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Yamada Kôun Roshi Die Niederschrift vom blauen Fels HEKIGANROKU Die klassische Koansammlung mit neuen Teishos BAND 1

HEKIGANROKU - buecher.de · 2019-02-22 · Mumonkan« gesorgt hatte, dass er nun auch die Drucklegung dieses Werkes übernommen hat. Als Verständnishilfe wurden überall dort, wo

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Y a m a d a K ô u n R o s h i

D i e N i e d e r s c h r i f t v o m b l a u e n F e l s

H E K I G A N R O K U

D i e k l a s s i s c h e K o a n s a m m l u n gm i t n e u e n T e i s h o s

B A N D 1

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Yamada Kôun Ro sh i

Die N iedersch r i f t vom blauen Fe l s

H E K I G A N R O K U

I n s Deu t s che übe r t r agen undhe rau sgegeben von Pe t e r Leng s f e l d

B A N D 1

Köse l

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ISBN 3-466-36593-7© 2002 by Kösel-Verlag GmbH & Co., MünchenPrinted in Germany. Alle Rechte vorbehaltenDruck und Bindung: Kösel, KemptenUmschlag/Schuber: Elisabeth Petersen, MünchenUmschlagmotiv: »Bamboo and plum tree« von Ogata Korin (1658–1716).Tokyo National Museum

Gedruckt auf umweltfreundlich hergestelltem Werkdruckpapier(säurefrei und chlorfrei gebleicht)

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Inha l t

Geleitwort von Kubota Ji’un Roshi . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Vorwort des Übersetzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Allgemeine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1. Fall Bodhidharmas »Weit und leer« . . . . . . . . . . . 21

2. Fall Jôshûs »Höchster Weg« . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

3. Fall Meister Ba ist unwohl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

4. Fall Tokusan kommt zu Isan . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

5. Fall Seppôs Reiskorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

6. Fall Unmons »Guter Tag« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

7. Fall Echô fragt nach Buddha . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

8. Fall Suigans Augenbrauen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

9. Fall Jôshûs vier Tore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

10. Fall Bokushûs »Schwindler!« . . . . . . . . . . . . . . . . 120

11. Fall Ôbakus »Tresterfresser«. . . . . . . . . . . . . . . . . 131

12. Fall Tôzans »Masagin« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

13. Fall Haryôs Silberschale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

14. Fall Unmons »Entsprechende Predigt« . . . . . . . . . 162

15. Fall Unmons »Rückgewandte Predigt« . . . . . . . . . 170

16. Fall Kyôseis »Picken und Hacken«. . . . . . . . . . . . 179

17. Fall Kyôrins »Müde vom langen Sitzen« . . . . . . . 190

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18. Fall Das Grabmal des Nationallehrers. . . . . . . . . . 199

19. Fall Guteis Finger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

20. Fall Suibis Kinnstütze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

21. Fall Chimons Lotosblume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

22. Fall Seppôs Giftschlange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

23. Fall Hofuku und Chôkei auf einem Ausflug . . . . . 249

24. Fall Besuch von Tetsuma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

25. Fall Der Eremit vom Lotos-Gipfel . . . . . . . . . . . . 269

26. Fall Hyakujô auf dem Daiyû-Gipfel . . . . . . . . . . . 279

27. Fall Unmons »Vollkommene Manifestation« . . . . 286

28. Fall Nansens »Dharma, der niemals gepredigtwurde« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

29. Fall Daizui und das Kalpa-Feuer . . . . . . . . . . . . . . 309

30. Fall Jôshûs »Riesenrettiche« . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

31. Fall Mayoku umrudet den Sitz des Meisters . . . . . 329

32. Fall Jô und der »Wesenskern des Buddhismus« . . 340

33. Fall Chinsô mit dem einen Auge . . . . . . . . . . . . . . 350

34. Fall Kyôzans »Nicht gewandert« . . . . . . . . . . . . . 360

35. Fall Manjushris »Drei-drei« . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

36. Fall Chôsa macht einen Ausflug . . . . . . . . . . . . . . 382

37. Fall Banzans »Kein Ding«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

38. Fall Fuketsus Geist-Siegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406

39. Fall Unmons »Blühende Hecke«. . . . . . . . . . . . . . 418

40. Fall Nansens »Blumenstrauch« . . . . . . . . . . . . . . . 428

41. Fall Jôshû und der Große Tod . . . . . . . . . . . . . . . . 438

42. Fall Pangs »Wunderschöne Schneeflocken«. . . . . 448

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43. Fall Tôzans »Kälte und Hitze« . . . . . . . . . . . . . . . 460

44. Fall Kasans Trommelschläge . . . . . . . . . . . . . . . . 470

45. Fall Jôshûs Stoffrobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481

46. Fall Kyôshôs Regentropfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

47. Fall Unmons »Sechs können es nicht fassen«. . . . 500

48. Fall Zum Tee im Shôkei-Tempel . . . . . . . . . . . . . 510

49. Fall Sanshôs Netzdurchschlüpfen . . . . . . . . . . . . . 519

50. Fall Unmons Staubkorn-Samadhi . . . . . . . . . . . . . 527

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Ge le i twor tvon Kubota Ji’un Roshi

I ch freue mich sehr darüber, dass nun auch die Teishos von YamadaKôun Roshi über das Hekiganroku übersetzt worden sind und publi-

ziert werden sollen, nachdem seine Teishos zum Mumonkan (Die torloseSchranke) bereits in Englisch und Deutsch gedruckt vorliegen.

Den Grund meiner Freude möchte ich so umschreiben: Das Hekigan-roku ist entstanden, als Zenmeister Setchô Jûken von der Seigen-Linieeinhundert überlieferte Koans zusammengestellt und zu jedem Koan ei-nen Vers verfasst hat. Etwa hundert Jahre später hat Zenmeister Engo Ko-kugon von der Nangaku-Linie, weil er von dieser Sammlung so angetanwar, jedem Fall eine Einführung und einige längere oder kürzere Kom-mentare zugefügt. Auf diesem Weg entstand das Hekiganroku als Aus-druck des wahren Buddha-Weges, der alle unterschiedlichen Schulenund Linien transzendiert.

Bei der Ausarbeitung seiner Teishos zu diesen Musterfällen konnteYamada Kôun Roshi sich auf seine eigene große Erleuchtungserfahrungstützen, welche den Erfahrungen der alten Meister in keiner Weise nach-steht. Aufgrund dieser Erfahrung konnte er den Geist eines jeden Koansmit großer Klarheit ans Licht bringen und sich damit unmittelbar an dieHerzen der heutigen Menschen wenden. Daher nützt es nichts, den Inhaltdes Buches mit dem Intellekt begreifen zu wollen. Ein intellektuellesVerständnis, das aus nichts anderem als aus Gedanken und Konzeptenbesteht, hat mit echtem Zen und der wahren Wirklichkeit nichts zu tun.Das Buch muss mit dem Herzen gelesen werden. Und es ist wichtig, esimmer wieder zu lesen, bis man den Inhalt sich ganz zu Herzen genom-men hat.

Als Beispiel möchte ich auf Fall 37 des Hekiganroku verweisen. In ei-ner Ansprache an seine Mönche sagte Zenmeister Banzan: »In den dreiBereichen gibt es kein einziges Ding. Wo sollen wir nach dem Geist su-chen?« In seinem Teisho zu diesem Text sagte Kôun Roshi einmal:»Zeigt mir dieses Ding, was da ›Geist‹ genannt wird! Wie wollt ihr mirdas zeigen?« Dann schaute er herum zu allen Anwesenden und nach einerWeile zeigte er ihnen seinen Schreibstift, den er gerade in der Hand hielt.Dann sagte er: »Ihr müsst in der Lage sein, ganz spontan ›Hier, das ist er!‹zu sagen.« Auf intellektuelle Weise kann das niemand verstehen. Die ein-

GELEITWORT 9

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zige Chance zum Verständnis erwächst aus der kontinuierlichen Übungdes Zazen, bis man dies mit ganzen Herzen verstehen kann. Erst wenn einLeser oder eine Leserin dieses Buches einen Bleistift hochhalten undspontan ausrufen kann: »Dies hier, das ist der Geist!«, darf man anneh-men, dass er oder sie es voll verstanden hat. Deshalb kann es durchaus einganzes Leben dauern, bis man alle hundert Fälle wirklich in sich aufneh-men und verstehen kann. Dieses Beispiel mag helfen zu verstehen, umwas es in diesem Werk geht.

Zum Schluss möchte ich allen herzlich danken, die zur Publikationdieser Teisho-Sammlung beigetragen haben.

10 GELEITWORT

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Vorwor t des Überse tze rs

Als Schüler des verstorbenen Zenmeisters Yamada Kôun Roshi(1907-1989) habe ich die Übersetzungsarbeit ausgesprochen gern,

ja durchweg mit Freude gemacht. Es war für mich, als wäre ich währenddieser Arbeit immer wieder noch einmal eingeladen worden, den Dhar-ma-Vorträgen des Roshi im Zendo in Kamakura/Japan direkt zu lau-schen. Immer wieder kam mir auch die dicht gedrängte, von Räucher-werk durchzogene Zendo-Atmosphäre in den Sinn. – Es dürfte auch fürdeutsche Leser sinnvoll sein, sich bei der Lektüre vorzustellen, dass essich um mündlich vorgetragene Auslegungen alter Zentexte handelt. IhrZiel ist nicht die wissenschaftliche Interpretation alter Texte oder die his-torische Erforschung vergangener Vorkommnisse, sondern die Vermitt-lung eines authentischen Zenverständnisses, das der Meister heute beiseinen Schülern hervorrufen will.

Das Teisho, die mündliche Präsentation des Buddha-Geistes, gehörtzusammen mit der intensiven Zazenpraxis der Schüler, besonders bei ei-nem Sesshin, und dem regelmäßigen Vieraugengespräch (Dokusan) zwi-schen Meister und Schüler zu den Hauptelementen des praktizierten Zen.Zen kann nicht durch Bücher vermittelt, sondern nur mithilfe dieser Pra-xis-Elemente »geschmeckt« und erfahren werden.

In diesem Eingebettetsein in den Kontext gelebter Zenpraxis dürfteauch der Hauptunterschied zu allen anderen Übersetzungen1 bestehen,die bisher vorliegen. Denn hier spricht der erfahrene Zenmeister selbstanhand der alten Texte unmittelbar zu seinen Schülern. Und er sprichtin der Erwartung, dass sie ihm demnächst im Dokusanraum persönlichbegegnen und ihr Zenverständnis präsentieren, damit er es beurteilenund zurechtrücken kann. Auch wenn dieser intentionale Kreislaufdurch die Publikation gleichsam nach außen hin aufgebrochen wird,ist es zum Verständnis des Textes immer wieder sinnvoll, sich in die-

VORWORT DES ÜBERSETZERS 11

1) In Englisch: K. Sekida, Two Zen Classics, Mumonkan and Hekiganroku, NewYork-Tokyo 1977; The Blue Cliff Record, transl. by Thomas and J.C. Cleary, 3 Bde Lon-don 1977 ff.. Im Deutschen: Bi-Yän-Lu, Meister Yüan-wus Niederschrift von der Sma-ragdenen Felswand, deutsch von Wilhelm Gundert, 3 Bde., München, 1960, 1967, 1973;A. Seidl, Das Weisheitsbuch des Zen, München 1988; und neuestens die einzige vollstän-dig vorliegende deutsche Übersetzung: Bi-Yän-Lu, aus dem Chinesischen von ErnstSchwarz, München 1999.

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ses Kreislaufgeschehen von Zazen-Üben, Teisho-Hören und Doku-san-Gespräch einzufühlen. Am besten wäre es natürlich, wenn intensiveZazenpraxis, Kenshoerfahrung und Dokusan zu den einzelnen Fällender Lektüre dieser Teishos vorausgingen. Dann wäre die Gefahr nichtso groß, dass der Finger, der auf den Mond zeigt, mit dem Mond ver-wechselt wird.

In der Zentradition werden alle Worte, Sätze und Reden, die auf dieWahrheit hinweisen, gern verglichen mit einem Finger, der auf denMond zeigt. Mag es nun ein chinesischer oder japanischer, englischeroder deutscher Finger sein – der Mond ist immer derselbe. Darum istauch der Verlust an original-chinesischem Kolorit, der schon bei derÜbertragung ins Japanische, mehr noch aber bei der Übersetzung insEnglische und Deutsche kaum zu vermeiden ist, meines Erachtens nichtso tragisch, solange die Hauptblickrichtung auf den Mond klar erhaltenbleibt. Dass dies in der vorliegenden Übersetzung der Fall ist, dafürkann die Tatsache, dass alle am Übersetzungsprozess Beteiligten Schü-ler von Yamada Kôun Roshi sind, die er im Dokusan geprüft hat und dieviele Jahre eng mit ihm zusammengearbeitet haben, als Bürgschaft die-nen. Dies scheint mir wichtiger2 zu sein als die bisweilen zu blumigemÜberschwang neigenden Bemühungen, dem chinesischen Original mitseinen vielen Schattierungen möglichst nahe zu kommen, wobei derBlick auf den Mond durch poetische Girlanden manchmal geradezu ver-stellt werden kann.

Yamada Kôun Roshi hat die Teishos zum Hekiganroku in der Zeitvom 2. Dezember 1973 bis zum 22. März 1986 in den Sesshins und Za-zenkais des San’un Zendo in Kamakura gehalten. Die Teishos wurdenauf Tonband aufgenommen und anschließend von einem seiner japani-schen Schüler, Herrn Okamoto, niedergeschrieben, wie man mir sagte,in einer außerordentlich schönen japanischen Handschrift. Anschlie-ßend begannen einige englischsprachige Yamada-Schüler, darunterJoan Rieck, Ruben Habito, Kathleen Reiley, Lawrence McGarrel undvor allem Paul Shepherd mit der Übersetzung ins Englische. Im Jahr1986 beauftragte Kôun Roshi einen japanischen Schüler, der des Engli-schen mächtig ist, Professor Migaku Sato, alle Teishos noch einmal zu

12 VORWORT DES ÜBERSETZERS

2) Wichtiger im Hinblick auf den Transfer authentischer Zenpraxis von Ost nach West.Das bedeutet nicht, dass die feinsinnige Poesie im Übersetzungsprozess vernachlässigtwerden dürfte. Auch sollen die philologischen Höchstleistungen anderer Übersetzer,vor denen ich großen Respekt habe, und deren eigenständiges Ost-West-Vermittlungs-engagement keineswegs herabgewürdigt werden. Nur: Hier sind die Prioritäten andersgesetzt.

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überarbeiten und teilweise neu zu übersetzen. Nach und nach wurdendie so überarbeiteten Texte dann in der alle zwei Monate erscheinendenZendo-Zeitschrift Kyôshô zweisprachig, also japanisch und englisch,publiziert. Zuvor hatte Tonoike Heki’un Roshi noch einmal den ur-sprünglichen japanischen Text durchgesehen und in überarbeiteterForm niedergeschrieben. Im Herbst 1996 kam Frau Dr. Kazue Yamada,die Frau des verstorbenen Roshi, auf die Idee, auch eine deutsche Über-setzung anfertigen zu lassen und bat mich, diese Aufgabe zu überneh-men.

Inzwischen hat wieder Paul Shepherd die Hauptarbeit für die Erstel-lung des englischen Textes übernommen. Ihm habe ich für die zügigeÜbersendung der übersetzten Fälle sehr zu danken, ebenso für die gedul-dige Beantwortung aller Fragen, die mir im Hinblick auf den englischenText und das japanische Original im Laufe der Zeit gekommen waren.Sehr zu danken ist auch dem Kösel-Verlag, der schon für die deutscheAusgabe der Teishos von Yamada Kôun Roshi über »Die TorloseSchranke. Mumonkan« gesorgt hatte, dass er nun auch die Drucklegungdieses Werkes übernommen hat.

Als Verständnishilfe wurden überall dort, wo es angebracht er-schien, Fußnoten hinzugefügt. Sie stammen zumeist von Migaku Sato,der auch den ersten Entwurf zu diesem Vorwort verfasst hat, oder vonPaul Shepherd, einige auch von mir. Kôun Roshi selbst ist für keineder Fußnoten verantwortlich. Nützlich erscheinende japanische Aus-drücke werden im Haupttext in Klammern3 mit Kursivschrift hinzuge-fügt. Für Ausdrücke typischer Zen-Terminologie (wie Roshi, Sesshin,Zazen, Zazenkai, Zendo, Zenji usw.), die schon als weitgehend be-kannt gelten können, wird auf die einschlägige Literatur4 verwiesen.Sie werden hier nicht eigens erläutert. Gleiches gilt für die offiziellenTraditionslinien der verschiedenen Zenrichtungen, die andernorts5

nachzulesen sind.Im Anhang zu Band II werden einige Selbstzeugnisse von Yamada

Kôun Roshi wiedergegeben. Einige davon werden erstmals im Deut-schen publiziert. Durch sie kann das Persönlichkeitsbild des Verfassersfür deutsche Leserinnen und Leser besser verständlich werden. Im An-

VORWORT DES ÜBERSETZERS 13

3) Wörter aus dem Sanskrit oder dem Chinesischen werden besonders gekennzeichnet.4) Zum Beispiel: M. S. Diener, Das Lexikon des Zen, Bern, München 1992; Ph. Ka-pleau, Die drei Pfeiler des Zen,Bern, München 51981; R. Aitken, Ethik des Zen, Mün-chen 1989.5) Beispielsweise im Anhang bei H. Dumoulin, Geschichte des Zen-Buddhismus, 2 Bde.,Bern 1985, 1986; K. Yamada, Die torlose Schranke. Mumonkan, München 1989.

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hang findet sich neben einem Nachwort des Übersetzers auch eine Listeder Zenschriften, die in den Teishos vorkommen.

Da dieses Buch auf mündlich im Zendo vorgetragenen Teishos beruht,sind einige Unregelmäßigkeiten geblieben. So waren für einige Fälle dieTonbandaufnahmen nicht vollständig, sodass gewisse Lücken an die Ent-stehung des Textes aus Tonbandaufnahmen erinnern. Wiederholungenkonnten zwar reduziert, nicht aber ganz vermieden werden. Bisweilenwurden sie bewusst stehen gelassen, vor allem wenn sie sich auf dieÜbungspraxis bezogen. Manchmal schien es auch notwendig, zuvorschon ausführlicher Entfaltetes in Erinnerung zu rufen, um eine Koan-In-terpretation abzurunden. Schließlich sollte jedes Teisho auch hier in derBuchform, ähnlich wie zu früherer Zeit im mündlichen Vortrag, als einedas Zenverständnis vertiefende und die Zenpraxis anspornende Einheitwahrgenommen werden können.

Der Text für die »Allgemeine Einführung« zum Hekiganroku ist vonMigaku Sato aus verschiedenen Teishos, die sich auf Entstehung undStruktur des Werkes beziehen, herausgeschnitten und an den Anfang ge-stellt worden. So ergab sich eine Einführung, die zwar niemals im Gan-zen so vorgetragen wurde, aber aus Yamada Roshis eigenen Worten zu-sammengefügt ist.

In der letzten Phase hat Professor David Loy, Kamakura, die engli-sche Übersetzung noch einmal linguistisch überarbeitet, während icheigens für fünf Wochen in Kamakura war, um die deutsche Ausgabe mitder englischen Fassung abzustimmen. Für die Endfassung des deut-schen Textes bekam ich einige wertvolle Hinweise von Micheline Ram-pe und eine über alle Jahre sehr verlässliche, aufmerksam kritische Un-terstützung von Marianna Niggli, der ich auch darüber hinaus viel Dankschulde.

Besonderer Dank gilt auch dem Nachfolger von Yamada Kôun RoshiKubota Ji’un Roshi, dem heutigen Präsidenten der religiösen Vereini-gung Sanbô-kyôdan, der auch das Geleitwort beigesteuert hat, und sei-nem Adlatus Yamada Ryôun Roshi, dem ältesten Sohn von Kôun Roshi.Beide haben die Arbeit sehr unterstützt. Zuletzt sei auch Frau KazueYamada, der Frau des verstorbenen Yamada Kôun Roshi und »Patro-nin« des San’un-Zendo, für die Initiative und die ständige Förderungdes Unternehmens von ganzem Herzen gedankt. Während meines Ja-pan-Aufenthaltes hat sie uns an besonders intensiven Arbeitstagen so-gar mit Tee, Kaffee und oft auch noch mit einem Abendessen versorgt.

Viele Menschen haben zur Vorbereitung dieser Publikation beigetra-gen, deren Endfassung Yamada Kôun Roshi – anders als beim Mumon-

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kan – nicht mehr durchsehen konnte. Alle, die dazu beigetragen haben,fühlen sich aber seinem Dharma so verpflichtet, dass sie keinen anderenWunsch haben, als diesem Dharma zu dienen. Daher sei diese Tei-sho-Sammlung dem immer währenden Dharma unseres verstorbenenMeisters Yamada Kôun Roshi gewidmet, der für viele Menschen in Ostund West »der« Meister war und noch immer ist, und – in nicht zu ver-leugnender Weise – eben auch der Autor dieses Buches.

Kirchzarten im Breisgau / Im Herbst 2001

Peter Lengsfeld

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A l lgemeine E in führung

Das Hekiganroku6 (chines. Bi Yen Lu) ist eine Sammlung von ein-hundert Koans, die Meister Setchô Jûken (980-1052) zusammenge-

tragen hat. Jedem Fall hat er einen Vers (ju, Sanskrit: gatha) hinzugefügt,ähnlich wie es beim Lotos-Sutra und den Versen von Kannon Bodhisatt-va Fumonbon der Fall ist. Im Vers werden die buddhistischen Tugendengepriesen und die buddhistischen Lehren in poetischer Form dargelegt. Inder Zenliteratur ist es üblich, den verborgenen Sinn eines geschildertenMusterbeispiels in wenigen Worten zusammenzufassen und auf denspringenden Punkt hinzuweisen.

Es wird berichtet, dass Meister Setchô sich vor und nach dem Abfas-sen eines Verses vor der Buddhastatue zu Boden geworfen und Räucher-stäbchen angezündet hat. So ist sein poetisches Werk auch ein Zeichenseines großen Glaubens an den Buddha-Weg. Tatsächlich sind dadurchwunderbare Geschöpfe der Dichtkunst entstanden. Nach meiner Ein-schätzung gehören die Verse des Hekiganroku zu den größten literari-schen Errungenschaften der Menschheit. In der Geschichte gab es zahl-reiche große Dichter und unzählige hervorragende Gedichte. Wir kennenalle Goethes Faust und Dantes Göttliche Komödie. Diese Werke habeneinen großen Umfang, während Setchôs Verse äußerst knapp und kurzsind. Doch glaube ich, dass sie ihnen der Qualität nach in nichts nachste-hen.

Meister Setchô Jûken wurde im Jahr 980 zur Regierungszeit des Kai-sers Tai der Sung-Dynastie geboren. Er starb mit 72 Jahren im Jahr 1052während der Zeit von Kaiser Jin derselben Dynastie. Man nimmt an, dassMeister Setchô mit 42 oder 43 Jahren die Koans und Verse des Hekigan-roku zusammengestellt hat. Setchô gehörte zur vierten Generation in derNachfolge von Meister Unmon. Dieser hatte eine große sprachliche Be-gabung, ebenso Meister Setchô.

Später hat Engo Kokugon, der auch ein hervorragender Zenmeisterwar und im Jahre 1063, also ungefähr 10 Jahre nach dem Tod von MeisterSetchô, geboren wurde, den von Setchô zusammengestellten 100 Koan

16 ALLGEMEINE EINFÜHRUNG

6) Im Japanischen auch Hekigan-shû genannt, doch besteht zwischen Hekigan-roku (Nie-derschrift) und -shû (Sammlung) praktisch kein Unterschied. Im Englischen wird meistBlue Cliff Record übersetzt.

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eigene Einführungen vorangestellt. Eine »Einführung« (suiji) ist ein klei-ner dem Hauptfall vorangestellter Abschnitt, der auf die zenbuddhisti-schen Prinzipien des Hauptfalls hinweist. Er präsentiert uns immer dasWesentliche, das, worum es im Zen eigentlich geht.

Im Dokusanraum befassen wir uns nur mit den Hauptfällen und lassenEinführungen und Verse aus. Trotzdem sind die Einführungen sehr wich-tig. Sie können helfen, alles tiefer zu verstehen und nicht bloß über dieOberfläche wie über eine Eisfläche hinwegzugleiten, ohne den Kern inder Tiefe zu erfassen. So bitte ich euch, auch die Einführungen im Blickzu behalten, da sie oft das Herzstück des folgenden Falles konzentriertzum Ausdruck bringen.

Im Gesamtwerk haben 21 Fälle keine Einführung. Diese Unausgewo-genheit entspringt der Tatsache, dass das Originalmanuskript einst demFeuer übergeben wurde. Daie Sôkô, der Dharma-Nachfolger von EngoZenji, war der Meinung, dass so ein Buch wie das Hekiganroku zu einemintellektuellen Zen verleiten könnte, da wahres Zen niemals in Büchernniedergeschrieben werden kann. Wenn ihr glaubt, in geschriebenen Wor-ten wäre etwas Wichtiges enthalten, verfallt ihr einem groben Missver-ständnis. Hat man ein so großartiges Werk wie das Hekiganroku zurHand, dann kann man leicht davon abhängig werden. Wenn man es liest,hat man das Gefühl, die Wirklichkeit begriffen zu haben. Doch ist dasbloß ein intellektuelles Verstehen, nicht die eigentliche Realisation. Da-rum hat Daie Sôkô alle Exemplare eingesammelt und ins Feuer geworfen.Eine gravierende Entscheidung! Später aber meinten die Leute, es seidoch zu schade, dass ein so großartiges Buch verloren gehen sollte, undwollten es wieder allgemein zugänglich machen. So sammelte ein Laien-schüler, Mujin Chô, aus verschiedenen Gegenden alle erreichbarenExemplare. Doch konnte das verstreute Manuskript nicht wieder voll-ständig zusammengestellt werden. Darum enthält die heutige Fassungdes Hekiganroku einige Fälle ohne Einführung.

Wenn auch das Wesen des Zen in Worten nicht wirklich ausgedrücktwerden kann, hätten wir ohne Worte doch kaum eine Möglichkeit, ande-ren Menschen ein Verständnis des Zen nahe zu bringen. Deshalb werdenWorte benutzt, um das lebendige Herz des Zen zu erläutern. Es mussnicht betont werden, dass auch schriftliche Aufzeichnungen von großemWert sein können. Was gesprochen wird, ist schnell vergangen, währendschriftliche Dokumente erhalten bleiben. Heutzutage hat man Tonband-geräte. Wie fürchterlich! Was ich irgendwann einmal gesagt habe, bleibtaufgezeichnet für immer! Früher hatte man nichts dergleichen. Darummusste alles niedergeschrieben werden. Doch was geschrieben ist, verlei-

ALLGEMEINE EINFÜHRUNG 17

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tet zur Konzeptbildung und zum Kleben am Wort. NiedergeschriebeneAufzeichnungen können uns nicht frei machen von dem, was im Zen dasAbscheulichste ist: das Festhalten an Gedanken und Konzepten. Daher istGeschriebenes gleichermaßen schätzenswert und problematisch.

Zusätzlich zu den Einführungen hat Meister Engo auch ausführlicheKommentare (hyôshô) zu den Koans geschrieben und außerdem einigescharfe, manchmal geradezu beißende Epigramme hinzugefügt (jakugo).Diese vier Elemente zusammen machen das Hekiganroku als Ganzes aus.

Die Kommentare sind recht interessant, werden aber im Teisho meis-tens ausgelassen. Auch die Epigramme werden im Teisho gewöhnlichnicht behandelt. Daher will auch ich mich in meinen Teishos auf EngosEinführung, den Hauptfall und den von Setchô angefügten Vers be-schränken.

Meister Engo lebte im Kassan-Gebirge (Provinz Kohuko) in einemTempel mit Namen Reisen’in. Wahrscheinlich war es nur eine etwas grö-ßere Einsiedelei. Sie wurde auch Hekigan’in genannt. In einem Raum solleine Kalligraphie des Meisters Zenne, des Gründers dieses Tempels, ge-hangen haben. Der Name Hekiganroku stammt daher, so sagt man, dassin dieser Kalligraphie das Wort heki-gan (blauer Fels) vorkam.

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ALLGEMEINE EINFÜHRUNG 19

Übernommen mit freundlicher Genehmigung aus der spanischen Ausgabe des Mumonkan, von AnaMaria Schlüter, Madrid 1986

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1 . F A L L

Bodh idharmas »Wei t und lee r«

Engos Einführung

Wer hinterm Berge Rauch sieht, weiß sofort: Feuer!Wer hinter einer Hecke Hörner sieht, erkennt sogleich: ein Ochse!Schon beim Erscheinen von Einem die drei Anderen erfassenund auf den ersten Blick das Gewicht des Ganzen erkennen -das gehört zur täglichen Nahrung eines Flickenkuttenmönchs.Sind die Milliarden Ströme abgeschnitten,erscheint er im Osten und verschwindet im Westen;in alle Richtungen kann er widerstehen oder nachgiebig sein;vollkommen frei weiß er zu geben oder zu nehmen.Gleich jetzt sagt es frei heraus: Wer ist es, der so lebt und handelt?Schaut genau auf Setchôs verschlungenes Dickicht!

Der Fall

Kaiser Bu von Ryô fragte den Großmeister Bodhidharma: »Was istder tiefste Sinn der Heiligen Wahrheit?« Bodhidharma antwortete:»Unendlich weit und leer, nichts von heilig.« Da fragte der Kaiser:»Und wer bist du – mir gegenüber?« Bodhidharma erwiderte: »Ichweiß es nicht.« Der Kaiser verstand nichts. Schließlich überquerteBodhidharma den Jangtse-Strom und gelangte ins Königreich Gi.

Später befragte der Kaiser den Shikô darüber. Shikô fragte:»Weiß Ew. Majestät überhaupt, wer dieser Mann ist?« Der Kaiserantwortete: »Ich weiß es nicht.« Shikô sagte: »Es ist der BodhisattvaAvalokitesvara. Er überbringt das Siegel des Buddha-Geistes.« Dabedauerte der Kaiser das Vorgefallene und wollte hinter Bodhidhar-ma herschicken, um ihn zurückzuholen. Shikô sagte: »Ew. Majestätsollten davon Abstand nehmen. Selbst wenn das ganze Volk hinterihm herliefe, würde er nicht zurückkehren.«

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Setchôs Vers

Die Heilige Wahrheit – weit und leer.Wie könnt ihr je den klaren Punkt erkennen?Auf die Frage: »Wer bist du – mir gegenüber?«,war seine Antwort: »Ich weiß es nicht.«Daraufhin überquerte er heimlich den Jangtse-Fluss.Hätte das Wachsen von Dornengestrüpp nicht vermieden werdenkönnen?Auch wenn alles Volk hinter ihm herliefe,zur Rückkehr wäre er nicht zu bewegen.Vergeblich sehnte sich der Kaiser nach ihm,tausend und zehntausend Jahre lang.Gebt dieses Sehnen auf!Kennt der Wind, der die Erde umkreist, eine Grenze?Nach rechts und links schauend sagt der Meister:»Ist hier der Patriarch?« »Ja«, antwortete er sich selbst.»Dann ruft ihn herbei!Ich will, dass er diesem alten Mönch die Füße wäscht!«

T E I S H O

Dies ist ein sehr berühmtes Koan aus dem Hekiganroku, der Sammlung,die Meister Setchô Juken zusammengetragen hat.

Zur Einführung

Wer hinterm Berge Rauch sieht, weiß sofort: Feuer! Wer hinter ei-ner Hecke Hörner sieht, erkennt sogleich: Ein Ochse! Mit diesenWorten wird eine rasche und geschickte Auffassungsgabe beschrieben.Ähnlich wie bei dem alten Spruch »Eins hören – und gleich zehn verste-hen«.

Schon beim Erscheinen von Einem die drei Anderen erfassen. Dasbedeutet zum Beispiel, die eine Ecke einer Schachtel sehen und sofort dierechtwinklige Form des Ganzen erkennen.

Auf den ersten Blick das Gewicht des Ganzen erkennen. Damit istdie Fähigkeit gemeint, schon auf den ersten Blick das ganze Gewicht ei-

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Peter Lengsfeld, Yamada Kôun Roshi

Die Niederschrift vom blauen Fels - HekiganrokuDie klassische Koansammlung mit neuen Teishos (Band 1 /Band 2)

Gebundenes Buch, Pappband, 1008 Seiten, 16,1x25,2ISBN: 978-3-466-36593-7

Kösel

Erscheinungstermin: März 2002

Das Hekiganroku – die Niederschrift vom blauen Fels – ist eine Sammlung von 100 Koans(Rätselworten bzw. -geschichten) aus dem 12. Jahrhundert. Es begleitet konzentrierend auf demZen-Weg. Das Hekiganroku ist so Ausdruck des wahren Buddha-Weges und gehört zweifelloszur Weltliteratur. Yamada Kôun Roshi (1907–1989) war der große und den Zen im Westen bis heute maßgeblichinspirierende Zen-Meister. Auf ihn gehen die jetzt erstmals in deutscher Sprache vorliegendenTeishos (mündliche Präsentationen während des Zazens und des Gesprächs zwischen Meisterund Schüler) zurück. Neben den Koans und den Teishos enthält diese kostbare zweibändige Ausgabe allgemeineEinführungen zur Geschichte des Hekiganroku und zum Gebrauch der vorliegenden Ausgabe,Selbstzeugnisse von Yamada Kôun Roshi und ein die Geisteswelt des Zen erschließendesNachwort.