu

werden, ohne dass ein Übertritt in stationäre Strukturen erfolgen muss.

232

271

319

221 224

273

160

200

240

280

320

360

400

440

480

J2015 J2020 J2025

Vergleich: Bedarfsberechnung Curanovis, Korridor Planungsmodell SG, Bettenbestand Rapperswil-Jona

Korridor Planungsmodell SG Bettenbedarf Curanovis

Bettenbestand Rapperswil-Jona

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Dezentrale, betreute Wohnformen

Gemeinde- bzw. Spitexbasierte Wohnformen, die nicht als Pflegebetten be-rechnet werden, gibt es in der Schweiz noch selten. Ganz anders im europäi-

schen Umfeld, wo bereits etliche Standards entwickelt sind, die auch zeigen,

dass diese Wohnform in vielerlei Hinsicht enormes Potential bietet.

Die Grundlage dieser Wohnform ist die Wohngruppe, bei der Menschen mit

ähnlichen Bedürfnisprofilen (z.B. Demenz) betreut werden. Die Pflege wird von

der Spitex erbracht. Damit können ambulante Tarife verrechnet werden. Die

Ansprüche an die Bauweise sind deutlich tiefer.

Abbildung 5: Intermediäre Struk-turen in der Über-sicht

Dienstleistungen und Pflege

Werden im Alter Dienstleistungen benötigt, lassen sich verschiedene Stufen un-

terscheiden: Dienstleistungen allgemeiner Art und spezifische Dienstleistungen

für Senioren. Die zunehmende Digitalisierung kommt auch Senioren zugute:

immer mehr alltägliche Dienstleistungen wie Einkaufen, Informationen oder

Veranstaltungen können via Internet bezogen werden.

Die für Senioren relevanten Dienstleistungen beinhalten zum Beispiel Mahlzei-ten, hauswirtschaftliche Aufgaben oder Besuchsdienste. Viele dieser Angebote

werden heute integrativ von der Spitex und anderen Organisationen angebo-

ten.

Ambulante Pflege Ambulante Gesundheits- und Pflegeleistungen sind in zunehmenden Alter von

grosser Bedeutung. Neben den ambulanten Pflegeleistungen durch die Spitex

sind darunter ärztliche und therapeutische Angebote zu verstehen.

Der Zugang und die Angebotsbreite leisten einen wesentlichen Beitrag zum

Verbleib in den eigenen vier Wänden: je niederschwelliger der Zugang ist und

je mehr Leistungen verfügbar sind, desto später wird ein definitiver Eintritt in die stationäre Pflege notwendig.

B.4.2 Spitex Spitex Die ambulante Pflege spielt in der Versorgung eine immer wichtigere Rolle. Ein-

fach ausgedrückt kann man sagen: «Die Leistungsfähigkeit der Spitex beein-

flusst direkt den Zeitpunkt eines Heimeintrittes». Auch wenn diese Aussage et-

was zu einfach ist, so zeigt sie doch, dass der Spitex in der zukünftigen Versor-

gung eine zentrale Aufgabe zukommt.

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Entwicklungen Die Spitexleistungen in der Schweiz entwickeln sich nicht linear. Der Zuwachs in den letzten Jahren ist deutlich sichtbar. So auch in Rapperswil-Jona. Die nach-

folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Restfinanzierung von ambulanten

Pflegeleistungen zwischen 2012 und 2016. In dieser Zeit hat die Restfinanzie-

rung um insgesamt 30 Prozent zugenommen!

Der Anteil der privaten Organisationen ist verhältnismässig klein. In Anbetracht

des starken Wachstums verändert sich aber die Bedeutung zunehmend – je

nach Entwicklungen der Spitex RaJoVita.

Abbildung 6: Entwicklung der Restfinanzierung am-bulante Pflege

Zukünftiger Bedarf Der zukünftige Bedarf an Spitexleistungen hängt von vielen Faktoren ab. Grund-

sätzlich kann der minimale Bedarf entsprechend den Hochrechnungen der de-

mographischen Entwicklungen berechnet werden. Dies basiert aber auf der

Prämisse, dass die Versorgungsabläufe so bleiben wie sie sind. Eine zweite Prognose ist auf der Projektion der Entwicklungen der letzten fünf Jahre mög-

lich. Die nachfolgende Abbildung zeigt beide Modellrechnungen auf. Sehr deut-

lich ist der grosse Unterschied.

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Abbildung 7: Entwicklung der Leistungen Spitex

Wachstum ge-wünscht

In der Prognose wird vor allem eines deutlich: es ist von einem deutlichen

Wachstum auszugehen. Dieses Wachstum liegt einerseits an der demographi-

schen Nachfrage, die deutlich zunehmen wird. Andererseits ist das Wachstum

durchaus gewünscht, da die Versorgung der Bevölkerung durch Spitexleistun-

gen deutlich kostengünstiger ist als in stationären Strukturen.

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B.5 Faktor Demenz

B.5.1 Prävalenz der Demenz Fokus Demenz Dementielle Erkrankungen nehmen zu. Der Grund dafür liegt nicht darin, dass

die Krankheit häufiger wird, sondern in der Tatsache, dass immer mehr Men-

schen ein Alter erreichen, in dem die Demenz auftritt.

Prävalenz Demenz Wie Prince et al. (2013) in einer Übersichtsarbeit mit Daten mehrerer tausend

Personen zeigen, steigt die Prävalenz (Anteil von Personen, bei denen mit de-

mentiellen Erkrankungen gerechnet wird) mit dem Alter deutlich an. Während

in der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen noch knapp eine von 100 Personen

an Demenz erkrankt ist, sind es bei den 80- bis 84-Jährigen bereits zehn. Im

Alter zwischen 90 und 94 Jahren sind 40 von 100 Personen von dementiellen

Erkrankungen betroffen und in der Altersgruppe der 95-Jährigen und älter ist

es jede zweite Person.

Abbildung 8: Prävalenz der De-menz in Westeuropa5

Demenz in Rappers-wil-Jona

Anhand dieser Prävalenzzahlen und der prognostizierten Bevölkerungsentwick-

lung bei den Älteren und Hochbetagten lässt sich schätzen, mit wie vielen De-

menzfällen in der Gemeinde Rapperswil-Jona zu rechnen ist. Wie in Abbildung

10 ersichtlich ist (Indikator Demenz) steigt die Zahl von Einwohnern mit demen-

tiellen Erkrankungen in Rapperswil-Jona von 330 (2015) auf 446 Personen im

Jahr 2025 an.

B.5.2 Stationäre Strukturen für Demenz Versorgungsstruktu-ren Demenz

Nicht jede Form der Demenz braucht die gleichen Versorgungsstrukturen. Sehr

grob lassen sich drei Typen unterscheiden: (1) leichte bzw. kompensierte De-menzfälle, die noch zu Hause oder in «normalen» Pflegestationen betreut wer-

den können. (2) Zustände, die aufgrund ihrer Selbst- und Fremdgefährdung

ausschliesslich im (geschützten) Milieu betreut werden können. Diese Men-

schen benötigen Betreuungsleistungen während 24 Stunden. (3) Fälle, die auf-

grund hoher Immobilität bzw. hohem Pflegebedarf keinen besonderen Schutz

mehr benötigen und in Pflegestationen mit intensiver Pflege gut aufgehoben

sind.

0.9% 1.8% 3.6%

10.5%

23.8%

40.0%

50.0%

0.0%

10.0%

20.0%

30.0%

40.0%

50.0%

60.0%

Gruppe 65-69 Gruppe 70-74 Gruppe 75-79 Gruppe 80-84 Gruppe 85-89 Gruppe 90-94 Gruppe 95+

Prävalenz Demenz (Westeuropa)

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Umrechnung statio-näre Demenz

Für den resultierenden Bettenbedarf (siehe Abbildung) durch Demenz stützt sich die Vorhersage auf den Befund der Schweizerischen Alzheimervereinigung,

dass in der Schweiz etwa 40 Prozent der Demenzkranken stationär betreut wer-

den (Schweizerische Alzheimervereinigung). Neuere Studien gehen sogar von

über 50 Prozent aus. Dementsprechend ist die Hochrechnung von Curanovis

eher defensiv.

Abbildung 9: Modell Bedarfsberechnung Demenz

Bettenbedarf De-menz

Für die Berechnung des Bettenbedarfs für Demenz wurde in einem ersten

Schritt die Bevölkerungszahl pro Altersgruppe mit der Prävalenzrate nach

Prince et al. hochgerechnet (siehe Abbildung 10). Die grauen Säulen zeigen die

Anzahl von Demenzkranken pro Altersgruppe nach Prävalenzquote. Geht man

nun von einer stationären Quote von 40% aus, ergibt dies den Bettenbedarf pro

Altersgruppe (orange Säulen).

Bedarf konkret Bis Ende 2020 ist bei 380 Demenzfällen in der Stadt Rapperswil-Jona mit 153

stationären Demenzpatienten zu rechnen. Gleichzeitig leben geschätzte 229

Personen mit dementiellen Erkrankungen zu Hause und werden von Angehöri-

gen betreut.

Bis ins Jahr 2025 steigt der Bettenbedarf durch Demenz in Rapperswil-Jona auf

178 Plätze an. Besonders viele Fälle sind bei den 80- bis 90-Jährigen zu verzeich-

nen und auch zukünftig zu erwarten, da diese Altersgruppe zunehmen wird und

hohe Demenzprävalenzen aufweist.

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Abbildung 10: Bettenbedarf De-menz, Modellrech-nung Curanovis

B.5.3 Neue Strukturen für Demenz Betreuung und Pflege Menschen mit Demenz benötigen sehr lange nur wenig Pflege aber zuneh-

mende Betreuung. Diese Tatsache ermöglicht einen langen Verbleib ausserhalb

stationärer Strukturen. Erst wenn laufend Pflege notwendig ist, bzw. die Pflege

nicht planbar wird, braucht es Strukturen mit pflegerischen Vorhalteleistungen

über 24 Stunden.

Angebote für pflegende Angehörige

In Abbildung 10 wird sehr deutlich, wie gross der Anteil der Menschen mit de-

mentiellen Erkrankungen ist, der zu Hause lebt. Für die Angehörigen ist dies oft

eine grosse Herausforderung. Mit der Veränderung der Familienstrukturen ist mittelfristig die Frage, wie die Betreuung zu Hause gewährleistet werden kann.

Entlastungsangebote, Tages- und Nachtstrukturen und Support für Angehörige

in Form von Beratung und Selbsthilfegruppen gewinnen an Bedeutung.

Limitierung durch Be-treuung

Insbesondere durch die Betreuungsaufgaben wird der Verbleib zu Hause limi-

tiert. Die zunehmende Notwendigkeit einer Präsenz führt zu einer Überforde-

rung bzw. Erschöpfung der Familiensysteme. Aufgrund der Begrenzung von Zu-

satzfinanzierungen für ambulante Betreuung (je nach Kanton sehr unterschied-

lich), wird ein Übertritt in stationäre Strukturen notwendig.

Spitexbasierte Wohn-formen für Demenz

Das Modell der «intermediären Strukturen» (siehe Kapitel B.4.1 und Anhang:

D.5.2), hat für die Demenz eine besondere Bedeutung. Hier können spitexba-

sierte Wohnformen eine echte (und kostengünstigere) Alternative zu stationä-

ren Strukturen anbieten. Mögliche Varianten sind betreute Wohngruppen oder

spitex- oder heimbasierte Tages- und Nachtstrukturen.

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Abbildung 11: Wohn- und Betreuungsstrukturen Demenz

Neue Strukturen Das Modell skizziert die durchlässige Wohnform: in der Wohngruppe ergänzen sich Betreuungsdienste (z.B. Hotellerie, Betreuungsfachpersonen), Spi-

texdienste und Angehörige. Ergänzend können Freiwillige mit einbezogen wer-

den.

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B.6 Fazit und Konsequenzen

B.6.1 Fazit Situation 2017: Breite Angebote

Das heutige Angebot in den Bereichen der sozialen Altersarbeit und in der Gesundheitsversorgung in Rapperswil-Jona ist breit. Viele Strukturen beste-hen seit vielen Jahren, aber auch neue Entwicklungen sind sichtbar. Insbeson-dere in den Bereichen der Alterswohnungen und den Pflegezentren sind in den nächsten Jahren grosse quantitative Entwicklungen geplant.

Demographie Die demographischen Entwicklungen werden durch zwei Faktoren zu einer Her-

ausforderung: Das Bevölkerungswachstum und die Zunahmen der Personen

über 65 Jahre. Der Altersquotient steigt von 2014 bis 2025 um knapp 30 Prozent

auf einen Faktor von 37 Prozent. Dies ist deutlich höher als im Schweizerischen

Durchschnitt.

Bettenbedarf Der Bettenbedarf nimmt in den nächsten Jahren deutlich zu. Entsprechend

den Hochrechnungen reicht der heutige Bettenbestand in Rapperswil-Jona bis zur Fertigstellung der neuen Pflegestrukturen nicht aus.

Kompensationsmög-lichkeiten

Der nicht abgedeckte Bedarf kann über eine Reihe von Massnahmen noch eine

Weile kompensiert werden:

� Sicherung der Pflegeleistungen durch stetige Erhöhung der Leistungsfähig-

keit der Spitex RaJoVita

� Kooperationen mit anderen Anbietern, insbesondere für aufwändigen Pfle-

gebedarf und für Pflegebedarf über 24 Stunden

� Ergänzung durch zusätzliche Pflegewohnungen

� Kompensation durch stationäre Pflegeangebote in der Region

Ambulante Pflege Der Bedarf der ambulanten Pflege wird deutlich zunehmen. Kommen noch

Kompensationen von fehlenden stationären Angeboten hinzu, liegt das zu er-wartende Wachstum für die nächsten Jahre bei 10 Prozent pro Jahr. Mit der Eröffnung des neuen Pflegezentrums ist nur mit einer kurzen Stagnation die-ser Entwicklung zu rechnen.

Altersgerechte Wohnformen

Von besonderer Bedeutung ist der strategische Einbezug von altersgerechten Wohnformen in die Steuerung der Altersversorgung. Damit gemeint ist die Sicherstellung von Wohnformen, die sich für das sogenannte „Independent living“ bzw. „active and assisted living“ eignen. Zu den Inhalten besteht in der Schweiz ein Netzwerk (Netzwerk Independent Living). Bislang wird die Erstellung von altersgerechten Wohnformen über private Ak-teure umgesetzt, die Stadt hat dabei in Einzelfällen eine begleitende Rolle.

Schwerpunkt De-menz

Bei der Weiterführung der Betreuungsform für Demenz wie bisher muss rund die Hälfte des jeweiligen Bettenbedarfs für Bewohnerinnen und Bewohner mit Demenz eingerechnet werden. Diese Bewohnerinnen und Bewohner brauchen eine dafür eingerichtete Infrastruktur und hochqualifizierte Pflege.

Sicherung des Ange-botes für Demenz

Für die Sicherstellung des Bedarfs an Angeboten für Menschen mit Demenz, die ein Milieu benötigen, können folgende Kompensationsmechanismen notwen-

dig sein:

� Umnutzung bestehender stationärer Angebote für Demenzeinheiten

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� Einrichtung oder Erweiterung von dezentralen, spitexbasierten Demenz-wohngruppen

� Kooperationsverträge mit definierten Platzzahlen in anderen stationären

Pflegezentren der Region.

B.6.2 Konsequenzen für das Altersleitbild Grundsätze Die Zunahme an Herausforderungen durch Überlagerung von Bevölkerungs-

entwicklung, Altersentwicklung und neue Versorgungsansätze erhöht die Kom-

plexität für die Stadt Rapperswil-Jona. Aus den bisher beschriebenen Entwick-

lungen lassen sich die Konsequenzen für das Altersleitbild ableiten:

� Erhöhung der Steuerung

� Ausweitung der Betrachtungsweise

� Entwicklung neuer Versorgungsmodelle

� Gesellschaftlicher Diskurs zur Integration der Generationen

Steuerung Die Steuerung der Versorgungsangebote umfasst zwei wesentliche Bestand-

teile: das Monitoring von Bedarf und Angeboten und die Sicherung der Ange-

bote über differenzierte Leistungsvereinbarungen mit den zentralen Akteuren.

Ausweitung der Be-trachtungsweise

Neben der Gesundheitsversorgung sollen die sozialen Fragen zur Altersarbeit

stärker in die Steuerung und das Monitoring einbezogen werden. Insbesondere

alternative und neue Wohnformen und niederschwellige Angebote für Betreu-

ung und Übergänge seien hier erwähnt.

Entwicklung neuer Versorgungsmodelle

Die Versorgungsmodelle verändern sich derzeit sehr stark (siehe dazu auch Ka-

pitel D.6 Neue Versorgungsmodelle). Diese Modelle müssen laufend diskutiert

und auf ihre Umsetzbarkeit im Kontext von Rapperswil-Jona überprüft werden.

Gesellschaftlicher Diskurs

Die längere Lebenserwartung und die Zunahmen von älteren und hochaltrigen

Menschen führen zur Entwicklung einer vierten Generation. Der Diskurs in der

Gesellschaft zur Integration der Generationen ist eine grosse Herausforderung.

Dieser Diskurs muss innerhalb der Generationen und zwischen den Generatio-

nen konsequent gefördert werden.

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Abschnitt C Altersleitbild 2025

C.1 Übersicht

Oberste Maximen Die obersten Maximen des Altersleitbildes 2025 sind 1. Eine altersfreundliche Stadt ermöglicht die Integration der Generationen

und fördert Selbständigkeit und Gesundheit ihrer betagten Mitmenschen.

2. Führung und Steuerung der „Altersarbeit“ durch die Stadt

Diese beiden Maximen bilden so eine Weiterführung der Maximen von 2007

mit einer Ausweitung des Blickwinkels auf die Stadt- und Gesellschaftsentwick-

lung (Maxime 1) bzw. einer Verstärkung der Steuerung (Maxime 2).

4 Themengruppen Das Altersleitbild gliedert sich in Anlehnung an den oben beschriebenen Refe-

renzrahmen der WHO in die vier Themengruppen Wohnen & Lebensraum, Ge-meinwohl, Beratung & Dienstleistung und Gesundheitsversorgung. Die Steue-

rung durch die Stadt koordiniert Akteure und Leistungen, soweit dies erforder-

lich ist. Die Steuerung ist dabei nicht als operative Grösse zu verstehen.

Abbildung 12: Übersicht Themen-gruppen

Wohnen & Lebensraum

Unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass der grösste Teil der Bevölkerung

bis ins hohe Alter zu Hause oder in alternativen Wohnformen lebt, weitgehend

selbständig ist um am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, rückt die Themen

Wohnen und Lebensraum zentral in den Mittelpunkt. Die Erhaltung von indivi-

dueller Wohnformen ist genauso zentral wie die Gestaltung einer altersfreund-

lichen Stadt in den Bereichen Mobilität, Erholung, Quartier- und Stadtentwick-

lung.

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Von zunehmender Bedeutung werden Quartiere sein als dezentrale Räume, die gleichzeitig soziale und gesundheitsbezogene Leistungen in der Nähe des ange-

stammten Wohnumfeldes sicherstellen können. Dies entlastet den öffentlichen

Verkehr, macht ambulante Leistungen kostengünstiger und verlängert die

Möglichkeit, zu Hause zu wohnen.

Gemeinwohl & Partizipation

Um in einer Gesellschaft leben zu können, die zu dreissig Prozent aus Pensio-

nären besteht, müssen Werte und Lebensformen neu verhandelt werden. Der

Diskurs zu Themen wie Alter, Demenz, Sterben hat erst gerade begonnen.

Die Werte, die im Zentrum einer altersfreundlichen Stadt stehen sind Partizipa-

tion, Solidarität und Respekt.

Beratung & Dienstleistung

Beratungsleistungen und Informationen sind insbesondere in den Übergängen

von grosser Bedeutung: Der Übergang vom Arbeitsleben zur Pension und der

(oft sehr späte) Übergang von der Selbständigkeit in eine temporäre oder dau-

ernde Gesundheitsversorgung.

Die Bedeutung von Dienstleistungen nimmt derzeit in allen Altersgruppen im

Vordergrund. Das Leben mit Dienstleistungen einfacher machen, ist aber ge-

rade im fortgeschrittenen Alter von besonderer Bedeutung. Dabei geht es nicht

in erster Linie darum, neue Dienstleistungen zu generieren (die Angebote sind

bereits heute sehr gross), sondern um den einfachen Zugriff und die Übersicht der Angebote.

Gesundheits- versorgung

Die Gesundheitsversorgung bezieht sich auf die gesamte Spanne von der Prä-

vention bis zur Palliation. Dabei geht es um ambulante und stationäre Versor-

gung durch alle relevanten Akteure.

Steuerung Die Steuerung durch die Stadt Rapperswil-Jona übernimmt die Aufgabe, alle

vier Themen in sich und untereinander zu koordinieren. Konkret geht es hier

um den Einbezug der älteren Bevölkerung, um die Vergabe von Leistungsver-einbarungen an die Akteure oder um die nachhaltige Sicherung einer guten Ge-

sundheitsversorgung für alle Einwohnerinnen und Einwohner von Rapperswil-

Jona.

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C.2 Wohnen und Lebensraum

Wohnen und Lebensraum sind wohl – neben der sozialen Gemeinschaft – die

wichtigsten Faktoren für jede Lebensphase. Wenn die verfügbare Zeit zunimmt

und später die Mobilität abnimmt, dann wird die unmittelbare Umgebung im-

mer wichtiger.

In diesem Thema sind Fragen nach Wohnformen, Mobilität und Lebensraum

Verkehr und Quartier- und Stadtentwicklung enthalten.

C.2.1 Handlungsfeld 1: Wohnraum und altersgerechte Wohnformen Wohnraum und altersgerechte Wohnformen

Der Bedarf an altersgerechten Wohnformen, Wohnen mit Serviceleistungen

und Sicherheit steigt. Gleichzeitig ist das Wohnen in den eigenen vier Wänden

der Wunsch der meisten älteren Menschen, auch wenn dies für sie selbst und

die Angehörigen anspruchsvoll sein mag. In der Gestaltung von Wohnraum geht es darum, variable Leistungen in An-

spruch nehmen zu können. Je näher der Wohnraum an Einkaufsmöglichkeiten,

sozialen Räumen und öffentlichen Einrichtungen ist, desto besser.

Absicht Altersgerechte Wohnungen mit Leistungen „on demand“ reduzieren den Be-

darf an stationären Pflegeplätzen beträchtlich. Die Pflege wird in diesen Wohn-

formen auch für die Spitex einfacher, da sie deutlich weniger Wegzeiten haben

und bessere Bedingungen für die Pflege vorfinden (grössere Bäder, hindernis-

freie Duschen, etc.). Um den Grundsatz «ambulant vor stationär» nachhaltig erfüllen zu können, ist die Achtung von hindernisfreiem Bauen in Kombination

mit ambulanten Angeboten und Dienstleistungen von zentraler Bedeutung.

Ziele Die Stadt Rapperswil-Jona unterstützt und fördert das Wohnen in den eigenen

vier Wänden und sorgt aktiv für den Aufbau eines entsprechenden Angebotes.

Dabei muss sie die Erstellung von Wohnangeboten für das Alter nicht selbst

finanzieren. Die Stadt übernimmt aber die Steuerung der Angebote bis zur Er-

reichung eines angemessenen Angebotes.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� nimmt im Rahmen der Steuerung der Angebote Einfluss auf die zukünf-

tigen Entwicklungen, um damit den Ansprüchen der Einwohner gerecht

zu werden.

� erteilt Leistungsaufträge an private Anbieter von Alterswohnungen mit

klaren Kriterien in Bezug auf minimalen Leistungsumfang.

� sensibilisiert für die Bedeutung von altersgerechten Wohnformen und sorgt für einen guten Zugang zu Informationen.

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C.2.2 Handlungsfeld 2: Mobilität & Lebensraum Mobilität Der Mobilität kommt in praktisch allen Lebensbereichen von alten Menschen

eine zentrale Bedeutung zu. Sie bildet den Zugang zu den Leistungen, hilft in

die Stadt zum Einkaufen oder in das nächste Erholungsgebiet zu kommen.

Der Hindernisfreien Mobilität wird in der Schweiz und in Rapperswil-Jona schon

länger eine grosse Bedeutung beigemessen. Nun geht es darum, die Sensibilität

zu erhöhen und sich auf die grösser werdende Menge vorzubereiten.

Lebensraum Für die Stadtentwicklung sind wohnortsnahe Begegnungszonen von grosser Be-

deutung. Die Kombination von traditionellen Wohnformen, barrierefreien Al-

terswohnungen, Quartierstützpunkte der Spitex und sozialem Raum für Begeg-

nung hat ein grosses Potential, wenn es darum geht, den Heimeintritt solange

wie möglich zu verhindern.

Absicht In der Weiterentwicklung des öffentlichen und privaten Verkehrs werden die

Bedürfnisse und Anliegen der Senioren mit einbezogen. Der Fokus liegt dabei

auf der Gestaltung des öffentlichen Verkehrs. Für die zunehmende Zahl von

Menschen mit Rollatoren werden Gehsteige, Strassenübergänge und topogra-

phische Hindernisse soweit wie möglich angepasst. Quartiere sollen so entwickelt werden, dass Räume für Begegnung und Dienst-

leistungen dezentral aufgebaut werden können. Dies durch eine polyvalente

architektonische Struktur ermöglicht.

Ziele Seniorinnen und Senioren soll eine sichere und angstfreie Fortbewegung in

Stadt und Agglomeration ermöglicht werden. Damit kann einer Isolierung und

damit frühen Abhängigkeit entgegengewirkt werden. Öffentliche Verkehrsmit-

tel richten sich an den Bedürfnissen der älteren Menschen aus und bieten ge-

nügend Umsteigezeiten an. Für ältere Autofahrer stehen angemessene Park-

plätze zur Verfügung, die ein Ein- und Aussteigen auch bei erhöhtem Platzbe-darf ermöglichen.

Das Quartier bietet als kleinste Einheit einer Stadt Zentrumsfunktionen mit Be-

gegnung, öffentlichen Zonen und gesundheitsbezogene Leistungen an. Durch

die geringe Distanz zur eigenen Wohnung müssen keine öffentlichen Verkehrs-

mittel genutzt werden.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� nimmt die Grundsätze einer altersfreundlichen Mobilität in das Mobi-

litäts- und Verkehrskonzept der Stadt auf.

� erarbeitet ein altersfreundliches Mobilitäts- und Verkehrskonzept un-

ter den Grundsätzen von Zugang, Sicherheit und Hindernisfreiheit.

� unterstützt die Entwicklung von dezentralen Sozialräumen in den Quar-

tieren und bezieht bestehende Quartiervereine mit ein.

� achtet bei Vergabe von Immobilienprojekten – insbesondere bei Alters-

wohnungen – auf die mögliche Weiterentwicklung zu einem Quartier-

zentrum.

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C.3 Gemeinwohl und Partizipation

Die zweite Grundlage für eine altersfreundliche Stadt ist die tragfähige Gemein-

schaft, die ihre älteren Bürgerinnen und Einwohner in das soziale Leben inte-

griert. Unter Gemeinwohl werden Begriffe wie Solidarität oder Respekt ver-

standen. Die Partizipation oder Teilhabe am sozialen Leben ist ein besonders

wertvolles Gut: Nach der Pensionierung besteht ein beträchtliches Mass an

Zeit, die für eigene Interessen aber auch für das Wohl der Gemeinschaft ge-

nutzt werden kann.

C.3.1 Handlungsfeld 3: Gemeinwohl Gemeinwohl Solidarität ist im Sozialversicherungssystem der Schweiz der wichtigste Grund-

satz. Darüber hinaus geht es aber auch um die solidarische Gestaltung von ge-

sellschaftlichem Zusammenleben. In der Phase nach der Pension bis zum Eintritt einer erhöhten Gebrechlichkeit

liegen heute oft 15 bis 20 Jahre. Diese Jahre werden zum Teil für persönliche

Anliegen genutzt, sie werden aber auch oft der Gemeinschaft zur Verfügung

gestellt, wenn darin eine sinnstiftende Tätigkeit erkannt wird.

Respekt meint nicht Unantastbarkeit, sondern die Akzeptanz der Wechselwir-

kung der Generationen. Die Gesellschaft muss lernen, was ein Zusammenleben

mit sich bringt, wo Widersprüche entstehen, aber auch Chancen liegen

Absicht Die Ressource von Pensionierten ist sehr gross: Freiwilligenarbeit, Unterstüt-

zung von Mitmenschen oder auch Mentoring sind Bereiche, bei denen die Teil-

nahme von Senioren geprüft werden kann.

Die Verständigung zwischen den Generationen beruht auf einem vertieften

Verständnis und der Akzeptanz unterschiedlicher Werte und Verhaltensweisen

in unterschiedlichen Generationen. Die zentrale Absicht muss deshalb darin be-

stehen, ein Verstehen zu fördern.

Ziele Die Seniorinnen und Senioren werden als wichtige soziale und wirtschaftliche

Ressource erkannt und in das öffentliche Leben aktiv einbezogen. Die unter-

schiedlichen Wertesysteme der Generationen sollen offen diskutiert werden und einen Raum für Gespräche erhalten. Dabei geht es nicht in erster Linie um

Lösungen, sondern um den Diskurs.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� sensibilisiert für die Themen Alter, Demenz, Sterben und Krankheit.

� erarbeitet gemeinsam mit den relevanten Akteuren Informations-schriften.

� führt Anlässe durch, die ein Verstehen verbessern.

� fördert gemeinsam mit den bestehenden Akteuren Freiwilligenarbeit

und andere Formen gesellschaftlich relevante Aufgaben und Arbeit.

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C.3.2 Handlungsfeld 4: Partizipation Partizipation Partizipation oder Teilhabe umfasst alle Formen der Teilnahme am öffentlichen

Leben und gleichzeitig das Recht zur Mitbestimmung der zukünftigen Entwick-

lungen.

Absicht Die Teilnahme an der Entwicklung der Stadt und der Gesundheitsversorgung

mit dem Fokus Alter soll durch ein Altersforum sichergestellt werden (Mass-

nahmen „Steuerung“.

Kulturelle, soziale und politische Aktivitäten und Anlässe in der Stadt sind ge-rade auch der älteren Einwohnerinnen und Einwohner von besonderer Bedeu-

tung. Sie sollen ermutigt werden an allen Formen des gesellschaftlichen Lebens

teilzunehmen.

Ziele Ältere Menschen sind eine wichtige Ressource für die Stadt und haben vielfäl-

tige Interessen. Sie sollen konsequent in Entwicklungen, Veranstaltungen und

im öffentlichen Leben einbezogen werden. Dazu müssen die Ansprüche und

Bedürfnisse berücksichtigt und der Zugang gewährleistet werden.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� erstellt Grundlagen für Veranstalter, um diese auf die Ansprüche und

Bedürfnisse der älteren Menschen zu sensibilisieren.

� führt eigene Veranstaltungen seniorengerecht durch bzw. passt diese

den Bedürfnissen entsprechend an (z.B. Altersausflug 75-Jährige).

� unterstützt Veranstaltungen, die durch das Altersforum oder andere

Gruppen für ältere Einwohner durchgeführt werden. � unterstützt das Engagement und die Arbeit von Freiwilligen.

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C.4 Beratung und Dienstleistung

Der Übergang zwischen Arbeitsleben und Pension führt oft zu einem höheren

Informations- und Beratungsbedarf. Dabei geht es um Fragen zu finanziellen

Angelegenheiten, um Möglichkeiten, etwas für die Gesellschaft zu tun oder um

die Nutzung vorhandener Dienstleistungen.

Der Wunsch, sich das Leben mit Dienstleistungen zu vereinfachen ist nicht an

eine bestimmte Altersgruppe gekoppelt. Die Nutzung der zahlreichen Ange-

bote ist aber oft schwierig, wenn die Informationen zum Angebot fehlen. Ins-

besondere der Zugang zu diesen Informationen und die einfache Nutzung der Angebote stehen hier im Zentrum der Aufmerksamkeit.

C.4.1 Handlungsfeld 5: Information und Beratung Information und Beratung

Spezifische Informationen und Beratungen sind in zwei Bereichen von grosser Bedeutung: an der Schnittstelle von Arbeitsleben und Pensionierung und bei

einem Eintritt in das Versorgungssystem.

Im ersten Fall geht es meistens um soziale Fragestellungen wie Geld, Wohnen

oder Versicherungen. Hier sind die entsprechenden Experten aus den Diszipli-

nen sozialen Arbeit, aus der Architektur, Recht oder Versicherungen gefragt.

Im zweiten Fall spielen Behandlungsabläufe und Versorgungsprozesse eine

grosse Rolle. Oft geht es aber auch tiefgreifende Entscheidungen wie der Ein-

tritt in ein Pflegezentrum, die Auflösung der Wohnung oder die zukünftige Be-

treuungsform, die mit Angehörigen und Betroffenen gemeinsam diskutiert werden muss.

Absicht Der Informations- und Beratungsbedarf zu Altersfragen soll durch eine zentrale

Stelle vollumfänglich abgedeckt werden. Dabei sollen die beiden Bereiche

„Fragen zu sozialen und finanziellen Themen“ und „Fragen zur

Gesundheitsversorgung“ durch die spezifischen Experten abgedeckt werden

können.

Ziele Informationsangebote und Beratung von älteren Menschen sollen nieder-

schwellig und direkt erfolgen. Die Fragen, die mit der Pensionierung kommen, drehen sich um Finanzen, Wohnen oder Engagement. Die Beantwortung dieser

Fragen liegt in der Hand von sozialen Beratungsdiensten und professionellen

Akteuren wie Verwaltung oder Pro Senectute.

Wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert, aufgrund von Gebrechlich-

keit oder Krankheit Unterstützung und Pflege nötig werden, gibt eine Informa-

tions- und Beratungsplattform Betroffenen und Angehörigen grosse Sicherheit.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� professionalisiert Beratungsangebote und implementiert die Fachstelle

Alter, Gesundheit.

� nutzt das Wissen und die Kompetenz der Drehscheibe RaJoVita in Be-

zug auf die Bedürfnisse der Bevölkerung für die Steuerung neuer bzw.

die Anpassung bestehender Angebote.

� überarbeitet und konsolidiert den Rahmenkontrakt mit der Dreh-

scheibe RaJoVita.

� prüft ggf. Leistungsvereinbarungen mit anderen Akteuren.

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C.4.2 Handlungsfeld 6: Dienstleistungen Dienstleistungen Die Zahl verfügbarer Dienstleistungen nimmt täglich zu. Dabei spielt das Alter

keine Rolle, hingegen ist der Zugriff auf Dienstleistungen zunehmend auf die

Nutzung neuer Technologien ausgerichtet. Gemäss aktuellen Trendstudien

nimmt die Affinität zu Technologien wie Smartphones und Apps stetig zu – auch

bei Menschen über 70 Jahren. Gleichzeitig wird der Wunsch nach frei wählba-

ren Dienstleistungen «on demand» lauter, dies im Gegensatz zu Abonnemen-

ten. Der Zugang zu Informationen und Dienstleistungen soll so niederschwellig

wie möglich stattfinden.

Absicht Pensionären (und auch allen anderen Einwohnern von Rapperswil-Jona) sollen

alle Informationen und Dienstleistungen ohne grossen Aufwand zur Verfügung

gestellt werden. Dies erfüllt heute – in einem sehr spezifischen Bereich – die

Drehscheibe, wenn es darum geht, Informationen und Beratungen zu erhalten.

Da die Menge an Informationen und der Bedarf an individuell zugeschnittenen

Dienstleistungen stetig zunehmen, sind neue Ansätze in der Verbindung von

Ansprüchen und Angeboten gesucht.

Ziele Pensionären wird ein elektronischer Zugang zu Informationen und Dienstleis-

tungen angeboten, der niederschwellig und einfach ist. Bereits bestehende

Leistungsträger (Kirchgemeinden, Seniorengruppen, Frauenvereine, Sportver-

eine, Schule, Pro Senectute, Spitex) können ihre Dienstleistungen und Aktivitä-

ten darauf anbieten.

Gleichzeitig soll die App mit einer individualisierten Sicherheitsoption ausge-

stattet sein, die es erlaubt, im Notfall Hilfe zu avisieren (z.B. Rettungsdienst,

Concierge, etc.)

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� unterstützt den Aufbau und die Implementierung von Informations-

und Dienstleistungsnetzwerken.

� evaluiert Nutzen und Aufwand nach einer Pilotphase.

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C.5 Gesundheitsversorgung

Die Gesundheitsversorgung im Alter ist geprägt von einer höheren Komplexität.

Die Überlagerung akuter und chronischer Krankheiten führt im Zusmmenhang

mit einer zunehmender Dauer der Genesungszeit dazu, dass im Krankheitsfall

oft mehr Akteure über eine längere Zeit in Anspruch genommen werden und

koordiniert werden müssen.

Die Sicherung einer guten ambulanten und stationären Versorgung bezieht alle

Akteure mit ein: Hausärzte, ambulante Pflege und Therapien, Pflegezentren,

Rehabilitationskliniken und Spitäler.

C.5.1 Handlungsfeld 7: Ambulante Versorgung Ambulante Versorgung

Die medizinische Versorgung wird über die Hausärzte und ambulante Gesund-

heitszentren sichergestellt. Dabei gilt das Prinzip der freien Arztwahl. Neben der ärztlichen Versorgung sind ambulante Pflegeleistungen und Therapien

zentral zur Verringerung des stationären Bettenbedarfs: je höher die Leistungs-

kapazität und deren inhaltliche Differenzierung, desto länger können Men-

schen mit Pflegebedarf zu Hause bleiben.

Absicht Die ambulanten Therapie- und Pflegeleistungen nehmen an Menge und Ausdif-

ferenzierung stetig zu. Dies im Kontext der nationalen Strategie Demenz und

Palliative Care, aber auch im Kontext von veränderten Patientenströmen.

Die horizontale (mit anderen Anbietern) und vertikale Abstimmung (mit Spitä-lern, Rehabilitationskliniken und Pflegezentren) soll weiter ausgebaut und dif-

ferenziert werden. Insbesondere die geriatrischer Kompetenz wird zunehmend

wichtig und muss nachhaltig sichergestellt werden.

Ziele Die hausärztlichen und pflegerischen Behandlungsabläufe sollen durch eine

spezifische geriatrische Kompetenz erhalten und gesichert werden. Dies führt

zu verbesserten Behandlungsabläufen.

Menschen mit Pflegebedarf sollen solange wie möglich in den eigenen vier

Wänden ambulante Unterstützung erhalten. Ergänzend werden neue ambu-

lante Betreuungsangebote und Versorgungsmodelle geprüft.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� lässt sich in spezifischen Fragen durch den Geriater im Rahmen eines

Mandates beraten.

� unterstützt die Erbringung von Konsiliar-Leistungen für die stationäre

Pflege. � erstellt einen differenzierten Leistungsauftrag für die ambulanten Ak-

teure, der quantitative und qualitative Vorgaben enthält.

� fördert die Weiterentwicklung und Implementierung neuer ambulan-

ter Angebote in Ergänzung und zur Entlastung stationärer Strukturen.

� stellt die Leistungen privater Anbieter in der Ausgestaltung des Ange-

botes sicher.

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C.5.2 Handlungsfeld 8: Stationäre Pflege Stationäre Pflege Bei zunehmender Krankheit, Gebrechlichkeit oder Abhängigkeit kommt der

Punkt, an dem ein Eintritt in eine stationäre Pflegeeinrichtung nicht mehr ver-

hindert werden kann. Insbesondere bei dementiellen und gerontopsychiatri-

schen Erkrankungen, ist eine ambulante Versorgung oft nicht möglich, weil sie

entweder zu aufwändig wird, oder Selbst- oder Fremdgefährdung bestehen.

Absicht Die stationäre Pflege gibt Menschen in hoher pflegerischer oder psychischer

Abhängigkeit eine sichere Umgebung und ermöglicht ein weitgehend schmerz-freies und würdiges Leben.

Die Steuerung der stationären Versorgung gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Insbesondere die Verkürzung der Aufenthaltsdauer im Spital führt zu einer Zu-

nahme an Übergängen in Pflegeheimen, in der Rehabilitation und in der ambu-

lanten Pflege, die koordiniert werden müssen.

Ziele Das Angebotsportfolio der ambulanten Pflege wird lückenlos fortgesetzt mit al-

len relevanten Schwerpunkten wie Übergänge, Betreuung von Demenz, geron-

topsychiatrischen Erkrankungen und Palliative Care. Daneben bestehen Ange-

bote für Menschen mit hohem Pflegebedarf, die nicht mehr durch ambulante Strukturen versorgt werden können sowie für Menschen unter 65 Jahre, wel-

che Langzeitpflege benötigen.

Für den zukünftigen Bedarf werden die Strukturen geschaffen in Form eines

erweiterten Pflegezentrums. Der Bedarf für die Zeit bis zur Fertigstellung der

neuen Angebote wird über provisorische Pflegewohngruppen und durch opti-

male Nutzung der vorhandenen Strukturen gesichert.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� erteilt einen differenzierten Leistungsauftrag, der alle relevanten An-

gebote enthält und evaluiert laufend das Angebot.

� unterstützt Angebote für die Langzeitpflege von Menschen unter 65

Jahren und setzt diese um.

� erstellt die für den zukünftigen Bedarf notwendigen Strukturen (Pfle-

gezentrum).

� prüft den zwischenzeitlichen Bedarf und unterstützt die Umnutzung

und allenfalls provisorische Erweiterung der bestehenden Strukturen. � fördert ein umfassendes Case Management zur Begleitung von Men-

schen durch die verschiedenen Angebote der Gesundheitsversorgung.

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C.6 Handlungsfeld 9: Steuerung

Der demographische Wandel betrifft nicht nur die Angebote in ambulanter und

stationärer Versorgung. Die Zunahme des Altersquotienten wird die gesamte

Gesellschaft herausfordern.

Die Frage der Steuerung umfasst alle Leistungsbereiche von Arbeit, Wohnen,

Mobilität bis hin zu Information und Zugang zu Dienstleistungen aller Art.

Steuerung muss politischen und gesellschaftlichen Ansprüchen an Partizipa-

tion, Finanzierbarkeit und Nachhaltigkeit gerecht werden.

Absicht Um die demographischen Herausforderungen partizipativ und nachhaltig fi-

nanzierbar gestalten zu können, müssen Bedarfserhebung, Planung und Moni-

toring der Angebote und Leistungen zentral durchgeführt werden.

In die Steuerung sollen sämtliche Akteure einbezogen werden, die im Bereich

Alter Leistungen anbieten. Neben den gesundheitsbezogenen Akteuren sind

dies auch Akteure in der Beratung (z.B. Pro Senectute), Trägerschaften von Al-

terswohnungen und weitere Dienstleister (Hauswirtschaft, Freiwillige, etc.).

Dem gegenüber steht das Bedürfnis der betroffenen Einwohner über 65 Jahre,

ihre Bedürfnisse und Anliegen einbringen zu können.

Abbildung 13: Organisation der Steuerung

Ziele Die Stadt Rapperswil-Jona erweitert den Fokus in der Steuerung in den Berei-

chen Alterswohnen, Stadtentwicklung und gesellschaftlichem Diskurs. Sie kann

dabei die Umsetzung von Leistungen an öffentliche und private Akteure dele-

gieren. Die Steuerung der Leistungen wird durch entsprechende Leistungsver-

träge mit den Akteuren sichergestellt. Akteure und Einwohner werden in die Koordination der Entwicklungen mit ein-

bezogen. Dazu werden entsprechende Gremien aufgebaut.

Leitlinien Die Stadt Rapperswil-Jona

� prüft die Einsitznahme im Stiftungsrat RaJoVita nach den Prinzipien von

Public Corporate Governance. � überarbeitet und erneuert den Rahmenkontrakt und den Leistungsauf-

trag mit RaJoVita nach den Prinzipien von Public Corporate Governance

� baut eine Fachstelle Alter, Gesundheit auf.

� klärt die Einführung eines standardisierten und periodischen Monito-

rings für die Versorgungsleistungen.

� prüft den Aufbau eines Netzwerks für alle Akteure im Bereich Alter.

Dieses Netzwerk hat die Möglichkeit, in Abstimmung mit der Fachstelle

Alter, Gesundheit, Leistungen zu koordinieren und aufzubauen.

� fördert den Aufbau eines Altersforums, das eine breite Abstützung bei

der älteren Bevölkerung, Interessengruppen, Verbänden und Vereinen hat.

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Abschnitt D Anhang: Vertiefung einzelner Themen

D.1 Demographie

D.1.1 Bevölkerungsentwicklung Kanton – Region Bevölkerungsent-wicklung SG

In Abbildung 14 ist für den Zeitraum von 1985 bis 2014 die Bevölkerungsentwick-

lung im Kanton St. Gallen dargestellt. Es zeigen sich ähnliche Tendenzen wie auf

nationaler Ebene: Eine ständige Zunahme der Wohnbevölkerung seit 1985, wo-

bei sich diese Zunahme seit 1995 moderater entwickelt hat. Die Zuwachsrate lag

zuletzt bei 3.5 Prozent (zwischen 2010 und 2014). Hingegen ist der Umfang der

Veränderungen geringer als im schweizerischen Durchschnitt: „Die Bevölkerung ist [zwischen 2000 und 2010] gesamtschweizerisch um gut 9% gewachsen“. Das

Wachstum in St. Gallen lag mit 6.6% deutlich unter dem nationalen Durch-

schnittswert. Weil das Bevölkerungswachstum stets leicht unterdurchschnittlich

war, hat der Anteil an der Wohnbevölkerung der Schweiz in den letzten 10 Jah-

ren minim, jedoch kontinuierlich abgenommen (Kanton St.Gallen Fachstelle für

Statistik, 2015, S. 4).

Abbildung 14: Bevölkerungsentwicklung im Kanton St. Gallen 1980-2014

Unterschiedliche Datenquellen

Für den Kanton St. Gallen gibt es unterschiedliche Datenquellen zur prognosti-

zierten Bevölkerungsentwicklung. In Abbildung 15 sind die verschiedenen Prog-

nosen einander gegenübergestellt. Die neuste Prognose der Bundesstatistiker

liegt dabei über jener der kantonalen Statistiker. Laut den Berechnungen des

Kantons leben in St. Gallen im Jahr 2024 520'517 Personen, was gegenüber 2015

einer Zunahme um 4.1 Prozent entspricht. Bis ins Jahr 2030 soll die Einwohner-

zahl des Kantons um 5.4 Prozent auf 527‘355 Personen ansteigen.

1985 1990 1995 2000 2005 2010 2014

Zunahme gegenüber 1985 4.7% 10.3% 12.0% 14.7% 19.4% 23.6%

Zunahme 5 Jahres Periode 4.7% 5.3% 1.6% 2.4% 4.1% 3.5%

Zunahme gegenüber 2000 2.4% 6.6% 10.3%

Bevölkerungsstand Jahresende 401'216 420'268 442'350 449'399 459'999 478'907 495'824

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

0

100'000

200'000

300'000

400'000

500'000

600'000

Bevölkerungsentwicklung Kanton St. Gallen 1985-2014Datenquelle: Statistik Kanton St.Gallen

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Abbildung 15: Bevölkerungsprognosen für den Kanton St. Gallen

Differenzen Bemerkenswert ist zum einen die Differenz zwischen den beiden Szenarien der

Bundesstatistiker, welche ihre Prognose seit 2010 massiv erhöhten. Zum ande-

ren ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen Kantons- und Bundesstatisti-

ker. Die Fachstelle für Statistik des Kantons St. Gallen erwartete bis 2024 ein Be-

völkerungswachstum von 4.1 Prozent, dem gegenüber steht ein Wachstum von

8.4 Prozent gemäss dem Bundesamt für Statistik. Folglich rechnet das Bundes-amt für Statistik mit einem mehr als doppelt so grossen Bevölkerungswachstum.

Eine mögliche Erklärung der deutlichen Differenz ist, dass die kantonalen Statis-

tiker die Prognosen des Bundesamtes für Statistik von 2010 zwar an den aktuel-

len Bevölkerungstand angepasst haben, neue Annahmen bezüglich Wachstum

und Entwicklung aber nicht berücksichtig haben oder diese immer noch densel-

ben von 2010 entsprechen. Die Berechnungen von Curanovis bezüglich des zu-

künftigen Bettenbedarfs basieren auf dem kantonalen Szenario. Die Annahmen sind folglich als eher konservativ einzuschätzen.

Zusammenfassung In der nachfolgenden Tabelle sind die prognostizierten Wachstumsraten noch einmal dargestellt. Die Unterschiede sind gross, dass Szenario des Kantons geht

von einer deutlich moderateren Steigerung des Bevölkerungswachstums aus.

Tabelle 4: Vergleich der Wachstumsraten gegenüber 2015

460'000

480'000

500'000

520'000

540'000

560'000

580'000

600'000

2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029 2031 2033 2035

Bevölkerungsprognosen für den Kanton St. GallenDatenquellen: Statistik Kanton St.Gallen

& Bundesamt für Statistik

mittleres Szenario AR-00-2010

Aktualisierung des mittleren Szenario AR-00-2010/2015

Prognose Kanton: Szenario SG-6-a-2015-2060

Bevölkerungswachstum gegenüber 2015 2020 2024

Prognose Kanton: Szenario SG-6-a-2015-2060 2.9 % 4.1 %

Aktualisierung des mittleren Szenario AR-00-2010/2015 5.0 % 8.4 %

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Prognosen Region Für die Gemeinden werden aus kantonaler bzw. nationaler Sicht keine Bevölke-rungsprognosen publiziert. Es werden hier deshalb die prognostizierten Bevöl-

kerungsstände des Wahlkreises See-Gaster angegeben, welcher die Gemeinde

Rapperswil-Jona umfasst. Die Prognose der Fachstelle für Statistik des Kantons

St. Gallen basiert auf dem Szenario SG-6-a-2015-2060.

Wahlkreis See-Gas-ter

Für den Wahlkreises See-Gaster wird von der Fachstelle für Statistik des Kantons

St. Gallen ein Anstieg der Wohnbevölkerung auf 69‘113 Personen vorhergesagt.

Dies entspricht einem Bevölkerungswachstum von 5.2% in den nächsten 10 Jah-

ren und liegt über jenem des Kantons (4.1%). Bis ins Jahr 2035 soll sich diese Zahl

auf 70‘704 erhöhen, also um 7.6 Prozent gegenüber 2015. Trotz klarer Bevölke-rungszunahme nimmt das Wachstum über die 5-Jahre Perioden konstant ab.

Dies bedeutet eine Entschleunigung des Wachstums.

Abbildung 16: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung Wahlkreis See-Gaster

D.1.2 Umrechnung Bettenbedarf stationäre Pflege Umrechnungsschlüs-sel Heimrate

In der nachfolgenden sind die Institutionalisierungshäufigkeiten sowie die Mo-

difikationen der einzelnen Alterskategorien dargestellt.

Tabelle 5: angewandte Umwandlungssätze von Curanovis

2015 2020 2025 2030 2035

Einwohner Wahlkreis See-Gaster 65'709 67'772 69'113 70'091 70'704

Wachstum gegenüber 2015 0.0% 3.1% 5.2% 6.7% 7.6%

Wachstum 5 Jahres Periode 3.1% 2.0% 1.4% 0.9%

0%5%10%15%20%25%30%35%40%45%50%

- 10'000 20'000 30'000 40'000 50'000 60'000 70'000 80'000 90'000

100'000

Bevölkerungsprognose Wahlkreis See-GasterDatenquelle: Statistik Kanton St.Gallen

Alterskategorie 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95+

Institutionalisierungshäufigkeit1 0.8% 1.5% 3.2% 8.9% 21.2% 43.1% 50.0%2

Strukturelle Reduktion der Institutionalisie-

rungshäufigkeit3 (=shift ambulant) 50% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Dynamische Institutionalisierungshäufig-keit

0.4% 0.75% 1.92% 6.23% 16.96% 38.79% 50.0%

Kanton St. Gallen angepasste dynamische Institutionalisierungs-häufigkeit [%]

(Faktor 1.009794) 0.40% 0.76% 1.94% 6.29% 17.13% 39.17% 50.49%

1 Umwandlungssätze gemäss Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich (LANGZEITVERSORGUNG: KENNDATEN 2013, 2014)

2 Der Umwandlungssatz 95+ ist eine Schätzung von Curanovis.

3 Die strukturelle Reduktion ist eine Schätzung von Curanovis.

4 Verhältnis der Heimraten Kantone Zürich und St. Gallen (=72.2/71.5)

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Stationäre Versor-gung

Der Bettenbedarf basiert nun auf den Umwandlungssätzen wie oben darge-stellt. Im Folgenden werden die Modellrechnungen von Curanovis dargestellt

und erläutert. An dieser Stelle wird auf einen Vergleich mit den bisherigen Be-

rechnungen aus den bisherigen Studien verzichtet.

Insgesamt ergibt sich für 2015 ein Bettenbedarf von 232 Betten. Dieser Bedarf

steigt – vor allem durch die Zunahme der Bevölkerungsgruppen der über 80jäh-

rigen bis ins Jahr 2025 auf 319 Betten an.

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D.2 Veränderungen in der Gesundheitsversorgung

Zunehmende Kom-plexität als Treiber für ein Alterskonzept

Der wohl zentralste Treiber für das Alterskonzept 2007 war die Fusion der bei-

den Gemeinde Rapperswil und Jona zu einer Stadt. Damit wurden verschiedene

Aufgaben nicht nur im Volumen verdoppelt, sondern auch in ihrer Komplexität.

Eine dieser Aufgaben, die stark mit einer Komplexitätszunahme konfrontiert

war, war die Altersversorgung in einer deutlich grösseren Bevölkerungsdimen-

sion. Die Veränderung im Jahr 2007 lag darin, aus einer Vielzahl von Angeboten

ein koordiniertes Angebot zu machen mit einer demographisch gestützten Be-

darfsberechnung. Als grosse Errungenschaft dieser Entwicklung konnte die Stif-tung RaJoVita aufgebaut werden, die heute fest in der Bevölkerung etabliert

ist. Die Stiftung hatte und hat schweizweit eine grosse Strahlkraft und kann als

einzigartig eingestuft werden.

Neue Herausforde-rungen

Aktuell kommen Herausforderungen auf die Region zu, die einen nächsten Pa-

radigma Wechsel einläuten werden. Die demographische Entwicklung wurde

inzwischen in der ganzen Schweiz erkannt und die Bedarfsplanung der statio-

nären Betten ist heute Standard in allen Kantonen und Gemeinden. In den letz-

ten Jahren wurde zudem das Prinzip „ambulant vor stationär“ weitgehend ein-

geführt. Die wichtigste Herausforderung liegt nun darin, dass sich die Gesell-schaft in Bezug auf ihr „Altern“ stark verändert und gleichzeitig vielfältige neue

Angebote auf den Markt kommen.

Spezialisierung der Gesundheitsversor-gung im Alter

Menschen werden immer gesünder älter. Damit werden auch neue Lebens-

und Wohnmodelle im Alter entstehen. Dem gegenüber stehen diejenigen Men-

schen, die durch Gebrechlichkeit, dementielle und gerontopsychiatrische Ver-

änderungen, Krankheit und Sterben höchste Ansprüche stellen an die Leis-

tungsfähigkeit eines Versorgungssystems. Gleichzeitig mit der Zunahme der Le-

benserwartung nehmen chronische Krankheiten deutlich zu. Heute erleben wir

Krankheiten, die es früher nicht gab. Dies vor allem deshalb, weil Menschen früher nicht so alt wurden.

Die Anforderungen an die Institutionen nehmen zu, nicht zuletzt aufgrund der

nationalen Strategien in den beiden Bereichen Demenz und Palliative Care. Die

Pflege in diesen (und auch anderen Bereichen wie Gerontopsychiatrie) verlangt

nach einem infrastrukturellen und fachlichen Profil, das erst bei einer gewissen

Grösse kostendeckend und qualitativ angemessen erbracht werden kann.

Anforderungen an Personal und Versor-gung steigen

Die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung steigen, sowohl in der Pflege

wie auch bei den niedergelassenen Ärzten. Die Nachfrage nach Geriatern ist schon heute nicht gedeckt und wird massiv steigen. Die Komplexität der Pflege

wird sowohl im stationären wie im ambulanten Bereich laufend zunehmen, ins-

besondere in den Bereichen Demenz, Gerontopsychiatrie und Palliative Care

stehen Fachentwicklung und Differenzierung der Angebote erst ganz am An-

fang.

Ob der Fachkräftemangel sich so manifestieren wird, wie er heute diskutiert

wird, bleibt abzuwarten. Mit grosser Sicherheit ist aber die Gesundheitsversor-

gung im Alters- und Langzeitbereich nicht mehr einfach, sondern fordert immer

besser ausgebildete Fachleute und eine Infrastruktur, die auf die steigenden

Anforderungen reagiert (z.B. Demenzgärten, Heimärzte, etc.).

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Patientenströme verändern sich

Aufgrund der neuen Spitalfinanzierung wird der Aufenthalt im Akutspital im-mer kürzer. Für ältere Menschen kann dies zu einer Herausforderung werden,

wenn es darum geht, genügend Selbständigkeit für ein Leben zu Hause aufzu-

bauen. Dies führt zu einer Veränderung der Patientenströme. Der „klassische“

Weg betagter Menschen wird abgelöst durch einen immer stärker fragmentier-

ten Ablauf. Ein Heimeintritt ist heute nicht mehr zwingend endgültig, sondern

immer häufiger eine Zwischenstation im Wechsel zwischen zu Hause mit oder

ohne Spitex, Spital und Rehabilitationsklinik.

Ein Paradigma Wech-sel steht bevor

All diese Stichworte zeigen auf, dass ein erneuter Paradigma Wechsel bewältigt

werden muss. Die obgenannten Anforderungen erhöhen die Ansprüche an die Steuerung, an die Klärung der Rollen von Akteuren, Behörden und Politik und

betreffen auch die Frage der Partizipation der Bevölkerung in der Gestaltung

„ihrer“ Altersversorgung.

Gründe für einen Heimeintritt

Der reale Bettenbedarf ist von einigen weiteren Faktoren abhängig, die unter-

schiedlich beeinflussbar sind. Insgesamt lassen sich drei Einflussgrössen defi-

nieren: Faktoren, die einen Heimeintritt (in Rapperswil-Jona) überflüssig ma-

chen, Faktoren, die einen Heimeintritt zwingend notwendig machen und Fak-

toren, die den Eintritt positiv oder negativ beeinflussen.

Die nachfolgende Tabelle zeigt eine nicht abschliessende Aufzählung dieser Faktoren:

Kein Heimeintritt Heimeintritt verhindert Heimeintritt zu erwarten � Gute Gesundheit

� Familiäre Unterstützung

� Umfassende Versorgung zu

Hause möglich mit informeller

oder professioneller Unter-

stützung

� Pflegeleistung > 4 bis 5 Stun-

den pro Tag

� Familiäre Belastung zu gross

� Fehlendes Sozialsystem

� Inadäquate Wohnsituation

Kein Heimeintritt in RJ Heimeintritt verzögert Heimeintritt zwingend � Eintritt in eine Residenz

� Eintritt in ein Pflegeheim aus-

serhalb Rapperswil-Jona

� Angepasste Wohnsituation

� Starkes soziales Netzwerk

� Leistungsfähigkeit Spitex

� Leistungsfähigkeit Angehörige

/ Nachbarschaft

� Dementielle Erkrankung mit

hohem Überwachungsbedarf

� Psychiatrische Erkrankung mit

hohem Überwachungsbedarf

Tabelle 6: Einflussgrössen auf Bedarfsplanung

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D.3 Zwei Mikrotrends – mit grosser Wirkung?

D.3.1 Pflegeheime im Ausland Ausländische Pflege-heime: Günstiger aber weit weg

Pflegebedürftige Schweizer Senioren lassen sich vermehrt in ausländischen

Heimen umsorgen. Aktuelle Zahlen gibt es dazu keine. Die Anzahl der Heime in

Asien (z.B. Thailand) und zunehmend auch in osteuropäischen Staaten wie Un-

garn, Tschechien oder Polen steigt.

Günstiger? Als erster Grund für den Aufenthalt wird häufig der finanzielle Aspekt angege-

ben. Für eine Betreuung rund um die Uhr bezahlt man – auch aufgrund des

tieferen Lohnniveaus der Pflegenden vor Ort – deutlich weniger als in der

Schweiz. Dem gegenüber stehen aber insbesondere für die Angehörigen Reise-

kosten, wenn sie einen Besuch machen möchten.

Relevant nur für sol-vente Senioren

Gemäss François Höpflinger (2016) sind diese Angebote vor allem für gutbe-

tuchte Senioren interessant, die gewisse Standards wie beispielsweise eine er-

weiterte Betreuung oder ein umfassendes Freizeitprogramm erwarten, welche

solche Lösungen anstreben. Ausserdem haben diese Senioren häufig bereits ei-nen Bezug zum Ausland, indem sie z.B. bereits während der Berufszeit oft ge-

reist sind. Höpflinger betont, dass ein Wechsel ins Ausland für Senioren anre-

gend sein kann, die neuen Eindrücke können stimulierend wirken.

Auch mit Risiken ver-bunden

Für Menschen mit Demenz könne aber laut Höpflinger die Entwurzelung die

Demenz beschleunigen. Ein Problem spricht Höpflinger zudem an, welches

auch die osteuropäischen Staaten zunehmend betreffen wird: Auch dort wird

es in Zukunft immer mehr Pflegebedürftige und damit zu wenig Pflegepersonal

geben.

D.3.2 Freier Wille – auch beim Sterben Suizid oder Sterbe-hilfe

Die Abgrenzung zwischen Suizid und assistiertem Suizid (Sterbehilfe) ist zwar

theoretisch klar, aber auch trügerisch. Will man sich der Frage nähern, ob Suizid

zukünftig eine Alternative zu einem langen Alterungsprozess oder einem Auf-enthalt im Pflegeheim darstellt, lässt sich das nicht aus der Statistik von Exit

ablesen. Die Abbildung 17 zeigt sehr eindrücklich, dass insbesondere bei den

Männern das Alter einen deutlichen Einfluss auf die Suizidrate hat.

Suizidrate CH „In der Schweiz begingen im Jahr 2012 1‘037 Menschen Suizid (752 Männer

und 285 Frauen). Dies entspricht knapp drei suizid-bedingten Todesfällen pro

Tag oder einer Suizidrate von 13 pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Ein Vergleich der Todesursachen zeigt, dass die suizid-bedingten Todesfälle

häufiger sind als alle durch Verkehrsunfälle und Drogen bedingten Todesfälle zusammen. Nach dem Rückgang der tödlichen Unfälle im Strassenverkehr ist

Suizid bei den 15- bis 44-jährigen Männern heutzutage die häufigste Todesur-

sache.“ (Bundesamt für Gesundheit, 2015)

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Abbildung 17: Todesursache Suizid nach Altersgruppe und Geschlecht6

Selbstbestimmung – auch beim Sterben

Ende Juni 2011 beschloss der Bundesrat, auf eine ausdrückliche Regelung der

organisierten Suizidbeihilfe zu verzichten. Dies führt zu zwei Entwicklungen: die

Diskussion rund um die Sterbehilfe hält an und dürfte auch in den nächsten

Jahren immer wieder zum Thema werden. Und für unsere Nachbarländer bzw.

Europa gibt es sehr unterschiedliche politische Lösungen, die durchaus zu ei-

nem „Sterbetourismus“ führen kann. Dabei muss man sich aber bewusst sein,

dass es sich aktuell noch vergleichsweise wenige Fälle handelt. In den Jahren 2008 bis 2012 reisten insgesamt 611 Menschen in die Schweiz für einen beglei-

teten Suizid, das sind rund 120 pro Jahr7.

Steigende Zahlen bei assistiertem Suizid

Die letzten aktuellen Zahlen vom Bundesamt für Statistik stammen aus dem

Jahr 2012 und geben Auskunft über die Entwicklung der Todesursachenstatistik

in der Schweiz. In der Schweiz lag der Anteil der Todesfälle mit assistiertem Su-

izid im Jahr 2009 bei 4,8 pro 1000 Todesfälle. Dies entspricht einer absoluten

Zahl von rund 300 Todesfällen pro Jahr, bei denen Sterbehilfe geleistet wurde

(Bundesamt für Statistik, 2012). Im Jahr 20148 wurden 742 assistierte Suizide registriert, 320 Männer und 422 Frauen. „Die Zahl der assistierten Suizide

nimmt weiterhin zu, vor allem in der Altersgruppe über 65 Jahren.“ Im Jahr 2015

entschieden sich 995 Menschen dafür, mit der Hilfe von Exit – einer Sterbehil-

feorganisation – aus dem Leben zu scheiden. Gemäss eigenen Angaben der Or-

ganisationen betreffen Freitodbegleitungen etwa 1,5% der jährlich rund 65‘000

Todesfälle. (Tagesanzeiger, 2016)

Bedeutung für Rap-perswil-Jona

In Rapperswil-Jona gibt es – statistisch gesehen – rund 200 Todesfälle pro Jahr.

Ausgehend von den schweizerischen Zahlen für assistierten Suizid würde es für

Rapperswil-Jona damit 3 begleitete Suizide (für alle Altersstufen) geben pro Jahr. Auch wenn die Zahl nicht aussagekräftig ist, zeigt es doch die zahlenmäs-

sige Bedeutung auf.

6 Quelle: (Bundesamt für Gesundheit, 2015) 7 Siehe aus: http://www.srf.ch/news/schweiz/schweizer-sterbetourismus-waechst 8 http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/14/01/new/nip_detail.html?gnpID=2016-126

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Ethisch relevant Auch wenn die Zahlen keine grosse Relevanz haben, das Thema hat es schon. Insbesondere die ethische Frage wird in Anbetracht der hohen Lebenserwar-

tung immer brennender: hier stehen zwei sehr schwierige Positionen einander

gegenüber: (1) Sterbehilfe als Ausweg für „lebensmüde“ Menschen am Ende

ihres Lebens, auch in der Konfrontation mit chronischen Krankheiten oder (dro-

hender) Demenz. (2) Sterbehilfe als „Lösung“ für das steigende Problem der

Überalterung. Letzteres lässt sich kaum formulieren und doch wird es immer

wieder als Argument in Diskussionen eingebracht (z.B. (Häcker, 2008)).

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D.4 Nationale Strategien Demenz und Palliative Care

Der Bund mischt sich ein

Der Bund, namentlich das Bundesamt für Gesundheit BAG, ist für übergeord-

nete Frage zuständig wie etwa Präventionskampagnen, Strahlenschutz oder

Grippemonitoring. Nun mischt das BAG sich seit wenigen Jahren in die opera-

tive Versorgung ein: derzeit bestehen zwei nationale Strategien, die vom Bun-

desamt für Gesundheit lanciert wurden: die nationale Demenzstrategie 2014-

2017 9 und die Strategie Palliative Care 2010-201510.

Demenzstrategie In der Demenzstrategie ist die Rolle der Pflegezentren weitgehend klar: sie sind

– gemeinsam mit der Spitex – Hauptakteur in der Bewältigung der zunehmen-

den Herausforderung Demenz. Die Strategie fokussiert vier Handlungsfelder: 1)

Gesundheitskompetenz, Information und Partizipation; 2) Bedarfsgerechte An-

gebote, 3) Qualität und Fachkompetenz und 4) Daten und Wissensvermittlung.

Strategie Palliative Care

Bei der Strategie Palliative Care ist der Differenzierungsprozess noch in vollem

Gange. Die Interpretationen gehen dabei weit auseinander, je nach Kanton

oder Region bestehen deutliche Unterschiede. In Abbildung 18 sind die Rollen-

verteilung und die Stufen von Palliative Care abgebildet. Die tatsächliche Ab-

grenzung ist in der Realität allerdings nicht so einfach und klar. Es ist zu erwar-ten, dass die noch eher grobe Struktur in den Kantonen ausdifferenziert wird.

Dies auch im Zusammenhang mit der Finanzierung der Leistungen in den ver-

schiedenen Versorgungsstufen.

Noch nicht alles ge-klärt

Bei beiden Strategien, insbesondere aber bei der Strategie Palliative Care, sind

noch nicht alle Fragen geklärt. Die Arbeitsteilung zwischen Akutspital, ambu-

lanter und stationärer Palliative Care und deren Finanzierung ist noch weitge-

hend offen. Einzelne Kantone (z.B. Bern) sind in der Diskussion, andere (z.B.

Kanton Aargau) halten sich mit klaren Vergaben von Leistungsaufträge noch

eher zurück. Rapperswil-Jona hat ein Konzept

Die Stadt Rapperswil-Jona verfügt seit 2013 über ein Palliative Care Konzept

(Stamm, 2013), in dem die Grundlagen für die Leistungserbringung beschrieben

werden. Der Fokus liegt dabei auf den beiden Stufen „Ambulant“ und „Lang-

zeitpflege“. Gemäss der Zusammenfassung geht es in erster Linie um Aufbau

einer „Koordinationsstelle Palliative Care mit Spezialteam“ (Stamm, 2013, S. 7).

Dieses Projekt befindet sich in einer sehr aktiven Entwicklung und wird laufend

den neuen Anforderungen angepasst.

9 Siehe auch: http://www.bag.admin.ch/themen/gesundheitspolitik/13916/ 10 Siehe: http://www.bag.admin.ch/themen/gesundheitspolitik/13764/13769/index.html?lang=de

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Abbildung 18: Rollenverteilung und Stufen Palliative Care11

11 Quelle: (von Wartburg & Näf, 2012, S. 21)

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D.5 Gesellschaftliche Prognosen und Trends

D.5.1 Das Alter verändert sich „Digital Ageing“ GDI Das Gottlieb Duttweiler Institut hat im Oktober 2015 eine Studie veröffentlicht

mit dem Titel „Digital Ageing – Unterwegs in die alterslose Gesellschaft“

(Samochowiec, Kühne, & Frick, 2015). Darin wird beschrieben, dass sich aktuell

viel verändert in der alternden Gesellschaft: „Die Zukunft des Lebens im Alter

wird gerade gründlich umgekrempelt. Dafür sorgen die Babyboomer im Pensi-onsalter: eine geburtenstarke Generation, die so aktiv, gesund und technologie-

affin ist wie keine zuvor. […] Altern ist der Übergang vom Wachstum menschli-

cher Fähigkeiten und Tätigkeitsfelder hin zur Bewahrung: Jung wollen wir ler-

nen, alt nichts verlernen – so zumindest das gängige Bild.“ Die Studie überprüft

dieses Bild und kommt zum Schluss: „Die Wachstumsphase wird länger dauern

als erwartet.“ (Samochowiec, Kühne, & Frick, 2015, S. 2).

Alter wird anders er-lebt

Durch die Verlängerung der Wachstumsphase, bzw. deren Fortbestand in im-

mer spätere Lebensphase wird Alter anders erlebt. Die Kluft zwischen realem

und gefühltem Alter geht immer weiter auseinander. Peter Wippermann, ein bekannter deutscher Trendforscher, beschreibt dies wie folgt: „Um 1900 stand

ein Mensch mit 50 am Ende seines Lebens. Heute hat er, statistisch gesehen,

noch ein paar Jahrzehnte vor sich und fühlt sich deshalb jünger – bis zu 15 Jahre.

Die Zukunft ist also noch lang. Warum sollte man sich da schon so früh alt füh-

len? Die Gesellschaft kann das als Ganzes allerdings noch nicht nachvollziehen.

Sie bewertet Alter noch nach dem überlieferten Muster.“12 Ein neuer Markt ent-steht

Auch wenn die Prognose des GDI etwas kühn anmuten lässt, so zeigen sich doch

bereits erste Bilder: Die reinen Altersheime gibt es kaum noch. An ihre Stelle

treten zunehmend Angebote, die unter den Namen Alterswohnungen, Service-Wohnen oder Altersresidenzen auftreten. Diese Angebote werden weitgehend

durch private Anbieter aufgebaut. Dies zeigt nicht zuletzt der einschlägige Titel

der Credit Suisse Studie „Die Zukunft des Pflegeheimmarkts“ (Credit Suisse -

Economic Research, 2015).

D.5.2 Neue Wohnformen Hybride Angebote Wir nennen Angebote altersgerechter Wohnformen „hybrid“, weil sie im

Schnittfeld zwischen der stationären Versorgung und privaten Wohnformen

liegen. Diese Angebote werden durch hauswirtschaftliche und pflegerische Ser-

viceleistungen den Bedarf an stationären Plätzen deutlich reduzieren.

Die Angebote sind grundsätzlich nicht neu, werden aber derzeit immer weiter

ausdifferenziert und entwickelt. Dabei gibt es aber grosse Unterschiede, so-

wohl in den Strukturen wie auch in den Inhalten.

Obsan Dossier 52 Das Obsan Dossier 52 (Werner, Kraft, Mohagheghi, Egli, & Meuli, 2016) hat sich

mit der Frage der hybriden bzw. intermediären Strukturen in der Schweiz in-

tensiv befasst. Für die vertiefte Betrachtung sei auf diese aufschlussreiche Stu-

die verwiesen.

Für das Alterskonzept sind die nachfolgenden Feststellungen relevant:

12 Quelle: www.zeit.de/specials/lebensweise/trendforscher

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Grosse Unterschiede in den Strukturen

Alterswohnungen mit mehr oder weniger Pflegeleistungen gibt es in vielen Kan-tonen, die Anzahl der Wohnungen ist aber sehr unterschiedlich.

Der Kanton St. Gallen wurde in Abbildung 19 nicht berücksichtigt aufgrund ei-

ner ungenügenden Datendichte.

In dieser Erhebung wurden die vorhandenen Wohnangebote in Bezug gesetzt

zu zwei unterschiedlichen Altersgruppen: den über 65-Jährigen und den über

80-Jährigen. Da die Zahl der einbezogenen Personen bei den über 80-Jährigen

deutlich kleiner wird, wird auch die Zahl der Einheiten pro 1000 Personen deut-

lich grösser. Dahinter steht die Annahme, dass Alterswohnungen insbesondere

für die obere Altersgruppe relevant sind. In der Übersicht sind die Unterschiede

bei Zahl der Wohnungsangebote pro Kanton sehr deutlich.

Abbildung 19: Anzahl Wohnungen pro 1000 Personen über 65 bzw. 80 Jahre13

Benchmarks fehlen Die Studie zeigt nur eine Bestandesaufnahme, ein eigentlicher Benchmark kann

davon nicht abgeleitet werden. Auch eine Aussage über eine maximale

Marktsättigung ist nicht möglich. Tatsache ist jedoch, dass die Angebote in der

Regel gut genutzt werden.

«Die Analyse der Daten für die 10 Kantone, deren Angaben gemäss

Einschätzung der Kantone vollständig sind, erlaubt uns eine erste Einschätzung

zur Abdeckung: Pro 1000 Personen über 65 Jahre gibt es dort mindestens 20

Alterswohnungen; bei den über 80-Jährigen sind es mindestens 67

Alterswohnungen. Mit anderen Worten stehen für mindestens 6,3% der Bevölkerung über 80 Jahre Alterswohnungen zur Verfügung.»

Trägerschaften Ebenso unterschiedlich sind die Formen der Trägerschaft: Im Kanton Zug sind

alle Angebote weder durch die Gemeinde noch durch die Pflegeheime getra-

gen, im Kanton Graubünden sind immerhin 78 Prozent an Pflegeheime ange-

bunden. Im Kanton St. Gallen ist das Pflegeheim nie Träger (zumindest von den

75 Prozent aller Angebote, die darüber eine Aussage machen), alle anderen

Formen der Trägerschaft kommen aber vor.

13 Quelle: Abbildung 3.2 in (Werner, Kraft, Mohagheghi, Egli, & Meuli, 2016, S. 17)

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Abbildung 20: Formen der Träger-schaft – Unterschiede in den Kantonen14

Angebotspalette Betrachtet man die Angebote, die den Senioren in den vorhandenen Strukturen

zur Verfügung stehen (siehe Abbildung 21), zeigen sich klare Tendenzen: Sicher-

heit, soziale Kontaktmöglichkeiten und Entlastung in alltäglichen Aufgaben ste-

hen im Vordergrund.

Abbildung 21: Durch die Träger-schaft angebotene o-der koordinierte Dienstleistungen15

14 Quelle: Abbildung 3.8 in (Werner, Kraft, Mohagheghi, Egli, & Meuli, 2016, S. 20) 15 Quelle: Abbildung 3.3 in (Werner, Kraft, Mohagheghi, Egli, & Meuli, 2016, S. 17)

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D.6 Neue Versorgungsmodelle

Modellentwicklung Nach den letzten Jahren, in denen in erster Linie demographische Hochrech-

nungen gemacht wurden, die zu oftmals hektischen Bauprojekten in den Pfle-

geinstitutionen geführt haben, scheint nun eine Besinnungsphase zu folgen.

Gleich zwei Modelle für die zukünftige Altersversorgung wurden im ersten Se-

mester 2016 vorgestellt: das «Wohn- und Pflegemodell 2030» von Curaviva

(Curaviva, 2016) und das «Fluid Care» Modell des Gottlieb Duttweiler Institutes

(Kwiatkowski & Tenger, 2016), das im Auftrag von Senesuisse erstellt wurde.

Diese beiden Modelle sollen in aller Kürze erläutert werden.

D.6.1 „Fluid Care“ Modell Gottlieb Duttweiler Institut (senesuisse) Experten-Modell Die Studie „Fluid Care“ basiert einerseits auf einem länderübergreifenden Ver-

gleich von Modellen der Altersbetreuung und einem darauf aufbauenden Ex-perten-Workshop. Als Ergebnis wird ein Modell mit zwei Szenarien aufgebaut.

Das Modell ist dabei noch ziemlich abstrakt, reagiert dabei aber sehr direkt auf

die oben beschriebenen gesellschaftlichen Trends.

Definition fluid care Der Kern des Modells wird in der Definition von fluid care bereits verdeutlicht:

„Zwischen Angeboten und Leistungsträgern braucht es fliessende Übergänge

und gesamtheitliche Lösungen, die auf die Bedürfnisse des Einzelnen abge-

stimmt sind.“ (Kwiatkowski & Tenger, 2016, S. 2)

Zwei Szenarien In Abbildung 22 werden die wesentlichen Eckpunkte des Modells mit den bei-

den Szenarien dargestellt: Im Wesentlichen geht es darum, die Normierung

heutiger Versorgungsangebote zu überwinden und in eine individualisierte

Form der Leistungserbringung zu wechseln: kurz, es geht um die Verflüssigung

von Angeboten.

Abbildung 22: «Von normiert zu Fluid Care: zwei Sze-narien» 16

16 (Kwiatkowski & Tenger, 2016)

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Szenario „Pauschal“

Szenario «pauschal/individualisiert»: „In diesem Szenario wird Fluid Care zwar ebenfalls auf den individuellen Bedarf abgestimmt, aber als integriertes Ange-

bot aufbereitet. Eine Art Managementplattform – ein Verein, eine Einzelper-

son, eine technische Anbieterplattform usw. – übernimmt für die Kunden die

umfassende Rundumorganisation. Hierfür müssen die Anbieter über ihre Silos

hinausdenken, denn Fluid Care bedeutet, dass Betreuung und Pflege, aber auch

alltägliche Dienstleistungen und soziale Bedürfnisse aus einer Hand gedeckt

werden.“ (Kwiatkowski & Tenger, 2016)

Szenario „on demand“

Szenario «on demand/individualisiert»: „In diesem Szenario existieren viele

ausdifferenzierte Angebote nebeneinander. Die Dienstleister bedienen anstelle von kompletten Leistungspaketen spezifische Nischen und Bedürfnisse und ste-

hen in Konkurrenz mit anderen Anbietern. Wer Bedarf an Fluid-Care-Leistun-

gen hat, stellt sich sein persönliches Paket aus der Vielzahl von Angeboten der

verschiedenen Anbieter selbst zusammen. Neue, auch branchenfremde Start-

ups mischen den Markt auf. Sie übernehmen Bereiche wie Facility Manage-

ment, Ernährung oder soziale Vernetzung.“ (Kwiatkowski & Tenger, 2016)

Fazit „fluid care“ Im Fluid Care Modell geht es bei beiden Szenarien im Kern um die Individuali-

sierung und damit um die Anerkennung des Autonomiebedürfnisses. Zuneh-

mendes Alter ist nicht mehr verbunden mit einem zwingenden Verlust der Ei-genständigkeit und Autonomie. Die beiden Szenarien unterscheiden sich in der

Form der Versorgungsstrukturen bzw. des Dienstleistungsverständnisses. Wäh-

rend das Szenario „Pauschal“ noch eher den heutigen Organisationsstrukturen

entspricht (Generalunternehmer Alter), geht das Szenario davon aus, dass der

Kunde zum GU wird und frei im Markt wählen kann.

D.6.2 Das Wohn- und Pflegemodell 2030 Curaviva Organisations-Modell Das Wohn- und Pflegemodell von Curaviva (siehe Abbildung 23) geht von einer

Transformation bestehender Strukturen aus und befindet sich eher auf der

Seite „Pauschal“. Das Modell muss als Kombination von kommunalen, regiona-

len und überregionalen Leistungsebenen verstanden werden. Dies setzt vo-

raus, dass eine Abstimmung in Versorgungsregionen vorausgeht.

Zentrale vs. Dezent-rale Angebote

Das Modell anerkennt insbesondere zwei wesentliche Trends: Die traditionel-

len Pflegeheime werden zunehmend zu Orten, in denen spezialisierte Pflege-

angebote erbracht werden. Und die Bedeutung intermediärer bzw. hybrider

Strukturen wird deutlich zunehmen und damit auch die Frage der dezentralen

Sicherung der Versorgung.

Gesundheitszentrum im Zentrum

Die Steuerung der Versorgung wird von Curaviva in ein Gesundheitszentrum

gelegt, die neben den Dienstleistungen auch noch eine Drehscheibenfunktion

übernehmen soll. Das Gesundheitszentrum ist nicht gleichzusetzen mit einem

Pflegezentrum, es basiert auf einem (dezentralen) Leistungszentrum, das am-bulante Leistungen und Dienstleistungen ausserhalb der Gesundheitsversor-

gung anbietet und diese mit stationären Leistungen koordiniert.

Quartierzentrum und Wohnen

Ein weiterer wesentlicher Punkt des Curaviva Modells liegt in der Schaffung von

Quartierzentren als soziale Begegnungsstätte. Quartierzentren können neue

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Gebäude (z.B. in Verbindung mit Alterswohnungen oder einem Gesundheitsze-ntrum) sein, aber auch in eine bestehende Infrastruktur integriert werden. Ent-

scheidend sind die soziale Begegnung und ein wohnortsnaher Raum für An-

lässe, Kontakte und Animation.

Wohnen Das Wohnen kann gemäss dem Vorschlag in zwei Varianten angeboten werden:

dem angestammten Wohnort und in Wohnformen, die für die Gruppe 80+ op-

timiert wurde. Für beide Orte sollen Dienstleistungen und Gesundheitsleistun-

gen (z.B. durch das Gesundheitszentrum) sichergestellt werden.

Abbildung 23: Das Wohn- und Pflegemodell 2030 von Curaviva17

Interpretation Das Modell muss als Kombination von kommunalen, regionalen und überregi-

onalen Leistungsebenen verstanden werden. Dies setzt voraus, dass eine Ab-

stimmung in Versorgungsregionen vorausgeht.

Das Wohn- und Pflegemodell geht davon aus, dass stationäre Pflege sich in ers-

ter Linie in spezialisierten Angeboten niederschlägt und dies mit den Angebo-

ten Demenz, Palliative Care, Gerontopsychiatrie und Akut- und Übergangs-pflege. Der Rest der Gesundheitsversorgung wird – so die Hypothese – dezent-

ral und ambulant stattfinden. In diesem nicht-stationären Bereich wird es neue

Strukturen benötigen, die einerseits die Leistungsansprüche und die Akteure

miteinander verbindet (Drehscheibe), andererseits soziale Zonen geschaffen

werden. Eine zentrale Bedeutung in diesem Modell kommt den «hybriden»

Wohnformen zu: Wohnungen, die neben konsequenter Hindernisfreiheit und

Altersfreundlichkeit auch Leistungen anbieten.

17 Quelle: (Curaviva, 2016)

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D.6.3 Chronologisches Versorgungsmodell Curanovis Chronologischer An-satz

Curanovis geht in seinem Modell (Abbildung 24) davon aus, dass der Bereich

Alterswohnen als neuer Akteur in die Altersversorgung eingetreten ist und ent-

sprechend behandelt werden muss. Unter dem Begriff „assisted living“ (die

zweite Stufe im Modell) sind alle Wohnformen zusammengefasst, deren Zweck

darin besteht, Wohnen im Alter mit angepassten «Servicepaketen» (vergleiche

Abbildung 21) möglich zu machen und damit die Selbständigkeit und Privatheit

länger aufrecht zu erhalten.

Dieses Modell ist – wie das Modell von Curaviva – auf der Seite „Pauschal“ ein-zuordnen. Die Transformation zu „on demand“ kann im ambulanten Bereich

zügig erweitert werden, im stationären Bereich ist sie vorläufig kaum zu erwar-

ten.

Grundsatz: Ambulant vor Statio-när

Das Modell basiert auf dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ und anerkennt

gleichzeitig den Wunsch, solange wie möglich im privaten Wohnraum zu blei-

ben. Durch Dienstleistungen und Unterstützung durch die Spitex wird dies im-

mer länger möglich sein.

Der Wohnungswechsel vom angestammten Wohnsitz in eine altersgerechte

Wohnform kann die Selbständigkeit noch einmal verbessern. In beiden Wohn-formen wird oft Spitex notwendig (in der Regel zwischen 75 und 85 Jahren). Der

Eintritt in ein Pflegeheim erfolgt heute meist im Alter von 80 bis 85 Jahren.

Wichtig ist: rund 60 Prozent aller Betagten bleiben zu Hause und benötigen

keine (ausserfamiliäre) Unterstützung!

Abbildung 24: Chronologisches Ver-sorgungsmodell Curanovis

Veränderungen über Eskalation

Der Eintrittszeitpunkt in die verschiedenen Versorgungsstufen verschiebt sich

derzeit immer weiter nach hinten. Insbesondere der Eintritt in ein Pflegezent-

rum wird oft nur noch bei einer hohen Pflegeabhängigkeit notwendig: eine Be-

einträchtigung durch Demenz, die ein Wohnen zu Hause nicht mehr zulässt o-

der eine Krankheit oder ein Unfall (z.B. ein Sturz), die zu höchster Abhängigkeit

und Immobilität führen.

Vier Generationen Die Gesellschaft entwickelt sich zunehmend zu einer Vier-Generationen Gesell-

schaft: Es wird immer häufiger, dass pensionierte Personen noch Eltern haben. Die Frage der zukünftigen Rolle der dritten Generation ist für die Versorgung

äusserst relevant: Wenn die Kinder der Hochbetagten selbst schon im Pensi-

onsalter sind, wird sich die Frage stellen, ob diese ihren Ruhestand für sich

selbst, für die Enkelkinder oder für die Pflege ihrer Eltern nutzen.

Die Autoren des fluid care Modells gehen von zwei Möglichkeiten aus: es wird

eine Entfamiliarisierung erwartet (Durchschnittliche Anzahl Personen pro

Haushalt wird von heute 2,25 auf 2,02 Personen im Jahr 2030 sinken), damit

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wird das Modell der Angehörigenarbeit noch mehr in Frage gestellt. Und als Gegentrend: die Rückbesinnung auf die Gemeinschaft (Kwiatkowski & Tenger,

2016).

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©2017 Knoth// Curanovis – Care Management Seite - 59 -

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Abschnitt F Abbildungs- und Tabellenverzeichnisse Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung Rapperswil-Jona 1985-2014.................................................. 13

Abbildung 2: Prognose der Altersquotienten........................................................................................ 14

Abbildung 3: Modellrechnung Curanovis Bettenbedarf 2015-2025 ..................................................... 16

Abbildung 4: Bedarf und Angebot im Kontext Planungsmodell SG ...................................................... 18

Abbildung 5: Intermediäre Strukturen in der Übersicht ...................................................................... 19

Abbildung 6: Entwicklung der Restfinanzierung ambulante Pflege ..................................................... 20

Abbildung 7: Entwicklung der Leistungen Spitex .................................................................................. 21

Abbildung 8: Prävalenz der Demenz in Westeuropa ............................................................................ 22

Abbildung 9: Modell Bedarfsberechnung Demenz ............................................................................... 23

Abbildung 10: Bettenbedarf Demenz, Modellrechnung Curanovis ..................................................... 24

Abbildung 11: Wohn- und Betreuungsstrukturen Demenz................................................................... 25

Abbildung 12: Übersicht Themengruppen ........................................................................................... 28

Abbildung 13: Organisation der Steuerung .......................................................................................... 38

Abbildung 14: Bevölkerungsentwicklung im Kanton St. Gallen 1980-2014 .......................................... 40

Abbildung 15: Bevölkerungsprognosen für den Kanton St. Gallen ....................................................... 41

Abbildung 16: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung Wahlkreis See-Gaster ................................. 42

Abbildung 17: Todesursache Suizid nach Altersgruppe und Geschlecht ............................................. 47

Abbildung 18: Rollenverteilung und Stufen Palliative Care .................................................................. 50

Abbildung 19: Anzahl Wohnungen pro 1000 Personen über 65 bzw. 80 Jahre ................................... 52

Abbildung 20: Formen der Trägerschaft – Unterschiede in den Kantonen ......................................... 53

Abbildung 21: Durch die Trägerschaft angebotene oder koordinierte Dienstleistungen .................... 53

Abbildung 22: «Von normiert zu Fluid Care: zwei Szenarien» ............................................................ 54

Abbildung 23: Das Wohn- und Pflegemodell 2030 von Curaviva .......................................................... 56

Abbildung 24: Chronologisches Versorgungsmodell Curanovis ........................................................... 57

Tabelle 1: Bevölkerungsentwicklung – Vergleich der Prognosen ......................................................... 14

Tabelle 2: Ober- und Untergrenze Planungsmodell SG ......................................................................... 16

Tabelle 3: Gegenüberstellung Angebot – Bedarf gemäss Hochrechnungen ......................................... 17

Tabelle 4: Vergleich der Wachstumsraten gegenüber 2015 ................................................................. 41

Tabelle 5: angewandte Umwandlungssätze von Curanovis .................................................................. 42

Tabelle 6: Einflussgrössen auf Bedarfsplanung ..................................................................................... 45