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OTTO-VON-GUERICKE-UNIVERSITÄT MAGDEBURG Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik Institut für Strömungstechnik und Thermodynamik Prof. Dr.-Ing. E. Specht Vorlesungsmanuskript Grundlagen der Wärme- und Stoffübertragung Wintersemester 2008/2009

Grundlagen der Wärme- und Stoffübertragung · 5 1.3 Wärmeübergang zwischen Wand und Fluid In vielen technischen Anwendungsfällen wird Wärme, Stoff und Impuls von einer Wand

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OTTO-VON-GUERICKE-UNIVERSITÄT MAGDEBURG

Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik

Institut für Strömungstechnik und Thermodynamik Prof. Dr.-Ing. E. Specht

Vorlesungsmanuskript

Grundlagen der Wärme- und Stoffübertragung

Wintersemester

2008/2009

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1. Arten der Wärme- und Stoffübertragung 1.1 Mechanismen Der Wärmetransport in Materie wird als Wärmeleitung und der Stofftransport in Mate-rie als Diffusion bezeichnet. Wärme kann auch von Materie ungebunden transportiert werden. Dies wird als Strahlung bezeichnet. Der Mechanismus der Wärmeleitung richtet sich nach der Art der Materie. In Fluiden wird die Wärme auf Grund der Bewegung der Moleküle auf Mikroebene transportiert. In Festkörpern wird die Wärme durch Gitterschwingungen weitergeleitet. In elektrisch leitenden Festkörpern, wie Metalle, wird Wärme auch durch den Strom freier Elektro-nen transportiert. Dieser Mechanismus ist analog zur Leitung von elektrischem Strom. Daher besitzen die Metalle mit den höchsten elektrischen Leitfähigkeiten auch die höchsten Wärmeleitfähigkeiten. Stofftransport wird in Fluiden ebenfalls durch die mikroskopische Bewegung von Mo-lekülen hervorgerufen. Dieser Transport ist analog zu dem Transport von Wärme. Daher sind die Gleichungen für den Wärme- und Stofftransport weitgehend analog aufgebaut. Bei Gasen besitzen (zusätzlich) die Transportkoeffizienten nahezu die gleichen Werte. Beim Transport in festen Körpern müssen die Moleküle in der Regel aus der Gitterstruktur herausgelöst und in Fehlstellen anderer Gitter wieder einge-baut werden. Daher ist der Stofftransport in Festkörpern im Vergleich zum Wärme-transport erheblich langsamer und in viel stärkerem Maße temperaturabhängig. Wärme wird auch durch elektromagnetische Wellen transportiert. Diese Wärmestrah-lung (z. B. Sonnenstrahlung) ist nicht an Materie gebunden und kann somit auch im Vakuum transportiert werden. Da dieser Mechanismus unabhängig von dem der Lei-tung ist, überlagern sich die Wärmeströme dieser beiden Mechanismen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass neben den zuvor beschriebenen noch weitere Transportformen existieren. So wird z. B. aufgrund eines Konzentrationsgra-dienten immer ein Energiestrom (Diffusionsthermik) und aufgrund eines Temperatur-gradienten stets ein Stoffstrom (Thermodiffusion) hervorgerufen. Bei der überwie-genden Zahl der technisch bedeutsamen Prozesse sind diese jedoch für die Wärme- und Stoffübertragung unbedeutend. Wärme- und Stoffströme sind thermodynamische Prozessgrößen. Zur Verknüpfung dieser Prozessgrößen mit den Zustandsgrößen benötigt man sogenannte „phäno-menologische Transportansätze“, die sich nach der physikalischen Art des Transpor-tes richten. Diese Beziehungen werden auch als konstitutive Gleichungen oder Mate-rialgleichungen bezeichnet.

2

1.2 Transportansätze für Leitung und Diffusion Aus der Erfahrung ist bekannt, dass aufgrund eines - Temperaturgradienten ein Wärmestrom, - Konzentrationsgradienten ein Stoffstrom, - Geschwindigkeitsgradienten ein Impulsstrom, - Spannungsgradienten ein elektrischer Strom fließt, und zwar jeweils vom höheren zum tieferen Niveau (sogenannter 2. Hauptsatz der Thermodynamik), und dass der auf die Fläche bezogene Strom dem Gradienten seiner treibenden Größe direkt proportional ist:

x

Tq

∂⋅λ−=&

FOURIERscher1 Wärmeleitansatz, (1-1)

xDm i

i∂

ρ∂⋅−=&

FICKscher2 Diffusionsansatz, (1-2)

x

∂⋅−=τ

NEWTONscher3 Spannungsansatz, (1-3)

x

Ui el

∂⋅κ−=

OHMscher4 Ansatz. (1-4)

Die negativen Vorzeichen besagen, dass die Ströme entgegengesetzt zum jeweili-gen Gradienten fließen (siehe Bild 1-1). Hierin bedeuten - Zustandsgrößen T Temperatur in °C oder K

iρ Partialdichte des Stoffes i in kgi/m3

w Geschwindigkeit in m/s

elU elektrische Spannung in V

x Ortskoordinate in m - Prozessgrößen

q& Wärmestromdichte in W/m2=J/m2/s

im& Stoffstromdichte der Spezies i in kg/m2/s

τ Impulsstromdichte oder Schubspannung in N/m2 i elektrische Stromdichte in A/m2 - Transportkoeffizienten (Stoffwerte) λ Wärmeleitkoeffizient in W/m/K D Diffusionskoeffizient in m2/s µ dynamische Viskosität in kg/m/s

χ elektrischer Leitkoeffizient in A/m/V

1 Jean Babtiste Joseph Fourier (1768-1830), Professor für Mathematik und Physik in Paris

2 Adolf Fick (1829-1901), Professor für Chemie, Physik und Physiologie in Zürich und Würzburg

3 Sir Isaac Newton (1643-1727), Professor für Mathematik und Physik in Cambridge

4 Georg Simon Ohm (1789-1854), Professor für Mathematik und Physik in Erlangen, Köln, Berlin,

Nürnberg und München

3

Bild 1-1: Gradienten mit Stromrichtung Die Ströme sind jeweils auf deren Durchflussfläche bezogen und damit richtungsab-hängig. Daher steht in den Gleichungen (1-1) bis (1-4) das partielle Differential. Für die anderen beiden Koordinatenrichtungen gelten die Gleichungen entsprechend. Im Folgenden wird hauptsächlich nur die eindimensionalen Transportvorgänge betrach-tet, da sich die meisten technischen Prozesse eindimensional hinreichend beschrei-ben lassen. Für die Transportströme gilt dann folglich

AqQ ⋅= && (1-5)

AmM ii ⋅= && (1-6)

AI ⋅τ=&

(1-7)

AiI ⋅= , (1-8)

wobei A die Querschnittsfläche, Q& der Wärmestrom in J/s = W, iM& der Stoffstrom der

Spezies i in kg/s, I& der Impulsstrom in N und I der elektrische Strom in A bedeuten. Die Transportkoeffizienten hängen von der Art des Materials ab und müssen experi-mentell bestimmt werden. In Bild 1-2 sind beispielhaft die Wärmeleitkoeffizienten ei-niger typischer Materialien in Abhängigkeit von der Temperatur angegeben. Man er-kennt, dass Kupfer, Gold und Silber mit 200 bis 300 W/m/K die höchsten Werte be-sitzen. Diese Metalle leiten auch den elektrischen Strom am besten. Stähle liegen je nach Legierungsanteil im Bereich 20 bis 60 W/m/K. Je höher der Legierungsanteil ist, desto mehr wird der Transport behindert und je niedriger sind entsprechend die Wärmeleitkoeffizienten. Mineralische Stoffe liegen im Bereich von 1 bis 3 W/m/K, Flüssigkeiten im Bereich von 0,1 bis 0,6 W/m/K und die meisten Gase im Bereich 0,02 bis 0,1 W/m/K jeweils bei Umgebungstemperatur. Luft hat mit den niedrigsten Wärmeleitkoeffizienten. Daher müssen Isoliermaterialien aus einem hohen Volumen-anteil an Luft bestehen. Die Abhängigkeit des Wärmeleitkoeffizienten von der Tem-peratur ist relativ gering. Diffusionskoeffizienten hängen viel stärker von der Tempe-ratur ab und zusätzlich noch von dem Material, in dem die Spezies i diffundiert. Da-her wird auf die Werte von Diffusionskoeffizienten erst an späterer Stelle eingegan-gen. Es fällt auf, dass diese phänomenologischen Transportansätze analoges Aussehen haben. Bei vielen physikalischen Vorgängen entsprechen sich auch die übrigen Ter-me in den verschiedenen Erhaltungssätzen, so dass dann die Felder von Tempera-tur, Konzentration, Geschwindigkeit und Spannung analog sind.

4

Bild 1-2: Anhaltswerte für Wärmeleitkoeffizienten

5

1.3 Wärmeübergang zwischen Wand und Fluid In vielen technischen Anwendungsfällen wird Wärme, Stoff und Impuls von einer Wand an ein Fluid oder umgekehrt übertragen. In Bild 1-3 sind die Profile der Tempe-ratur, der Partialdichte und der Geschwindigkeit eines Fluids in Wandnähe schema-tisch dargestellt, und zwar für den Fall, dass die Ströme vom Fluid an die Wand über-tragen werden. Für diese gilt dann

0xx

Tq =

∂⋅λ−=&

(1-9)

0xi

ix

Dm =∂

ρ∂⋅−=&

(1-10)

0xw

xµ =

ρ∂⋅−=τ .

(1-11)

Bild 1-3: Zur Wärme-, Stoff- und Impulsübertragung zwischen eine Fluid und

einem Festkörper Die Gradienten an der Wand (x = 0) hängen sowohl vom Strömungszustand und der Art des Fluids als auch von der Geometrie des Festkörpers ab. Die Änderungen der Zustandsgrößen liegen im Millimeterbereich und sind insbesondere bei turbulenten Strömungen so gut wie nicht messbar. Daher eigenen sich die folgenden Transport-ansätze für den Übergang zwischen dem Fluid und einer Wand besser:

( )WF TTq −⋅α=& (1-12)

( )iWiFim ρ−ρ⋅β=& (1-13)

2

FW wc2

1⋅ρ⋅⋅=τ .

(1-14)

Hierin werden die Wärme-, Stoff- und Impulsstromdichte proportional gesetzt zur Dif-ferenz der Temperaturen, Partialdichten bzw. Geschwindigkeiten im Fluid (Index F) und an der Wand (Index W), wobei die Geschwindigkeit an der Wand auf Grund der Haftbedingung stets null ist. Die Proportionalitätskoeffizienten heißen - Wärmeübergangskoeffizient α in W/m2/K - Stoffübergangskoeffizient β in m/s

- Widerstandsbeiwert wc (dimensionslos).

6

Die drei Transportansätze sind wiederum analog, was jedoch nicht direkt ersichtlich ist, da die drei Ansätze historisch zu verschiedenen Zeiten aufgestellt wurden. Die

drei Koeffizienten α , β und wc hängen von der Strömungsgeschwindigkeit ab. Aus

Erfahrung ist bekannt, dass der Wärmeübergang umso intensiver ist, je höher die Anströmgeschwindigkeit ist. Die Abhängigkeit von dieser Anströmgeschwindigkeit ist

für die beiden Koeffizienten α und β sowie für das Produkt Fw wc ⋅ gleich, wie später

in dem Kapitel „Konvektion“ erläutert werden wird. Die Wärmeleitung und die Stoffdif-fusion zwischen einem Festkörper und einem Fluid hängt in starken Maße von des-sen Bewegung ab und wird deshalb als

„Konvektion“ bezeichnet. Die Proportionalitätsfaktoren sind von der Geometrie und vom Strömungszustand des Fluids abhängig, der im Allgemeinen durch die REYNOLDSzahl5

ν

⋅= chF Lw

Re (1-15)

beschrieben wird. Darin sind ρ=ν /µ die kinematische Viskosität und L eine die Ge-

ometrie beschreibende charakteristische Abmessung, z. B. Durchmesser bei Rohren oder Überströmlänge bei Wänden. Die Proportionalitätsfaktoren können für verschie-dene Anwendungsfälle Tabellenwerken entnommen werden. Sie sind in diesen mit-tels bestimmter Funktionen angegeben, der Widerstandsbeiwert als

( )Recc WW = , (1-16)

der Wärmeübergangskoeffizient als NUSSELTfunktion6

( )PrRe,NuL

Nu ch =λ

⋅α=

(1-17)

und der Stoffübergangskoeffizient als SHERWOODfunktion7

( )ScRe,ShD

LSh ch =

⋅β= .

(1-18)

Die dimensionslosen Größen λ⋅= /cµPr,Nu p , Sh und D/Sc ν= werden als

NUSSELT-, PRANDTL-8, SHERWOOD- und SCHMIDT-9Zahl bezeichnet. Auf ihre physikali-sche Bedeutung wird noch an späterer Stelle eingegangen.

5 Osborne Reynolds (1842-1912), Professor für Physik in Manchester

6 Wilhelm Nusselt (1882-1957), Ingenieur und Professor für Thermodynamik in Dresden, Karlsruhe

und München 7 Thomas Kilgore Sherwood (1903-1976), Chemieingenieur in Berkeley

8 Ludwig Prandtl (1875-1958), Ingenieur und Professor für Physik in Hannover

9 Ernst Schmidt (1892-1975), Professor für Thermodynamik in Danzig, Braunschweig und München

7

In Tabelle 1-1 sind Anhaltswerte für Wärmeübergangskoeffizienten angegeben. Hier-aus ist ersichtlich, dass diese sich um Zehnerpotenzen unterscheiden. Flüssigkeiten weisen demnach erheblich höhere Wärmeübergangskoeffizienten auf als Gase. Dies ist aus der Erfahrung her auch bekannt. In einer Sauna mit 90 °C hält man sich durchaus mehrere Minuten auf, während man eine Badewanne mit 90 °C Wasser-temperatur wohlweislich meidet. Eine Strömung kann entweder hervorgerufen werden durch Gebläse, Pumpen, usw., was erzwungene Konvektion heißt, oder durch Dichteunterschiede, was natürliche Konvektion heißt. Heizungskörper sind typische Anwendungsbeispiele für natürlich oder sogenannte freie Konvektion. Die Werte für die Wärmeübergangskoeffizienten bei freier Konvektion sind deutlich niedriger als die für erzwungene Konvektion. 1.4 Wärmetransport durch Strahlung In der Wärmeübertragung tritt eine Besonderheit auf: Wärme kann auch durch Strahlung, d. h. elektromagnetische Wellen, übertragen werden. Der Wärmetransport ist hierbei nicht mehr an Masse gebunden (z. B. Son-nenstrahlung durch den Weltraum). Als Transportansatz für den Wärmeübergang infolge Strahlung wird in Anlehnung an das STEFAN-BOLTZMANNsche10 Strahlungsge-setz

( )42

4112 TTq −⋅σ⋅ε=& (1-19)

verwendet. Dabei sind T1 und T2 die absoluten Temperaturen der beiden im Strah-lungsaustausch stehenden Medien, σ die STEFAN-BOLTZMANN-Konstante (eine Na-

turkonstante) und 12ε , der Strahlungsaustauschgrad.

Der Wert für σ ist 81067,5 −⋅ W/m2/K4 (leicht zu merken: 5, 6, 7, 8). Der Strahlungs-

austauschgrad hängt von der Art der Materialien und von der geometrischen Anord-nung ab, wie in Kapitel „Strahlung“ ausführlicher beschrieben wird. Dieser wir hier nur für zwei typische Grundfälle angegeben. Für zwei parallele Wände, deren Ausdeh-nung viel größer als der Abstand ist, gilt

111

1

21

12

−ε

=ε (1-20)

und für zwei sich umhüllende Körper gilt

ε+

ε

11

A

A1

1

22

1

1

12 , (1-21)

10

Josef Stefan (1835-1893), Professor für Physik in Wien Ludwig Boltzmann (1844-1906), Professor für Physik in Graz, München, Leipzig und Wien

8

Wärmeübertragungsmechanismus Wärmeübergangskoeffizient Km

W2 ⋅

freie Konvektion Gase Wasser

3 bis 20

100 bis 700 erzwungene Konvektion Gase zähe Flüssigkeiten Wasser flüssige Metalle

10 bis 100

50 bis 1000 500 bis 10000 5000 bis 30000

schwarze Strahlung (in Umgebung von 15 °C)

15°C (∼ Umgebungstemperatur)

80°C (∼ Heizkörpertemperatur)

800°C (∼ dunkelrot glühende Oberfläche)

1200°C (∼ flüssige Mineralien)

1500°C (∼ flüssiger Stahl)

5 8

70 180 320

Kondensation Filmkondensation Tropfenkondensation

1000 bis 10000

10000 bis 100000 Verdampfung Filmverdampfung Blasenverdampfung

200 bis 5000

5000 bis 50000 Tabelle 1-1 Anhaltswerte für Wärmeübergangskoeffizienten

wobei 1ε und 2ε die Emissionsgrade der beiden Wände bedeuten. Für die beiden

ebenen Wände geht Gleichung (1-21) mit A1 = A2 in Gleichung (1-20) über. Ist Wand

2 dagegen sehr viel größer wie Wand 1 folgt 112 ε=ε . Der Strahlungsaustauschgrad

hängt dann nur vom Emissionsgrad des kleineren Körpers ab. Ein solcher kleiner Körper ist z. B. der Mensch in seiner Umgebung und ein Thermometer. Der Wert des Emissionsgrades liegt nach Definition stets zwischen 0 und 1. Ein nied-riger Wert bedeutet, dass ein Körper schlecht Strahlung emittiert und absorbiert. Kör-per mit dem Wert 1 emittieren bzw. absorbieren die maximal mögliche Strahlung. Der schwarze Körper kann durch ein kleines, tiefes Loch realisiert werden. Dieses sieht für das menschliche Auge schwarz aus, da alle in das Loch treffende Strahlung ab-sorbiert wird und dadurch keine Strahlung reflektiert werden kann. Folglich ist das

Innere des Lochs nicht sichtbar. Da 10 <ε< gilt, muss auch 10 12 <ε< gelten.

Blanke Metalle Nichtblanke Metalle Nicht-Metalle Gold 0,02 Aluminiumbronzeanstrich 0,3 Ziegel, Porzellan 0,93 Silber 0,02 Kupfer oxidiert 0,76 Glas 0,94 Kupfer 0,03 Eisen geschmirgelt 0,24 Papier 0,92 Aluminium 0,04 Eisen angerostet 0,61 Holz 0,94 Chrom 0,06 Eisen stark verrostet 0,85 Eis 0,97 Eisen 0,13 Heizkörperlack 0,93

Tabelle 1-2 Anhaltswerte für Emissionsgrade

9

In Tabelle 1-2 sind typische Werte für Emissionsgrade zusammengestellt, die bis etwa 600 °C annähernd konstant sind. Danach tritt eine leichte Temperaturabhängigkeit auf, wie in Kapitel „Strahlung“ erläutert wird. Blanke Metalle reflektieren den überwie-genden Anteil der auftreffenden Strahlung und treten daher spiegelnd auf. Da diese dadurch wenig Strahlung absorbieren können, emittieren sie folglich auch nur einen sehr geringen Anteil der maximal möglichen Strahlung. Beispielsweise eignen sich daher Aluminiumbehälter und Aluminiumfolie sehr gut als Isoliermaterial heißer Spei-sen, da die Wärmeabstrahlung in starkem Maße unterdrückt wird. Ist die Oberfläche von Metallen nicht blank, z. B. oxidiert, angerostet usw., steigt der Emissionsgrad er-heblich an. Die Oberflächenbeschaffenheit übt also einen starken Einfluss auf die Strahlungseigenschaften aus. Nicht-Metalle haben Emissionsgrade zwischen 0,92 und 0,99. Metallene Heizkörper geben somit auf Grund ihrer Lackierung nahezu die maximal möglich Strahlung ab. Zum Vergleich und für die Überlagerung mit der Konvektion wird für die Strahlung ein

Wärmeübergangskoeffizient εα gemäß

( )21 TTq −α= ε& (1-22)

eingeführt. Mit Gleichung (1-19) folgt für den Wärmeübergangskoeffizienten (T1 > T2)

σ⋅

+

++⋅ε=αε

3

1

2

2

1

2

1

23

112T

T

T

T

T

T1T .

(1-23)

Unterscheiden sich die absoluten Temperaturen relativ wenig voneinander, so gilt nä-herungsweise

21

3

112 TTfürT4 ≈⋅σ⋅ε⋅≈αε . (1-24)

Unterscheiden sich die beiden Temperaturen T1 und T2 nicht extrem, so kann in guter Näherung für den Wärmeübergangskoeffizient durch Strahlung angesetzt werden

3

2112

2

TT4

+⋅σ⋅ε⋅≈αε .

(1-25)

In Tabelle 1-1 sind Anhaltswerte für den Wärmeübergangskoeffizient durch Strahlung angegeben. Dieser hängt demnach sehr stark von der Temperatur ab. Bei nicht erzwungener Strö-mung (freie Konvektion) und Temperaturen nicht wesentlich höher als die der Umge-bung liegen die Wärmeübergangskoeffizienten für Konvektion und Strahlung in der gleichen Größenordnung. Heizungskörper und Menschen obliegen in etwa gleichem Maße der Wärmeübertragung durch Konvektion und Strahlung. Hierauf wird in Bei-spielen noch eingegangen werden.

10

1.5 Bedeutung Wärmeübertragungsprozesse treten bei der Herstellung fast aller Materialien auf. Zur Erzeugung von Metallen müssen die Erze zur Reduktion (Sauerstoffabspaltung) auf hohe Temperaturen erwärmt werden. Schrotte müssen geschmolzen werden, um Le-gierungen einstellen zu können und definierte Formen gießen zu können. Minerali-sche Rohstoffe müssen auf Temperaturen höher als 900 °C erwärmt werden, damit diese sintern wie zur Erzeugung von Keramiken (Ziegel, Steinzeug, Porzellan, usw.), oder schmelzen wie zur Erzeugung von Gläsern, oder miteinander reagieren, wie zur Erzeugung von Zement, Kalk und anderen Baustoffen. Rohöl muss bis zu 600 °C er-wärmt werden, um daraus Kunststoffe, Kraftstoffe, Chemikalien, usw. zu erzeugen. In der Energietechnik werden fossile Brennstoffe verbrannt, um die Wärme dann über Turbinen und Motoren in mechanische Energie umwandeln zu können oder nur um unsere Häuser zu heizen. Viele Produkte müssen zur Veredelung getrocknet werden, wie Papier, Lebensmittel, Genussmittel, Hölzer, usw. Zur Deckung der Verdampfung-senthalpie muss Wärme zugeführt werden. Der Mensch mit einer inneren Temperatur von 37 °C gibt permanent Wärme an die Umgebung ab. Das Wohlbehagen von Men-schen wird daher in starkem Maße von der Wärmeübertragung beeinflusst. Diese wird in etwa gleichem Maße sowohl von der Konvektion als auch von der Strahlung be-stimmt. Stoffumwandlungsprozesse werden darüber hinaus selbstverständlich noch von der Stoffübertragung bestimmt. Der Wärmetransport und der Stofftransport sind dann stets gekoppelt. Auf diese Kopplung kann hier nur an wenigen Beispielen eingegan-gen werden. Stoffumwandlungsprozesse werden in einigen Fällen zusätzlich noch von der chemischen Reaktionskinetik beeinflusst, die in der Regel stark temperaturabhän-gig ist. Solche Fälle werden hier nicht betrachtet, sondern auf andere Lehrbücher ver-wiesen.

11

2. Stationäre Wärmeleitung Von stationärer Wärmeleitung spricht man, falls sich die Temperaturen nur mit dem Ort, jedoch nicht mit der Zeit ändern. Der Wärmestrom ist dann bezüglich Ort und

Zeit konstant ( =Q& konstant). Die Wärmestromdichte kann dagegen ortsabhängig sein. 2.1 Wärmeleitung durch einschichtige Wände Im Folgenden wird die Wärmeleitung in einer einschichtigen Wand betrachtet, die entsprechend Bild 2-1 als Platte, Hohlzylinder oder Hohlkugel ausgebildet sein kann. Dargestellt ist der Fall, dass Wärme von innen nach außen geleitet wird. Die Körper

haben die Dicke s bzw. ra – ri. Die Oberflächentemperaturen seien jeweils mit aT (au-

ßen) und iT (innen) vorgegeben. Für den Wärmestrom gilt

Adx

dTQ ⋅⋅λ−=& .

(2-1)

Die Randbedingungen sind dann

( ) aTsxT == bzw. ( ) aa TrrT == und

( ) iT0xT == bzw. ( ) ii TrrT == .

Für den Wärmestrom ergibt sich damit

x

TTA

s

TTAQ iia −

⋅⋅λ−=−

⋅⋅λ−=& . (2-2)

Bild 2-1: Stationärer Temperaturverlauf in einer Platte, einem Hohlzylinder und einer Hohlkugel

12

Beim Rohr und bei der Hohlkugel hängt die Fläche vom Radius ab, so dass für den Wärmestrom gilt

( )rAdr

dTQ ⋅λ−=& .

(2-3)

Die Flächen betragen beim Rohr (Länge L)

( ) Lr2rA ⋅⋅π⋅= (2-4)

und beim Hohlzylinder

( ) 2r4rA ⋅π⋅= . (2-5)

Damit erhält man aus der Integration

i

i

ia

ia

r/rln

TT

r/rln

TT

L2

Q −=

−=

⋅π⋅⋅λ−

&

(2-6)

bzw.

i

i

ia

ia

r/1r/1

TT

r/1r/1

TT

42

Q

−=

−=

π⋅⋅

&

. (2-7)

Damit ergeben sich für die Temperaturverläufe die folgenden Gleichungen

s

x

TT

TT

ia

i =−

− (Platte),

(2-8)

i

a

i

ia

i

r

rln

r

rln

TT

TT=

− (Hohlzylinder),

(2-9)

ia

i

ia

i

r

1

r

1

r

1

r

1

TT

TT

=−

− (Hohlkugel).

(2-10)

Bei der Platte ist somit der Temperaturverlauf linear, beim Rohr proportional ln r und bei der Hohlkugel proportional 1/r. Aus dem FOURIERschen Ansatz

dx

dTq ⋅λ−=&

13

erhält man als Wärmestromdichte mit den Temperaturgradienten aus den Gleichun-gen (2-8) bis (2-10)

( )ai TTs

q −⋅λ

=& (Platte), (2-11)

( ) ( )ai

i

a

TTr

1

r

rln

rq −⋅λ

=& (Hohlzylinder), (2-12)

( ) ( )ai2

ai

TTr

1

r

1

r

1rq −⋅⋅

λ=& (Hohlkugel).

(2-13)

Aus den Gleichungen (2-2), (2-6) und (2-9) ergibt sich somit für die Wärmeströme

( ) ATTs

Q ai ⋅−⋅λ

=& (Platte), (2-14)

( ) L2TT

r

rln

Q ai

i

a

⋅π⋅⋅−⋅λ

=& (Hohlzylinder), (2-15)

( ) π⋅⋅−⋅

λ= 4TT

r

1

r

1Q ai

ai

& (Hohlkugel). (2-16)

Häufig kann man zur Berechnung des Wärmestroms durch Rohrwände anstatt der komplizierteren Hohlzylindergleichung (2-15) die handlichere Gleichung (2-14) für die

Platte verwenden. In diese muss dann die Dicke ia rrs −= und die mittlere Fläche des

Holzylinders L2

rr2A ia

m ⋅+

⋅π⋅= eingesetzt werden. Das Verhältnis

P

Z

Q

Q&

&

=ϕ (2-17)

gibt den Fehler an, der auftritt, wenn man statt des Wärmestroms ZQ& für den Zylin-

der näherungsweise den Wärmestrom PQ& für die Platte berechnet. Aus den Glei-

chungen (2-14) und (2-15) erhält man somit

1r

r

1r

r

r

rln

2

i

a

i

a

i

a +

⋅=ϕ .

(2-18)

14

Dieser Korrekturfaktor, mit dem der Wärmestrom PQ& multipliziert werden muss, um

den erwähnten Fehler auszugleichen, hängt also nur vom Radienverhältnis ia r/r des

Hohlzylinders ab. Im Bild 2-2 ist diese Abhängigkeit dargestellt. Man erkennt, dass der Korrekturfaktor ϕ bei den in der Praxis üblichen Radienverhältnissen nur gering-

fügig von 1 abweicht.

Bild 2-2: Korrekturfaktor ϕ zur Berücksichtigung der Krümmung einer Hohlzylin-

derwand

Im Allgemeinen ist 3,1r/r ia < , so dass sich die Wärmeströme um weniger als 0,5 %

unterscheiden. In vielen Fällen, und zwar insbesondere bei „dünnwandigen“ Hohlzy-lindern (z. B. Rohre), wird man deshalb auf diese Korrektur verzichten und zur Be-rechnung des Wärmestroms durch die Rohrwand die einfachere Formel (2-14) für die Wärmeleitung durch Platten heranziehen, wobei als Wärmeübertragungsfläche die mittlere Hohlzylinderfläche Am einzusetzen ist. 2.2 Wärmedurchgang bei einschichtigen Wänden

In den meisten Fällen sind nicht die Oberflächentemperaturen iT und aT , sondern die

Umgebungstemperaturen i,uT und a,uT bekannt. Wird Wärme von einem Medium auf

ein anderes übertragen, die beide durch eine Wand voneinander getrennt sind, so muss die Wärme zuerst von dem Medium mit der höheren Temperatur (konvektiv) an die Wand übertragen, durch die Wand zur gegenüberliegenden Seite geleitet und von dort wieder (konvektiv) an das andere Medium abgegeben werden. Diesen ge-koppelten Mechanismus aus Konvektion und Leitung bezeichnet mal als „Wärme-durchgang“. Der sich dabei einstellende Temperaturverlauf ist qualitativ in Bild 2-3 dargestellt.

15

Bild 2-3: Temperaturverlauf beim Wärmedurchgang durch eine einschichtige

ebene Wand

Da beim stationären Wärmedurchgang der Wärmestrom Q& sich nicht mit dem Ort ändert, erhält man für die einschichtige Wand die drei Gleichungen

( )ii,ui TTAQ −⋅⋅α=& , (2-19)

( )ai TTAs

Q −⋅⋅λ

=& , (2-20)

( )a,uaa TTAQ −⋅⋅α=& , (2-21)

zur Bestimmung der beiden unbekannten Oberflächentemperaturen und des gesuch-ten Wärmestroms. Eliminiert man die Oberflächentemperaturen, ergibt sich für den Wärmestrom

( )a,ui,u TTAkQ −⋅⋅=& , (2-22)

mit dem Wärmedurchgangskoeffizienten

ai

1s1

1k

α+

λ+

α

= (Platte). (2-23)

Für Hohlzylinder und Hohlkugel geht man entsprechend vor, indem man in den Glei-chungen (2-19) und (2-21) die jeweiligen Flächen (innen und außen) nach den Glei-chungen (2-4), (2-5) und für Gleichung (2-20) die passende Gleichung für die ge-krümmten Wände einsetzt. Als Wärmedurchgangskoeffizient erhält man dann

16

r

1

r

1

r

rln

1

r

1

1k

aai

a

ii

α⋅+⋅

λ+

α⋅

= (Hohlzylinder), (2-24)

2

a

2

aaii

2

i

r

1

r

1

r

1

r

11

r

1

1k ⋅

α⋅+

−⋅

λ+

α⋅

= (Hohlkugel). (2-25)

Die Ortsabhängigkeit kürzt sich im Produkt Ak ⋅ für den Wärmestrom heraus. Ist auf einer der beiden Körperseiten anstatt der Umgebungs- die Oberflächentemperatur gegeben, so können also die oben hergeleiteten Formel (2-23) bis (2-25) für den Wärmedurchgangskoeffizienten weiter verwendet werden, indem man den entspre-chenden Wärmeübergangskoeffizienten unendlich setzt. 2.3 Wärmedurchgang bei mehrschichtigen Wänden Wände von Apparaten, Reaktoren, Industrieöfen, Rohleitungen usw. sind häufig als mehrschichtige Wände ausgebildet. Eine Schicht bestimmt die Festigkeit (z. B Me-tallwand bei Rohren, Steinwand bei Gebäuden), eine andere Schicht dient als Isolie-rung. Sie bestehen im Allgemeinen aus mehreren Schichten unterschiedlicher Dicke und Wärmeleiteigenschaften. Im Bild 2-4 ist beispielhaft für eine dreischichtige ebene Wand der Temperaturverlauf angegeben.

Bild 2-4: Schematischer Temperaturverlauf durch eine dreischichtige Wand

Bei stationärem Wärmedurchgang (also Q& konstant) durch eine mehrschichtige Plat-te (also A konstant) folgt aus dem FOURIERschen Ansatz

332211dx

dT

dx

dT

dx

dT⋅λ−=⋅λ−=⋅λ− .

(2-26)

17

Aufgrund der unterschiedlichen Wärmeleitkoeffizienten müssen sich also an den Be-rührungsflächen die Temperaturgradienten sprunghaft ändern, d. h. die Temperatur-verläufe haben dort einen Knick. Für die benachbarten Schichten 1 und 2 erhält man beispielsweise

1

2

2

1

dx

dTdx

dT

λ

λ= .

(2-27)

Das Verhältnis der Temperaturgradienten ist also reziprok zum Verhältnis der zuge-hörigen Wärmeleitkoeffizienten. Zur Berechnung der Wärmeströme für die Geometrien Platte, Hohlzylinder und Hohl-kugel mit N Schichten geht man ebenso vor wie im vorherigen Abschnitt. Für jede zusätzlich Schicht erhält man eine Gleichung für die Wärmeleitung durch diese Schicht in der Form von Gleichung (2-20) zur Bestimmung der Zwischenwandtempe-

raturen ...,T,T 1Z1Z (vgl. Bild 2-4). Als Wärmedurchgangskoeffizienten ergeben sich

dann - für die mehrschichtige Platte

∑= α

=N

1j aj

j

i

1s1

1k ,

(2-28)

- für den mehrschichtigen Hohlzylinder

r

1

r

1

r

rln

1

r

1

1k

N

1j aaj,i

i,a

jii

α⋅+⋅

λ+

α⋅

=

∑=

, (2-29)

- für die mehrschichtige Hohlkugel

2N

1j a

2

aj,aj,iji

2

i

r

1

r

1

r

1

r

11

r

1

1k ⋅

α⋅+

−⋅

λ+

α⋅

=

∑=

. (2-30)

Damit sind die Wärmeströme wiederum nach Gleichung (2-22) mit den Flächen ge-mäße Gleichung (2-4) oder (2-5) bestimmbar. Die Temperaturen an den Berührungs- und den Oberflächen erhält man, indem zunächst der Wärmestrom und dann nach-einander die gesuchten Temperaturen aus dem Newtonschen Ansatz und dem FOU-

RIERschen Ansatz für die jeweilige Schicht berechnet werden. Will man auch beim mehrschichtigen Hohlzylinder den Wärmestrom mit den Glei-chungen für die Platte bestimmen, so müssen die auftretenden Korrekturfaktoren für jede Schicht errechnet werden.

18

2.4 Wärmewiderstände Wärmestrom und Temrpaturdifferenz sind einander proportional. Bei einer einschich-tigen Wand gilt

A

sQTT ai

⋅λ⋅=− & .

(2-31)

Führt man analog zur Elektrotechnik mit

A

sR

⋅λ=λ

(2-32)

einen Wärmeleitwiderstand ein, so erhält man die Beziehung

λ⋅=− RQTT ai& ,

Temperaturdifferenz = Wärmestrom x Wärmeleitwiderstand

(2-33)

d. h. formal den gleichen Zusammenhang wie beim OHMschen Gesetz

elelel RIU ⋅=∆ ,

Spannungsdifferenz = elektr. Strom x elektr. Widerstand.

(2-34)

In beiden Fällen spricht man von einer „Potenzialdifferenz“ (Temperaturdifferenz, Spannungsdifferenz) als treibender Kraft, welche dem „Strom“ (Wärmestrom, elektri-schen Strom) proportional ist. Der Proportionalitätsfaktor ist der den Strom hemmen-de Widerstand (Wärmewiderstand, elektrischer oder auch OHMscher Widerstand). Beide Vorgänge unterliegen also den gleichen mathematischen Gesetzmäßigkeiten, finden aber in verschiedenen physikalischen Systemen statt und sind damit, wie im Kapitel 1 erläutert, analog. Berücksichtigt man in diesen Betrachtungen auch den Wärmeübergang zu beiden Seiten einer mehrschichtigen Wand, so erhält man aus den Gleichungen (2-22) und (2-28)

α⋅+

λ⋅+

α⋅⋅=− ∑

=

N

1j ai

i

i

a,ui,uA

1

A

s

A

1QTT & .

(2-35)

Die Ausdrücke in der Klammer

a

a,

i

i,aA

1R,

A

1R

α⋅=

α⋅= α

(2-36)

bedeuten die Übergangswiderstände zu beiden Seiten der Wand und

∑=

λλ⋅

=N

ij i

j

A

sR

(2-37)

19

den Wärmeleitwiderstand. Man erhält dann

RQTT a,ui,u Σ⋅=− & , (2-38)

wobei

a,i, RRRR αλα +Σ+=Σ (2-39)

und λΣ R der Wärmeleitwiderstand einer mehrschichtigen Wand ist. Widerstände

beim Wärmeübergang können also ebenso addiert werden wie bei entsprechenden elektrischen Vorgängen. Mit Hilfe von Wärmewiderständen lassen sich viele wärmetechnische Zusammen-hänge sehr anschaulich darstellen. Dies wird an einem einfachen Beispiel, dem Wärmdurchgang durch eine Heizkörperwand mit Bild 2-5 dargestellt.

Bild 2-5: Ersatzschaltbild für den Wärmedurchgang durch die Wand eines Heiz-

körpers Auf der linken Seite fließt Wasser mit einem Wärmeübergangskoeffizienten von etwa

5000i =α W/m2/K (siehe Tabelle 1-1). Die Wand aus Stahl besitzt einen Wärmeleit-

koeffizienten von 50=λ W/m/K (siehe Bild 1-2) und eine Dicke von s = 5 mm. Die rechte Seite der Wand wird mit Luft umströmt. Hier wird Wärme sowohl durch Kon-vektion als auch durch Strahlung abgeführt. Beide Wärmeströme sind unabhängig voneinander und überlagern sich somit, was durch die zwei parallel geschalteten Übergangswiderstände symbolisiert wird. Wird die Strahlung durch einen Wärme-übergangskoeffizienten entsprechend Gleichung (1-22) angenähert, so können beide Wärmeübergangskoeffizienten addiert werden. Hier wird angenommen, dass die

Summe beider Wärmeübergangskoeffizienten den relativ hohen Wert von 50a =α

W/m2/K hat. Die Oberfläche der Wand wird vereinfachend zu A = 1 m2 eingesetzt. Der Gesamtwiderstand

20

( )W

K10203

W

K10200101102

W

K

50

1

50

005,0

5000

1R 4444 −−−− ⋅=⋅+⋅+⋅=

++=Σ

ist folglich nur wenig größer als der Übergangswiderstand zur Luftseite. Die durch die Wand fließende Wärme wird daher hauptsächlich von diesem Widerstand bestimmt. Eine Veränderung des Wärmeübergangskoeffizienten auf der Wasserseite oder des Wärmeleitwiderstandes der Wand würde daher den Wärmestrom kaum beeinflussen. Nur eine Verbesserung des luftseitigen Wärmeübergangskoeffizienten vergrößert die übertragene Wärme wesentlich. Eine technische Maßnahme hierzu ist die Anbrin-gung von Rippen auf dieser Fläche. 2.5 Wärmeleitung in Rippen Wie das Beispiel für die Wärmewiderstände gezeigt hat, wird der Wärmestrom durch eine Wand oft nur durch einen einzigen Widerstand bestimmt, wenn nämlich dieser wesentlich größer ist als die Summe aller anderen Widerstände. Dies ist im allgemei-nen dann der Fall, wenn auf der einen Seite einer Wand ein Gas, auf der anderen hingegen eine Flüssigkeit strömt. Der gasseitige Wärmeübergangskoeffizient ist häu-fig sehr viel kleiner ist als der flüssigkeitsseitige (Tabelle 1-1), und außerdem kann der Wärmeleitwiderstand der Wand vernachlässigt werden. Der gasseitige und damit der gesamte Wärmeübergang lässt sich in diesen Fällen dadurch verbessern, dass man die Wärmeübertragungsfläche durch Anbringen von Rippen vergrößert, wie dies z. B. bei Heizkörpern oder Kühlrippen üblich ist. Zur Dimensionierung solcher Rippen muss bekannt sein, in welcher Weise die Wärme von ihnen übertragen wird. Der Temperaturverlauf und die übertragene Wärme werden im folgenden Abschnitt be-rechnet. Bild 2-6 zeigt qualitativ den Temperaturverlauf längs einer stabförmigen Rippe mit

konstantem Querschnitt. Die Temperatur am Rippenfuß ist die Wandtemperatur 0xT = .

Die Rippe hat die Länge L, den Umfang U und den konstanten Querschnitt A. Der Wärmeübergangskoeffizient längs der Rippenoberfläche und die Umgebungstempe-ratur werden als konstant vorausgesetzt. Die Wärmeleitung wird nur in x-Richtung berücksichtigt, d. h. es wird der Verlauf der Rippentemperatur als Funktion der Längskoordinate x bestimmt. Diese Vereinfachung ist im Allgemeinen zulässig, da die Länge von Rippen groß gegenüber ihrer Breite ist und damit die Temperaturän-derung über dem Querschnitt vernachlässigt werden kann.

21

Bild 2-6: Wärmeübertragung an einer stabförmigen Rippe In das Volumenelement dxA ⋅ fließt durch Wärmeleitung über die Querschnittsfläche

A der Wärmestrom λQ& hinein und aus dem Element der Wärmestrom ( )λλ + QdQ &&

wieder heraus (TAYLORreihenentwicklung und Vernachlässigung der Glieder höherer Ordnung). Außerdem wird über die Außenfläche dxU ⋅ konvektiv der Wärmestrom

αQd & an die Umgebung übertragen. Im stationären Zustand lautet folglich die Ener-

giebilanz

0QdQd =+ αλ&& . (2-40)

Für den Wärmestrom durch Leitung in der Rippe gilt

dx

dTAQ ⋅⋅λ−=λ

& , (2-41)

woraus für die Änderung

dxdx

TdAdx

dx

QdQd

2

2

⋅⋅⋅λ−=⋅= λλ

&&

(2-42)

folgt. Für den konvektiv übertragenen Wärmestrom gilt nach dem NEWTONschen An-satz

( )uTTdxUQd −⋅⋅⋅α=α& . (2-43)

Damit ergibt sich aus Gleichung (2-40) die Dgl für den Temperaturverlauf längs der Rippe

( ) ( )u2u

2

TTA

U

dx

TTd−⋅

⋅λ

⋅α=

−.

(2-44)

22

Zur Lösung werden zwei Randbedingungen benötigt. Am Rippenfuß (x = 0) beträgt die Temperatur

( ) 0xT0xT === . (2-45)

Am Ende der Rippe (x = L) wird angenommen, dass die über die Stirnfläche übertra-gene Wärme vernachlässigbar klein ist. Daher kann hier der Temperaturgradient gleich null gesetzt werden

( ) 0Lxdx

dT== .

(2-46)

Mit diesen beiden Randbedingungen ergibt sich als Lösung der Dgl

( )

⋅λ

⋅α

−⋅

⋅λ

⋅α

=−

=L

A

Ucosh

xLA

Ucosh

TT

TT

u0x

u .

(2-47)

Für eine unendlich lange Rippe folgt hieraus mit dem Grenzübergang ∞→L

⋅λ

⋅α−=

=

xA

Uexp

TT

TT

u0x

u . (2-48)

Diese Gleichung ergibt sich auch, wenn anstatt der Randbedingung (2-46) die Be-dingung verwendet wird, dass bei einer unendlich langen Rippe die Temperatur an der Spitze auf Umgebungstemperatur abgesunken ist

( ) ux

TxTlim =∞→

. (2-49)

Durch die Verlängerung der Rippe wird wegen der vergrößerten Übertragungsfläche der an die Umgebung übertragene Wärmestrom erhöht. Eine unendlich lange Rippe

überträgt den größten Wärmestrom. Aus dem Verhältnis ∞αα Q/Q L&& der übertragenen

Wärmeströme bei einer Rippe mit endlicher Länge L zu einer mit unendlicher Länge kann man ersehen, welchen Anteil des maximalen Wärmestroms eine Rippe über-trägt, d. h. wie gut ihr Wirkungsgrad ist. Durch Integration der Gleichung (2-43) mit der Beziehung (2-47) für den Temperaturverlauf in der Rippe erhält man die Wärme-ströme

( )( ) ( )

⋅λ

⋅α⋅⋅λ⋅⋅α⋅−=⋅⋅α⋅−= =α ∫ L

A

UtanhAUTTdxUTxTQ u0x

L

0

uL&

(2-50)

und

( ) AUTTQlimQ u0xLL

⋅λ⋅⋅α⋅−== =α∞→

∞α&& , (2-51)

23

so dass das Verhältnis

⋅λ

⋅α=

∞α

α LA

Utanh

Q

Q L

&

&

(2-52)

wird. Diese im Bild 2-7 dargestellte Abhängigkeit dient der Beurteilung, ab welcher Länge der Rippe eine Erhöhung des Wärmestroms nicht mehr im wirtschaftlichen Verhältnis zur Erhöhung des Materialaufwandes steht.

Bild 2-7: Übertragener Wärmestrom bei der Rippe in Abhängigkeit von ihrer Länge Rippen werden oft mit Querschnittsflächen gebaut, die sich mit der Länge x verrin-

gern, wie z. B. bei trapezförmigen Formen. In diesem Fall muss wegen ( )xfA = die

Gleichung (2-41) partiell abgeleitet werden. Die Dgl (2-44) ist dann entsprechend komplizierter und muss in der Regel numerisch integriert werden. Auf entsprechende Weise kann man für ein weiteres Anwendungsbeispiel berech-nen, wie tief ein Messfühler in ein homogenes Fluid eingetaucht werden muss, damit der Messfehler durch die Wärmeüberragung über seine Anschlussleitungen nicht zu groß wird. Ein Mantelthermoelement mit dem konstanten Querschnitt A und dem konstanten Umfang U ragt auf einer Länge L in ein Fluid hinein, wie es im Bild 2-8 veranschau-licht ist.

24

Bild 2-8: Bilanz und Temperaturverlauf beim Thermoelement

Die gemessene Temperatur LxT = an der Spitze des Elementes soll von der zu be-

stimmenden Fluidtemperatur uT nur um einen kleinen Wert δ abweichen

δ=− =Lxu TT . (2-53)

Bezieht man alle Größen auf die Temperaturdifferenz 0xu TT =− , wobei 0xT = die Tem-

peratur des Elementes an der Wand ist, so gilt für den sogenannten Wärmeleitfehler

0xu TT =−

δ=θ∆

(2-54)

nach Gleichung (2-47)

⋅λ

⋅α=

−=θ∆

=

=

LA

Ucosh

1

TT

TT

u0x

uLx . (2-55)

Dieser Zusammenhang zwischen dem Messfehler und der Eintauchtiefe des Ther-moelementes ist im Bild 2-9 grafisch dargestellt.

25

Bild 2-9: Messfehler des Thermoelementes in Abhängigkeit von seiner Eintauch-

tiefe im Fluid 2.6 Leitung mit gleichverteilten Wärmequellen Beispielsweise von elektrischem Strom durchflossenen Leitern, wie Elektrokabel, Heizstrahler und Graphitelektroden, oder bei Körpern, in denen chemische Reaktio-nen oder Kernspaltungsprozesse ablaufen, treten über ihr Volumen verteilte Wärme-quellen auf. Qualitativ stellt sich dann ein Temperaturverlauf wie im Bild 2-10 ein.

Exemplarisch wird im Folgenden der Fall behandelt, dass diese Wärmequellen qw&

im Volumen des Körpers gleichverteilt und stationär sind. Der Wärmeleitkoeffizient λ wird wiederum als temperaturunabhängig angenommen.

Bild 2-10: Qualitativer Temperaturverlauf in einem elektrischen Kabel

26

Die im Volumen erzeugte Wärme ]m/W[w 3

q& muss zum Rand hingeleitet werden.

Da der Wärmestrom zum Rand stetig höher wird, nimmt folglich auch der Gradient zu. Als differentielle Energiebilanz gilt, dass die Erhöhung des durch die Dicke der Schicht dr geleiteten Wärmestroms gleich der in dieser Schicht erzeugten Wärme ist

( ) drrAwQd q ⋅=λ&& (2-56)

wobei A die bei Zylindern und Kugeln vom Radius abhängige Mantelfläche bedeutet. Mit dem FOURIERschen Wärmeleitansatz erhält man

( )[ ] ( )rAwdr

dTrA

dr

dq ⋅=⋅⋅λ− & .

(2-57)

Durch partielle Differentiation ergibt sich

q2

2

wdr

dA

A

1

dr

dT

dr

Td&=⋅⋅⋅λ+⋅λ .

(2-58)

Mit den Flächen

=⋅= LBA konstant (Platte) Lr2A ⋅⋅π⋅= (Zylinder)

2r4A ⋅π⋅= (Kugel)

(2-59)

folgt als Dgl

q2

2

wdr

dT

r

1b

dr

Td&=⋅λ⋅

−+⋅λ

(2-60)

mit dem Formfaktor b = 1 für Platte b = 2 für Zylinder b = 3 für Kugel.

(2-61)

Als Randbedingungen gelten am Rand

( )uwRr TTkdr

dT−⋅=⋅λ− =

(2-62)

und in der Mitte auf Grund der Symmetrie

0dr

dT0r =⋅λ− = .

(2-63)

Hierin ist k der Wärmedurchgangskoeffizient, der sich aus der Wärmeleitung durch die Isolierung (falls vorhanden) und dem konvektiven Wärmeübergang an die Umge-bung zusammensetzt. Als Lösung der Dgl erhält man

27

( )

λ⋅+

⋅=

−⋅λ

Rk

2

R

r1

b2

1

Rw

TT2

2

q

u

&.

(2-64)

Der Temperaturverlauf wird also durch eine nach unten geöffnete quadratische Pa-rabel dargstellt. Vom praktischen Interesse ist zum einen die maximale Temperatur-differenz im Körper, für die aus der obigen Gleichung

λ⋅⋅

⋅=−=

2

qw0x

Rw

b2

1TT &

(2-65)

folgt. Bei Kupferkabeln ist diese Temperaturdifferenz wegen der sehr hohen Wärme-leitfähigkeit und dem relativ geringen Durchmesser in der Regel vernachlässigbar klein. Zum anderen ist die Temperaturdifferenz zwischen der Wand und der Umge-bung von Bedeutung, da die Wandtemperatur die Höhe der zulässigen Temperatur des Isoliermaterials nicht überschreiten darf. Aus Gleichung (2-64) ergibt sich wiederum

k

Rw

b

1TT quw ⋅⋅=− & .

(2-66)

Je größer die Wärmequelle und der Durchmesser und je niedriger der Wärmedurch-gangskoeffizient ist, desto höher ist die sich ergebende Kabeltemperatur. Für den in einem Stromkabel erzeugten Wärmestrom gilt

q

el2elel

2el

A

LIRIQ

⋅ρ⋅=⋅=& ,

(2-67)

wobei 2elI der elektrische Strom, elR der elektrische Widerstand des Kabels, elρ die

elektrische Leitfähigkeit, L und Aq die Länge bzw. der Querschnitt des Kabels bedeu-

te. Mit dem Volumen LAq ⋅ folgt für die Wärmequellendichte eines Zylinders

42el

el2

q

el2

elqR

IA

IV

QW

⋅π

ρ⋅=

ρ⋅==

&& .

(2-68)

Damit ergibt sich aus Gleichung (2-66) der Zusammenhang zwischen dem notwendi-gen Kabeldurchmesser d und der Stromstärke

( )

3

1

uw

el

2

el2 TTk

I4d

−⋅

ρ⋅

π= .

(2-69)

Je höher der zulässige elektrische Strom ist, desto dicker muss das Kabel sein.