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I(OLLOID- ZEITSCHRIFT zur Zeit vereinigt mit den Kolloid-Beiheflen Band 144 November/Dezember 1955 Heft 1/3 Chemie und Physik der Hoehpolymeren haben im letzten Jahrzehnt eine aufierordentliche Entwiclclung er]ahren. Kaum ein anderer Zweig der Naturwissenseha]ten -- mit Ansnahme der Kernforschung -- hat derartig weitreichende Fortschritte in so lcurzer Zeit und an/ so breiter _~ront zu verzeichnen wie das Gebiet der Er/orsehung yon Struktur uncl Eigenschaften malcromolelcularer Materie. H. ~. Mar k, einer der Wegbereiter der hochpolymeren Forschung, ist vor allem an dieser Entwieklung beteiligt. Es sei datum gestattet, ih~n anlgfllieh seines 60. Geburtstages den vorliegenden Band der Kolloid-Zeitschr@, die seit je den Arbeiten aus dem Gebiet der Hoehpolymeren einen breiten Raum gegeben hat, zu widmen. Die Herausgeber. H. F. Mark It. F. Mark vollendete am 3. Mat 1955 sein 60. Le- bensjahr. Er ist ether der ertolgreiehsten Forscher au~ dem Gebiet der Chemie und Physik der Hoeh- polymeren. Seine wissensehaftliehen Beitriige und Ideen wirkten bahnbreehend, und dutch seine starke Aktivit~it wurde er zu einem der bedeutendsten Promotoren dieses Gebietes. In mehr als 500 Ver5ffenfliehungen- Original- arbeiten und iJbersiehtsre~eraten --, in ether Reihe von giiehern, in zahlreiehen Vortriigen, die er au~ seinen vielen weiten Reisen in USA sowie in ganz Europa (wohin er in der letzten Zeit jedes Jahr kam) und in Japan hielt, hat er augerordentlieh zur Begriindung und wetter zur Eniwieklung dieses Wissensgebietes beigetragen. Grogen Anteil hat er am Ausbau des 1946 yon ihm mitbegriindeten ,,Jour- nal ol Polymer Science", das eine der wenigen Zeit- sehriften dieses Gebietes ist, welehe nieht tier Teehnik, sondern der J'einen Grundlagenforsehung gewidmet sind und aussehliei31ieh Hoehpolymere zmn Thema haben. Auf seine Initiative als Pr~isident der Kommission ~iir Makroinolekulare Chemie in der Internationalen Union ftir Reine und Angewandte Chemie (IUPAC) wurde das vierte der seit 1949 yon Charles Sadron in Stral3burg veranstalteten ,,Colloqnes annuels du Centre d'~tades de Physique macromol~eulaire" zu- gleieh zum ,,Ersten Internationalen Symposimn fiir Makromolekiile". So begann mit dem Jahre 1952 in Stragburg die Reihe dieser Symposien, die ihre Teilnehmer naeh Stoekholm/Uppsala (1955), Mailand/Turin (1954) und Ziirieh (1955) ~iihrten. Fiir das Jahr 1956 ist die Tagung in Rehovot/Jerusalem geplant. Damit sind diese Symposien j~hrliche Veranstaltungen geworden, auf denen sieh Forseher der Gebiete Chemie, Physik und Biologie der Makromolekiile aus aller Welt persSnlieh kennenlernen und Ertahrungen aus- tausehen. Sie haben unter dem Priisidium yon Mark sieh zu Veranstaltungen mit einem so intimen Charakter entwiekelt, dab ihre f6rdernde Wirkung nut: die Hoehpolymeren-Forschung nieht hoch genug eingesehiitzt werden kann. In USA stellt das yon ihm geleitete Institute o~ Polymer Research am Polyteehnikum yon Brooklyn- einer der ~iltesten Hoehsehulen Amerikas -- einen wiehtigen Mittelpunkt der makromolekularen Forsehung dar. An ihm arbeiteten und arbeiten viele bedeutende Wissensehaftler aus aller Welt. H. F. Mark, Sohn eines Arztes in Wien, konnte erst mit dem Ende des ersten Weltkrieges im Jahre 1919 sein Studium weiter~iihren. Die Kriegsereignisse zogen den jungen Mar k als Offizier bet den Kaiserj~igern

H. F. Mark

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Page 1: H. F. Mark

I ( O L L O I D - Z E I T S C H R I F T zur Zeit vereinigt mit den Kol lo id-Be ihef len

Band 144 November/Dezember 1955 Heft 1/3

Chemie und Physik der Hoehpolymeren haben im letzten Jahrzehnt eine aufierordentliche Entwiclclung er]ahren.

Kaum ein anderer Zweig der Naturwissenseha]ten -- mit Ansnahme der Kernforschung -- hat derartig weitreichende

Fortschritte in so lcurzer Zeit und an/ so breiter _~ront zu verzeichnen wie das Gebiet der Er/orsehung yon Struktur

uncl Eigenschaften malcromolelcularer Materie. H. ~. M a r k, einer der Wegbereiter der hochpolymeren Forschung,

ist vor allem an dieser Entwieklung beteiligt. Es sei datum gestattet, ih~n anlgfllieh seines 60. Geburtstages den

vorliegenden Band der Kolloid-Zeitschr@, die seit je den Arbeiten aus dem Gebiet der Hoehpolymeren einen breiten

Raum gegeben hat, zu widmen. Die Herausgeber.

H. F. M a r k

It. F. M a r k vollendete am 3. Mat 1955 sein 60. Le- bensjahr. Er ist ether der ertolgreiehsten Forscher au~ dem Gebiet der Chemie und Physik der Hoeh- polymeren. Seine wissensehaftliehen Beitriige und Ideen wirkten bahnbreehend, und dutch seine starke Aktivit~it wurde er zu einem der bedeutendsten Promotoren dieses Gebietes.

In mehr als 500 Ver5f fenf l iehungen- Original- arbeiten und iJbersiehtsre~eraten - - , in ether Reihe von giiehern, in zahlreiehen Vortriigen, die er au~ seinen vielen weiten Reisen in USA sowie in ganz Europa (wohin er in der letzten Zeit jedes Jahr kam) und in Japan hielt, hat er augerordentlieh zur Begriindung und wetter zur Eniwieklung dieses Wissensgebietes beigetragen. Grogen Anteil hat er am Ausbau des 1946 yon ihm mitbegriindeten ,,Jour- nal ol Polymer Science", das eine der wenigen Zeit- sehriften dieses Gebietes ist, welehe nieht tier Teehnik, sondern der J'einen Grundlagenforsehung gewidmet sind und aussehliei31ieh Hoehpolymere zmn Thema haben.

Auf seine Initiative als Pr~isident der Kommission ~iir Makroinolekulare Chemie in der Internationalen Union ftir Reine und Angewandte Chemie (IUPAC) wurde das vierte der seit 1949 yon C h a r l e s S a d r o n in Stral3burg veranstalteten ,,Colloqnes annuels du Centre d '~tades de Physique macromol~eulaire" zu- gleieh zum ,,Ersten Internationalen Symposimn fiir Makromolekiile". So begann mit dem Jahre 1952 in Stragburg die Reihe dieser Symposien, die ihre Teilnehmer naeh Stoekholm/Uppsala (1955), Mailand/Turin (1954) und Ziirieh (1955) ~iihrten. Fiir das Jahr 1956 ist die Tagung in Rehovot/Jerusalem geplant. Damit sind diese Symposien j~hrliche Veranstaltungen geworden, auf denen sieh Forseher der Gebiete Chemie, Physik und Biologie der Makromolekiile aus aller Welt persSnlieh kennenlernen und Ertahrungen aus- tausehen. Sie haben unter dem Priisidium yon M a r k sieh zu Veranstaltungen mit einem so intimen Charakter entwiekelt, dab ihre f6rdernde Wirkung nut: die Hoehpolymeren-Forschung nieht hoch genug eingesehiitzt werden kann.

In USA stellt das yon ihm geleitete Institute o~ Polymer Research am Polyteehnikum yon B r o o k l y n - einer der ~iltesten Hoehsehulen Amerikas - - einen wiehtigen Mittelpunkt der makromolekularen Forsehung dar. An ihm arbeiteten und arbeiten viele bedeutende Wissensehaftler aus aller Welt.

H. F. M a r k , Sohn eines Arztes in Wien, konnte erst mit dem Ende des ersten Weltkrieges im Jahre 1919 sein Studium weiter~iihren. Die Kriegsereignisse zogen den jungen Mar k als Offizier bet den Kaiserj~igern

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2 H . F . ~Iark [ KolIoid- [ Zei tschr i f t

an der Osffront und spiiter an der italienischen Front in ihren Bereieh. Er errang htiehste Auszeiehnungen, geriet iedoeh noeh im November 1918 in italienisehe Gefangenseha[t, aus d e r e r 1919 au[ abenteuerliehe Weise naeh seiner tisterreiehisehen Heimat entfIiehen konnte. Mit seinem Doktorvater W. S e h l e n k , bet dem er im Jahre 1921 in Wien promovierte, siedelte er naeh Berlin an das Kaiser-Wilhehn-Institut [tir Fasersto[f-Chemie iiber. Dort wirkte er, ebenso wie an dem Kaiser-Wilhelm-Institut fiir Silikat[orsehung, sp~iter als Abteihmgsleiter.

1927 holte ihn K. H. M e y e r als Mitarbeiter in das t{auptlaboratorium der 1G-Farben in Ludwigshafen. Hier entstand das bekannte Bneh tiber Makromolekulare Chemie, der ,,M e y e r - M a r k". In Forttiihrmag seiner Strukturbesfimmungen mit lliintgenstrahlen wurde hier aueh zusammen mit lq. W i e r l die Elek- tronenstrahlbeugungs-Methode wetter entwiekelt und auf Interferenz-Untersuehungen an Gasen angewandt. M a r k wurde bald Letter einer Forsehungsgruppe und erhielt 1930 Prokura. Er hat in seiner Ludwigshafener Zeit einen erhebliehen Einflui3 ant das frtihzeitige Ingangkommen der deutsehen Kmaststogerzeugung genommen. M a r k hatte sieh sehon 1925 in Berlin an der Universitiit habilitiert und habilifierte sieh nun an die Teehnisehe ttoehsehule Karlsruhe urn, an der bald seine Ernennung zum atfl. Professor er[olgte. Einen Rut als Naeh[olger E u e k e n s naeh Breslau lebnte er ab.

Ab 1932 linden wir ihn in seiner Heimatstadt Wien als 1)irektor des Chemisehen Institutes der Uni- versii~it. Diese Zeit betraehten er mad seine Gemahlin als die sehgnsten Jahre ihres Lebens. Er hatte 1932 Maria S e h r a m e e k geheiratet, die ibm zwei S6hne sehenkte.

Die Wiener Jahre sind eiue Zeitspamae gr61~ter wissensehaftlieher Aktivit~it. Wesentlieh war seine Mitwirkung in der Wirtsehaft und seine Teilnahme am 6f[entliehen Leben. Er war Mitglied des Erziehungs- aussehusses und Priisident des Komitees der Holznutzung im 6sterreiehisehen Handelsministerium. Als Anhgnger und Freund des Bundeskanzlers D o 11 fut l , an dessen Sarg er naeh der Ermordung mit (lie Toteu- waehe hielt, mullte er naeh dem Ansehlul~ Osterreieh heinllieh verlassen. Es gelang ihm, tiber die Sehweiz naeh Kanada zu kommen und dort die Stelle eines researeh-managers bet der Kanadisehen lnternationalen Papier-Companie in Hawkesbury, Ontario, zu erhalten. 1940 wnrde er zum ,,adjmaet professor" Itir Or- ganisehe Chemie am Polyteehnisehen lnstitut yon Brooklyn ernannt, 1942 zum ,,hdl professor" be[6rdert. 194,6 tibernahin er als 1. Direktor das neugegr[indete Polymer Researeh Institute.

Zahllose Ehrmagen nnd Medaillen wurden ihm Yerliehen. U. a. wnrde er Ehrendoktor an den Univer- sitiiten Liittieh, Uppsala, Berlin und Mailaud. Er ist Ehrenmitglied vieler GesellsehaIten und Akademien, u. a. der Max-Planek-Gesellseha[t, der Indisehen Akadenfie in Neu Delhi, der New Yorker Akademie der Wissensehaiten und der Royal Society in London. Er ist Ehrenpfiisident der amerikanisehen Gesellseha[t europiiiseher Chemiker, President des Komitees [tir Holzehemie der FAO in der UNO, Priisident der Komnfission [iir Makromolektile in der IUPAC usw. Aueh am Anfbau des Weizmann-lnstituts in Pal~istina ist er wesentlieh beteiligt.

Das Sebieksal ha t H. K M a r k ein bewegtes Leben zugemessen, beginnend sehon in den ersten Jahren nach Beendigung seiner Sehulzeit. Seine Liebe zur Alpinisiik und sein sportliches K6nneu haben ihn in manehen Lebenslagen Sehwierigkeiten iiberwinden lassen, an denen andere gesetleitert wiiren. Seine fortdauernde Liebe zur Natur mad zum Sport aber hat ihnl seine Lebendigkeit erhalten, die ibm die Anstrengungen seiner zahlreiehen weiten l/eisen und sein groBes Arbeitspensum noeh framer mit fast iugendliehem Ehm zu meistern erlauben. Im Laufe seines Lebens sind nieht mar Anfordermagen-auf d e m Gebiet der reinen Forsehung mad Lehre an ihu herangetreten, sondern aneh wirtseha[tliehe mad ver- waltmagsteehniset~e Probleme waren in reiehem Mage zu 15sen. Er kennt aus den Jahren bis 1938 die mal~gebenden Pers6nliehkeiten der ellemisehen Industrie und Forsehung in Europa und aus seiner sph- teren Tiitigkeit einen gleiehen Personeukreis in USA.

So ist er allein dureh diese Tatsaehe wie kaunl ein anderer pr~idestiniert, ein sieh so raseh entwiekelndes Wissensgebiet, die Physik und Chemic der Hochpolynleren, international zu organisieren und zusammen- zufassen. Sein Yortragstalent und sein Wiener Charme hel[en ibm bierbei ebenso wie seine grol3e Gabe, die Begeisterung [iir ein Gebiet attf andere zu [ibertragen. M6ge ihm noeh eine lange Zeit fruehtbarer und erfolgreieher T~itigkeit besehieden sein!

F. H. M t i l l e r , Marburg,'Lahn.