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Die Poetik der Heidelberger Romantik Die Vertreter der Spätromantik gaben sich weniger theoretisch und nicht so philosophisch, im Kontrast stehend zu Frühromantikern. Seit 1805 sammelten sich die Hauptvertreter der Spätromantik in Heidelberg. Ihre Tätigkeit war viel konservativer, volkstümlicher und heimatverbundener als die ihrer Vorgänger. Sie wandten sich lieber der Vergangenheit zu. Im Mittelpunkt ihrer Überlegung stellen sie den Staat, das Volk und die Religion. Große Aufmerksamkeit wurde der Wiederentwicklung, Sammlung und Überarbeitung von Volksbüchern, Volksliedern und besonders Volksmärchen, sowie auch der Übersetzung der Weltliteratur, geschenkt. In der romantischen Kunst existieren wie in Märchen Phantasie und Wirklichkeit nebeneinander; die Phantasie nimmt den Vorrang ein. Die Wirklichkeit darf und kann nicht von der Phantasie getrennt werden. Nur der sensible Künstler – meist ein Außenseiter der Gesellschaft – kennt beide Welten und seine Aufgabe ist es zu vermitteln. Folgende Schriftsteller und Sprachforscher sollen nun näher vorgestellt werden: E.T.A. Hoffmann - Er war vielseitig begabt und hat Bedeutendes geleistet als: Musikkritiker, Komponist, Karikaturist, Maler, Jurist, Dirigent, v.a. aber als epischer Dichter. Die Helden seiner Erzählungen werden gar oft von dunklen Trieben gegen ihren Willen zu grauenhaften Untaten getrieben. So schildert er z.B. in seiner historischen Novelle „Das Fräulein von Scudéry“ (1819) eine Kriminalaffäre aus der Zeit Ludwigs XIV. HOFFMANN schrieb auch zwei Romane: „Die Elixiere des Teufels“ (1815/16) und „Die Lebensansichten des Katers Murr“ (1820/22). Der phantastische Roman „Die Elixiere des Teufels“ behandelt das Thema des Doppelgängertums. Der Kapuzinermönch Medardus, findet nach einem fluchbeladenen Leben durch Buße und Entsagung Erlösung von seinem ererbten Schicksal. Der Roman „Die Lebensansichten des Katers Murr“ führt die romantische Ironie zu ihrem Höhepunkt und schildert in kunstvoller Verflechtung die Lebensgeschichte eines gelehrten, selbstgefälligen, die Schwächen der Menschen überheblich kritisierenden Katers und die Autobiographie des schließlich im Wahnsinn endenden Kapellmeisters Kreisler, der vergeblich gegen die stumpfe Welt und ihre Tücken ankämpft. Die Freunde Clemens BRENTANO und Achim von ARNIM gaben eine Sammlung deutscher Volks-

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D i e P o e t i k d e r H e i d e l b e r g e r R o m a n t i k

Die Vertreter der Spätromantik gaben sich weniger theoretisch und nicht so philosophisch, im Kontrast stehend zu Frühromantikern. Seit 1805 sammelten sich die Hauptvertreter der Spätromantik in Heidelberg. Ihre Tätigkeit war viel konservativer, volkstümlicher und heimatverbundener als die ihrer Vorgänger. Sie wandten sich lieber der Vergangenheit zu. Im Mittelpunkt ihrer Überlegung stellen sie den Staat, das Volk und die Religion. Große Aufmerksamkeit wurde der Wiederentwicklung, Sammlung und Überarbeitung von Volksbüchern, Volksliedern und besonders Volksmärchen, sowie auch der Übersetzung der Weltliteratur, geschenkt. In der romantischen Kunst existieren wie in Märchen Phantasie und Wirklichkeit nebeneinander; die Phantasie nimmt den Vorrang ein. Die Wirklichkeit darf und kann nicht von der Phantasie getrennt werden. Nur der sensible Künstler – meist ein Außenseiter der Gesellschaft – kennt beide Welten und seine Aufgabe ist es zu vermitteln.

Folgende Schriftsteller und Sprachforscher sollen nun näher vorgestellt werden:

E.T.A. Hoffmann - Er war vielseitig begabt und hat Bedeutendes geleistet als: Musikkritiker, Komponist, Karikaturist, Maler, Jurist, Dirigent, v.a. aber als epischer Dichter. Die Helden seiner Erzählungen werden gar oft von dunklen Trieben gegen ihren Willen zu grauenhaften Untaten getrieben. So schildert er z.B. in seiner historischen Novelle „Das Fräulein von Scudéry“ (1819) eine Kriminalaffäre aus der Zeit Ludwigs XIV. HOFFMANN schrieb auch zwei Romane: „Die Elixiere des Teufels“ (1815/16) und „Die Lebensansichten des Katers Murr“ (1820/22). Der phantastische Roman „Die Elixiere des Teufels“ behandelt das Thema des Doppelgängertums. Der Kapuzinermönch Medardus, findet nach einem fluchbeladenen Leben durch Buße und Entsagung Erlösung von seinem ererbten Schicksal.Der Roman „Die Lebensansichten des Katers Murr“ führt die romantische Ironie zu ihrem Höhepunkt und schildert in kunstvoller Verflechtung die Lebensgeschichte eines gelehrten, selbstgefälligen, die Schwächen der Menschen überheblich kritisierenden Katers und die Autobiographie des schließlich im Wahnsinn endenden Kapellmeisters Kreisler, der vergeblich gegen die stumpfe Welt und ihre Tücken ankämpft. Die Freunde Clemens BRENTANO und Achim von ARNIM gaben eine Sammlung deutscher Volks- und Kunstlieder vom ausgehenden Mittelalter bis zur Gegenwart heraus, die sie „Des Knaben Wunderhorn“ (1806/08) nannten.

Clemens W. Brentano de La Roche - (1778-1842) war ein bedeutender Lyriker und Märchendichter. Sein umfangreiches Werk umfasst auch Dramen und Romane . Seine Erzählung „Vom braven Kasperl und dem schönen Annerl“ (1817) war die erste künstlerische Dorfgeschichte.Der tüchtige Soldat Kaspar tötet sich am Grab seiner Mutter, als er erfährt, dass sein Vater ein Dieb ist. Seine Braut, das schöne Annerl, wird zur Kindesmörderin.

Seit Ende 1809 hielt er sich in Berlin auf, wo er am literarischen Leben teilnahm und an seinem (bereits seit 1802 entstehenden und erst posthum veröffentlichten) Versepos Romanzen vom Rosenkranz und an den (ebenfalls erst nach seinem Tod erschienenen) Rheinmärchen arbeitete.

Achim von Arnim (1781-1831) Auf einer Bildungsreise quer durch Europa traf ARNIM alle wesentlichen Vertreter der Jenaer Frühromantik, und lernte auch seine spätere Frau, Bettina von BRENTANO kennen. 1808 zog er nach Heidelberg. ARNIM hinterließ ein reichhaltiges Werk. Er war vorwiegend aber nicht nur Erzähler. In ruhig-sachlichem Stil werden die unglaublichsten und unheimlichsten Ereignisse berichtet. Seine bekanntesten Erzählungen sind „lsabella von Ägypten, Kaiser Karl des Fünften erste Jugendliebe“ (1812) und „Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau“ (1818).

ARNIMs Frau Bettina, die Schwester von Clemens BRENTANO, war eine der eigenwilligsten und reizvollsten Gestalten der Romantik. In ihrem Buch „Briefwechsel Goethes mit einem Kinde“

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(1835) trieb sie den romantischen GOETHE-Kult auf die Spitze.

In späteren Jahren wandte sie sich sozialen Problemen zu. In ihrer Schrift „Dies Buch gehört dem König“(1843) forderte sie den preußischen König auf, sich der Notlage des armen Volkes endlich bewusst zu werden und sie zu lindern.

Eine der wichtigsten Leistungen der Romantik besteht darin, dass sie das deutsche Volksgut (Märchen, Sage, Volksbuch und Volkslied) aus ihrer Versenkung zu dauerndem Leben innerhalb des deutschen Geisteslebens erweckte.

Im Werk der Brüder Jacob Ludwig Karl (1785-1863) und Wilhelm Carl GRIMM (1786-1859) gipfelten die Bemühungen der Romantik um die altdeutsche Literatur und Sprache. Sie waren die Begründer der Germanistik, jener Wissenschaft, die sich die Ergründung der Dichtung und Sprache des deutschen Volkes zur Aufgabe macht.

Während sich Wilhelm vor allem der Märchen- und Sagenforschung widmete (Kinder- und Hausmärchen, 1812-1814), wandte sich sein Bruder Jacob neben der Erforschung der Deutschen Rechtsaltertümer (1828) und der Deutschen Mythologie (1835) der deutschen Sprachgeschichte zu.

Adelbert von CHAMISSO (1781-1838) – Als Dichter schloss sich CHAMISSO der Romantik an, mit der ihn seine Innigkeit, seine Iyrische Gefühlshaltung, sein Naturgefühl und der Sinn für das Märchen sowie seine Begeisterung für altdeutsches Volksgut (Volksbücher, Sagen, Märchen) verband. Als Franzose besaß er einen ausgeprägten Sinn für Formen und gesunden Verstand, was ihn vor romantischen Übertreibungen bewahrte und ihn dazu brachte, von der Weimarer Klassik deren Streben nach Form und Ausgewogenheit zu übernehmen. Während der Befreiungskriege schrieb CHAMISSO die phantastische Novelle „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ (1813). Peter Schlemihl verkauft dem Teufel seinen Schatten. Wegen seiner Schattenlosigkeit wird Peter Schlemihl überall verhöhnt, gemieden und muss auch auf die Liebe verzichten. Als der Teufel ihm gegen die Verschreibung seiner Seele die Rückgabe des Schattens anbietet, lehnt Schlemihl dies ab usw.

Der schlesische Dichter Joseph Karl Benedikt Freiherr von EICHENDORFF (1788-1857) wurde der „scheidenden Romantik jüngster Sohn“ genannt. Ein besonders schönes Beispiel der deutschen Erzählkunst dieser Zeit ist EICHENDORFFs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ (1826).

Der „Taugenichts“ ist der Sohn eines Müllers. Weil er immer nur träumen, auf den Vogelgesang lauschen, singen und Geige spielen, aber nicht arbeiten will, schickt ihn der Vater an einem Vorfrühlingstag zornig in die Welt hinaus. Nur seine Geige begleitet ihn. Er wird Gärtner auf einem gräflichen Schloss. Hier sieht er ein Mädchen, das ihm besonders gut gefällt, das er aber für die junge, ihm gesellschaftlich weit überlegene Tochter des Grafen hält. Betrübt verlässt er den Dienst.

Das Zentrum der Hochromantik war Heidelberg mit dem Dichterkreis um Joseph von Eichendorff, Arnim, Brentano. Die besondere Leistung der Hochromantiker war die Förderung der Volkspoesie (Sagen, Märchen, u.a.), z.B. von Arnim und Brentano mit „Des Knaben Wunderhorn“ oder „Kinder- und Hausmärchen“ und „Deutsche Sagen“ der Gebrüder Grimm.