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Kölner Stadt-Anzeiger Dienstag, 8. Oktober 2019 RHEIN-SIEG 31 VON KLAUS HEUSCHÖTTER Hennef. Sportstadt oder auch Stadt der 100 Dörfer wird Hennef genannt. In letzterem drückt sich die als Stärke geltende Dua- lität von urbanen Strukturen im Zentralort und vielen ländlich geprägten Ortschaften aus, wie beispielsweise Lückert, das un- längst eine Goldplakette im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ einheimste. Frei- lich läuft’s nicht in allen Außen- orten so gut. Vor allem die Gas- tronomie ist auf dem Land auf dem Rückzug. Zu den ungelösten Dauer- problemen gehören der Nacht- fluglärm, die starke Belastung des Unterzentrums Uckerath durch den Durchgangsverkehr und die Verkehrssituation auf der Frankfurter Straße in der Ci- ty mit einer umstrittenen Lö- sung für Radfahrer und Staus vor den Bahnschranken. Seit Jahren warten die Hennefer auf den Bau der Unterführung Bröltalstraße, im ADFC-Fahrradklimatest ran- giert die Stadt mit einer Schul- note von 4,3 auf einem hinteren Platz. Punkten kann Hennef mit seinem Kulturangebot, das nicht zuletzt von bürgerschaftlichem Engagement getragen wird, et- wa durch den Förderverein Kur- Theater, der das letzte Kino der Stadt gerettet hat, den Förder- verein der Stadtbibliothek, die Initiative Kunst und den Kultur- verein Hennef. Jährlich gibt es die Ausstellung „Kunst auf der Burg“ in Stadt Blankenberg, dem touristischen Aushängeschild im Siegtal. Dort will die Stadt das mittelalterlicher Erbe aufwerten und plant ein Kultur- und Hei- mathaus. Eine andere Einrich- tung mit überregionaler Bedeu- tung ist im Dürresbachtal die Sportschule des Fußball-Ver- bandes Mittelrhein nebst Leis- tungszentren für Kampfsportler und Gewichtheber. Zur Infrastruktur des Zentral- orts, in dem die Hälfte der Stadt- bevölkerung wohnt, zählen mehrere Senioren-Residenzen, Kurpark, Jugendpark, eine am- bulante Reha-Klinik und die Be- gegnungsstätte Interkult, die bei der Integration von Zuge- wanderten eine wichtige Rolle spielt. Mit acht Grundschulen, Gymnasium, drei Gesamtschu- len, drei Förderschulen, zwei Be- rufskollegs, zwei Hochschul- standorten und Musikschulen ist die Bildungslandschaft gut ausgestattet. Krankenhaus und Freibad hingegen gibt es schon lange nicht mehr in Hennef. Im Speckgürtel von Bonn und Köln ist die Kommune mit Auto- bahnanschluss nach wie vor ein beliebter Zuzugsort. Seit der kommunalen Neuordnung vor 50 Jahren hat sich die Zahl der Einwohner auf nahezu 50 000 verdoppelt. Ein großer Wurf war der am Reißbrett geplante neue Stadtteil Im Siegbogen, der so- gar einen S-Bahn-Haltepunkt hat. Erst in den vergangenen Jah- ren gelang es durch Ansiedlung von Einzelhandel, auch mehr Kaufkraft in der Boom-Town Hennef zu binden. Das Wachs- tum zwang und zwingt die Stadt zu hohen Investitionen, das spiegelt sich in einem immer hö- her werdenden Schuldenberg. GESCHICHTE Die erste Nennung des heu- tigen Stadtteils Geistingen da- tiert aus dem Jahr 885. Eine Kir- che in „Hanafo“ wird 1075 er- wähnt, zugleich die erste Er- wähnung Hennefs. Für Burg Blankenberg ist eine Urkunde von 1181 verbürgt. Die Wall- fahrtskirche „Zur Schmerzhaf- ten Mutter“ in Bödingen wird 1408 geweiht.1859 wird Hennef an die Eisenbahnstrecke im Siegtal angebunden. Mit dem Bau landwirtschaftlicher Ma- schinen setzt die Industrialisie- rung ein. 1883 wird die Chro- nos-Waage erfunden. Im vori- gen Jahrhundert zieht Hennef als Kneippkurort Gäste an. Blan- kenberg darf sich ab 1953 wie- der Stadt Blankenberg nennen. 1969 entsteht aus Hennef, Laut- hausen und Uckerath das heu- tige Hennef, Stadt seit 1981. Dorothée Grütering (63): In Hennef wird Kultur gelebt. Das Angebot ist interessant. Viele Vereine bereichern das soziale Leben. Ich freue mich über herr- liche Wandermöglichkeiten rund um Hennef, aber ärgere mich oft über die Verkehrssitua- tion im Stadt- gebiet. Pit Raderschad (76): Ich bin ein „ewiger“ Hennefer. Für mich ist Hennef liebens- und lebenswert. Bemängeln muss ich das Ange- bot für die Jugendlichen und als Vielradfahrer die augenblickli- che Situation auf der Frankfurter Straße. Heimatmenschen Heimatmenschen Heimatmenschen Heimatzahlen Heimatzahlen Heimatzahlen Kindergärten: 32 Denkmale: 281 Sportvereine: 50 Schulen: 19 Einwohner: 49 299 Fläche: 105,8 km 2 Naturschutzgebiete : 1634 ha Heimatzeugnis Heimatzeugnis Heimatzeugnis Sicherheit 3,1 Sauberkeit 3,3 Anbindung 2,8 ÖPNV 3,2 Parken 3,4 Kinder 3,0 Als Gesamtnote erhielt Hennef eine 3,1. Die Verkehrs- anbindung der Stadt wurde am besten bewertet, die et- was schlechter abschneidet, wenn es um Bus und Bahn und die Parkmöglichkeiten geht. Einkaufen 3,2 Gastronomie 3,2 Sportliche Wachstumsstadt Hennef kann mit Kultur und Schulen punkten – Freibad und Krankenhaus fehlen Blick über den Hennefer Marktplatz zur Baustelle am Bahnhof; Kultur und Sport genießen einen hohen Stellenwert. Fotos: kh/rvg Hennef Hennef

Hennef - Kölner Stadt-Anzeiger · Blankenberg ist eine Urkunde von 1181 verbürgt. Die Wall-fahrtskirche „Zur Schmerzhaf-ten Mutter“ in Bödingen wird 1408geweiht.1859wirdHennef

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Page 1: Hennef - Kölner Stadt-Anzeiger · Blankenberg ist eine Urkunde von 1181 verbürgt. Die Wall-fahrtskirche „Zur Schmerzhaf-ten Mutter“ in Bödingen wird 1408geweiht.1859wirdHennef

Kölner Stadt-Anzeiger Dienstag, 8. Oktober 2019 RHEIN-SIEG 31

VON KLAUS HEUSCHÖTTER

Hennef. Sportstadt oder auchStadtder100DörferwirdHennefgenannt. In letzterem drücktsich die als Stärke geltende Dua-lität von urbanen Strukturen imZentralort und vielen ländlichgeprägten Ortschaften aus, wiebeispielsweise Lückert, das un-längst eine Goldplakette imBundeswettbewerb „Unser Dorfhat Zukunft“ einheimste. Frei-lich läuft’s nicht in allen Außen-orten so gut. Vor allem die Gas-tronomie ist auf dem Land aufdem Rückzug.

Zu den ungelösten Dauer-problemen gehören der Nacht-fluglärm, die starke Belastungdes Unterzentrums Uckerathdurch den Durchgangsverkehrund die Verkehrssituation aufder Frankfurter Straße in der Ci-ty mit einer umstrittenen Lö-sung für Radfahrer und Staus vorden Bahnschranken. Seit Jahrenwarten die Hennefer auf den Bauder Unterführung Bröltalstraße,im ADFC-Fahrradklimatest ran-giert die Stadt mit einer Schul-

note von 4,3 auf einem hinterenPlatz. Punkten kann Hennef mitseinemKulturangebot,dasnichtzuletzt von bürgerschaftlichemEngagement getragen wird, et-wa durch den Förderverein Kur-Theater, der das letzte Kino derStadt gerettet hat, den Förder-verein der Stadtbibliothek, dieInitiative Kunst und den Kultur-verein Hennef. Jährlich gibt esdie Ausstellung „Kunst auf derBurg“inStadtBlankenberg,demtouristischen Aushängeschildim Siegtal. Dort will die Stadt das

mittelalterlicherErbeaufwertenund plant ein Kultur- und Hei-mathaus. Eine andere Einrich-tung mit überregionaler Bedeu-tung ist im Dürresbachtal dieSportschule des Fußball-Ver-bandes Mittelrhein nebst Leis-tungszentren für Kampfsportlerund Gewichtheber.

Zur Infrastruktur des Zentral-orts, in dem die Hälfte der Stadt-bevölkerung wohnt, zählenmehrere Senioren-Residenzen,Kurpark, Jugendpark, eine am-bulante Reha-Klinik und die Be-

gegnungsstätte Interkult, diebei der Integration von Zuge-wanderten eine wichtige Rollespielt. Mit acht Grundschulen,Gymnasium, drei Gesamtschu-len,dreiFörderschulen,zweiBe-rufskollegs, zwei Hochschul-standorten und Musikschulenist die Bildungslandschaft gutausgestattet. Krankenhaus undFreibad hingegen gibt es schonlange nicht mehr in Hennef.

Im Speckgürtel von Bonn undKöln ist die Kommune mit Auto-bahnanschluss nach wie vor einbeliebter Zuzugsort. Seit derkommunalen Neuordnung vor50 Jahren hat sich die Zahl derEinwohner auf nahezu 50 000verdoppelt. Ein großer Wurf warder am Reißbrett geplante neueStadtteil Im Siegbogen, der so-gar einen S-Bahn-Haltepunkthat.

Erst in den vergangenen Jah-ren gelang es durch Ansiedlungvon Einzelhandel, auch mehrKaufkraft in der Boom-TownHennef zu binden. Das Wachs-tum zwang und zwingt die Stadtzu hohen Investitionen, das

spiegelt sich in einem immer hö-her werdenden Schuldenberg.

GESCHICHTE

Die erste Nennung des heu-tigen Stadtteils Geistingen da-tiert aus dem Jahr 885. Eine Kir-che in „Hanafo“ wird 1075 er-wähnt, zugleich die erste Er-wähnung Hennefs. Für BurgBlankenberg ist eine Urkundevon 1181 verbürgt. Die Wall-fahrtskirche „Zur Schmerzhaf-ten Mutter“ in Bödingen wird1408 geweiht.1859 wird Hennefan die Eisenbahnstrecke im

Siegtal angebunden. Mit demBau landwirtschaftlicher Ma-schinen setzt die Industrialisie-rung ein. 1883 wird die Chro-nos-Waage erfunden. Im vori-gen Jahrhundert zieht HennefalsKneippkurortGästean.Blan-kenberg darf sich ab 1953 wie-der Stadt Blankenberg nennen.1969 entsteht aus Hennef, Laut-hausen und Uckerath das heu-tige Hennef, Stadt seit 1981.

Dorothée Grütering (63): InHennef wird Kultur gelebt. DasAngebot ist interessant. VieleVereine bereichern das sozialeLeben. Ich freue mich über herr-liche Wandermöglichkeitenrund um Hennef, aber ärgeremich oft über die Verkehrssitua-tion im Stadt-gebiet.

PitRaderschad(76): Ichbinein„ewiger“ Hennefer. Für mich istHennef liebens- und lebenswert.Bemängeln muss ich das Ange-bot für die Jugendlichen und alsVielradfahrer die augenblickli-cheSituationaufderFrankfurter

Straße.

HeimatmenschenHeimatmenschenHeimatmenschen

HeimatzahlenHeimatzahlenHeimatzahlen

Kindergärten: 32

Denkmale: 281

Sportvereine: 50

Schulen: 19Einwohner: 49 299

Fläche: 105,8 km2

Naturschutzgebiete : 1634 ha

HeimatzeugnisHeimatzeugnisHeimatzeugnis

Sicherheit 3,1 Sauberkeit 3,3

Anbindung 2,8ÖPNV 3,2

Parken 3,4 Kinder 3,0

Als Gesamtnote erhielt Hennef eine 3,1. Die Verkehrs-anbindungderStadtwurdeambestenbewertet,dieet-wasschlechterabschneidet,wennesumBusundBahnund die Parkmöglichkeiten geht.

Einkaufen 3,2 Gastronomie 3,2

Sportliche WachstumsstadtHennef kann mit Kultur und Schulen punkten – Freibad und Krankenhaus fehlen

Blick über den Hennefer Marktplatz zur Baustelle am Bahnhof; Kultur und Sport genießen einen hohen Stellenwert. Fotos: kh/rvg

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