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die konsequente Anwendung des Subsidiari- tätsprinzips: Lokale Nutzer haben häufig sehr viel mehr Information darüber, wie (lokal be- grenzte) Ressourcenprobleme in einer für sie fairen und damit akzeptablen Art und Weise geregelt werden können als eine übergeordnete Instanz. Andererseits kann – zumindest bei großen Gruppen – in aller Regel nur mit Hilfe einer solchen Instanz sichergestellt werden kann, dass zum einen die vereinbarten Regeln eingehalten werden, dass zweitens Konfliktfälle geregelt werden und dass außerdem Dritte von der Nutzung der Ressource ausgeschlossen wer- den. Wenn letzteres nicht gegeben ist, drohen, wie die angeführten Beispiele zeigen, Selbstver- waltung und Selbstorganisation zusammenzu- brechen, wodurch es zu einer Übernutzung kommt. Sobald dagegen die übergeordnete Ins- tanz sich nicht auf diese Funktionen be- schränkt, sondern selbst die Regeln setzen will, können Selbstverwaltung und Selbstorganisa- tion ebenfalls zusammenbrechen, wie an ande- ren Beispielen verdeutlicht wird. Elinor Ostrom hat mit diesem sehr anregen- den und lesenswerten Buch die mögliche Kom- plexität befriedigender Lösungen lokaler Res- sourcenprobleme und die Unzulänglichkeit ,einfacher‘ Rezepte verdeutlicht. Sie leistet da- mit einen sehr wertvollen Beitrag zur Diskus- sion darüber, wie solche Ressourcen bewirt- schaftet werden können. Dem tut auch eine realistische Einschätzung des durch diese Ar- beit eingelösten Anspruchs keinen Abbruch. H. Goverde, P.G. Cerny, M. Haugaard, H. Lentner (eds.): Power in Contemporary Po- litics. Theories, Practices, Globalizations. London: Sage 2000, 243 S., £ 14,90. Uwe Becker Macht gilt als zentrales Thema der Politik – wenn nicht gar der Sozialwissenschaft insge- samt. Handbücher heben das stets hervor. In der akademischen Alltags- und Publikations- praxis spielt Macht jedoch nur eine unterge- ordnete Rolle – vielleicht abgesehen von trivia- len Machtzuschreibungen an Regierungen und Parteien. Womöglich rührt dieses Schattenda- sein der Machtthematik daher, dass diese weni- ger zentral ist als angenommen wird. Mögli- cherweise hat es seinen Ursprung aber auch in der Komplexität und Kompliziertheit des The- mas. Hat es überhaupt Sinn zu fragen, wer die Macht hat, wenn man weiß, dass diese Frage beinahe unweigerlich zur (impliziten) Kon- struktion omnipotenter Subjekte gegenüber ei- ner wie auch immer umschriebenen Masse Machtloser führt? Andererseits: Ist es realitäts- gerecht, politische und gesellschaftliche Un- gleichhheiten als Folge anonymer Prozesse zu deuten, in denen unter anderem Macht eine, wiederum nur anonyme, Rolle spielt? Wenn nicht, wie ist es dann möglich, Interessen, Machtressourcen und soziale Asymmetrien in einen Kausalzusammenhang zu bringen, ohne sich zu verstricken in Instrumentalismus – in dem beispielsweise Staatsorgane und Ideolo- gien als ,Instrumente‘ dominanter Interessen- gruppen oder gar herrschender Klassen figurie- ren – und Machtreduktionismus oder völliger Unbestimmtheit? Und wie ist dieser Problema- tik empirisch beizukommen? Abgesehen von Definitionsproblemen, der Identifikation von Zusammenhängen, in denen Machtverhältnisse relevant sind, und Themen wie denen der Re- lation von Macht und beispielsweise Ideologie, Hegemonie, Diskurs und Konsensus, sind dies m.E. einige der Kernfragen, der sich die Theo- rie und theoretisch verantwortete Analyse von Macht heute zu stellen hat. Das vorliegende Buch, obwohl anspruchs- voll und mit der Absicht geschrieben, eine „state of the art overview“ zu liefern (221), zeugt von der Schwierigkeit, die Machtthema- tik in den Griff zu bekommen. Die Einleitung der Herausgeber und Teil 1, ,Theories‘, zeigen dies besonders. Die beabsichtigte kritische Übersicht über die Theorieentwicklung der letzten vier Jahrzehnte wird durchaus geboten – vor allem in den Texten von Haugaard und Clegg. Die Elitisten, die Pluralisten, wiederholt der traditionelle Marxismus mit seiner Kon- struktion „wahrer“ oder „objektiver“ Interessen (59, 79), Michel Foucault und Anthony Gid- dens, sie alle passieren Revue. Bei diesen letz- ten beiden, insbesondere bei Foucault, setzen die konstruktiven Bemühungen der Autoren an. Das bedeutet, dass die Diskursdimension von Macht in den Mittelpunkt rückt und dass zuweilen auf höchstem Abstraktionsniveau, un- ter anderem unter Einbeziehung Wittgenstein’- scher Argumentationsfiguren (60ff.), diskutiert 374 PVS-Literatur

H. Goverde, P.G. Cerny, M. Haugaard, H. Lentner (eds.): Power in contemporary politics. Theories, practices, globalizations

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die konsequente Anwendung des Subsidiari-tätsprinzips: Lokale Nutzer haben häufig sehrviel mehr Information darüber, wie (lokal be-grenzte) Ressourcenprobleme in einer für siefairen und damit akzeptablen Art und Weisegeregelt werden können als eine übergeordneteInstanz. Andererseits kann – zumindest beigroßen Gruppen – in aller Regel nur mit Hilfeeiner solchen Instanz sichergestellt werdenkann, dass zum einen die vereinbarten Regelneingehalten werden, dass zweitens Konfliktfällegeregelt werden und dass außerdem Dritte vonder Nutzung der Ressource ausgeschlossen wer-den. Wenn letzteres nicht gegeben ist, drohen,wie die angeführten Beispiele zeigen, Selbstver-waltung und Selbstorganisation zusammenzu-brechen, wodurch es zu einer Übernutzungkommt. Sobald dagegen die übergeordnete Ins-tanz sich nicht auf diese Funktionen be-schränkt, sondern selbst die Regeln setzen will,können Selbstverwaltung und Selbstorganisa-tion ebenfalls zusammenbrechen, wie an ande-ren Beispielen verdeutlicht wird.

Elinor Ostrom hat mit diesem sehr anregen-den und lesenswerten Buch die mögliche Kom-plexität befriedigender Lösungen lokaler Res-sourcenprobleme und die Unzulänglichkeit,einfacher‘ Rezepte verdeutlicht. Sie leistet da-mit einen sehr wertvollen Beitrag zur Diskus-sion darüber, wie solche Ressourcen bewirt-schaftet werden können. Dem tut auch einerealistische Einschätzung des durch diese Ar-beit eingelösten Anspruchs keinen Abbruch.

H. Goverde, P.G. Cerny, M. Haugaard, H.Lentner (eds.): Power in Contemporary Po-litics. Theories, Practices, Globalizations.London: Sage 2000, 243 S., £ 14,90.

Uwe Becker

Macht gilt als zentrales Thema der Politik –wenn nicht gar der Sozialwissenschaft insge-samt. Handbücher heben das stets hervor. Inder akademischen Alltags- und Publikations-praxis spielt Macht jedoch nur eine unterge-ordnete Rolle – vielleicht abgesehen von trivia-len Machtzuschreibungen an Regierungen undParteien. Womöglich rührt dieses Schattenda-sein der Machtthematik daher, dass diese weni-

ger zentral ist als angenommen wird. Mögli-cherweise hat es seinen Ursprung aber auch inder Komplexität und Kompliziertheit des The-mas. Hat es überhaupt Sinn zu fragen, wer dieMacht hat, wenn man weiß, dass diese Fragebeinahe unweigerlich zur (impliziten) Kon-struktion omnipotenter Subjekte gegenüber ei-ner wie auch immer umschriebenen MasseMachtloser führt? Andererseits: Ist es realitäts-gerecht, politische und gesellschaftliche Un-gleichhheiten als Folge anonymer Prozesse zudeuten, in denen unter anderem Macht eine,wiederum nur anonyme, Rolle spielt? Wennnicht, wie ist es dann möglich, Interessen,Machtressourcen und soziale Asymmetrien ineinen Kausalzusammenhang zu bringen, ohnesich zu verstricken in Instrumentalismus – indem beispielsweise Staatsorgane und Ideolo-gien als ,Instrumente‘ dominanter Interessen-gruppen oder gar herrschender Klassen figurie-ren – und Machtreduktionismus oder völligerUnbestimmtheit? Und wie ist dieser Problema-tik empirisch beizukommen? Abgesehen vonDefinitionsproblemen, der Identifikation vonZusammenhängen, in denen Machtverhältnisserelevant sind, und Themen wie denen der Re-lation von Macht und beispielsweise Ideologie,Hegemonie, Diskurs und Konsensus, sind diesm.E. einige der Kernfragen, der sich die Theo-rie und theoretisch verantwortete Analyse vonMacht heute zu stellen hat.

Das vorliegende Buch, obwohl anspruchs-voll und mit der Absicht geschrieben, eine„state of the art overview“ zu liefern (221),zeugt von der Schwierigkeit, die Machtthema-tik in den Griff zu bekommen. Die Einleitungder Herausgeber und Teil 1, ,Theories‘, zeigendies besonders. Die beabsichtigte kritischeÜbersicht über die Theorieentwicklung derletzten vier Jahrzehnte wird durchaus geboten– vor allem in den Texten von Haugaard undClegg. Die Elitisten, die Pluralisten, wiederholtder traditionelle Marxismus mit seiner Kon-struktion „wahrer“ oder „objektiver“ Interessen(59, 79), Michel Foucault und Anthony Gid-dens, sie alle passieren Revue. Bei diesen letz-ten beiden, insbesondere bei Foucault, setzendie konstruktiven Bemühungen der Autorenan. Das bedeutet, dass die Diskursdimensionvon Macht in den Mittelpunkt rückt und dasszuweilen auf höchstem Abstraktionsniveau, un-ter anderem unter Einbeziehung Wittgenstein’-scher Argumentationsfiguren (60ff.), diskutiert

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wird. Für einigermaßen eingeweihte Leser sinddiese Passagen dennoch gut zu lesen. Oben-drein regen sie zum Nachdenken an und bein-halten einige beachtenswerte Charakterisierun-gen wie beispielsweise die Umschreibung einesDiskurses in der Tradition Foucaults als „alocal social order that allows one to say certainthings but prevents others from being said“(36). Die Foucaultlastigkeit der Beiträge vonHaugaard und Clegg sowie der Einleitung be-wirkt aber auch die typische Unbestimmtheitder Ausführungen. Es gibt viele Definitionenvon Macht, jedes „Sprachspiel“ hat seine eige-ne, heißt es in der Einleitung (37). Muss dasjedoch bedeuten, dass einem Definitionsrelati-vismus das Wort geredet wird? Und wer aufGrund welcher Ressourcen welche Macht oderwelches Machtübergewicht hat und welcheVerbindungen auf welche Weise zwischen He-gemonie und Interessen bestehen, wird nichtgefragt. Ebensowenig wo die Grenzen vonMacht liegen. Macht ist überall, anonym, schil-lernd. Dazu passt, dass in der Übersicht dieKritik an Foucaults Theorie fehlt.

In Göhlers definitorischem Beitrag zu Teil 1ist Foucault weniger prominent anwesend.Göhlers Anliegen ist es, der klassischen, dasAlltagsverständnis rationalisierenden Machtde-finition Max Webers – Macht als Vermögen,Interessen gegenüber widerstrebenden Interes-sen durchzusetzen – jene von Hannah Arendtzur Seite zu stellen. Während Weber „Machtüber“ thematisiert, geht es Arendt um die„Macht zu“, die in der Fähigkeit der Menschenzusammenzuwirken sowie der der Gesellschaftzu existieren elementar zum Ausdruck kommt(41). Dieses selbstreferenzielle Vermögennennt Göhler „intransitive Macht“, das relatio-nale Durchsetzungsvermögen à la Weber nennter transitiv. Das Problematische dieser Unter-scheidung ist die implizite Annahme eines ele-mentaren, Gesellschaft konstituierenden Pro-zesses, der frei von relationalen Machtverhält-nissen ist und diesen zu Grunde liegt. Das istjedoch weder evident noch plausibel. Und gäbees einen solchen Prozess, dann wäre immernoch zweifelhaft, ob der Begriff der Macht hierrecht platziert ist – außer vielleicht in dem tri-vialen Sinn, dass, wer Macht hat, Interessen ge-gen Widerstand durchzusetzen („Macht über“),auch die Macht hat, diese Interessen ohne denWiderstand Anderer durchzusetzen („Machtzu“).

Die empirischen Beiträge sind in zwei Teilegegliedert, „Practices“ und „Globalizations“.Der erste Text von „Practices“ von Goverde/vanTatenhove über „policy networks“ ist zwar ob-jektspezifisch, hätte aber von seiner Abstrakt-heit her und auf Grund der relativ ausführli-chen Diskussion von Elias’ Konfigurations-und Giddens’ Strukturierungstheorie ebenso inTeil 1, „Theories“, stehen können. Der Text istaufschlussreich, weil er demonstriert, welch ge-wichtigen Stellenwert „policy networks“ undderen Diskurse in der Politikformulierung ha-ben. Empirische Fallstudien einer eher konven-tionellen Art, deren Zentrum die Analyse derVerteilung von Machtressourcen bildet, sinddie Beiträge von Rommetvedt zum relativenNiedergang des norwegischen Korporatismus,von Arts zum Einfluss von Organisationen wieGreenpeace auf internationale Umweltabkom-men und, damit sind wir in Teil 3 des Buches,von Berndtson zur verstärkten Machtpositionder USA in der zunehmend globalisiertenWelt. Mit partieller Ausnahme von Arts’ Textsind diese Beiträge weit entfernt von den allge-meinen Ausführungen des ersten Teils.

Die drei übrigen Texte des Globalisierungs-teils sind dagegen weit entfernt von einer kon-kreten und systematischen Machtanalyse. Dasabnehmende Vermögen des Territorialstaats,weitgehend autonom Sozial- und Umvertei-lungspolitik zu betreiben, wird zwar von Cernyangerührt, aber diese Position ist keineswegsneu und zudem kontrovers. Generell sieht Cer-ny wegen der reduzierten Handlungskapazitätdes Staates (171ff.) und zunehmenden interna-tionalen Koordinationsproblemen einen „gov-ernance gap“ (176) sowie die Entwicklung desStaates vom Sozial- zum „Wettbewerbsstaat“(181). Lentner widerspricht Cernys Thesennicht gänzlich, aber immerhin weist er auf diebleibende Relevanz territorialer Staaten hin,die sich dokumentiert in gerade jenen globalenReglementierungen, die nur auf Initiative derStaaten zustande kommen können (199). DasNeue in der gegenwärtigen Phase ist nicht dieGlobalisierung – sie evolviert seit Jahrzehnten(203) –, sondern die Globalisierung unter neo-liberalem Vorzeichen. In diesem Kontext ha-ben Gewerkschaften und der Sozialpolitik ver-schriebene Kräfte Macht eingebüßt. Die Folgeist eine partielle Neudefinition von Staatstätig-keiten, nicht aber eine generelle Kompetenz-verminderung des Staates; eine Entwicklung,

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die im Grunde ebenso in Cernys Verschiebungvom Sozial- zum Wettbewerbsstaat beschlossenliegt.

Dass die Globalisierung zunehmende inter-nationale Konkurrenz beinhaltet und gegen-wärtig einhergeht mit der Dominanz eines libe-ralen Diskurses, kommt in allen Beiträgen zurSprache, nicht nur in denen des dritten Teils.Mehrfach wird auch darauf hingewiesen, dasseine der „Globalisierungen“ aus einem Globali-sierungsdiskurs besteht, der sie als unausweich-lichen Prozess darstellt, dem alle Staaten sich inliberaler Weise anzupassen haben. Elina Pentti-nen spricht im abschließenden Beitrag des Ban-des diesbezüglich von einem „preclusive dis-course“ (208). Ein Aspekt dieses Diskurses istdie Stilisierung eines liberalen Individuums,dessen Individualität sich mehr denn je imKonsum manifestiert und dessen Identität alsKonstruktion vermeintlich käuflicher Personal-attribute daherkommt. Penttinens Aufsatz istbesonders interessant, aber ganz am Ende illus-triert er noch einmal ein Kardinalproblem desBuches: die foucaultistisch im Unbestimmtenbelassenen Machtverhältnisse. „The discourseof global capitalism can be understood as atechnology of power“, sagt die Autorin (218).Das ist eine Formulierung aus dem instrumen-talistischen Arsenal, in dem zu den Technolo-gien auch Technologen gehören. Letztere sindbei Penttinen jedoch abwesend. Die Aufgabewäre, auf nicht-instrumentalistische Weise undohne Omnipotenzverdacht aufkommen zu las-sen, Machtsubjekte in die Analyse einzubezie-hen. Daran mangelt es in vielen Beiträgen desBuches. Trotz dieser Schwäche ist es als in je-der Hinsicht reichhaltig, interessant und anre-gend zu bezeichnen.

VERGLEICHENDEPOLITIKFORSCHUNG

Zsolt Spéder (ed.): Hungary in Flux. Society,Politics and Transformation. Hamburg:Krämer 1999, 254 S.; DM 58,–.

András Körösényi: Government and Politics inHungary. Budapest: Central European Uni-versity Press 1999, XXI + 330 S.; £ 38.

Ralf Zwengel

Die EU-Osterweiterung rückt näher. Währendbei den östlichen Beitrittskandidaten die Frus-trationen ob der langen Beitrittsphase und im-mer neuer Forderungen seitens der EU wach-sen, nehmen in den Mitgliedsländern die Ängs-te über die Folgen des geplanten Massenbei-tritts und damit möglicherweise zusammen-hängende Verschlechterungen des Lebensstan-dards dramatisch zu. Diesen Tendenzen ist –wenn überhaupt – wohl nur mit Aufklärungund Information beizukommen. Das gilt auchfür den in der ersten Gruppe (Polen, Tschechi-sche Republik, Ungarn, Slowenien, Estland,Zypern) führenden Beitrittskandidaten Un-garn, welches in Deutschland publizistisch beiweitem nicht die Aufmerksamkeit findet, wiesie unserem Nachbarland Polen zuteil wird.Wenngleich viele Deutsche in Ungarn regelmä-ßig ihren Urlaub verbringen, dürfte der allge-meine Kenntnisstand über die sozialen und po-litischen Umbrüche und die damit verbunde-nen Probleme im Transformationsprozess vonder Plan- auf die Marktwirtschaft, von derDiktatur auf die Demokratie relativ geringsein. Umso verdienstvoller ist die Publikationzweier hier vorzustellender Bände über Un-garn.

In dem von Zsolt Spéder – mit Unterstüt-zung des Wissenschaftszentrums Berlin – he-rausgegebenen Band „Hungary in Flux“ han-delt es sich um eine Auswahl von Beiträgen, diein der 1996 gegründeten, ungarischen sozial-wissenschaftlichen Vierteljahreszeitschrift Szá-zadvég, deren Chefredakteur Spéder ist, er-schienen sind. Die insgesamt zehn Aufsätzesind vier Themenkapiteln zugeordnet. Im ers-ten Kapitel „Society and the Transformation“geht es um die, mit dem Übergang zu Demo-kratie und Marktwirtschaft zusammenhängen-den, sozialstrukturellen Veränderungen in der

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