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37 MMW-Fortschr. Med. Nr. 13 / 2013 (155. Jg.) Lungenkrebs: Neue Verfahren zur Lokaltherapie Hart zum Tumor, schonend für den Patienten Je weniger eingreifend eine lokale Therapie ist, desto mehr Patienten können davon profitieren. Bis vor ca. 15 Jahren standen als lokale Therapiemaßnahmen operativ die offene Thorakotomie mit der Ent- fernung einzelner Lungenlappen oder eines ganzen Lungenflügels zur Verfügungen. Strahlentherapeutisch war technisch die perku- tane Strahlentherapie nur mit wenigen Strahlenfeldern und meist hoher Belastung der nicht vom Tumor betroffenen Lunge möglich. Doch seitdem haben technische Neuerung Einzug gehalten. Wie die Autoren der folgenden Artikel herausarbeiten, gelingt durch endoskopische (thorakoskopische) Resektionsverfahren und hoch präzise Strahlentherapie der Spagat zwischen verbesserter Lo- kalkontrolle bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen immer bes- ser. Optimismus ist also auch beim Lungenkarzinom erlaubt. Aber nur, wenn der Prävention genauso unser Augenmerk gilt wie der Therapie. Nicht vergessen: „Rauchen schadet der Gesundheit!“ © DU CANE MEDICAL IMAGING LTD / SPL / AGENTUR FOCUS _ Lungentumoren werden trotz positiver Entwicklung beim Tabak- konsum noch Jahrzehnte eine Hauptrolle unter den malignen Er- krankungen spielen. Ein rückläufiger Trend lässt sich bei den Män- nern beobachten. Bei den Frauen steigen aber Inzidenz und Sterb- lichkeit noch an, wie Daten des Robert Koch-Instituts zeigen. Nach wie vor wird die Erkrankung bei ca. 60% der Patienten in einem fortgeschrittenen, metastasierten Stadium diagnostiziert. Die Errungenschaften bei der molekularbiologischen Charakterisie- rung der Lungentumoren wie die Mutationsanalysen des EGF- (Epidermal Growth Factor-)Rezeptors oder Nachweis des ALK-Fusi- onsproteins haben zwar die medikamentöse Behandlung drama- tisch verbessert, eine Heilung gelingt bisher durch Medikamente allein leider (noch) nicht. Wesentliche Verbesserungen der Gesamt- heilungschancen werden derzeit durch eine verbesserte Früherken- nung und durch verbesserte Verfahren der Lokaltherapie erreicht. Bezüglich der Früherkennung konnten 2010 erstmals in Studien mit dem Low-dose-Thorax-CT als Screeningmethode Erfolge gemeldet werden. So gelang z. B. in der nordamerikanischen NLST-(National Lung Screening Trial-)Studie eine Reduktion der Gesamtsterblich- keit der gescreenten Population um immerhin 7%. Eine breite Ver- fügbarkeit des Screenings wie bei Brust- oder Darmkrebs wird aber bedauerlicherweise noch auf sich warten lassen. Gründe sind die Kosten und Schwierigkeiten bei der Definition der Bevölkerungs- gruppen, denen das Screening angeboten werden soll. Immerhin kann derzeit 40% der Patienten mit Lungenkarzinom eine Therapie mit dem Ziel einer Heilung angeboten werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass beim Lungenkarzinom – wie auch bei Kopf- Hals-Tumoren und Ösophaguskarzinomen – die ausgeprägtesten Komorbiditäten vorkommen bezogen auf alle Tumorarten. Bedingt durch den Tabakkonsum als Hauptrisikofaktor bei ca. 90% der Pati- enten besteht häufig eine generalisierte Gefäßsklerose sowie eine schwere chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Damit sind diese Patienten prädisponiert für perioperative Komplikationen. Sie kön- nen auch keine weitere Verschlechterung der Lungenfunktion durch Verlust von funktionellem Lungengewebe durch Op. oder Strahlen- pneumonitis tolerieren. Dr. med. Bernhard Heinrich Hämatologisch onkologische Praxis Augsburg FORTBILDUNG Schwerpunkt Lungenkarzinom 38 _ Minimal-invasive Chirurgie 41 _ Hochkonformale Strahlen- therapie Obwohl weniger geraucht wird, sind Lungenkarzinome immer noch häufig.

Hart zum Tumor, schonend für den Patienten

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37MMW-Fortschr. Med. Nr. 13 / 2013 (155. Jg.)

Lungenkrebs: Neue Verfahren zur Lokaltherapie

Hart zum Tumor, schonend für den Patienten

Je weniger eingreifend eine lokale Therapie ist, desto mehr Pa tienten können davon profitieren. Bis vor ca. 15 Jahren standen als lokale Therapiemaßnahmen operativ die offene Thorakotomie mit der Ent-fernung einzelner Lungenlappen oder eines ganzen Lungenflügels zur Verfügungen. Strahlentherapeutisch war technisch die perku-tane Strahlentherapie nur mit wenigen Strahlenfeldern und meist hoher Belastung der nicht vom Tumor betroffenen Lunge möglich. Doch seitdem haben technische Neuerung Einzug gehalten.Wie die Autoren der folgenden Artikel herausarbeiten, gelingt durch endoskopische (thorakoskopische) Resektionsverfahren und hoch präzise Strahlentherapie der Spagat zwischen verbesserter Lo-kalkontrolle bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen immer bes-ser. Optimismus ist also auch beim Lungenkarzinom erlaubt. Aber nur, wenn der Prävention genauso unser Augenmerk gilt wie der Therapie. Nicht vergessen: „Rauchen schadet der Gesundheit!“

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_ Lungentumoren werden trotz positiver Entwicklung beim Tabak-konsum noch Jahrzehnte eine Hauptrolle unter den malignen Er-krankungen spielen. Ein rückläufiger Trend lässt sich bei den Män-nern beobachten. Bei den Frauen steigen aber Inzidenz und Sterb-lichkeit noch an, wie Daten des Robert Koch-Instituts zeigen. Nach wie vor wird die Erkrankung bei ca. 60% der Patienten in einem fortgeschrittenen, metastasierten Stadium diagnostiziert. Die Errungenschaften bei der molekularbiologischen Charakterisie-rung der Lungentumoren wie die Mutationsanalysen des EGF-(Epidermal Growth Factor-)Rezeptors oder Nachweis des ALK-Fusi-onsproteins haben zwar die medikamentöse Behandlung drama-tisch verbessert, eine Heilung gelingt bisher durch Medikamente allein leider (noch) nicht. Wesentliche Verbesserungen der Gesamt-heilungschancen werden derzeit durch eine verbesserte Früherken-nung und durch verbesserte Verfahren der Lokaltherapie erreicht. Bezüglich der Früherkennung konnten 2010 erstmals in Studien mit dem Low-dose-Thorax-CT als Screeningmethode Erfolge gemeldet werden. So gelang z. B. in der nordamerikanischen NLST-(National Lung Screening Trial-)Studie eine Reduktion der Gesamtsterblich-keit der gescreenten Population um immerhin 7%. Eine breite Ver-fügbarkeit des Screenings wie bei Brust- oder Darmkrebs wird aber bedauerlicherweise noch auf sich warten lassen. Gründe sind die Kosten und Schwierigkeiten bei der Definition der Bevölkerungs-gruppen, denen das Screening angeboten werden soll. Immerhin kann derzeit 40% der Patienten mit Lungenkarzinom eine Therapie mit dem Ziel einer Heilung angeboten werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass beim Lungenkarzinom – wie auch bei Kopf-Hals-Tumoren und Ösophaguskarzinomen – die ausgeprägtesten Komorbiditäten vorkommen bezogen auf alle Tumorarten. Bedingt durch den Tabakkonsum als Hauptrisikofaktor bei ca. 90% der Pati-enten besteht häufig eine generalisierte Gefäßsklerose sowie eine schwere chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Damit sind diese Patienten prädisponiert für perioperative Komplikationen. Sie kön-nen auch keine weitere Verschlechterung der Lungenfunktion durch Verlust von funktionellem Lungengewebe durch Op. oder Strahlen-pneumonitis tolerieren.

Dr. med. Bernhard HeinrichHämatologisch onkologische Praxis Augsburg

FORTBILDUNG Schwerpunkt

Lungenkarzinom

38 _ Minimal-invasive Chirurgie 41 _ Hochkonformale Strahlen-

therapie

Obwohl weniger geraucht wird, sind Lungenkarzinome immer noch häufig.