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Grundlagen des Marketing 5. Auflage - … · 3.5.2 Marketing-Audit – Analyse der Ausgangssituation . . . 185 3.5.3 Marketingstrategie ... Nestlé (Nescafé)undKraft

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Strategisches Marketing

33.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

3.2 Strategische Unternehmensplanung . . . . . . . . . . . 157

3.2.1 Zeithorizont und Hierarchie der Planung . . . . . . . . . 1573.2.2 Der Planungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans . . 160

3.3.1 Unternehmensmission und strategische Ziele . . . . . . 1603.3.2 Strategische Situationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 1683.3.3 Strategische Analysemethoden . . . . . . . . . . . . . . . . 1723.3.4 Entwicklung von Wachstumsstrategien . . . . . . . . . . . 180

3.4 Die Rolle des Marketing in der strategischenPlanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

3.4.1 Marketing als Leitkonzept in der strategischenPlanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

3.4.2 Der Stellenwert des Marketing innerhalb betrieblicherFunktionsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans . . . . . 183

3.5.1 Executive Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1843.5.2 Marketing-Audit – Analyse der Ausgangssituation . . . 1853.5.3 Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1883.5.4 Die Entwicklung des Marketing-Mix . . . . . . . . . . . . 1913.5.5 Das Marketingbudget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1953.5.6 Marketingkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

3.6 Marketingorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Anregungen zur Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

Anwendung der Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

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3 Strategisches Marketing

Lernziele

Nachdem Sie dieses Kapitel durchgearbeitet haben, können Sie

� die unternehmensweite strategische Planung und ihre wichtigsten Schritteerläutern.

� erklären, wie Unternehmen einzelne Geschäftsfelder bewerten und daraus ihrGeschäftsportfolio zusammenstellen.

� beschreiben, wie Unternehmen Zielvorgaben und eine „Mission“ entwerfen.

� Rolle und Stellenwert des Marketing innerhalb der strategischen Planungbewerten.

� die Elemente einer kundenorientierten Marketingstrategie und eines Marke-tingprogramms erläutern.

� die Elemente eines Marketingplans beschreiben und die Bedeutung der Mar-ketingkontrolle bewerten.

� beschreiben, wie die Organisationseinheiten des Marketing sich verändernund anpassen müssen.

3.1 Einführung

Unternehmen brauchen Strategien, um sich auf ihren Märkten behaupten zu können.Es wird jedoch niemals eine Strategie geben, die sich als Patentrezept für alle Unter-nehmen anwenden ließe. Jeder Anbieter muss seinen Weg finden, um das Beste ausder gegebenenSituation, den gegebenenMöglichkeiten, seinen Zielen und seinen Res-sourcen zu machen. Das Marketing spielt eine wichtige Rolle in der strategischen Pla-nung. Es liefert vor allem Informationen, aber auch weiteren Input, um einen strategi-schen Plan erstellen zu können. Gleichzeitig bildet die strategische Planung die ersteStufe der Marketingplanung und legt die Rolle des Marketing innerhalb der Gesamt-organisation fest. Sie gibt Vorgaben an das Marketing, welches zur Erreichung derstrategischen Ziele mit anderen Abteilungen des Unternehmens zusammenarbeitenmuss.

Im Folgenden betrachten wir zunächst ganz allgemein die strategische Planung imUnternehmen. Zuerst wird der gesamte Planungsprozess beleuchtet, dann werden diezentralen Bestandteile eines strategischen Plans identifiziert und im Marketingplanfür den Bereich des Marketing konkretisiert. Schließlich gehen wir auf die Kontrolleund Implementierung des Marketingplans ein.

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3.1 Einführung

Einführende Fallstudie: Starbucks – Kaffee und mehr

Die Erfolgsgeschichte des modernen Kaffeebarbetreibers nimmt in den frühen80er Jahren ihren Lauf. Sie entspringt nicht nur Howard Schultz’ Liebe für Kaffee-kultur, sondern vor allem auch seinem ausgeprägten Geschäftssinn und seinemMarketinggeschick. Als er 1981 die Monatsaufträge seines damaligen Arbeitge-bers, einer Haushaltswarenfirma, überprüft, stößt er auf einen bestimmten Kun-den, der außergewöhnlich viele Kaffeemaschinen bezieht. Interessiert recher-chiert Schultz weiter und erfährt, dass der Betrieb namens Starbucks lediglichvier kleine Kaffee-Geschäfte in Seattle besitzt, diese jedoch offensichtlich sehrerfolgreich zu führen weiß. Schultz erkennt, dass Starbucks eine Marktlücke ent-deckt hat und besucht das Unternehmen an der Westküste. Ein Jahr lang trifft ersich immer wieder mit den Starbucks-Gründern und versucht, sie davon zu über-zeugen, ihn einzustellen. Schließlich zahlt sich die Hartnäckigkeit von Schultzaus. Die Firmenchefs willigen ein und Schultz wird Manager bei Starbucks. Wäh-rend einer Geschäftsreise nach Mailand erhält Schultz einen Einblick in die reich-haltige Espressotradition des Landes. Beeindruckt von der Kultur und Leiden-schaft der Italiener zum Kaffee, ist er von seiner Vision überzeugt, das Kaffee-barkonzept in die USA zu bringen: Er möchte die Menschen dazu bringen, dieKaffeekultur zu zelebrieren, d.h. im Alltag einen Gang zurückzuschalten und dasLeben bewusster zu genießen. Schultz bewegt die Starbucks-Gründer dazu, seinneuartiges Konzept an einem neuen Standort im Zentrum Seattles zu erprobenund zwar sollen nicht nur Kaffeebohnen, sondern auch frisch zubereitete Espres-sogetränke verkauft werden. Dieser Test verläuft sehr erfolgreich und überzeugtSchultz, dass hier Starbucks’ Zukunft liegen wird. Da die Starbucks-Gründerjedoch am reinen Verkauf von Kaffeebohnen festhalten möchten, kündigt Schultz1985 und gründet seine eigene Kaffeekette namens „Il Giornale“. Er findet genü-gend Investoren, um den Wettbewerb mit Starbucks für sich zu entscheiden undso übernimmt er schließlich 1987 das Unternehmen für 3,8 Millionen Dollar.

Das Starbucks Mission Statement lautet wie folgt:

Leitbild:„Wir möchten Menschen Tasse für Tasse und in jeder Umgebung inspirieren undfördern.

Nach diesen Prinzipien setzen wir dieses Ziel täglich in die Tat um:

Unser Kaffee Qualität steht im Mittelpunkt. Wir kümmern uns um den nach-haltigen Anbau und gerechten Handel der feinsten Kaffeebohnen, rösten sie mitgrößter Sorgfalt und verbessern die Lebensbedingungen der Menschen, die denKaffee anbauen. All das ist uns sehr wichtig und wir werden daran stets weiter-arbeiten.

Unsere Partner Wir Mitarbeiter heißen Partner, weil es nicht nur ein Job ist – esist unsere Leidenschaft. Gemeinsam begrüßen wir Vielfalt, um ein Arbeitsumfeld

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3 Strategisches Marketing

zu schaffen, in dem wir alle so sein können, wie wir sind. Wir behandeln einanderstets mit Respekt und Würde. Wir verpflichten uns gegenseitig, diesem hohenStandard zu entsprechen.

Unsere Gäste Auch wenn wir viel zu tun haben, gehen wir auf unsere Gäste ein,lachen mit ihnen und verschönern ihren Tag, selbst wenn es sich nur um wenigeAugenblicke handelt. Natürlich geht es zunächst um das Versprechen,ein Getränkperfekt zuzubereiten. Doch unsere Arbeit reicht weit darüber hinaus. Es geht imWesentlichen um zwischenmenschliche Beziehungen.

Unsere Coffee Houses Wenn unsere Gäste sich zugehörig fühlen, werden unsereCoffee Houses zu einem Hafen, einer Zuflucht vor den Alltagssorgen, einem Ort,an dem man sich mit Freunden trifft. Es geht um Genuss in der Hektik des All-tags – manchmal langsam ausgekostet, manchmal schneller genossen. Aber stetsvoller Menschlichkeit.

Unser Umfeld Jedes Coffee House ist Teil einer Gemeinschaft. Und wir nehmenunsere Verantwortung ernst, gute Nachbarn zu sein. Wo wir tätig sind, möch-ten wir gerne willkommen geheißen werden. Wir können positive Veränderungenbewirken: unsere Partner, Gäste und die Gemeinschaft zusammenbringen. UnsereVerantwortung – und unser Potenzial, Gutes zu tun – ist aber noch größer.Die Welterwartet von Starbucks neue Standards. Wir werden als Vorreiter vorangehen.

Unsere Aktionäre Wir wissen: Wenn wir unser Versprechen in jedem dieserBereiche erfüllen, erzielen wir den Erfolg, von dem auch unsere Aktionäre profi-tieren. Wir sind dafür verantwortlich, in all diesen Bereichen richtig vorzugehen,sodass Starbucks und alle Menschen, die am Unternehmen beteiligt sind, anhal-tenden Erfolg haben.“

Heute gehört das Unternehmen immer noch zu den wichtigsten Kaffeeketten derWelt, wie folgende Zahlen veranschaulichen: Jede Woche besuchen etwa 35 Mil-lionen Kunden eine der mehr als 15.000 Filialen in 43 Ländern, viele der Gästekommen sogar zweimal täglich. Im Geschäftsjahr 2007 wurde ein Umsatz in Höhevon 9,4 Mrd. US-$ erzielt, was einen 21-prozentigen Anstieg zum Vorjahr dar-stellt. Dennoch verzeichnete Starbucks im Jahr 2007 einen Rückgang der Kunden-zahlen in den USA. 2008 wurden sogar bis zu 600 Filialen geschlossen. Gründedafür sind auch die besser gewordenen Nachahmer, wie z. B. „Coffee Republic“(UK), „Caribou Coffee“ (USA) oder „Balzac Coffee“ (Deutschland) und stärkererDruck durch alte Wettbewerber (z. B. McDonald’s mit seinem McCafe-Konzept).

Um auch weiterhin auf dem immer heftiger umkämpften Markt das Wachstumvoranzutreiben und sich so den Erfolg zu sichern, hat Starbucks einige strategi-sche Maßnahmen ergriffen:

� Mehr Wachstum: Starbucks realisiert nahezu 85 Prozent seiner Umsätze inseinen Coffee Stores. Daher überrascht es nicht, dass das Unternehmen in ra-santem Tempo immer neue Standorte eröffnet. Waren es Ende 1996, als sich

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3.1 Einführung

Starbucks gerade auf das internationale Parkett gewagt hatte, noch 1.015 Nie-derlassungen, so stieg die Anzahl Ende 2007 auf mehr als 15.000 Filialen. 2008gab es in Deutschland 143 Kaffeehäuser, in Österreich 13 Filialen und 45 inder Schweiz. Angesichts dieser Zahlen könnte man meinen, es gäbe kaum eineStadt ohne Starbucks, doch es besteht noch genügend Expansionspotenzial.So ist laut Unternehmensführung in Weltstädten wie New York, Paris oderLondon noch keine Marktsättigung erreicht. Schultz verweist diesbezüglichauf das Beispiel Vancouver. Dort stehen in einer Straße zwei Filialen ein-ander genau gegenüber und dennoch erzielen beide einen Jahresumsatz, derweit über dem eines durchschnittlichen Starbucks Coffee House liegt. Auchin Deutschland möchte Starbucks noch stärker expandieren. In Hamburg bei-spielsweise soll es innerhalb von fünf Jahren bis zu 30 Kaffehäuser geben. Zielist es, wie bereits in London realisiert, zu ermöglichen, dass jeder im Stadtzen-trum nicht weiter als fünf Minuten von einer Starbucks-Filiale entfernt ist. Inden letzten Jahren wurden mehrere Filialen in einigen erfolgversprechendenMärkten wie z. B. Russland, Brasilien und China eröffnet.

� Neue Absatzkanäle: Der Großteil an Kaffee wird im Handel gekauft und zuHause getrunken. Um auch dieses Nachfragesegment zu erobern, hält Star-bucks Einzug in die US-Supermarktregale. Anstatt sich dabei mit Riesen wieNestlé (Nescafé) und Kraft (Maxwell House) einen erbitterten Kampf zu liefern,hat das Unternehmen eine Kooperationsvereinbarung mit Kraft geschlossen.Starbucks sorgt weiterhin für die Röstung und die Verpackung der Kaffeeboh-nen, wohingegen Kraft diese vermarktet und vertreibt. Davon profitieren beideFirmen: Starbucks kann aufgrund des mächtigen Kraft-Vertriebs einen raschenMarkteintritt in 25.000 Supermärkte erlangen, während Kraft seine Kaffeepro-duktlinie mit einer der bekanntesten Premium-Marken abrunden und sich soim schnell wachsenden Spitzenkaffeesegment positionieren kann.

� Neue Vermarktungswege: Daneben hat sich das Kaffeebarunternehmen nochweitere Möglichkeiten der Vermarktung erschlossen. Beispielsweise betreibtdie Hotelkette Marriott in vielen Flughäfen Starbucks-Verkaufsstände und stat-tet seine Hotels mit den Heißgetränken aus Seattle aus. Ferner bestehen Koope-rationen mit den zwei größten US-Buchhandelsketten „Barnes & Nobles“ und„Borders“ ebenso wie mit vielen Fluggesellschaften wie z. B. United Airlines.Seit einigen Jahren setzt Starbucks insbesondere in Vorstädten und ländlichenGegenden vermehrt auf Drive In-Schalter.

� Neue Produkte und neue Ladenkonzepte: Neben der Erschließung neuerStandorte treibt Starbucks seine Expansionspolitik auch im kleineren Rahmenvoran, z. B. durch die ständige Erweiterung des Food-Sortiments. Neben dengrößtenteils auch in Deutschland angebotenen Bagels, Muffins, Cookies undKuchen greift Starbucks in den USA je nach Standort und Nachfrage auchauf lokale und regionale Lieferanten zurück. Ob Krispy Kreme Doughnutsoder Gourmetsandwiches von Fresh Fields oder Greek Pasta Salads, der Cof-fee House-Spezialist testet alles. Durch ein breites Angebot an Snacks erhofftsich das Unternehmen, die Durchschnittseinnahmen pro Gast zu erhöhen und

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gleichzeitig das Geschäft zur Mittagszeit und in den Abendstunden anzukur-beln. Um geringerem Umsatz bei gutem Wetter zu begegnen, bietet Starbucksnun auch Frappuccinos und andere gekühlte Produkte an. Um die Markeauf neue Produktkategorien auszuweiten, geht Starbucks Partnerschaften mitanderen Unternehmen ein. Diese Lizenzgeschäfte umfassen beispielsweiseeine Kooperation mit Pepsi-Cola Co., die die Starbucks-Spezialität „Frappuc-cino coffee drink“ in Flaschen abfüllt und unter dem Logo der Kaffeebars ver-treibt. Auf dieselbe Weise werden auch Eiskreme (mit dem Partner Dreyer’sGrand Ice Cream) sowie Kaffeelikörspezialitäten (gemeinsam mit Jim Beam)vermarktet. Ein weiteres Absatzsegment ist der Verkauf von Accessoires undZubehör rund ums Kaffeetrinken, beispielsweise Tassen, Kaffeemaschinen und-filter, aber auch Geschenkartikel, CDs und natürlich Kaffee und Tee. All dieseProdukte sind sowohl in den Coffee Houses als auch über das Internet erhält-lich.

Abbildung 3.1: Eine Starbucks-Filiale

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von www.kdbusch.com.

Sicherlich verdankt Starbucks seinen Erfolg nicht nur dem Verkauf von Kaffee-getränken, sondern er hängt auch mit der Unternehmensphilosophie, der „Star-bucks Experience“, zusammen. Dazu zählen Starbucks’ weltweites Engagementfür Umwelt und Mitmenschen, das sowohl die Unterstützung von Kaffeebauernund den ökologischen Kaffeeanbau umfasst, als auch gemeinnützige und sozialeProjekte in der näheren Umgebung der einzelnen Coffee Houses. Weiterhin ver-körpert das Unternehmen aus Seattle einen bestimmten modernen Lifestyle:Bequeme Sessel, jazzige Musik und ein hohes Serviceniveau (so stehen in vie-len Filialen Highspeed-Internetanschlüsse zur Verfügung) runden das Starbucks-

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3.1 Einführung

Angebot ab und sorgen für eine entspannte Wohlfühlatmosphäre. Gerade in jüngs-ter Vergangenheit wurde ein Fokus auf den Bereich Musik gelegt. Starbucks inves-tierte in ein eigenes Label und einen Radiosender und ging Partnerschaften mitgroßen Plattenfirmen ein. Daraus ging die Marke „Hear Music“ hervor, unter derStarbucks Musik-CDs produziert und vertreibt. 2004 erfolgte der entscheidendeDurchbruch im CD-Geschäft. Starbucks verkaufte mehr als 720.000 Kopien desposthumen Ray-Charles-Albums.

Zu viel Koffein?

Obwohl Starbucks’ starke Ausrichtung auf Wachstum bisher großen Erfolg hatte,äußern sich einige Experten kritisch. Das Unternehmen dehne seinen Marken-namen übermäßig auf neue Geschäftsfelder und Produkte aus, sodass es Gefahrläuft, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ein Kritiker beschreibt dies folgender-maßen: „Wenn ein Konsument bereit ist, bis zu drei Euro für einen Milchkaffeezu bezahlen, erwartet er, dass es sich dabei um ein Produkt von höchster Gütehandelt. Denkt er dann an die Art von Kaffee, die er unter dem Namen Starbucksin einem Flugzeug erhält, so stimmt dies nicht mit seiner Erwartung überein.“Andere hingegen glauben weiter an den Erfolg von Starbucks. Sie sehen Ähn-lichkeiten zwischen dem Kaffeehausbetreiber aus Seattle und dem frühen McDo-nald’s, das seinen Aufstieg zum Weltkonzern auf vergleichbare Art und Weiseerzielt hat. Ein Analyst von Goldman Sachs sieht bei beiden Unternehmen diefolgenden Analogien: ein starker Fokus auf ein bestimmtes Produkt, die Möglich-keit der internationalen Vermarktung und die Marktführerschaft in einer neu ent-standenen Marktnische. Starbucks ist ein Premiumprodukt und hat es geschafft,eine einzigartige Atmosphäre in seinen Coffee Houses zu schaffen, sodass Star-bucks für viele Gäste zum „3rd Place“, einem Ort neben Arbeit und Zuhause,geworden ist. Starbucks scheint mit seiner strategischen Ausrichtung auf dembesten Weg, die Erfolgsgeschichte von McDonald’s zu wiederholen, allerdings istVorsicht geboten und das Unternehmen muss einen starken Fokus auf das Ma-nagement seines rapiden Wachstums legen.

Neben den positiven Analogien steht Starbucks jedoch auch ähnlichen Heraus-forderungen gegenüber wie McDonald’s. Ein Problem der zunehmenden Interna-tionalisierung ist die Schwierigkeit, sich an die Verschiedenartigkeit der unter-schiedlichen Länder anzupassen.

In China sah Starbucks sich mit Protesten konfrontiert, als es im Jahr 2000seine Filiale in der Verbotenen Stadt nahe des Palastmuseums eröffnete. Zunächstverebbten die Proteste, flammten nach sieben für Starbucks erfolgreichen Jah-ren jedoch wieder auf. Grund war der Blog-Appell des NachrichtensprechersRui Chenggang, der schrieb: „Das ist keine Globalisierung, sondern ein Miss-brauch der chinesischen Kultur.“ Viele der 123 Millionen Internetnutzer inChina sind sehr empfindlich, wenn es um die Würde ihres Landes geht. Obwohlmehr als eine halbe Million Menschen die Petition auf der Webseite des Spre-chers des chinesischen Fernsehsenders CCTV unterschrieben, konnte Starbuckszunächst nicht „vertrieben“ werden. Das US-Unternehmen hatte sich äußerstdezent verhalten und selbst die Markenschilder an der Filiale abmontiert.

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Im Juni 2007 hat Starbucks dann von sich aus den Rückzug angetreten und dieFiliale geschlossen.

Ein weiteres Problem ist die Konkurrenz, die mehr und mehr versucht, dasKonzept von Starbucks nachzuahmen. Einige Fast-Food-Ketten expandieren nunbeispielsweise ebenfalls in den Frühstücksmarkt und bieten Frühstücksmenüswie Starbucks an, jedoch zu einem niedrigeren Preis. Die schottische Kette „CostaCoffee“ ist vor allem in Irland eine starke Konkurrenz für Starbucks und expan-diert bereits in Teile Großbritanniens. Einen Imageverlust für Starbucks könntedas Rating der US-Zeitschrift „Consumer Report“ bedeuten. Diese bewertete denKaffee von Dunkin’ Donuts und McDonald’s in Bezug auf Geschmack und Preis-würdigkeit besser als den von Starbucks.

Darüber hinaus warnt der Gründer und Vorsitzende Howard Schultz vor einer„Verwässerung“ der Marke Starbucks. Der Grund dafür sind die immer sterilerwerdenden und identischen Kaffehäuser, denen es immer häufiger an Authentizi-tät und Charme fehlt. Schultz erkennt: „Wir haben einige Entscheidungen getrof-fen, die im Nachhinein zu einer Verwässerung der Marke geführt haben.“ Schritte,die Prozesse effizienter gestalten sollten, wie beispielsweise die Nutzung neuerautomatischer Espressomaschinen, berauben Starbucks seines Charakters. Daherist Schultz’ Schlussfolgerung: „Wir müssen uns dringend klar darüber werden,dass es notwendig ist, zum Kern zurückzukehren und die Tradition bzw. Leiden-schaft, die wir zuvor hatten, wiederzuerlangen. Das Resultat der letzten Jahre sindFilialen, die austauschbar sind und nicht mehr viel vom früheren Nachbarschafts-charme erkennen lassen.“

Fragen:

1. Was hat Menschen auf der ganzen Welt dazu gebracht, für einen Kaffee dasDrei- oder Vierfache des üblichen Preises zu bezahlen?

2. Vergleichen Sie die Wachstumsstrategie von Starbucks mit der von McDo-nald’s.

� Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede stellen Sie fest?� Wodurch lassen sich die Unterschiede erklären?

3. Führen Sie eine SWOT-Analyse für Starbucks durch.

� Wie sind in diesem Zusammenhang Trends wie Gesundheitsbewusstsein,zunehmendes Alter der Gesellschaft und Globalisierungsablehnung einzu-schätzen?

4. Ordnen Sie Starbucks in die Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix der Bos-ton Consulting Group ein.

� Welche strategischen Empfehlungen lassen sich aus der Position von Star-bucks ableiten?

� Wo wird Starbucks in Zukunft im BCG-Portfolio positioniert sein? WelcheStrategie schlagen Sie für die zukünftige Position vor?

5. Inwieweit widersprechen sich Strategie und Leitbild des Unternehmens?6. Welche Chancen und Risiken sehen Sie für Starbucks in der Idee des Drive

In-Konzepts?

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3.2 Strategische Unternehmensplanung

Quellen:Deborah Steinborn: „Der Kaffee-König. Wie Howard Schultz aus vier kleinen Läden in

Amerika die Starbucks-Kette mit weltweit 6.000 Filialen schuf.“, in: DIE ZEIT Nr. 17(16. 04. 2003), Webseite unter: http://zeus.zeit.de/text/2003/17/Starbucks;

Tracy B. McGinnis: „Coffee going quick“ (05. 12. 2005), Webseite unter:www.qsrweb.com/article.php?id=527;

o. V.: „Starbucks and United Airlines Enter Into Three-Year Supply and Cooperative Marke-ting Agreement“ (18. 08. 2004), Webseite unter:www.industrypages.com/artman/publish/Industry News 4479.stm;

o. V.: „Starbucks soll aus der verbotenen Stadt verschwinden“, in: Spiegel Online(19. 01. 2007), Webseite unter: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,460884,00.html;

o. V.: Starbucks endlich nicht mehr in der Verbotenen Stadt in China, in: China Observer(15. 07. 2007), Webseite unter:http://www.china-observer.de/index.php?entry=entry070715-090233;

Starbucks Corporation: Fiscal 2007 Annual Report, Webseiten unter:www.starbucks.com, www.starbucks.de.

3.2 Strategische Unternehmensplanung

3.2.1 Zeithorizont und Hierarchie der Planung

Viele Unternehmen arbeiten ohne formale Planung. In neu gegründeten haben dieManager oftmals einfach nicht genug Zeit für fundierte Planungen, Inhaber von klei-nen Unternehmen denken manchmal, dass nur große Konzerne Planung benötigen.Stellt sich Erfolg auch ohne formale Planung ein, entsteht beim Management der Ein-druck, Planung könne nicht sehr wichtig sein. Man verzichtet unter Umständen aufeine systematische Planung mit dem Argument, die Daten seien schon veraltet, bevorsie vorlägen.

Eine formalisierte Planung bringt jedoch viele Vorteile mit sich, für jede Art vonUnternehmen. Sie fördert systematisches Denken und zwingt das Management, Ziel-vorstellungen und Strategien zu präzisieren, führt zu besserer interner Koordinationund zu klaren Leistungsvorgaben für die Steuerung. Auch das Argument, dass Pla-nung bei einem schnellen Wechsel der äußeren Bedingungen wenig nützlich sei,trifft nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall: Gründliche Planung hilft, Veränderungenvorherzusagen und so schneller darauf reagieren zu können. Selbst plötzliche Ver-änderungen kommen bei gründlicher Beobachtung des äußeren Umfelds nicht mehrüberraschend. Eine solche Planung hätte auch Carrefour – Europas größtem Einzel-händler – helfen können, den Absturz des Aktienkurses zu verhindern. Dieser tratein, nachdem das Unternehmen lange den Einfluss des Internets auf sein Geschäftals gering eingeschätzt hatte und später eine vage E-Commerce-Strategie mit einemBudget von einer Milliarde Euro ankündigte.

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3 Strategisches Marketing

Die Planung ist in den meisten Unternehmen nach folgendem Schema aufgebaut:

Jahresplanung

Eine kurzfristige Planung, die die gegenwärtig vorliegende Situation beschreibt. Sieenthält die Ziele eines Unternehmens, die Strategie für das laufende Jahr, die geplan-ten Aktionen, die Budgets und die Steuerungsinstrumente.

Langfristige Planung

Diese Planung beschreibt die wesentlichen Faktoren und Kräfte, welche ein Unterneh-men in den nächsten Jahren beeinflussen werden. Sie enthält die langfristigen Ziel-vorstellungen, die wesentlichen Marketingstrategien, um diese Ziele zu erreichen,und die benötigten Ressourcen. Die langfristige Planung wird jedes Jahr überprüftund aktualisiert, sodass sie stets auf gegenwärtigen Bedingungen beruht. Sowohl dielangfristige Planung als auch die Jahresplanung beschäftigen sich mit dem laufendenGeschäft und wie dieses in Gang gehalten werden kann.

Strategische Planung

Diese Planung beschreibt, wie ein Unternehmen in einer sich ständig änderndenUmwelt die neu entstehenden Möglichkeiten vorteilhaft nutzen kann. Es handelt sichhierbei um einen Prozess der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer strategischenÜbereinstimmung zwischen den Zielen und Ressourceneines Unternehmens und densich ändernden Möglichkeiten des Marktes.

Die strategische Planung setzt die Vorgaben für den Marketingplan. Sie nennt denübergeordneten Zweck und die Mission oder Philosophie des Unternehmens. Darauslassen sich messbare strategische Ziele ableiten. Anschließend erfasst man im Rah-men einer Situationsanalyse Informationen über das Unternehmen, seine Konkurren-ten, den Zielmarkt und die allgemeine sozio-ökonomische Umgebung, in der es tätigist. Die sogenannte SWOT-Analyse gibt sowohl einen Überblick über die Stärken undSchwächen des Unternehmens, als auch über die Chancen und Risiken, denen esgegenübersteht. Als Nächstes entscheidet das Management, welches Geschäftsfeld-und Produktportfolio das Beste für das Unternehmen ist, d.h. inwieweit einzelneGeschäftsfelder und Produkte unterstützt werden sollen. Daraus entwickeln dann dieeinzelnen Geschäftseinheiten detaillierte Pläne für das Marketing und die anderenFunktionen, um die unternehmensweite Planung zu erfüllen. Die Marketingplanungerfolgt also auf der Ebene der einzelnen Geschäftseinheiten, auf Produkt- und aufMarktebene.

Nestle, der größte Lebensmittelanbieter der Welt, entwickelt einen unternehmens-weit geltenden strategischen Plan in der Konzernzentrale in Vevey (Schweiz). Auf derEbene darunter, zum Beispiel im Geschäftsfeld Schokolade, werden strategische Pläneerstellt, die wiederum in die strategischen Planungen der nationalen Gesellschafteneinfließen. Auf jeder Ebene gibt es einen Marketingplan und einen entsprechendenPlan für die anderen Unternehmensfunktionen. Auf der untersten Ebene existierenPläne für jeweils eine Marke auf einem nationalen Markt wie zum Beispiel KitKat inDeutschland.

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3.2 Strategische Unternehmensplanung

3.2.2 Der Planungsprozess

Die Durchführung der Planung lässt sich in vier Stufen einteilen: Analyse, Planung,Implementierung und Kontrolle. Abbildung 3.2 zeigt die zwischen diesen Stufen exis-tierenden Zusammenhänge. Sie bestehen auf der Ebene der strategischen Planung, derMarketingplanung und der Planung für andere Funktionsbereiche.

Implementierung

Den verabschiedeten

Plan ausführen

Planung

Strategische Planung

entwickeln

Marketing-planung

entwickeln

Kontrolle Ergebnis- messung

Ergebnis mit Plan vergleichen

Korrekturen vornehmen

Analyse

Rückkopplung

Abbildung 3.2: Stufen des strategischen Planungsprozesses

Analyse Die Planung beginnt mit einer vollständigen Analyse und Bestandsauf-nahme der Unternehmenssituation. Das Unternehmen muss seine Märkte und seinUmfeld untersuchen, um attraktive Geschäftschancen entdecken und Bedrohungenaus dem Umfeld ausweichen zu können. Es muss die Stärken und Schwächen analy-sieren, ebenso wie aktuelle und denkbare Marketingaktionen, um festzulegen, welchesich bietenden Gelegenheiten genutzt werden sollten. Die Analyse liefert Informatio-nen und zusätzlichen Input für jede weitere Stufe des Planungsprozesses.

Planung Mittels der strategischen Planung legt man fest, wie man mit den einzelnenGeschäftseinheiten vorgehen möchte. Die Marketingplanung gibt dann Marketingstra-tegien vor, die es ermöglichen sollen, die strategischen Ziele zu erreichen. Marketing-pläne sowie Produkt- und Markenplanungen stehen hier im Mittelpunkt.

Implementierung Die Implementierung setzt strategische Pläne und Marketingplänein konkretes Handeln um, das die Zielvorgaben des Unternehmens erfüllen soll. DieRealisierung erfolgt durch Mitarbeiter des Unternehmens, welche mit internen undexternen Partnern zusammenarbeiten.

Kontrolle Die Kontrolle besteht darin, die Ergebnisse der Pläne und Aktivitäten zumessen und zu beurteilen und – falls nötig – korrigierende Eingriffe vorzunehmen.

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3 Strategisches Marketing

Die Ergebnisanalyse liefert Informationen, die über einen Rückkopplungsprozess alleanderen Stufen des Planungsprozesses beeinflussen.

3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

Ein strategischer Plan hat mehrere Bestandteile:

� die Mission des Unternehmens,

� die strategischen Ziele,

� die strategische Situationsanalyse (Strategie-Audit),

� die SWOT-Analyse (Analyse der Stärken und Schwächen bzw. Chancen und Risi-ken)

� die Portfolio-Analyse sowie

� Wachstumsstrategien.

Diese Inhalte werden einerseits aus bestehenden Marketingplänen abgeleitet und flie-ßen andererseits in die Entwicklung neuer Marketingpläne ein.

3.3.1 Unternehmensmission und strategische Ziele

Die Mission beschreibt den Unternehmenszweck. Häufig werden Unternehmen aus-gehend von einer klaren Mission in der Vorstellung des Gründers aufgebaut. Im Laufeder Zeit verblasst die ursprüngliche Mission, da das Unternehmen neue Produkteund neue Märkte für sich entdeckt oder aber das Management hat sie verdrängt odervergessen. Eine extremes Beispiel hierfür waren die Missionare der AnglikanischenKirche in England, die ihren eigentlichen Auftrag vergaßen und wohl zugunsten ihrerInstitution „Geld machen“ wollten. Innerhalb kurzer Zeit verspekulierten sie rund einDrittel des Kirchenvermögens in internationalen Grundstücksgeschäften. Ein aktuel-les Beispiel sind einige Landesbanken,bei denen man feststellte, als sie in den Sog derFinanzkrise gerieten, dass sie sich weitab von ihren ursprünglichen Geschäftsfeldernbewegten.

Wenn ein Unternehmen von der eigentlichen Richtung abweicht, muss sich dasManagement erneut auf die Suche nach dem Unternehmenszweck begeben und ihnneu definieren. Hierzu dienen folgende Fragen:

� In welcher Branche sind wir tätig?

� Wer sind unsere Kunden?

� Was ist der Zweck unserer Tätigkeiten?

� Welche Art von Unternehmen sind wir?

Diese einfach klingenden Fragen gehören zu den schwierigsten, die ein Unterneh-men beantworten muss. Zu den Merkmalen erfolgreicher Unternehmen gehört es, dassdiese Fragen immer wieder neu gestellt und beantwortet werden. Sich diesen funda-mentalen Fragen zu stellen, ist ein Kennzeichen der Stärke, nicht der Unsicherheit.

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

Viele Unternehmen entwickeln formale Leitbilder, die diese Fragen beantwor-ten und die Unternehmensmission darstellen sollen. Ein Leitbild ist die Darlegungdes Unternehmenszwecks – dessen, was es letztlich im größeren Umfeld erreichenmöchte. Ein klares Leitbild wirkt wie eine „unsichtbare Hand“, die den MitarbeiternRichtlinien vorgibt, sodass sie unabhängig und dennoch gemeinsam am Erreichen dergenerellen Ziele arbeiten können.

Traditionellerweise definieren Unternehmen ihre Tätigkeit gemäß ihren Produk-ten („wir produzieren Möbel“) oder ihren angewandten Technologien („wir sind einChemieunternehmen“). Leitbilder sollten sich jedoch am Markt orientieren.

In welcher Branche sind wir tätig? Diese Frage hilft schon weiter. Definitionen mit-tels der Branchenzugehörigkeit oder anhand von Märkten sind besser geeignet alsProdukt- oder Technologiedefinitionen. Produkte oder angewandte Technologienkön-nen veralten, die grundsätzlichen Bedürfnisse eines Marktes bleiben jedoch beste-hen. Ein marktorientiertes Leitbild zeigt die Geschäftstätigkeit eines Unternehmensanhand der Befriedigung grundlegender Kundenbedürfnisse auf. Demnach ist Rolls-Royce in der Triebwerksbranche tätig, nicht in der Flugmotorenherstellung. Visa oderAmerican Express definieren sich nicht als Kreditkartenunternehmen, sondern ihreRolle ist es, den Kunden weltweit den Austausch von Vermögenswerten zu ermögli-chen und zu erleichtern. Das kreative Unternehmen 3M stellt mehr als nur Klebstoffeund Gesundheitsprodukte her. Es bietet dem Kunden innovative Problemlösungen an.

Wer sind unsere Kunden? Wen sieht zum Beispiel Rolls-Royce als Kunden für einneues Düsentriebwerk an? Zum einen sind es die Flugzeughersteller wie Boeing oderAirbus. Sicher sind es aber auch die Fluglinien, die ihrerseits aufgrund der Zuver-lässigkeit und des späteren Wiederverkaufs gebrauchter Maschinen Einfluss auf dieTriebwerksausstattung nehmen; oder sind die Finanzierungs- und Leasinggesellschaf-ten die Kunden? Muss man die künftigen Piloten und Wartungsmannschaftenauch zuden Kunden rechnen? Gehören die Passagiere auch dazu? Der gute Name von RollsRoyce wirkt sicher bis zu den Passagieren mit Vertrauenswürdigkeit, Prestige undeinem Hauch von Luxus, andere Hersteller haben es da schwerer.

Was ist der Zweck unserer Tätigkeit? Diese Frage ist besonders schwierig bei Non-Profit-Organisationen zu beantworten. Was ist zum Beispiel die Aufgabe einer Uni-versität – Studenten lediglich auszubilden oder sie für die Wirtschaft zu qualifizierenund zu trainieren? Ist das Streben nach Wissen das Ziel, das eine Fakultät an ersterStelle verfolgen sollte? Ist angewandte oder reine Wissenschaft der höchste Zweck?

Welche Art von Unternehmen sind wir? Diese Frage spiegelt die Strategien undStrukturen einer Organisation wider. Firmen, die beispielsweise die Kostenführer-schaft anstreben (in Deutschland z. B. Aldi), müssen Effizienz in allen betrieblichenFunktionen erlangen und eine sorgfältige Kostenkontrolle betreiben. Im Gegensatzzur Strategie der Kostenführerschaft steht die der Differenzierung, mittels derer manzum Beispiel durch Anwendung neuer Technologien versucht, seine Produkte vondenen der Konkurrenz abzuheben. Beispielsweise erzielte Sony mit der Erfindung desWalkmans einen Wettbewerbsvorteil, der auf dessen Einzigartigkeit zurückzuführenwar. Mit der Strategie der Fokussierung versucht ein Unternehmen bei der Markt-

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3 Strategisches Marketing

Abbildung 3.3: Werbeanzeige von 3M – einem Unternehmen, das Innovation als seine Mission ansiehtQuelle: Mit freundlicher Genehmigung der 3M Deutschland GmbH.

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

bearbeitung Schwerpunkte zu setzen, indem es sich darauf konzentriert, eine genauumrissene Käuferschicht ganz besonders gut zu bedienen. Der Erfolg liegt hierbei imAngebot maßgeschneiderter Produkte für einen speziellen Zielmarkt. Einige Bankenhaben z. B. Privatbankhäuser aufgekauft und führen diese unter den Traditionsnamenweiter, um insbesondere vermögende Kunden gesondert ansprechen zu können. NachPorter ist ein Unternehmen, das sich nicht klar für eine dieser Strategien entscheidet,unprofitabel, da es sich im Markt nicht profilieren kann. Diesen Zustand bezeichneter als „stuck in the middle“.

Die hier beschriebene Unternehmensmission sollte nicht zu eng und nicht zu weitdefiniert werden. Ein Hersteller von Bleistiften, der sein Unternehmen der Bran-che „Kommunikationsausrüstung“ zuordnet, hat sicherlich zu ungenau definiert. DieUnternehmensmission sollte folgenden Anforderungen gerecht werden:

1. Die Unternehmensmission muss realistisch sein. Singapore Airlines ist sicherlicheine hervorragende Fluglinie, aber sie würde sich selbst überschätzen, wenn sieschon morgen die größte Fluglinie der Welt sein wollte.

2. Die Unternehmensmission sollte unternehmensspezifisch sein. Die Unterneh-mensmission soll auf dieses eine Unternehmen zutreffen und auf sonst kein ande-res. Häufig wird die Mission für die Öffentlichkeit entworfen, für die Arbeit imUnternehmen selbst enthält sie jedoch keine klaren Richtlinien. Eine Aussage wie„wir wollen Marktführer werden, indem wir die besten Erzeugnisse der Branchemit dem besten Kundendienst zu den niedrigsten Preisen anbieten“ klingt nur aufden ersten Blick gut, denn sie ist viel zu allgemeingültig und enthält viele Wider-sprüche. Eine solche Mission ist wenig hilfreich bei der Vorbereitung präziser Ent-scheidungen.

3. Die Unternehmensmission sollte auf besonderen Kompetenzen des Unterneh-mens beruhen. Der Hi-Fi-Hersteller Bang & Olufsen hätte sicher auch das Know-how, PCs herzustellen. Auf diesem Markt wäre er jedoch ein Anbieter unter vielenund er könnte nicht von der herausragenden Marktstellung profitieren, die er imLaufe der Jahre auf dem Markt für exklusive Unterhaltungselektronik erworben hat.

4. Die Unternehmensmission sollte Begeisterung hervorrufen. Die Mission desUnternehmens sollte den Leuten etwas geben, an das sie glauben können, und Be-geisterung hervorrufen. Als Mission genügt es nicht, höhere Umsatz- oder Gewin-nerwartungen anzusprechen. Bei den Mitarbeitern sollte die Botschaft ankommen,dass ihre Arbeit wichtig ist und sie einen wichtigen Beitrag für das Leben der Men-schen leisten. Man vergleiche doch nur die beiden Aussagen, die als Unterneh-mensmission von Apple und von IBM etwa zur gleichen Zeit im Umlauf waren:

� IBM machte 50 Mrd. Dollar Jahresumsatz und der Vorstandsvorsitzende ver-kündete, dass es die Unternehmensmission sei, zum Ende des Jahrhunderts als100 Mrd.-Dollar-Unternehmen dazustehen.

� Bei Apple hieß es, es sei Unternehmensziel, es zu ermöglichen, dass in naherZukunft jeder einen Computer bedienen und sich leisten könnte.

Es lässt sich leicht erkennen, dass die Aussage von Apple besser geeignet sein dürfte,als Unternehmensmission die Mitarbeiter und Partner zu motivieren.

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3 Strategisches Marketing

Visionen sind vielleicht die besten Unternehmensmissionen. Eine Vision wirkt wieein Traum, der andere ansteckt. Die Vision ist eine kommunizierte Botschaft oderein Slogan und geht auf die Bedürfnisse der Zeit ein. Sonys Präsident Akio Moritawollte, dass jeder ein persönliches mobiles Musikgerät haben kann und seine Firmaerfand den „Walkman“. Richard Branson meinte, dass Fliegen Spaß machen solleund gründete die Virgin Airlines. Ein gewisser Thomas Monaghan meinte, dass esmöglich sein müsse, jeden Haushalt innerhalb von 30 Minuten mit einer heißen Pizzazu bedienen und gründete „Domino’s Pizza“.

In der Mission eines Unternehmens sollte neben einer Vision eine konkrete Rich-tung für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre enthalten sein. Sie sollte sich nichtständig ändern oder jedem Trend folgen. Auch Organisationen im Non-Profit-Bereichgeben sich immer häufiger ein Leitbild, um ihr Handeln mittel- und langfristig daranausrichten zu können.

Wie eine solche Unternehmensmission konkret in der Praxis aussehen kann, stel-len wir im Folgenden anhand des Beispiels eines weltweit führenden Herstellers inden Bereichen der Mess- und Verfahrenstechnik, der Schenck Process Group, sowieder Hochschule Darmstadt als Non-Profit-Unternehmen dar.

Fallstudie: Unternehmensmission Schenck Process GmbH undHochschule Darmstadt

Vision, Leitbild und Erfolgsfaktoren der Schenck Process GmbH

Unsere Vision

� Wir sorgen dafür, dass Prozesse funktionieren; wir sind der Lieferant der Wahl,wenn es um branchenführende Lösungen für die Anforderungen unserer Kun-den in den Bereichen Wägen, Dosieren, Sieben und Automatisieren geht.

� Schenck Process entwickelt, produziert, montiert, vertreibt und verkauft einekomplette Palette an Lösungen, Produkten und schlüsselfertigen Systemen, indenen sich prozess-technisches Know-how und bewährte Technologien verei-nen.

Unser Leitbild

Wir akzeptieren und sind uns einig, . . .

� dass unser Ziel die Optimierung der Prozesse und Ergebnisse unserer Kundenist,

� dass wir mit Innovation und effizienten Prozessen beste Lösungen garantieren,

� dass wir unsere Kunden weltweit vor Ort betreuen, soweit wirtschaftlich ver-tretbar,

� dass wir tolerant und anderen Kulturen gegenüber verständnisvoll sind,

� dass Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Produktqualität für uns gleichermaßenwichtig sind,

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

� dass nachhaltige Ertragskraft wichtiger ist als kurzfristiger Erfolg,

� dass jeder Mitarbeiter sein Bestes für den Gesamterfolg von Schenck Processgibt,

� dass wir uns ständig weiterbilden und neuen Herausforderungen stellen,

� dass wir unsere Zusammenarbeit auf Vertrauen, Ehrlichkeit und offene Kom-munikation gründen,

� dass wir bestehendes Know-how innerhalb von Schenck Process allen zurVerfügung stellen.

Erfolgsfaktoren

Die folgenden Erfolgsfaktoren bilden die Grundlage für anhaltende Zufriedenheitunserer Kunden:

� Zusammenfassung in einem globalen Netzwerk nationaler Unternehmen zurVerbesserung der Prozesse und der Ergebnissituation unserer Kunden

� Kernkompetenzen in Schüttgut-Handling, Wägen, Dosieren, Sieben und Auto-matisieren

� Kundennaher Vertrieb, technischer Support und Service

� Branchenführende und einzigartige Bandbreite an Lösungen rund um dasWägen, Dosieren, Sieben und Automatisieren, ausgelegt auf optimale Hand-habung eines breitestmöglichen Materialspektrums

� Herausragende Kompetenz im Projektmanagement

� Branchenführend bei Konstruktion, Fertigung und Montage

Quelle: Schenck Process GmbH, Webseite unter: www.schenckprocess.com.

Leitbild der Hochschule Darmstadt

Mission Statement

� Unseren Studentinnen und Studenten bieten wir ein exzellentes Studium. Einean der Praxis und der aktuellen Forschung orientierte Lehre motiviert und befä-higt junge Menschen, die Welt und die Zukunft unserer Gesellschaft mitzuge-stalten.

� Für Fachwelt und Gesellschaft sind wir ein herausragender, verlässlicher Part-ner bei der Gestaltung aktueller Entwicklungen sowie bei der Erarbeitung krea-tiver und praxistauglicher Problemlösungen.

� Wir befähigen unsere Absolventinnen und Absolventen zu Kritikfähigkeit,sozialer Verantwortung und politischer Teilhabe.

� Durch innovative Weiterbildungsangebote unterstützen wir die Bewältigungder Herausforderungen, die sich aus dem Wandel von Technologie undArbeitswelt ergeben.

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3 Strategisches Marketing

� Die Weiterentwicklung und Sicherung unserer Position im regionalen und glo-balen Wettbewerb erreichen wir durch den Fokus auf die Qualität unsererArbeit. Mit unseren Ressourcen gehen wir verantwortlich um.

� Durch das Verfolgen gemeinsam formulierter Ziele und durch intensive Kom-munikation fördern wir die Identifikation aller Mitglieder, Alumni und Partnermit unserer Hochschule.

Exzellente Lehre – Attraktive Studienbedingungen

� Wir bieten innovativ und interdisziplinär ausgestaltete Studiengänge, die anden Anforderungen des Arbeitsmarktes orientiert sind.

� Wir sorgen für ein attraktives Lernumfeld, unsere Studentinnen und Studentenarbeiten und lernen in überschaubaren Gruppen.

� Wir bieten moderne didaktische Konzepte und flexible Studiengestaltungdurch den Einsatz neuer Medien.

� Ein vielfältiges Campusleben in Darmstadt und Dieburg rundet die attraktivenStudienbedingungen ab.

Forschung und Entwicklung

� Wir fördern aktiv angewandte Forschung und Entwicklung.

� Gemeinsam bilden sie die Basis für exzellente Lehre und unterstützen die Ein-beziehung der Studierenden in ein modernes Projektstudium.

� In unserenForschungsprojektenarbeiten wir eng mit externen Partnern zusam-men und tragen damit zur Stärkung der Region bei.

Weiterbildung

� Unsere Weiterbildungskonzepte entwickeln sich aus dem beruflichen Bedarfund den gesellschaftlichen Herausforderungen.

� Mit unseren Weiterbildungsangeboten begleiten und unterstützen wir die Ver-tiefung und Weiterentwicklung von Wissen und Erfahrungen im Sinne des„lebenslangen Lernens“.

Internationalität

� Wir ermöglichen unseren Studierenden, sich auf die Anforderungen einer glo-balisierten Arbeitswelt vorzubereiten und die Fähigkeit zur interkulturellenZusammenarbeit zu entwickeln.

� Wir fördern die Mobilität unserer Studierenden und Lehrenden im Studiumund in gemeinsamen Projekten sowie durch internationale Abschlüsse inZusammenarbeit mit unseren Partnerhochschulen.

Chancengleichheit

� Wir fördern aktiv die Chancengleichheit und räumen deshalb unabhängig vonGeschlecht, sozialer Herkunft, Alter, Behinderung, Nationalität und Religioneinen gleichberechtigten Zugang zu Qualifikationen und Karrieren ein.

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

Kundenorientierung

� Wir bieten professionelle und kompetente Dienstleistungen für unsere inter-nen und externen Kunden.

� Unsere Leistungen und deren kontinuierliche Weiterentwicklung entsprechenin Inhalt und Form höchsten Qualitätsansprüchen.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit und Führung

� Unser Umgang miteinander ist respektvoll, offen und vertrauensvoll. Die kriti-sche Diskussion von Zielen und Wegen unter Beteiligung aller Gruppen ist einkonstruktives Element unserer Hochschulkultur.

� Wir verpflichten uns zu zuverlässiger, kompetenter und zielgerechter Zusam-menarbeit. Unsere Prozesse und Zuständigkeiten sind geregelt und bekannt.

� Wir unterstützen und fördern die Weiterentwicklung aller Mitglieder unsererHochschule.

� Unsere Führungskräfte nehmen ihre Aufgaben verantwortungsbewusst wahrund pflegen einen kooperativen Führungsstil.

Quelle: Hochschule Darmstadt, Webseite unter: www.h-da.de.

Fragen:

1. Warum benötigen auch Non-Profit-Organisationen wie beispielsweise eineHochschule heutzutage ein Leitbild?

2. Vergleichen Sie das Leitbild von Schenck Process mit dem der HochschuleDarmstadt:– Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede bezüglich der angespro-

chenen Themenfelder stellen Sie fest?– An welche Zielgruppen richten sich die beiden Leitbilder?

Jede Mission muss in messbare strategische Zielvorgaben umgesetzt werden. Diesesollten für jeden einzelnen Manager verfügbar sein, damit er Verantwortung für dieZielerreichung übernehmen kann. In einem großen Chemieunternehmen ist z. B. derBereich Düngemittel eines der zahlreichen Geschäftsfelder des Unternehmens. Die-ser Geschäftsbereich sieht nicht etwa die Produktion von Düngemitteln als seineMission an, sondern die „Erhöhung der Produktivität in der Landwirtschaft“. Aus die-ser Mission lässt sich eine Hierarchie von Zielen ableiten, die sowohl Unternehmens-als auch Marketingziele in sich vereint. Der Auftrag, die Produktivität in der Land-wirtschaft zu erhöhen, führt zunächst zum Unternehmensziel der Erforschung undEntwicklung neuer Düngemittel, die höhere Erträge ermöglichen. Forschung undEntwicklung sind jedoch sehr kostspielig und erfordern die Erwirtschaftung hoherGewinne, die in die Forschung reinvestiert werden können. Deshalb ist die Gewinn-erhöhung als ein weiteres Unternehmensziel anzusehen. Höhere Gewinne lassen sichdurch höhere Umsätze oder durch Reduktion von Kosten erzielen. Der Umsatz kanndurch Steigerung des Marktanteils im heimischen Markt, durch den Eintritt in neue

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3 Strategisches Marketing

Märkte oder durch eine Kombination dieser Optionen erreicht werden. Diese Teil-ziele bilden schließlich die aktuellen Marketingziele des Unternehmens. Hier kommtes dann noch auf eine gewisse Präzisierung der Ziele an. Die Formulierung „unserenMarktanteil erhöhen“ ist nicht so geeignet wie die Zielvorgabe „unseren Marktanteilauf 15 Prozent innerhalb der nächsten zwei Jahre erhöhen“. Der Unterschied zwischender Unternehmensmission und den strategischen Zielvorgaben liegt darin, dass dieMission die Philosophie, die Richtung und den Weg des Unternehmens im Ganzenvorgibt, während die strategischen Zielvorgaben objektiv messbare Größen sind.

3.3.2 Strategische Situationsanalyse

„Wissen ist Macht“ (Francis Bacon) oder „ein Führer, der keine Information kau-fen will, ist nachlässig und kann nicht gewinnen“. (Sun Zi)

Diese Aussagen eines Philosophen und eines chinesischen Strategen unterstreichendie Bedeutung einer grundlegenden strategischen Situationsanalyse. Ähnlich wiebeim Schachspiel ist es auch im Marketing nützlich, die Regeln sehr gut zu kennen,sich in die anderen Mitspieler (die Konkurrenten) hineindenken und möglichst einigeZüge vorausahnen zu können. Je genauer die ermittelten Daten über den Markt, dieKonkurrenten und die Einschätzung über deren voraussichtliches Verhalten vorlie-gen, desto präziser können Ziele und Strategien formuliert werden. Am Beginn einerjeden Strategiekonzeption steht daher das Strategie-Audit, das solch grundlegendeInformationen erfasst. Es besteht aus einer umfassenden Analyse der Ausgangssitua-tion und setzt sich aus einem externen und einem internen Teil zusammen.

Externe Analyse

Im externen Teil des Strategie-Audits untersucht man die makro-ökonomische Umge-bung und die von außen an das Unternehmen herangetragene Aufgabenstellung.Die Anlaufschwierigkeiten manchen Projektes wie zum Beispiel des Disneyland-Freizeitparks „EuroDisney“ in der Nähe von Paris lassen sich teilweise auf einefalsche Einschätzung der makro-ökonomischen Umgebung zurückführen. Die Disney-Firmengruppe führte die Analyse des makro-ökonomischen Umfelds offensichtlichzu oberflächlich durch. Sie hatte übersehen, dass der Park bei Paris wegen der hohenArbeitskosten in Frankreich viel teurer würde als ein Park in den USA, dass dieAnreise für eine Familie aus dem übrigen Europa teurer würde als in den USA unddass das wechselhafte Wetter im Pariser Becken keinen Ganzjahresbetrieb erlaubenwürde, wie man es in Florida oder Kalifornien gewohnt ist. Demgegenüber erschei-nen die zahlreichen überdachten Freizeitparks, wie sie zum Beispiel die Center-Park-Gruppe oder viele regionale Betreiber anbieten, den Verhältnissen in Mittel- undNordeuropa besser angepasst.

Interne Analyse

Die interne Analyse widmet sich dem Unternehmen selbst und umfasst dessengesamte „Wertschöpfungskette“, wie sie von Michael Porter beschrieben wird. Dieseinterne Analyse beinhaltet die grundsätzlichen Primäraktivitäten, die dem Waren-strom oder der Dienstleistungserstellung im Unternehmen folgen: Beschaffungs-

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

und Eingangslogistik, alle vorgenommenen Verrichtungen der Leistungserstellung,Ausgangslogistik, Marketing und Vertrieb sowie Kundendienst. Im Rahmen dieserBestandsaufnahme erfolgt auch eine Analyse der betrieblichen Unterstützungsfunk-tionen, auf denen die Primäraktivitäten basieren: Beschaffung aller Industriegüter,Weiterentwicklung der angewendeten Technologien, Personalbeschaffung und Perso-nalentwicklung, schließlich die technologische, bautechnische und organisatorischeInfrastruktur des Unternehmens im weitesten Sinne. Alles, was das Unternehmenkoordinieren und bestimmen kann, wie zum Beispiel auch das Händlernetz einesAutomobil-Importeurs, gehört zu dieser Infrastruktur. Obwohl einige dieser Funktio-nen über das Marketing hinausgehen, wird die Marketingstrategie von diesen Größenbestimmt.

Marketing-Highlight: Zara – Fast Fashion

Der Textilhersteller Zara ist die bekannteste internationale Einzelhandelskette desspanischen Kleidungsherstellers Inditex. Als einer der größten weltweit tätigenModekonzerne ist Inditex in 73 Ländern in Europa, Amerika, Asien und Afrikamit verschiedenen Einzelhandelsketten vertreten. Neben Zara gehören siebenweitere Handelsketten dem Konzern an. Die drei größten Mitbewerber der Ein-zelhandelskette sind GAP, Benetton und H&M.

Weltweit gibt es über 1.530 Zara-Filialen, davon befinden sich 275 in Spa-nien. Im Jahr 2007 erzielte Inditex einen Umsatz von 9,4 Milliarden Euro, 66,4 %davon wurden durch Zara erwirtschaftet. Dieser enorme Erfolg der Einzelhan-delskette ist auf die Gestaltung ihres Geschäftssystems und ihrer Wertschöpfungs-kette zurückzuführen. Das Besondere an diesem System ist, dass Zara die gesamteWertschöpfungskette von der Produktion bis zum Verkauf selbst unter Kontrollehat. Damit kann Zara Modetrends sehr schnell aufgreifen und kurzfristig auf denMarkt reagieren. Der Wettbewerbsvorteil des Systems liegt in der vertikalen Inte-gration der Vorstufen, was flexible und schnelle Kollektionswechsel ermöglicht.

Beinahe die Hälfte der Ware, insbesondere die mode- und zeitkritischen Arti-kel, wird in eigenen Fertigungsstätten in Europa hergestellt. Dadurch kann Zaraauf Nachfrageschwankungen kurzfristig durch eine Ausweitung oder Reduktionder Produktion reagieren. Der restliche Teil der Produktion wird ausgelagert,wobei dies meist trendunabhängige Artikel betrifft. So produziert Zara etwa20.000 unterschiedliche Artikel im Laufe eines Jahres, die Hauptkonkurrentenhingegen lediglich 2.000–4.000.

Zara benötigt für den Entwurf, die Herstellung und die Auslieferung einesneuen Artikels nur 4–5 Wochen und bei bereits bestehenden Produkten für Nach-bestellung und Lieferung sogar nur zwei Wochen. In einer Branche, in der dieLagerkosten hoch sind und Zyklen von bis zu sechs Monaten für einen Entwurfund drei Monaten für die Produktion als notwendig gelten, stellt dies einen ent-scheidenden Wettbewerbsvorteil dar.

Dieser kurze Produktions- und Lieferzyklus ermöglicht die fortlaufende Her-stellung neuer Ware sogar innerhalb der halbjährlichen Verkaufssaison. Dahermuss Zara sich erst viel später als seine Schlüsselkonkurrenten auf eine Produkt-

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3 Strategisches Marketing

Abbildung 3.4: Außenansicht einer Zara-Filiale in Stuttgart

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von www.kdbusch.com.

linie für die kommende Saison festlegen. So führt das Unternehmen 35 Prozentdes Produktentwurfs und des Einkaufs von Rohstoffen, 40–50 Prozent des Ein-kaufs von Fertigwaren externer Lieferanten sowie 85 Prozent der betriebsinternenProduktion erst durch, nachdem die Saison begonnen hat.

Zara schneidet Stoffe im eigenen Betrieb zu und sendet den Entwurf an einenvon hundert lokalen Partnern zur Näharbeit. Deren Maschinen produzieren biszu 80.000 Teile pro Stunde, sortieren, etikettieren und verpacken die Ware.

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

Schließlich werden die Filialen per LKW oder per Schiff bzw. Flugzeug mitden fertigen Kleidungsstücken beliefert. Zara verfügt hierfür über eine große Dis-tributionszentrale in Nordwest-Spanien. Diese Vertriebsbasis durchlaufen sämt-liche Artikel mit einer Lagerzeit von maximal drei Tagen. Von dort aus wird dieWare zweimal pro Woche in die einzelnen Filialen ausgeliefert. Durch das zen-tralisierte Distributionssystem kann das Unternehmen die Lagerkosten minimie-ren und Nachbestellungen schnell durchführen. Zara gewinnt so einen Zeitvor-sprung gegenüber seinen Mitbewerbern, die ihre Ware aus Kostengründen häufigin Fernost produzieren lassen. In den USA überlegen erste Bekleidungsherstellerund Händler, ihre Produktion aus dem Ausland zurückzuholen. Dadurch steigenzwar die Kosten, aber man gewinnt an Flexibilität und Schnelligkeit, was in derModebranche immer wichtiger wird.

Der Verkauf bildet nicht den Schlusspunkt der Wertschöpfungskette, sondernist eine wichtige Informationsquelle für die Designteams von Zara. Informationenüber die Kunden bezüglich Modellen und Farben werden in den Läden gesam-melt und anschließend telefonisch der Designabteilung übermittelt. Unter Einbe-ziehung von Trendanalysen entstehen so die Entwürfe für neue Modelle.

Inlandsfertigung zahlt sich aus

Die Strategie der schnellen Produktion zahlt sich für den Konzern Inditex aus.2006 beispielsweise stieg der Umsatz um 15 % im Vergleich zum Vorjahr. DerGewinn stieg um bis zu 25 % im selben Bilanzjahr. Das gute Ergebnis wurde größ-tenteils durch die Marke Zara bewirkt, die momentan Platz 73 der 100 weltweitwertvollsten Marken inne hat. Dies lässt Inditex zum ersten Mal vor H&M rücken.

Darüber hinaus gehören Inditex nun auch neue Ketten an wie z. B. Oysho,Bershka, Stradivarius, Massimo Dutti, Pull and Bear und Uterqüe. Hinzu kommtmit „Zara Home“ die erste Kette, die keine Kleidungsstücke verkauft. Jede dieserKetten nutzt ebenfalls die vertikale Integration.

Es hat sich also für Zara nicht nur ausgezahlt, der schnellste Textilhändlerzu sein, das Unternehmen hat auch die Modewelt komplett umgekrempelt. Zarahat den Weg freigemacht für günstigere Mode und den Wettbewerbsdruck aufModemarken im mittleren und sogar im gehobenen Preissegment verstärkt.

Aufgrund des exzellenten Marketing in der Unternehmenspraxis wurde JoséMaría Castellano Ríos, Deputy Chairman von Zara, im Juli 2005 mit der Aus-zeichnung „Distinguished European Marketer“ geehrt.

Quellen:Inditex, Webseite von Inditex unter: www.inditex.com; Inditex Annual Report 2007;Mazaira, A., González, E., Avendano, R., The role of market orientation on company perfor-

mance through the development of sustainable competitive advantage: the Inditex-Zaracase, in: Marketing Intelligence & Planning, Volume 21, Number 4 2003, S. 220–229;

Finkenzeller, K., Hart & Schnell, in: Financial Times Deutschland, 12. Oktober 2005, S. 29.

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3 Strategisches Marketing

Um die interne Situation eines Unternehmens und deren Entwicklung zu verste-hen, ist es darüber hinaus unerlässlich, eine genaue und ehrliche Analyse der Bilanzund der Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen. Dies sind die beiden zentra-len Finanzberichte in einem Unternehmen. Die Bilanz zeigt die Vermögenswerte, dieVerbindlichkeiten und den Wert eines Unternehmens zu einem gegebenen Zeitpunkt.Die Gewinn- und Verlustrechnung ist für die Zwecke des Marketing noch aussage-kräftiger als die Bilanz. Sie weist Periode für Periode die Umsätze, die entstandenenKosten für die verkaufte Ware und die übrigen Ausgaben aus. Günstige oder ungüns-tige Entwicklungen lassen sich an der Gewinn- und Verlustrechnung erkennen, sodassentsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

3.3.3 Strategische Analysemethoden

SWOT-Analyse

Die SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) extrahiert ausden im strategischen Audit ermittelten Informationen die entscheidenden Stär-ken und Schwächen des Unternehmens, aber auch die Chancen und Risiken, diedie Unternehmenstätigkeit begrenzen. Das Strategie-Audit liefert eine Vielzahl anDaten von unterschiedlicher Wichtigkeit und Verlässlichkeit, die mithilfe der SWOT-Analyse gefiltert werden, um die erfolgskritischen Faktoren aus der internen undexternen Analyse aufzuzeigen. Die Anzahl dieser Faktoren sollte gering sein, um sieanschaulich kommunizieren zu können und um zu verdeutlichen, worauf das Unter-nehmen seine Aufmerksamkeit fokussieren sollte.

Chancen und Risiken

Das Management muss die Chancen und die Risiken, denen das Unternehmen gegen-übersteht, erkennen, um wichtige Entwicklungen, die einen Einfluss auf dessenZukunft haben, voraussehen und vorwegnehmen zu können.

Der Geschäftsbereich „Tiernahrung“ eines großen internationalen Unternehmenshat für einen nationalen Markt beispielsweise folgende Chancen identifiziert:

� Wirtschaftliches Umfeld Aufgrund der verbesserten allgemeinen Wirtschaftslagenimmt die Tierhaltung in nahezu allen Bevölkerungsschichten zu.

� Demografische Veränderungen Die Zunahme der Zahl allein erziehender Eltern-teile und der Doppelverdienerhaushalte sowie das Altern der Bevölkerung verstär-ken den erkennbaren Trend hin zu bequemer Tier-Fertignahrung. Die Gruppe derSenioren wächst weiter, sodass erwartet werden kann, dass die Haustierhaltungzunimmt.

� Markttrends Analog zur Entwicklung auf den Märkten für menschliche Nahrungwerden gesunde Nahrung und vorgefertigte Produkte des hochwertigen Segments(z. B. als Tiefkühlkost) wachsende Marktanteile erringen.

� Neue Technologien Auch auf dem Markt für Tiernahrung werden Produkte mitwenig Fett und Kalorien eine zunehmende Bedeutung erlangen. Diese Produktewerden vor allem Käufer ansprechen, die für sich selbst auf solche Produkteigen-

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

schaften achten und ihr eigenes Gesundheitsbewusstsein auch auf ihre Haustiereausdehnen.

Den Chancen stehen folgende Risiken gegenüber:

� Aktivitätender Konkurrenz Ein großer und wichtiger Konkurrent hat gerade ange-kündigt, dass er eine neue Produktlinie für Tierfutter in Premium-Qualität ein-führen will. Die Einführung soll mit einer aufwändigen Werbekampagne und mitaggressiven Verkaufsförderungsmaßnahmen unterstützt werden.

� Die Macht des Handels Branchenspezialisten schätzen, dass jährlich etwa 10.000neue Produkte im Einzelhandel eingeführt werden. Davon werden allerdings nurknapp 40 Prozent von den Käufern akzeptiert. Neue Produkte müssen sich im Han-del innerhalb von nur fünf Monaten durchsetzen, sonst nimmt man sie aus demSortiment.

� Demografische Veränderungen Die steigende Anzahl allein erziehender Elternund Doppelverdiener verstärkt die Tendenz zu kleineren „pflegeleichten“ Tieren(eher Katzen als Hunde). Diese Tiere benötigen kleinere Mengen an Tiernahrung,wodurch der Umsatz sinkt.

� Politik/EU-Gesetzgebung Die EU erlässt zunehmend Vorschriften zur Inhaltsde-klaration von Tiernahrungsmitteln. Die Kennzeichnungspflicht führt dazu, dassProdukte, die z. B. Känguru- oder Pferdefleisch enthalten, an Attraktivität verlieren.

Die unterschiedlichen Risiken, die das Unternehmen bedrohen, haben weder die glei-che Intensität noch das gleiche Gefahrenpotenzial. Sie unterscheiden sich auch imHinblick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Geschäftsleitung muss die Risikendiesbezüglich einschätzen können und für die wichtigsten BedrohungssituationenReaktions- und Abwehrkonzepte erarbeiten.

Ein neuer Trend oder eine neue Entwicklung kann für ein Unternehmen eineBedrohung oder aber auch eine Chance sein. Dies hängt davon ab, wo die Stärkenund Schwächen des Unternehmens liegen. Chancen ergeben sich insbesondere, wenndie Veränderung des Umfeldes einer Stärke des Unternehmens entgegenkommt. Eineunerwartete Chance kann sich z. B. auch aus neuen Gesetzen ergeben. Die verschärfteUmweltgesetzgebung mag für manchen Unternehmer, der ökologisch unbedenklicheProdukte oder Neuerungen anbietet, verbesserte Absatzchancen bedeuten.

Ein vorausschauender Unternehmer sollte jede Gelegenheit, die sich bietet, über-prüfen und sie in Bezug auf ihre potenzielle Attraktivität und unternehmensspezi-fische Erfolgswahrscheinlichkeit abschätzen. Die Entstehung von Chancen ist meistauch mit Risiken verbunden. Eine Chance, die exakt zu den Zielen und Ressourcendes Unternehmens passt, ist eher selten. Bei der Beurteilung von Chancen muss dasManagement daher entscheiden, ob die zu erwartenden Erträge die Risiken rechtfer-tigen.

Stärken und Schwächen

Die Stärken und Schwächen im Rahmen der SWOT-Analyse zählen nicht alle Eigen-schaften des Unternehmens auf, sondern nur diejenigen, die für Erfolg oder Misser-folg bestimmend sind. Wird die Liste zu lang, erschwert das die Konzentration auf dierelevanten Punkte. Stärken und Schwächen sind stets relativ zu sehen, nicht absolut.

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Was nützt es einem Unternehmen, in einem bestimmten Bereich gut zu sein, wenn diegesamte Konkurrenz besser ist? Mercedes-Benz zum Beispiel war viele Jahre auf demUS-Markt der führende Importeur bei hochwertigen Autos, aber irgendwann emp-fanden viele Käufer das Angebot der Japaner auch bei teuren Fahrzeugen bezüglichQualität, Luxus und Zuverlässigkeit als insgesamt günstiger, sodass Mercedes-Benzund weitere deutsche Hersteller ihre dominierende Rolle einbüßten.

Letztendlich sollten die Stärken auf Fakten basieren. Der Volkswagen-Konzernkaufte mit der Marke Skoda einen Namen und eine Tradition. Doch ist der Marken-name eine Stärke? Hätte der Name auch genügt, wenn Volkswagen nicht auch enormeInvestitionen zur Modernisierung des Produktspektrums und der Fertigungsanlagenvorgenommen hätte?

Es kann sehr schädlich sein, die wahren Stärken nicht zu erkennen. Ein Flug-zeughersteller warb jahrelang mit der Qualität seines Kundendienstes. Als das Unter-nehmen dann von einem Konkurrenten übernommen wurde, erfuhr man, dass mangerade beim Kundendienst den schlechtesten Ruf in der Branche hatte.

Am Beispiel des Herstellers von Heimtiernahrung lassen sich die Stärken undSchwächen, die den bereits aufgezeigten Chancen und Risiken gegenüberstehen, dar-stellen. Das Unternehmen hat folgende Stärken:

� Marktführer bei trockenem Heimtierfutter

� Zugang zu den jeweils neuesten Technologien aufgrund der Zugehörigkeit zueinem weltweit agierenden Konzern

� Marktführer bei Tiernahrung im Premium- und Luxussegment

� ausgezeichnete weltweite Vertriebsstruktur

� Marktführer bei Tiernahrung auf wichtigen Volumenmärkten einschließlich Frank-reich, Italien, Spanien und Lateinamerika

Dem stehen die folgenden Schwächen gegenüber:

� auf dem Markt für nicht getrocknete Tiernahrung nur Nummer Drei

� sehr breites Produktspektrum mit einigen Marken, die keine hohen Verkaufszahlenerreichen

� zersplitterte Unternehmensidentität, zahlreiche Markennamenstammen aus Unter-nehmensakquisitionen und haben einen niedrigen Bekanntheitsgrad

� im Verhältnis zu Umsatz und Marktanteil in der Branche zu niedriges Werbebudget

� das breite Produktspektrum bedingt zu viele verschiedene Produktionsmethodenund damit verbundene umfangreiche Fach- und Methodenkenntnisse bei den Mit-arbeitern

� geringe Marktpräsenz auf den wichtigen Märkten Deutschland, Großbritannien,USA und Kanada

� zu geringe Umsatzrendite

Dieses Praxisbeispiel zeigt, wie sich verschiedene Teile der SWOT-Analyse auf-wiegen. Die Stärke bei Trocken- und Luxusprodukten passt gut zu den beobachte-ten demografischen Entwicklungen und Trends. Diese Chance sollte für Wachstum

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

genutzt werden. Der Zugang zu den neuesten Technologien in der Heimtiernahrungs-branche sollte es dem Unternehmen ermöglichen, den veränderten Kundenwünschenwie auch den neuen Gesetzesauflagen zu entsprechen. Die Schwächen verdeutli-chen die Notwendigkeit für das Unternehmen, Schwerpunkte zu setzen. Die Einstel-lung unwirtschaftlicher Produktlinien im Bereich nicht getrockneter Tiernahrung, dieBereinigung der Markenstruktur sowie die Konzentration auf weniger Fertigungsli-nien könnten Ressourcen für die Entwicklung der Trocken- und Luxusmärkte freiset-zen. Das Unternehmen sollte die höheren Erträge der „starken Produkte“ für einenDurchbruch bei nicht getrockneter Tiernahrung nutzen und in Gebieten mit Know-how-Vorsprung den internationalen Absatz forcieren. Schließlich könnte man durchNutzung der weltweiten Distributionsstruktur für Produkte, die Produktions- undKostenvorteile aufweisen, die Profitabilität erhöhen.

Portfolio-Analyse

Die Gesamtheit der Produktlinien und Geschäftsfelder eines Unternehmens wird auchals dessen Geschäftsportfolio bezeichnet. Die Definition, Abgrenzung und Gewich-tung der einzelnen Geschäftsfelder bilden die Nahtstellen zwischen der Gesamtstrate-gie des Unternehmens und den Strategien der einzelnen organisatorischen Teileinhei-ten. Die Portfolio-Analyse unterstützt das Management dabei, die unternehmensspe-zifischen Geschäftstätigkeiten zu beurteilen und zu steuern. Ein optimales Portfoliopasst die Stärken und Schwächen des Unternehmens an die Geschäftsmöglichkeitendes Umfelds an. Es gilt zunächst, das bestehende Geschäftsportfolio zu untersuchen,um dann zu entscheiden, welche Bereiche mehr, welche weniger oder welche keineFinanzmittel erhalten sollen.

Die Intention der Portfolio-Analyse ist es, den zukunftsträchtigsten Geschäfts-feldern weitere Ressourcen zuzuführen und andererseits ausgesprochen schwacheBereiche auf das Nötigste zu reduzieren oder aufzugeben. Lange Jahre galt „Diversi-fikation“ als das Zauberwort für erfolgreiche Unternehmensführung. Im Rahmen derPortfolio-Analyse kann es sich allerdings herausstellen, dass ein vor Jahren im Zugedieser Diversifizierung aufgekaufter Pharma- und Kosmetikbereich in einem Automo-bilkonzern nur noch wie das fünfte Rad am Wagen nebenher mitläuft, ohne Gewinne,ohne starke Position am Markt und ohne jegliche Synergie-Effekte mit den anderenGeschäftsfeldern. Hier wäre es sicher die richtige Entscheidung, diesen Geschäftsbe-reich zu verkaufen und die erzielten Mittel in das Kerngeschäft (PKW, LKW, Busse)oder in die Entwicklung von damit verbundenen Zukunftstechnologien (Datentech-nik im Fahrzeug, Leitsysteme, neue Antriebe) zu investieren.

Identifikation der einzelnen strategischen Geschäftseinheiten Die Analyse solltezunächst die wichtigsten Aktivitäten des Unternehmens benennen. Diese Aktivitä-ten können als strategische Geschäftseinheiten bezeichnet werden. Jede dieser strate-gischen Geschäftseinheiten (SGE) ist eine Teileinheit des Unternehmens mit separa-ten Zielen, die unabhängig von anderen Geschäftseinheiten definiert werden können.Eine SGE kann ein Unternehmensbereich, eine Produktlinie innerhalb eines Unter-nehmensbereichs oder manchmal auch ein Einzelprodukt oder eine einzelne Markesein.

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3 Strategisches Marketing

Beurteilung der Zukunftsaussichtender strategischenGeschäftseinheiten Nachdemdiese SGE benannt sind, muss die Unternehmensführung deren Bedeutung undZukunft bewerten und Entscheidungen darüber treffen, in welchem Umfang dieeinzelnen SGE unterstützt werden sollen. In vielen Unternehmen mag dies ohneformalen Entscheidungsprozess stattfinden. Die Unternehmensleitung diskutiert,wie der Stand und die Zukunftsperspektiven der einzelnen Geschäftseinheitenzu beurteilen sind. Andere Unternehmen benutzen strikt formalisierte Portfolio-Analysemethoden.

Der Zweck der strategischen Planung ist es, Wege zu finden, wie das Unternehmenam besten seine Stärken einsetzen kann, um attraktive Geschäftsmöglichkeiten in sei-nem Umfeld zu nutzen. Die meisten Methoden zur Analyse des Geschäftsportfoliosbewerten SGE deshalb nach zwei Kriterien: nach der Attraktivität des Marktes oderder Branche der SGE und nach der Position, die die SGE in diesem Markt oder in die-ser Branche einnimmt. Die bekanntesten Methoden zur Geschäftsportfolio-Planungsind die der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und die von GeneralElectric.

Die Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix nach der Boston Consulting GroupEin Unternehmen, das den Ansatz der Boston Consulting Group anwendet, unter-sucht seine SGE daraufhin, welche Position sie innerhalb der zweidimensionalenMarktwachstums-/Marktanteils-Matrix einnehmen. Auf der y-Achse misst das Wachs-tum des jeweiligen Teilmarkts die Marktattraktivität. Die x-Achse zeigt den relativenMarktanteil, den ein Unternehmen in diesem Markt erreicht hat und spiegelt damitdessen Stärke wider. Mithilfe dieses Vorgehens lassen sich die SGE in vier Typeneinteilen:

1. Stars. Stars sind geschäftliche Aktivitäten oder Produkte mit hohen Wachstums-raten, bei denen das Unternehmen einen hohen Marktanteil hat. Häufig sind sehrhohe Investitionen nötig, um das rapide Wachstum dieser SGE zu finanzieren. Ver-langsamt sich das Wachstum, können aus Stars Cash Cows werden.

2. Cash Cows. So werden in der Boston Consulting-Matrix Produkte oder Leistun-gen mit hohem Marktanteil bei niedrigen Wachstumsraten bezeichnet. Für dieseetablierten und erfolgreichen SGE benötigt man nur geringe Investitionen, um denMarktanteil halten zu können. Sie erbringen hohe Umsätze und Gewinne, die sichverwenden lassen, um neue oder schwache SGE zu stützen und um die Existenzinsgesamt zu sichern.

3. Question Marks. Question Marks sind SGE mit derzeit niedrigen Marktanteilen inschnell wachsenden Märkten. Sie benötigen Finanzmittel, um ihren Marktanteil zuhalten oder ihn auszubauen. Die Unternehmensleitung muss diese Question Marksgenau prüfen und entscheiden, ob sie zu Stars ausgebaut werden können oder obman sie lieber aufgeben sollte.

4. Poor Dogs. SGE dieses Typs haben keinen nennenswerten Marktanteil in Märktenmit niedrigem Marktwachstum. Im günstigsten Fall bringen sie genug Geld ein, umsich selbst zu erhalten, aber sie versprechen keine großen Gewinne. Es gilt deshalbzu überlegen, ob man solche SGE besser aufgibt.

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

Die Kreisflächen in der Matrix zeigen die Positionen von zehn SGE eines Unterneh-mens. Das Unternehmen hat zwei Stars, zwei Cash Cows, drei Question Marks unddrei Poor Dogs. Die Flächen der Kreise in Abbildung 3.5 sind proportional zu demAnteil der SGE am gesamten Umsatz. Dieses Unternehmen ist in einem annehmbaren,aber nicht in einem guten Zustand. Es wird voraussichtlich in die aussichtsreichenQuestion Marks investieren, um Stars aus ihnen zu machen, und die Stars behalten,um sie zu gegebener Zeit in Cash Cows überführen zu können. Glücklicherweise hatdieses Unternehmen auch noch zwei Cash Cows im Portfolio. Damit kann es die Ques-tion Marks, die Stars und die Poor Dogs finanzieren. Das Gesamtbild sähe schlechteraus, wenn das Unternehmen keine Stars hätte oder zu viele Poor Dogs bzw. wenn esnur eine schwächliche und kränkelnde Cash Cow hätte.

»Question Marks« niedriger Marktanteil, hohes Marktwachstum: zum »Star« entwickeln oder aufgeben

»Poor Dogs« niedriger Marktanteil, niedriges Wachstum, selbsterhaltend, aber ohne Zukunft

»Cash Cows« hoher Marktanteil, geringes Wachstum, geringer Investitionsbedarf, echte »Geldbringer«

»Stars«hohes Wachstum,hoher Marktanteil,auch hohe Investitionen,werden meist »Cash Cows«

Relativer Marktanteil

Hoch Niedrig

M

arkt

wac

hstu

m

Nie

drig

Hoch

»Question Marks«

»Poor Dogs«»Cash Cows«

»Stars«

Abbildung 3.5: Die Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix nach Boston Consulting

Sobald man seine Geschäftseinheiten in diese Kategorien eingeteilt hat, muss manentscheiden, welche Rolle jede SGE in der Zukunft spielen soll. Es stehen vier stra-tegische Alternativen zur Wahl. Das Unternehmen kann derart in die SGE inves-tieren, dass es seinen Marktanteil in diesem Geschäftsfeld ausbauen kann. Es kannauch auf Investitionen verzichten bzw. die Investitionen auf gleichem Niveau halten,sodass sich der Marktanteil gerade halten lässt. Ferner kann man eine bestehende

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3 Strategisches Marketing

SGE ausnehmen oder abernten, wenn man, ohne auf die Langzeitwirkungen zu ach-ten, Finanzmittel aus einem Geschäftsfeld abzieht. Schließlich kann eine SGE aufge-löst werden, indem sie verkauft bzw. stillgelegt wird, um die Ressourcen an andererStelle einzusetzen.

Im Zeitablauf ändern die SGE ihre Positionen in der Marktwachstums-/Marktan-teils-Matrix. Jede SGE hat einen eigenen Lebenszyklus. Viele SGE beginnen als Ques-tion Marks und steigen bis in die Kategorie der Stars auf, soweit sie Erfolg haben.Sie wandeln sich in Cash Cows um, wenn sich das rapide Wachstum der ersten Zeitverlangsamt. Schließlich verschwinden sie oder sie dämmern noch einige Zeit alsPoor Dogs am Ende ihres Lebenszyklus dahin. Ein Unternehmen sollte laufend neueProdukte und neue SGE zu seinem Portfolio hinzufügen, mit dem Ziel, dass sich mög-lichst einige davon zu Stars entwickeln und schließlich Cash Cows werden, die dannandere SGE mitfinanzieren können.

Das Planungsmodell von General Electric

Bei General Electric (GE) wurde ein sehr umfassendes Portfolio-Planungsinstrumenteingeführt (Abbildung 3.6). Ähnlich wie bei Boston Consulting werden zwei Dimen-sionen verwendet, wovon die eine die Attraktivität der Branche und die andere dierelative Position des Unternehmens in der Branche darstellt. Die besten Geschäfts-felder befinden sich in hoch attraktiven Branchen, in denen das Unternehmen einestarke Position erreicht hat.

Relative Position des UnternehmensStark Mittel Schwach

ehcnarB red täti vitkarttA

girdeiN

A

C

B D

hcoHletti

M

Abbildung 3.6: Portfolio-Matrix nach General Electric

Die Methode von General Electric bezieht neben der Wachstumsrate viele weitere Fak-toren in die Beurteilung der Branchenattraktivität ein. Hierzu berechnet man einenBranchenattraktivitätsindex, in den die Marktgröße, das Wachstum des Marktes, dieGewinnerwartungen und die Wettbewerbsintensität in der Branche, die saisonale Ver-teilung der Nachfrage und branchentypische Kostenstrukturen eingehen. Jeder dieserFaktoren wird bewertet und in den Gesamtindex einbezogen.

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3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans

Ein Unternehmen wie die Kraft-Gruppe des Altria-Konzerns beurteilt beispiels-weise Süßwaren und Snacks, Fertiggerichte und Kaffee als attraktiv. Aus wenigerattraktiven Geschäftsfeldern wie dem Ölhandel und aus der Herstellung von Kar-tonagenverpackungen hat Kraft sich zurückgezogen. Die niederländische Chemie-gruppe Akzo Nobel identifiziert bestimmte Chemiespezialprodukte, Beschichtungenund Arzneimittel als attraktiv. Produkte der Grundstoffchemie und Kunstfasern wur-den indessen abgestoßen, da sie als weniger attraktiv eingestuft wurden.

Für die relative Position oder Stärke eines Geschäftsfelds benutzt GE ebenfallseinen Index und nicht nur den Marktanteil. In diesen Index der relativen Stärkebezieht GE Größen wie den Marktanteil, die Wettbewerbsfähigkeit in Bezug auf dasPreis-/Leistungs-Verhältnis, die Produktqualität, Kenntnisse und Verbindungen zuMarkt und Kunden und damit verbunden die Effizienz des Außendienstes sowie unterUmständen geografische Vorteile ein. Diese Faktoren werden gewichtet und beurteiltund ergeben einen Index der relativen Stärke in dem beurteilten Geschäftsfeld mitden Ausprägungen stark, durchschnittlich oder schwach.

Die Beurteilungsmatrix lässt sich in drei Zonen einteilen. Die hellrote Zone zeigtdie Geschäftsfelder, in die das Unternehmen investieren sollte. Die helle, mittlereZone kennzeichnet Geschäftsfelder, die allenfalls als durchschnittlich in Bezug aufeine Gesamtattraktivität bewertet werden können. Man sollte dort sein bisherigesInvestitionsverhalten beibehalten. Die rote Zone zeigt drei Zellen der Matrix, die nureine sehr geringe Attraktivität aufweisen. Hier sollte man erwägen, diese strategischenGeschäftsfelder aufzugeben.

Die in der Matrix eingezeichneten Kreise stellen vier SGE eines Unternehmens dar.Die Fläche dieser Kreise entspricht der relativen Größe der Branche, in der diese SGEsich dem Wettbewerb stellt. Die Markierung innerhalb eines Kreissegments gibt denMarktanteil der SGE auf dem jeweiligen Markt an. Dementsprechend stellt Kreis Aeine SGE dar, die in einer attraktiven Branche mit hohen Umsätzen einen Marktanteilvon 75 Prozent erreicht hat. Kreis B zeigt eine SGE, die 50 Prozent Marktanteil erreichthat, dies jedoch in einer insgesamt wenig attraktiven Branche. Kreis C und Kreis Dstellen SGE dar, die ohne besondere Stärken und ohne herausragende Erfolge ope-rieren. Insgesamt sollte das Unternehmen Ressourcen einsetzen, um A auszubauenund B mit vernünftigem Aufwand weiterzuführen. In Bezug auf C und D bedarf esklarer Entscheidungen, die gemäß obiger Beurteilung eigentlich nur zu einer Been-digung dieser Aktivitäten führen können. Die Unternehmensleitung sollte bei ihrenEntscheidungen grundsätzlich auch berücksichtigen, welche Position eine SGE mitund ohne Änderung der angewandten Strategie zukünftig voraussichtlich einnehmenwird.

Schwächen der Matrix-Modelle Die formalen Methoden der Boston ConsultingGroup und von General Electric revolutionierten die strategische Planung. Dennochweisen sie auch Schwächen auf. In erster Linie sind sie schwierig durchzuführen,zeitaufwändig und kostspielig. In Großunternehmen mag es oft schwer sein, SGE zudefinieren und Marktanteil sowie Marktwachstum richtig zu ermitteln. Die Matrix-Methoden konzentrieren sich außerdem auf die gegenwärtige Situation, geben aberkeine Hilfestellung für ein künftiges Vorgehen. Die Unternehmensleitung muss sichnach wie vor auf ihre eigene Beurteilung verlassen, um die Ziele für jede SGE zubestimmen, festzulegen, welchen Anteil an den Ressourcen sie erhalten sollen, oder

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3 Strategisches Marketing

um herauszufinden, welche neuen Geschäftsfelder dem Portfolio hinzugefügt werdensollen.

Solche Konzepte formalisierter Planung können außerdem dazu verleiten, die Stei-gerung des Marktanteils oder das Wachstum durch Eintritt in neue Märkte zu starkzu gewichten. Viele Unternehmen, die diese Methoden verwendet haben, stürztensich auf unbekannte Märkte mit vermeintlich hohen Wachstumschancen, die jedochwenig mit ihrer eigentlichen Geschäftstätigkeit zu tun hatten. Sie mussten häufiganhand sehr schlechter Ergebnisse erkennen, dass ihnen jegliche Voraussetzungenfür eine erfolgreiche Betätigung auf diesen Märkten fehlten. Gleichzeitig waren die-selben Unternehmen oft zu schnell dabei, wenn es darum ging, Geschäftsfelder, diesich viele Jahre bewährt hatten und an sich gesund waren, aufzugeben, abzustoßenoder bis zum Zusammenbruch auszuschlachten und nötige Ersatzinvestitionen nichtmehr zu tätigen. Viele Unternehmen, die in der Vergangenheit diversifiziert haben,besinnen sich jetzt wieder auf ihre eigentlichen Stärken und besonderen Fähigkeitenund kehren in die Branchen zurück, deren Know-how sie am besten beherrschen.

Trotz der diskutierten Schwächen sind die Matrix-Modelle nach wie vor sehr popu-lär. Viele Unternehmen haben sie auf ihre Situation zugeschnitten und individuali-siert. Gleichsam sind sie kein Allheilmittel, um eine einzige beste Strategie zu ermit-teln. Jedoch können sie der Unternehmensleitung dabei helfen, die Gesamtsituationdes Unternehmens zu verstehen und zu erkennen, welchen Beitrag einzelne Produkteoder Geschäftsfelder für das Ganze erbringen. Sie sind eine Hilfestellung, um Res-sourcen sinnvoll zu verteilen und das Unternehmen auf die Aufgaben der Zukunftauszurichten und vorzubereiten.

3.3.4 Entwicklung von Wachstumsstrategien

Um dem Unternehmensportfolio neue Produkte oder neue Geschäftsfelder hinzuzu-fügen, bedarf es der systematischen Entwicklung geeigneter Wachstumsstrategien.Die in Abbildung 3.7 dargestellte Produkt/Markt-Matrix stellt vier Optionen vor, mitdenen ein Unternehmen Wachstum erzielen kann: Marktdurchdringung, Marktent-wicklung, Produktentwicklung und Diversifikation.

Am Beispiel von Mercedes-Benz soll gezeigt werden, welche Marketingmaßnah-men den einzelnen Feldern der Produkt/Markt-Matrix zugeordnet werden können.

Marktdurchdringung Die Strategie der Marktdurchdringung beschreibt den verstärk-ten Einsatz von Marketingaktivitäten mit dem Ziel, bestehende Produkte auf ange-stammten Märkten zu unterstützen und so deren Marktanteil und Marktvolumen aus-zubauen. Die Einführung einer neuen, innovativen S-Klasse kann als Beispiel für einsolches Vorgehen gelten.

Marktentwicklung Die Marktentwicklung zielt darauf ab, mit bestehenden Produk-ten in neue Märkte einzutreten, um zusätzliches Absatzpotenzial zu erschließen. Die-ses Ziel verfolgte Mercedes-Benz beispielsweise mit der Einführung der A-Klasse inJapan.

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3.4 Die Rolle des Marketing in der strategischen Planung

BestehendeProdukte

NeueProdukte

BestehendeMärkte

NeueMärkte

Marktdurchdringung Produktentwicklung

Marktentwicklung Diversifikation

Abbildung 3.7: Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff

Produktentwicklung Mit der Produktentwicklung verfolgt man das Ziel, den Umsatzauf bestehenden Märkten mit neuen Produkten zu sichern bzw. auszuweiten. So ent-wickelte Mercedes-Benz die neue R-Klasse speziell für den europäischen Markt ineiner kurzen und für den amerikanischen Markt in einer langen Version.

Diversifikation Mit der Strategie der Diversifikation begibt sich ein Unternehmenauf neue Betätigungsfelder. Mit der Einführung des Stadtautos smart und der Luxus-limousine Maybach wurden eigene Marken etabliert, um eine möglichst weit gehendeAbgrenzung von der Marke mit dem „Stern“ zu gewährleisten.

3.4 Die Rolle des Marketing in der strategischenPlanung

3.4.1 Marketing als Leitkonzept in der strategischen Planung

Die strategische Gesamtplanung eines Unternehmens legt fest, in welchen Berei-chen es tätig sein will und welche Ziele es dabei verfolgt. Innerhalb der einzelnenGeschäftseinheiten findet dann eine genauere Planung statt. Die betrieblichen Funk-tionen innerhalb einer Geschäftseinheit wie Marketing, Finanzen, Rechnungswesen,Einkauf, Produktion und Personal müssen zur Erreichung der strategischen Zieleeng und abgestimmt zusammenarbeiten. Zum Beispiel generiert der MarketingbereichUmsätze, indem er Verkäufe an die Kunden einleitet und durchführt. Der Finanzbe-reich besorgt Geldmittel, indem er Kredit- bzw. Anlagevorgänge abwickelt. Die Perso-nalabteilung rekrutiert die benötigten Arbeitskräfte, während die Einkaufsabteilungdas Material für die Produktion und für alle übrigen Aktivitäten besorgt. Jeder Funk-tionsbereich verhandelt mit anderen internen und externen Partnern, um Ressourcenwie Finanzmittel, Arbeitskräfte, Material, Entwicklungskonzepte und Fertigungsver-fahren zu erhalten.

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3 Strategisches Marketing

Es existieren zahlreiche Überschneidungen zwischen der Gesamtstrategie einesUnternehmens und der Marketingstrategie. Das Marketing beobachtet die Wünscheund Bedürfnisse der Verbraucher und das Potenzial des Unternehmens, diese Wün-sche und Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Faktoren bestimmen Mission und Zieledes Unternehmens. Der überwiegende Teil der strategischen Planung des Unterneh-mens geht von Marketingvariablen aus: Marktanteil, Stand der Marktentwicklung,Wachstum der Märkte usw. Häufig lässt sich keine klare Trennlinie zwischen strategi-scher Planung und Marketingplanung ziehen. Einige Unternehmen bezeichnen daherihre strategische Planung als strategische Marketingplanung.

Das Marketing nimmt auf mehrere Arten eine Schlüsselrolle in der strategischenPlanung ein.

1. Marketing ist eine Leitlinie oder Philosophie für die gesamte Tätigkeit des Unter-nehmens. Da das Marketing die wichtigsten Kundengruppen identifiziert und dieUnternehmensstrategie sich um die Befriedigung der Bedürfnisse dieser Kundendreht, stellt es ein Leitkonzept für die gesamte Unternehmenstätigkeit dar.

2. Marketing liefert Input für strategische Entscheidungen. Das Marketing liefertInput für die strategische Planung, indem neue attraktive Marktchancen aufgespürtwerden und den Planern die Möglichkeit gegeben wird, gegenwärtige und künftigePotenziale des Unternehmens daraufhin zu überprüfen, wie es hieraus Vorteileerlangen könnte.

3. Marketing unterstützt die Zielerreichung der einzelnen Geschäftseinheiten mitkonkreten Strategien. Für die einzelnen Geschäftseinheiten erarbeitet das Marke-ting konkrete Strategien, die es ermöglichen, die Zielvorgaben zu erfüllen. Für jedeGeschäftseinheit des Unternehmens entscheiden die Verantwortlichen im Mar-keting, wie sie mit konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung beitragen können.Dabei besteht das Ziel nicht immer darin, den Umsatz zu steigern. Es kann auchdarum gehen, existierende Umsätze mit einem geringeren Marketingbudget auf-recht zu erhalten oder sogar die Nachfrage zu senken. Die Aufgabe des Marketingist es daher, das Potenzial jeder Geschäftseinheit zu ermitteln, Zielvorgaben für siezu finden und zu spezifizieren und diese Ziele zu erreichen.

3.4.2 Der Stellenwert des Marketing innerhalb betrieblicherFunktionsbereiche

In manchen Unternehmen ist das Marketing eine gleichberechtigte Funktion unteranderen. Viele Marketing-Manager sind jedoch der Meinung, dass Marketing die abso-lut wichtigste Funktion im Unternehmen sei. Sie beziehen sich auf Peter Drucker, dersagte: „Das Ziel eines Unternehmens ist es, Käufer zu schaffen.“ Die Anhänger dieserDenkrichtung sehen es als Aufgabe des Marketing, die Mission des Unternehmensfestzulegen, seine Produkte und Märkte zu definieren und alle übrigen Funktionsbe-reiche zu führen, mit dem Ziel, den Kunden zu dienen.

Viele Marketingfachleute sehen heute eher den Kunden und nicht die Marketing-abteilung im Zentrum des Unternehmens. Sie argumentieren, dass das Unternehmen

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

ohne Kunden nicht erfolgreich sein kann und dass es daher die zentrale Aufgabe sei,Kunden zu werben und zu halten. „Kunden werden mit Versprechungen geworbenund mit Zufriedenstellung gehalten – das Marketing definiert die Versprechungenund stellt ihre Erfüllung sicher.“

Die tatsächliche Zufriedenstellung des Käufers ist jedoch von der Arbeit allerAbteilungen im Unternehmen abhängig, aus diesem Grunde müssen alle Funktionsbe-reiche im Unternehmen zusammenarbeiten, um die Bedürfnisse des Kunden heraus-zufinden, den Kunden zu bedienen und seine Wünsche und Bedürfnisse zu befrie-digen. Jede Abteilung ist dabei ein Teil der unternehmensweiten Wertschöpfungs-kette. Dem Marketing kommt innerbetrieblich eine wichtige integrierende Rolle alsKoordinator zu, um sicherzustellen, dass alle Abteilungen für eine möglichst perfekteZufriedenstellung des Kunden zusammenarbeiten.

Jede Abteilung in einem Unternehmen hat Vorstellungen darüber, welche Ziel-gruppe und welche Aktivitäten am wichtigsten sind. Die Produktion konzentriertsich auf Lieferanten und Fertigungsabläufe. Die Abteilung Finanzen bemüht sichum die Aktionäre und um seriöse Investitionen. Die Marketingabteilung hebt Ver-braucher und Produkte, Preise, Werbemaßnahmen und die Distribution hervor. ImIdealfall bringen diese verschiedenen Blickrichtungen eine optimale Zufriedenstel-lung des Kunden mit sich. In der täglichen Praxis sind die Beziehungen zwischenden einzelnen Abteilungen jedoch von Missverständnissen und Konflikten geprägt.Wenn sich zum Beispiel die Marketingabteilung den Standpunkt des Kunden zu Eigenmacht, kann das bedeuten, dass die anderen Abteilungen in ihren Interessen zurück-stecken müssen. Vorgaben der Marketingabteilung im Sinne der Kunden können dieBeschaffungskosten erhöhen, Produktionsabläufe durcheinander bringen, Lagerbe-stände erhöhen und Probleme mit den Finanzen verursachen. Aus diesem Grundekann eine starke innerbetriebliche Opposition aus den anderen Abteilungen gegen-über dem Marketing entstehen.

Trotz dieser Widerstände muss das Marketing andere Abteilungen dahin bringen,stets im Interesse des Kunden zu denken und diesen in den Mittelpunkt aller Akti-vitäten zu stellen. Die Zufriedenstellung des Kunden erfordert die Anstrengung desganzen Unternehmens, um den Zielgruppen den höchstmöglichen Gegenwert zu bie-ten.

Kundenwert zu schaffen, ist viel mehr als nur eine „Marketingtätigkeit“. Ähnlichwie bei einem großen Sinfonieorchester, in dem auch einige Untergruppen unter derGesamtleitung eines Dirigenten spielen, müssen alle ihren Beitrag zum Gelingen leis-ten. An einem Angebot, das die Kunden überzeugt, sind alle Abteilungen beteiligt,nicht nur eine einzelne.

3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

Innerhalb der strategischen Planung bedarf es für jede Geschäftseinheit und jedes ein-zelne Produkt eines konkreten Marketingplans. Die Entwicklung eines solchen Mar-ketingplans ist Teil des in Tabelle 3.1 beschriebenen Planungsprozesses. Ein Marke-tingplan für ein Produkt oder eine Marke sollte folgende Bestandteile aufweisen:

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3 Strategisches Marketing

Executive SummaryKurzfassung des Plans als Überblick und Entscheidungsvorlage für das ManagementAktuelle MarketingsituationAusführliches Marketing-Audit mit Informationen zu Markt-, Produkt- und Konkurrenzsituation sowiemöglichen Absatzwegen und -partnernSWOT-AnalyseIdentifikation der Stärken und Schwächen und Feststellung der Chancen und Risiken des Unterneh-mens im Hinblick auf das ProduktZiele und EinflussfaktorenFestlegung der Unternehmensziele bezüglichAbsatz, Umsatz, Marktanteil und Gewinn sowieAnalysemöglicher Faktoren, die diese Ziele beeinflussenMarketingstrategieAllgemeiner Marketingansatz, der zur Erreichung der geplanten Ziele eingesetzt werden sollMarketingprogrammBeschreibung des anzuwendenden Marketinginstrumentariums (Marketing-Mix) zur Zielerreichungmit Angaben zu ausführenden Personen, zum Zeitpunkt der Ausführung und den anfallenden KostenBudgetPrognose der finanziellen Ergebnisse des Plans anhand einer erwarteten Gewinn- und Verlustrech-nungKontrolleMaßnahmen zur Begleitung und Überwachung des Programms

Tabelle 3.1: Bestandteile eines Marketingplans

Im Folgenden soll der Bestandteil Executive Summary kurz skizziert werden. Fürdas Marketing-Audit wird an dieser Stelle ein konkretes Beispiel zur Vorgehensweiseaufgeführt. Anschließend gehen wir näher auf die Marketingstrategie, den Marketing-Mix, das Budget sowie die Marketingkontrolle ein. Die SWOT-Analyse sowie die übri-gen Teile des Marketingplans wurden bereits im Rahmen der allgemeinen strategi-schen Planung ausführlich erläutert.

3.5.1 Executive Summary

Der Marketingplan sollte mit einer kurzen Zusammenfassung der Hauptziele undEmpfehlungen beginnen. Hier ein Beispiel:

„Der Marketingplan für 2010 beschreibt,wie eine erhebliche Zunahme bei Umsatzund Gewinn gegenüber dem Vorjahr erreicht werden kann. Die Zielvorgabe fürden Umsatz beträgt 240 Mio. Euro, das entspricht einer Zunahme um 20 Prozent.Wir halten diesen geplanten Zuwachs für erreichbar,weil zwischenzeitlichanderewirtschaftliche Rahmenbedingungen herrschen, sich unsere Situation im Wettbe-werb verbessert hat und wir die Effizienz unserer Vertriebsorganisation erheblichverbessernkonnten. Das Betriebsergebnisvor Steuern soll auf 25 Mio. Euro erhöhtwerden, dies entspricht einer Zunahme um 25 Prozent. Um diese Ziele zu errei-chen, wollen wir 4,8 Mio. Euro in besondere Maßnahmen der Verkaufsförderunginvestieren und 7,2 Mio. Euro in Werbung. Das entspricht zwei bzw. drei Prozentdes geplanten Umsatzes.“

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

Eine derartige Übersicht fasst alle wichtigen Punkte zur Vorlage bei der Unterneh-mensleitung präzise zusammen.

3.5.2 Marketing-Audit – Analyse der Ausgangssituation

Im ersten Hauptabschnitt des Marketingplans werden die Zielmärkte und die Posi-tion, die das Unternehmen in diesen einnimmt, beschrieben. Im folgenden Exkurssind die einzelnen Fragestellungen wiedergegeben, die im Laufe eines Marketing-Audits ausgearbeitet werden. Zunächst werden die Ziele, die Handlungsgrundsätzeund die Strategie-Elemente aufgeführt, die aus übergeordneten Planungen abzuleitensind. Dann wird die aktuelle Marketingsituation mit Marktdaten, Position des Pro-dukts am Markt, Konkurrenzsituation und Vertriebsnetz dargestellt. Dazu gehört inder Regel eine ausführliche Charakterisierung des Marktes und seiner wichtigstenSegmente. Anhand aktueller Zahlen der absoluten und segmentspezifischen Markt-größe in Relation zu Vergangenheitswerten prognostiziert der Planer den Bedarf unterBerücksichtigung der Entwicklungen im Umfeld des Marketing, die Auswirkungenauf das Käuferverhalten haben. Ein Produktlinienbericht zeigt Absatz und Absatzer-wartungen, Preise und Gewinnerwartungen für die wichtigsten Produkte innerhalbder einzelnen Produktgruppen. Ein Konkurrenzbericht benennt die wichtigsten Wett-bewerber und ihre Strategien in Bezug auf Qualitätsanspruch, Preissetzung, Vertriebs-netz und Verkaufsförderung. Die Marktanteile des Unternehmens und seiner Kon-kurrenten und erwartete Verschiebungen gehören ebenfalls in diesen Teilbericht. DerVertriebsbericht informiert als letzter Abschnitt über Situation, Trends und künftigeEntwicklungen in den Vertriebskanälen.

Marketing wäre an sich schon herausfordernd genug, wenn man es nur mit denbeeinflussbaren Variablen des Marketing-Mix zu tun hätte. Die Wirklichkeit bringtjedoch noch weit mehr Probleme mit sich. Das Unternehmen ist innerhalb eineskomplexen Marketingumfelds tätig, das sich aus unzähligen nicht beeinflussbarenKräften zusammensetzt. Daraus ergeben sich sowohl Chancen als auch Gefahren. Jegenauer das Unternehmen sein Umfeld analysiert, desto besser sind die Aussichten,den Gefahren zu entgehen und die Chancen wahrnehmen zu können.

Das Marketingumfeld eines Unternehmens besteht aus dem internen Umfeld mitden Abteilungen, die zur Leistungserstellung beitragen, und den externen Partnerun-ternehmen in den Vertriebskanälen sowie Lieferanten, Konkurrenten und der Öffent-lichkeit im weitesten Sinne. In einem erweiterten Verständnis gehören auch diedemografische, die wirtschaftliche und politische Entwicklung zum Marketingum-feld, ebenso wie Technologie, Ökologie, Kultur und Gesellschaft. Alle diese Größenmüssen bei der Entwicklung und Positionierung des eigenen Angebots im Zielmarkteinbezogen werden.

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3 Strategisches Marketing

Exkurs Das Marketing-Audit als Situationsanalyse des Marketing-umfelds

I. Das Makro-Umfeld des Marketing

1. Demografie: Welche Trends schaffen Geschäftschancen, welche stellen einRisiko dar?

2. Wirtschaft und Wirtschaftspolitik: Welche Entwicklungen im Bereich der Ein-kommen und Einkommensverteilung, der Preise, Sparquoten und im Bereichvon Krediten und Zinsen beeinflussen die Tätigkeit des Unternehmens?

3. Natur und Umwelt: Sind natürliche Ressourcen und Energie verfügbar? Wiewerden sich deren Kosten entwickeln? Betreibt das Unternehmen eine verant-wortliche Umweltpolitik?

4. Technologie: Welche entscheidenden Technologieveränderungen sind zu er-warten? Stehen dem Unternehmen alle derzeit und in Zukunft benötigtenTechnologien zur Verfügung?

5. Politik und Gesellschaft: Welche aktuellen und zu erwartenden politischenVeränderungen betreffen die Strategie des Unternehmens?

6. Kultur und öffentliche Meinung: Wie ist die öffentliche Meinung gegenüberWirtschaftsunternehmen allgemein und gegenüber dem eigenen Unternehmenund seinen Produkten? Welche Veränderungen im Lebensstil sind zu erwartenund welche haben Einfluss auf die Tätigkeit oder den Absatz des Unterneh-mens?

II. Das Aufgabenumfeld des Marketing

1. Märkte: Wie werden sich Marktgröße, Marktwachstum, die regionale Ver-teilung innerhalb der Märkte und die Gewinnaussichten verhalten? Welchegroßen und wichtigen Marktsegmente sind zu erkennen?

2. Konsumenten: Wie wird das Unternehmen von den Konsumenten in Bezugauf Produktivität, Kundendienst und Preis beurteilt? Wie laufen ihre Kaufent-scheidungsprozesse ab?

3. Konkurrenz: Wer sind die Hauptkonkurrenten? Welche Strategien verfolgensie? Welche Marktanteile haben sie? Was sind ihre Stärken und Schwächen?

4. Vertriebswege: Welche Vertriebswege nutzt das Unternehmen, um die Produktean den Käufer zu bringen? Funktionieren diese Vertriebswege optimal?

5. Lieferanten: Welchen Einflüssen unterliegen die Zulieferer des Unternehmens?Können alle benötigten Produktionsressourcenuneingeschränktbeschafft wer-den?

6. Öffentliche Meinung: Welche Schlüsselgruppen der Öffentlichkeit stellen einProblem oder eine Geschäftschance dar? Wie sollte das Unternehmen mitihnen umgehen?

III. Marketingstrategie-Audit

1. Mission: Gibt es eine klare und in der Definition auf den Markt ausgerichteteMission?

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

2. Ziele: Hat das Unternehmen klare Ziele gesetzt, um daraus den Marketingplanabzuleiten? Entsprechen diese Ziele den Stärken und Chancen des Unterneh-mens?

3. Strategie: Hat das Unternehmen eine klar umrissene Strategie, um die vorgege-benen Ziele zu erreichen?

4. Budget: Hat das Unternehmen genügend Ressourcen für die Segmente, Pro-dukte, Regionen und Elemente des Marketing-Mix bereitgestellt?

IV. Marketingorganisations-Audit

1. Formale Struktur: Hat der oberste Marketingverantwortliche im Unterneh-men ausreichend Vollmacht, um alle Aktivitäten zu steuern, die die Kun-denzufriedenheit beeinflussen? Ist die organisatorische Struktur in Bezug aufFunktions-, Produkt-, Markt- und Gebietsabgrenzungen optimal?

2. Effizienz der Funktionsbereiche: Findet ausreichender und effizienter Aus-tausch zwischen dem Marketing, dem Außendienst und den übrigen Abtei-lungen des Unternehmens statt? Sind die Mitarbeiter gut ausgebildet, motiviertund werden sie gut geführt und beurteilt?

3. Effizienz der Funktionsschnittstellen: Funktioniert die Zusammenarbeit zwi-schen Marketing, Fertigung, Entwicklung, Einkauf, Personalabteilung als echteKooperation für die gemeinsamen Aufgaben?

V. Marketingsystem-Audit

1. Marketing-Informationssystem: Liefert das Marketing-Informationssystem ge-naue und zeitgerechte Informationen über aktuelle Entwicklungen? Benutzendie Entscheidungsträger vorhandene Ergebnisse der Marktforschung?

2. Planungssystem: Erarbeitet das Unternehmen jährliche, langfristige und stra-tegische Planungsunterlagen? Werden sie benutzt?

3. Marketing-Kontrollsystem: Werden die Zielvorgaben des Jahresplans in derRegel erreicht? Überprüft die Geschäftsleitung regelmäßig den Umsatz und denGewinnbeitrag der einzelnen Produkte, Märkte, Regionen und Vertriebswege?

4. Entwicklung neuer Produkte: Hat das Unternehmen eine Organisationsstruk-tur, die geeignet ist, neue Produktideen zu sammeln, zu entwickeln und vorMarkteinführung zu testen? Werden Produkt- und Markttests durchgeführt?Hat das Unternehmen Erfolge bei der Einführung neuer Produkte vorzuweisen?

VI. Produktivitäts-Audit

1. Wirtschaftlichkeitsanalyse: Wie hoch sind die Gewinne bei den unterschiedli-chen Produktlinien, Märkten, Regionen und Vertriebswegen, die das Unter-nehmen bedient? Ergibt sich daraus, dass das Unternehmen in bestimmtenGeschäftsfeldern tätig werden, dort expandieren oder sich aus bestimmtenGeschäftsfeldern zurückziehen sollte? Welche Konsequenzen hätte diese Vor-gehensweise?

2. Kosteneffizienzanalyse: Haben bestimmte Geschäftsfelder unbegründet extremhohe Kostenanteile? Wie können die Kosten reduziert werden?

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3 Strategisches Marketing

VII. Marketingfunktions-Audit

1. Produkte: Hat das Unternehmen präzise und umfassende Zielvorstellungenfür die einzelnen Produktlinien entwickelt? Sollten bestimmte Produkte ein-gestellt oder neue Produkte aufgenommen werden? Würden einige Produktevon Veränderungen in der Qualität, im Design oder in ihren sonstigen Eigen-schaften profitieren?

2. Preis: Was sind die unternehmensinternen Zielvorstellungen, Strategien undAbläufe zur Preisfindung? Stimmen die Preisvorgaben des Unternehmens mitdem empfundenen Produktnutzen und den Wertvorstellungen der Konsu-menten überein? Werden Sonderpreisaktionen in geeignetem Umfang einge-setzt?

3. Vertriebswege: Welche Zielvorstellungen und Strategien hat das Unternehmenin Bezug auf die Vertriebswege? Ist die Abdeckung durch den eigenen Vertrieboder Vertriebspartner und durch den Kundendienst angemessen? Müssen neueVertriebswege aufgebaut oder bestehende modernisiert und intensiviert wer-den?

4. Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit: Wie sind die Zielvor-stellungen für die Werbemaßnahmen des Unternehmens festgelegt? Wie hochist das Werbebudget? Sind die veranschlagten Mittel ausreichend? Wurden dieWerbebotschaften und die eingesetzten Medien sorgfältig ausgewählt und wieist der Erfolg? Hat das Unternehmen ausgearbeitete Programme für die Ver-kaufsförderung und die Öffentlichkeitsarbeit?

5. Außendienst: Was sind die Aufgaben und Ziele des Außendienstes? Ist derAußendienst groß genug? Ist er zweckmäßig organisiert? Ist er gut ausgebildetund motiviert? Wie werden die Außendienstmitarbeiter im Vergleich zu denender Konkurrenz beurteilt?

3.5.3 Marketingstrategie

In diesem Teil des Marketingplans geht es um die Beschreibung der Strategie, also desWeges oder „Spielplans“, mit dem die zuvor definierten Ziele erreicht und der zurEtablierung von Kundenbeziehungen notwendige Kundennutzen geschaffen werdensollen. Den Unternehmen ist bewusst, dass sie nicht alle Kunden auf einem gegebenenMarkt zufriedenstellen können, zumindest nicht auf die gleiche Weise. Es gibt einfachzu viele unterschiedliche Käufertypen mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürf-nissen. Zudem fällt es einigen Unternehmen leichter, bestimmte Kundengruppen zubedienen, als anderen.

Wie in Kapitel 1 bereits aufgezeigt, stellt Kundenorientierung eine wesentlicheVoraussetzung dar, um erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen. Unternehmen sinddarauf angewiesen, Kunden von Konkurrenten abzuwerben, diese zu halten und aus-zubauen, indem sie ihnen einen größerenNutzen stiften. Aber bevor ein UnternehmenKunden befriedigen kann, muss es zunächst deren Wünsche und Bedürfnisse kennen.Daher erfordert seriöses Marketing eine sorgfältige Kundenanalyse.

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

Jedes Unternehmen muss entscheiden, welche Kunden bedient werden sollen(Segmentierung und Auswahl von Zielgruppen) und auf welche Weise (Positionie-rung). Es unterteilt den Gesamtmarkt in kleinere Segmente, sucht sich die vielverspre-chendsten aus und konzentriert sich darauf, die Kunden in diesen Marktsegmentengewinnbringend zu bedienen und zufriedenzustellen.

3.5.3.1 Marktsegmentierung

Unter Marktsegmentierung versteht man die Aufteilung eines Marktes in Käufergrup-pen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Eigenschaften und Verhaltensweisen, diemöglicherweise verschiedene Produkte oder ein spezielles Marketing-Mix erfordern.Innerhalb eines Marktsegments sollte sich dementsprechend eine Gruppe von Kon-sumenten befinden, die ähnliche Bedürfnisse haben und in ähnlicher Weise auf eineReihe von Marketingstimuli reagieren.

Es stehen viele Möglichkeiten bereit, einen Markt in Segmente aufzuteilen. EineSegmentierung kann z. B. anhand einfacher Kriterien wie geografisch-regionalen,demografischen, psychografischenoder Verhaltensmerkmalen vorgenommen werden.

geografisch-regionaleMerkmale

Staaten undGroßregionen

Regionen, Länder,Kantone

Großstadt,Kleinstadt,Land

unterschiedlicheStadtteile

demografischeMerkmale

Geschlecht undAlter

Einkommen Bildung Inländer/Ausländer

psychografischeMerkmale

soziale Klassen-zugehörigkeit

Status Lebensstil,Religion usw.

ethnische Gruppe

Verhaltens-merkmale

Nutzenerwartung Nutzungshäufigkeit Kaufanlass Wiederkaufverhalten

Tabelle 3.2: Merkmale der Marktsegmentierung

Jeder Markt weist Marktsegmente auf, aber nicht immer ist eine Segmentierung sinn-voll. Wer Werbung für Orangensaft macht, muss nicht in Männer und Frauen, Studen-ten und Angestellte usw. segmentieren, solange diese Gruppen nicht unterschiedlichauf die Anreize des Marketing reagieren. Auf dem Markt für Automobile hingegenwürden beispielsweise alle Personen, die das größte und bequemste Fahrzeug aus-wählen, egal wie hoch der Preis wäre, ein Marktsegment bilden. Ein anderes wärendiejenigen Kaufinteressenten, für die ein niedriger Anschaffungspreis und niedrigeBetriebskosten im Vordergrund der Entscheidungsfindung stehen.

Solch einfache Kriterien geben allerdings nur bedingt Aufschluss für das Marke-ting, da z. B. selbst unter Jungen im Teenager-Alter, die der Mittelklasse angehören,eine große Bandbreite verschiedener Interessen existiert: Fußball, Videospiele, Punk-Musik etc. Dagegen können Segmentierungsansätze, die mehrere Kriterien gleichzei-tig berücksichtigen, Gruppen wie die sogenannten GUPPIEs (gay urban professionals)aufspüren, die eine hohe Kaufkraft aufweisen und viele neue Trends in der Musik,der Mode und der Unterhaltung begründen.

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3 Strategisches Marketing

Auswahl von Marktsegmenten als Kundenzielgruppe

Nachdem ein Unternehmen die Einteilung in Marktsegmente vorgenommen hat, kannes in einem oder mehreren dieser Segmente den Markteintritt anstreben. Deren Aus-wahl als Zielmarkt geht eine Beurteilung in Bezug auf ihre Attraktivität und derzugrunde liegenden Marktchancen voraus. Hierbei werden die Stärken des Unterneh-mens in Relation zur Konkurrenz berücksichtigt und geprüft, welches der Segmentedie besten Aussichten bietet, die Zielvorgaben des Unternehmens zu erreichen. EinUnternehmen sollte diejenigen Segmente auswählen, in denen es einen Wettbewerbs-vorteil erarbeiten und dauerhaft halten und wo es auf lange Sicht die Käufer optimalbedienen kann.

Verfügt ein Anbieter über begrenzte Ressourcen, so sollte er nur ein oder sehrwenige Segmente bedienen. Diese Strategie mag den Gesamtabsatz einschränken,kann sich aber als sehr gewinnbringend erweisen. Diese Unternehmen konzentrie-ren sich auf Kundensegmente, welche die Konkurrenz noch nicht entdeckt hat odernicht zu bedienen beabsichtigt.

Ein Beispiel hierfür ist der Automobilhersteller Ferrari, welcher pro Jahr 3.500 sei-ner leistungsstärksten Automobile zu sehr hohen Preisen verkauft. Für den FerrariFXX beispielsweise, der nur auf Rennstrecken gefahren werden kann, verlangt Fer-rari über 1,5 Mio. Euro. Ein weiteres Beispiel ist die Lebensmittelmarke Benecol, dieeine Nische im Margarinemarkt abdeckt. Benecol ist positioniert als die Margarine-marke für alle, die ihren Cholesterinspiegel senken möchten. Mittlerweile wurde dasAngebot auf Yoghurt und Käseaufstrich ausgeweitet.

Andererseits kann man durchaus mehrere verbundene Segmente bedienen. Dasgeht am besten, wenn es zum Beispiel unterschiedliche Käufergruppen gibt, dieaber alle ähnliche Grundbedürfnisse haben. Hierbei handelt es sich oftmals um Seg-mente mit verschiedenen Kundentypen, jedoch mit demselben Ausgangsprodukt. EinBespiel hierfür ist das Unternehmen „Lego“, welches für kleine Kinder unter fünf Jah-ren das Produkt „Duplo“ anbietet, während sich „Lego Factory“ mit kleineren Bau-steinen an Kinder ab acht Jahren richtet. Viele kleinere Anbieter betreten einen neuenMarkt zunächst nur in einem Segment. Sind sie erfolgreich, dehnen sie ihre Tätigkeitauf weitere Segmente aus.

Große Unternehmen hingegen streben häufig die Abdeckung des gesamten Mark-tes mit ihren Produkten an. Sie wollen, ähnlich wie General Motors in den USA, derMarktführer ihrer Branche sein, ganz nach dem Motto von General Motors „ein Pro-dukt für jede Person, jeden Geldbeutel und jeden Charakter“. Jedoch musste auch GMschon feststellen, dass es schwierig ist, es jedem recht zu machen. General Motors ver-lor durch diese Strategie Marktanteile und wurde im Jahr 2007 von Toyota überholt,die weltweit mehr Automobile verkauften mit einer Strategie, die auf weit wenigerModellen, Marken und Produktionsstandorten basierte.

Positionierung

Wenn die Entscheidung gefallen ist, welche Segmente bedient werden sollen, mussman überlegen, welche Position man mit seinen Produkten im jeweiligen Segmentbesetzen will. Die Positionierung im Markt räumt dem Produkt eine klare, wünschens-werte und trennscharfe Position in der Vorstellung der Zielkunden und im Vergleichzu Konkurrenzprodukten ein. Die Position des Produkts ist die Art und Weise, wie

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

ein Produkt von den Konsumenten im Hinblick auf wichtige Eigenschaften gesehenwird. Dadurch erhält es eine eindeutige Position in der Vorstellung der Käufer. Wennes eine solche Positionierung nicht gäbe, also alle Produkte von den Kaufinteressen-ten als gleich empfunden würden, gäbe es keinen Grund, ein Produkt einem anderenvorzuziehen.

Die Aufgabe der Marketingfachleute ist es, eine Position zu definieren und zu beset-zen, die das Produkt gegenüber den Konkurrenzprodukten hervorhebt und ihm dengrößtmöglichen strategischen Vorteil auf seinen Zielmärkten verschafft. Zur Positio-nierung eines Produkts identifiziert das Unternehmen zunächst eigene Stärken, aufwelche die Position gestützt werden kann. Um daraus einen Vorsprung zu realisieren,muss man den gewählten Marktsegmenten einen höheren Nutzen bieten, sei es durchniedrigere Preise oder durch zusätzliche Eigenschaften, die einen gleichen oder höhe-ren Preis rechtfertigen. Eine wirkungsvolle Positionierung differenziert das Angeboteines Unternehmens so, dass der Kunde mehr Wert erhält als durch jenes der Wettbe-werber.

Marke Slogan zur Positionierung

Seat Auto Emocion (Hinweis auf Emotionalität)

VW Golf Wertigkeit neu erleben (Hinweis auf Qualität)

BMW Freude am Fahren (Hinweis auf Fahrspaß)

Toyota Prius Die Zukunft atmet auf. (Hinweis auf Ökologie)

Audi Vorsprung durch Technik (Hinweis auf technische Überlegenheit)

Citroen Nichts bewegt Sie wie ein Citroen. (Hinweis auf Komfort)

Tabelle 3.3: Positionierung einiger bekannter Automobilmarken

Die Positionierung am Markt kann der Schlüssel zum Erfolg sein. Ein Spielwarenge-schäft vermarktete sich z. B. als „Center für spielerisches Lernen“. Ein solches Ange-bot muss natürlich mehr sein als nur ein Name. Um Eltern und ihre Kinder anzuspre-chen, konzentrierte sich das Geschäft auf Spielzeuge und Bücher, die einen pädago-gischen Nutzen aufweisen und vermied Massenware (Barbie- und Disney-Produkte)und elektronische Spielsachen.

Die Positionierung kann auf einem oder auf mehreren wichtigen Faktoren auf-bauen. Wenn jedoch zu viele Faktoren herangezogen werden, endet das nicht sel-ten mit Verwirrung oder mangelnder Glaubwürdigkeit bei den Kaufinteressenten. Hatsich ein Unternehmen für eine bestimmte Positionierung entschieden, müssen wei-tere Schritte unternommen werden, um diese Position an die potenziellen Kaufinter-essenten zu übermitteln. Im Idealfall unterstützt das gesamte Marketingprogramm desUnternehmens die gewählte Positionierungsstrategie.

3.5.4 Die Entwicklung des Marketing-Mix

Sobald eine Entscheidung bezüglich der Marketingstrategie getroffen wurde, kannmit der Detailplanung für den Marketing-Mix begonnen werden. Wir definieren denMarketing-Mix als eine Gesamtheit steuerbarer taktischer Werkzeuge, die ein Unter-nehmen kombiniert und einsetzt, um auf dem Zielmarkt bestimmte erwünschte Reak-

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3 Strategisches Marketing

tionen hervorzurufen. Zum Marketing-Mix gehört alles, was man tun kann, um dieNachfrage nach seinem Produkt zu beeinflussen. Die vielen Möglichkeiten lassen sichin vier Gruppen von Maßnahmen aufteilen, die als die „vier Ps“ bekannt sind: Pro-dukt, Preis, Platzierung und Promotion. Häufig wird Platzierung auch als Distributionund Promotion als Kommunikation bezeichnet. Abbildung 3.8 zeigt ausgewählte Mar-ketinginstrumente und ihre Zuordnung zu diesen vier Gruppen.

Der Marketing-Mix

Promotion

WerbungSonderaktionenAußendienstBekanntheit

Der Zielmarkt

Preis

ListenpreiseRabatteNachlässeZahlungszielKundenkredit

Platzierung

VertriebskanäleMarktabdeckungSortimentAngebotsorteLagerhaltungTransport

Produkt

VariantenQualitätDesignAusstattungMarkennameVerpackungKundendienstGarantie

Abbildung 3.8: Die „vier Ps“ als Instrumente des Marketing-Mix

Das Produkt

Das Produkt beinhaltet die Gesamtheit aus Gütern und Dienstleistungen, die einUnternehmen auf dem Zielmarkt anbietet. Ein Automobil zum Beispiel besteht ausSchrauben, Muttern, Zündkerzen, Kolben, Scheinwerfern, Scheiben und vielen ande-ren Teilen. Daraus bauen die Automobilhersteller Fahrzeuge in unterschiedlichenKarosserie- und Ausstattungsvarianten und mit vielen zusätzlichen Ausstattungsde-tails. Das Auto wird fahrbereit geliefert, eine umfassende Garantie gehört dazu und,wenn der Käufer es wünscht, auch ein Finanzierungspaket,das ebenso selbstverständ-lich Bestandteil des „Produkts Automobil“ zu sein hat wie zum Beispiel der Auspuffoder der Rückspiegel.

Der Preis

Der Preis ist das, was die Kunden für das Produkt bezahlen. Die Hersteller empfeh-len Verkaufspreise, aber selten kann ein Händler den vollen Preis durchsetzen. Inder Regel wird der Preis mit dem Kunden ausgehandelt. Dabei werden Rabatte ein-geräumt, Gebrauchtfahrzeuge in Zahlung genommen und günstige Zahlungsbedin-gungen gewährt, um der herrschenden Konkurrenzsituation zu entsprechen und denPreis in Einklang mit dem Wertempfinden des Käufers zu bringen.

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

Die Platzierung

Die Platzierung beinhaltet Aktivitäten des Unternehmens, die das Produkt dem Kauf-interessenten zugängig und verfügbar machen. Die meisten Automobilmarken habeneine größere Anzahl unabhängiger Händlerbetriebe, die ihre Automobile vertreiben.Die Hersteller wählen die Händlerbetriebe sorgfältig aus und unterstützen sie dannintensiv. Die wichtigsten Händler unterhalten ein größeres Lager an verkaufsfertigenFahrzeugen, sind jederzeit bereit, sie den Kaufinteressenten vorzuführen, handelnPreise aus, nehmen Bestellungen an, arrangieren die Finanzierung für die Kundenund warten und pflegen das Auto auch noch viele Jahre nach dem Verkauf.

Die Promotion

Unter Promotion versteht man diejenigen Aktivitäten, mit denen die Vorzüge des Pro-dukts an die Kaufinteressenten kommuniziert werden und mit denen man diese alsKunden gewinnen will. Automobilhersteller geben jährlich Millionen von Euro fürWerbung aus, um den Kaufinteressenten auf das Unternehmen und seine Produkteaufmerksam zu machen. Die Verkäufer der Händlerbetriebe informieren möglicheKäufer im Sinne des Herstellers und versuchen, diese zu überzeugen, dass zum Bei-spiel ein BMW das für sie am besten geeignete Auto ist. BMW als Hersteller und diejeweiligen Händler führen spezielle Sonderaktionen durch – Sonderverkäufe,Rabatte,besonders niedrige Zinsen usw. – um weitere Kaufanreize zu schaffen.

Ein wirkungsvolles Marketingprogramm stellt die Elemente des Marketing-Mixzu einem koordinierten Gesamtprogramm derart zusammen, dass die Marketingzieledes Unternehmens erreicht werden können. Der Marketing-Mix ist wie ein takti-scher Werkzeugkasten anzusehen, mit dem eine starke Position auf den Zielmärk-ten erreicht werden kann. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die vier Psdes Marketing-Mix Instrumente aus der Sicht des Anbieters sind, mit denen derpotenzielle Käufer beeinflusst werden kann. Aus der Perspektive des Kaufinteres-senten müssen diese Instrumente Wünsche und Bedürfnisse erfüllen und einen Nut-zen schaffen. Den „vier Ps“ sollte auf Seiten des Konsumenten etwas gegenüberste-hen, das sie anspricht. Der Marketingexperte Lauterborn schlug folgende Einteilungvor:

beim Anbieter: „vier Ps“ beim Kaufinteressenten: „vier Ks“

Produkt Käuferbedürfnisse und -wünsche

Preis Kosten für den Käufer – Anschaffungs- und Folgekosten

Platzierung (Distribution) Komfort: Wie leicht kann ich das Produkt erwerben?

Promotion (Kommunikation) Kommunikationsbedarf über das Produkt

Tabelle 3.4: „Vier Ps“ beim Anbieter, „vier Ks“ beim Käufer

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3 Strategisches Marketing

Exkurs Erfolgsfaktoren der Marketingimplementierung

Die Implementierung von Maßnahmen stellt eine schwierigere Aufgabe dar alsderen Konzeption. Viele Manager stehen auf dem Standpunkt, dass es genausowichtig oder sogar noch wichtiger ist, „die Dinge richtig zu tun“ (Implementie-rung), als „die richtigen Dinge zu tun“ (Strategie). In der Regel kann man wohldavon ausgehen, dass beides erfolgskritisch ist. Allerdings lässt sich durch eineeffektive Implementierung unter Umständen auch ein Wettbewerbsvorteil erzie-len. Eine Firma kann beispielsweise prinzipiell die gleiche Strategie wie eineandere haben und dennoch durch eine schnellere und bessere Umsetzung dieserStrategie im Markt erfolgreicher sein.

In einer zunehmend vernetzten Welt müssen Mitarbeiter auf allen Hierarchie-Ebenen des Unternehmens daran beteiligt sein, wenn ein neuer Marketingplanumgesetzt werden soll. Die Implementierung erfordert von Tag zu Tag Ent-scheidungen und Maßnahmen aller Beteiligten innerhalb und außerhalb desUnternehmens. Entscheidungen über Zielsegmente, Markennamen, Verpackun-gen, Preise, Werbung und Vertriebswege müssen getroffen werden. Schon wäh-rend des teilweise Jahre dauernden Vorlaufs sollte das Marketing das Gesprächmit der Produktentwicklung, der Produktion und der Finanzabteilung suchen.Auch außerhalb des eigenen Unternehmens werden Beiträge für das Gelingeneiner Markteinführung gesucht: Häufig werden Aufträge an Werbeagenturen ver-geben und manchmal sind die Medien zur Berichterstattung bereit, insbesonderedann, wenn ein neues Produkt neue Technologien oder einen neuartigen Nutzenbeinhaltet. Darüber hinaus wird der Außendienst mit dem Handel über den Platzin den Regalen (bei Produkteinführungenz. B. im Lebensmittelbereich) oder Platzim Ausstellungsraum (z. B. Vorstellung eines neuen PKWs) verhandeln.

Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marketingimplementierung werdendurch die Integration von fünf Schlüsselelementen geschaffen:

� Aktionsprogramm Ein Aktionsprogramm, das alle Beteiligten und alle Akti-vitäten benennt.

� Organisationsstruktur Die bestehende Organisationsstruktur des Unterneh-mens muss für die geplanten Maßnahmen geeignet sein.

� Anreizsystem Verfahren der Planung, der Budgetierung und der Entlohnungbeeinflussen den Erfolg der Implementierung. Zum Beispiel haben Mitarbeiterwenig Anreiz, sich für langfristige Ziele einzusetzen, wenn das Unternehmenkurzfristige Erfolge belohnt. Anreizsysteme sollten daher erweitert werden undmehr als nur Umsatzzahlen enthalten. Das Entlohnungssystem bei Xerox bein-haltet zum Beispiel die Kundenzufriedenheit, bei Ferrero wird die Frische derProdukte in den Regalen honoriert.

� Mitarbeiter Das Unternehmen benötigt auf allen Ebenen Mitarbeiter, die dieerforderlichen Kenntnisse, die Motivation und die persönlichen Eigenschaftenmitbringen, um die Strategie umzusetzen. Hierzu bedarf es der systematischenPersonalbeschaffung und -entwicklung.

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3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans

� Unternehmenskultur Für eine erfolgreiche Implementierung muss die Mar-ketingstrategie zur Kultur des Unternehmens passen. Die Unternehmenskulturist ein System von Überzeugungen und Werten, die die Menschen in einemUnternehmen teilen. Sie ist die Identität und der Charakter des Unternehmensund leitet das Verhalten der Mitarbeiter auf allen Ebenen. Marketingstrategien,die sich nicht in diese Kultur einfügen, können nur schwer umgesetzt werden.Unternehmen gestalten ihre Strategien gewöhnlich so, dass sie zu ihrer gegen-wärtigen Kultur passen, anstatt zu versuchen, ihre Kultur zu ändern. Letzteresstellt ein äußerst schwieriges Unterfangen dar.

3.5.5 Das Marketingbudget

Während noch vor einigen Jahren viele Marketingleiter ihr Budget ohne große Über-legungen zur Rentabilität der ergriffenen Maßnahmen ausgeben konnten, fragt manheute immer häufiger nach der Rendite von Marketinginvestitionen. Es wird somitwichtiger, die Wirkung von Marketingmaßnahmen messen zu können und Verant-wortung für das zur Verfügung stehende Budget zu übernehmen.

Deshalb entwickeln immer mehr Unternehmen Messverfahren, um die Kapi-talrendite von Marketingmaßnahmen (return on marketing investment oder auchMarketing-ROI) bestimmen zu können. Der Marketing-ROI ergibt sich aus demGewinn, der aus einer Marketinginvestition resultiert, dividiert durch die Kosten fürdie entsprechende Maßnahme. Insbesondere die Messung des Ertrages von Marketing-maßnahmen birgt jedoch einige Schwierigkeiten. Im Gegensatz zur Bestimmung derKapitalrendite eines Unternehmens (ROI), bei der sich sowohl das eingesetzte Kapi-tal als auch der Gewinn klar in Zahlen messen und ausdrücken lassen, kann mandie Erträge aus Marketingmaßnahmen oftmals nur schwer quantifizieren. So bereitetes beispielsweise große Schwierigkeiten, die Wirkung von Werbemaßnahmen odervon Aktivitäten im Bereich Public Relations zu messen. Es gibt deshalb derzeit nochkeine einheitliche Definition für den Marketing-ROI und kein allgemein akzeptiertesVerfahren für seine Messung.

Die meisten Unternehmen entwickeln jedoch für die Messung der Wirkung ihrerMarketingmaßnahmen Kennzahlensysteme, die sowohl eher qualitative (Image, Mar-kenbekanntheit, Kundenzufriedenheit) als auch quantitative (Absatz, Umsatz, Markt-anteil) Kriterien enthalten. Einige Unternehmen bilden solche Marketingkennzah-len auch grafisch in „marketing dashboards“ ab. Diese Darstellungen sollen demMarketing-Manager auf einen Blick die nötigen Informationen zur Bewertung undAnpassung von Strategien und Maßnahmen liefern.

Neben den klassischen Messgrößen nutzt man immer häufiger kundenorientierteKennzahlen zur Bewertung von Marketinginvestitionen. Abbildung 3.9 zeigt einModell, in dem beispielsweise Größen wie Kundennutzen, -zufriedenheit und -bin-dung sowie der Kundenwert zur Bestimmung des Marketingertrages herangezogenwerden.

Auch wenn das Konzept des Marketing-ROI derzeit noch nicht klar definiert undoperationalisiert ist, so wird seine Bedeutung in Zukunft steigen. Das Marketing sieht

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3 Strategisches Marketing

Marketinginvestitionen

Marketingertrag

Steigerung von Kundennutzen undKundenzufriedenheit

Steigerung von customer lifetime value undKundenwert (customer equity)

Erhöhte Attraktivitätfür Neukunden

ErhöhteKundenbindung

Kosten der Marketing-investition

Kapitalrendite der Marketinginvestition

Abbildung 3.9: Die Marketingrendite

sich immer stärker der Forderung ausgesetzt, die Effizienz seiner Maßnahmen zu bele-gen.

3.5.6 Marketingkontrolle

Da auf dem Wege zur erfolgreichen Implementierung eines Marketingplans vieleAbweichungen und Überraschungen auftreten können, ist es notwendig, den Ablaufkonstant zu überwachen. Marketingkontrolle ist der Prozess der Messung und Bewer-tung der Ergebnisse eingesetzter Marketingstrategien und die Ergreifung von Korrek-turmaßnahmen, um die Erreichung der Marketingziele sicherzustellen.

Zweckmäßigerweise erfolgt die Marketingkontrolle in vier Schritten (Abbil-dung 3.10). Die Unternehmensleitung hat spezifische Marketingziele vorgegeben.Darauf basierend werden die tatsächlichen Leistungen im Markt gemessen und dieUrsachen eventueller Abweichungen zwischen erwarteten und tatsächlichen Ergeb-nissen untersucht. Schließlich wird die Unternehmensleitung Korrekturmaßnahmenvornehmen, um die Lücke zwischen Ziel und Zielerreichung zu schließen. Dasmag im Einzelfall erfordern, die Aktionsprogramme oder sogar die Ziele zu verän-dern.

Die operative Kontrolle befasst sich damit, die Leistung zu überprüfen, die dasUnternehmen im Laufe eines Geschäftsjahres erbringt. Diese Leistung wird mit denPlanvorgaben des Jahresplans verglichen. Soweit möglich und nötig, werden dannKorrekturen vorgenommen. Der Zweck der operativen Kontrolle ist die Sicherstellung

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3.6 Marketingorganisation

Was wollen wirerreichen?

Wasgeschieht?

Abweichungengegenüber Plan –warum?

Was sollenwir unternehmen?

Zielevorgeben

Leistungmessen

Leistungbeurteilen

Korrekturenvornehmen

Abbildung 3.10: Der Kontrollprozess

der Erreichung der im Jahresplan gesetzten Ziele. Sie umfasst auch die Ermittlung derRentabilität verschiedener Produkte, Gebiete, Märkte und Distributionskanäle.

Die strategische Kontrolle überprüft, ob die grundlegenden Strategien des Unter-nehmens mit den Geschäftschancen und den Stärken übereinstimmen. Marketingstra-tegien und -programme können sehr schnell veralten und den Erfordernissender aktu-ellen Situation nicht mehr genügen. Aus diesem Grunde sollte jedes Unternehmenseine Marketingstrategien in regelmäßigen Abständen einer Prüfung unterziehen. Dasin diesem Kapitel vorgestellte Marketing-Audit eignet sich nicht nur als Instrumentzur Marketingplanung, sondern auch als solches für die Marketingkontrolle.

3.6 Marketingorganisation

Jede Organisation benötigt Mitarbeiter, die die Marketinganalyse, die Marketingpla-nung, ihre Durchsetzung und Kontrolle ausführen können. In sehr kleinen Unterneh-men kann vielleicht eine Person alle Marketingaktivitäten durchführen, in großenwerden sich mehrere Personen mit den Marketingaktivitäten beschäftigen müssen.Dort gibt es zahlreiche Spezialisten: Verantwortliche für die einzelnen Marken undProdukte, Außendienstmitarbeiter, Verkaufsleiter, Marktforscher, Werbeleiter undandere Fachleute. Um große Marketingabteilungen besser führen zu können, habenin den letzten Jahren einige Unternehmen die Position des Chief Marketing Officers(CMO) geschaffen. Moderne Marketingorganisationen lassen sich anhand verschiede-ner Kriterien gliedern:

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3 Strategisches Marketing

Funktionale Marketingorganisation

Die am häufigsten anzutreffende Form ist die funktionale Organisation des Marke-ting. Hier stehen Spezialisten jeweils einem Teilbereich vor: ein Verkaufsleiter, einWerbeleiter, ein Marktforschungsleiter, ein Kundendienstleiter, ein Leiter Produkt-entwicklung.

Geografische Marketingorganisation

Ein Unternehmen, das auf einem größeren Staatsgebiet oder international tätig ist,nimmt häufig eine regionale Gliederung des Marketing vor. Länder, Regionen oderVerwaltungsbereiche werden spezifisch betreut. Eine regionale Gliederung des Ver-triebs ist oftmals sinnvoll, da die Außendienstmitarbeiter vor Ort leben, ihre Kundengut kennen und Reisezeit und Reisekosten minimieren können.

Produkt- oder markenorientierte Marketingorganisation

Unternehmen mit vielen sehr unterschiedlichen Produkten oder Marken führen häu-fig eine produkt- oder markenorientierte Organisation ein. Bei dieser Organisations-form ist jeweils ein leitender Mitarbeiter für die Strategie und das komplette Mar-ketingprogramm einer Marke oder eines Produkts zuständig. Produktmanagement indieser Form gab es zum ersten Mal bei Procter & Gamble in den USA im Jahre 1929.Eine Neueinführung auf dem Seifenmarkt, die Seife „Camay“, drohte ein Misserfolgzu werden. Daraufhin erhielt ein junger Mitarbeiter den Auftrag, sich ausschließlichum dieses neue Produkt zu kümmern. Seine Arbeit wurde ein großer Erfolg und dasUnternehmen übernahm das Konzept des Produktmanagers in vielen weiteren Berei-chen. Von da ab führten zahlreiche Unternehmen, besonders in Branchen wie Lebens-mittel, Kosmetik oder chemische Industrie, das System der Produkt- oder Markenver-antwortlichen (product manager, brand manager) ein.

Markt- oder kundenorientierte Marketingorganisation

Für Unternehmen, die eine Produktlinie auf verschiedenen Märkten und an Kundenverkaufen, die unterschiedliche Bedürfnisse und Präferenzen haben, bietet sich diemarkt- oder kundenorientierte Organisation des Marketing an. Die marktorientierteOrganisation ähnelt der Produktorganisation. Ein Marktverantwortlicher verantwor-tet die Entwicklung von Marketingstrategien und -plänen für seinen Markt oder seineKunden. Der Hauptvorteil dieser Organisationsform ist, dass das Unternehmen ent-sprechend den Bedürfnissen spezifischer Kundensegmente organisiert ist.

Große Unternehmen, die eine Vielzahl von Produkten für unterschiedliche geogra-fische Märkte und Kundengruppen herstellen, verwenden häufig eine Kombinationder funktionalen, geografischen, produktorientierten und marktorientierten Organisa-tionsformen. Damit wird sichergestellt, dass jede Funktion, jedes Produkt und jederMarkt genügend Aufmerksamkeit erhält. Andererseits kann dies zu erhöhten Mana-gementkosten führen und die Flexibilität des Unternehmens einschränken. Dennochüberwiegen die Vorteile einer Spezialisierung der Organisation.

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Zusammenfassung

Z U S A M M E N F A S S U N G

Die strategische Planung befasst sich damit, eine Strategie für das langfristigeÜberleben und Wachstum eines Unternehmens zu entwickeln. Das Marketingträgt seinen Teil zur strategischen Planung bei und die strategische Planung weistdem Marketing seine Rolle zu. Planungsaktivitäten lassen sich in drei große Grup-pen einteilen:

� Jahresplanungen

� Langzeitplanung

� strategische Planung

Die Vorgaben aus der strategischen Planung setzen den Rahmen für alle übrigenPlanungen im Unternehmen. Der Prozess der strategischen Planung besteht darin,die Mission des Unternehmens festzulegen, Stärken und Schwächenzu erkennen,das gesamte Umfeld zu verstehen, die Schwerpunkte innerhalb des Geschäftsport-folios zu setzen und die qualitativen und quantitativen Zielvorstellungen undPläne für die betrieblichen Funktionsbereiche zu entwickeln. Eine Aufgabe mithohen Ansprüchen ist es, eine schlüssige und geeignete Unternehmensmissionherauszuarbeiten. Sie sollte marktorientiert, realisierbar und motivierend seinund sich insbesondere auf spezifische Stärken des Unternehmens stützen, umdamit dauerhaft eine optimale Position am Markt zu erreichen und abzusichern.

Pläne werden auf unterschiedlichen Ebenen entwickelt. Die Pläne höherer Ebe-nen enthalten Ziele und Strategien, die als Zielvorgaben in die nachgeordnetenPlanungen eingehen. Auf jeder dieser Ebenen sollte ein strategisches Audit dasUnternehmen und sein Umfeld analysieren. Die daraus resultierenden Informa-tionen werden mithilfe der SWOT-Analyse zusammengefasst, die die Stärken undSchwächen des Unternehmens herausfiltert und die Chancen und Risiken auf-zeigt.

Darüber hinaus erfordert die strategische Planung die Überprüfung des unter-nehmensspezifischen Geschäftsportfolios. Formale Portfolio-Analysen wie dieMarktwachstums-Marktanteils-Matrix der Boston Consulting Group oder das Pla-nungsmodell von General Electric unterstützen das Management dabei, die ein-zelnen Geschäftseinheiten zu beurteilen und zu entscheiden, welche Bereichemehr oder weniger Ressourcen erhalten sollen. Manche Unternehmen nutzenjedoch auch individualisierte Ansätze der Portfolio-Planung, die besser auf ihreSituation zugeschnittenen sind.

Aus der Unternehmensmission und der Situationsanalyse lassen sich strategi-sche Ziele ableiten und Wachstumschancen erkennen. Um die Wachstums- undGewinnziele zu erreichen, bieten sich grundsätzlich vier Strategien an, die in derProdukt-Markt-Matrix aufgezeigt werden:

� Marktdurchdringung

� Marktentwicklung

� Produktentwicklung

� Diversifikation

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3 Strategisches Marketing

Wenn die strategischen Zielvorstellungen und Ziele festgelegt sind, muss dasManagement eine ganze Reihe funktionaler Pläne aufstellen, die die Aktivitätenin den Bereichen Marketing, Finanzen, Produktion und in allen übrigen Abteilun-gen koordinieren. Jeder funktionale Bereich liefert wiederum Input für die strate-gische Planung. Jede Abteilung hat jedoch auch unterschiedliche Vorstellungendarüber, welche Ziele und Aktivitäten die wichtigsten sind. Die Marketingabtei-lung stellt den Standpunkt des Konsumenten in den Vordergrund. Marketing-Manager sollten andererseits auch die Standpunkte der anderen Funktionsberei-che verstehen und mit den anderen Funktionen zusammenarbeiten, um ein Sys-tem von Plänen zu entwickeln, das den übergeordneten strategischen Zielen ambesten entspricht.

Jedes Unternehmen muss Marketingpläne für seine Produkte, Marken undMärkte vorbereiten. Bestandteile eines Marketingplans sind das Executive Sum-mary, die aktuelle Marketingsituation, die SWOT-Analyse, Ziele und Einflussfak-toren, die Marketingstrategie, das Marketingprogramm, die Budgetierung und dieMarketingkontrolle.

Im Mittelpunkt der Marketingstrategie steht der Konsument. Da es viele Käu-fertypen mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen gibt, teilt man denGesamtmarkt in einzelne Segmente auf, definiert ausgewählte Marktsegmente alsZielsegmente und positioniert sein Angebot entsprechend.

Daraufhin wird ein Marketing-Mix entwickelt, der die Detailplanung für dieInstrumente der als „vier Ps“ bekannten Kategorien Produkt, Preis, Platzierungund Promotion enthält.

Nahezu jede Marketingorganisation führt auch eine Marketingkontrolle durch.Die operative Kontrolle besteht darin, dass das Erreichen der Planzahlen fürUmsatz und Gewinn überwacht wird. Daraus lassen sich die Gewinnanteile dereinzelnen Produkte, Regionen, Marktsegmente oder Vertriebswege ermitteln. Diestrategische Kontrolle prüft, ob die Ziele, Strategien und die Organisationsstruk-tur des Unternehmens mit dem Marketingumfeld übereinstimmen. Ein Instru-ment der strategischen Planung und Kontrolle ist das Marketing-Audit, das Mar-ketingchancen und -probleme benennt und daraus kurz- und langfristige Aktio-nen empfiehlt, um eine optimale Unternehmensleistung zu erzielen.

Sich gute Strategien auszudenken, ist in der Regel leichter, als sie auszuführen.Um schließlich Erfolg zu haben, müssen die ausgearbeiteten Strategien optimalumgesetzt werden. Mit Implementierung beschreiben wir den Vorgang, der ausMarketingstrategien konkrete Marketingaktionen macht. Als Schlüsselelementefür die erfolgreiche Implementierung der Marketingstrategie können folgendeFaktoren genannt werden:

1. Aktionsprogramm2. Organisationsstruktur3. Anreizsystem4. Mitarbeiter5. Unternehmenskultur

Der größte Teil der Verantwortung für die erfolgreiche Umsetzung liegt bei derMarketingabteilung. Für die Organisation des Marketing gibt es mehrere Möglich-

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Zusammenfassung

keiten. Am weitesten verbreitet ist die funktionale Marketingorganisation, in dereinzelne Marketingfunktionen von Managern geleitet werden, die wiederum anden Marketingdirektor berichten. Andere Unternehmen benutzen eine regionaleOrganisationsstruktur, innerhalb derer sich Außendienst, Verkauf oder andereFunktionen entsprechend geografischer Gebiete spezialisieren. Eine weitere Vari-ante ist die Produktmanagement-Organisation, bei der Produkte oder Marken ein-zelnen Produktmanagern zugeordnet werden, deren Aufgabe es ist, ihr Produktoder ihre Marke zu fördern. Für Unternehmen, die eine Produktlinie auf verschie-denen Märkten und an Kunden verkaufen, die unterschiedliche Bedürfnisse undPräferenzen haben, bietet sich die markt- oder kundenorientierte Organisationdes Marketing an. Hier verantwortet der einzelne Mitarbeiter die Entwicklungvon Marketingstrategien und -plänen für seinen Markt oder seine Kunden. Mitder Größe einer Organisation steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man eine Kom-bination der genannten Gliederungsebenen antrifft.

A N R E G U N G E N Z U R D I S K U S S I O N

1. Was sind die Vorteile eines langfristigen Plans? Warum sollte sich die Unter-nehmensleitung unbedingt die Zeit nehmen, einen langfristigen Plan aufzu-stellen, der jedes Jahr überarbeitet wird? Sollte man ihn aufstellen, auch wennneue Realitäten wie zum Beispiel E-Commerce oder eine wirtschaftliche Krisedie Ausgangspositionen schnell verändern können?

2. Viele Unternehmen geben ein Marketing-Audit in Auftrag, um Stärken undSchwächen im Verhältnis zu den Konkurrenten festzustellen, insbesondere inBezug auf die Chancen und Risiken aus dem Umfeld. Warum ist es wichtig,dass solch eine Analyse vor allem die relativen, nicht nur die absoluten Stärkenund Schwächen des Unternehmens aufzeigt?

3. Ein Hersteller von Unterhaltungselektronik muss feststellen, dass der Absatzbei Digitalkameras, einer seiner Hauptproduktlinien, stagniert. Offensichtlichnähert sich dieser Markt einem Sättigungszustand. Welche Wachstumsstrate-gien kann das Unternehmen jetzt für diese Produktlinie anwenden?

4. Das Raster für strategische Unternehmensplanung nach General Electric bieteteine breite Übersicht, die bei der strategischen Entscheidungsfindung hilfreichsein kann. Für welche Arten von Entscheidungssituationen ist dieses Rasterbesonders geeignet? Für welchen Typ einer strategischen Entscheidung ist esnicht sehr geeignet?

5. Durch die verzögerte Einführung der PlayStation 3 hat Sony Marktanteile andie innovative Wii von Nintendo, die auch bei jungen Mädchen sehr beliebtist, verloren. Wie kann Sony den Markt neu segmentieren und die PlayStationneu positionieren, um Marktanteile zurückzuerobern?

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3 Strategisches Marketing

A N W E N D U N G D E R K O N Z E P T E

1. Denken Sie über den Stadtteil, in dem Sie wohnen, nach. Nehmen wir an, Siewollten dort ein Geschäft eröffnen und suchen nun nach einer herausragen-den Gelegenheit, sich mit einem Restaurant, einem Modegeschäft oder einemMusikgeschäft selbstständig zu machen.

� Gibt es bei Ihnen im Umfeld eine Gelegenheit, um ein Geschäft, das sichvon den anderen abhebt und Erfolg verspricht, zu eröffnen? BeschreibenSie Ihren Zielmarkt und was Sie anders machen würden als die gegenwärtigdort vorhandenen Geschäfte!

� Welchen Marketing-Mix würden Sie anwenden?

2. Nehmen Sie ein Produkt oder eine Dienstleistungsorganisation, die Sie gutkennen! (Sie können auch Ihre Hochschule wählen.)

� Welches sind die wichtigsten externen Chancen und Risiken, denen sichdiese Organisation gegenübersieht?

� Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Stärken und Schwächendieser Organisation?

� Schlagen Sie Lösungen vor, wie diese Organisation auf die externen Bedro-hungen reagieren könnte.

� Empfehlen Sie eine mögliche Marketingstrategie, die sicherstellt, dass dieOrganisation ihre internen Fähigkeiten bezüglich der bestehenden Chancenoptimal nutzt.

Literatur und Quellen

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