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Heidelberg-Handschuhsheim: Ein satirischer Blick
Hans Jörg Staehle
verlag regionalkultur
Mit einem Nachwort von Michael Buselmeier
Impressum
Titelbild: Blick auf Handschuhsheim in Richtung Rheinebene
Titel: Satiren aus Heidelberg-Handschuhsheim
Autor: Hans Jörg Staehle
Bildnachweis: Die Fotos stammen vom Autor, soweit nicht anders vermerkt. Nicht in allen Fällen war es möglich, den Rechteinhaber einzelner Abbildungen ausfindig zu machen. Berechtigte Ansprüche werden selbstverständlich im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten.
Herstellung: verlag regionalkultur
Satz:
Umschlaggestaltung:
Endkorrektorat: Alexa Strittmatter
ISBN
Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.
Diese Publikation ist auf alterungsbeständigem und säurefreiem Papier (TCF nach ISO 9706) gedruckt entsprechend den Frankfurter Forderungen.
Alle Rechte vorbehalten© 2013
verlag regionalkulturUbstadt-Weiher – Heidelberg – Basel
Korrespondenzadresse des Verlags:
Bahnhofstraße 2 – D-76698 Ubstadt-WeiherTel. 07251 36703-0 – Fax 07251 36703-29E-mail [email protected] www.verlag-regionalkultur.de
Kontaktadresse des Autors:
E-Mail [email protected]
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Titelbild: Blick auf Handschuhsheim in Richtung Rheinebene
Titel: Satiren aus Heidelberg-Handschuhsheim
Autor: Hans Jörg Staehle
Bildnachweis: Die Fotos stammen vom Autor, soweit nicht anders vermerkt. Nicht in allen Fällen war es möglich, den Rechteinhaber einzelner Abbildungen ausfindig zu machen. Berechtigte Ansprüche werden selbstverständlich im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten.
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Kontaktadresse des Autors:
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978-3-89735-812-6
Heidelberg-Handschuhsheim: Ein satirischer Blick
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Autor: Hans Jörg Staehle
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Titelbild: Blick auf Handschuhsheim in Richtung Rheinebene
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Autor: Hans Jörg Staehle
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Umschlaggestaltung:
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Diese Publikation ist auf alterungsbeständigem und säurefreiem Papier (TCF nach ISO 9706) gedruckt entsprechend den Frankfurter Forderungen.
Alle Rechte vorbehalten© 2013
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Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort……………………………………………………………………………… 6
Einleitung………………………………………………………………..……….… 7
Geschäftsleben, Gastronomie, Hendsemer Nachtleben……………..…..…… 15
Kirchen in Hendesse, Gedenkstätten, Siebenmühlental……………………... 64
Schöne Geschäftshäuser, Autos & Straßen…………………………………… 82
Zwischen Klausenpfad und Neuenheimer Feld, Sportstätten……………..… 92
Schöne Wohnhäuser, Ensemble „Ärztehochhaus“…………………………… 105
Langgewann, Feuerwehr, Kindergärten & Spielplätze………………….…… 119
„Heiliger Berg“…………………………………………………………….……… 131
Im Handschuhsheimer Feld, Westgrenze……………………………..……… 138
Werbung, Graffitikunst & Ähnliches…………………………………….……… 150
Wissenswertes, Nützliches & Kritisches………………………………….…… 161
Hunde & Katzen, Emotionen, Vermisst, Gesucht & Gefunden… ……….… 166
Wohnungsmarkt, Patriotismus……………………………………………….… 186
Bloß nicht!, sozial & umweltfreundlich, Sicherheit…………….……………… 196
Aktion sauberer Stadtteil, Zeitungen & Prospekte, Briefkästen & Fenster… 210
Vereinsleben……………………………………………………………………… 228
Märkte, Hendsemer Art………………………………………….….…………… 244
Widerstandskämpfer, Heimatkundler & Volksdichter………………………… 258
VIPs & bedeutende Ereignisse……………………………………….………… 267
Rauchen……………………………………………………………..…………… 277
Hendsemer Heiler……………………………………………………..…….…… 281
Krankenhäuser, Altenheime, Friedhof……………………………….………… 287
Religiöse & politische Signale……………………………………..…….……… 296
Literaturverzeichnis……………………………………………………….……… 308
Nachwort von Michael Buselmeier……………………………..……….……… 317
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort……………………………………………………………………………… 6
Einleitung………………………………………………………………..……….… 7
Geschäftsleben, Gastronomie, Hendsemer Nachtleben……………..…..…… 15
Kirchen in Hendesse, Gedenkstätten, Siebenmühlental……………………... 64
Schöne Geschäftshäuser, Autos & Straßen…………………………………… 82
Zwischen Klausenpfad und Neuenheimer Feld, Sportstätten……………..… 92
Schöne Wohnhäuser, Ensemble „Ärztehochhaus“…………………………… 105
Langgewann, Feuerwehr, Kindergärten & Spielplätze………………….…… 119
„Heiliger Berg“…………………………………………………………….……… 131
Im Handschuhsheimer Feld, Westgrenze……………………………..……… 138
Werbung, Graffitikunst & Ähnliches…………………………………….……… 150
Wissenswertes, Nützliches & Kritisches………………………………….…… 161
Hunde & Katzen, Emotionen, Vermisst, Gesucht & Gefunden… ……….… 166
Wohnungsmarkt, Patriotismus……………………………………………….… 186
Bloß nicht!, sozial & umweltfreundlich, Sicherheit…………….……………… 196
Aktion sauberer Stadtteil, Zeitungen & Prospekte, Briefkästen & Fenster… 210
Vereinsleben……………………………………………………………………… 228
Märkte, Hendsemer Art………………………………………….….…………… 244
Widerstandskämpfer, Heimatkundler & Volksdichter………………………… 258
VIPs & bedeutende Ereignisse……………………………………….………… 267
Rauchen……………………………………………………………..…………… 277
Hendsemer Heiler……………………………………………………..…….…… 281
Krankenhäuser, Altenheime, Friedhof……………………………….………… 287
Religiöse & politische Signale……………………………………..…….……… 296
Literaturverzeichnis……………………………………………………….……… 308
Nachwort von Michael Buselmeier……………………………..……….……… 317
„…sondern daß ich hier nichts anderes als die Wirklichkeit der Stadt darstelle, ihre tatsächliche Realität und ihr tägliches Antlitz…“.Friedrich Dürrenmatt: Aus den Papieren eines Wärters
Vorwort
Handschuhsheim – was für ein merkwürdiger Name!Werden in diesem Ort Handschuhe hergestellt? Ist es dort so kalt, dass sich die an ihren Fingern frierenden Bewohner besonders häufig genötigt sehen, Handschuhe zu tragen? Streitet man in dieser Gegend so erbittert, dass der Fehdehandschuh zum charakteristischen Merkmal wurde? Trifft die Legende zu, dass sich ein Ritter im Mittelalter in eine Magd verliebte, weil sie ihm seinen verlorenen Handschuh zurückgab? Oder lebte einst gar das Aschenputtel hier und es war gar kein Schuh, sondern ein Handschuh, den es einem Adligen als Köder auslegte, um auf sich aufmerksam zu machen? Sollte diese Version zutreffen, haben sich damals die beiden Schwestern des Aschenputtels bei der Kontrolle des Erkennungsmerkmals nicht Fußzehen, sondern Finger abgehackt, um ihre Hände in den grazilen Handschuh schieben zu können. Immerhin wird das Wahrzeichen von Hendesse, der grau-silberne Handschuh, oft mit einem roten (blutgetränkten?) Innenfutter präsentiert. Und bis heute ist das angeblich so beschauliche Handschuhsheim nicht nur in der Realität, sondern vor allem auch in der Fantasie von Romanautoren beliebter Ort blutigster Geschehen.Fast möchte man meinen, nirgends gibt es mysteriösere und märchenhaftere Verbrechen als in Handschuhsheim. Wie dem auch sei, es rankt sich manche Anekdote um den im Jahr 765 nach Christi Geburt erstmals erwähnten Namen, der sich übrigens – wie viele andere Ortschaften auch – nur schwer ins Englische (Gloveshome?) übersetzen lässt. Genaues wissen wir jedenfalls bis heute nicht. Handschuhe können bekanntlich vielerlei symbolisieren: Abgrenzung und Schutz vor widrigen Einflüssen, Schmuck und Zeichen von Würde und Wohlstand aber auch Drohung und Kampfbereitschaft – alles lässt sich mit Handschuhsheim in Verbindung bringen. Handschuhsheim bietet aufgrund seiner bewegten Geschichte, seiner bemerkenswerten Bauwerke, seiner landschaftlichen Reize und zahlreicher anderer Sachverhalte genügend Anlässe für eine Beschreibung. In diesem satirisch gefärbten Bildband wird Handschuhsheim aus einigen bisher eher unüblichen Blickwinkeln beleuchtet. Es werden alte und neue Gebäude im Zentrum und Umland gezeigt, das gesellschaftliche und kulturelle Leben wird gewürdigt und es werden darüber hinaus Einblicke in die ganz persönlichen Vorstellungen manches Handschuhsheimer Bürgers vermittelt. Nicht selten tun sich dabei unerwartete Einsichten (oder sollte man sagen Abgründe?) auf. So kommen in diesem Buch auchSachverhalte zur Sprache, die in den verfügbaren Heimatchroniken und Jahrbüchernfehlen oder dort etwas anders dargestellt sind. Das alles soll dazu beitragen, das traditionelle Bild von Handschuhsheim etwas abzurunden.
Handschuhsheim, im Jahr 2013 Hans Jörg Staehle
6
Einleitung
7
„…sondern daß ich hier nichts anderes als die Wirklichkeit der Stadt darstelle, ihre tatsächliche Realität und ihr tägliches Antlitz…“.Friedrich Dürrenmatt: Aus den Papieren eines Wärters
Vorwort
Handschuhsheim – was für ein merkwürdiger Name!Werden in diesem Ort Handschuhe hergestellt? Ist es dort so kalt, dass sich die an ihren Fingern frierenden Bewohner besonders häufig genötigt sehen, Handschuhe zu tragen? Streitet man in dieser Gegend so erbittert, dass der Fehdehandschuh zum charakteristischen Merkmal wurde? Trifft die Legende zu, dass sich ein Ritter im Mittelalter in eine Magd verliebte, weil sie ihm seinen verlorenen Handschuh zurückgab? Oder lebte einst gar das Aschenputtel hier und es war gar kein Schuh, sondern ein Handschuh, den es einem Adligen als Köder auslegte, um auf sich aufmerksam zu machen? Sollte diese Version zutreffen, haben sich damals die beiden Schwestern des Aschenputtels bei der Kontrolle des Erkennungsmerkmals nicht Fußzehen, sondern Finger abgehackt, um ihre Hände in den grazilen Handschuh schieben zu können. Immerhin wird das Wahrzeichen von Hendesse, der grau-silberne Handschuh, oft mit einem roten (blutgetränkten?) Innenfutter präsentiert. Und bis heute ist das angeblich so beschauliche Handschuhsheim nicht nur in der Realität, sondern vor allem auch in der Fantasie von Romanautoren beliebter Ort blutigster Geschehen.Fast möchte man meinen, nirgends gibt es mysteriösere und märchenhaftere Verbrechen als in Handschuhsheim. Wie dem auch sei, es rankt sich manche Anekdote um den im Jahr 765 nach Christi Geburt erstmals erwähnten Namen, der sich übrigens – wie viele andere Ortschaften auch – nur schwer ins Englische (Gloveshome?) übersetzen lässt. Genaues wissen wir jedenfalls bis heute nicht. Handschuhe können bekanntlich vielerlei symbolisieren: Abgrenzung und Schutz vor widrigen Einflüssen, Schmuck und Zeichen von Würde und Wohlstand aber auch Drohung und Kampfbereitschaft – alles lässt sich mit Handschuhsheim in Verbindung bringen. Handschuhsheim bietet aufgrund seiner bewegten Geschichte, seiner bemerkenswerten Bauwerke, seiner landschaftlichen Reize und zahlreicher anderer Sachverhalte genügend Anlässe für eine Beschreibung. In diesem satirisch gefärbten Bildband wird Handschuhsheim aus einigen bisher eher unüblichen Blickwinkeln beleuchtet. Es werden alte und neue Gebäude im Zentrum und Umland gezeigt, das gesellschaftliche und kulturelle Leben wird gewürdigt und es werden darüber hinaus Einblicke in die ganz persönlichen Vorstellungen manches Handschuhsheimer Bürgers vermittelt. Nicht selten tun sich dabei unerwartete Einsichten (oder sollte man sagen Abgründe?) auf. So kommen in diesem Buch auchSachverhalte zur Sprache, die in den verfügbaren Heimatchroniken und Jahrbüchernfehlen oder dort etwas anders dargestellt sind. Das alles soll dazu beitragen, das traditionelle Bild von Handschuhsheim etwas abzurunden.
Handschuhsheim, im Jahr 2013 Hans Jörg Staehle
6
Einleitung
7
Hand-
schuhs-
heim
Dossenheim
Neuenheim
Wie
blin
gen
Nec
kar
Ziegel-
hausen Heiligen-
berg
Zur Orientierung
8 9
Hand-
schuhs-
heim
Dossenheim
Neuenheim
Wie
blin
gen
Nec
kar
Ziegel-
hausen Heiligen-
berg
Zur Orientierung
8 9
Wer sich mit dem ominösen Namen Handschuhsheim anhand historischer Quellen beschäftigen möchte, dem sei ein als Standardwerk weithin anerkanntes Geschichtsbuch nahegelegt, in dem sich folgende Feststellung findet (Zitat): „…Geschrieben wurde der Ortsname im 8. Jahrhundert Hantcuhesheim, Hanscuesheim und ähnlich. Der erste Bestandteil des Ortsnamens – Handschuh – ist wohl ein Personenname, der auch im angelsächsischen Beowulflied (Vers 2076) zu belegen ist. Ähnlich sind uns ja heute noch Eigennamen wie Eisenhut, Panzer, Stiefel geläufig…“ [39].
Mit dem Verfasser des hier zitierten Geschichtsbuches, das im Verlauf der folgendenAusführungen noch mehrfach eine Rolle spielen wird, hat es eine besondereBewandtnis: Am Ende des Ersten Weltkriegs ließ sich in Handschuhsheim ein an Taubheitleidender Preuße aus Braunschweig, ein gewisser Herbert Levin, nieder. Er fandGefallen am Dorf (und am hier erhältlichen Wein), interessierte sich aber auch stark für die Eingeborenen (zu diesen zählt, wer wenigstens drei Grabsteine auf demFriedhof stehen hat). Bis zu seiner bemerkenswerterweise mitten im ZweitenWeltkrieg (1941) erfolgten Ernennung zum Stadtarchivar war er meistens ohne festeAnstellung (heute würde man wohl sagen, er war „Langzeitarbeitsloser”) und so hatteer viel Zeit, sich mit Land und Leuten zu beschäftigen. Schon 1926 war ihm die Ideegekommen, seinen Namen Levin in Derwein umzuwandeln. 1933 publizierte er das besagte Buch mit dem Titel „Handschuhsheim und seine Geschichte” [39], das bisheute als beste und profundeste Dorfhistorie Badens allseits gerühmt wird [31,168].Geschrieben hat Derwein alias Levin (nomen est omen!) dieses große WerkZeitzeugen zufolge bei manch gutem Glas Wein im Wesentlichen in den beidenHandschuhsheimer Gasthäusern „Bachlenz” und „Badischer Hof” [168] (→ vgl. auchAbschnitt Widerstandskämpfer, Heimatkundler & Volksdichter).
[39]
Im Heim des Hantscoh
10
Der geschichtsträchtige, an der Bergstraße gelegene, 1.581 Hektar große Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim, mundartlich „Hendesse“ genannt, zeichnet sich durch starke Kontraste aus. Im historischen Ortszentrum (116 m über NN) befinden sich Reste einer mittelalterlichen Ritterburg (die Wasserburg Tiefburg), ein Schlösschen (dessen Ursprünge zu Junkern mit dem schönen Namen „von Katzenelnbogen“ aus dem 15. bis 17. Jahrhundert zurückreichen) [119], ein Park (in Erinnerung an den englischen Tapezierer und späteren Minenspekulanten Graham), die katholische Vituskirche (älteste Kirche Heidelbergs), ein Kriegerdenkmal („den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung“ gewidmet), die 1910 eingeweihte evangelische Friedenskirche (mit einer aus französischer „Kriegsbeute“ stammenden Glocke, die im Zweiten Weltkrieg ihrerseits wieder für Rüstungszwecke verwendet wurde) und viele weitere Zeugnisse einer bewegten Vergangenheit.
Die westliche Ebene bis zum Neckar („Handschuhsheimer Feld“) ist durch Landwirtschaft, insbesondere Obst- und Gemüseanbau geprägt. Außerdem befindet sich dort ein sehr bedeutendes Großklärwerk, in dem jährlich 23 Millionen Kubikmeter Abwasser aus der Umgebung verarbeitet werden.
Die östliche Begrenzung bilden der 440 m hohe, sagenumwobene Heiligenberg und ein ausgedehntes Waldgebiet, das bis zur Gemeinde Ziegelhausen reicht (etwa die Hälfte der Fläche von Handschuhsheim ist Wald).
Im Norden grenzt Handschuhsheim an den Ort Dossenheim.
Die südliche Begrenzung bildet der Heidelberger Stadtteil Neuenheim. Teile des Universitäts-Campus sowie weitere wissenschaftliche und industrielle Einrichtungen gehören zu Handschuhsheim.
Forschungsstätten und Industrieunternehmen neben Obst- und Gemüsefeldern, Ebene neben Berg, alter dörflicher Ortskern neben städtischen Neubauten und Hochhäusern, Kriegsstraße neben Friedensstraße, herrschaftliche Villen neben Sozialwohnungen, Alteingesessene („Hendsemer“) neben neu Hinzugezogenen, individueller Einzelhandel und Handwerksbetriebe neben Konzernketten und viele weitere Gegensätze belegen die Vielfältigkeit, aber auch zuweilen die Widersprüchlichkeit dieses größten Stadtteils von Heidelberg, der fast 18.000 Einwohner beherbergt. Es gibt zahlreiche sehr fundierte und anschauliche Schriften über „Hendesse“ [20-24, 39, 67-70, 75, 148, 170, 172]. Sie konzentrieren sich auf die historische Entwicklung und das idyllische Zentrum des ursprünglichen Dorfes, das –wie ganz Heidelberg – im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört wurde.
In der Beantwortung der Frage, ob die Zerstörung einer Ortschaft langfristig eher positive oder negative Effekte zeitigt, gibt es unterschiedliche Positionen [15, 152]. Auf der einen Seite stehen die „Bewahrer“ [189]. Etliche betrachten es als Segen, wenn eine Stadt von einer Kriegszerstörung einigermaßen verschont geblieben ist. Sie wollen alles retten, was zu retten ist. Demgegenüber melden sich immer wieder auch andere Stimmen zu Wort. So gab zum Beispiel im Jahr 2011 der Geograph H. Gebhardt in der lokalen Presse (Rhein-Neckar-Zeitung) zum Besten, dass in der Nicht-Zerstörung Heidelbergs im Zweiten Weltkrieg auch ein „Fluch“ (wie er sich ausdrückte) liege mit der Folge „no action, talk only“ [171, zit. nach B. Sommer].
11
Wer sich mit dem ominösen Namen Handschuhsheim anhand historischer Quellen beschäftigen möchte, dem sei ein als Standardwerk weithin anerkanntes Geschichtsbuch nahegelegt, in dem sich folgende Feststellung findet (Zitat): „…Geschrieben wurde der Ortsname im 8. Jahrhundert Hantcuhesheim, Hanscuesheim und ähnlich. Der erste Bestandteil des Ortsnamens – Handschuh – ist wohl ein Personenname, der auch im angelsächsischen Beowulflied (Vers 2076) zu belegen ist. Ähnlich sind uns ja heute noch Eigennamen wie Eisenhut, Panzer, Stiefel geläufig…“ [39].
Mit dem Verfasser des hier zitierten Geschichtsbuches, das im Verlauf der folgendenAusführungen noch mehrfach eine Rolle spielen wird, hat es eine besondereBewandtnis: Am Ende des Ersten Weltkriegs ließ sich in Handschuhsheim ein an Taubheitleidender Preuße aus Braunschweig, ein gewisser Herbert Levin, nieder. Er fandGefallen am Dorf (und am hier erhältlichen Wein), interessierte sich aber auch stark für die Eingeborenen (zu diesen zählt, wer wenigstens drei Grabsteine auf demFriedhof stehen hat). Bis zu seiner bemerkenswerterweise mitten im ZweitenWeltkrieg (1941) erfolgten Ernennung zum Stadtarchivar war er meistens ohne festeAnstellung (heute würde man wohl sagen, er war „Langzeitarbeitsloser”) und so hatteer viel Zeit, sich mit Land und Leuten zu beschäftigen. Schon 1926 war ihm die Ideegekommen, seinen Namen Levin in Derwein umzuwandeln. 1933 publizierte er das besagte Buch mit dem Titel „Handschuhsheim und seine Geschichte” [39], das bisheute als beste und profundeste Dorfhistorie Badens allseits gerühmt wird [31,168].Geschrieben hat Derwein alias Levin (nomen est omen!) dieses große WerkZeitzeugen zufolge bei manch gutem Glas Wein im Wesentlichen in den beidenHandschuhsheimer Gasthäusern „Bachlenz” und „Badischer Hof” [168] (→ vgl. auchAbschnitt Widerstandskämpfer, Heimatkundler & Volksdichter).
[39]
Im Heim des Hantscoh
10
Der geschichtsträchtige, an der Bergstraße gelegene, 1.581 Hektar große Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim, mundartlich „Hendesse“ genannt, zeichnet sich durch starke Kontraste aus. Im historischen Ortszentrum (116 m über NN) befinden sich Reste einer mittelalterlichen Ritterburg (die Wasserburg Tiefburg), ein Schlösschen (dessen Ursprünge zu Junkern mit dem schönen Namen „von Katzenelnbogen“ aus dem 15. bis 17. Jahrhundert zurückreichen) [119], ein Park (in Erinnerung an den englischen Tapezierer und späteren Minenspekulanten Graham), die katholische Vituskirche (älteste Kirche Heidelbergs), ein Kriegerdenkmal („den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung“ gewidmet), die 1910 eingeweihte evangelische Friedenskirche (mit einer aus französischer „Kriegsbeute“ stammenden Glocke, die im Zweiten Weltkrieg ihrerseits wieder für Rüstungszwecke verwendet wurde) und viele weitere Zeugnisse einer bewegten Vergangenheit.
Die westliche Ebene bis zum Neckar („Handschuhsheimer Feld“) ist durch Landwirtschaft, insbesondere Obst- und Gemüseanbau geprägt. Außerdem befindet sich dort ein sehr bedeutendes Großklärwerk, in dem jährlich 23 Millionen Kubikmeter Abwasser aus der Umgebung verarbeitet werden.
Die östliche Begrenzung bilden der 440 m hohe, sagenumwobene Heiligenberg und ein ausgedehntes Waldgebiet, das bis zur Gemeinde Ziegelhausen reicht (etwa die Hälfte der Fläche von Handschuhsheim ist Wald).
Im Norden grenzt Handschuhsheim an den Ort Dossenheim.
Die südliche Begrenzung bildet der Heidelberger Stadtteil Neuenheim. Teile des Universitäts-Campus sowie weitere wissenschaftliche und industrielle Einrichtungen gehören zu Handschuhsheim.
Forschungsstätten und Industrieunternehmen neben Obst- und Gemüsefeldern, Ebene neben Berg, alter dörflicher Ortskern neben städtischen Neubauten und Hochhäusern, Kriegsstraße neben Friedensstraße, herrschaftliche Villen neben Sozialwohnungen, Alteingesessene („Hendsemer“) neben neu Hinzugezogenen, individueller Einzelhandel und Handwerksbetriebe neben Konzernketten und viele weitere Gegensätze belegen die Vielfältigkeit, aber auch zuweilen die Widersprüchlichkeit dieses größten Stadtteils von Heidelberg, der fast 18.000 Einwohner beherbergt. Es gibt zahlreiche sehr fundierte und anschauliche Schriften über „Hendesse“ [20-24, 39, 67-70, 75, 148, 170, 172]. Sie konzentrieren sich auf die historische Entwicklung und das idyllische Zentrum des ursprünglichen Dorfes, das –wie ganz Heidelberg – im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört wurde.
In der Beantwortung der Frage, ob die Zerstörung einer Ortschaft langfristig eher positive oder negative Effekte zeitigt, gibt es unterschiedliche Positionen [15, 152]. Auf der einen Seite stehen die „Bewahrer“ [189]. Etliche betrachten es als Segen, wenn eine Stadt von einer Kriegszerstörung einigermaßen verschont geblieben ist. Sie wollen alles retten, was zu retten ist. Demgegenüber melden sich immer wieder auch andere Stimmen zu Wort. So gab zum Beispiel im Jahr 2011 der Geograph H. Gebhardt in der lokalen Presse (Rhein-Neckar-Zeitung) zum Besten, dass in der Nicht-Zerstörung Heidelbergs im Zweiten Weltkrieg auch ein „Fluch“ (wie er sich ausdrückte) liege mit der Folge „no action, talk only“ [171, zit. nach B. Sommer].
11
Manche Bürger beklagen auch für das zwar über Jahrhunderte hinweg durch Kriege immer wieder in Mitleidenschaft gezogene, im Zweiten Weltkrieg jedoch weitgehend unbehelligte Handschuhsheim eine gewisse „Rückständigkeit“, wobei vor allem die alte Bausubstanz und Straßenführung sowie mangelnde Parkplätze [123] als Hemmschuh für eine zeitgemäße Weiterentwicklung angesehen werden.
An Handschuhsheim haftet bis heute der Ruf eines im Dornröschenschlaf liegenden romantischen Dörfchens von besonders malerischem Reiz [16, 17, 89, 94, 100, 116, 148]. So schreibt zum Beispiel U. Richter im Jahr 2006: „Das Dorf Handschuhsheim … ist von einem Zauber umsponnen, der Romantik heißt“ [148].Selbst in neueren Reiseführern wie dem Merianlive! von 2010 wird Handschuhsheim dem Besucher immer noch als „altes Weindorf“ angekündigt [116]. Im Jahrbuch 2011 des Stadtteilvereins Handschuhsheim e. V. wird der Ort wie folgt charakterisiert: „Hendesse! Verträumtes Dorf am sagendunklen HeilgenBerg – die Vitus-Kirchenglocke tönt dir wie in alter Zeit – Ermahnt zur Andacht dich, – ruft auf zu hartem Tagewerk. – Und aus den Schänken atmet weitgerühmteGastlichkeit” [89]. Auf der anderen Seite darf man konstatieren, dass zahlreiche Institutionen sowie einzelne engagierte Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahren große Anstrengungen an den Tag gelegt haben, die Nicht-Zerstörungen im Krieg einigermaßen auszugleichen und dem Ort „zur Belebung der städtischen Wirtschaft“ zumindest partiell ein modernes und zeitgemäß verdichtetes Aussehen, wie es der Literat Georg Seeßlen aufzeigt [169], zu verleihen. Dies wiederum hat „Gegenbewegungen“ hervorgerufen, die den alten Zustand möglichst beibehalten wollen, sodass man beobachten kann, dass nicht nur in der Heidelberger Altstadt, sondern auch in Heidelberg-Handschuhsheim oftmals erbittert um „den richtigen Weg“ zur Gestaltung einer Ortschaft gerungen wird [4, 26, 28, 182, 187].Die bisherigen Beschreibungen von Hendesse beschränken sich – wie oben ausgeführt – vornehmlich auf die als attraktiv empfundenen Sehenswürdigkeiten, so dass es mitunter zu einer etwas einseitigen, quasi „verklärten“ Sicht auf diesen Heidelberger Stadtteil kommt, was der Darstellung der Realität nicht immer ganz gerecht wird.In der vorliegenden Foto- und Schriftensammlung wird deshalb ein anderer Weg beschritten. Es werden nämlich auch Alltagseindrücke, die man üblicherweise nur am Rande wahrnimmt und eher selten fotografiert, quasi wie mit einer Lupe herausgearbeitet und sogar teilweise in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt. Durch die Beachtung des scheinbar Unwesentlichen erschließt sich eine eigene Welt, was dazu beitragen soll, Eigentümlichkeiten, aber durchaus auch allgemeingültige Merkmale des Ortes und seiner Bewohner mit ihren kleinen und großen Wünschen, Sorgen und Nöten sichtbar zu machen. Etliche dieser in Handschuhsheim fotografierten Bilder geben nicht nur hiesige Verhältnisse wieder, sondern dürften genauso auch in anderen Ortschaften der Bundesrepublik Deutschland anzutreffen sein. Oder, um es frei nach dem Sänger und Schriftsteller Franz Josef Degenhardt auszudrücken: Hier im Innern des Landes, in Handschuhsheim und anderswo, leben viele längst totgesagte Gebräuche und Vorstellungen durchaus noch munter weiter [37]. Die Erörterung einiger geschichtlicher Kuriositäten rundet den Band ab. Lassen Sie sich bei der Lektüre also auf einen etwas ungewöhnlichen Spaziergang durch „das Heim des Hantscoh“ [31] ein!
12
Herzlichste Grüße aus unserem schönenHendesse
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Manche Bürger beklagen auch für das zwar über Jahrhunderte hinweg durch Kriege immer wieder in Mitleidenschaft gezogene, im Zweiten Weltkrieg jedoch weitgehend unbehelligte Handschuhsheim eine gewisse „Rückständigkeit“, wobei vor allem die alte Bausubstanz und Straßenführung sowie mangelnde Parkplätze [123] als Hemmschuh für eine zeitgemäße Weiterentwicklung angesehen werden.
An Handschuhsheim haftet bis heute der Ruf eines im Dornröschenschlaf liegenden romantischen Dörfchens von besonders malerischem Reiz [16, 17, 89, 94, 100, 116, 148]. So schreibt zum Beispiel U. Richter im Jahr 2006: „Das Dorf Handschuhsheim … ist von einem Zauber umsponnen, der Romantik heißt“ [148].Selbst in neueren Reiseführern wie dem Merianlive! von 2010 wird Handschuhsheim dem Besucher immer noch als „altes Weindorf“ angekündigt [116]. Im Jahrbuch 2011 des Stadtteilvereins Handschuhsheim e. V. wird der Ort wie folgt charakterisiert: „Hendesse! Verträumtes Dorf am sagendunklen HeilgenBerg – die Vitus-Kirchenglocke tönt dir wie in alter Zeit – Ermahnt zur Andacht dich, – ruft auf zu hartem Tagewerk. – Und aus den Schänken atmet weitgerühmteGastlichkeit” [89]. Auf der anderen Seite darf man konstatieren, dass zahlreiche Institutionen sowie einzelne engagierte Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahren große Anstrengungen an den Tag gelegt haben, die Nicht-Zerstörungen im Krieg einigermaßen auszugleichen und dem Ort „zur Belebung der städtischen Wirtschaft“ zumindest partiell ein modernes und zeitgemäß verdichtetes Aussehen, wie es der Literat Georg Seeßlen aufzeigt [169], zu verleihen. Dies wiederum hat „Gegenbewegungen“ hervorgerufen, die den alten Zustand möglichst beibehalten wollen, sodass man beobachten kann, dass nicht nur in der Heidelberger Altstadt, sondern auch in Heidelberg-Handschuhsheim oftmals erbittert um „den richtigen Weg“ zur Gestaltung einer Ortschaft gerungen wird [4, 26, 28, 182, 187].Die bisherigen Beschreibungen von Hendesse beschränken sich – wie oben ausgeführt – vornehmlich auf die als attraktiv empfundenen Sehenswürdigkeiten, so dass es mitunter zu einer etwas einseitigen, quasi „verklärten“ Sicht auf diesen Heidelberger Stadtteil kommt, was der Darstellung der Realität nicht immer ganz gerecht wird.In der vorliegenden Foto- und Schriftensammlung wird deshalb ein anderer Weg beschritten. Es werden nämlich auch Alltagseindrücke, die man üblicherweise nur am Rande wahrnimmt und eher selten fotografiert, quasi wie mit einer Lupe herausgearbeitet und sogar teilweise in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt. Durch die Beachtung des scheinbar Unwesentlichen erschließt sich eine eigene Welt, was dazu beitragen soll, Eigentümlichkeiten, aber durchaus auch allgemeingültige Merkmale des Ortes und seiner Bewohner mit ihren kleinen und großen Wünschen, Sorgen und Nöten sichtbar zu machen. Etliche dieser in Handschuhsheim fotografierten Bilder geben nicht nur hiesige Verhältnisse wieder, sondern dürften genauso auch in anderen Ortschaften der Bundesrepublik Deutschland anzutreffen sein. Oder, um es frei nach dem Sänger und Schriftsteller Franz Josef Degenhardt auszudrücken: Hier im Innern des Landes, in Handschuhsheim und anderswo, leben viele längst totgesagte Gebräuche und Vorstellungen durchaus noch munter weiter [37]. Die Erörterung einiger geschichtlicher Kuriositäten rundet den Band ab. Lassen Sie sich bei der Lektüre also auf einen etwas ungewöhnlichen Spaziergang durch „das Heim des Hantscoh“ [31] ein!
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Herzlichste Grüße aus unserem schönenHendesse
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