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HAUPTSEMINAR Experimentalphysik WS 05/06 Physikalische Grundlagen der Energieumwandlung THEMA: ERDWÄRME Von Christian Schneider INHALTSVERZEICHNIS 1. Struktur der Erde 2 1.1. Aufbau der Erde 2 1.2. Herkunft der Erdwärme 3 2. Wärmetransportmechanismen 4 2.1. Wärmetransport durch Konvektion 4 2.2. Wärmetransport durch Wärmeleitung 6 2.3. Wärmestromdichte q 9 3. Erdwärmenutzung 11 3.1. Erdwärmenutzung in Deutschland 11 3.2. Hydrothermale Systeme 11 3.3. Petrothermale Systeme und Hot-Dry-Rock-Verfahren ( HDR ) 12 3.4. Bohrtechnik 13 3.5. Energieverbrauch 15 3.6. Nutzung der Erdwärme 16 3.7. Wirkungsgrad 17 3.8. Weltweite Nutzung der Erdwärme 18 4. Vor- und Nachteile der Geothermie 19 5. Quellenverzeichnis 20

HAUPTSEMINAR Experimentalphysik WS 05/06 - uni …e4rme_Ausarbeitung.pdf · Der Rest wird durch Radioaktivität produziert. Innerhalb der Erde besteht also ein großes Temperaturgefälle

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HAUPTSEMINAR ExperimentalphysikWS 05/06

Physikalische Grundlagen der Energieumwandlung

THEMA: ERDWÄRME

Von Christian Schneider

INHALTSVERZEICHNIS

1. Struktur der Erde 21.1. Aufbau der Erde 21.2. Herkunft der Erdwärme 3

2. Wärmetransportmechanismen 42.1. Wärmetransport durch Konvektion 42.2. Wärmetransport durch Wärmeleitung 62.3. Wärmestromdichte q 9

3. Erdwärmenutzung 113.1. Erdwärmenutzung in Deutschland 113.2. Hydrothermale Systeme 113.3. Petrothermale Systeme und Hot-Dry-Rock-Verfahren ( HDR ) 123.4. Bohrtechnik 133.5. Energieverbrauch 153.6. Nutzung der Erdwärme 163.7. Wirkungsgrad 173.8. Weltweite Nutzung der Erdwärme 18

4. Vor- und Nachteile der Geothermie 195. Quellenverzeichnis 20

Struktur der Erde

Aufbau der Erde

Abbildung 1 zeigt den inneren Aufbau der Erde, die sich grob in Kruste, Mantel und Kern unterteilen lässt.Die Oberfläche der Erde bildet die Kruste. Sie ist ca. 10 bis 40 km dick. Seit ihrer Entstehung hat die Erde Energie abgestrahlt. Dabei hat sich die Oberfläche der Erde abgekühlt, ist erstarrt und bildete die ca. 40 km dicke kontinentale Kruste. Auf der Oberfläche der kontinentalen Kruste haben sich im Laufe der Jahrmillionen weitere Sedimente ( Sandstein, Kalkstein, Tonstein ) abgelagert. Ozeanische Kruste ist nicht so alt und mit ca. 10 km deutlich dünner. Sie entsteht ständig neu an den mittelozeanischen Rücken. An Subduktionszonen taucht die ozeanische Kruste wieder in die Erde ab. Sie ist auch nicht so alt wie die kontinentale Kruste.Die Temperatur der Kruste nimmt mit der Tiefe zu. Die Temperaturzunahme bezeichnet man als Temperaturgradient oder geothermische Tiefenstufe. Die Unterkante der Kruste ist ca. 1100 °C heiß.

Unter der Kruste bis zu einer Tiefe von 900km liegt der obere Mantel. Er besteht aus zähflüssigem magmatischem Gestein. Darunter liegt der untere Mantel. Die Temperatur im gesamten Mantel steigt bis auf ca. 2500 ° an der Kern-Mantel-Grenze, die in 2900 km Tiefe liegt.

Das Zentrum der Erde bildet der Erdkern. Er ist unterteilt in den festen inneren Kern und den flüssigen äußeren Kern. Der Kern besteht zum Grossteil aus Eisen und Nickel. Die Temperatur und Druckverhältnisse halten den äußeren Kern bis zu einer Tiefe von 5100km flüssig. Die Temperatur steigt im Erdkern bis auf 4500 °C im Erdmittelpunkt bei 6370 km.

Die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bereichen der Erde sind immer Phasengrenzen. Die Abgrenzungen zwischen innerer und äußerer Kern ist die Grenze zwischen fest und flüssig. Ebenso ist dies bei äußerem Kern und Mantel. Die Grenze zwischen dem oberen und dem unterem Mantel ist eine Grenze bestimmt durch eine Strukturänderung des Gesteins.

Abb.1 :innerer Aufbau der Erde

In der Abbildung 2 ist die Temperatur über der Tiefe dargestellt. Links in der Grafik ist farbigder Schalenaufbau der Erde skizziert. Es ist zu erkennen, dass die Temperatur innerhalb der ersten 200 km sehr schnell auf 1500°K ansteigt. In der Abbildung 2 ist auch der Verlauf der Soliduslinie abgebildet. Diese Linie gibt an, bei welcher Temperatur das Gestein flüssig wird. Links des Solidus ist das Gestein fest, rechts davon flüssig. Hieran lässt sich auch erkennen, dass der äußere Kern flüssig ist. Die grauen Balken in dem Bild sind Fehlerbalken. Leider kann man nicht in die Erde hineinschauen oder die Temperatur direkt messen. Deswegen ist man auf indirekte Weise auf Daten, z.B. aus Erdbebenmessungen angewiesen.

Herkunft der Erdwärme

Die in der Erde gespeicherte Wärme hat ihren Ursprung im Wesentlichen in 2 Quellen. Bei der Entstehung der Erde wurde die Masse stark komprimiert. Hierdurch und durch die kinetische Energie aus Meteoriteneinschlägen entstand viel Wärme. Durch das Abkühlen der Kruste wurde sehr viel dieser Wärme im inneren gespeichert, weil die Kruste ein schlechter Wärmeleiter ist und nur sehr langsam Wärme nach außen abgibt. Des Weiteren entstand durch radioaktive Zerfallsprozesse in der Erde ständig neue Wärme. Die häufigsten radioaktiven Elemente sind K40, Th232, U235, U238. Die beim Zerfall entstehende Strahlung wird vom umliegenden Gestein absorbiert und in Wärme umgewandelt. Schätzungen gehen davon aus, dass noch ca. 30 bis 40 % der heute in der Erde gespeicherten Wärme noch aus der Zeit ihrer Entstehung stammen. Der Rest wird durch Radioaktivität produziert.Innerhalb der Erde besteht also ein großes Temperaturgefälle. Die Temperatur gelangt hauptsächlich auf zwei unterschiedliche Arten an die Erdoberfläche : Wärmeleitung und durch Konvektion.

Abb.2 : Temperaturverlauf in der Erde

Wärmetransportmechanismen

Wärmetransport durch Konvektion

Konvektion findet im gesamten Erdmantel und auch im äußeren Erdkern statt. Hier betrachten wir nur die Konvektion im Mantel.An der Kern-Mantel-Grenze wird das Mantelmaterial erhitzt. Es dehnt sich adiabatisch aus und weil es eine geringere spezifische Dichte als das umliegende Material hat, steigt das Material auf. Die im Material gespeicherte Wärmeenergie Q steigt mit auf.

AvdtedVeQ

Die Wärme Q ist definiert über den Energieinhalt e ( [e]=J/kg ) mal Dichte und Volumen.

Wir betrachten nun die Energie die durch die Fläche A transportiert wird. In der Zeit dt bewegt sich das Volumen um die Strecke dx. Normiert man die Wärme auf die Fläche A und die Zeit dt erhält man die Wärmestromdichte q.

dtAQq*

Die Wärmestromdichte gibt an wie viel Energie pro Fläche und Zeiteinheit transportiert wird. An der Grenze zwischen Kruste und Mantel beträgt die Wärmestromdichte ca. 0,03 W/m2. An der Erdoberfläche beträgt die Wärmestromdichte zwischen 0,06 bis 0,1 W/m2.

veq

Der Energietransport durch Konvektion ist sehr effektiv und geschieht viel schneller als durch Wärmeleitung. Auch wenn die typischen Geschwindigkeiten, mit der sich das Mantelgestein bewegt, mit einigen cm pro Jahr sehr gering sind, ist die enthaltene Energie sehr groß.

Abb. 3 : schematischer Massentransport

Ein Kubikkilometer Mantelgestein, das an der Kern-Mantelgrenze auf 3000 K erhitzt wird, enthält eine Energie von etwa 15*1018 Joule = 15 EJ ( ExaJoule ).Das Gestein steigt auf bis es auf ein Hindernis trifft. Im Mantel ist diese Grenze die sog. 660km-Diskontinuität. Bei den dortigen Druck- und Temperaturbedingungen ändert das Mantelgestein seine Struktur. Dieser Vorgang ist endotherm, d.h. es wird Energie für diese Umwandlung benötigt. Diese Phasengrenze ist auch eine Grenze für Konvektionsströme. Entlang dieser Grenze bewegt sich das Gestein weiter und gibt seine Energie über Wärmeleitung ab, kühlt sich ab und sinkt wieder in tiefere Regionen des Mantels ab. Dieser Vorgang bildet eine sog. Konvektionszelle, wie sie auch in Abb.4 für den unteren und oberen Mantel dargestellt ist.Konvektion ist auch der Prozess der die Plattentektonik antreibt und damit für die Bewegung der Kontinente und Erdbeben und Vulkanismus verantwortlich ist.

Aufsteigendes Mantelgestein bildet auch Plumes ( dt. : Fahne/Rauchfahne ). Dabei steigt das In einigen Fällen steigt das an der Kern-Mantel-Grenze erhitzte Material über die 660 km-Diskontinuität hinaus auf bis unter die Kruste und gibt dort seine Wärme an die Umgebung ab. Diese sogenannten Plumes brennen sich durch die Kruste und bilden an der Erdoberfläche sog. Hotspots. Während die Grenzen von Konvektionszellen oft auch Grenzen der Krustenplatten darstellen und auch die Plattentektonik antreiben, treten die Plumes willkürlich, auch in einer Kontinentalplatte, auf. Hotspots sind meist vulkanisch aktive Gebiete mit sehr hohen Temperaturen im Untergrund. Beispiele hierfür sind z.B. Hawaii oder Island. Da bei Plumes ständig Material nachströmt, bleiben Hotspots über eine sehr lange Zeit erhalten. In Abbildung 5 ist der Hotspot von Hawaii gezeigt. Hotspots bewegen sich im Vergleich zu den Kontinentalplatten sehr wenig. Die Inselkette der Hawaiianischen Inseln wurden alle durch denselben Hotspot erzeugt. Die Inseln werden nach Nordwesten immer älter. Man kann am Verlauf der Inselkette erkennen, dass die Pazifische Platte, auf der die Inseln liegen, vor ca. 40 Mio Jahren ihre Richtung geändert hat.

Abb.4 : schematisches Bild des Erdinneren mit Konvektionsströmungen und Plumes

Wärmetransport durch Wärmeleitung

In der Abbildung 6 ist schematisch der Aufbau der kontinentalen Kruste gezeigt. Die oberen 2 bis 3 Kilometer der Kruste bestehen dabei aus Sedimenten, d.h. Ablagerungen von durch Erosion abgetragenen Gestein oder tierische bzw. pflanzliche Überreste. Unter den Sedimenten befindet sich kristallines Gestein. Dies ist das in der frühen Erdgeschichte erkaltete Gestein ( Granit, Gabbro ). Da die Kruste im Vergleich zum Mantel starr ist, kann die Wärme nur durch Wärmeleitung an die Oberfläche gelangen. Wärmeleitung ist ein Diffusionsprozess, der durch das 1. Ficksche

Abb.5 : Historische Bewegung der pazifischen Platte an den Hawaii-Inseln

Abb.6 : Schematischer Aufbau der kontinentalen Erdkruste mit den Wärmestromdichten an Ober-und Unterseite

Gesetz beschrieben wird. Die Wärmestromdichte q hängt von der Wärmeleitfähigkeit und dem Temperaturgradienten ab.

Wie in Abbildung 6 zu sehen ist, ist die Wärmestromdichte an der Unterseite der Kruste und an der Oberfläche verschieden. An der Oberfläche ist die Wärmestromdichte ca. doppelt so groß. Der Grund hierfür ist, dass das Krustenhauptsächlich aus Granit besteht welcher eine hohe Wärmeproduktionsrate H ( [H]=W/kg ) besitzt. In Granit ist verhältnismäßig viel radioaktives Material eingeschlossen, das weiterhin zerfällt und Wärme produziert.

In dieser Abbildung ist schematisch der Wärmefluss durch ein Volumen V mit der Oberfläche A dargestellt.Der Unterschied der Wärmestromdichten an den beiden Grenzflächen rührt von der Wärmeproduktion des Gesteins her. Somit ergibt sich folgende Gleichung :

Mit V =A*dz ergibt sich durch Umformung der Gleichung:

Hdz

zqdzzq

)()(

Führt man nun den Grenzübergang dz gegen 0 aus, so erhält man folgende Differentialgleichung

Hdzdq

Setzt man dies in das 1. Ficksche Gesetz ein ergibt dies die Differentialgleichung 2. Ordnung.

dzdTq

HVAzqdzzq ))()((

Hdz

Td2

2

Abb.7 : schematischer Energietransport durch ein Volumen V

Für ein konstantes H ist die Lösung dieser Gleichung eine Parabel. Nimmt man hingegen an, dass die Wärmeproduktionsrate H auch tiefenabhängig ist ( H=H(z) ), führt dies zu einem realistischeren Temperaturverlauf. Hierbei hat sich gezeigt, dass ein exponentieller Ansatz zu einer realistischen Temperaturabhängigkeit von der Tiefe führt.Mit diesem Ansatz

und folgenden Grenzwerten

kgWH Kruste

10106,9 kgWH Mantel

121038,7

ergibt sich folgende Lösung der Differentialgleichung

Die Annahme, dass H exponentiell mit der Tiefe abfällt ist realistisch, da in der Kruste H um zwei Größenordnungen größer ist, als im Mantel.

In der folgenden Abbildung ist dieser Temperaturverlauf für die ersten 120 km gezeigt. In der Abbildung sind auch die benutzten Parameter angegeben.

z/ d0H(z) H e

)1()(2

00

dzm edHzqTzT

Abb.8 : Temperaturverlauf in der Kruste nach Lösung der Wärmeleitungsgleichung

Während der ersten paar Kilometer lässt sich noch sehr gut der exponentielle Einfluss erkennen, aber für größere Tiefen wird der Verlauf linear. Legt man eine Ausgleichsgerade durch den linearen Teil ergibt sich der für die Kruste angegebene Temperaturgradient

Abbildung 9 zeigt einen Ausschnitt, aus dem in Abbildung 2 angegebenen Temperaturverlauf. Der grün markierte Teil entspricht der gerade angegebenen Lösung der Differentialgleichung. Die Lösung beschreibt also nur einen sehr kleinen Teil der Temperaturverteilung im Erdinneren. Für größere Tiefen muss der Temperaturverlauf anders ermittelt werden, da direkte Beobachtungen oder genaue Materialparameter fehlen.

Wärmestromdichte q

Man kann q nicht direkt an der Erdoberfläche messen, da dort der Einfluss der Sonnenstrahlung viel größer ist als der der Wärmestromdichte aus der Erde. Die Wärmestromdichte die auf die Erdoberfläche gelangt ist um den Faktor 105 größer als die ausder Erde. Die Temperaturen an der Erdoberfläche schwanken tageszeitlich und jahreszeitlich bedingt um einen Mittelwert, welcher der Jahresdurchschnittstemperatur an diesem Ort entspricht. Die Temperaturschwankungen dringen allerdings nicht sehr tief in die Erde ein. In 20 Meter Tiefe werden die Schwankungen nicht mehr beobachtet und die Temperatur im Untergrund entspricht der Jahresdurchschnittstemperatur. In Deutschland sind das etwa 10°C.Die Wärmestromdichte wird in der Regel mit Hilfe eines Bohrloches ermittelt.

kmK

dzdT 30

Abb.9 : Temperaturverlauf in der Kruste

q dT dz

Zum einen wird bei verschiedenen Tiefen die Temperatur des Gesteins bestimmt. Aus den verschiedenen Temperaturen und Tiefen ergibt sich der lokale Temperaturgradient dT/dz. Fördert man aus dem Bohrloch einen Bohrkern, kann man im Labor die Wärmeleitfähigkeit bestimmt werden. Hierzu misst man den Temperaturverlauf der Probe, die von einer Seite beheizt wird.

Messungen an vielen Orten in Europa ergeben das in Abbildung 10 dargestellte Bild von q für Europa.Die grünen Bereiche sind Orte an denen q dem kontinentalem Durchschnitt von 60mW/m^2 entspricht. Gelbe und Rote Bereiche stehen für eine hohe Wärmestromdichte an der Oberfläche. Da die Wärmeleitfähigkeit nicht stark variiert, bedeuten Änderungen in q, dass sich der Temperaturgradient ändert. D.h. Bereiche mit hohem q stellen auch Bereiche dar in denen die Temperaturen im Untergrund höher sind. An diesen Orten kann Geothermie aufgrund der Temperaturen genutzt werden, da dort in geringen Tiefen hohe Gesteinstemperaturen vorliegen. Man sieht schnell welche Gebiete Europaweit genutzt werden können. In Griechenland, Nordportugal und Italien gibt es solche Orte. Auf Island sind die Temperaturen im Untergrund sehr hoch, was auf den oben genannten Plume unter Island zurückzuführen ist. Im Südwesten Deutschlands liegt der Oberrheingraben in einem Gebiet, in dem das Gestein sehr gut für Geothermie genutzt werden kann.

Abb.10 : Wärmestromdichte in Europa

Erdwärmenutzung

Erdwärmenutzung in Deutschland

In Deutschland gibt es 3 Gebiete die für die Nutzung der Geothermie aufgrund der Beschaffenheit des Untergrundes in Frage kommen. Diese Gebiete sind die Norddeutsche Tiefebene, der Oberrheingraben und das Süddeutsche Molassebecken.

Während in der Norddeutschen Tiefebene die Erdwärmenutzung mit hydrothermalen Systemen betrieben werden können, können die anderen Gebiete mit petrothermalen Systemen genutzt werden. Eine genaue Beschreibung dieser Systeme folgt nun.

Hydrothermale Systeme

Bei hydrothermalen Systemen gibt es im Untergrund sog. Aquifere ( lat. : Aqua = Wasser, ferre = tragen ). Diese Schichten sind Sedimentschichten, die ca. 2 bis 3 km tief liegen, sehr porös sind und sehr viel Wasser enthalten. Aquifere liegen oft zwischen wasserundurchlässigen Schichten ( Tonstein ), so dass das Wasser nicht entweichen kann. Das System wird über zwei Bohrungen, die Extraktionsbohrung und die Injektionsbohrung angezapft. Solch ein System ist in Abbildung 12 dargestellt.Das Wasser hat eine Temperatur von ca. 100°C, was allerdings stark ortsabhängig ist. Die Druckverhältnisse in diesen Tiefen pressen das Wasser bis auf ca. 100m unter die Erdoberfläche. In der Extraktionsbohrung ( rechts im Bild ) wird eine Tauchpumpe eingelassen, um das Wasser an die Erdoberfläche zu pumpen. Extraktions- und Injektionsbohrung liegen 1 bis 2 km auseinander. Nachdem die Wärme genutzt wurde, wird durch die Injektionsbohrung das Wasser wieder in den Aquifer geleitet.

Abb.11:Für Geothermie geeignete Gebiete in Deutschland

Petrothermale Systeme und Hot-Dry-Rock-Verfahren ( HDR )

Abb.12 : Aquifer-Nutzung, hydrothermales System

Abb.13 ganz links : Nutzungsschema eines HDR-Kluftsystems mit Injektions-Extraktionsbohrung

Abb.14 links: HDR-Nutzung mit Kraftwerk an der Oberfläche

Beim Hot-Dry-Rock-Verfahren ( HDR ) wird die Wärme, die im Gestein unter der Erde gespeichert ist, genutzt. Das Gestein ist kristallin - in der Regel Granit - und enthält nur sehr wenig Wasser. Damit das Gestein genutzt werden kann, wird eine Bohrung in das Gestein geleitet. Nun wird mit 300 bar Wasser in das Gestein gepresst. Diese Stimulation bildet ein Risssystem im Gestein. Mit dem Wasser wird Sand eingeleitet, der verhindert, dass sich die Risse bei Entlastung wieder schließen. In einem Volumen von mindestens 0,2 km3 wird eine Rissfläche von 5 bis 10 km2 erzeugt welches als Wärmetauscher dient. Nachdem das Risssystem mit Hilfe der Injektionsbohrung hergstellt wurde, wird eine zweite Bohrung ( Extraktionsbohrung ) in das Risssystem abgeteuft. Die Stimulationstechnik führt zu einer Leistungssteigerung um den Faktor 2 bis 3. Im französischen Teil des Oberrheingrabens steht in Soulz-sous-Forêts eine Versuchsanlage zum HDR-Verfahren. In 5 km Tiefe wurde dort ein Risssystem stimuliert und angezapft. In Soulz-sous-Forêts wird mit dem Verfahren 50 bis 100MW thermische Energie und 5 bis 10 MW Strom erzeugt.Auch bei diesem Verfahren liegen die Bohrlöcher im Untergrund in ca. 1 km Abstand voneinander. Damit man nicht auch an der Oberfläche Rohrsysteme von dieser Länge installiert werden müssen gibt es speziell Bohrtechniken.

Bohrtechnik

Die Bohrtechnik stammt aus der Erdöl- und Erdgasförderung und gilt heutzutage als ausgereift. Die erste tiefe Bohrung wurde 1847 durchgeführt. In den Jahren 1871 und 1893 erreichte man erstmals Endtiefen von 1000 bzw. 2000m. Heute gelten Tiefen von 9 bis 12 km als technisch durchführbar. Bei dieser Tiefe wird das Gestein elastisch, was das Bohren behindert.Allerdings sind Bohrungen sehr zeitaufwendig, laut und teuer. In einem halben Jahr sind 3 km Bohrtiefe zu schaffen. Bei der Errichtung einer geothermischen Anlage entfällt ein Großteil der Kosten auf die Bohrung.

Abb.15 : Bohrmeißel wie er allgemein im Einsatz ist mit einem diamantbesetztem Bohrkopf aus Stahl und einem Durchmesser von ca. 30cm.

Wie in Abbildung 16 zu sehen ist, liegen über dem Bohrkopf in regelmäßigen Abständen Stabilisatoren, damit der Bohrkopf im Bohrloch stabil läuft. In diesem Fall ist ein Bohrlochsohlenmotor in das Gestänge eingebaut. Dieser Motor treibt den Bohrkopf an. Dies geschieht über den Druck, mit dem das Wasser in das Bohrloch gepumpt wird. Das Wasser kann wie in diesem Fall als Antrieb dienen, und darüber hinaus kühlt es den Bohrkopf und transportiert das abgetragene Gestein an die Oberfläche. Mit dem Bohrlochsohlenmotor und sog. Neigungsübergängen ist es möglich, eine Bohrung in eine beliebige Richtung zu lenken. Dieses Verfahren nennt man Richtbohrtechnik und findet in der Geothermie Verwendung, weil die Bohrlöcher an der Oberfläche dicht beisammen liegen und im Untergrund einen bestimmten Abstand haben müssen. Man kann sogar horizontal Bohren um die Tauschfläche innerhalb einer Schicht zu vergrößern.In der Abb.17 ist ein Bohrturm zu sehen, wie er oft eingesetzt wird. Das Bohrgestänge, an deren Ende der Bohrkopf sitzt, wird über den Drehtisch angetrieben. Über die Spülpumpe wird das Bohrloch mit Wasser versorgt. Bei dieser Anlage kann kontinuierlich gebohrt werden. Ist das Gestänge weit genug in den Boden vorangetrieben, wird das Bohrgestänge einfach verlängert.Allerdings kann man nicht die ganze Strecke bis zur Endtiefe kontinuierlich durchbohren. Zwischendurch muss man die Bohrung unterbrechen und die Wände des Bohrloches zementieren, damit das Bohrloch dicht bleibt und kein Wasser aus der Spülung oder später aus der Förderung in Rissen im Gestein verloren geht. Auch für Messungen der Temperatur,der Porosität des Gesteins oder der Wärmeleitfähigkeit werden diese Unterbrechungen genutzt. Da Bohrlöcher immer den Durchmesser des Bohrkopfes haben und die Wände regelmäßig auszementiert werden, muss sich der Bohrlochdurchmesser mit der Tiefe verjüngen. Während an der Oberfläche das Loch ca. 30 cm breit ist, liegt der Durchmesser in der Endtiefe bei ca. 15 cm.

Abb.16 : Bohrkopf eines Richtbohrsystems

Energieverbrauch

Um zu verstehen, warum Erdwärme einen großen Beitrag zum Sparen von Strom liefern kann, muss man den Endenergieverbrauch in Deutschland betrachten. In der Abbildung 18 ist der Energieverbrauch nach Nutzungsart dargestellt. Hieraus ist ersichtlich, dass sehr viel Energie zur Produktion von Wärme benutzt wird. 60% von einer Gesamtenergie von 9,2*1018

Joule ( EJ ) des Stromes werden für Raumheizung, industrielle Wärme und heißes Wasseraufgewendet. Bei der Förderung von Erdwärme gibt es immer sehr große Abwärmemengen die man nutzen kann. Leider ist das Fernwärmenetz in Deutschland sehr schlecht ausgebaut, so dass die bei der Stromerzeugung aus Erdwärme gewonnene Abwärme kaum genutzt werden kann, obwohl sehr viele industrielle Prozesse diese Wärme nutzen könnten.

Abb.17 : schematische Darstellung eines Bohrturms

Nutzung der Erdwärme

Die Abbildung 19 zeigt schematisch die Nutzung der Erdwärme, wie sie in einer Anlage in Neustadt-Glewe betrieben wird. Neustadt-Glewe liegt in Mecklenburg-Vorpommern, also innerhalb des Norddeutschen Beckens. Daher wird dort auch das Prinzip der Aquifer-Nutzung betrieben, wie es oben beschrieben wurde. Das Wasser, das aus dem Aquifer mit ca. 100°C gefördert wird, wird nicht direkt genutzt. Über einen Kreislauf wird eine Organic-Rankine-Cycle ( ORC ) betrieben. Da die Temperaturen nicht ausreichen um mit Wasser einen Dampfdruck zu erzeugen, mit dem sich effizient eine Turbine antreiben lässt, benutz man eine ORC-Turbine. Diese Turbine arbeitetmit Perfluorpentan, welches einen Siedepunkt von ca. 30°C hat. Mit diesem Mittel lässt sich der Dampfdruck der Turbine und damit 230 kW Strom erzeugen. Es werden 50 bis 100 Kubikmeter Wasser pro Stunde gefördert um die Anlage in Betrieb zu halten.Nach der Nutzung zur Stromerzeugung kann die Restwärme ( 70°C ) zum Heizen von Wohnhäusern oder wie in diesem Fall als Prozesswärme für eine Lederfabrik genutzt werden. Die Leistung der Wärmenutzung beläuft sich auf 10,4 MW thermische Energie.

Abb.18 : Stromverbrauch in Deutschland nach Nutzungsart

Auch nach der Nutzung der Restwärme hat das Wasser noch 50°C. Dies wird nicht mehr genutzt, sondern wieder in den Aquifer geleitet. Während der gesamten Nutzung bleibt das Wasser aus dem Aquifer in einem seperaten Kreislauf. Das Wasser enthält 227g/l Salz ( Vgl.: Totes Meer ca. 300g/l ). Es enthält auch Schwermetalle und andere Verunreinigungen die nicht in die Umwelt gelangen sollten. Vor der Injektion ins Aquifer wird das Wasser noch mal gefiltert, damit sich um die Injektionsbohrung im Aquifer nicht zu viel Salz ablagert.Anhand dieser Anlage ist auch gut zu sehen, dass bei Geothermie wie sie in Deutschland genutzt wird mehr Energie in Form von Wärme genutzt werden kann als in Form von Strom.

Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad geothermischer Anlagen ist sehr gering. Der maximale Wirkungsgrad ist durch die Temperaturdifferenz bestimmt, die sich aus einem Carnot-Prozess ergibt. Mit den oben angegebenen Temperaturen für die oben beschriebene Aquifer-Nutzung ergibt sich folgender Wirkungsgrad.

Abb.19 : Erdwärmenutzung in der Anlage Neustadt-Glewe

D.h. geothermische Anlagen haben einen maximalen Wirkungsgrad von nur 20 %.Durch Wärmeverluste und durch den Strombedarf für die Wasserpumpen sinkt der Wirkungsgrad auf 5 bis 15 %. Dies ist sehr wenig und liegt weit unter dem Wirkungsgrad anderer Stromerzeugungsarten. Da die Technik der Erdwärmegewinnung noch sehr neu ist, besteht noch Entwicklungsbedarf und Potential um den zur Zeit errichten Wirkungsgrad zu erhöhen.

Weltweite Nutzung der Erdwärme

Schon immer wurden Warmwasserquellen durch Menschen genutzt. In den folgenden beiden Abbildungen ist die Nutzung der Erdwärme im italienischen Lardarello gezeigt.

1904 wurden dort erstmals 10 kW Strom erzeugt. Heute steht dort ein geothermisches Kraftwerk mit einer Leistung von 543 MW. Dies entspricht etwa der Leistung eines Atomkraftwerkes. In Lardarello sind aufgrund vulkanischer Aktivität schon in sehr geringen Tiefen hohe Gesteinstemperaturen vorhanden, mit denen man Dampfturbinen antreiben kann.Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch einige Werte zur weltweiten Nutzung der Erdwärme.Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass über 25 % des weltweit durch Geothermie erzeugten Stroms in den USA erzeugt wird. Allerdings ist das sehr wenig im Vergleich zur gesamten in den USA verbrauchten Energie - nur 0,5% ( siehe Tabelle ). Interessant ist, dass Länder wie Island und die Phillipinen fast 20% ihres Strombedarfs durch Geothermie decken. In Deutschland steckt die Nutzung der Geothermie noch in den Kinderschuhen. Geothermie ist also durchaus in der Lage, den Strombedarf eines Landes zu decken. Dies gilt allerdings nur für Länder mit Vulkanen oder vulkanischem Untergrund, da es sonst sehr mühsam ist die Reservoirs zu erschließen.

2,037033311

2

1 KK

TT

Carnot

Abb. 19 : Stromerzeugung in Lardarello 1904 ( links )Abb. 20 : Stromerzeugung in Lardarello heute ( rechts )

LandInstallierte Leistung (MW)

Erzeugte Energie (GWh/a)

% an der im Land produzierten Energie

Island 202 1406 16Italien 790 5340 1,9Phillipinen 1931 9419 19,1USA 2544 17840 0,5Deutschland 0,2 1,5 -Weltweit 8912 56798

Vor- und Nachteile der Geothermie

Erdwärme ist eine erneuerbare Energie, die fast unbegrenzt zur Verfügung steht, da aus dem Erdinneren ständig Wärme nachströmt. Sie ist fast überall über das HDR-Verfahren verfügbar, da man eigentlich nur ein Loch bohren muss, dass tief genug ist. Geothermie ist Grundlastfähig, was bedeutet, dass der Strombedarf der in Deutschland immer besteht durch Geothermie gedeckt werden kann, vor allem aber auch weil geothermische Anlagen über 8000 Betriebsstunden pro Jahr leisten können, dh. sie können fast rund um die Uhr betrieben werden. Dies können andere erneuerbare Energien wie Windkraft oder Photovoltaik nicht leisten.Umweltbelastungen treten beim Betrieb geothermischer Anlagen fast gar nicht auf. Natürlich gibt es auch Schadstoffbelastungen bei solchen Anlagen, aber die rühren daher, dass bei der Errichtung und gerade beim Bohren eine Menge Strom benötigt wird, welcher in die Umweltbilanz mit einfließt.Geothermie ist eine neue Technologie. Die Bohrtechnologie, die aus der Erdölförderung stammt, gilt als ausgereift. Der Aufbau und Betrieb der Anlagen ist technologisches Neuland und es besteht noch viel Entwicklungs- und Optimierungsbedarf auch um den niedrigen Wirkungsgrad dieser Anlagen über die jetzigen 15% zu heben. Leider sind die Kosten für ein Geothermie-Kraftwerk schlecht planbar. Der Großteil der Kosten entfallen auf die Bohrung und es ist nicht immer sicher, dass eine Bohrung erfolgreich ist. Das Wasser das aus der Erde gefördert wird ist mit Salz und Schadstoffen ( Quecksilber, Arsen ) belastet. Durch Leckagen kann dieses Wasser ins Grundwasser gelangen, was dieses verschmutzen würde. Ein sehr großes Problem ist das schlechte Fernwärmenetz in Deutschland. Durch ein besseres Netz kann man die Menge der Abwärme verringern und damit den Wirkungsgrad derGeothermiekraftwerke verbessern, was sich dann auch positiv auf die Stromkosten auswirkt.

Tabelle 1 : Exemplarische Auflistung der Stromerzeugung durch Geothermie

Quellenverzeichnis

Verwendete Literatur:

Kertz, Walter: Einführung in die Geophysik I. Bibliographisches Institut AG:Mannheim 1969

Militzer, Heinz (Hrsg.): Angewandte Geophysik. Geoelektrik – Geothermik –Radiometrie – Aerogeophysik. Band 2. Springer Verlag: Wien/ New York , Berlin 1985

Bußmann/Kabus/Seibt (Hrsg.): Geothermie - Wärme aus der Erde: Technologie –Konzepte - Projekte. Verlag C.F. Müller GmbH: Karlsruhe 1991

Schulz/Werner/Ruhland/Bußmann (Hrsg.): Geothermische Energie. Forschung und Anwendung in Deutschland. Verlag C.F. Müller GmbH: Karlsruhe 1992

Clauser, Christoph: Geothermal Energy . Springer-Verlag: Heidelberg 2005 Vorlesungsskript zur Veranstaltung „Geophysik II“ von Prof. Wolfgang Friederich an

der Ruhr-Universität Bochum Vorlesungsskript zur Veranstaltung „Einführung in die Geophysik II“ von Prof. Harro

Schmeling am J.W. Goethe Institut in Frankfurt

Verwendete Internetquellen:

www.wikipedia.dewww.geothermie.dewww.geoscience-online.dewww.udo-leuschner.de/basiswissenwww.energienetz.dewww.erdwaerme-kraft.dewww.planet-wissen.dewww.geophysik.uni-frankfurt.dewww.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab84.pdfwww.bayern.de/lfu/umwberat/data/klima/erdwaerme_2003.pdf