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Denunziert SPÖ-Europakandidat Eugen Freund ist nicht der erste Kärntner, der im Dunstkreis der FPÖ als Geheimdienst-Agent,, geoutet" wurde. s ist ein unangenehmes Déjà- yu. Schon vor eineinhalb Jah- ren hatten die Kärntner Frei- heitlichen, damals noch mit einer satten Mehrheit im Kärnt- ner Landtag vertreten, einen An- trag gestellt. der es in sich hatte: Unter dem Titel ,,Geheimdienst- aktivität von Mitarbeitern im öf- fentlichen Dienst" wurde drei Kärntner Historikern unterstellt, sie hätten einst für den jugoslawi- schen Geheimdienst UDBA gear- beitet. Die freiheitliche Fraktion empfahl deren Suspendierung von der Universität Klagenfurt. Sie berief sich - wie heute im Fall Eugen Freund - aufEvidenzlisten des jugoslawischen Geheim- diensts und rückte die Verdächti- gen in besonderer Niedertracht auch noch in die Nähe eines Mordkomplotts gegen einen Exil- kroaten (siehe Seite 34). Schon damals warnte Wilhelm Wadl, Direktor des Kärntner Lan- desarchivs, vor,,blödsinnigen" Behauptungen. Hunderte von Na- men seien auf solchen Listen zu fi nden: Politische Funktionäre, Journalisten, Künstler, aktive wie unfreiwillige Zulr äger, Personen, die selbst unter Beobachtung des Geheimdiensts standen. Bei den von den Freiheitlichen ,,geouteten" Historikern handelte es sich um Valentin Sima, Augus- tin Malle und Dusan Necak. Mit jedem hatte die FPI( eine Rech- nung offen. Sima hatte eine Stu- die über das Ulrichsberg-Treflen und dessen Verbindungen zu NS- Veteranen und Neurechten veröf- fentlicht. Augustin Malle hatte im Auftrag des Volksgruppenbüros des Landes Kärnten im Jahr 2000 eine Broschüre über die rechtli- che Situation der Kärntner Slo- wenen verfasst, die den Freiheit- lichen nicht gerade schmeichelte. Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider zensurierte den Text. Malle stellte daraufhin die origi- nalversion ins Netz. Und Dusan Necak ist der Verfasser einer Stu- die über die Kärntner Nazi-Put- schisten l9J4,in der man einige Namen aus dem freiheitlichen Kärntner Urgestein kennt. Alle drei Historiker waren einst im Milieu der kärntner-sloweni- schen Studenten aktiv gewesen, hatten mit Mitarbeitern der Bot- schaft und jugoslawischen Funk- tionären Kontakt gehabt. Es wun- derte sie nicht, dass sie ,,abge- schöpft" wurden. Sie waren durch die FPK-Kampagne kurzzeitig in ihrem Ruf beschädigt worden, standen aber nicht in einem Wahlkampf wie Eugen Freund. Freund war dem jugoslawi- schen Geheimdienst wohl aus mehreren Gründen ins Auge ge- stochen. Seine Mutter hatte in I(ärnten eine Galerie geführt, ein offenes Haus, in dem sich Journa- listen, Intellektuelle, Politiker und Künstler trafen. Offenbar war das auch für Geheimdienstler interes- sant. AIs Journalist, der über den Ortstafelkonflikt berichtete und später als Pressesprecher des Au- ßenministeriums geriet Freund dann selbst in den Fokus der UDBA. Wie solche I(ontakte und eine ,,Mitarbeit" vor sich gingen, beschrieb erst jüngst profi l-Re- dakteur Robert Buchacher. Zwei Treflen mit dem Presseattaché der jugoslawischen Botschaft in Wien hatten auch ihm Einträge in der Evidenzliste verschafft. CHRISTA ZöcnuNc ,,Schon oft ist das Hohles Haus Ins neue Europaparlament werden viele Eu-Gegner einziehen, die es am liebsten gleich abschaffen wollen. Auch sonst werden Skurrilitäten zunehmen. Indien ist es mit rund 380 Millionen Wahlberechtigten weltweit der größte de- mokratisch ablaufende Urnengang: Vom 22.bis25. Mai werden in 28 Mitgliedslän- dern 751 Abgeordnete gewählt, für das Euro- päische Parlament, der einzigen direkt gewähl- ten Eu-Institution. Als erste Aufgabe werden die Mandatare im Juli über den neuen Präsidenten der Eu- ropäischen Kommission abstimmen. Nomi- niert wird dieser zwar nach wie vor von den Eu-Staats- und Regierungschefs im,,Europäi- schen Rat", aber erstmals muss dabei laut EU- Vertrag das Wahlergebnis der Europawahlen berücksichtigt werden. Die Parteifamilien ha- ben dafür eigene Spitzenkandidaten ins Ren- nen geschickt, darunter der Grieche Alexis Tsipras für das Linksbündnis, die deutsche Ska Keller und der französische Bauernrebell Jean Bovet für die Grünen oder der belgische Ex- Premier Guy Verhofstadt für die Liberalen. Das entscheidende Duell findet aber zwischen dem Christdemokraten Jean-Claude Juncker aus Luxemburg und dem deutschen Sozial- demokraten Martin Schulz, dem bisherigen Präsidenten des Europaparlaments, statt. Falls beide großen Fraktionen beim End- ergebnis sehr knapp beieinander liegen soll- ten, wird es spannend: Denn innerhalb von zwei Wochen nach den Wahlen könnten man- che Parteien - vor allem aus kleineren Län- dern - die Fraktionen noch wechseln. Dass die ,,EU-Granden" einen völlig neu- en IGndidaten präsentieren, ist nicht ausge- schlossen. Doch dies wäre eine Verhöhnung des Wählerwillens. Die Fraktionen haben für diesen Fall bereits angedroht, solche I(andi- daten nicht wählen zu wollen. Aber der frü- here grüne EU-Abgeordnete Johannes Vog- genhuber hält ein Einknicken für möglich: ,,Schon oft wie bei der EU-Verfassung ist das Europaparlament als Tiger losgesprungen, aber letztlich nur als Bettvorleger gelandet." Bunte Vielfalt Diesmal treten besonders viele EU-feindliche Gruppierungen an. So könnte die United Kingdom Independence Party (UKIP) von Ni- gel Farage nach Prognosen sogar die stim- menstärkste Partei in Großbritannien werden. UKIP-Plakate mit Warnungen, wonach 75 Prozent der britischen Gesetze aus Brüssel kommen, kupferte die FPö l:l für ihre Inse- rate ab (siehe Foto seite 22) Auch der Front National (FN) von Marine Le Pen wird ein Spitzenrang vorausgesagt, > 19.i|¡Iai2Ol4.profil21 21 Bettvorleger gelandet." Ex-EU-Abgeordneter lohannes Voggenhuber

Haus Hohles Denunziert - · PDF fileÖSTERREIcH A VoN CHRrsrA ZöcHrrNc å:Iåä I 970er-Jahren, der berüchtigte jugoslawi-sche Geheimdienst UDBA, dessen Archi-ve in den vergangenen

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DenunziertSPÖ-Europakandidat Eugen Freund ist nichtder erste Kärntner, der im Dunstkreis der FPÖ alsGeheimdienst-Agent,, geoutet" wurde.

s ist ein unangenehmes Déjà-yu. Schon vor eineinhalb Jah-ren hatten die Kärntner Frei-heitlichen, damals noch mit

einer satten Mehrheit im Kärnt-ner Landtag vertreten, einen An-trag gestellt. der es in sich hatte:Unter dem Titel ,,Geheimdienst-aktivität von Mitarbeitern im öf-fentlichen Dienst" wurde dreiKärntner Historikern unterstellt,sie hätten einst für den jugoslawi-schen Geheimdienst UDBA gear-beitet. Die freiheitliche Fraktionempfahl deren Suspendierungvon der Universität Klagenfurt.Sie berief sich - wie heute im FallEugen Freund - aufEvidenzlistendes jugoslawischen Geheim-diensts und rückte die Verdächti-gen in besonderer Niedertrachtauch noch in die Nähe einesMordkomplotts gegen einen Exil-kroaten (siehe Seite 34).

Schon damals warnte WilhelmWadl, Direktor des Kärntner Lan-desarchivs, vor,,blödsinnigen"Behauptungen. Hunderte von Na-men seien auf solchen Listen zufi nden: Politische Funktionäre,Journalisten, Künstler, aktive wieunfreiwillige Zulr äger, Personen,die selbst unter Beobachtung des

Geheimdiensts standen.Bei den von den Freiheitlichen

,,geouteten" Historikern handeltees sich um Valentin Sima, Augus-tin Malle und Dusan Necak. Mitjedem hatte die FPI( eine Rech-nung offen. Sima hatte eine Stu-die über das Ulrichsberg-Treflenund dessen Verbindungen zu NS-Veteranen und Neurechten veröf-fentlicht. Augustin Malle hatte imAuftrag des Volksgruppenbürosdes Landes Kärnten im Jahr 2000eine Broschüre über die rechtli-che Situation der Kärntner Slo-wenen verfasst, die den Freiheit-lichen nicht gerade schmeichelte.Der damalige LandeshauptmannJörg Haider zensurierte den Text.

Malle stellte daraufhin die origi-nalversion ins Netz. Und DusanNecak ist der Verfasser einer Stu-die über die Kärntner Nazi-Put-schisten l9J4,in der man einigeNamen aus dem freiheitlichenKärntner Urgestein kennt.

Alle drei Historiker waren einstim Milieu der kärntner-sloweni-schen Studenten aktiv gewesen,hatten mit Mitarbeitern der Bot-schaft und jugoslawischen Funk-tionären Kontakt gehabt. Es wun-derte sie nicht, dass sie ,,abge-schöpft" wurden. Sie waren durchdie FPK-Kampagne kurzzeitig inihrem Ruf beschädigt worden,standen aber nicht in einemWahlkampf wie Eugen Freund.

Freund war dem jugoslawi-schen Geheimdienst wohl ausmehreren Gründen ins Auge ge-stochen. Seine Mutter hatte inI(ärnten eine Galerie geführt, einoffenes Haus, in dem sich Journa-listen, Intellektuelle, Politiker undKünstler trafen. Offenbar war dasauch für Geheimdienstler interes-sant. AIs Journalist, der über denOrtstafelkonflikt berichtete undspäter als Pressesprecher des Au-ßenministeriums geriet Freunddann selbst in den Fokus derUDBA. Wie solche I(ontakte undeine ,,Mitarbeit" vor sich gingen,beschrieb erst jüngst profi l-Re-dakteur Robert Buchacher. ZweiTreflen mit dem Presseattaché derjugoslawischen Botschaft in Wienhatten auch ihm Einträge in derEvidenzliste verschafft.

CHRISTA ZöcnuNc

,,Schon oft ist das

Hohles HausIns neue Europaparlament werden vieleEu-Gegner einziehen, die es am liebstengleich abschaffen wollen. Auch sonstwerden Skurrilitäten zunehmen.

Indien ist es mit rund 380 MillionenWahlberechtigten weltweit der größte de-mokratisch ablaufende Urnengang: Vom22.bis25. Mai werden in 28 Mitgliedslän-

dern 751 Abgeordnete gewählt, für das Euro-päische Parlament, der einzigen direkt gewähl-ten Eu-Institution.

Als erste Aufgabe werden die Mandatareim Juli über den neuen Präsidenten der Eu-ropäischen Kommission abstimmen. Nomi-niert wird dieser zwar nach wie vor von denEu-Staats- und Regierungschefs im,,Europäi-schen Rat", aber erstmals muss dabei laut EU-Vertrag das Wahlergebnis der Europawahlenberücksichtigt werden. Die Parteifamilien ha-ben dafür eigene Spitzenkandidaten ins Ren-nen geschickt, darunter der Grieche AlexisTsipras für das Linksbündnis, die deutsche Ska

Keller und der französische Bauernrebell JeanBovet für die Grünen oder der belgische Ex-Premier Guy Verhofstadt für die Liberalen.Das entscheidende Duell findet aber zwischendem Christdemokraten Jean-Claude Junckeraus Luxemburg und dem deutschen Sozial-demokraten Martin Schulz, dem bisherigenPräsidenten des Europaparlaments, statt.

Falls beide großen Fraktionen beim End-ergebnis sehr knapp beieinander liegen soll-ten, wird es spannend: Denn innerhalb vonzwei Wochen nach den Wahlen könnten man-che Parteien - vor allem aus kleineren Län-dern - die Fraktionen noch wechseln.

Dass die ,,EU-Granden" einen völlig neu-en IGndidaten präsentieren, ist nicht ausge-schlossen. Doch dies wäre eine Verhöhnungdes Wählerwillens. Die Fraktionen haben fürdiesen Fall bereits angedroht, solche I(andi-daten nicht wählen zu wollen. Aber der frü-here grüne EU-Abgeordnete Johannes Vog-genhuber hält ein Einknicken für möglich:

,,Schon oft wie bei der EU-Verfassung ist dasEuropaparlament als Tiger losgesprungen,aber letztlich nur als Bettvorleger gelandet."

Bunte VielfaltDiesmal treten besonders viele EU-feindlicheGruppierungen an. So könnte die UnitedKingdom Independence Party (UKIP) von Ni-gel Farage nach Prognosen sogar die stim-menstärkste Partei in Großbritannien werden.UKIP-Plakate mit Warnungen, wonach 75

Prozent der britischen Gesetze aus Brüsselkommen, kupferte die FPö l:l für ihre Inse-rate ab (siehe Foto seite 22)

Auch der Front National (FN) von MarineLe Pen wird ein Spitzenrang vorausgesagt, >

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Bettvorlegergelandet."Ex-EU-Abgeordneterlohannes Voggenhuber

Page 2: Haus Hohles Denunziert - · PDF fileÖSTERREIcH A VoN CHRrsrA ZöcHrrNc å:Iåä I 970er-Jahren, der berüchtigte jugoslawi-sche Geheimdienst UDBA, dessen Archi-ve in den vergangenen

ÖSTERREIcH

VoN CHRrsrA ZöcHrrNc

A å:IåäI 970er-Jahren, der berüchtigte jugoslawi-sche Geheimdienst UDBA, dessen Archi-ve in den vergangenen Jahren nur hand-verlesenen Personen zugänglich gemachtwurden, und ein historisches Tabu, indem es im ehemaligen Jugoslawien ver-boten war. über Massaker, die einzelnePartisaneneinheiten nach Kriegsende anihren Gegnern verübt hatten, öffentlichzu sprechen.

Der 62-jährige Nikola Martinovic wur-de im kalten Februar des Jahres 1975,kurz bevor er seinen Obst- und Gemüse-laden mit angeschlossener Gärtnerei inKlagenfurt schließen wollte, von dreiSchüssen niedergestreckt. Ein Projektildurchschlug den Kopf, zwei andere denBrustkorb. Er war sofort tot. Die Behör-den hätten den Vorfall damals gern alstödlichen Ehrenhandel im Gastarbeiter-milieu abgehakt. Doch im Zuge der Er-mittlungen stellte sich bald heraus, dasswohl Profis am Werk gewesen waren. DasMordopfer war im Zentrum heikler poli-tischer Auseinandersetzungen und im Fo-kus des jugoslawischen und anderer Ge-heimdienste gestanden. Der Fall wurdeunerledigt zq den Akten gelegt.

Durch Unterlagen aus dem Geheim-dienst-Archiv des früheren Jugoslawienergaben sich vor einigen Jahren Spurenzu den Hintermännern der Tat, zur UDBA.Mangels Beweisen wurden die Ermittlun-gen in Österreich im Jahr 20ll einge-stellt.

Vor wenigen Wochen hat nun der um-strittene slowenische Publizist Roman Lel-jak, selbst Ex-Geheimdienst-Mitarbeiter.der auch den sozialdemokratischen EU-Kandidat Eugen Freund ,,outete", in Jus-tizkreisen neuerlich große Aufregung ver-ursacht. Leljak veröffentlichte Geheim-dienstdokumente, aus denen hervorgeht,wer jene UDBA-Mitarbeiter waren, die denMord ermöglichten und Martinovic be-schatteten. Einer von ihnen lebt heutenoch in Klagenfurt, ein anderer inDeutschland. Ein ehemaliger slowenischerGeheimdienstoffizier, der später Politikerwurde, soll ebenfalls involviert sein.

Aufgrund der neuen Dokumente hatdie Staatsanwaltschaft in Graz nun neu-erlich Ermittlungen eingeleitet.

Wer aber war dieser Martinovic? Wa-rum könnte der Geheimdienst seinen Tod

Cold CaseIm Auftrag des jugoslawischen GeheimdienstsUDBA wurden einst dutzende Exilkroaten ermordet.Im l(ärntner,,Fall Martinovic" hat die Staatsanwalt-schaft jetzt neue Ermittlungen aufgenommen.

PERO MARTINOVIC, NEFFE DES MORDOPFERS

,,Es war ein S<hock, als er mir erzählte, dass dieUDBA-Leute ihm gedroht hatten."

gewünscht und in die Wege geleitet ha-ben?

Pero Martinovic, ein studierter Volks-wirt und Nefle des Ermordeten, hat in je-nen Jahren, in denen die Tat geschah, je-weils in den Sommerferien bei seinemOnkel im Laden und in der Gärtnerei aus-geholfen.

Der Kroate war 20 Jahre alt, als er zumStudieren nach Wien ging. Nicht ganz frei-willig. An jugoslawischen Universitätenhatte er Studienverbot. Die gesamte Fa-milie war beim Regime nicht besondersgut angeschrieben. Sein Vater wie seinOnkel hatten im Zweiten Weltkrieg für diekroatische Heimwehr gekämpft, die 1944

vergessen macht, dass sich unter diesenOpfern nicht wenige der brutalsten fa-schistischen Schlächter befanden. Dochin jugoslawischen Zeiten durfte über dasGeschehen überhaupt nicht gesprochenoder geschrieben werden. Der DichterDrago Jancar wurde 1974 zu einem JahrGefängnis verurteilt, weil er es gewagthatte, eine Publikation über geheime Mas-sengräber über die Grenze zu bringen.

195 I wurde in Klagenfurt von Exilkro-aten der ,,Bleiburger Ehrenzug" gegrün-det, ein Verein, der sich dem Gedenkenund der Grabpflege verschrieben hat, derdas Areal ankaufte, um dort Mahnmaleund Kreuze zu errichten. Nikola Martino-

mit den faschistischen Ustascha-Milizen zusammengelegt wordenwar. Peros Vater war nach demKrieg vier Jahre inhaftiert gewesen.Sein Onkel, Nikola Martinovic, aberhatte es nach Österreich geschafft.Er gehörte zujenem Strom von NS-Kollaborateuren, die in den letztenI(riegswochen vor der Rache derPartisanenarmee nach Norden ge-flüchtet, am Bleiburger Feld vonder britischen Besatzungsmachtzusammengetrieben, entwaflnetund nach der Kapitulation Hitler-Deutschlands wieder an Jugoslawi-en ausgeliefert worden waren. Der MARTINOVIC (2. v. l.) BEIM TOTENGEDENKEN lN BLEIBURG

Onkel hatte Glück gehabt. Während Der Verein der Kroaten war dem Geheimdienst

seine Kameraden unter Bewachung ein großes Argernis'

von Partisanen nach Slowenien ge-trieben wurden, lag er im Lazaretl. vic war eine der treibenden Kräfte in die-

Erst 1959 erfuhren die Verwandten in sem Verein, der nicht nur von der UDBA,Split, dass Nikola Martinovic noch lebte sondern auch von der österreichischenund in Klagenfurt mit einer kleinen Gärt- Staatspolizei beobachtet wurde.nerei sein Geld verdiente. Es ging um mehr als um bloße Erinne-

Als Pero Martinovic 1972 nach Wien rung. Wer am Tabu rührte, hatte oÍt auchkam und von seinem Onkel unter die Fit- anderes im Sinn. Viele Exilkroaten sehn-tiche genommen wurde, musste er ein ten den Sturz Titos herbei und unterstütz-heiliges Versprechen abgeben: dass er sich ten finanziell Grüppchen, die in dieser Sa-niemals politisch betätigen und sich von che aktiv waren. Extremistische Gruppenkroatischen Exilgruppen fernhalten wer- organisierten Sprengstoflanschläge gegende. Das war auch für die finanzielle Un- jugoslawische Einrichtungen im Ausland,terstützung Bedingung. hatten Attentatspläne in petto und ließen

,,Es war ein Schock, als er mich eines Ta- sich für einen etwaigen Putsch militärischges beiseite nahm und mir erzählte, dass trainieren. Ein geheimer Krieg, in demihm UDBA-Leute gedroht hatten, sie wür- auch die UDBA gnadenlos agierte. Meh-den alles, was ihm heilig und lieb ist, li- rere dutzend Exilkroaten wurden in ih-quidieren und am Ende ihn selbst, wenn rem Auftrag liquidiert. Einem ehemali-er weiterhin die Gedenkstätte am Bleibur- gen kroatischen Geheimdienstoffizierger Feld forciere und in diesem Verein ak- wird deshalb gerade in München der pro-tiv sei", erzählt Pero Martinovic. zess gemacht.

Das Geschehen am Bleiburger Feld ist Aus den bisher bekannt gewordenennach dem Zerfall Jugoslawiens zu einem Unterlagen der UDBA geht nur hervor,nationalen kroatischen Mythos geworden, dass Martinovic von einem Zwischenträ-der von Opfern der Partisanen spricht und ger bezichtigt wurde, einer aus Australi-

en nach Österreich eingereisten Gruppevon Exilkroaten behilflich gewesen zusein. Die Mitglieder dieser schwerbewaff-neten kroatischen,,Bruderschaft" sicker-ten1972 über die grüne Grenze nach Ju-goslawien ein, um dort ihre Putschplänezu verwirklichen. Sie wurden allesamt ge-fasst. Einen Beweis, dass Martinovic vonderen Absichten wusste oder gar zu die-ser Gruppe gehörte, gibt es nicht. Im Ge-genteil. In der Mitgliederliste der,,Bruder-schaft" taucht sein Name nicht auf.

Der Mord geschah zu einem Zeitpunkt,als die Regierung in Belgrad großes Inter-esse hatte, die Nachkriegsgeschichte un-ter Verschluss zu halten. Der ,,kroatische

MORDOPTER MARTINOVIC 1975Er wurde von UBDA-Spitzelnbeschattet.

Frühling" und andere nationale Aufwal-lungen waren gerade niedergeschlagenworden und Martinovic war eben dabei,eine große 30-Jahr-Feier in Bleiburg zuorganisieren, zu der Exilkroaten aus allerWelt erwartet wurden. Im Arbeitspro-gramm des Geheimdiensts für 1975 istvon der ,,Paralysierung" und ,,Zerschla-gung" des Bleiburger Ehrenzuges die Rede.In Martinovics privatem Umfeld warenzwei kroatische Gastarbeiter platziert wor-den, die über die Gepflogenheiten ihresArbeitgebers an die UDBA berichteten.

Pero Martinovic will Aufklärung, under fürchtet noch Schlimmeres: dass auchseine Cousins, die Söhne seines Onkels,ermordet wurden. Der eine starb 1968 imAlter von 25 Jahren bei einem Autounfallin New York, der andere wurde 1970 voneinem Jugendlichen in einem BelgraderKaufhaus erstochen. Sein Onkel habe ihmerzählt; dass UDBA-Leute auf den Tod sei-ner Söhne angespielt und ihm empfoh-len hatten, die Bleiburg-Sache aufzuge-ben, sagt Pero Martinovic. Und weint. r

34 profil2Ì .l9.Mai20l4 l9.Mai20l4.profil2l 35

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ösrenREIcH

NAZI-KOTTABORATEURE AUF DER FLUCHT VOR DEN PARTISANEN lM MAI 1945 (oben)AUF DEN SPUREN DER KRIEGSVERBRECHEN 2014 (unten). An Ustascha, 55'lern, Domobranzen und Volksdeutschen übten

die Titopattisanen im Barbara-Stollen Rache.

Tatort StollenI(riegsverbrechen an Nazis und l(ollaborateuren warenlange ein Tabu. Nun begaben sich Angehörige der Opferauf die Spur der Tito-Partisanen, im Schlepptau von Revan-chisten, die gern die Geschichte umschreiben würden.

VoN CHRrsrA Zöcnrrwc

J n ihren Gesichtern stehen Trotz. Hilf-

| ìosigkeit, fast kindliche Empörung.Imanchmal Dummheit - oder schlichtlebenslange Enttäuschung. Es sind dieVorboten einer neuen Erinnerungskulturnach der Devise: Die Kommunisten wa-ren die Schlimmeren.,,Wir" haben wenigs-tens im Krieg gemordet, die Tito-Partisa-nenjedoch in Friedenszeiten. Noch Tageund Wochen nach der Kapitulation derWehrmacht am 8. Mai 1945 massakrier-ten sie abertausende Flüchtlinge.

Auch verschämt geweint wird da unddort. Das sind jene, die irgendwo imGrenzgebiet zwischen Kärnten und Slo-wenien im Maí 1945 ihre Verwandten ver-loren. Sie gebenjedoch nicht den Ton an.

Vorvergangenen Samstag fand eine,,Bildungsreise auf den blutigen Spuren derTito-Partisanen" statt. Ein Doppeldecker-Bus, bis auf den letzten Platz besetzt,machte sich im Morgengrauen von KIa-genfurt aus auf den Weg über die Grenzenach Slowenien. Vom ,,Bleiburger Feld"ging es über das ehemalige ,,Konzentrati-onslager Tüchern" zur,,Besichtigung desSt. Barbara Massengrabstollens" zu einer

,,Weinverkostung". Einschlägige Kreise hat-ten dafür geworben: der Kärntner Ab-wehrkämpferbund, die Ulrichsberg-Ge-meinschaft, die Sudetendeutsche Lands-mannschaft, der Verband der "Windischen".Eine geschlossene Gesellschaft. profll fuhrdem Bus hinterher.

Die erste Station war das BleiburgerFeld noch auf Kärntner Boden: eine wei-te Ebene am Ortsrand von Bleiburg, ne-ben der Bundesstraße. Ein Schotterweg er-weitert sich hier zu einem riesigen Park-platz. Unter alten, hohen Bäumen stehteine oflene Kapelle aus hellem Holz; ein-fach und klar schwingt sich das Dach übereinen Altar, ein schlichter Steinquader wieauf einer griechischen Kultstätte. Dane-ben Denkmäler, Büsten und Blumenra-batten, dazwischen Schnapsflaschen undDosen. Eine schmutzig-weiße, zerrisseneFahne mit der Aufschrift ,,Bleiburg 1945"knattert im Wind. Tfrib und nasskalt ist es,

und das Grauen wird den ganzen Tag überanhalten.

Man erzählt, fniher sei man beim Gangüber die Wiesen eingesunken, weil so vie-le Leichen darunter lagen. Es war verbo-tenes Gebiet. Seit dem Zerfall Jugoslawi-ens wird auf dem ,,Bleiburger Feld" dasGedenken an den,,kroatischen Holocaust"zelebriert, zuweilen in unverhohlener Us-tascha-Symbolik.

Im Mai 1945 waren abertausende Us-tascha-Kämpfer, Kosaken, Waflen-SS,muslimische Mord-Brigaden, slowenischeDomobranzen, die ebenfalls mit dem NS-Regime kollaborien haften. vor der Racheder Partisanen nach Norden geflüchtet. Indiesen Strom hatten sich auch deren Ange-hörige, volksdeutsche Familien, Frauen undKinder eingereiht. Auf dem Bleiburger Feldwurden die Massen festgehalten und vonder britischen Besatzungsmacht an die Ti-to-Partisanen ausgeliefert. Abertausendewurden über die Grenze getrieben undumgebracht. Ein Partisanendenkmal aufder slowenischen Seite rühmt sich derVernichtung und Gefangennahme von150.000 Nazis und Volksverrätern.

Mit steifen Gliedern klettern die Bil-dungsreisenden auf dem Bleiburger Feldaus Bus. Nun hat es auch noch zu nieselnbegonnen. Da steht einer schräg im Windvornübergebeugt, die zerzausten letztenweißen Haare stehen ab, der Wetterman-tel flattert. Viel wiegt er nicht mehr, deralte Mann - so wenig wie seine Meinung.Ein anderer hat einen wackeligen Ausfall-schritt gemacht, um nicht weggeblasenzu werden, und steht jetzt da wie bei derSeniorengymnastik im Altersheim. Diemeisten versuchen, wenigstens durch an-ständige Kleidung etwas Würde zu behal-ten: dunkler Anzug. Krawatte, gebügeltesHemd, goldene Manschettenknöpfe undauf Hochglanz polierte Herrenschuhe vomletzten Theaterbesuch vor Jahren.

Es sind auch ein paar Jüngere dabei,etwa der Historiker Florian Rulitz: Spiri-tus rector und Organisator der Reise. Erträgt einen Kärntneranzug. Die Hose hält

ein schweres Metallkoppel. Er hat seinepolitische Herkunft, den Ring Freiheitli-cher Studenten, und seine Sympathie fürdie FPö nie verhehlt. Die Alten verehrenihn. Er ist sozusagen ihre Zukunft.

Rulitz machte sich in den vergangenenJahren als Historiker einen Namen. Er istumstritten, aber er hat mit seinen akribi-schen Forschungen ein Alleinstellungs-merkmal in österreich. Kein anderer hatsich so intensiv und zuweilen besessenmit dem Thema,,Kriegsverbrechen an Na-zis" beschäftigt.

An diesem Tag wirkt er ziemlich ge-hetzt. Das mag - neben all der organisa-torischen Mühsal - auch an einigen Mit-reisenden liegen, denen er am liebstenverbieten würde, aus dem Bus zu steigenund den Mund aufzumachen. Etwa dem

,,Heimatforscher" Siegfried Lorber, der amEnde des Tages (nach der Weinverkos-tung) brüllen wird: ,,Die verbotene Wahr-heit muss ans Licht."

Oder dem ehemaligen Untersturmfüh-rer der Waffen-SS, Herbert Bellschan-Mil-denburg. Trotz seiner fast 90 Jahre wirkter frisch, vital und ungebrochen, fast könn-te man sagen: voller Tatendrang. Seinefreundlichen Augen und die vielen Lach-fältchen lassen einen Menschen vermu-ten, der auf der Siegerseite steht. Er trägtstolz seine Ehrenzeichen, vier Shick an derZahl. Das erste ist ein Ulrichsberg-Abzei-chen, das zweite eines der Waflen-SS.

Später sagt Bellschan-Mildenburg, sei-ne Kameraden hätten ihm die kleine Un-terhaltung mit profil schlecht angerech-net, vor allem. dass er sich noch dazuhabe fotografieren lassen. Er findet das lä-cherlich. Er sei als l7-Jähriger zur Waffen-SS gegangen. Für ihn war das ,,eine guteSache". Das Ganze wolle er nicht noch ein-mal erleben, aber er bereue nichts. ,,Ichmöchte keine Sekunde missen", sagt er.

Auch er will der "Wahrheit" zum Durch-bruch verhelfen: ,,Nachdem über ,unsere'Verbrechen so viel geschrieben wurde, isteszeit, über die anderen zu sprechen. Daswaren Ustascha-Leute, die waren größten->

t2,Mai20t4.profrl20 27

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TOYOTA

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MENSCHLICHE GEBEINE IM

BARBARA-STOLLEN5eit Jahren modern dieÜbereste in Plastikkistenvor sich hin.

EHEMATIGER ..

UNTERSTURMFUHRERBELLSCHAN-MILDENBURGEr trägt das Abzeichen derWaffen-SS mit Stolz.

teils in deutscher Wehrmachtsuniform undhaben nur auf dem Àrmel das kroatischeWappen gehabt. Die sind genauso mar-schiert wie die Waflen-SS. Diese und dieDomobranzen und die SSler wurden vonden Partisanen umgebracht." Neuerdingsnehme sich auch die Ulrichsberg-Gemein-schaft der Sache der Kroaten an, das Ge-denken weite sich aus, ehemalige Ange-hörige der Waffen-SS und andere Solda-tenverbände hätten ebenfalls opfer zubeklagen.

Der Bus schaukelt weiter in den Süden,nach Slowenien. ,,Killing Fields" wurdediese Region im Frühjahr 1945 auch ge-nannt. Fast jeder männliche Slowene imkriegsfähigen Alter hatte in irgendeinerStreitkraft gekämpft, freiwillig oder ge-zwungenermaßen - bei den Domobran-zen, bei der SS oder bei den Partisanen.Das Verhältnis der Opfer zwischen denPartisanen und all ihren Gegnern im Iftiegwar zwei zu eins.

Der nächste Halt ist Tahorje, aufdeutsch Tüchern. Hier gab es einmal einriesiges Barackenlager, in dem Flücht-lingsfamilien und Soldaten zusammen-gepfercht worden waren. Hier gibt es auch

Massengräber, die heute auf dem Grundeines idyllischen Sees liegen.

Ein Mann weint. Erwin Michitsch warztÌetzt als Zehnjähriger hier gewesen.Pfingsten 1945. Daran erinnert er sich,weil eine Bauersfrau ihm eine Nusspoti-ze zugesteckt hatte. Er versucht, einenBaum, eine Anhöhe wiederzuerkennen.Doch auch die Landschaft hat sich mit derZeit verändert.

Seine Familie war 1941 gegen ihren Wil-len von den deutschen Besatzern aus derGottschee ausgesiedelt und in die Nähe vonMarburg verfrachtet worden, in die Häu-ser der zuvor deportierten Slowenen. I 945

standen sie als Angehörige der deutsch-sprachigen Minderheit plötzlich unter NS-Verdacht. Trotzdem erinnert sich Michitschdaran, dass einer der Partisanen seinem Va-ter, der einen wehen Fuß hatte, das Pferdüberließ. ,,Wir hatten einen Schutzengel",sagt Michitsch. Man habe damals nicht ge-

wusst, wer wer war. Man konnte in dieserZeit einen Gewehrkolben über den I(opfkriegen, wenn man zu einem Deutschensagte, man sei Slowene, oder zu einem Slo-wenen, man sei Deutscher. ,,Wehe, derMensch ist losgelassen", sagt Michnik.

Die dritte Etappe führt durch lichtgrü-ne Laubwälder und sanfte Hügel eine ge-wundene Straße einen Berg hinan. DieGegend wurde im Volksmund immerschon,,Huda Jama" (Böse Grube) genannt.An einer Biegung winkt ein Mann den Bus

verschwörerisch durch.Die Partisanen-Safari steuert auf einen

makabren Höhepunkt zu. Während derFahrt dorthin ist die Busgemeinschaft miteiner Filmvorführung eingestimmt wor-den. Die Ersten, die aus dem Barbara-Stol-len, einem 1942 stillgelegten Braunkoh-Ie-Bergwerk wieder herauskommen, sindsichtlich enttäuscht. Man habe nicht vielgesehen, so wird gemault. Ein paar alteSchuhsohlen hinter Gittern und mit Bret-tern bedeckte Schächte. Andreas Ajdic,

,,Obmann des deutschen Kulturvereins Cil-li an der Sann", erklärt, dass die Menschenzu dritt mit Drahtschlingen aneinandergefesselt hinabgestoßen worden waren:die ersten zuvor noch erschossen. dienächsten lebendig begraben.

Schon Mitte der l99Oer-Jahre hattenehemaligen Partisanen und Zeitzeugenvor dem Ermittlungsrichter ausgesagt. ImJahr 2008 begann eine Kriegsgräberkom- >

7j

MASSAKER IN TEHARJE

1945. Das Massengrabliegt heute auf dem

Grunde eines Sees' ùr.

28 profil 20 ' 12. Mai20l4

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Page 5: Haus Hohles Denunziert - · PDF fileÖSTERREIcH A VoN CHRrsrA ZöcHrrNc å:Iåä I 970er-Jahren, der berüchtigte jugoslawi-sche Geheimdienst UDBA, dessen Archi-ve in den vergangenen

ÖSTERREICH

= ElfriedeHarnrnerl

elfriede.hammerl@profi l.atwww.elfriedehammerl.corn

mission damit, den Barbara-Stollen zu er-forschen. Bei der ersten Begehung stießendie Arbeiter nach 300 Metern auf dickeZiegelmauern, mit denen der Tatort ver-siegelt worden war, und dahinter auf Ske-lette, Drahtschlingen und Schuhe. InSchächten fanden sie aufeinanderge-schichtete mumifizierte Leichen, etwa 400.Nach dem Regierungswechsel in Slowe-nien von rechts zu links erlahmte das In-teresse an der Aufarbeitung. Seit gerau-mer Zeit modern die Gebeine der Opferin Plastikkisten vor sich hin: rostbrauneTotenköpfe mit Einschusslöchern, Unter-und Oberschenkelknochen. Es stinktbestialisch. Zur Identifizierung der Opferhängen Zettelchen mit einer Nummerdran.

Ein Mann ist schon draußen, am Ein-gang des Stollens, in die Knie gegangen.Vielleicht liegt seine Mutter dort begra-ben. Die Familie von Ivan Ott ist ein eben-so tragisches wie typisches Beispiel fürden Irrsinn jener Zeit. Die Männer in sei-ner Familie gehörten verschiedenen La-gern an. Der Vater, ein armer Schneider,hatte sich nach dem Einmarsch der deut-schen Wehrmacht den Domobranzen an-

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geschlossen. Ein älterer Bruder war denkroatischen Ustascha-Faschisten ver-pflichtet, ein Onkel bei der Waffen-SS-Di-vision,,Prinz Eugen", und der damals zehn-

GEDENKSTÄTTE jährige Ivan Ott las I(arl May und stellteTEHARJE, sich die Partisanen alsjohlendes Indianer-SLoWENIEN volk vor. Nur in ihrem Hass auf die I(om-X:ll:j],l, .^. munisren war sich die Familie einig.usrerfercn natilil;ì;ä;;i" Einige aus der Reisegruppe bekommenmitVerbrechen einen speziellen Teil des Stollens zu Ge-an Nazis sicht. Es ist nicht ganz in Ordnung, zwi-beschäftigtwie schen den Gebeinen herumzumarschie-Historiker Rulitz' ,.n' der Historiker ringt die Hände. Eini-

ge kommen leichenblass und stumm ausdem Berg heraus. Andere schnattern em-pört vor sich hin: ,,Wozu der Mensch inder Lage ist, unglaublich, unfassbar!" Es

scheint, als hätten sie niemals etwas vonAuschwitz gehört und gesehen. I

Im nächsten profrI: Bleiburg und derjugoslawische Geheimdienst. Der mörderi-sche Kampf um die Erinnerung.

meineuropa.at

Soaren an SchulenKöänte es sein, dass auch in der SPÖChancengleichheit als bedrohlichempfunden wird?

dem stellt sich die Frage, welchen SPÖ-Granden ein egali-tärer Bildungszugang wirklich am Herzen liegt. Bezeich-nend erscheint mir, wie lahm die meisten von ihnenreplizieren, wenn die Verfechter des Gymnasiums in TV-

Debatten wieder einmal unser dffirenzierles Schulsystemloben, das nicht einer Einheitsschule geopfert werden dür-fe. Da kommt kaum jemals ein fundierter Widerspruch.Aus Ahnungslosigkeit, was das I(onzept der gemeinsamenSchule bis l5 Jahre (mit innerer Differenzierung)betrifft,oder weil auch so manche SP-Größe derart viel Gleichheitim tiefsten Inneren für bedrohlich hält?

Dabei geht es ja längst nicht mehr darum, wie viele Aka-demikerlnnen wir brauchen oder nicht brauchen können,sondern um die Frage, welches Ausmaß an Unbildung die-ses Land aushält. Erschreckend viele Schulabgängerlnnenkönnen, wie wir gleichfalls wissen. weder sinnerfassendlesen noch halbwegs richtig schreiben noch einfachste Re-

chenaufgaben lösen. Das müsste uns doch entsetzen! Da-rin liegt die wahre Bedrohungl Was soll denn aus diesenjungen Menschen werden?

Selbst wenn uns das Schicksal der Bildungsverliererln-nen emotional kaltlässt, sollte es uns im Interesse des so-zialen Friedens nicht egal sein. Den aufs Spiel zu setzen,schadet nämlich langfristig auch den geförderten und be-hüteten Kindern in ihren Eliteschulen. Vielleicht könntendas die Elternvertreter in ihre Überlegungen aufnehmen.

rfihemenwechsel: Kinder mit erheblichen Zahn- oder Kie-I ferfehlstetlungen bekommen ab Mitte nächsten Jahres

Gratis-Zahnspangen. Das ist eine wichtige Neuerung, weilZahnregulierungen viel Geld kosten. Für ärmere Familienwaren sie bis jetzt oft nicht erschwinglich.

Als einzige Partei stimmten die NEOS im Nationalrat ge-

gen die kostenlose Zahnspange, weil so auch Millionäre indie Lage versetzt würden, die Zähne ihrer Kinder auf I(os-ten der Allgemeinheit reparieren zu lassen.

Stimmt. Überhaupt können Spitzenverdiener auch Kran-kenkassenleistungen aller Art in Anspruch nehmen, undtun es. Ist das ungerecht? Oh ja. Aber nicht grundsätzlich,sondern deshalb, weil die am besten Verdienenden bei uns

in der Relation am wenigsten in die Kassen einzahlen. Es

steigenja die Beiträge nur bis zur sogenannten Höchstbei-tragsgrundlage, einem Monatseinkommen von rund 4500Euro. Danach bleiben sie gleich.

Wenn die NEOS also den Reichen am Zeug flicken wol-len, dann sollten sie sich für die Aufhebung oder doch zu-mindest für eine Anhebung der Höchstbeitragsgrundlageeinsetzen. Das wäre nützlich und diente der Gerechtigkeitmehr, als dem I(ind der Durchschnittsverdienerin die kos-tenlose Zahnspange verwehren zu wollen. Und den Ein-nahmen der Krankenkassen diente es auch. Ist sowieso einschlechter Scherz, dass einem Versicherten, der zehn oderI5 Tausender im Monat casht, die Segnungen unseres Ge-

sundheitssystems fürs gleiche Geld zur Verfügung stehenwie einer Person, die nicht einmal die Hälfte verdient. r

12.Mai2014. profll 20 31

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VOTKSDEUTSCHER sJeiburg undMICHITSCHWehe, der 2oo9Mensch wird ße Spuren deslosgelassen."

Sozi al

Wem M¡llionen Jugendlicheohne Job nicht egal sind,wählt am 25. Mai die SPÖ.

II

l/uerst wollte die Bildungsministerin die Idassenschüler-Z-¡höchstzahlen an den AHS-Oberstufen und an denBerufsbildenden höheren und mittleren Schulen hinauf-setzen. Das scheiterte an parteienübergreifender Empö-rung. Gut so.

Jetzt wird am Ausbau der Ganztagsschulen gespart. Das

ist zwar gar nicht gut, fand aber ausreichend Zustimmung,auch bei den Elternvertretern. Damit könne man sich ab-finden, wurden sie sinngemäß in den Medien zitiert.

Was sagt uns das? Es sagt uns: Gerade die, die es am nö-tigsten hätten, haben keine Vertretung. Und: Immer noch

Schichten, mit denen niemand zu Hause lernen kann. DieHalbtagsschule reicht, man weiß es, nicht aus, diesen Man-gel zu kompensieren. Die Ganztagsschule hingegen istzumindest von der Idee her geeignet, einen gewissen Aus-gleich zu schaffen. Aber leider: Ausbau mehr oder weni-ger auf Eis gelegt.

Nicht, dass überfüllte AHS-Idassen eine erträglicheAlternative gewesen wären. Doch es fällt auf: Verschlech-terungen in den höheren I(lassen höherer Schulen rufenWiderstand hervor, das Ausbremsen einer Schulform, dieansatzweise an Bildungsprivilegien kratzt, nicht.

Die zitierten Elternvertreter - zwei Männer -, von de-nen angenommen werden darf, dass sie den bildungsna-hen Schichten angehören, vertreten oflensichtlich nur einganz bestimmtes Milieu. Eines, in dem die Halbtagsschu-le genügt (sofern sie andere Standards erfüllt) und wo Vä-ter, wie es scheint, das Vereinbarkeitsdilemma für eine ver-nachlässigbare Theorie halten dürfen.

Ärgerlich genug. Aber was ist mit der politik? Andersgefragt: Warum lässt sich die SPÖ seit Jahrzehnten in derschulpolitik von der öVP vorführen?

Dass Konservative gesellschaftliche Hierarchien bewah-ren wollen und daher zufrieden sind, wenn sich diese

Hierarchien im Schulbereich abbilden, ist nachvollziehbar.Aber weshalb gehen die Roten vor diesem Wunsch stän-dig in die lftie, obwohl sie doch angeblich Chancengleich-heit auf ihre Fahnen geschrieben haben?

Ja, I(oalitionszwänge. Und, ja, die Lehrergewerkschaft.Muss man bedenken. Soll man nicht unterschärzen.Ttotz-

profil 20 . 12. Mai 2014

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l.

SPö

E.am 25. Mai

Eugen Freund