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Hans Joas, Die Entstehung der Werte Frankfurt, 1997 Ethiklehrgang - 8.12. 12 - Joas - M.Eidelpes

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Hans Joas, Die Entstehung der Werte

Frankfurt, 1997

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Hans Joas:

• * 1948 in München: Soziologe und Sozialphilosoph• Zuletzt bis zu 2011 Leiter des Max-Weber-Kollegs für

kultur- und sozialwissenschaftliche Studien an der Universität Erfurt

• Zurzeit Fellow am Freiburger Institut für Advanced Studies • Forschungsschwerpunkte: amerikanischer Pragmatismus,

Religionssoziologie und Soziologie von Krieg und Gewalt; Entstehung der Werte

• Ein weiteres sehr bekanntes Werk: Die Kreativität des Handelns, Frankfurt, 1992: Suhrkamp

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Anstoß

• Rede von „postmaterialistischen Werten“ und Kommunitarismus- Liberalismus - Debatte

• Konstatierung von Wertverlust oder Schwächung der Wertbindung

• Unbefriedigtes Bedürfnis der Öffentlichkeit zeigt sich am Erfolg publizistischer Werke zum Thema, fehlende Beschäftigung der Philosophie mit dieser Frage

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Rechtfertigung:

• Wertneutralität in der Wissenschaft und durch die Erfahrungen in den dreißiger Jahren führte zur Vernachlässigung des Wertbegriffs.

• Demgegenüber steht die Tatsache, dass sich viele Menschen ihrer Werte durchaus sicher fühlen und sich leidenschaftlich über Verletzungen ihrer Werte empören.

• Werte werden empfunden, ohne dass sie immer artikuliert werden können (Fehlen einer gemeinsamen Sprache?)

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Intention des Buchs

• Das Gespräch über Werte soll wieder Raum haben • Versuch einer Neubegründung der Wertethik• Klärung der Frage, was Werte sind, wie sie entstehen und

welche Rolle sie beim Handeln spielen• Vermittlung in der Kommunitarismus-Liberalismus*- Debatte:

Welches Recht muss das Individuum der sozialen Ordnung zahlen, von der es eine Garantie seiner individuellen Rechte erwartet?

• Suche nach einem dritten Weg in der Kontroverse zwischen Utilitarismus und Normativismus, der sich nicht auf Aristoteles beruft: Handlungstheorie (Buch: Die Kreativität des Handelns, 1992),

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Erklärtes Ziel:

Fragestellung• Wie entstehen

Werte und Wertbindungen?

These:• Werte entstehen in

Erfahrung der Selbstbildung und Selbsttranszendenz

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Themen

Neuansatz der Wertethik nach Scheler in Auseinandersetzung mit religionssoziologischen Schriften

• Werte entstehen durch Selbstbildung und Selbsttranszendenz (Taylor).

• Werte sind identitäts– und sinnstiftend. • Werte werden nicht als objektiv existierend betrachtet, trotzdem

aber als unabhängig von der Person empfunden - als Produkte der schöpferischen Einbildungskraft.

• Haben einen starke affektive Kraft und daher auch Bindung.• Laut dem Pragmatismus, aus dem Joas kommt, sind sie zufällig,

entspringen den Lebensumständen (Dewey).• Verteidigung des Selbstkonzepts gegen postmoderne Einwände

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Themen (2)

• Moral ist universalistisch, aber etwas dem Individuum Äußerliches, verlangt die Selbstunterdrückung und ist wenig attraktiv (Nietzsche)

• Wie funktioniert das Zusammenwirken von Wertethik und Moral ? (Das Gute und das Rechte) und - Auseinandersetzung mit der Diskursethik von Habermas und Apel)

• Ist Sinnstiftung auf einem anderen Feld als der Religion möglich? (James, Durkheim, Simmel, Dewey)

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Probleme der Begrifflichkeit

• Wert ist ein altmodische Begriff, ist er operationalisierbar und für empirische Forschung geeignet? - Sind Einstellung, Praktik, Kultur nicht bessere Begriffe?

• Wie ist die Beziehung zwischen Werten und Normen (austauschbare Kategorien?)

• Begriff des Selbst ist umstritten, ist aber ein Begriff, der von den Sozialwissenschaften etabliert wurde

• Selbsttranszendenz gilt als religiös, mystisch, esoterisch

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Methode und Inhalt :

Hermeneutische Anstrengungen: „…Erhellung eines …..Gedankens im Durchgang durch eine vielfältige Diskurswelt…“ von Friedrich Nietzsche (1844-1900), über William James (1842-1910), Émile Durkheim (1958-1917), Georg Simmel (1858-1918), Max Scheler(1874-1928), John Dewey (1859-1952) bis Charles Taylor (*1931); im vorletzten Kapitel mit dem Identitätsbegriff der Postmoderne, der von Richard Rorty (1931-2007) vertreten wird; im letzten Kapitel Konfrontation der These mit der Diskursethik von Jürgen Habermas und Apel (*1929).

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Zentrale Begriffe

Ethik• Wollen • Neigung, Strebungen• Werte: partikularistisch, subjektiv,

affektiv gebunden• stiften Identität, werden im

individuellen Prozess der Selbstbildung erworben und sind daher kontingent (abhängig von den jeweiligen Lebensbedingungen des Einzelnen)

• sind erstrebenswert und stark motivierend

• Religion

Moral• Sollen• Pflicht• Normen: von der Gesellschaft

erstellt, regeln das Gemeinschaftsleben, äußerlich, rational argumentiert, universalistisch, (objektiv), formalistisch

• schwache bis fehlende Motivation

• erfordert Recht und Gesetz als Stütze

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Kritik an utilitaristischen Ansätzen

• Werte und Normen werden nicht erklärt, sondern entweder als evident unterstellt oder als exogen betrachtet

• Z.B.: Erklärungsansätze James Coleman (Grundlage der Sozialtheorie;

1991): Normen entstehen aus dem Bedarf der Normierung von gesellschaftlich erwünschten Handlungen und der Sanktionierbarkeit von Regelverstößen

• Z.B: Erklärung von Michael Hechter: Werte entstehen als relativ dauerhafte Bewertungskriterien aus Präferenzen von Organismen (The Role of Values in Rational-Choisce Theory. In: Rationality and

Society, 1994, S.318-335)

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Kritik am Normativismus und Funktionalismus

• Normativistischer Erklärungsansatz von Talcott Parson: Wert entstehen durch Verinnerlichung der institutionalisierten Normen – absteigende Hierarchie von Wertsystem- Normen- Präferenzen

• Funktionalismus von Luhmann: Werte entstehen in Abhängigkeit von der gesellschaftlichen Differenzierung und Organisation (für Joas apriorische Setzung)

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Friedrich Nietzsche -Die Entstehung der Werte als Genealogie der Moral ?*

• Wert als Begriff entstand in der dt. Phil des 19. Jhd. , kam aus der Ökonomie, tritt an die Stelle der metaphysischen Einheit des Wahren und Guten, dem ein „Sein“ zugeschrieben wurde und Faktizität und Geltung hatte.

• Wende zur Subjektivität: Teilhabe des Subjekts an einem Reich idealer Geltung vorbei – Frage wie ideale Geltung aus kontingenter Subjektivität entstehen kann.

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Nietzsche (2)

• Unter welchen Bedingungen erfand sich der Mensch jene Werturteile „gut und böse“?

• gegen Schopenhauers Mitleidsethik gerichtet• Intention: Befreiung vom moralischen Druck der

christlichen Ethik• Die christlichen Werte entstanden aus Ressentiment: die

Schwachen können sich gegen die Starken nur behaupten, indem sie die priesterliche Lebensweise mit Askese, Reinheit, Verneinung des Lebens der rauschhaften Lebensweise der Starken entgegenstellen.

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Nietzsche (3)

• Verdienst Nietzsches: das Ressentiment als Quelle moralischer Werturteile wird als Entdeckung bezeichnet

• Kritik Nietzsches an der konventionellen Moral, welche den Preis des Vergessens der eigenen Wünsche verlangt

• Überwindung der Dichotomie zwischen Pflicht und Neigung

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William James, Die Vielfalt der religiösen Erfahrung*

• Einsicht in die Kontingenz der Welt• Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit des Glaubens in

einem postmetaphysischen, wissenschaftlich bestimmtes Zeitalter.

• Wissenschaft kann nicht alle Probleme klären• Glaube ist Vertrauensvorschuss, aus dem heraus das

Gewünschte entsteht• Glaube wird von Moral unterschieden: Moral schränkt

Handlungen ein, Religion vergrößert unsere Handlungsmöglichkeiten

• Moral kann nach James sehr Verschiedenes sein, Religion ist leidenschaftlicher und verleiht Kraft

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William James (2)

• Ausgangspunkte: Phänomenologie der religiösen Erfahrung, der Gefühle und Handlungen des Einzelnen (nicht Religion als Institution) und ihre Beziehung zum Göttlichen.

• James ist Pragmatist: Glaube und Wissenschaft sollen nicht nach dem Ursprung, sondern nach ihren Folgen beurteilt werden.

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William James (3)

• Glaube und Liebe sind bei W. James Wertempfindungen allgemein. Ihn beschäftigt die Entstehung der Werthaftigkeit

• Moral wird von Wert unterschieden durch die Erfahrung des Angezogenseins:

• Diese Erfahrungen können einen von der kognitiven Argumentation abgelöste subjektive Gewissheit annehmen.

• Sind nicht durch Willensanstrengung, nur durch Selbstaufgabe erreichbar.

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Émile Durkheim - Kollektive Ekstase*

• Durch Studium der ältesten Formen (Totemismus) können wir heutige Erscheinungsformen der Religion erklären.

• Durch die Arbeitsteilung** nimmt die Bedeutung gemeinsamer Überzeugungen ab, Religion stirbt aus, eine neue Moral für die moderne Gesellschaft in der französischen Republik ist notwendig.

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Durkheim (2)

Untersuchung der Religion (Durkheim ist Laizist) und ihrer Funktionen:

1. ist ein System von Überzeugungen (hat eine Kosmologie)

2. mit Bezug auf das Heilige und heiligen Dingen (damit ist nicht das Übernatürliche gemeint) im Unterschied zum Profanen

3. eine moralische Gemeinschaft (Kirche).

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Durkheim (3)

• In der Beobachtung von Menschversammlung wird die Verringerung der Selbstkontrolle, die Erregung bis zur Überwältigung und dem Selbstverlust deutlich.

• Doppelfunktion des Totems als Symbol für Gott und die Gesellschaft

• Selbstverlust wird als Berührung mit präexistierenden Mächten interpretiert.

• Die Anerkennung durch Mitmenschen motiviert und stärkt.

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Durkheim (4)

• Beispiel Religion ist Idealbildung, erfordert Öffnung des Selbst und Selbstverlust.

• Ideale ( = Werte) entstehen natürlicherweise in der kollektiven Ekstase, sind Produkte des gesellschaftlichen Lebens.

• Dynamismus: eine Gesellschaft kann nicht entstehen noch sich erneuern, ohne gleichzeitig Ideale zu erzeugen.

• Spannung von Moral und Religion zeigt sich im Doppelcharakter der moralischen Autorität: das Heilige wird sowohl geliebt als auch gefürchtet.

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Georg Simmel - Die Immanenz der Transzendenz*

• Das Religiöse ist eine Qualität von sozialen Beziehungen –“…eine eigenartige Mischung von selbstloser Hingabe und eudämonistischem Begehren, von Demut und Erhebung….“

• Mischung von Sollen und Wollen • Das Religiöse bietet die Möglichkeit der Wertbildung (in

einer Veränderung der Wertsicherheit unter modernen Bedingungen) Gott, Heiligkeit, ewiges Leben erwecken Leidenschaft und verweisen auf ein Allgemeines.

• Religion wird zur utopischen Artikulation einer Form sozialer Integration bei höchste Individuation.

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Simmel (2)

• Krieg als Steigerung der Lebensqualität und Wiedergewinnung des Sinns und von Ideen nach einer von Geld geprägten Kultur

• Weg der Werterfahrung aus einer Kultur der Rationalität unmöglich, sondern nur durch Gefühl

• Einsicht in die Endlichkeit ist die notwendige Voraussetzung für die Entstehung von Werten - Leben als Zufälliges lässt die Idee eines der Zeitlichkeit enthobenen Wertes entstehen.

• An die Grenzen der Erkenntnis stoßen, heißt sie transzendieren.

• Der Wille kann nur erfahren werden, wenn sich Wünsche nicht immer erfüllen.

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Simmel (3)• Werte entstehen durch „Achsendrehung“ – Mensch ist das einzige Wesen,

das bewusst zweckvoll handeln kann, aber gleichzeitig ein unzweckmäßiges Wesen.

• Beitrag zu Theorie der Bildung des Ichs:• Ich im Spannungsfeld radikaler Kontingenz und idealer Geltung (Deutung

der unsterblichen Seele)• Jenseits ist Inbegriff unendlichen Potentialität, die im Diesseits nicht

ausgeschöpft werden kann.• Sollen ist nicht wirklichkeitsfremd, sondern mit dem Ich verbunden, der

Sinn des sittlichen Gesetzes kann nur darin liegen, sich auf die ganze Person zu richten und diese dann aufzufordern, was an Sollensimpulsen in einer bestimmten Situation angelegt ist.

• Kern der Individualität ist ethische Unvertretbarkeit, das individuelle Gesetz.

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Max Scheler – Das Wertgefühl und sein Gegenstand*

• Intention: Wiedergewinnung bzw. Neubegründung der materialen Wertethik- gegen die kantianisch-protestantische Tradition - mithilfe der christlichen Liebesidee als Alternative zu Utilitarismus und Kantianismus, welcher die Güter und Zweckethik zerstört habe

• Gedanke des objektiven Seins von Werten und einer Stufenordnung der Werte - gegen die Subjektivierung des Guten und gegen „Glaubens- und Liebespflichten“- gegen den Verlust an emotionaler Intensität

• Verteidigung der christlichen Liebe als Grundverhältnis des Menschen zu Gott und den Mitmenschen

• Gegen den Dualismus von Pflicht und Neigung bei Kant**

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Scheler (2)• Definition der Liebe als „Urakt“, durch den ein Seiendes – ohne

aufzuhören, diese begrenzte Seiende zu sein - sich selbst verlässt, um an einem andern Seienden als „ens intenitonale“ so teilzuhaben….. dass sie doch nicht, irgendwie reale Teile voneinander werden.“

• Im Gegenentwurf zu Nietzsche wird christliche Liebe als Streben des Höheren zum Niederen charakterisiert („Bewegungsumkehr der Liebe“).

• Christliche Liebe wird als erkenntniskonstitutives Prinzip betrachtet, emotionale Zurückhaltung im Erkenntnisakt hält Scheler für bourgeois und ein Manko des aufgestiegenen Bürgertums *

• Apriorismus des Emotionalen gegen Kants Apriorismus des Rationalen

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Scheler (3)

• Strebungen gehören zum Kern des Handelns und sind immanent auf Werte bezogen (nicht Relikt einer vormenschlichen Natur)

• Ideal des sittlichen Menschen: nicht Willensstärke, sondern sittliche Durchbildung der Person, Nachfolge eines Vorbilds

• Werte haben bei Scheler Objektivität, intentionale Gefühlsakte, die sich von Erfahrungen des Sollen unterscheiden, schaffen uns Zugang zu einer Klasse idealer objektiver Werte

Probleme: Subsumption des Sollens unter die Werte; Präexistenz der Werte;

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John Dewey, Erschütternde Intersubjektivität*

• Ablehnung des Wertobjektivismus, aber auch der Deutung von Werten als bloßer Gefühlsausdruck

• Ausdruck der Gefühle sind in ein interpersonales Geschehen eingebettet

• Zweck- Mittel können nicht voneinander getrennt betrachtet werden und setzen ein Verständnis des Handelns voraus

• Werte entstehen auf der Basis von Präferenzen, die auf ihre Realisierbarkeit hin überprüft werden müssen (Reflexion) (desire/desirable)**

• In allen Phasen sind sie sie auf die Verwirklichung von Idealen hin bezogen

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Dewey (2)

• Religion als Dimension menschlicher Erfahrung wird untersucht und die Möglichkeit des Glaubens ohne Gott erwogen. Die Interpretation religiöser Erfahrung wird als kulturabhängig gesehen. Pragmatistisch wird Religion von ihrer Wirkung her beleuchtet: dem Gefühl der Sicherheit und des Friedens.

• Entscheidender Schritt: die religiöse Erfahrung wird mit dem imaginären Bezug zu einem ganzheitlichen Selbst in Verbindung gebracht.

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Dewey (3)

• Die Idee eines ganzheitlichen Selbst ist durch und durch imaginär, sinnlich nicht erfahrbar, es ist nicht im Kern der Persönlichkeit statisch verankert, das wirkliche Selbst ist stets nur als Ausschnitt präsent, aber durch die Einbildungskraft* kann das Mögliche erfahren werden

• Wert und Ideale sind das Resultat kreativer Vorgänge der Idealisierung kontingenter Möglichkeiten

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Dewey (4)

• Erfahrung mir religiöse Dimensionen helfen uns, nie realisierte Potentialitäten und ein ganzheitliches Selbst zu imaginieren. Die Ganzheit des Universums hat den selben Charakter wie die Ganzheit des Selbst.

• Menschliche Kommunikation wird mit quasi-religiöser Erfahrung aufgeladen, denn sie ist ein Geschehen, indem sich die einzelnen Menschen dem anderen öffnen und damit Erfahrungen der Wertbindung machen - Aufsprengung der Selbstzentriertheit

• Demokratie wird Deweys säkulare Religion

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Charles Taylor- Die Identität und das Gute*

Verbindung der Werttheorie mit einer intersubjektivistischen Theorie der Identitätsbildung

• Betonung des affektuellen und kognitiven Charakter der Werte• Quellen des Selbst: starke und schwache Wertungen entstehen aus

Wünschen erster und zweiter Ordnung durch die Fähigkeit zur reflektierenden Selbstbewertung.

• Durch Wünsche zweiter Ordnung wird die menschliche Person definiert.

• In unseren moralischen Gefühlen erfahren wir, dass wir sie erst durch eine Reflexion auf den Bezugspunkt erkennen können.

• Bezugspunkt ist eine Lebensform, die ein Ideal darstellt, welche Art von Person wir nach unseren eigenen Maßstäben sein wollen.

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Taylor (2)

• Empfindungen lassen sich in Sätze transformieren.• Die Rolle der Artikulation besteht darin, die Kluft zwischen

moralischen Gefühlen und reflektierten Wert zu überbrücken.

• Wertungen gehören zur menschlichen Handlungsfähigkeit*• Topografie des moralischen Raumes gibt Richtung des

Strebens vor. Ohne Orientierung auf das Gute kommen wir nicht aus.

• Moralische Gefühle unterscheiden sich von anderen Gefühlen durch ihre interne Beziehung zu den Werten und zu unserem Selbstverständnis.

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Taylor (3)

Die Rolle der Kommunikation:• Ein Selbst bin ich nur im Verhältnis zu

bestimmten Gesprächspartnern (intersubjektivistische Theorie der Identitätsbildung).

• Selbstbildung verläuft in der Gestalt der hermeneutischen Zirkels. Trotz der Interpretationsbedürftigkeit unsere Gefühle gehen diese niemals ganz in unserem Selbst auf.

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Taylor (4)

• Zentrale These: die Interpretation unsere Erfahrung ist ein komplexes Geschehen auf mehreren Ebenen, es entstehen dabei neue Werte.

• Taylor ist Wertrealist: Das Gute ist unabhängig von der menschlichen Existenz, es wird als unabhängig von meiner Existenz empfunden und ergibt sich aus der Deutung.

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Der Identitätsbegriff und seine postmoderne Herausforderung

• Bei Taylor sind starke Wertung und Identität miteinander verknüpft, ein Fehlen einer solchen Erfahrung bedeutet Verflachung der Person und Sinnverlust.

• Postmodere (Richard Rorty**): Stimme des Gewissens, starke Wertungen sind Sedimente der kontingenten Bedingungen unserer Sozialisation

• Wie sind mittelpunktlose „Zufallsgruppierungen kontingenter und idiosynkratischer*** Bedürfnisse“

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Postmoderne (2)

• Wir sollten den Glauben an die Substantialität unseres inneren Wesens aufgeben und uns vom Druck der Konsistenzforderung befreien, dann wird unser Verhältnis zur Widersprüchlichkeit unseres Wesens und zur Kontingenz entspannter und wir können uns besser entwickeln - Chance zur Kreativität in variierenden Kontexten; Ironie als Antwort auf Einsicht in die Kontingenz

• Einsicht in die Subjektivität des Wertens; den Bindungscharakter der Werte festzuhalten, stattdessen: Imperativ der Selbstschöpfung (- siehe Nietzsche)

• Ethos wird völlig ins Privatleben der Bürger einer liberalen Demokratie verbannt – politisches Ziel: Vermeidung von Grausamkeit und Demütigung.

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Verteidigung des Identitätskonzepts gegen Postmoderne (3)

• Interesse an der Identitätskonzeption stieg ab den sechziger Jahren

• Normativer Charakter des Identitätskonzepts: es sei gut und gesund eine Identität zu bilden und schafft Autonomiegewinn

• Postmoderner Gedanke: Identitätsbildung eine Zumutung und Zwang

• Joas weist diese Vorwürfe und Bedenken zurück: die sozialwissenschaftliche Tradition hat ein Bewusstsein von der permanenten Bedrohung der Identität: hier werden Persönlichkeitsstruktur und Ich-Identität verwechselt

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Postmoderne (4)

• Das in den Sozialwissenschaften verbreitete Konzept von Identität ist ein Kind des amerikanischen Pragmatismus: William James: Bewusstsein nicht mehr Behälter, sondern Strom mit Inseln; self als known“ (Selbst als Objekt der Erkenntnis ; Mead: „self“ ist sich herausbildende Selbstbeziehung einer Person, „sofern es dieser gelingt, die Bezüge zu unterschiedlichen und konkurrierenden Anderen und über die Zeit des Lebens hinweg in der Richtung auf Einheitlichkeit zu synthetisieren (- im Geflecht mit Rolle, generalisiertem Anderen, Selbstkontrolle und soziale Kontrolle)

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Postmoderne (5)

• Nach 1945 Erikson auf der Grundlage Freuds Konzept der Ich–Identität bewusste oder unbewusste Leistungen der Ich-Synthese, der Konstruktion und Rekonstruktion einer Kontinunität der Person über die Zeit oder Konsistenz einer Person angesichts der Vielzahl ihrer Antriebe und Erwartungen der Umwelt

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Postmoderne (6)

• Auch Mead hat ein Konzept der Impulsivität „I“: Identitätsbildung heißt hier nicht definitive Selbstbeherrschung, sondern die Etablierung einer offenen Kommunikationsbeziehung zwischen der Person und der Welt.

• Radikale Differenz: sozialisierter Individuen - die Verständigung durch eine gemeinsame Kultur und Sprache ist nie garantiert.

• Macht und Ausgrenzung in Prozessen der Identitätsbildung- die sozialwissenschaftliche Identitätskonzeption in ihrer klassischen Form hat diese Verschränkung von Dialog und Ausgrenzung nicht angemessen begriffen.*

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Postmoderne (7)• Schlagendes Argument gegen das postmoderne Identitätskonzept:

die Aufforderung an die Gemeinschaft, Demütigung zu verhindern setzt voraus, dass es ein Selbst gibt, welches gedemütigt werden kann :

• Aus der Postmoderne-Diskussion lernen wir, dass die Dezentrierung der Idee des Subjekts durchaus nicht zu einem Verzicht auf die normativen Gehalte des Identitätsbegriff führen muss.

• Charles Taylor ist in diesem Sinn „postmodern“ : • Identitätsbildung nicht im Sinne stabiler Merkmale, aber einer

kommunikativen und konstruktiven Beziehung des Menschen auf sich selbst und das nicht zum Selbst Gehörige ist die Voraussetzung für den schöpferischen Umgang mit dem Anderen und für ein Ethos der Differenz.

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Werte und Normen: Das Gute und das Rechte*

These zur Integration der Theorie von der Entstehung der Werte mit einem universalistischen Moralkonzept

Frage: Woher kommt das Rechte? Es wird nicht aus dem Guten abgeleitet.Pragmatismus Theorie der kontingenten Wertentstehung erlaubt trotzdem eine Konzeption des Universalismus als Moral- und zwar basierend auf Erkenntnissen der Anthropologie, dass es universelle Strukturen gibt, aus denen sich typische Funktionsstränge ergeben,

- z.B. Mead: Rollenübernahme als Charakteristikum menschlicher Kommunikation

- oder das universale Gespräch als formales Ideal der Kommunikation:

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Das Gute und das Rechte (2)

• Ethik aus des Perspektive des Akteurs heißt, dass Lösungen für Handlungsprobleme gefunden werden müssen.

• Der kategorische Imperativ kann nur dazu dienen, Handlungen dem Universalitätstest zu unterwerfen, nicht aber um herauszufinden, ob eine Handlung adäquat ist.

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Das Gute und das Rechte (3)

• Auseinandersetzung mit Diskursethik von Apel und Habermas, die sich auf Pragmatismus berufen, aber zu anderen Schlüssen kommt, nämlich zum Primat des Rechten vor dem Guten

• Der kategorische Imperativ erhält bei Apel/Habermas eine diskurstheoretische Lesart: Nach dem Diskursprinzip D erhalten nur jene Normen Geltung, die die Zustimmung aller Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden könnten.

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Das Gute und das Rechte (4)

Einwände gegen den Anspruch der Diskurstheorie:1. Sind Diskurse als formale Verfahren ganz von werthaften

Voraussetzung ablösbar (z.B. von demokratischen Tugenden?)2. Woher kommen die Kandidaten für das Prüfverfahren, wie

entstehen Geltungsansprüche?3. Woher soll das Motiv kommen, in einen Diskurs einzutreten?

(Warum sollen wir moralisch sein wollen?)4. Welche inneren Differenzierung für den Diskurs dürfen wir

annehmen?5. Wie sollen die gefunden Ergebnisse angewendet werden?6. Wie entsteht die Bindungswirkung für die Teilnehmer?

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Das Gute und das Rechte (5)

• Rechtfertigungsdiskurse und Anwendungsdiskurse bleiben ein rein kognitives Geschäft und bieten daher keine Kompensation für die Entkoppelung des moralischen Urteils von den Motiven des Handelns.

• Ethik bezeichnet nicht nur, was „für mich“ gut im Sinne meines Glücks gut ist, sondern „was für mich“ im Sinne meiner ehrlichen Einsicht in das Gute, meines Ergriffenseins von Werten, gut ist.*

• In einer Ethik aus der Perspektive des Handelnden müssen Werte und Normen vorkommen und interagieren.

• Bei Habermas sind Recht und Moral „Ausfallbürgschaften“.

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Themen für den Ethikunterricht (1)

• Beziehung zwischen Werten und Idealen• Entstehung von Werten: Reflexion über

persönlich wichtige Werte und ihren Entstehungszusammenhang: Mit welchen Werten identifiziere ich mich bzw. fühle ich mich emotional verbunden? Würde es mich treffen, wenn ich diese Werte nicht leben könnte?

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Themen für den Ethikunterricht (2)

• Diskussion über die sinnstiftende Funktion von Werten

• Werte und Gemeinschaftsbildung, Ideale und das Problem der Ausgrenzung

• Das Verhältnis vom Guten und Rechten: Wie die Erfahrung zeigt, ist das moralisch Rechte nicht immer gut für mich.

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Zitate zum Thema

• Unsere Pflichten, das sind die Rechte anderer auf uns.” Friedrich Nietzsche

• „Gerne dien’ ich den Freunden, doch tu ich es leider aus Neigung, und so wurmt es mich oft, dass ich nicht tugendhaft bin”. Friedrich Schiller

• „Ich schlief und träumte, das Leben wäre Freude.Ich erwachte und sah: Das Leben war PflichtIch handelte und sah: Die Pflicht ward zur Freude.” Rabindrnath Tagore