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29.05.2012
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Querschnittsbereich Bildgebende Verfahren,
Strahlenbehandlung, Strahlenschutz
Teil 1: Grundkurs
Sommersemester 2012
Röntgenologische Technik
Prof. Dr. Jürgen R. Reichenbach
Medizinische Physik Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie I
http://www.mrt.uni-jena.de
• Röntgen
• Ultraschall
• Computertomographie
• Durchleuchtung
• Magnetresonanz-
tomographie
• Angiographie
• …
Bildgebende Verfahren boomen …
www.barmer-gek.de
Warum braucht man bildgebende Systeme ??
„Sucht“ nach bildlicher Information ??
RSNA (Chicago)
Information in Sinnesorganen
Informationsaufnahme aus der Umwelt für alle Sinnesorgane: ≈ 109 bit/s
Selektion im Verhältnis 1:10 Millionen !!!
Quelle: H. Drischel, „Einführung in die Biokybernetik“, Akademie-Verlag 1972
bewußte Verarbeitung: ~100 bit/s
kurzfristige Speicherung: ~10 bit/s
dauernde Speicherung: ~1 bit/s
Sehen
Hören
Riechen
Schmecken
108 bit/s
5x104 bit/s
102 bit/s
10 bit/s Zuflußkapazität zum
Kurzspeicher: 16 bit/s sind dem menschlichen
Bewußtsein gegenwärtig
Informationsfluß
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Fazit
Bildgebende Systeme
unterstützen den
leistungsfähigsten Sensor!!
Bildgebende Verfahren
Ärztliche Kriterien:
• Qualität der anatomischen Darstellung von Organen und Organgrenzen
• Detektion von pathologischen Symptomen
• Differenzierung von pathologischen Strukturen
• sichere Abgrenzbarkeit von gut- und bösartigen Prozessen
• Tumor-Staging (Malignitätsbewertung)
• Belastung des Patienten (so wenig invasiv wie möglich!!)
Gefährlichkeit einer Untersuchung für den Patienten
Strahlenexposition
psychologische Belastung
Untersuchungsdauer
Typ und Menge des eingesetzten Kontrastmittels
• Kosten der Untersuchung
Einsatzgebiete bildgebender Diagnostik
• Diagnostik
• Therapie- und Verlaufskontrolle
• Vorsorgeuntersuchung (Screening)
• Überwachung interventioneller Maßnahmen
• Forschung
Aufgabenschwerpunkte
Konzept der diagnostischen Radiologie
Bilderzeugung Bildübertragung Bilddarstellung
Bildbearbeitung Bildperzeption &
Diagnosestellung
Übersicht Elektromagnetisches Spektrum
http://www1.sura.org/2000/SURA_Electromagnetic_Spectrum_Full_Chart.jpg
Bildgebende Verfahren
ohne ionisierende
Strahlung
kernmagn.
Resonanz
Ultraschall nuklearmed.
Verfahren
Spektroskopie Tomografie planar Emissions-
Tomografie
(PET)
mit ionisierender
Strahlung
Röntgen
Tomografie
(CT)
planar
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Wilhelm Conrad Röntgen (1845 - 1923)
• unsichtbar und nicht wahrnehmbar
• durchdringen Materie
• können gebeugt werden
• ionisieren Gase
• verändern Fotoemulsionen
• regen verschiedene Stoffe zu Lichtemission an
• verursachen Veränderungen im lebenden Gewebe
Röntgenstrahlen ...
Spektren bei verschiedenen Röhrenspannungen
Linienspektrum
Bremsspektrum
Schwächung von Röntgenstrahlung
3 3Z d
Energiebilanz:
1% Röntgenstrahlung
99% Verlust durch Wärme
Drehanoden-Röntgenröhre
Quelle: Thurn P, Bücheler E, „Einführung in die diagnostische Radiologie“, Thieme 1992
Standardform einer diagnostischen Röhre
• thermische Verlustleistung bis zu 100 kW
• rotierender Anodenteller (ø 20 cm, m = 1 kg)
• bis zu 10.000 Umdrehungen / min
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• Röntgenstrahler
• Hochspannungsgenerator
• Lagerungstisch bzw.
Rasterwandstativ
• Meßkammern zur Messung
der Strahlendosis
• Streustrahlenraster
• Filmkassette mit Folien
• Bedienpult
• Entwicklersystem
Röntgenanlage besteht aus …
"Röntgenzimmer" um 1900
Röntgenfilme
beidseitig beschichteter Röntgenfilm (Querschnitt) Emulsion: Suspension von Bromsilberkristallen in Gelatine
Trägerschicht: flexibles Polyester oder Zelluloseacetat
Quelle: Laubenberger T, Laubenberger J, „Technik der medizinischen Radiologie“, Deutscher Ärzte-Verlag 1999
AgBr
AgBr
Scanning electron micrographs.
Top: Top-down SEM of tabular
grain emulsion layer. Bottom:
Cross section of film
Quelle: Bushberg JT et al. „The
Essential Physics of Medical
Imaging“ 2002
Polymer film base
Nur etwa 1% der direkt empfangenen Strahlung wird
von der Emulsionsschicht des Films absorbiert !
Problem
Die Schwärzung hängt ab von der „Menge“ an Röntgenstrahlen,
die an dieser Stelle absorbiert wurden.
Für medizinische Bildgebung ist Röntgenfilm
allein nicht geeignet
Röntgenfilm
Verstärkerfolien
Röntgenfilmkassette mit Verstärkerfolien
Umwandlung der Röntgenstrahlung in sichtbares Licht und
danach Nachweis mit einem Film (Lumineszenz).
eingesetzte Leuchtstoffe: Kalziumwolframat (CaWO4)
Lanthanoxibromid mit Terbium dotiert (LaOBr:Tb)
Gadoliniumoxisulfid mit Terbium dotiert (Gd2O2S:Tb)
Quelle: Laubenberger T, Laubenberger J, „Technik der medizinischen Radiologie“, Deutscher Ärzte-Verlag 1999
- hohe Röntgenabsorption
- hohe Quantenausbeute
- gute Anpassung des Leuchtspektrums an
Filmempfindlichkeit
Verstärkungsfaktor V einer Folie:
V = Dosis ohne Verstärkerfolie ______________________
Dosis mit Verstärkerfolie (gleiche Schwärzung)
typ. Werte: V = 10 - 20
Qualitätskriterien für Verstärkerfolien
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Bildaufnahme mit Speicherfolie (Halbleiterfolie einer Schwermetall-
halogenidphosphorverbindung)
Speicherfolien
1. Schritt zur „digitalen Radiologie“
Übergang vom Leuchtzentrum in
den Grundzustand ist „optisch
verboten“
Leuchtzentren bleiben angeregt.
Speicherfolie wird in
lichtdichter Kassette
aus dem Röntgengerät
in ein Auslesesystem
gebracht
Auslesesystem für Speicherfolien: Laserscanner
• Abtastung des gespeicherten
Bildes mit einem Laser mit sehr
kleinem Fokus
• Wellenlänge abgestimmt für
Anregung aus Leuchtzentren
• Detektion des emittierten Lichts
mit PM
• aus PM-Signal wird zeilenweise
Bild digitalisiert
Laubenberger T, Laubenberger J,
„Technik der medizinischen Radiologie“,
Deutscher Ärzte-Verlag 1999
http://en.wikibooks.org/wiki/Basic_Physics_of_Nuclear_Medicine/Dual-
Energy_Absorptiometry
http://www.tuev-nord.de/downloads/DigRad_Kamm.pdf
Quelle: O. Dössel, “Bildgebende Verfahren in der Medizin”, 2000
Signal als Funktion der Dosis für Speicherleuchtstoffe
Lineare Kennlinie über 5 bis 8 Größenordnungen!
digitales Bild, d.h. Weiterverarbeitung im Rechner möglich
unempfindlich gegen Fehlbelichtungen (z.B. Bettaufnahmen) aufgrund
des großen Dynamikbereichs
Linearität
Vorteile:
☺
☺
☺
Digitale Röntgen-Bildaufnehmer
Detektorfläche:
43 cm x 43 cm
Pixelgröße:
143 µm
Auflösung:
3,5 LP/mm
Konverterschicht und Matrix aus Photodiodenarray
Röntgenbildverstärker
Erfindung von
John Coltman Westinghouse
Research Laboratories
1948
http://www.orau.org/ptp/collection/Radiology/imageintensifier.htm
http://sales.hamamatsu.com/assets/pdf/catsandguides/x-ray_image_intensifiers.pdf
Schnitt durch einen RBV
in Keramik-Technologie
Schnitt durch einen RBV
in Emaille-Technologie
Röntgenbildverstärker – Image Intensifier
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Durchleuchtung
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/b/bd/Philips_II.jpg
1 Röntgenröhre
2 Tiefenblende zur Begrenzung
des Röntgenstrahlbündels
3 Bleigummi-Abschirmung zum
Schutz nicht untersuchter
Körperbereiche des Patienten
4 Strahlentransparente
Patientenlagerungsplatte
5 Fernsehmonitor
6 Elektronischer Bildverstärker
7 Fernseh-Aufnahmeröhre
8 Bleiglasbrille des Untersuchers
mit Seitenschutz
9 Schilddrüsenschutz
10 Strahlenschutzschürze des
Untersuchers (Rundum-
Schürze)
11 Bleigummi-Lamellen zum
Strahlenschutz des
Untersuchers 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
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Quelle: BfS 2003
Digitale Subtraktionsangiographie (DSA)
DSA, Darstellung der A.
mesenterica superior
(Ast der Bauchaorta)
tomography.files.wordpress.com/2007/10/xray2.jpg
Projektions-Radiographie
• Verteilung der durch das Gewebe transmittierten Röntgenphotonen
• 2D-Projektion der Schwächungseigenschaften des Gewebes
Ein Sparschwein im Röntgenbild.
(Bild: Universitätsklinik für Radiologie Magdeburg)
Projektions-Radiographie Schädel
Abschwächung von Röntgenstrahlen
Röntgenröhre
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
Abschwächung von Röntgenstrahlen
Röntgenröhre
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
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Röntgenröhre
Abschwächung von Röntgenstrahlen
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
Röntgenröhre
Computertomographie
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
Computertomographie
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
?
Eigentlich hat man nur das …
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
Wie bekommt man das ganze Bild?
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
Wie bekommt man das ganze Bild?
Courtesy M. Günther, Uni Bremen
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Quelle: Kalender WA, Computertomographie, Publicis MCD Verlag 2000
Computertomographie
Bildrekonstruktion
Projektion
Johann Radon (1887 – 1956)
1917 „Über die Bestimmung von Funktionen durch ihre Integralwerte längs gewisser Mannigfaltigkeiten“
gefilterte Projektion
Godfrey N. Hounsfield
1919 - 2004
Erster kommerzieller CT-Scanner EMI Mark I; 1973
Allan M .Cormack
1924 - 1998
Computertomographie
Nobelpreis
1979
Quelle: Kalender WA, Computertomographie, Publicis MCD Verlag 2006
1974 Bildmatrix 80 x 80
Quelle: Kalender WA, Computertomographie, Publicis MCD Verlag 2006 Quelle: Kalender WA, Computertomographie, Publicis MCD Verlag 2006
Volumendatensatz Bildmatrix 1024 x 1024
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Kontrast in der CT
Quelle: Kalender WA, Computertomographie, Publicis MCD Verlag 2006 Quelle: Kalender WA, Computertomographie, Publicis MCD Verlag 2000
Was wird im CT-Bild dargestellt?
CT-Werte geben den linearen Schwächungs-
koeffizienten des Gewebes in jedem Volumen-
element an, relativ zu dem µ-Wert von Wasser.
Dadurch sind die CT-Werte der einzelnen
Organe relativ stabil und weit gehend unab-
hängig vom Röntgenspektrum.
Computertomographie
H UZ a h lC TW as s er
W as s erG 1 0 0 0
Computertomographie
Die Hounsfield Skala
Computertomographie
Fensterung
bei der
Darstellung
von CT-
Bildern
Typischer CT-Untersuchungsraum
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Messsystem in
der Montage mit
Schleifringen
(links) und
Komponenten
(rechts)
Subsekunden-CT
1 sec. Rotationszeit 0,5 sec. Rotationszeit
Spiral-CT
1989
Mehrschicht-Spiral-CT
Aufbau des Multidetektors
Die Anzahl der erfassten Schichten und ihre Dicke werden durch röhrenseitige Kollimierung
und elektronische Kombination der Signale aus dem Detektorarray festgelegt.
Fokus der Röntgenröhre
Kollimator der Röntgenröhre
4 x 1.25 mm Detektorkonfiguration
16-fach Mosaikdetektor
Quelle: Kalender WA, Computertomographie, 2. Aufl., Publicis MCD Verlag 2006
Leistungsmerkmale der CT (1972-2005) Anwendungen
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Anwendungen
0.33 seconds rotation
Dual Source CT:
Zwei Röntgenröhren und zwei Detektorsysteme
Dual Source CT
Dual Source CT: Heart rate
independent temporal resolution of 83 msec
single source CT dual source CT single source CT +
multisegment recon.
Patient with varying heart rate between 86 bpm and 122 bpm
Courtesy of University Medical Center Grosshadern / Munich, Germany
Fast visualization of the complete human anatomy
in only 42 sec with 0.33 isotropic resolution
Courtesy of University Hospital of Munich - Grosshadern / Munich, Germany
Anwendungen der CT
Trauma Unfalldiagnostik im gesamten Körper
Kopf-Hals Akutes nicht-traumatisches neurologisches Defizit (Blutung, Infarkt)
Akutes kranio-cerebrales Trauma mit neurologischen Symptomen
(Ödem = Schwellung, Contusion = Prellung/Quetschung, Blutung)
Trauma der Schädelbasis
Akuter Kopfschmerz mit Meningismus (Erkrankung der Hirnhaut)
Akute Bewußtseinsstörung
Spinalkanal Spinales Trauma (spinal = zum Rückgrat und Rückenmark gehörend)
Hals-Nasen-Ohren Kraniofaziales Skelett (kranial = zum Kopf gehörend, facial = zum Gesicht gehörend)
Tumorverdacht im Rachen oder Kehlkopf
Augenheilkunde Intra-okulärer Fremdkörper
Tränen-Nasen-Gang
Thoraxorgane Thoraxwand: Verdacht auf Tumor
Pleura (= Brustfell): Verdacht auf Tumor oder Entzündung
Lunge: Verletzungen, Gewebeveränderungen, Verkalkungen, Tumor, Metastasen,
Lungenentzündung, Erweiterung der Bronchialäste
Zentrales tracheobronchiales System: Gefäßmalformationen
Herz-Kreislauf-
System
Aorta: Dissektion (= Aufspaltung)
Aneurysma (= Aufweitung eines arteriellen Blutgefäßes)
Bewegungsapparat Knochen: CT-geführte Biopsie
Hüftgelenk: Frakturen (Brüche), orthopädische OP-Planung
Gastroenterologie Pankreas (= Bauchspeicheldrüse): Entzündungen
Verdauungstrakt: Tumor-Diagnostik und Tumor-Staging
Antoine Béclère (1856 - 1939):
"Die Röntgenstrahlen lügen nie, nur wir irren uns, indem
wir ihre Sprache falsch verstehen oder von ihnen mehr
verlangen, als sie uns bieten können."