3
7/23/2019 Hell Busch http://slidepdf.com/reader/full/hell-busch 1/3  B m  n n 56(2005)8, 435-437  435 1 Einleitung Barrierefreies Webdesign bedeutet, dass  jeder sämtliche Inhalte eines Webauftrittes nutzen kann.Wer sich die Barrierefreiheit zum Ziel setzt, darf weder Nutzergruppen noch Techniken einschränken. Insbeson- dere ist die Zugänglichkeit auch auf Tech- niken wie PDF anzuwenden. Seit dem in Kraft treten der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) liegt der Fokus der barrierefreien Informa- tionstechnik auf (X)HTML, CSS und Java Script. Etwas stiefmütterlich werden an- dere Webtechniken wie PDF behandelt, auch wenn es durchaus Möglichkeiten der barrierefreien Gestaltung gibt. Hierfür gibt es mindestens drei Gründe: 1. In der Regel sind es nicht Entwickler und externe Dienstleister,die die Barriere- freiheit von PDF umsetzen müssen,son- dern Mitarbeiter aus Verwaltung, Mar- keting usw. Auch wenn technisches Wissen in diesen eher nicht-technischen Bereichen vorausgesetzt werden kann, so ist das Bewusstsein für eine (techni- sche) Barrierefreiheit sicher nicht so aus- geprägt wie bei einigen IT-Dienstleis- tern. 2. Die Anwendungen,die zur Erzeugung von barrierefreien PDF-Dokumenten er- forderlich sind,sind teilweise umständ- lich zu bedienen oder teuer in der An- schaffung.In der Verarbeitung von Tex- ten zu (barrierefreien) PDF-Dokumenten waren wir lange auf Produkte von Adobe angewiesen. 3. Die Nutzergruppen,die im Besonderen von barrierefreien PDF-Dokumenten profitieren,benötigen Software,die mit dem Adobe Reader kompatibel ist. Die Bereitstellung von PDF-Dokumenten im Web ist entgegen landläufiger Meinung kein Verstoß gegen die BITV.Vielmehr wird in der Bedingung 11.1 der BITV auf die Ange- messenheit eines Formats (z.B. PDF) abge- hoben (vgl. [2]). Etwas kritischer ist die Kompatibilität von Screenreadern mit PDF zu sehen. Nach Be- dingung 8.1 der BITV dürfen Techniken nur dann eingesetzt werden, wenn sie direkt zugänglich oder mit Hilfsmitteln (wie z.B. Screenreadern) kompatibel sind. An der Barrierefreiheit von PDF müssen Ab- striche gemacht werden, wenn sie an den Möglichkeiten von (X)HTML gemessen wird. Dies lag bis Ende 2004,als der Adobe Rea- der 7 erschien, zwar auch an den PDF-An- zeigeprogrammen, aber bis heute liegt die Kompatibilität von Screenreadern mit dem Adobe Reader weit hinter anderen Desktop- Anwendungen zurück.(vgl. auch [5]). 2 Zugänglichkeitvon PDF PDF-Dokumente gehören zum Weballtag. PDF steht für Portable Document Format und zeichnet sich vor allem durch eine platt- formunabhängige stets identische Darstel- lung von Inhalten sowie durch Sicherheits- einstellungen aus. Durch die kostenlose Lese-Software, den Adobe Reader,ist PDF zum de-facto Standard für den Austausch elektronischer Dokumente geworden. Ursprünglich ist PDF dazu entwickelt wor- den, das Erscheinungsbild eines Doku- ments auf allen Plattformen gleichartig si- cherzustellen. Layout,Schrift und Farben sollten bei jedem Nutzer genau so ange- zeigt werden und sich drucken lassen,wie sie der Anbieter gestaltet hatte. Barrierefreiheit erfordert aber genau das Gegenteil:jeder Nutzer sollte die Darstel- lung von Inhalten an seine individuellen Bedürfnisse anpassen können.Solche An- forderungen sind beispielsweise: Veränderung des Schriftbildes, etwa Schriftvergrößerung Veränderung der farblichen Darstellung von Text und Hintergrund Bedienung ausschließlich mit der Tasta- tur Erhaltung der Lesereihenfolge in linea- ren Medien automatische Erkennung der Sprache durch Sprachausgaben Die Zugänglichkeit der meisten PDF-Doku- mente liegt derzeit auf einer Skala von „gut“ bis „unmöglich“. 2.1 Direkte Zugänglichkeit mit„tagged PDF“ So wie der Text und die Bilder eines PDF-Do- kuments vom Autor gestaltet werden,so werden sie dem Nutzer auch angezeigt. Dies gilt grundsätzlich auch für barriere- freie PDF-Dokumente, doch werden bei ihrer Erzeugung weitere Angaben – un- sichtbare Strukturinformationen („Tags“) und Lesezeichen berücksichtigt. „Tagged PDF“ ist die Grundlage für barrie- refreie PDF-Dokumente,genauso wie gül- tiger (X)HTML-Code die Grundlage für bar- rierefreies Webdesign ist.Die Schreibweise für „tagged PDF“ ähnelt in vielen Punkten (X)HTML. Der wesentliche Unterschied ist, dass (X)HTML mit einem beliebigen Text- editor bearbeitet werden kann, während zur Bearbeitung von PDF eine Anwendung wie Adobe Acrobat erforderlich ist. „Tagged PDF“ wurde mit dem Acrobat Rea- der 5 eingeführt.Die Funktionen wurden bis zur heutigen Version (Adobe Reader 7) weiterentwickelt, und die grundsätzliche Zugänglichkeit von PDF ist gewährleistet. In PDF ist z.B. folgendes möglich: die Strukturierung von Inhalten mit Überschriften, Absätzen usw. die Navigation über so genannte Lese- zeichen das Einfügen von Alternativtexten für Bilder (vgl.[4]) Benutzer,die auf vergrößerbare Texte,das Anpassen von Schrift- und Hintergrundfar- ben oder Tastaturbedienung angewiesen sind, benötigen barrierefreie PDF-Doku- mente, die das „tagged PDF“ voraussetzen. 2.2 Lesezeichen:Förderung der Zugänglichkeit für Screenreader In einem PDF-Dokument navigiert ein Screenreader-Nutzer über Lesezeichen. Le- sezeichen sind quasi Links,die als Inhalts- verzeichnis aufbereitet sein müssen. Das Gestaltung barrierefreier PDF-Dokumente Jan Eric Hellbusch, Lünen  PDF-Dokumente können ein Zugänglich- keitsproblem darstellen. Um barrierefreie  PDF-Dokumente zu erzeugen,kommt es zu- nächst auf die Verwendung von „tagged  PDF“ an,die das Lesen von PDF in alterna- tiven Ausgabemedien wie Screenreadern oder bei individuellen Anforderungen an die visuelle Darstellung ermöglicht. „Tagged  PDF“ sollte bei der Dokumentengestaltung von vornherein berücksichtigt werden;eine spätere Anpassung kann sehr aufwendig sein. Ensuring the accessibility of PDF documents  PDF documents can be an accessibility issue. To create accessible PDF documents it is ne- cessary to apply tagged PDF,which enables reading of documents in alternative user agents such as screenreaders, or reading with individual requirements to the visual  presentation.Tagged PDF should be conside- red while creating the original document,be- cause a subsequent modification can be dif-  ficult.

Hell Busch

  • Upload
    vst88

  • View
    219

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Hell Busch

7/23/2019 Hell Busch

http://slidepdf.com/reader/full/hell-busch 1/3

 B  a r r i  e r e f r e i  h e i  t i  m

 I   nt e r ne t 

56(2005)8, 435-437   435

1 Einleitung

Barrierefreies Webdesign bedeutet, dass jeder sämtliche Inhalte eines Webauftrittesnutzen kann. Wer sich die Barrierefreiheitzum Ziel setzt, darf weder Nutzergruppennoch Techniken einschränken. Insbeson-dere ist die Zugänglichkeit auch auf Tech-niken wie PDF anzuwenden.Seit dem in Kraft treten der BarrierefreienInformationstechnik-Verordnung (BITV)liegt der Fokus der barrierefreien Informa-tionstechnik auf (X)HTML, CSS und Java

Script. Etwas stiefmütterlich werden an-dere Webtechniken wie PDF behandelt,auch wenn es durchaus Möglichkeiten derbarrierefreien Gestaltung gibt. Hierfür gibtes mindestens drei Gründe:1. In der Regel sind es nicht Entwickler und

externe Dienstleister, die die Barriere-freiheit von PDF umsetzen müssen,son-dern Mitarbeiter aus Verwaltung, Mar-keting usw. Auch wenn technischesWissen in diesen eher nicht-technischenBereichen vorausgesetzt werden kann,so ist das Bewusstsein für eine (techni-sche) Barrierefreiheit sicher nicht so aus-

geprägt wie bei einigen IT-Dienstleis-tern.

2. Die Anwendungen, die zur Erzeugungvon barrierefreien PDF-Dokumenten er-forderlich sind,sind teilweise umständ-

lich zu bedienen oder teuer in der An-schaffung. In der Verarbeitung von Tex-ten zu (barrierefreien) PDF-Dokumentenwaren wir lange auf Produkte vonAdobe angewiesen.

3. Die Nutzergruppen, die im Besonderenvon barrierefreien PDF-Dokumentenprofitieren,benötigen Software,die mitdem Adobe Reader kompatibel ist.

Die Bereitstellung von PDF-Dokumentenim Web ist entgegen landläufiger Meinungkein Verstoß gegen die BITV.Vielmehr wirdin der Bedingung 11.1 der BITV auf die Ange-messenheit eines Formats (z.B. PDF) abge-hoben (vgl. [2]).Etwas kritischer ist die Kompatibilität vonScreenreadern mit PDF zu sehen. Nach Be-dingung 8.1 der BITV dürfen Techniken nurdann eingesetzt werden, wenn sie direktzugänglich oder mit Hilfsmitteln (wie z.B.Screenreadern) kompatibel sind.An der Barrierefreiheit von PDF müssen Ab-striche gemacht werden, wenn sie an denMöglichkeiten von (X)HTML gemessen wird.Dies lag bis Ende 2004, als der Adobe Rea-

der 7 erschien, zwar auch an den PDF-An-zeigeprogrammen, aber bis heute liegt dieKompatibilität von Screenreadern mit demAdobe Reader weit hinter anderen Desktop-Anwendungen zurück.(vgl. auch [5]).

2 Zugänglichkeit von PDF

PDF-Dokumente gehören zum Weballtag.PDF steht für Portable Document Formatund zeichnet sich vor allem durch eine platt-formunabhängige stets identische Darstel-lung von Inhalten sowie durch Sicherheits-

einstellungen aus. Durch die kostenloseLese-Software, den Adobe Reader, ist PDFzum de-facto Standard für den Austauschelektronischer Dokumente geworden.Ursprünglich ist PDF dazu entwickelt wor-den, das Erscheinungsbild eines Doku-ments auf allen Plattformen gleichartig si-cherzustellen. Layout, Schrift und Farbensollten bei jedem Nutzer genau so ange-zeigt werden und sich drucken lassen,wiesie der Anbieter gestaltet hatte.

Barrierefreiheit erfordert aber genau dasGegenteil: jeder Nutzer sollte die Darstel-

lung von Inhalten an seine individuellenBedürfnisse anpassen können. Solche An-forderungen sind beispielsweise:■ Veränderung des Schriftbildes, etwa

Schriftvergrößerung

■ Veränderung der farblichen Darstellungvon Text und Hintergrund

■ Bedienung ausschließlich mit der Tasta-tur

■ Erhaltung der Lesereihenfolge in linea-ren Medien

■ automatische Erkennung der Sprachedurch Sprachausgaben

Die Zugänglichkeit der meisten PDF-Doku-mente liegt derzeit auf einer Skala von„gut“ bis „unmöglich“.

2.1 Direkte Zugänglichkeitmit „tagged PDF“

So wie der Text und die Bilder eines PDF-Do-kuments vom Autor gestaltet werden, sowerden sie dem Nutzer auch angezeigt.Dies gilt grundsätzlich auch für barriere-freie PDF-Dokumente, doch werden beiihrer Erzeugung weitere Angaben – un-sichtbare Strukturinformationen („Tags“)und Lesezeichen berücksichtigt.„Tagged PDF“ ist die Grundlage für barrie-refreie PDF-Dokumente,genauso wie gül-tiger (X)HTML-Code die Grundlage für bar-

rierefreies Webdesign ist.Die Schreibweisefür „tagged PDF“ ähnelt in vielen Punkten(X)HTML. Der wesentliche Unterschied ist,dass (X)HTML mit einem beliebigen Text-editor bearbeitet werden kann, währendzur Bearbeitung von PDF eine Anwendungwie Adobe Acrobat erforderlich ist.„Tagged PDF“ wurde mit dem Acrobat Rea-der 5 eingeführt. Die Funktionen wurdenbis zur heutigen Version (Adobe Reader 7)weiterentwickelt, und die grundsätzlicheZugänglichkeit von PDF ist gewährleistet.

In PDF ist z.B. folgendes möglich:

■ die Strukturierung von Inhalten mitÜberschriften, Absätzen usw.

■ die Navigation über so genannte Lese-zeichen

■ das Einfügen von Alternativtexten fürBilder (vgl. [4])

Benutzer, die auf vergrößerbare Texte, dasAnpassen von Schrift- und Hintergrundfar-ben oder Tastaturbedienung angewiesensind, benötigen barrierefreie PDF-Doku-mente, die das „tagged PDF“ voraussetzen.

2.2 Lesezeichen: Förderung der

Zugänglichkeit für ScreenreaderIn einem PDF-Dokument navigiert einScreenreader-Nutzer über Lesezeichen. Le-sezeichen sind quasi Links,die als Inhalts-verzeichnis aufbereitet sein müssen. Das

Gestaltung barrierefreier PDF-DokumenteJan Eric Hellbusch, Lünen

 PDF-Dokumente können ein Zugänglich-keitsproblem darstellen. Um barrierefreie PDF-Dokumente zu erzeugen, kommt es zu-nächst auf die Verwendung von „tagged PDF“ an, die das Lesen von PDF in alterna-tiven Ausgabemedien wie Screenreadernoder bei individuellen Anforderungen an dievisuelle Darstellung ermöglicht. „Tagged PDF“ sollte bei der Dokumentengestaltungvon vornherein berücksichtigt werden;einespätere Anpassung kann sehr aufwendigsein.

Ensuring the accessibility of PDF documents PDF documents can be an accessibility issue.To create accessible PDF documents it is ne-cessary to apply tagged PDF,which enablesreading of documents in alternative user agents such as screenreaders, or readingwith individual requirements to the visual presentation.Tagged PDF should be conside-red while creating the original document,be-cause a subsequent modification can be dif- ficult.

Page 2: Hell Busch

7/23/2019 Hell Busch

http://slidepdf.com/reader/full/hell-busch 2/3

P D F - D o k u m e n t e

bloße Vorhandensein von „Tags“ macht einDokument nicht zugänglicher. Die direkteZugänglichkeit von PDF-Dokumenten istnur gewährleistet,wenn bei der Erzeugungder Dokumente zusätzlicher Aufwand ge-leistet wird, etwa für die Erstellung der Le-sezeichen (vgl. [4]).Es stellt sich daher die Frage,ob es nicht bes-ser zugängliche und leichter umsetzbareTechniken wie (X)HTML gibt, die zur Dar-stellung von Inhalten eingesetzt werdensollen. Die meisten PDF-Dokumente imWeb sollten in (X)HTML bereitgestellt wer-den,weil■ (X)HTML eine bessere direkte Zugäng-

lichkeit bietet als PDF,■ der Aufwand,PDF barrierefrei zu gestal-

ten, mindestens so hoch ist wie der für(X)HTML und

■ eine PDF-Version des (X)HTML-Inhaltsimmer noch ergänzend als Druckversionoder Download angeboten werdenkönnte.

Es gibt aber Ausnahmen, bei denen PDFbesser geeignet ist. Diese werden weiterunten aufgeführt.

2.3 Darstellung am BildschirmNeben den Anforderungen an PDF, diedurch alternative Ausgabemedien gestelltwerden,ist ein weiterer Aspekt der Barrie-refreiheit die visuelle Darstellung. Es gehtum sehbehinderte Nutzer, die sowohl Ver-größerungsbedarf als auch Anforderungenan die farbliche Darstellung von Inhaltenhaben, und um Nutzer von Kleingeräten

wie Personal Digital Assistants (PDAs).

Wenn ein Sehbehinderter ein Vergröße-rungssystem einsetzt,so wird dabei nur einkleiner Bildschirmausschnitt vergrößertdargestellt.Die wesentliche Einschränkungist, dass der Nutzer dauernd horizontalscrollen muss. Um diesen Nachteil auszu-gleichen,wird oft vorher versucht,Texte zu-nächst im Dokumentenfenster zu vergrö-ßern.Diese Funktionalität bietet der AdobeReader auch (Funktion „Umfließen“:STRG+4).1 Von dieser Funktion profitierenauch Nutzer von Kleingeräten (vgl. [1]).

Wie die meisten Standard-Anwendungenbietet auch der Adobe Reader eine Kon-

trastfunktion. Dadurch werden Text- undHintergrundfarben eines PDF-Dokumentsmit benutzerdefinierten Farben ersetzt,um z. B. Blendeffekte zu kompensieren.Eine typische Einstellung hierfür ist derweiße Text auf schwarzem Grund. Obwohlsolche Farbschemata oft ohne Problemeangewendet werden können, kann einDokument im Adobe Reader unter be-stimmten Umständen völlig unlesbarwerden (vgl. [2] und [4]).

2.4 GeräteunabhängigkeitDie Navigation in PDF-Dokumenten mitHilfe der Tastatur ist im Adobe Reader keinProblem mehr.Barrieren entstehen aber beilängeren Textdokumenten ohne Inhalts-verzeichnis. Dieses würde die direkte An-steuerung von Textabschnitten ermögli-chen und die Bedienung vereinfachen.DerAdobe Reader hat einige neue Zugänglich-keitsfunktionen wie z.B.das automatischeScrollen. Grundsätzlich ist die Bereitstel-lung von Lesezeichen auch zur Verbesse-rung der Tastaturbedienung sinnvoll.

3 Implikationen für den Arbeitsprozess

Die Frage nach der Akzeptanz barrierefreierPDF-Dokumente muss von den Internetver-antwortlichen und von den Autoren beant-wortet werden. Es geht um die Einsicht indie Vorteile barrierefreier PDF-Dokumentefür alle Nutzer. Dieses schließt behinderteNutzer ein.Der Weg zu barrierefreien PDF-Dokumen-

ten muss als Arbeitsprozess gesehen wer-den, der umso besser gelingt, je früher dieQualitätsverbesserungen in den Prozess in-tegriert werden können.Aus Sicht des Qua-litätsmanagements lässt sich die Thematikaus folgenden Blickwinkeln betrachten:1. Ausgangsqualität (z.B.Qualität der Vor-

lagen und Qualifikation der Mitarbei-ter),

2. Prozessfähigkeit (z.B.Leistungsfähigkeitder eingesetzten Software) und

3 Nutzerzufriedenheit

Im Folgenden werden die ersten beiden As-

pekte etwas genauer betrachtet.

3.1 Sinnvoller Einsatz von PDFWelche Dokumente tatsächlich als PDF an-geboten werden sollen,hängt von ihrem In-halt ab. Beispiele, bei denen PDF sinnvol-ler ist als (X)HTML (vgl. auch [3]), sind:

■ Interaktive Formulare■ Dokumente, die verschickt und von

mehreren Empfängern gleichzeitig be-arbeitet werden sollen

■ Multimedia-Präsentationen■ Dateiformate, die in einem Browser

nicht angezeigt werden können■ Dokumente,die eine rechtliche Verbind-

lichkeit in sich tragen,z.B. Rechnungen■ Dokumente mit digitaler Signatur■ Dokumente,deren Erstellungszeitpunkt

eine wichtige Eigenschaft ist■ Grafisch gestaltete Dokumente■ Mathematische Darstellungen oder wis-

senschaftliche Schreibweisen, ein-schließlich Fußnoten

Die meisten PDF-Dokumente im Web sindeinfache Textdokumente, die auch in(X)HTML bereitgestellt werden könnten.Auch wenn die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt,so lautet die Grund-aussage, was in (X)HTML umgesetzt wer-den kann, sollte auch in (X)HTML umge-setzt werden. Dokumente, die nicht in(X)HTML umgesetzt werden sollen, solltenmit „tagged PDF“ aufgebaut werden, umBarrieren zu vermeiden.

Gibt es Gründe,Inhalte als PDF aufzuberei-ten, ohne eine gleichwertige (X)HTML-Ver-sion anzubieten, so ist „tagged PDF“ unver-zichtbar. Erst mit „tagged PDF“ wird dasDokument „formatierbar“ und besser zu-gänglich.Die Verwendung von Lesezeichenfördert darüber hinaus die Navigation mitder Tastatur.

3.2 Bestehende PDF-ArchiveGeht es darum,ein bereits bestehendes Ar-chiv in ein barrierefreies Angebot umzu-stellen, so muss die eben getroffene Aus-sage relativiert werden. Wenngleich auchbereits bestehende PDF-Dokumente (ohneTags) im Nachhinein zugänglicher ge-macht werden können, so ist diese Vorge-hensweise doch sehr aufwendig (vgl. [4]).

Das Problem ist, dass die Dokumente vonGrund auf neu bearbeitet werden müssen.Die Strukturen im Dokument (Überschrif-

ten, Absätze ...) müssen neu zugewiesenwerden. Und wenn es sich bei den Doku-menten um eingescannte Papiervorlagenhandelt, dann ist zusätzlich noch eine Zei-chenerkennung durch eine OCR-Softwareerforderlich.Hierfür gibt es auf dem Markt(z.B. von Adobe Systems oder ABBYY Soft-

436 56(2005)8, 435-437

1 Einschränkungen der „Umfließen2-Funktion gibtes bei PDF-Formularen und digital signierten Do-kumenten.

Page 3: Hell Busch

7/23/2019 Hell Busch

http://slidepdf.com/reader/full/hell-busch 3/3

P D F - D o k u m e n t e

ware House) entsprechende Werkzeuge,aber eine Kontrolle mit Nachbearbeitungist zu empfehlen.

3.3 Geeignete SoftwareFür textbasierte Dokumente liefert Micro-soft Word 2000 im Zusammenspiel mitAdobe-Produkten akzeptable Ergebnisse.Auch Open Office 2 bietet gute Möglich-keiten zur Gestaltung barrierefreier PDF-Dokumente. Gestaltete Dokumente erfor-dern den Einsatz z.B. von Adobe Indesign,und Formulare den Einsatz von Adobe LiveCycle Designer.Adobe-Anwendungen bie-ten dabei verschiedene Methoden,PDF-Do-kumente zu erstellen, aber nur bestimmteMethoden genügen den Anforderungender Barrierefreiheit.

Mit Microsoft Word können Dokumenteüber Formatvorlagen mit Strukturinforma-tionen versehen werden.Das Adobe-Makro„PDFMaker“ ermöglicht bei der Konvertie-rung „Tags“ und Lesezeichen mit in das PDFhineinzulegen. Selbstverständlich ist das„Taggen“ auch in Layout-Programmen vonAdobe möglich. Es zeigt sich in der Version2 von Open Office, dass diese Software we-sentlich leistungsfähiger ist als „PDFMa-ker“.

Mit fast allen anderen Anwendungen, diePDF-Dokumente erzeugen,ist eine Struktu-rierung nicht möglich. Hierzu zählt auchder viel genutzte Weg über das Druckmenüin beliebigen Anwendungen: PDFWriter,Acrobat Distiller oder andere Druckertrei-

ber und PostScript-Konverter eignen sichnicht,um Strukturinformationen in PDF zuübertragen.

3.4 Barrierefreiheit in Vorlagenberücksichtigen

Geht man von der Bearbeitung von Inhal-ten mit Microsoft Word aus, so erfolgt dieKonvertierung in „tagged PDF“ mit demAdobe-Makro „PDFMaker“.

Dazu müssen für alle Dokumenttypen ge-eignete Vorlagen bereitgestellt werden,welche nicht nur die Strukturierungsmög-

lichkeiten von „tagged PDF“ berücksichti-gen, sondern auch von den Autoren effek-tiv genutzt werden können. Möglicher-weise sind hier Schulungen hinsichtlich derNutzung von Dokumentvorlagen erforder-lich. Die konsequente Anwendung der For-matvorlagen ermöglicht dem „PDFMaker“die Umwandlung in „tagged PDF. Dabeimüssen u.a. auch■ Konvertierungseinstellungen des PDF

Maker optimiert werden,■ Lesezeichen bestimmt werden und■ eine aussagekräftige Dokumentation

für die Autoren bereitgestellt werden.

Auch bei der Gestaltung von Vorlagen müs-sen die Folgen für die spätere Zugänglich-keit bedacht werden. Dazu gehört der Do-kumentaufbau durch inhaltsbezogene

Strukturierung.Im Prinzip müssen die viel-fältigen potenziellen Barrieren,die sich ausder BITV ableiten lassen, auch auf die Vor-lage angewandt werden (vgl. [5]). Beispielesind:■ Sicherstellung, dass Autoren auch pas-

sende Alternativtexte für Bilder einset-zen (Bedingung 1.1 der BITV)

■ Mehrfachkennzeichnung: Inhalte, diedurch ihre Farbe vermittelt werden,brauchen Zusatzmerkmale,z.B.eine Un-terstreichung bei Links (Bedingung 2.1).

■ Kontraste und Farbkombinationen sowählen, dass möglichst alle diese lesenkönnen (Bedingungen 2.2 und 2.3).

■ Informationen müssen als Text (stattGrafik) dargestellt werden können (Be-dingung 3.1).

Auch die Funktionen des Adobe Readerzur Verbesserung der Zugänglichkeit müs-sen stets geprüft werden,seien es die Nut-zung der „Umfließen“-Funktion bei derGestaltung eines Layouts oder etwaigeKontrasteinstellungen, die ein Nutzer imAdobe Reader vornehmen könnte (vgl. [1]und [4]).

3.5 Grenzen und AlternativenBei der Nutzung von Microsoft Word gibt eszahlreiche Grenzen. Bisherige Problemewie die Nicht-Erfassung von Fußnoten oderdie falsche Umsetzung von umfangreichenTabellen werden z. B. in Open Office 2 ge-löst. Alternativ führt auch der Einsatz derAdobe-Software zum Ziel.

Die Überprüfung der Barrierefreiheit istebenfalls nicht trivial,denn PDF kann nichtnach öffentlichen Standards validiert wer-den.Vielmehr ist ein Verständnis der Auto-ren für die Probleme, die bei der Nutzungauftreten können,beim Testen mit den in-tegrierten Werkzeugen der Adobe-Soft-ware erforderlich.Auch bei größter Sorgfaltist die Kompatibilität eines „getaggten“PDF-Dokuments mit allen Screenreadernnicht gewährleistet.

4 Ausblick

Ein PDF-Dokument ist selbstverständlichkein Webauftritt, sondern ein Dokument.Wenn die darin enthaltenen Informationen jedoch wichtig sind und für alle nutzbarsein sollen,dann ist dieses Format nicht op-timal. Es sollte überlegt werden, ob die In-formationen nicht auch als (X)HTML oderin einem anderen Format zur Verfügunggestellt werden können.Diese Überlegungmuss auch bei Sensibilisierungs- und Schu-lungsmaßnahmen für Autoren stärker be-rücksichtigt werden.

Adobe Systems Inc.hat einige Verbesserun-gen im Adobe Reader einfließen lassen.Auch sind die Möglichkeiten zur Erzeugungvon PDF-Dokumenten in Adobe Acrobatanwenderfreundlicher gestaltet worden.

Und mit Open Office 2 ist eine kostengüns-tige Alternative verfügbar.Auf der anderenSeite sind Screenreader ebenfalls verbes-sert worden und der Zugriff auf Lesezeichenund „Tags“ ist grundsätzlich möglich.Die Nutzbarkeit von PDF mit Screenreadernist dennoch nicht optimal. Auch die Kon-trastfunktionen im Adobe Reader führenzu Barrieren. Hier ist noch abzuwarten, obdie verschiedenen Software-Anbieter dieZugänglichkeitsprobleme lösen.Die Verwendung von PDF kann nicht gene-rell als K.O.-Kriterium für die Barrierefrei-heit gesehen werden,aber die Mehrzahl derverfügbaren PDF-Dokumente weist deutli-che Optimierungspotenziale im Hinblickauf die Barrierefreiheit auf.

Literatur

Bailey ,Matt (2005):How To:Create Accessible PDF’s,auf:www.accessibilityblog.com/2005/06/14/how-

to-create-accessible-pdfs/BIK (2004): Angemessene Formate, auf www.bik-online.info/verfahren/kurztest/ueberarbeitung/pruefschritt_11-1-1.php

Clark, Joe (2005):Fakten und Meinungen zur Bar-rierefreiheit von PDF,auf www.einfachfueralle.de/artikel/pdf-fakten-meinungen/

Hellbusch, Jan Eric undErle, Markus (2005):PDF undBarrierefreiheit, auf:www.barrierefreies-webdesign.de/knowhow/pdf/

Hellbusch, Jan Eric (2005): Barrierefreies Webdesign– Praxishandbuch für Webgestaltung und grafischeProgrammoberflächen; Heidelberg, dpunkt, S. 245-260: Krupinski, Darius-Nikolaus:„Portable Docu-ment Format (PDF)“

56(2005)8, 435-437 437

Elektronisches Publizieren, PortableFile Format, Informationsbarriere,Adobe, Benutzerfreundlichkeit,Ergonomie

Jan Eric Hellbusch

Dipl.-Kfm., ist Autorder beiden deutsch-sprachigen Titel „Bar-rierefreies Webde-sign“.Als Berater bie-tet er „QualifizierteDienstleistungen fürbarrierefreies Inter-

net“ an. In der Vergangenheit war er be-teiligt ein zahlreichen kleinen und gro-ßen Webprojekten,zuletzt:www.profil-hh.de, www.tagesschau.de, www.landtag.nrw.de, www.pro-retina.org

Wittekindstraße 21c

44536 LünenTelefon:(02 31) 2 25 15 73E-Mail:[email protected]://2bweb.de

D e r A u t o r