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H,O,-Zersetzung durch kolloide Eisen(ll1)-hydroxyde und Ferrite Von ALFONS KRAUSE Inhaltsiibersicht Es wird die H,O,-Zersetzung durch kolloide Eisen(II1)-hydroxyde und Ferrite unter Berucksichtigung einiger neuer VersuchRergebnisse besprochen sowie der Mechanismus dieser Reaktionen in Gegenwart der gcnannten Eis'cnverbindungen naher erortert. Summary The catalytic decomposition of H,O, caused by colloidal iron(TI1) oxide hydrates and tcrrites has been investigated. The reaction mechanisms are discussed. Die katalytische H,O,-Zersetzung durch Eisen(II1)-hydroxyde ist sehr ungleich und hangt weniger von ihrem hydrophoben oder hydro- plGlen Zustand (Hydrathiillen), sondern vielmehr von der chemischen Struktur ihrer Oberflache abl). Dabei ist izicht entscheidend, ob es sich am Hydrogele oder Hydrosole haridelt , die ubrigens nach kolloidchemi- schen Erfahrungen an Hydrathullen reicher sind als die Hydrogele oder gar die Xerogele. Ergebnissc Wie aus Tab. 1 hervorgeht, zersetzt das lufttrockene rontgenamorphe Eisen(II1)-hydroxyd trotz seiner ausgesprochen hydrophoben Eigen- schaften schon bei 20" eine H,O,-Losung stark. Auch das aus dem Hydrogel durch Peptisation gewonnene Eisen(II1)-hydroxydsol ist durch- aus wirksam, wogegen der Goethit (a-Fe203 . H,O)* (als Gel oder Sol), unbeachtet seiner feineii Zerteilung und groReren iiuoeren Oberflache, inaktiv ist, da ihm als Oxydhydrat die >Fe-OH-Wirkgruppen fehlenl). Sn diesen Wirkgruppen vollzieht sich als Akzeptorreaktion die Zersetzung des H,O, nach dessen Chemisorption folgendermagen : H I I >Fe-OH + HOOH + >Fe-OH. 00 + H,O + HO + >Fe-0 (Eisen(II1)-peroxyd); HO + H,O, --f H,O + HO,; >Fe-0 + HO, --f H f f I f >Fe-OH + 0, usw. Ein solcher Mechanismus ist sehr vereinfacht. l) A. KRAUSE u. D. KANIOWSEA, Ber. dtsch. chem. Ges. 69, 1982 (1936).

H2O2-Zersetzung durch kolloide Eisen(III)-hydroxyde und Ferrite

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H,O,-Zersetzung durch kolloide Eisen(ll1)-hydroxyde und Ferrite

Von ALFONS KRAUSE

Inhaltsiibersicht Es wird die H,O,-Zersetzung durch kolloide Eisen(II1)-hydroxyde und Ferrite unter

Berucksichtigung einiger neuer VersuchRergebnisse besprochen sowie der Mechanismus dieser Reaktionen in Gegenwart der gcnannten Eis'cnverbindungen naher erortert.

Summary The catalytic decomposition of H,O, caused by colloidal iron(TI1) oxide hydrates and

tcrrites has been investigated. The reaction mechanisms are discussed.

Die katalytische H,O,-Zersetzung durch Eisen(II1)-hydroxyde ist sehr ungleich und hangt weniger von ihrem hydrophoben oder hydro- plGlen Zustand (Hydrathiillen), sondern vielmehr von der chemischen Struktur ihrer Oberflache abl). Dabei ist izicht entscheidend, ob es sich a m Hydrogele oder Hydrosole haridelt , die ubrigens nach kolloidchemi- schen Erfahrungen an Hydrathullen reicher sind als die Hydrogele oder gar die Xerogele.

Ergebnissc Wie aus Tab. 1 hervorgeht, zersetzt das lufttrockene rontgenamorphe

Eisen(II1)-hydroxyd trotz seiner ausgesprochen hydrophoben Eigen- schaften schon bei 20" eine H,O,-Losung stark. Auch das aus dem Hydrogel durch Peptisation gewonnene Eisen(II1)-hydroxydsol ist durch- aus wirksam, wogegen der Goethit (a-Fe203 . H,O)* (als Gel oder Sol), unbeachtet seiner feineii Zerteilung und groReren iiuoeren Oberflache, inaktiv ist, da ihm als Oxydhydrat die >Fe-OH-Wirkgruppen fehlenl).

Sn diesen Wirkgruppen vollzieht sich als Akzeptorreaktion die Zersetzung des H,O, nach dessen Chemisorption folgendermagen :

H I I >Fe-OH + HOOH + >Fe-OH. 00 + H,O + H O + >Fe-0

(Eisen(II1)-peroxyd); HO + H,O, --f H,O + HO,; >Fe-0 + HO, --f

H f f I f

>Fe-OH + 0, usw. Ein solcher Mechanismus ist sehr vereinfacht.

l) A. KRAUSE u. D. KANIOWSEA, Ber. dtsch. chem. Ges. 69, 1982 (1936).

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230 Zeitschrift fiir anorganische und aUgemeine Chernie. Rand 307. 1961

Tabelle 1 K a t a l y t i s c h e H,O,-Zersetzung (220 em3 e t w a 0,3 proz.) be i 20" d u r c h Eisen(IT1)-

h y d r o x g d - Gele i ind -Hydrosole 10 cn? Liisung = a. em3 0, l n-KMnO,

I I I

+) rontgenamorphes Eisen(II1)-hydroxyd (I) aus FeCI,-Lsg. mit NH,-UberschuS bei 20' gefsllt; ++) HydrogeI -ion (I) in verd. FeC1,-Lsg. peptisicrt und zwecks Reinigung grundlich clialysiert, +++) Goethit nach B~HIYI (Z. anorg. allg. Chem. 149, 212 (1926), der in verd. CH,COOH sich ohne weiteres peptisitren la8t.

Er wuide in scinen Griindzugen bereits im Jahre 1936 vorgeschlugenl) und spater in detailherter Fassung nut dem Hinweiv auf die dabei stattfindende Elektroiienwariderung und Resonan7 wiedergegeben,). Spater haben DOLE und Mitarbeiter3) unter Veraendung von mit ' 8 0 angereichertem H,O, den genanntcn Xcchanismus am Katalasemodell ahnlich abgefaBt.

Der zuvor erwahnte inaktive Goethit kann aktiv werden, wenn man ihn im luftgetrockneten Zustand (-12y0 H,O) auf 250-300" zm-ecks lhtwdsserung erhitzt. Dns so entstehende, entschieden hydrophobe Eisen(II1)-oxyd ( -3y0 H,O) verdaiikt seinen aktiven Zustand seinen Radikalen, die nach Zertrummerung des Goethitgitters auftreten 4,

und erst bei stiirkercm Gluhen allmahlich verschwinden wiirden. Da das aktive Fe,O, ein n-Halbleiter ist, so verfiigt es, aul3er seinen Radikal- paaren 0 =Fe- und -0-Fe =0, iiber iiberzahlige Donatorradikale 0 =Fe- (mit quasifreien Elektronen), die fur die H,O,-Zersetzung mi-

standig sind: 0-Ee- -+ H,O, i O=Fe-OH + HO; HO + H,O, 3

H,O + HO,; H,O, J- HO, --f H,O + 0, + HO uswTr. Falls man die Radikalpaare in die Reaktion einschaltet, so wird die -0-0-Bindung

f P

f f f

z, A. KRAUYE, Roznariskic Towarzpstwo Przyjaci61 h'auk, Prace Komisji mat.-

3) M. DOLE, DE FOREST, P. RUDD, 0. R. MUCHOW u. C. COMTE, J. chem. Physics 20,

4) A. KRAUSE u. H. KRACH, Ber. dtsrh. chem. Ges. 69, 2709 (1936).

przyrodniczej, Ser. A. V. 3, 163 (1948).

961 (1952).

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4. KHAUSE, €F,O,-Xersetzung durch kolloide Eisen(JI1)-hydroxyde und Ferrite 231

der H,O,-Molekel unter Hydroxydbildung gelost : 0 =Fe- -L HzOz + -0-Fe=O 3 2 O=Fe-OH + 0. Des weiteren erfolgt die H,O,- Zersetzung, da nun > Fe-OH-Wirkgruppen vorhanden sind, nach dem eingangs angegebeneri Schema.

Ganz Bhnlich ist die Sachlage, falls es sich um aktivo Ferrite handelt. Man hat es such in diesem Fall mit zwei Fe-haltigen Radikalen zu tun, wenn man beispielsweise die schematische Oberflachenstruktur des

,,, -0-Fe=O Mg-ferrits Mg, betrachtet. Auch hier werden die beiden \o- -ye=.() Radikale in1 Verlauf der H,O,-Zersetzung hydratisiert, was natiirlich noch energischer durch 60 O warmes Wasser geschehen lrann6). Dabei ist nicht zu vermeiden, daJ3 das Perrit bzw. die Xinzelpartner Mg(OH), und 2 FeOOH von der Oberflache abgeschliimmt werden (a) und im Laufe der Zeit infolge weiterer H,O-Aufnahme und Verolung uriter Bildung von Mg [Fe(OH),], miteinander reagieren, wobei sie ihrer freien OH- Tq7irkgruppen verlustig werden (b). Dainit wird das spaterc Xbsinken5) des anfangs ziemlich starken H,O,-Zerfalls im Beisein von Mg-ferrit erklart. Eine Hydrati~ierung~) kann sich also je nach den Umstknden als gunstig (a) oder ungunstig (b) erweisen. Jedcnfalls braucht man den H,O,-Zerfall an Perriten nicht mit den eventnellen Storstellen-Fez+- Ionen in Verbindung zu bringen5), um so mehr, als der homogene H,O,- Zerfall in Gegenwart von Eisen(I1)-salzlosung nicht direkt n;it dem heterogenen HzO,-Zerfall an Spinellen vergleichbar ist, die eher uber kovalente Bindungen verfugen. Besonders wird man herucksichtigen miissen, da13 waBrige Eisen(l1)- und Eisen(II1)-salzlosungen hydroly- sieren, wobei Molekeln von basischari Salzen entstehen, die im Besitz von OH-Wirkgruppen sind. Dr5ngt man dic Hydrolyse durch Ansauern zuruck, so sinlrt auch in Gegenwtrt von Fe2+-Tonen die Geschwindigkeit der €T,O,-Zersetzung betrachtlich6).

Auch das im kunstlichcn Rlagnetit x orl-iandenc meiwcrtige Eisen ist praktisch in- aktiv gegenuber dem H,O,-Zerfall be1 37"7). Es 1st durch H,O, kaum oxydierbar und dahw 711 einer Ekktronenabgabe nicht befahigt, ahnlich wie komplexgebundens Fen (z. B. im K,[Fe(CN),]). Bei hoherer Tempeiatur (60") 5, ist muglichcrweise die Oxydations- nirkung des H,O, schon derart, daB die Nagnetitoberflache e h a nach dem Schema:

Fe-0-Fe + H,O, + Fe-0-Fe wcnigstens zuin Teil verandert wird, so daB dabei die I I I I

I I OH OH

6) Tgl. G. M. SCHTVAB u. 9. KRAUT, Z. anorg. allg. Chem. 295, 36 (1958). 6) A. KRAVSE, Bull. Roc. Amis Sci. Lettres Poznali, Ser. B 12, 3 (1953). 7 ) 9. KRMJSE u. A. BIKK~WNA, Roczniki Chem. [$nn. Soc. chim. Polonorum] 32,

1045 (1958).

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232 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemic. Band 307. 1961

fur dcn H,O,-Zerfell erforderlichen OH-Wirkgruppen entstehen. Zu diesen Ausfiihrungen vergleiche man die FuRnote 5).

Poznah (Polen), Institut fur anorganische Chenzie der Universitat.

Bei der Redektinn eingegangen am 8. April 1960.

Verantwortlich fur die Schriftleitung: Professor Dr. Gunther R i e n a c k e r , Berlin N 4 , HeSSlsche Str. 1-2; fur den Anzeigenteil: DXWAp-Werhung Leipaig, Leipzig C 1, Friedrich-Ebert-Str. 110, Ruf 7851. Z . Z . gilt Anzeigenpreisliste 4; Verhg: Johann Ambrosius Barth, Leipzig C 1. SslomonetraDe 18B;

Prlnted in Germany Druck: Paul Dfinnhaupt, Kilthen (IV/5/l) L 222/60 Fernruf: 27 681 und 27 682. ZLN 5058