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Heft Seiten bis Aus dem Inhalt: Fallbearbeitung: Sebastian Roß/Henry Posselt Modul Sachenrecht – Pflichtklausur 5. Semester S. 1 Handwerkszeug: Henry Posselt Der Umgang mit dem einschichtigen Sachverhalt in zivilrecht- lichen Übungs- und Prüfungsaufgaben S. 13 Heft / . Jahrgang ISSN - Berlin Law School Fachbereich – Allgemeine Verwaltung

Heft 1 Seiten 1 bis 21 · Heft1 Seiten1 bis21 Aus dem Inhalt: Fallbearbeitung: Sebastian Roß/Henry Posselt ModulSachenrecht–Pflichtklausur5.Semester S.1 Handwerkszeug: Henry Posselt

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Page 1: Heft 1 Seiten 1 bis 21 · Heft1 Seiten1 bis21 Aus dem Inhalt: Fallbearbeitung: Sebastian Roß/Henry Posselt ModulSachenrecht–Pflichtklausur5.Semester S.1 Handwerkszeug: Henry Posselt

Heft 1Seiten 1 bis 21

Aus dem Inhalt:

Fallbearbeitung:Sebastian Roß/Henry PosseltModul Sachenrecht – Pflichtklausur 5. Semester

S. 1Handwerkszeug:Henry PosseltDer Umgang mit dem einschichtigen Sachverhalt in zivilrecht-lichen Übungs- und Prüfungsaufgaben

S. 13

Heft 1 2013/ 3. Jahrgang

ISSN 2193-1240Berlin Law School Fachbereich 3 – Allgemeine Verwaltung

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Heftinhalt:ImpressumLL.B. – Zeitschrift des Studien-gangs Ius (LL.B.)Heft 1April 2013 – 3. JahrgangRedaktionTino Wäscher, Cathleen NoackV.i.S.d.P. / V.i.S.d.TMG10/2012 bis 12/2014:

Tino WäscherHochschule für Wirt-schaft und Recht BerlinFachbereich 3Alt-Friedrichsfelde 6010315 Berlin

Im Jahr 2015:Jochen Heller, LL.M.

Kontakt zur Redaktion:[email protected] BeiratProf. Dr. Hans Paul PrümmProf. Dr. Marc EckebrechtPriv. Doz. Dr. Erik Kraatz

UrheberrechteIn dieser Zeitschrift abgedruck-te Artikel, die entsprechendgekennzeichnet sind, unterlie-gen der Lizenz CC BY-NC-ND3.0 DE, die mit der Maßgabeverwendet wird, dass „nicht-kommerziell“ zu verstehen istals: „nicht zur Erzielung einesdirekten finanziellen Vorteils“.Die Beiträge dürfen unterNamensnennung, unverändertund für nicht-kommerzielleZwecke vervielfältigt und wei-terverbreitet werden. OhneKennzeichnung verbleiben dieUrheberrechte vollständig beiden Verfasser*innen.

Internetpräsenzwww.llb-ius.de/Zeitschriftfacebook.com/LL.B.Zeitschrift

Redaktionsschluss dieserAusgabe:31.03.2013

Editorial iii VorwortDie Redaktion

iv Hinweise für AutorInnen der LL.B.

Fallbearbeitungen 1 Modul SachenrechtSebastian Roß/Henry Posselt

Handwerkszeug 13 Der Umgang mit dem einschichti-gen Sachverhalt in zivilrechtlichenÜbungs- und PrüfungsaufgabenHenry Posselt

»Ius«-Letter 21 Ankündigungen und Empfehlungen

Creative Common Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/legalcode

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Editorial

VorwortLeider ist das Projekt dieser Studiengangszeitschrift zwischen den Jahren2012 und 2014 eingeschlafen. Zusammengestellte Beiträge kamen nicht zurVeröffentlichung und können jetzt nicht mehr veröffentlicht werden.

Zur Wiedererweckung des Projektes, bei einer Umstellung der Textsatz-gestaltung mit LATEX, sollen die verbliebenen, veröffentlichungsfähigenBeiträge in dieser ursprünglich als Heft 2/2012 geplanten, jetzt als Heft1/2013 nachveröffentlichten Ausgabe mit dreijähriger Verspätung ihremRecht zugeführt und der Öffentlichkeit als erste im behutsam verändertenGewand gekleidete Ausgabe bekannt gemacht werden.

Es wird jetzt die folgende Aufgabe sein, ein Redaktionsteam aus der Stu-dierendenschaft des Studiengangs Ius aufzubauen, dass sowohl der tech-nischen Herausforderung des Erstellens einer Zeitschrift gewachsen seinwird, als sich auch seiner Verantwortung als Redaktion der »LL.B.« be-wusst bleibt und das Periodikum als eigenständiges und auch selbstbe-wusstes Organ des Studiengangs weiterentwickelt und am Leben erhält.

Der Startschuss dafür erfolgt heute, durch die nachträgliche Veröffentli-chung dieses Heftes, sodass nach einem ausgabenlosen Jahr 2014 die Kon-tinuität zumindest potentiell mit Beginn des Sommersmesters 2016 wiederhergestellt werden kann.

Jochen Heller fürDie (künftige) Redaktion

Berlin, 26. Oktober 2015

ISSN 2193-1240 LL.B. 2013 – Heft 1 iii

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Editorial

Hinweise für AutorInnen der LL.B.

Bitte senden Sie Ihre Beiträge an die im Impressum angegebene E-Mail-Adresse: [email protected]. Redaktionsschluss ist jeweils der15. September und der 15. März.

Wer seine Prüfungsleistung in Form eines Referates erbracht hat, es veröf-fentlichen, aber nicht in einen Aufsatz umschreiben möchte, hat auch dieMöglichkeit, aus seiner Präsentation einen Film zu erstellen und diesen andieselbe E-Mail-Adresse zu senden. Diese Präsentationen werden dann imKanal der Zeitschrift auf Youtube

(Internet-Adresse: http://www.youtube.com/user/IusRedaktion)

hochgeladen und durch Verweise in der Rubrik »Ius«-Letter in dieser Zeit-schrift bekannt gemacht. Beispiele, wie eine Präsentation als Film aufbe-reitet werden kann, sind im Kanal bereits vorhanden. Es sollen dort jedochbewusst keine Strukturvorgaben die Gestaltungsfreiheit der AutorInneneinschränken.Für die Zeitschrift gelten jedoch folgende Vorgaben: Die Beiträ-ge sind in einer Serifenschriftart wie Times, bei einer Schriftgröße von12 pt (weder gestauchter noch gesperrter Text) und tatsächlich einein-halbfachem Zeilenabstand (keine Durchschusseinstellungen oder ähnliches)einzusenden, mit in der Summe sieben Zentimetern linkem und rechtemsowie zusammen genommen fünf Zentimetern oberem und unterem Rand.Der Umfang soll bei diesen Einstellungen 20 Seiten nicht überschreiten.Verwenden Sie auch keine geschützten Leerzeichen oder Silbentrennzei-chen. Als Dateiformat sind das OpenOffice- (.odt), das Word- (.doc(x))und auch das Rich-Text-Format (.rtf) zulässig. Gerne können nach Rück-sprache mit der Redaktion Texte auch als LATEX-Dokument eingereichtwerden. Als grobe Faustformel ist dann von einer Obergrenze mit rund6.000 Wörtern bzw. 40.000 Zeichen (samt Leerzeichen) reinem Text ohneFußnoten auszugehen.

Die Beiträge werden traditionell gegliedert:

I. (1. Ebene)1. (2. Ebene)a) (3. Ebene)aa) (4. Ebene)(1) (5. Ebene)

Gesetzeszitate sind präzise anzugeben:

§ 155 Abs. 4 S. 9 SGB V

iv LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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EditorialGängige Abkürzungen wie „Abs.“, „BGB“ oder auch „z.B.“ können unmit-telbar im Text verwendet werden. Übrige Abkürzungen sind einzuführen:

Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)1

Die Fassung des zitierten Gesetzes ist bei erstmaliger Verwendung im Bei-trag in der Fußnote mit den amtlichen Angaben der tatsächlich konsul-tierten Fassung zu vermerken.

1 In der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. IS. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014(BGBl. I S. 2462) m.W.z. 1. Januar 2015 geändert worden ist.

Wird eine Fußnote gesetzt, so stets hinter einem Satzzeichen, wenn sie sichauf den gesamten davor stehenden (Teil-)Satz bezieht, ansonsten hinterdem allein referenzierten Satzteil.

Ein Zitat im Text muss als solches gekennzeichnet werden,2 das istein Zeichen guter Umgangsformen.3 Außerdem bezieht man sich soselbst in den „wissenschaftlichen Diskurs“4 mit ein.

Fußnoten beginnen stets mit einem Großbuchstaben und schließen miteinem Punkt. Enden sie auf eine Abkürzung (etwa 23 ff.) wird also keinzusätzlicher Punkt gesetzt.

Fundstellen werden in den Fußnoten nach folgendem Grundmuster ange-geben:

Vorname Name, Titel, Erscheinungsjahr, Seitennummer (Seitennummer).

VerfasserInnen werden ohne Titel und akademische Grade zitiert und sindkursiv zu setzen.Herausgeber werden nicht kursiv gesetzt und durch (Hrsg.) gekennzeich-net.

Gerda Haufe, Politische Kybernetik in: Dieter Nohlen / Rainer-Olaf Schultze(Hrsg.), Lexikon der Politikwissenschaft, Band 2, 2005, 748 (750).

Die erste Zahl gibt die erste Seite des Beitrags an, die Zahl in Klammerndie exakte Fundstelle.Fachzeitschriften mit fortlaufender Nummerierung werden mit Ihrer übli-chen Abkürzung und ohne Angabe der Heftnummer zitiert:

Bernd Hecker, Strafrecht AT: Putativnotwehr, JuS 2011, 369 (371).

Wird mehrfach aus der gleichen Quelle zitiert, wird nur der Nachnamegesetzt und in Klammern auf die Fußnote verwiesen, in der die Quellezuerst angegeben wurde:

Schneider/Schnapp (o. Fußn. 37), 68 f.

Aus juristischen Kommentaren kann mit ihren üblichen Kurzangaben undder Abkürzung Rn. für Randnummer oder Randziffer zitiert werden.

Palandt / Weidenkaff (2011), § 626, Rn. 4.

ISSN 2193-1240 LL.B. 2013 – Heft 1 v

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EditorialAlternativ können Kommentare auch regulär als Sammelbände referen-ziert werden.

Günther Schulte in: Johann Lang / Ludwig Weidmüller (Hrsg.), Genos-senschaftsgesetz, 2011, § 1, Rn. 26.

Gerichtsentscheidungen werden zusätzlich zum Fundort im Schrifttumauch mit Datum und Aktenzeichen angegeben:

BAG, Urteil v. 14.09.1994 – 2 AZR 164/94 = BAG NZA 1995, 269(271).

Wurde das Urteil über juris, lexisnexis oder eine freie Suche im Internetgefunden, sind statt der Fundstelle im Schrifttum die aus dem Urteil zi-tierten nummerierten Absätze als Randnummern anzugeben:

BSG, Urteil v. 21.12.2009 – B 14 AS 46/ 08, Rn. 8 f.

Über das Internet abrufbare Quellen sind unter Angabe des Aktualisie-rungsdatum und letzten Abrufs wie folgt zu zitieren:

Vorname Name, Titel, Jahr Seitennummer (Seitennummer), zuletzt ak-tualisiert am Datum auf: Internetadresse [Datum]

Werden mehrere Internetquellen angegeben ist der folgende (wahrheitsge-mäße) Vermerk bei der erstgenannten Quelle ausreichend:

[letzter Abruf aller Internetquellen: Datum]

Sinnvolle und in der Rechtssprache übliche Abkürzungen in den Fußnoten,wie a.A. (andere Ansicht), i.d.F. (in der Fassung), n.F. (neue Fassung)oder vgl. (vergleiche) werden entsprechend dem Abkürzungsverzeichnisdes Palandt verwendet, jedoch mit Punkten versehen. Abkürzungen, diedem Leser das Textverständnis erschweren und das Textbild stören wietats (für tatsächlich), uB (ungerechtfertigte Bereicherung), Vbg (Verein-barung), Vollstrg (Vollstreckung) oder Ztpkt (Zeitpunkt) sind jedoch un-bedingt zu vermeiden.

vi LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Fallbearbeitung

Modul Sachenrecht

FalltypThematik

BearbeitungszeitHilfsmittel

Abschlusspflichtklausur Modul 19 Zivilrecht IV (5. Semester)1Mobiliar- und Immobiliarsachenrecht/Kreditsicherungsrecht4 ZeitstundenTextausgabe des BGB

SACHVERHALT

Sachverhalt 1Erwin (E) stellt ein 200 Jahre altes Küchenbuffet bei seinem Freund Bernd(B) unter, B wohnt auf einem Bauernhof und hat genügend Platz in einerScheune. Dort entdeckt Volker (V) das Buffet. Obwohl V zufällig weiß, dassdas Buffet E gehört, bietet er B dafür 400e an. B ist gerade in Geldnöten undakzeptiert. V gibt B das Geld und nimmt das Buffet mit. Anschließend bietetV das Buffet Antiquitätenhändler Horst (H) für 600e an. Auch H akzeptiertund gibt V sofort 300e; den Rest soll er in einem Monat bezahlen. V lässtdas Buffet gleich bei H; gehören soll es H aber erst, nachdem er vollständigbezahlt hat. Kurz darauf erfährt auch H, dass das Buffet eigentlich E gehört;daraufhin zahlt H schnell den Restbetrag an V.

Aufgabe:Kann E das Buffet von H zurückverlangen?

Frageteil 1:

1. Wann ist man unmittelbarer Besitzer einer Sache? Nennen und erläu-tern Sie kurz die Voraussetzungen. (3 Punkte)

2. Welche Rechte dienen dem Besitzschutz? Nennen Sie diese Rechte mitje einem Beispiel; Stichpunkte genügen. (3 Punkte)

3. V gehört eine Halskette; er verkauft und überlässt diese K. Weil ihmbeim Kaufpreis ein Zahlendreher unterlaufen ist, ficht V später wirk-sam an. Wer ist Eigentümer der Kette? Begründen Sie Ihre Antwort.(4 Punkte)

4. Was ist ein akzessorisches Sicherungsrecht? Erläutern Sie den Begriffund nennen Sie je ein Beispiel und Gegenbeispiel für bewegliche Sachen.(4 Punkte)

1Der Fall wurde als Abschlussklausur im Wintersemester 2011/12 herausgegeben. Die vorliegende Bearbeitung wurdemit 1,0 bewertet. Insgesamt lagen 21 Ergebnisse vor, davon mussten letztlich drei als nicht bestanden gewertet werden.Drei Klausuren wurden mit 4,0 bestanden, zwei mit 3,7, drei mit 3,3, eine mit 3,0, keine mit 2,7, zwei mit 2,3, einemit 2,0, eine mit 1,7, zwei mit 1,3 und drei mit 1,0. Damit lag der Gesamtschnitt bei 2,9.

ISSN 2193-1240 LL.B. 2013 – Heft 1 1

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Fallbearbeitung

5. Welche Punkte regelt die Sicherungsabrede bei der Sicherungsübereig-nung? Stichpunkte genügen. (3 Punkte)

6. Welche Ansprüche regelt das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis? NennenSie die drei großen Anspruchsgruppen mit den dazugehörenden Normen;Stichpunkte genügen. (3 Punkte)

Sachverhalt 2:Ben (B) betreibt auf seinem Grundstück eine kleine Bäckerei. Da das Dach derBäckerei gemacht werden muss, benötigt B schnell 20.000e. Er bittet daherSören (S), ihm einen Kredit zu besorgen; hierzu erlaubt B dem S schriftlichund unwiderruflich, auch das Grundstück zu belasten. S verhandelt im Namendes B mit Kreditinstitut (K); schließlich verständigt man sich auf eine Laufzeitvon einem Jahr und einen Zinssatz von 8 %. S und K begeben sich zu einemNotar, der zur Sicherung des Kredits die Bestellung einer Buchhypothek inHöhe von 21.600e zugunsten des K am Grundstück des B beurkundet. DieHypothek wird im Grundbuch eingetragen und K zahlt die Kreditsumme anB aus. Nach einem Jahr wartet K vergeblich auf Rückzahlung.

Aufgabe:Welche Ansprüche hat K gegen B?

Frageteil 2:

1. Ist ein Einfamilienhaus im Grundsatz eine Sache? Begründen Sie IhreAntwort. (3 Punkte)

2. Was setzt der Eigentumserwerb an einem Grundstück vom Nichtberech-tigten voraus? Zählen Sie die Voraussetzungen nur kurz auf; Stichpunktegenügen. (4 Punkte)

3. Welche Formvorschriften sind bei Abschluss und Durchführung vonGrundstückskaufverträgen zu beachten Nennen Sie die Vorschriften underläutern Sie deren Anwendungsbereich. (3 Punkte)

4. Was unterscheidet im Grundsatz das Recht des Pächters vom Recht desNießbrauchers? (4 Punkte)

5. Was setzt Ersterwerb einer Auflassungsvormerkung vom Berechtigtenvoraus? Zählen Sie die Voraussetzungen wiederum nur kurz auf; Stich-punkte genügen. (4 Punkte)

6. Vervollständigen Sie folgenden Satz: „Mit der Forderung Hand in Hand,...“ (2 Punkte)

Bearbeitungshinweise:

Fertigen Sie zu den Sachverhalten Rechtsgutachten an. Es sind nur solche Ansprüchezu prüfen, die von den Fallfragen gedeckt sind und den angezeigten Interessen ent-sprechen; beim ersten Fall sind allerdings keine bereicherungsrechtlichen Ansprüchezu prüfen. Beantworten Sie zudem die Fragen; bitte formulieren Sie in vollständigen

2 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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FallbearbeitungSätzen, soweit nichts anderes angegeben ist. Rechtschreibung und Grammatik fließenergänzend in die Bewertung ein. Um zu bestehen (Note 4) müssen 41 der insgesamt80 möglichen Punkte erreicht werden. Bitte beschreiben Sie die Blätter einseitig undlassen Sie links einen Korrekturrand von 7 cm.

Viel Erfolg!

Hinweis: Die LeserInnen sollten sich zunächst selbst an einer eigenen Lösung(zumindest einer Lösungsskizze) versuchen, bevor sie die folgende Klausurbe-arbeitung studieren!

Ja

Vorabaufzählungen kos-ten zusätzliche Zeit!

Ja

Eigentum nicht definie-ren; gleich Erwerbstatbe-stand prüfen.

Gut, aber nicht einenTeil ohne Voraussetzun-gen vorab anreißen!

Schwache Subsumtion!

KLAUSURBEARBEITUNG (mit Korrekturanmerkungen und Ver-tiefungshinweisen)

I. Sachverhalt 1E könnte gegen H einen Anspruch auf Herausgabe des Buffets nach § 985BGB haben.Dies setzt voraus, dass der E Eigentümer der Sache (des Buffets) ist und

der H unmittelbarer Besitzer ist, aber kein Recht zum Besitz gemäß § 986Abs. 1 Satz 1 BGB hat.2H müsste Besitzer der Sache (des Buffets) sein. Besitzer ist gemäß § 854

Abs. 1 BGB, wer die unmittelbare Sachherrschaft getragen von einem na-türlichen Herrschaftswillen über die Sache innehat. Der H hat vorliegend dieMöglichkeit aufgrund der unmittelbaren Sachherrschaft mit der Sache nachBelieben zu verfahren. Folglich ist er unmittelbarer Besitzer.Der E müsste zudem Eigentümer des Buffets gemäß § 903 Satz 1 BGB sein.

Eigentümer ist, wer grundsätzlich die rechtliche Verfügungsgewalt über eineSache hat. Ursprünglich war der E auch Eigentümer.Möglicherweise könnte E sein Eigentum aber dadurch verloren haben, dass

der nichtberechtigte B die Sache an V übereignet hat. Dies würde aber einengutgläubigen Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten gemäß §§ 929 Satz 1,932 BGB voraussetzen, da der B nicht Eigentümer des Buffets war sondernes nur für den E verwahren sollte.3

1. Eigentumserwerb des V durch Übereignung vomNichtberechtigten B gemäß §§ 929 Satz 1, 932 BGB

Dazu müssten sich B und V geeinigt haben. Die Einigung ist ein dinglicherVertrag mit dem Inhalt, dass die Sache den Eigentümer wechseln soll. DieseEinigung setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. B und V

2Die Voraussetzungen müssen einzeln aufgegriffen werden, was über das Nennen der Voraussetzungen erfolgt; zähltman zusätzlich vorab auf, führt dies zu einer unnötigen Wiederholung. Zeit kosten auch wiederholende Überschriften;einfach schreiben: „A) E könnte . . . nach § 985 BGB haben.“ Die vorstehende Überschrift ist überflüssig.

3Der Hinweis, dass B nicht Eigentümer ist, gehört zur Berechtigung bzw. Nichtberechtigung des Veräußerers; dieseInformation hat beim Vorstellen des Erwerbstatbestands nichts zu suchen. Die nachfolgende Überschrift ist ungenau.Es geht um E; im Vordergrund steht daher nicht der Erwerb des V, sondern der damit verbundene Eigentumsverlustbei B. Im Text stimmten die Prioritäten noch.

ISSN 2193-1240 LL.B. 2013 – Heft 1 3

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Fallbearbeitung

Perfekte Definition!

Hier sehr gute Subsumti-on.

Wenn unproblematisch,einfach weglassen; na-türlich ist das ein Ver-kehrsgeschäft.

Richtig!

Nicht an V, mehr kön-nen Sie erst einmal nochnicht sagen.

Gangbarer Weg.

waren sich auch einig, dass V zukünftig neuer Eigentümer des Buffets wer-densollte.4Rechtshindernde Einwendungen sind nicht ersichtlich.5Die Sache müsste auch übergeben worden sein. Übergabe meint den Ver-

lust des unmittelbaren Besitzes des Veräußerers und den Besitzerwerb aufErwerberseite mit Blick auf die Einigung.6V nimmt die Sache (das Buffet) sofort mit und verschafft sich somit die

alleinige tatsächliche Sachherrschaft am Buffet, mit der Konsequenz, dassnur noch er über das Buffet verfügen kann, nicht aber der B. Somit liegt eineÜbergabe nach § 929 Satz 1 BGB vor.Da B als Nichtberechtigter gemäß § 185 Abs. 1 BGB an V verfügt hat und

auch nicht durch den Eigentümer E ermächtigt wurde, könnte V nur durchden Gutglaubensschutz gemäß § 932 BGB Eigentümer geworden sein.Dies setzt zunächst voraus, dass es sich um ein Verkehrsgeschäft handelt.

Gutgläubiger Eigentumserwerb ist nämlich insbesondere dann nicht möglich,wenn ein gesetzlicher Eigentumserwerb, zum Beispiel Personenidentität aufVeräußerer- und Erwerberseite oder eine Rückübertragung des Eigentums vor-liegt. Vorliegend handelt es sich bei der Verfügung über ein Küchenbuffet aberum ein Rechtsgeschäft und es liegt auch keine Personenidentität vor. Somitist ein Verkehrsgeschäft gegeben.Der V müsste zudem gutgläubig i.S.v. § 932 BGB gewesen sein. Gutgläubig

ist ein Erwerber, wenn er weder wusste, noch aufgrund grober Fahrlässigkeitnicht wusste, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört (sog. Bösgläubigkeitnach § 932 Abs. 2 BGB). Laut Sachverhalt wusste der V aber zufällig, dassdas Buffet dem E und nicht dem Veräußerer B gehört. Er hatte also positiveKenntnis von der fehlenden Eigentümerstellung des B und war somit nichtgutgläubig.Zwischenergebnis:Der V hat das Eigentum am Buffet nicht gutgläubig erworben, da er wusste,dass in Wahrheit E der Eigentümer ist.7Eventuell könnte E sein Eigentum am Buffet aber durch gutgläubigen Ei-

gentumserwerb an H verloren haben, wenn ihm (dem H) durch den Nichtbe-rechtigte V die Sache bereits übereignet wurde. Dies wäre hier dann der Fall,wenn H wegen einer Übereignung mit Eigentumsvorbehalt ein sog. Anwart-schaftsrecht erworben hat und dieses auch bereits erstarkt ist.8

4Bei der Subsumtion werden die Informationen aus dem Sachverhalt verarbeitet. Für die Einigung sucht man nachInformationen, dass sich die Beteiligten über den Eigentumswechsel einig waren. Entscheidend ist, dass B und V dieKommunikation beendet haben; V hat bezahlt und das Buffet mitgenommen.

5Man muss an die rechtshindernden Einwendungen denken; sind aber keine ersichtlich, kann man diesen Hinweis weg-lassen.

6Bei der Definition werden die generellen Anforderungen der Norm für die Subsumtion aufbereitet; das gelingt durchwegsehr gut und trägt erheblich zur Qualität der Bearbeitung bei. Die Subsumtion beherzigt das in der vorstehendenAnmerkung Gesagte.

7Im Zwischenergebnis setzt sich die Ungenauigkeit aus der Überschrift fort (vgl. Anm. 3). B hat das Eigentum nicht anV verloren; darauf kommt es an.

8Solange die Anwartschaft noch beim Ersterwerber ist, kann einfach der Bedingungseintritt bei der Einigung geprüftwerden. Der Weg über ein Erstarken der Anwartschaft ist nur alternativlos, wenn es um einen Zweiterwerber geht undman einen Eigentumsdurchgang beim Ersterwerber ablehnt.

4 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Fallbearbeitung

Gute Subsumtion.

Plus Übergabe.

Richtig und gut begrün-det.

Richtig.

Abhandenkommen fehlt(§ 935 I BGB)

2. Entstehung eines Anwartschaftsrechts für H nach §§ 929Satz 1, 158 Abs. 1 BGB

Dafür müssten sich V und H geeinigt haben. Die Einigung ist ein dinglicherVertrag mit dem Inhalt, dass der H erst durch die vollständige Kaufpreis-zahlung auch Eigentümer am Buffet werden sollte. Durch die Zahlung des(vollständigen) Kaufpreises würde also zu einem späteren Zeitpunkt „auto-matisch“ der Eigentümerwechsel durch den Bedingungseintritt stattfinden.Ob V und H vorliegend eine bedingte Einigung getroffen haben, ist durch

Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hier hatte der H erst 300egezahlt, hatte aber ein Interesse daran, dass das Buffet gleich in seinen Besitzgelangt. Es ist also hier ein Eigentumsvorbehalt gemäß §§ 449 Abs. 1, 158Abs. 1 BGB vereinbart worden, da nicht ersichtlich ist, dass sich H und Vspäter nochmal treffen wollten, um das Eigentum zu übertragen. Der verein-barte Eigentumsvorbehalt bewirkt somit also, dass der Eigentumserwerb erstmit vollständiger Zahlung des Kaufpreises stattfindet.Eine Übergabe (s.o.) hat auch hier stattgefunden, denn der V ließ das Buffet

sofort bei H.9Da auch der V nicht Eigentümer des Buffets war, müsste H auch gutgläubig

bezüglich der Eigentümerstellung des V gewesen sein.Da dem H hier (zunächst) nicht bewusst war, dass V nicht Eigentümer des

Buffets war und er auch keine Anhaltspunkte hatte, an der Gutgläubigkeitdes V zu zweifeln, konnte der H gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB davonausgehen, dass V als Besitzer des Buffets auch Eigentümer war.10H hatte also (zum Zeitpunkt der Übergabe) weder positive Kenntnis, noch

war ihm aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht bekannt, dass eigentlich E derEigentümer des Buffets war.Allerdings erfuhr der H später, noch vor vollständiger Kaufpreiszahlung

an V, dass in Wahrheit der E Eigentümer ist. Fraglich ist, ob die spätereKenntnis (noch) relevant für die Gutgläubigkeit des H ist.Dies ist aber abzulehnen, da immer auf den Zeitpunkt der (wenn auch

bedingten) Einigung zwischen V und H abzustellen ist, da dort bereits alleVoraussetzungen, bis auf die noch ausstehende Bedingung, vorliegen müs-sen.11Dies ist der Fall, damit der H nur noch seiner Pflicht bezüglich der Kauf-

preiszahlung ordnungs- und vertragsgemäß nachkommen muss und damit „so-fort“ Eigentümer werden kann (Anwartschaftsrecht). Der H wird somit auchwährend der Zahlungsphase davor geschützt, später (nach Vereinbarung derbedingten Einigung) doch noch bösgläubig werden zu können.Die spätere Kenntnis von der Eigentümerstellung des E steht der Gutgläu-

bigkeit nach § 932 BGB nicht entgegen. Der H bleibt also bei ordnungsgemä-ßer Erfüllung gutgläubig.

9Dieser Punkt ist sehr gut gelungen; hat man eine Voraussetzung bereits an anderer Stelle geprüft, genügen in allerKürze Subsumtion und Ergebnis.

10Eines Rückgriffs auf § 1006 BGB bedarf es nicht; § 932 BGB ist eine speziellere Ausformung des selben Prinzips.11Maßgebl. Zeitpkt. ist die Vollendung des Erwerbstatbestands, im Falle von § 929 S. 1 BGB also Einigung und Übergabe.

ISSN 2193-1240 LL.B. 2013 – Heft 1 5

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Fallbearbeitung

Die aufwendigen undüberzeugenden Begrün-dungen kompensierendie kleinen Ungenauig-keiten.

Beispiele vielleicht mitBlick auf das Zeitbudgetzu viel.

Perfekt!

Wie oben: Beispiele mitBlick auf das Zeitbudgetzu ausführlich!

Zwischenergebnis:Der H war gutgläubig und das Anwartschaftsrecht nach §§ 929 Satz 1, 158Abs. 1, 932 BGB besteht. Das Anwartschaftsrecht musste auch erstarkt sein,damit H neuer Eigentümer geworden ist.

3. Erstarken des AnwartschaftsrechtsDurch die vollständige (restliche) Kaufpreiszahlung ist die Bedingung nach§ 158 Abs. 1 BGB eingetreten und H ist somit Eigentümer geworden.

Zwischenergebnis:Das Anwartschaftsrecht des H ist auch erstarkt.

Endergebnis:Der E kann nicht Herausgabe des Buffets nach § 929 Satz 1 BGB verlangen,da H neuer Eigentümer des Buffets geworden ist.12

II. Lösung des Frageteils 11. Man ist mittelbarer Besitzer einer Sache, wenn man nicht unmittelba-

rer Besitzer ist, aber gegenüber dem unmittelbaren Besitzer einen Her-ausgabeanspruch aufgrund eines sog. „Besitzmittlungsverhältnis“ nach§ 868 BGB innehat, auch wenn der unmittelbare Besitzer auf Zeit einRecht zum Besitz hat.Zwingende Voraussetzung ist dabei noch ein Besitzmittlungswille beimunmittelbaren Besitzer. Dieser muss den mittelbaren Besitzer als „Ei-genbesitzer“ auch akzeptieren. Als Besitzmittlungsverhältnis kommenbeispielsweise Leihe, Miete, Verwahrung oder Pacht in Betracht. Einredlicher Mieter (unmittelbarer Besitzer) nutzt eine Wohnung für sich,besitzt aber für den Vermieter (mittelbarer Besitzer). Der Mieter hatdabei Besitzmittlungswille (Fremdbesitzerwille).

2. Beim Besitzschutz werden sogenannte possessorische Rechte (knüpfendirekt an den Besitz an) und petitorische Rechte (knüpfen an ein Rechtzum Besitz an) unterschieden.Possessorische Ansprüche:§ 859 BGB: Wiedereinräumung des Besitzes verlangen oder sofort perSelbsthilfe.13§ 861 BGB: Dieb „entreißt“ Besitz durch verbotene Eigenmacht.

12Am Rand war angegeben, wo Punkte abgezogen wurden; dies ist die Begründung, warum es am Ende für das ersteGutachten doch die volle Punktzahl gab.

13§ 859 BGB ist keine Anspruchsgrundlage, sondern ein Rechtfertigungsgrund; infolge dieser Vorschrift begeht der Ver-teidiger insbesondere keine verbotene Eigenmacht gemäß § 858 BGB.

6 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Fallbearbeitung

Verpflichtungsgeschäft

Gut!

Perfekt!

Sehr ausführlich, ohneweitschweifig zu sein.

§ 862 BGB: Beseitigung der Besitzstörung eines Mieters, wenn Vermie-ter z.B. unerlaubt neue Schlösser eingebaut hat.14

Petitorische Ansprüche15:§ 812 BGB: Verkäufer kann Besitz- u. Eigentumsrückübertragung einerSache verlangen, wenn Rechtsgrund wegfällt.§ 823 I BGB: Autovermieter verlangt aufgrund Beschädigung am Kfz(durch den Besitz des Mieters) Schadensersatz.

3. Eigentümer bleibt weiterhin der K, weil V ihm die Halskette übereignethatte und mit der Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 Absatz 1 Vari-ante 2 BGB das Verfügungsgeschäft gemäß § 142 BGB ex-tunc nichtigwird.16 Der dingliche Vertrag enthält nämlich nur den Inhalt, dass Kneuer Eigentümer werden soll, indem V ihm das Eigentum überträgt.Bezüglich diesen Inhalts der Willenserklärung zum Verfügungsgeschäftliegt also gar kein Anfechtungsgrund vor, da sich V ja lediglich beimKaufpreis „vertan“ hat.17 Hier ist allerdings (bisher) nur der Kaufver-trag nichtig, die Verfügung besteht noch, somit ist K auch noch Eigen-tümer. V muss versuchen mittels Herausgabeanspruch nach § 812 BGBdie Herausgabe von Eigentum und Besitz „zurückzuverlangen“.

4. Akzessorische Sicherungsrechte sind untrennbar mit der zu sichern-den Forderung verbunden (sog. Schicksalsgemeinschaft). Die Sicherung„steht und fällt"mit der zu sichernden Forderung und auch in der Höhesind akzessorische Sicherungsrechte mit der zugrunde liegenden Forde-rung identisch. Ein Beispiel für akzessorische Sicherungsrechte bei be-weglichen Sachen ist das Pfandrecht nach §§ 1204 ff. Das Pfandrechtan einer goldenen Uhr besteht nur und nur in der Höhe, wie die zusichernde Forderung noch besteht.

5. Kein akzessorisches Sicherungsrecht ist die Sicherungsübereignung(SÜ), wobei der Sicherungsgeber selbst Eigentümer wird, aber der Kre-ditnehmer die Sache per Besitzkonstitut nach § 930 BGB zur Nutzungübertragen bekommt. Die SÜ besteht unabhängig von der Forderung,ebenso wie die Grundschuld bei unbeweglichen Sachen. Die SÜ ist ab-strakt und nur durch eine schuldrechtliche „Sicherungsabrede“ mit derForderung verbunden. Die Sicherungsabrede soll grundsätzlich sicher-stellen, dass der Kreditgeber und neue Eigentümer der Sache, aufgrundder SÜ, die Sache nicht an einen Dritten weiterveräußert und bei ver-tragsgemäßer Tilgung der Forderung auch nicht verwertet („zu Geldmacht“).

14Die Beispiele passen überwiegend nicht. Hat der Mieter keinen Zutritt mehr, handelt es sich um eine Besitzentziehunggemäß § 861 BGB.

15Bei den petitorischen Ansprüchen geht es um einen Eingriff in das Besitzrecht; das spiegeln die Beispiele nicht wieder.16Hier wird evident nur der Begriff verwechselt; das sollte allerdings bei einer Aufgabe zum Trennungs- und Abstrakti-

onsprinzip nicht passieren.17Perfekt ist der Inhalt, nicht die Formulierung; diese genügt zwar Klausurbedingungen, könnte aber auch an anderer

Stelle sorgfältiger sein.

ISSN 2193-1240 LL.B. 2013 – Heft 1 7

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FallbearbeitungPerfekt!

Schadens-; Nutzungs-und Verwendungsersatzgemäß §§ 987 ff. BGB

Plus Zinsen.

Gut.

Perfekt!

Ja.

Richtig.

Des Weiteren wird meist geregelt, dass das Eigentum an der siche-rungsübereigneten Sache nach der Tilgung der Verbindlichkeiten wiederauf den ursprünglichen Eigentümer (Kreditnehmer) zurückübertragenwird. Der Sicherungsnehmer darf zwar die Sache nicht einfach an einenDritten übereignen, könnte es aber durchaus tun, weil diese Ansprüchenur schuldrechtlicher Natur sind. Er würde sich dabei aber schadenser-satzpflichtig machen.

6. Herausgabeansprüche (z.B. § 812 BGB), Schadensersatzansprüche (z.B.§ 280 BGB oder § 823 BGB).

III. Sachverhalt 21. Anspruch auf Darlehensrückzahlung nach § 488 BGBK könnte gegen B einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung gemäß § 488Absatz 1 BGB haben.

a) Anspruch entstanden?

Dazu müsste zwischen K und B ein wirksamer Darlehensvertrag vorliegen.Ein Darlehensvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärun-gen zustande. Für die K hat ein Bankmitarbeiter eine solche wirksame Wil-lenserklärung abgegeben. Allerdings hat B selbst dem K gegenüber gar keineWillenserklärung abgegeben. Allerdings könnte die Willenserklärung des Sgemäß § 164 Absatz 1 Satz 1 BGB für und gegen den B wirken, wenn S denB wirksam vertreten hat.Zunächst müsste S selbst eine eigene Willenserklärung abgegeben haben

und nicht nur als Bote eine fremde Willenserklärung überbracht haben. DerS handelte selbstständig mit der K. Er hat also eine eigene Willenserklärungabgegeben.S müsste zudem auch offenkundig im Namen des Vertretenen (B) gehandelt

haben. Dies steht so ausdrücklich im Sachverhalt. S hat gegenüber dem Koffenkundig für und im Namen des Vertretenen B gehandelt.S müsste aber zusätzlich auch mit Vertretungsmacht gehandelt haben. Hier

kommt nur eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht („Vollmacht“)gemäß § 166 Absatz 2 BGB in Betracht, welche B in der (unwiderruflichen)Abrede erklärt hat, dass S für ihn einen Kredit „besorgen“ soll. Gemäß Ausle-gung nach §§ 133, 157 BGB ist hier also eine sog. „Innenvollmacht“ von demVertretenen B gegenüber dem Vertreter S erteilt worden. S handelte auch imRahmen dieser Vertretungsmacht.

Zwischenergebnis:Der S hat den B wirksam vertreten und die Willenserklärung von S wirktauch für und gegen den B, sodass zwischen K und B ein wirksamer Darle-hensvertrag geschlossen wurde. Der Zahlungsanspruch ist entstanden.

8 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Fallbearbeitung

Genau.

Hier lassen Sie sich irri-tieren, denn B ist auchUnternehmer, vgl. § 14!

§ 271 BGB

Das Jahr ist um.

Richtig.

b) Anspruch nicht erloschen?

Der Anspruch dürfte auch nicht untergegangen sein. Der Anspruch wäre ins-besondere dann untergegangen, wenn die vertraglich geschuldete Leistung be-reits nach § 362 BGB erfüllt worden wäre. Vorliegend hat B aber noch nichtgeleistet.Grundsätzlich können Verträge formfrei geschlossen werden. Hinsichtlich

eines Darlehensvertrages mit einem Verbraucher muss aber gemäß § 492 Ab-satz 1 Satz 1 BGB mindestens die Schriftform (nach § 126 BGB) eingehaltenwerden.18Dass der Kreditvertrag schriftlich geschlossen wurde, ist aber hier anzu-

nehmen.Grundsätzlich bedarf eine Vollmacht auch nicht der Form des Grundge-

schäftes (hier die Schriftform bezüglich des Darlehensvertrags). Aber vorlie-gend hat S eine unwiderrufliche Vollmacht von B erhalten, sodass ausnahms-weise doch die Form des Grundgeschäftes auch für die Vollmachterteilunggilt. Da für den Darlehensvertrag die Schriftform notwendig ist, muss auchdie Vollmacht schriftlich erteilt worden sein. Dies ist laut Sachverhalt auchgeschehen.

ZwischenergebnisDer Anspruch ist nicht erloschen.

c) Anspruch durchsetzbar?

Zuletzt müsste der Anspruch auch (schon bzw. noch) durchsetzbar sein. DerAnspruch ist durchsetzbar, wenn Fälligkeit eingetreten ist. Fälligkeit meintden Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger Leistung verlangen kann. Hier wartetK bereits vergeblich auf Zahlung, somit ist die Leistung aus § 488 Absatz 1Satz 2 BGB auch fällig.

ZwischenergebnisDer Zahlungsanpruch ist auch durchsetzbar.

ErgebnisDer Anspruch auf Darlehensrückzahlung gemäß § 488 Absatz 1 BGB von Kgegenüber B besteht.

2. Anspruch auf Duldung der ZwangsvollstreckungK könnte zudem einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäߧ§ 1147, 1115, 1116 BGB gegen B haben.19

18Dieser Exkurs zur Form steht an falscher Stelle; es geht um die Wirksamkeit der Vollmacht. Im Sachverhalt weckte dieUnwiderruflichkeit die Aufmerksamkeit; die Bearbeiter sollten erkennen, dass es mangels Formvorschrift kein Problemgibt. Zudem genügt dieser Punkt nicht den Anforderungen an ein Gutachten: An den Anfang gehört der Tatbestandmit der Rechtsfolge; die Vollmacht könnte nichtig sein gemäß § 125 S. 1 BGB.

19Zutreffend wird der Duldungsanspruch geprüft; zitiert werden üblicherweise §§ 1147, 1113 BGB.

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FallbearbeitungRichtig.

Richtig.

Richtig!

Hier verlieren sie et-was die Orientierung:§ 873 II BGB regelt,wann die Einigungbindend wird ohne dieEintragung; grund-sätzlich Einigung abermateriell-rechtlich form-los möglich.Schön, dass Sie zurück-finden!

Perfekt!

Richtig.

Dafür müsste der Anspruchsgegner im vorliegenden Fall auch Eigentümerdes Grundstücks sein, welches mit der Hypothek belastet wurde. Das Grund-stück gehört dem B und er ist somit der richtige Anspruchsgegner.Zudem müsste für den Anspruchsteller, welcher die Duldung der Zwangs-

vollstreckung für sich beansprucht, eine wirksame Hypothek gemäß §§ 1113ff. BGB bestellt worden sein.

Bestellung einer Hypothek für KDa die Hypothek streng akzessorisch ist und nur gemeinsam mit der zu si-chernden Forderung existieren kann, müsste die Forderung (hier der Rückzah-lungsanspruch aus dem Darlehensvertrag) noch bestehen. Wie bereits geprüft,besteht ein wirksamer Rückzahlungsanspruch des K gegen B.Des Weiteren müssten sich B und K geeinigt haben. Einigung meint hier

einen dinglichen Vertrag mit dem Inhalt, dass zur Sicherung einer Kreditfor-derung zugunsten von K eine Hypothek an dem Grundstück des B bestelltwerden soll. Wieder hat B selbst keine Erklärung gegenüber K oder dem No-tar abgegeben. Aber der S hat ihn, wie bereits in Bezug auf den Abschlussdes Darlehensvertrags geprüft, wirksam im Wege der Stellvertretung nach§§ 164 ff. BGB vertreten.Es dürften aber auch keine Wirksamkeitshindernisse vorliegen. Vorliegend

könnte aber ein Formverstoß gemäß § 873 Absatz 1 BGB vorliegen. Hier mussjedes belastende Recht (hier Hypothek) gemäß § 873 Absatz 2 BGB notariellbeurkundet werden. Die Einigung selbst ist zwar notariell beurkundet wor-den, allerdings hatte B dem S ja eine unwiderrufliche Vollmacht ausgestellt,sodass auch die Vollmacht notariell beurkundet werden müsste. Allerdingsist die Hypothek bereits ins Grundbuch eingetragen und somit Heilung desFormerfordernisses hinsichtlich der Vollmacht eingetreten.Die Hypothek wurde auch ins Grundbuch eingetragen.Grundsätzlich muss dem Hypothekar auch ein Hypothekenbrief gemäß

§ 1117 Absatz 1 Satz 1 BGB ausgehändigt werden. Allerdings wurde hierzwischen K und S ausdrücklich eine Buchhypothek vereinbart und somit aufdie Aushändigung eines Hypothekenbriefes verzichtet, § 1116 Absatz 2 BGB.Zuletzt müsste der B auch Berechtigter gewesen sein. Berechtigter ist

grundsätzlich der Eigentümer. Der B ist Eigentümer des Grundstücks undwar somit auch Berechtigter.

ZwischenergebnisEs wurde zugunsten von K eine wirksame Hypothek bestellt und der zu si-chernde Anspruch besteht (noch).

ErgebnisK hat einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung des Grundstücksgegen B nach §§ 1147, 1113, 1116 BGB.

10 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Fallbearbeitung

Perfekt.

Perfekt.

Ja.

Perfekt.

Nein: ein dinglichesRecht, sonst aber gut!

IV. Lösung des Frageteils 21. Ein Einfamilienhaus ist grundsätzlich keine Sache, da ein Gebäude ge-

mäß § 94 Absatz 1 Satz 1 BGB (da fest mit dem Boden verbunden)als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks anzusehen ist. Wesentli-che Bestandteile sind nicht sonderrechtsfähig und selbst keine Sachen,sondern gehören zur Gesamtsache (Grundstück). Anders ist dies nurausnahmsweise beim Erbbaurecht. Hierbei ist es möglich, Eigentümereines Gebäudes (Einfamilienhaus) zu sein, ohne auch Eigentümer desdazugehörigen Grundstücks zu sein.

2. • Einigung (Auflassung)• Unrichtigkeit des Grundbuchs• Legitimation des Veräußerers durch falschen GB-Eintrag• Gutgläubigkeit des Erwerbers (nur positive Kenntnis schadet,sonst gilt der „gute Glaube“ des Grundbuchs)

• kein Eintrag eines Widerspruchs im Grundbuch• Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch

3. • Notarielle Beurkundung des Grundstückskaufvertrages nach§ 311 b Absatz 1 i.V.m. § 128 BGB (Übereilungsschutz, sowieWarn- und Beweisfunktion)

• bei Vertretergeschäften bedarf die Vollmacht grundsätzlich nichtder Form des Rechtsgeschäftes (Ausnahmen: Eigenes Interesse desVertreters am Geschäft; Unwiderruflichkeit der Vollmacht)

• Auflassung muss „vor einem Notar“ stattfinden, § 925

4. Beim Pachtvertrag nach § 581 BGB wird zunächst der Verpächter ver-pflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstandesund den Genuss der Früchte, soweit sie bei ordnungsgemäßer Wirtschaftals Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu überlassen. DerPächter muss dafür die Pacht zahlen. Beim Nießbrauch nach §§ 1030 ff.BGB wird hingegen eine Sache in der Weise belastet, dass der Nießbrau-cher berechtigt wird, Nutzungen aus der Sache „zu ziehen“.20 Dies istalso ein Sicherungsrecht. Die Pacht ist ein schuldrechtlicher Vertrag.

20Der Pächter hat ein obligatorisches, der Nießbraucher ein dingliches Nutzungsrecht. Der Unterschied zeigt sich beieinem Wechsel des Grundstückseigentümers: Das Recht des Nießbrauchers richtet sich automatisch gegen den neuenEigentümer; das Recht des Pächters tut dies nur, soweit es in §§ 580 Abs. 2, 566 Abs. 1 BGB ausdrücklich angeordnetist.

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Fallbearbeitung

Das wussten Sie als Ein-ziger!

5. • Vormerkungsfähiger Anspruch• Bewilligung desjenigen, dessen Recht betroffen ist• Eintragung der Vormerkung ins Grundbuchs• Berechtigung (grundsätzlich des Eigentümers)

6. „Mit der Forderung Hand in Hand, gehen Vormerkung, Hypothek,Bürgschaft und Pfand.“21

(Dies sind alle akzessorischen Sicherheiten.)

Klausurbearbeiter: Sebastian Roß, stud.LL.M., Absolvent des Studiengangs Ius seit2012 (Jahrgang 2009).Klausursteller (und verantwortlich für dieAnmerkungen): Henry Posselt, Dr. iur.,Lehrbeauftragter im Modul 19 Zivilrecht IVan der Hochschule für Wirtschaft und RechtBerlin – Berlin Law School, wissenschaftli-cher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürger-liches Recht und Deutsche und EuropäischeRechtsgeschichte der Universität Potsdam undRechtsanwalt in Berlin.

21Der Merksatz stammt vermutlich von Harald Langels, Repetitorium Abels & Langels.

12 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Handwerkszeug

Der Umgang mit dem einschichtigen Sachverhaltin zivilrechtlichen Übungs- und Prüfungsaufgaben

Kurzzusammenfassung (Abstract)

Der Verfasser legt den Klausuren bearbeitenden Studierenden offen, welche Überlegungen die Klausur-steller*innen bei der Konstruktion ihrer Klausurfälle leiten und welche Lösungsstrategien sie von denBearbeiter*innen erwarten. Dazu geht er auch auf den praktischen Sinn von Rechtsgutachten jenseitsihrer didaktischen Funktion ein und veranschaulicht seine Ausführungen anhand diverser Beispiele.0

Häufig müssen Studenten als Übungs- oder Prü-fungsaufgabe einen Fall lösen, also zu einem vor-gegebenen Sachverhalt ein juristisches Gutachtenanfertigen. Der Sachverhalt solcher Aufgaben istein Konstrukt;1 der Aufgabensteller legt darin an,worauf im Gutachten eingegangen werden soll.Im Sachverhalt findet man deshalb den Bauplanund die Bausteine, welche mit Hilfe des Gesetzeszum Gutachten zusammengesetzt werden müssen.2Im Folgenden wird es darum gehen, wie man dieim Sachverhalt mitgeteilten Informationen verar-beitet und in das Gutachten einfließen lässt; dasHauptaugenmerk liegt dabei bei der Frage, ob undggf. wie Lücken im Sachverhalt geschlossen werdenkönnen. Zu Recht findet man in Beiträgen zum ju-ristischen Gutachten regelmäßig den Appell, dassder Sachverhalt erst einmal richtig erfasst werdenmuss;3 dass dies geschehen ist, wird im Folgendenvorausgesetzt.

I. Die Fallfrage

Das zentrale Ziel bzw. Thema des Gutachtens legtdie Fallfrage fest. Dieses Ziel besteht im Zivilrechtimmer in der Untersuchung, ob ein Rechtsverhält-nis besteht oder nicht; das am häufigsten nachge-fragte Rechtsverhältnis ist ein Anspruch im Sinnedes § 194 BGB. Von der Fallfrage nicht gedeck-te Ausführungen im Gutachten, sind verfehlt. Istz.B. nach einem Anspruch auf Herausgabe einerSache gefragt, bedarf es keiner Ausführungen zuSchadensersatzansprüchen. Im Zivilrecht spiegeltsich in der begrenzenden Funktion der Fallfrage dieParteimaxime des Zivilprozesses; den Streitgegen-stand legen allein die Parteien über ihre Anträgefest.4 Eine rein materiell-rechtliche Fallfrage ist al-so auch im Zivilrecht nicht losgelöst vom Prozess.Dass die Aufgabe unter Umständen aus anwaltli-cher Sicht zu bearbeiten ist, spielt insoweit keineRolle; auch den Rechtsanwalt interessiert vor al-lem ein Anspruch, der gerichtlich auch durchge-setzt werden kann. Die Fallfrage kann Bezug auf

0Der Aufsatz sollte ursprünglich hier parallel zur Veröffentlichung in der ∗studere – ∗Rechtszeitschrift der Universi-tät Potsdam, Heft 2/2013 unter dem Titel „Der Sachverhalt als Grundlage juristischer Gutachten in zivilrechtlichenÜbungs- und Prüfungsaufgaben“ erscheinen. Dies ist nun die im Jahr 2015 überarbeitete Fassung.

1Peter J. Tettinger/Thomas Mann, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, 2009, Rn. 155; Wolfgang Fleck/StefanArnold, JuS 2009, 881; Peter Bringewat, Methodik der juristischen Fallbearbeitung, 2013, Rn. 74 ff.; Hermann Fah-se/Uwe Hansen, Übungen für Anfänger im Zivil- und Strafrecht, 2000, Kap. 4, Rn. 5.

2Das ebenfalls sehr anschauliche Bild eines Mosaiks verwenden Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 170.3Statt vieler: Thomas M. J. Möllers, Juristische Arbeitstechnik und wissenschaftliches Arbeiten, 2014, Rn. 96 ff.; Putzke,Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben, 2014, Rn. 9.

4Diese Parallele ziehen deutlich: Johann Braun, Der Zivilrechtsfall – Klausurenlehre für Anfänger und Fortgeschrittene,2012, 6 oben; Uwe Diederichsen/Gerhard Wagner, Die BGB-Klausur, 1998, 26 f.

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HandwerkszeugInteressen nehmen, die zuvor in der Sachverhalts-schilderung mitgeteilt wurden; derartige Interessenschränken die Fallfrage zusätzlich ein5 oder erset-zen diese sogar.6 Teilt der Sachverhalt z.B. mit,der Käufer wolle die mangelhafte Kaufsache unbe-dingt behalten, muss ein Rücktritt über § 437 Nr.2 BGB nicht geprüft werden, selbst wenn allge-mein nach Gewährleistungsansprüchen gefragt ist.Auf diese Weise erfährt in der Regel die umfassen-de Frage nach der Rechtslage eine Einschränkung.7Im Zweifel bleibt es allerdings beim Rahmen derFallfrage. Ist im vorstehenden Beispiel das Interes-se des Käufers an der Kaufsache relativiert, etwadurch die Mitteilung, er würde diese notfalls auchbehalten, sind die Gewährleistungsansprüche um-fassend zu prüfen. Die Prüfungsreihenfolge sollteman nicht an den Interessen ausrichten.8 Bei derPrüfungsreihenfolge geht es um die Übersichtlich-keit der Darstellung; damit haben die Interessender Beteiligten nichts zu tun.

II. Weitere Impulse

In dem von der Fallfrage vorgegebenen Rahmen istder Sachverhalt unter Berücksichtigung aller recht-lich relevanten Gesichtspunkte zu begutachten.9Auch in diesem Grundsatz spiegelt sich die vomProzess geprägte zivilrechtliche Praxis. Das Gut-achten soll dem Leser eine Entscheidung zu den un-tersuchten Rechtsverhältnissen ermöglichen;10 somuss z.B. der Rechtsanwalt anhand des Gutach-tens über das Einreichen, der Richter über denErfolg einer Klage entscheiden können. Das istnicht möglich, wenn sich aufgrund des Sachverhalts

Fragen aufdrängen, zu denen sich dem Gutachtennichts entnehmen lässt. In die spätere Begründungder Entscheidung fließen nur noch die tragendenAspekte ein; auch insoweit unterscheidet sich dasGutachten vom Urteil.11

Die prägende Funktion des Sachverhalts fürden Zuschnitt des Gutachtens erschöpft sich alsonicht in der Fallfrage. Der Sachverhalt gibt zu-dem die Impulse, welche Zwischenstationen aufdem Lösungsweg eingelegt werden sollen;12 mit derAuswahl dieser Zwischenstationen setzt man dieSchwerpunkte des Gutachtens. Ist z.B. nach demAnspruch des Verkäufers auf Zahlung des Kauf-preises aus § 433 Abs. 2 BGB gefragt, könnenStellvertretung, Geschäftsfähigkeit oder Anfech-tung inzident anzusprechende Tatbestände unddort bestimmte Einzelaspekte besonders wichtigsein. Derartige Schwerpunkte verbergen sich in derRegel hinter Sachverhaltsvarianten bzw. variiertenFallfragen.13 Unter Umständen muss man sich andiesen Stationen mit streitigen Fragen auseinan-dersetzten, das muss aber nicht sein; man soll-te deshalb einfach den Impulsen des Sachverhaltsfolgen und nicht nach verstecken Problemen su-chen.14 Arbeitet man die einschlägigen Tatbestän-de Voraussetzung für Voraussetzung ab, kann manein bekanntes Problemfeld nicht übersehen undsetzt sich nicht der Gefahr aus, Probleme in denSachverhalt hineinzudeuten.15 Seine Impulse gibtder Sachverhalt über das, was er mitteilt, aberauch über das, worüber er schweigt.

5Roland Schimmel, Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 2014, Rn. 397; Tettinger/Mann (o. Fußn.1), Rn. 182; Torsten Körber, JuS 2008, 289 (291); Bringewat (o. Fußn. 1), Rn. 55; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5,Rn. 2; Klaus J. Hopt, Jura 1992, 225.

6Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 26.7Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 29.8Das Gegenteil empfehlen Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 158.9Statt vieler Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 192.

10Hannes Beyerbach, JA 2014, 813; Braun (o. Fußn. 4), 5.11Beyerbach, JA 2014, 813 (814); Wolf, JuS 1996, 30.12Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 228 ff. u. 436 ff.; Lukas Beck, Jura 2012, 262 (263 f.); Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn.

167; Christian Fahl, JA 2008, 350 (355); Bringewat (o. Fußn. 1), Rn. 75; „Tipps für die rechtliche Lösung“, Körber,JuS 2008, 289 (290); „im Sachverhalt ausführlich . . . abhandeln“, Beyerbach, JA 2014, 813 (817).

13Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 35 und 38.14Ähnlich Petra Senne, JA 1995, 760 (761). Das Gegenteil rät Peter Forster, JuS 1992, 234 (239).15Hiervor warnt z.B. Körber, JuS 2008, 289 (290).

14 LL.B. 2013 – Heft 1 ISSN 2193-1240

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Handwerkszeug1. Mitgeteilte Informationen

Alle Informationen aus dem Sachverhalt müssendaraufhin untersucht werden, ob diese bei der Be-antwortung der Fallfrage Verwendung finden kön-nen.16 Keine Sachverhaltsangabe ist überflüssig,17es kann aber um das Ausscheiden irrelevanter In-formationen gehen;18 deshalb sollte man nicht ver-suchen, alle Angaben aus dem Sachverhalt im Gut-achten unterzubringen.19 Wie man mit irrelevan-ten Informationen umgeht, hängt vom Stellenwertdieser Informationen ab; gehört die Information zueinem Schwerpunkt, nimmt man einen Hinweis auf.Sachverhalte erzählen häufig eine Geschichte;20 In-formationen, die zur reinen Erzählung gehören,wie ein überschwänglicher Freudentanz des Käu-fers o.ä., lässt man einfach weg. Geht es hingegenz.B. um Eigentumserwerb, sollte ein Hinweis auf-genommen werden, wenn die im Sachverhalt mit-geteilte Bösgläubigkeit des Erwerbers unschädlichist.In der Praxis bereitet ein Gutachten häufig die

Entscheidung in einem frühen Stadium vor; esdient dazu, die Tatsachen vor dem Normenhin-tergrund zu sortieren und weiteren Ermittlungs-bedarf aufzuzeigen. Das Gutachten veranlasst z.B.den Rechtsanwalt, Akteneinsicht zu nehmen oderden Richter, eine Beweisaufnahme durchzuführen.Der einschichtige Sachverhalt steht hingegen fest21und stellt bereits das Ergebnis der Tatsachener-mittlung dar.22 Zielt die Fallfrage nicht ausdrück-lich darauf ab, geht es im Gutachten nicht um

weiteren Ermittlungsbedarf oder Beratung.23 Hier-mit korrespondiert die Regel, dass der Sachverhaltnicht verfälscht werden darf;24 für mitgeteilte In-formationen bedeutet das, diese dürfen nicht in-frage gestellt oder abgeändert werden.25 Steht z.B.im Sachverhalt, der Defekt am Motor eines Fahr-zeugs sei durch das Fahrverhalten verursacht wor-den, spielt es keine Rolle, ob dies technisch über-haupt möglich ist: Es steht genau diese Ursacheund insbesondere keine Ursache aus der Sphäredes Verkäufers fest; dazu kommt es z.B. im Pro-zess, wenn sich die Parteien in diesem Punkt einigsind.Im Sachverhalt mitgeteilte Rechtsansichten be-

teiligter Personen sind ein ausdrücklicher Hinweis,sich damit im Gutachten auseinanderzusetzen;26derartige Ansichten betreffen häufig einen Schwer-punkt der Aufgabe. Soweit die im Sachverhalt mit-geteilten Interessen nicht bereits die Fallfrage ein-schränken, geben diese einen vergleichbaren Im-puls; ist z.B. ein Schuldner solvent und der anderenicht, liegt der Schwerpunkt bei den Ansprüchengegen den solventen Schuldner. Im Unterschiedzu solchen Rechtsansichten treffen im Sachverhaltverwendete Rechtsbegriffe in der Regel zu;27 teiltder Sachverhalt mit, eine Sache sei gekauft worden,handelt es sich auch um einen Kaufvertrag. Manch-mal enthält der Sachverhalt allerdings gegenteiligeAnhaltspunkte; dann sollte man im Gutachten denrichtigen Begriff herleiten bzw. verwenden. Gernwird z.B. hinter einer angedeuteten Leihe ein Dar-lehen im Sinne §§ 488, 607 BGB oder eine Miete im

16Fahl, JA 2008, 350; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5, Rn. 57.17Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 96; Bringewat (o. Fußn. 1), Rn. 80 f.18Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 165; Braun (o. Fußn. 4), 33.19Hopt, Jura 1992, 225. Das Gegenteil raten Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 440; Körber, JuS 2008, 289 (290).20Anschaulich der „Zebrastreifenfall“ bei Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 90.21Braun (o. Fußn. 4), 12.22Körber, JuS 2008, 289 (290); Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Fz. 1; ähnlich Egon Schneider, Zivilrechtliche Klau-

suren, München 1984, 28.23Anders Braun (o. Fußn. 4), S. 6.24Körber, JuS 2008, 289 (290); Fleck/Arnold, JuS 2009, 881; Bringewat (o. Fußn. 1), Rn. 102 ff.; Holger Zuck, JuS 1990,

905.25Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 445; Tettinger/Mann a.a.O. (o. Fußn. 1); Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Rn. 3 f.26Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 160 f.; Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 98; Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 444; Tettinger/Mann

(o. Fußn. 1), Rn. 164; Beck, Jura 2012, 262 (263); Beyerbach, JA 2014, 813 (818); Forster, JuS 1992, 234 (239); Hopt,Jura 1992, 225.

27Körber, JuS 2008, 289 (290); Bringewat (o. Fußn. 1), Rn. 85; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5, Rn. 54; Diederich-sen/Wagner (o. Fußn. 4), 161.

28Statt vieler Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5, Rn. 54.

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HandwerkszeugSinne § 535 BGB versteckt;28 A borgt sich von BGeld für ein Eis oder holt sich für 1,50e einen Filmaus der Videothek. Es handelt sich dabei um über-nommene Formulierungen aus der Laiensphäre;29diese sind deshalb manchmal,30 aber nicht immer,in Anführungszeichen gesetzt.Relevante Tatsachen müssen einer Vorausset-

zung zugeordnet werden31 und fließen dort überdie Subsumtion ein; der dazugehörende Tatbe-stand bildet lediglich den Rahmen.32 Eine Tatsa-che kann positiv oder negativ mitgeteilt, die Vor-aussetzung also erfüllt oder nicht erfüllt sein; isteine Voraussetzung nicht erfüllt, muss die Prüfungdes Tatbestands im Gutachten an dieser Stelle ab-gebrochen werden.33 Wusste z.B. der Erwerber ei-nes Fahrrads, dass es sich um Diebesgut handelt,ist er bösgläubig; der gutgläubige Erwerb scheitertan dieser Stelle, so dass Ausführungen zum Ab-handenkommen entfallen. Die Tatsachen sind beider Subsumtion konkret und vollständig zu benen-nen.34 Dabei ist eine Bezugnahme auf den Sachver-halt überflüssig, weil es keine andere Informations-quelle gibt; Formulierungen wie „laut Sachverhalt“oder „im vorliegenden Fall“ sind zu vermeiden.35Das Gleiche gilt für Leerformeln;36 allenfalls alsNotlösung taugt deshalb die bei Studierenden be-liebte Formel: „Das ist hier der Fall.“Der Sachverhalt prägt aber bereits die Definiti-

onsebene;37 das liegt daran, dass auf dieser Ebe-ne die durch Auslegung ermittelten, abstrakten

Anforderungen der Norm mit Blick auf die Sub-sumtion aufbereitet werden. Im Gutachten müs-sen sich Definition und Subsumtion auf einanderbeziehen.38 So kann es zum Vertragsschluss kom-men, indem die Parteien einem vorformuliertenVertragstext zustimmen; genau dies muss sich ausder Definitionsebene ergeben. Auf das üblichereModell von Antrag und Annahme kann man allen-falls kurz hinweisen; die Definitionsebene hat nichtdie Funktion eines Lehrbuchs.39

Der Sachverhalt ist schließlich ein Faktor für denUmfang der Darstellung. Unproblematisches fließtauch in ein Gutachten über eine kurze Feststel-lung ein;40 in diesem Fall wird insbesondere nichtdefiniert.41 Das ist kein Urteilsstil, da eine Begrün-dung fehlt;42 es handelt sich um eine verkürzte, aufdas Ergebnis beschränkte Darstellung, die sowohlim Gutachten- als auch im Urteilsstil vorkommt.Teilt der Sachverhalt mit, eine Sache sei verkauftworden, kann man im Gutachten zum Kaufpreis-anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB nur kurz feststel-len, dass der vorausgesetzte Kaufvertrag geschlos-sen wurde.

2. Nicht mitgeteilte Informationen

Enthält der Sachverhalt dazu gar keine Informa-tionen, spielt ein Tatbestand grundsätzlich keineRolle.43 Der Sachverhalt sendet mit der Auslas-sung den Impuls, diesen Tatbestand wegzulassen;

29Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 166; Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 24 mit weiteren Beispielen.30Vgl. z.B. Fall 1 bei Körber, JuS 2008, 289 u. Besprechung auf 290.31Andreas Heinemann u.a., Übungen im Bürgerlichen Recht, 2008, 18; Schneider (o. Fußn. 22), 27 f. und 58; Jens Petersen,

Jura 2008, S. 180 (181).32Vom „Aufhänger“ sprechen Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 133 ff.33Hopt, Jura 1992, 225 (228); Schneider (o. Fußn. 22), 58.34Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5, Rn. 57; Heinemann (o. Fußn. 31), 23.35Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 384 ff.; Fleck/Arnold, JuS 2009, 881 (884).36Beyerbach, JA 2014, 813 (816); Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 109.37Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 108 f.; anschaulich am Beispiel von § 242 StGB Fahl, JA 2008, 350.38Heinemann (o. Fußn. 31), 18.39Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 408; Fleck/Arnold, JuS 2009, 881 (883 u. 885); Matthias Dühn, JA 2000, 765 (766 f.).40Fleck/Arnold, JuS 2009, 881 (883 u. 884 unten); Fahl, JA 2008, 350 (351); Körber, JuS 2008, 289 (295); Bringewat (o.

Fußn. 1), Rn. 213 ff.; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5, Rn. 63; Gerhard Wolf, JuS 1996, 30 (31).41Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 408 a.E.; Dühn, JA 2000, 765 (766); Fahse/Hansen (o. Fn. 1), Kap. 5, Rn. 54; Schneider

(o. Fußn. 22) 30 unten und 61.42Fahl, JA 2008, 350 (352); Schneider (o. Fußn. 22), 61. Anders Putzke (o. Fußn. 3), Rn. 109; offenbar auch Bringewat

(o. Fußn. 1), Rn. 212. Von Feststellungsstil zwischen Gutachten- und Urteilsstil sprechen: Beyerbach, JA 2014, 813(816); Braun (o. Fußn. 4), 13.

43Beyerbach, JA 2014, 813 (817); Schneider (o. Fußn. 22), 56 unten beginnend; Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 167.

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Handwerkszeuges gibt einfach nichts, was man bei der Subsumtionschreiben könnte. Schließen z.B. Vater und Sohneinen Vertrag, wird aber im Sachverhalt das Al-ter des Sohnes nicht erwähnt, ist dessen Volljährig-keit weniger eine Selbstverständlichkeit;44 die be-schränkte Geschäftsfähigkeit spielt für die Lösungeinfach keine Rolle, weil man zu Anforderungenvon § 106 BGB nichts sagen kann. Das gilt aus-nahmsweise nicht für Tatbestände, welche geradedas Fehlen einer Tatsache voraussetzen; insbeson-dere an eine Nichtigkeit nach § 125 BGB denktman gerade dann, wenn der Sachverhalt eine er-forderliche Form nicht mitteilt. Das Verfälschungs-verbot bedeutet bei nicht mitgeteilten Informatio-nen, es darf nichts hinzugedichtet werden;45 dastut man aber in vorstehenden Beispielen mit derFeststellung, der Sohn sei minderjährig oder dieForm eingehalten. Was nicht im Sachverhalt steht,konnte nicht ermittelt werden. Dass man sich diesnicht vorstellen kann, darf darüber nicht hinweg-täuschen;46 es lässt sich in der Regel eine plausibleErklärung finden. Das Alter einer Person ist einanschauliches Beispiel; dieses lässt sich etwa beiAusländern nur schwer feststellen, die sich ohnePapiere in die Bundesrepublik aufhalten.

Enthält der Sachverhalt hingegen lückenhafteInformationen, ist der Tatbestand in jedem Fallzu prüfen und die Frage zu beantworten, ob dieLücke geschlossen werden kann oder nicht. Meh-rere Lücken sind allerdings ein Indiz dafür, dassder Tatbestand keine Rolle spielt.47 Um eine Lückehandelt es sich auch, wenn der Sachverhalt Infor-mationen enthält, diese aber unzureichend sind;

wird z.B. Alkoholkonsum aber nichts zum Gradder Alkoholisierung mitgeteilt, ist die zentrale Vor-aussetzung von § 105 Abs. 2 BGB nicht erfüllt.Manchmal wird im Sachverhalt auf eine Lücke in-direkt hingewiesen; insbesondere kann Streit derBeteiligten über eine Tatsache mitgeteilt werden.48Das muss aber nicht so sein; oft fehlt schlicht eineInformation, die man für ein Tatbestandsmerkmalbenötigt.

a) Schließen einer Lücke

Häufig wird im Falle unzureichender und schlichtfehlender Angaben für einen Versuch plädiert, dieLücke über eine Auslegung des Sachverhalts zuschließen. Gegen eine solche Auslegung spricht,dass hierfür klare Kriterien fehlen; Attribute wieproblemvermeidend,49 wahrscheinlich,50 normal51oder lebensnah52 erweisen sich spätestens auf denzweiten Blick als vage. Teile der Sachverhalt z.B.die Bürgschaftserklärung mit, sei auch mit Blickauf § 766 S. 2 BGB von deren Schriftform aus-zugehen;53 diese Unterstellung lässt sich mit kei-nem der vorstehenden Attribute überzeugend be-gründen. Spreche der Sachverhalt z.B. von einemGrund- oder Realschüler, sei die Person beschränktgeschäftsfähig;54 Grundschüler im Alter von sechsbzw. Realschüler im Alter von 18 Jahren sind we-der lebensfern noch unwahrscheinlich. Das geradebeschriebene Auslegungsgebot kollidiert mit demVerfälschungsverbot, ohne dass eine klare Grenzegezogen werden kann; um das zu vermeiden, sollteman zwischen dem Schließen und einem Überge-hen der Lücke unterscheiden.

44Anders Braun (o. Fußn. 4), 34.45Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 97 f.; Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 425; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Rn. 4; Senne, JA

1995, 760 (762); Hopt, Jura 1992, 225; Zuck, JuS 1990, 905.46Körber, JuS 2008, 289 (290).47Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 21.48Heinemann (o. Fußn. 31), 4 unten.49Körber, JuS 2008, 289 (291).50Hopt, Jura 1992, 225.51Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 162.52Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 97; Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 172; Fleck/Arnold, JuS 2009, 881; Bringewat (o. Fußn.

1), Rn. 96 f.; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Rn. 6; Heinemann (o. Fußn. 31), 18; Schneider (o. Fußn. 22), 59;Braun (o. Fußn. 4), 34.

53Körber, JuS 2008, 289 (291); am Beispiel der Klagefrist Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 156; am Beispiel von § 311 bAbs. 1 BGB Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 23; auch Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Rn. 6.

54Bringewat (o. Fußn. 1), Rn. 89 ff.; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Rn. 6; Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 23mit weiteren Beispielen auch auf 162.

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HandwerkszeugEine Lücke im Sachverhalt schließt man vorzugs-

würdig über die Darlegungs- und Beweislast; dabeihandelt es sich nicht um eine von mehreren,55 son-dern um die zuverlässigste Methode. Diese Metho-de spiegelt wiederum den Zivilprozess: Bei nicht er-weislichen Tatsachen entscheidet der Richter nachDarlegungs- und Beweislast. Diese Methode liefertzudem klare Kriterien und entspricht den Erwar-tungen des Lesers; Richter und Rechtsanwalt kön-nen z.B. die oben erwähnten Entscheidungen tref-fen. Ein Rückgriff auf die Darlegungs- und Beweis-last hängt nicht davon ab, ob es sich um eine be-wusste oder unbewusste Lücke handelt56 bzw. obim Sachverhalt auf die Lücke hingewiesen wird;57bei diesen Unterscheidungen geht es nicht mehr umdie Lücke selbst, sondern bereits um die Erwartun-gen des Aufgabenstellers.

Eine nicht mitgeteilte Tatsache kann über dieDarlegungs- und Beweislast unterstellt werden,wenn eine Beweiserleichterung eingreift; dazu zäh-len vor allem Anscheinsbeweis, gesetzliche Vermu-tung und Beweislastumkehr.58 Dem Anscheinsbe-weis liegt ein typisches Geschehen zugrunde, daserfahrungsgemäß einen bestimmten Schluss recht-fertigt. So beruht z.B. die Nichtbeachtung einesZeichens im Straßenverkehr regelmäßig auf man-gelnder Sorgfalt des Fahrers.59 Kriterium ist dieLebenserfahrung; man legt aber nicht aus, sondernsubsumiert unter eine Beweislastregel. Steht z.B.im Sachverhalt, dem Unfall sei ein Rotlichtverstoßvorausgegangen, schließt man ohne Bedenken aufFahrlässigkeit im Sinne § 276 Abs. 2 BGB. Strenggenommen teilt der Sachverhalt gar nicht mit, obder Fahrer die erforderliche Sorgfalt außer Achtgelassen hat; das fällt aber erst auf den zweitenBlick auf, weil jeder diesen Erfahrungssatz kennt.Im Gutachten ist deshalb ein Hinweis auf die An-scheinslage und damit auf die Lebenserfahrung60entbehrlich; bei der Subsumtion zur Fahrlässigkeit

genügt im vorstehenden Beispiel die Wiedergabedes Rotlichtverstoßes. Reichen die Anhaltspunk-te für den Anschein nicht aus, bleibt es bei derLücke; tastet sich der Fahrer auf die Kreuzung,um einem Rettungswagen Platz zu machen, rela-tiviert dies den Rotlichtverstoß. Es gilt also ein-zuschätzen, ob indirekte Angaben aus dem Sach-verhalt bei der Subsumtion ausreichen; das ist imErgebnis eine Wertung, die so oder so ausfallenkann. Hält man die indirekten Angaben für un-zureichend, deckt man eine Lücke im Sachverhaltauf, die nicht geschlossen werden kann.Bei einer gesetzlichen Vermutung ordnet das Ge-

setz einen bestimmten Schluss ausdrücklich an. Sogilt gemäß § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB der Veräußererzur Zeit der Verfügung als Eigentümer, wenn erdie bewegliche Sache gemäß § 929 S. 1 BGB demErwerber übergeben hat. Hier wird besonders plas-tisch, dass der Sachverhalt an der entsprechendenStelle tatsächlich offen sein muss.61 Hat der Veräu-ßerer im vorstehenden Beispiel die Sache dem Ei-gentümer gestohlen, stehen die Eigentumsverhält-nisse fest, und für § 1006 BGB bleibt kein Raum. Indiesem Fall ist gemäß § 292 S. 1 ZPO das Gegenteilerwiesen; im Beispiel kommt deshalb nur ein Er-werb vom Nichtberechtigten über §§ 932, 935 BGBin Betracht. Die gesetzliche Vermutung ist wie je-der andere Tatbestand im Gutachten zu berück-sichtigen; hier liegt allerdings selten ein Schwer-punkt, so dass in der Regel eine detaillierte Dar-stellung entbehrlich ist.62

Mit einer Beweislastumkehr verlagert das Gesetzdas Risiko der Nichterweislichkeit einer Tatsache.Grundsätzlich muss im Zivilprozess jede Partei dieTatsachen zu Tatbeständen darlegen und bewei-sen, welche sie angewandt wissen will; die Nich-terweislichkeit einer Tatsache geht zu Lasten die-ser Partei. Soweit hingegen eine Beweislastumkehreingreift, geht die Nichterweislichkeit zu Lasten

55Als Möglichkeit neben der Auslegung sehen die Beweislastregeln Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 97; Schimmel (o. Fußn. 5),Rn. 428; Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 175.

56Anders Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 175.57Anders wohl Heinemann (o. Fußn. 31), 4 unten.58MünchKomm/Prütting (2013) § 286 ZPO Rn. 129.59MünchKomm/Prütting (2013) § 286 ZPO Rn. 58.60Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 426.61Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 176 a.E.62Auf jede Erwähnung zu verzichten, rät hingegen Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 427.

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Handwerkszeugder anderen Partei. Die Darlegungs- und Beweis-last verteilt das materielle Recht. Zum Teil ord-net das Gesetz eine Beweislastumkehr ausdrück-lich an, vgl. z.B. § 476 BGB, häufiger zeigt dasGesetz jedoch eine solche Umkehr über ein Regel-Ausnahme-Verhältnis an. Man erkennt ein solchesVerhältnis an entsprechenden, sprachlichen Wen-dungen, wie „es sei denn“ in § 932 Abs. 1 BGBoder „gilt nicht, wenn“ in § 280 Abs. 1 BGB;deshalb dürfen im Gutachten Gutgläubigkeit undVertretenmüssen unter Hinweis auf die Beweis-last unterstellt werden, falls der Sachverhalt in-soweit schweigt. Ein Regel-Ausnahme-Verhältniskann aber auch etwas versteckt sein, wie im Falleder Widerrechtlichkeit in § 823 Abs. 1 BGB. DieFrage, ob es sich um einen Regel- oder Ausnahme-fall handelt, muss häufig über eine Anscheinslagebeantwortet werden; es sind also hinreichend An-haltspunkte im Sachverhalt für einen Ausnahme-fall erforderlich. Dass z.B. der Erwerber eines Fahr-rads einen weggeschliffenen Sicherheitscode über-sieht, reicht isoliert für grobe Fahrlässigkeit im Sin-ne § 932 Abs. 2 BGB nicht aus; es ist deshalb vonder Gutgläubigkeit des Erwerbs auszugehen.

3. Übergehen einer LückeNach den vorstehenden Grundsätzen hat man sichKlarheit verschafft, ob sich eine Lücke schließenlässt; erst anschließend stellt sich die Frage, wieman im Gutachten mit dem Ergebnis dieser Über-legungen umgeht. Der Sachverhalt ist ein Zweck-konstrukt, so dass auch die Erwartungen des Auf-gabenstellers,63 das Zeitbudget u.ä. eine Rolle spie-len. In der Regel setzt man das Ergebnis der Über-legungen einfach um. Kann man die Lücke schlie-ßen, tut man dies auch; es fehlt nur eine Vorausset-zung, so dass der Eintritt der Rechtsfolge den Er-wartungen des Aufgabenstellers entsprechen dürf-te. Man lässt z.B. den Anspruch aus § 280 Abs.1 BGB nicht am Vertretenmüssen scheitern, weilsich im Sachverhalt hierzu keine Angaben finden.Lässt sich eine Lücke nicht schließen, scheitert

der Tatbestand an der betroffenen Voraussetzung,man bricht die Prüfung des Tatbestands und lehntim Ergebnis die Rechtsfolge ab;64 der Aufgaben-steller hat sich den Sachverhalt gründlich über-legt, es bleibt deshalb grundsätzlich beim Ver-fälschungsverbot. Das gilt unabhängig davon, obdie fehlende Tatsache von der Anspruchsgrundla-ge selbst oder von einem Einwendungstatbestandvorausgesetzt wird. Teilt der Sachverhalt z.B. denAntrag, aber nicht die Annahme mit, ist ein Kauf-vertrag nicht zustande gekommen; lässt sich demSachverhalt ein Missverhältnis zwischen Leistungund Gegenleistung, aber keine Schwächesituationentnehmen, handelt es sich nicht um Wucher imSinne § 138 Abs. 2 BGB. Setzt der Tatbestandallerdings gerade das Fehlen der Tatsache voraus,ist dieser erfüllt und die Rechtsfolge im Ergebnisanzunehmen. So setzt z.B. die Nichtigkeit gemäߧ 125 S. 1 BGB voraus, dass die Form nicht beach-tet wurde; lässt sich dem Sachverhalt eine Bürg-schaftserklärung, nicht aber die gemäß § 766 S. 2BGB erforderliche Schriftform entnehmen, ist derBürgschaftsvertrag nichtig.

Von der Umsetzung der Überlegungen zurSchließung einer Lücke sollte man nur absehen,wenn an einer entsprechende Erwartung des Auf-gabenstellers kein Zweifel besteht. Ein starkes In-diz ist dabei eine erhebliche Verkürzung des Gut-achtens;65 versperrt die Lücke den Weg zu wei-teren Schwerpunkten, ist deren Übergehung diebessere Wahl. Man bricht z.B. die Prüfung einesRücktritts nicht ab, wenn die entsprechende Er-klärung noch wirksam möglich ist.66 Ausführun-gen zu den übrigen Voraussetzungen bleiben nichtdeshalb angezeigt, weil die Tatsachen im Prozessnoch vorgetragen werden könnten;67 die Eventua-litäten eines Prozesses lassen sich nicht vorherse-hen, eine entsprechende Ausrichtung des Gutach-tens ist deshalb nicht sinnvoll. Der Aufgabenstel-ler erwartet vielmehr eine umfassende rechtlicheBeurteilung; macht er Angaben zum Rücktritts-recht, wird er dazu auch etwas lesen wollen. Auch

63Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 165 ff; Beyerbach, JA 2014, 813 (818); Fleck/Arnold, JuS 2009, 881.64Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 5, Rn. 44; Schneider (o. Fußn. 22), 58.65Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 419; Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 173; Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 37.66Dazu: Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 447; Fleck/Arnold, JuS 2009, 881 (882).67So aber Diederichsen/Wagner (o. Fußn. 4), 160.

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Handwerkszeugim oben bemühten Bürgschaftsbeispiel ist entspre-chend zu verfahren. Weist der Sachverhalt auf denproblematischen Wettlauf mit einem zweiten Si-cherungsgeber hin, sollte man den Anspruch desGläubigers gegen den Bürgen aus § 765 BGB nichtam Schriftformerfordernis scheitern lassen. Deutetdie Sachverhaltsschilderung hingegen auf die be-reicherungsrechtliche Rückabwicklung, sollte mansich genau anders herum entscheiden.Begründen kann man diese Entscheidung

nicht;68 das Vorgehen spricht stets für sich selbst.Um die Prüfung fortzusetzen, muss man die Lückenicht unbedingt schließen. Man kann z.B. häufigdie Rechtsfolge von § 346 Abs. 1 BGB im An-schluss an die Ausführungen zum Rücktrittsrechtunter Hinweis auf die fehlende, aber noch mögli-che Rücktrittserklärung ablehnen, ohne sich wei-tere Schwerpunkte abzuschneiden; einen Exkurszur Form kann man einfach weglassen. Bereits miteiner Auslassung unterstellt man einen vom Ver-fälschungsverbot nicht erfassten Konstruktionsfeh-ler und sollte sich deshalb sicher sein. Fortsetzenkann man die Prüfung im Übrigen, indem man beider Subsumtion die Parteimaxime andeutet undanschließend das gewünschte Ergebnis formuliert:„Für die Beteiligten stellt der Punkt kein Problemdar; er ist deshalb gegeben.“Bedarf an einem Hilfsgutachten oder einer Al-

ternativlösung besteht bei einer Sachverhaltslückeauch im Ausnahmefall69 nicht; diese Instrumentepassen bei streitigen Rechtsfragen, nicht jedoch beizweifelhaftem Sachverhalt.70 Dass der Leser einer

anderen Auffassung folgen mag, ist denkbar; dasGeschehen kann sich hingegen nicht anders her-ausstellen, da der Sachverhalt soweit wie möglichaufgeklärt ist. Bei zweifelhaftem Konstruktionsfeh-ler bleibt es deshalb beim Verfälschungsverbot71und den Beweislastregeln. Weist der Sachverhaltim Bürgschaftsbeispiel sowohl in Richtung Gläubi-gerwettlauf als auch in Richtung Rückabwicklung,kann man die Erwartungen des Aufgabenstellersnicht sicher erkennen; deshalb setzt man die Über-legungen zur Schließung der Lücke um. Handelt essich doch um einen Konstruktionsfehler, hat manden Fall richtig gelöst; der Vorwurf, man hätteeinen Konstruktionsfehler erkennen müssen, ver-bietet sich von selbst.

III. Zusammenfassung

Bei der Erstellung eines juristischen Gutachtensmuss man auch in zivilrechtlichen Übungs- oderPrüfungsaufgaben auf allen Ebenen mit dem Sach-verhalt arbeiten; dieser gibt im Ganzen Richtungund Schwerpunkte vor, prägt aber zudem im De-tail insbesondere die Definitions- und die Subsum-tionsebene.Nach Lücken sollte man im Sachverhalt nicht ge-

zielt suchen; tut sich aber eine Lücke auf, bietetdie Darlegungs- und Beweislast unter Berücksich-tigung der Folgen für die gesamte Lösung eine zu-verlässige Handhabe, weil sich auch im zivilrechtli-chen Sachverhalt prozessuale Grundsätze spiegeln.

Henry Posselt, Dr. iur., wissenschaftlicherMitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. StefanChr. Saar für Bürgerliches Recht und Deutscheund Europäische Rechtsgeschichte der Univer-sität Potsdam sowie Lehrbeauftragter an derHochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

68Dies raten allerdings Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 427; Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 173.69Ähnlich Beyerbach, JA 2014, 813 (818);Möllers (o. Fußn. 3), Rn. 97. Eine Alternativlösung im Ausnahmefall für möglich

halten hingegen Schimmel (o. Fußn. 5), Rn. 419; Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 175 ff.; Bringewat (o. Fußn. 1), Rn.99; Fahse/Hansen (o. Fußn. 1), Kap. 4, Rn. 8; Hopt, Jura 1992, 225; Schneider (o. Fußn. 22), 59; Diederichsen/Wagner(o. Fußn. 4), 165.

70Konträr Schneider (o. Fußn. 22), 59.71Tettinger/Mann (o. Fußn. 1), Rn. 175. Man kann bei der Entscheidung zugespitzt von einem Drahtseilakt sprechen,

vgl. Beyerbach, JA 2014, 813 (814); das Verfälschungsverbot ist dann das Auffangnetz.

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»Ius«-Letter

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Daher soll hier ein Buch empfohlen werden, dasjedem und immer, aber gerade auch Studierendenzu Beginn des Ius-Studiums, in schöner Spracheeinen Markstein deutscher Rechtsgeschichte nä-her bringt: Friedrich Carl von Savigny. Und da-mit stellt dieses Essay sowohl einen Einblick in dierechtswissenschaftliche Diskussionen des 19. Jahr-hunderts dar, als darin auch die Verknüpfung mitunserer Gegenwart hergestellt wird. Das weckt dieLust, Entwicklungslinien des Rechts und seinerWissenschaft genauer im Blick zu behalten.

Lahusen ist es gelungen, mit feinsinnigem Hu-mor und Einfühlungsvermögen Savigny zu portrai-tieren, den geschichtlichen Kontext in dem er ge-wirkt hat zu skizzieren und den Bezug zur Gegen-wart darzustellen. Dazu bedient er sich eines ele-ganten, fast lyrischen Schreibstils, der einem Essayüber diesen herausragenden Begründer der heuti-gen deutschen Rechtswissenschaft angemessen ist.So hat auch er ein Buch geschaffen, das man allenErstsemestern ans Herz legen kann, um mehr überdas Fach zu erfahren und das vermittelte Wissenaus den Lehrveranstaltungen zu den Grundlagen-fächer des Moduls 2 im Studiengang Ius in sehrangenehmer Weise zu ergänzen.

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