5
HERLUF WINGES VEI4DIENSTE UM DIE VERGLEICHENDE MORPHOLOGIE DEI~ S)[UGETIERZAHNE. NACHTRAG ZU MEINER ARBEIT UBER PRIMITIVE S:4UGETIERGEBISSE.) Von MATHILDE HERTZ, 3Itinchen. (Eingegangen am 26. November 1925.) Herr Professor TR. MORTENSEN in Kopenhagen hatte vor einiger Zeit die Freundlichkeit, reich auf eine im Jahre 1882 erschienene Arbeit des verstorbenen danischen Zoologen HERLVF WINGE aufmerksam zu maehen: Om Pattedyrenes Tandskifte isaer reed Hensyn til Taendernes Former1). Dieser Aufsatz war mir entgangen, als ich meine Arbeit: ,,Beobachtungen an primitiven S/~ugetiergebissen~)" schrieb. Nachdem ich WI~GES Aufsatz aus Kopenhagen erhalten hatte, konnte ich eine weitgehende Obereinstimmung zwischen WI~GES Ideen und der meiner Arbeit zugrunde liegenden Auffassung feststellen. Die Angaben WINGES, soweit sie das gleiche Thema betreffen, wirken zum Teil wie eine fliichtige Skizze oder ein vorlaufiges Programm meiner eigenen Ausiiihrungen. Zugleioh fund ich die vergleichend morpholo- gische Betrachtung der Z~thne in einem Grade durchgefiihrt, wie man es fiir diesen Zeitpunkt nicht h~tte erwarten sollen. WINGEs Leistungen scheinen aul]erhalb D&nemarks fast ganz un- bekannt geblieben zu sein. D6DEgLEIN (1890) 3) kennt und erw&hnt WI~GE nieht. ZITTEL (1891/93) ¢) nennt die Arbeit in seinem Literatur- verzeiehnis, ohne im Text auf sie zuriickzukommen. OSBOR~ (1907)5) erw~hnt in seinem Buche WI~GE flfichtig. Er hat ihn aber offenbar mi{~verstanden, denn er sprieht yon einer ~bereinstimmung zwischen der Auffassung yon WINGE und der yon WOODWARD und GIDLEY, die in der Tat nicht besteht6). Der Inhalt dieses Zitats veran]aBte reich 1) Videnskab. meddel, naturh, forening Kjoebnhavn Mai 1882. 2) Zeitsehr. f. wiss. Biol., Abt. A: Zeitsehr. f. Morpho]. u. 0kol. der Tiere 4, It. 3. 3) STV,INM•NN-D6DERLEIN: Elemente der Pal~ontologie 1890. 4) ZIT~EL, K.: Handbuch der Palaonto]ogie 4. 1891/93. 5) OSBORN: Evolution of mammalian molar teeth 1907. S. 213. 6) WINGE sieht nicht im Unterkiefer ,,Protoconid" und im Oberkiefer ,,Paracon" als ]~eptiliensloitze an, sondern unten Paraconid und oben (z. B. beim fiinfspitzigen Zahn yon Talpa) Mesostyl. Er nennt diese Spitzen 2, ich nenne sie /3 and b.

Herluf winges verdienste um die vergleichende morphologie der säugetierzähne. (Nachtrag zu meiner arbeit über primitive säugetiergebisse.)

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Herluf winges verdienste um die vergleichende morphologie der säugetierzähne. (Nachtrag zu meiner arbeit über primitive säugetiergebisse.)

HERLUF WINGES VEI4DIENSTE UM DIE VERGLEICHENDE

MORPHOLOGIE DEI~ S)[UGETIERZAHNE. NACHTRAG ZU MEINER ARBEIT UBER PRIMITIVE

S:4UGETIERGEBISSE.)

Von

MATHILDE HERTZ, 3Itinchen.

(Eingegangen am 26. November 1925.)

Herr Professor TR. MORTENSEN in Kopenhagen hatte vor einiger Zeit die Freundlichkeit, reich auf eine im Jahre 1882 erschienene Arbeit des verstorbenen danischen Zoologen HERLVF WINGE aufmerksam zu maehen: Om Pattedyrenes Tandskifte isaer reed Hensyn til Taendernes Former1). Dieser Aufsatz war mir entgangen, als ich meine Arbeit: , ,Beobachtungen an primitiven S/~ugetiergebissen~)" schrieb.

Nachdem ich WI~GES Aufsatz aus Kopenhagen erhalten hatte, konnte ich eine weitgehende Obereinstimmung zwischen WI~GES Ideen und der meiner Arbeit zugrunde liegenden Auffassung feststellen. Die Angaben WINGES, soweit sie das gleiche Thema betreffen, wirken zum Teil wie eine fliichtige Skizze oder ein vorlaufiges Programm meiner eigenen Ausiiihrungen. Zugleioh fund ich die vergleichend morpholo- gische Betrachtung der Z~thne in einem Grade durchgefiihrt, wie man es fiir diesen Zeitpunkt nicht h~tte erwarten sollen.

WINGEs Leistungen scheinen aul]erhalb D&nemarks fast ganz un- bekannt geblieben zu sein. D6DEgLEIN (1890) 3) kennt und erw&hnt WI~GE nieht. ZITTEL (1891/93) ¢) nennt die Arbeit in seinem Literatur- verzeiehnis, ohne im Text auf sie zuriickzukommen. OSBOR~ (1907)5) erw~hnt in seinem Buche WI~GE flfichtig. Er hat ihn aber offenbar mi{~verstanden, denn er sprieht yon einer ~bereinst immung zwischen der Auffassung yon WINGE und der yon WOODWARD und GIDLEY, die in der Tat nicht besteht6). Der Inhal t dieses Zitats veran]aBte reich

1) Videnskab. meddel, naturh, forening Kjoebnhavn Mai 1882. 2) Zeitsehr. f. wiss. Biol., Abt. A: Zeitsehr. f. Morpho]. u. 0kol. der Tiere

4, It. 3. 3) STV, INM•NN-D6DERLEIN: Elemente der Pal~ontologie 1890. 4) ZIT~EL, K.: Handbuch der Palaonto]ogie 4. 1891/93. 5) OSBORN: Evolution of mammalian molar teeth 1907. S. 213. 6) WINGE sieht nicht im Unterkiefer ,,Protoconid" und im Oberkiefer

,,Paracon" als ]~eptiliensloitze an, sondern unten Paraconid und oben (z. B. beim fiinfspitzigen Zahn yon Talpa) Mesostyl. Er nennt diese Spitzen 2, ich nenne sie /3 and b.

Page 2: Herluf winges verdienste um die vergleichende morphologie der säugetierzähne. (Nachtrag zu meiner arbeit über primitive säugetiergebisse.)

M. Hertz: Heriuf Winges Verdienste um die vergleiehende Morphologie usw. 79

seinerzeit, yon einer d i rekten K e n n t n i s n a h m e der d~nisehen Arbei t

abzusehen. Inzwisehen erhielt ieh yon Prof. MOgTE~SE~ noeh die soeben er-

sehienene englisehe Uber t r agung seines dgnisehen Naehrufs auf WIZgGE 1) in dem aueh dessen Zahntheor ie ihre Wfirdigung finder. Dureh diesen Aufsatz werde ieh darauf aufmerksam, dal3 in der deutschen Li te ra tu r - - an einer Stelle, die mir n ich t hgt te en tgehen d i i r f e n - M. WEBEgS)

die Ideen W ~ s kurz zur Dars te l lung br ingt . U m den Verdiensten W~x~Es gereeht zu werden, seheint es mir an-

gemessen, den prinzipiel l wieht igsten Teil seiner Ausfi ihrungen, d. h. den Anfang seiner Arbei t hier in mSgliehst wortgetreuer Uberse tzung unverki i rz t wiederzugeben a).

Ube r den Z a h n w e c h s e l der S~iugetiere besonder s im Hinb l i ck a u f die F o r m der Z~hne.

Eine ]ange, einfSrmige l%eihe kleiner, ungefShr kegelf6rmiger Z'&hne ist die gewShnlichste Form fiir einen Zahnsutz im Ober- und Unterkiefer bei niederen Wirbeltieren: Fisehen, Amphibien und l%ep~flien. Sie war so allgemein ver- breitet, dag kein Zweifel an ihrer Anwesenheit bei den Tieren ist., yon denen die S/~ugetiere abgeleitet werden.

DaB die Z~,hne bei den niederen Wirbeltieren selten mehr ausgeformt werden, folgt daraus, dab die Weehselwirkung zwisehen den Z~hnen des Ober- und Unterkiefers gewShnlich nur klein ist. Bei vielen stehen die Z&hne yon Ober- und Unterkiefer in keinem ngheren gegenseitigen Verhgltnis. Bei denen, die den Sgugetieren am meisten gleichen, passen sie mehr oder weniger zwisehen ein- ander, wenn der Mund gesehlossen ist; sie dienen nur zum Fangen oder Beigen, werden nicht zum eigentliehen Kauen gebraucht. Zum Bewegen des Unter- kiefers gegen den Oberkiefer gibt es keine anderen Muskeln als den Sehl~fen- muskel (M. temporalis) und F1/igelmuskel (M. pterygoideus), der jedoch oft in mehrere Teile gespalten ist. Ein Baekenmuskel (M. masseter), t in Muskel veto Joohbein zum Unterkiefer ist nicht ausgebildet.

Typisehe Si~ugetiere kauen ihr Futter. Der Unterkiefer bewegt sieh haupt- s~ehlich auf und ab, wie zuvor, aber hebt sieh mit grSBerer St/irke und riickt ein wenig vorw/~rts, zuriiek und zur Seite. Die Kaumuskeln haben sich aus- gedehnt. Es wird ein Backenmuskel als AbkSmmling des Schlgfenmuskels ent- wickelt. Der Schlgfenmuskel ist nach vorne gewachsen. 0ben ist sein Ursprung am Sehl~fenbein nach vorwi~rts zum Jochbein verli~ngert. Unten hat er seine Ansatzfl&ehe fiber einen groBen Teil yon der AuBenseite des Unterkiefers aus- gedehnt. Die sogestalt ersehienene neue ~uskelmasse ist der Baekenmuskel, tier sieh abermals in mehrere Teile spaltet. Die Folgen dieser Umst~nde bei den S~ugetieren sind Abweichungen veto Urspriinglichen in Form und Zahl der Z~hne.

1) S~IT~SO~IA~ l%port for 1924. S. 513. Washington 1925. ~) MAx W ~ ] ~ , Die S~ugetiere. Jena 1904. ~) Es ist vielleicht nieht unniitz zu erw~hnen, dab ~rotz der nahen Ver-

wandtsohaft der d/~nisehen mit der deutsehen Spraehe das Versti~ndnis einer d~nisehen Arbeit nieht mOglioh ist, ohne dab unter Zuhilfenahme einer Gram- matik Weft ftir Weft nachgeschlagen wird. Sonst sind, gerade dureh die spraoh- liehe Ankl~nge, fortgesetzte NiBverst~ndnisse unausbleiblich.

Page 3: Herluf winges verdienste um die vergleichende morphologie der säugetierzähne. (Nachtrag zu meiner arbeit über primitive säugetiergebisse.)

80 M. Hertz: Herluf Winges Verdienste

Die vorders ten Zi~hne, die Vorder- oder Schneidez~hne, ver~ndern sich n icht viel. Sie beha l ten typisch die kege]f6rmige Krone mi t einer Wurzel. Sie sind ungef~hr geformt wie alle Z~hne bei den meisten niederen Wirbel t ieren, deren Z~hne Wurzeln haben. GroBe Ver~nderungen gehen bei den Baekz~ihnen vor sieh, den Z~hnen, die am h in te r s ten im Kiefer, am n~chs ten bei den Kaumuske ln sitzen. Der einfache kegelfSrmige Zahn veri~ndert sich, bis er dreispitzig ist. An jedem Zahn erscheint h in ten und vorne eine neue Spitze, da, wo der davor oder dah in te r si tzende Zahn im entgegengesetzten Kiefer gegen ihn stSl~t. Die Zahnwurzel wird gr5Ber und spal te t in einen vorderen und h in te ren As~. Diese Fo rm finder sich bei allen Backzi ihnen - - am s t~rks ten ausgepriigt bei den h in te r s ten - - bei den meis ten der ~Itesten b e k a n n t e n ausgestorbenen S~uge- tiere, den kleinen S~ugetieren der Ju raze i t yon Stonesfield, Purbeck, Rocky- Mountains usw. : Spalacotherium, Amphitherium, Amblotherium, Perolestes, Achy- rodon, Triconodon, Triacanthodon, Tinodon usw. 1). Sie f inden sich oft bei den vorders ten Backz~hnen bei spi~teren S~ugetieren. Die h in te ren Baekz~hne bei allen spi~teren typ ischen S~ugetieren sind hSher entwiekelt . - - Die Zahnreihe des Unterkiefers s t eh t wie bei anderen Wirbel t ieren ein wenig n~her beieinander als die des 0berkiefers in Er innerung an die Zeit, wo der Unterkiefer gegen den Gaumen wirkte und der Oberkiefer eine ~ul3ere Einfassung bildete. Wenn der Mund sieh sehliel~t, scheuern die Backzi~hne des Unterkiefers ent lang der Innen- seite yon denen des Oberkielers. Jeder der h in te r s ten Backz~hne im Unterkiefer erhi~lt a uf seiner Aui~enseite und jeder yon den h in te rs ten im Oberkiefer auf seiner Innense i te zwei vorspr ingende Auswfichse, da, wo er an der h in te r s ten Spitze oder dem h in te r s ten Teil yon den vorhergehenden oder an der vorders ten Spitze von dem d~hinter s t ehenden dreispitzigen Zahn im entgegengesetzten Kiefer seheuert . Jeder der h in te r s ten Backz~hne ha t also 5 Spitzen, im Unter - kiefer 3 innere, ursprtingliehe und 2 ~u~ere, neu h inzugekommene, im Ober- kiefer umgekehr t , 3 i~uBere, urspriingliehe und 2 innere, neue. - - Beziiglieh der Unterkieferbaekz~hne ist diese Z~hnform allgemein verbre i te t un te r den Si~uge- tieren. Beziiglieh der oberen Baekz~hne f inden sie sich ~m deut l ichs ten bei einigen Beutel t ieren, z. B. Didelphys, Dasyurus, einigen Insektenfressern, z. B. Cladobates, Talpa, und den Fledermi~usen. Doch ist da sehon etwas Neues hinzu- gekommen. Die Zahnkrone ha t grSl~ere Breite gewonnen, innerha lb der 2 inneren Spitzen is t die Basis der Krone zu einem ,Absatz ' ausgedehnt , da, wo die i~ui~ersten Spi tzen der Unterkieferz~hne ihr entgegenwirken. Der R a n d des Absatzes is t e rhSht und heb t sich innen zu einer Spitze. Als deren Tr~ger ist eine neue Wurzel en ts tanden. Die Ursache ffir die st~rkere Zunahme der Ober- kieferz~hne gegeniiber denen des Unterkiefers is t wahrsehein]ieh die, dal~ sie im unbeweglichen Knoehen s tanden, wo die Bedingungen der E rn~hrung giin- stiger waren als in dem v e r h ~ l t n i s m ~ i g schmalen beweglichen Unterkie~er. - - Die Backz~hne des Unterkiefers verfolgen im wesent l ichen die Entwiek lung n icht weiter. Die Spitzen kSnnen sich etwas verschieben, betri~ehtlieh an M~ch- t igkeit zunehmen, niederer oder hSher, s tumpfer oder spi tzer werden, sich auf verschiedene Weise durch einen K a m m n~her verbinden. Der eine oder andere Teil kann fortfallen, t t~uf ig verschwindet die vorders te innere Spitze. Deren Arbei t wird i ibernommen dureh die h in ters te innere Spitze des vorangehenden Zahnes, we]ehe den StSl]er nach oben abgibt . So wird die Krone vierspitzig~).

1) Die meis ten der hier aufgeff ihrten Fo rmen sind bereits t r igonal (vier- spitzig), was WI~GE anscheinend n icht b e k a n n t war.

e) .Nicht zu verwechseln mi t dem urspri inglichen, vierspitzigen ~rigonalen Zahn! WI_~aE mein t hier den te t ra gonalen, ~-iereckigen Unterkieferzahn.

Page 4: Herluf winges verdienste um die vergleichende morphologie der säugetierzähne. (Nachtrag zu meiner arbeit über primitive säugetiergebisse.)

um die vergleiohende Morphologie der S~ugetierz~hne. 81

Aueh ein Zuwachs kann auf verschiedene Weise stattfinden, jede der 2 Wurzeln kann sich teilen usw. usw. Aber die Formen lassen sich leicht auf den fiinf- spitzigen Zahn mit 2 Wurzeln zuriickfiihren. Die hintersten Backz~hne des Oberklefers wachsen dagegen abermals bei den meisten S~ugetieren, indem auf der Innenseite etwas Neues hinzugeffigt wird. Der Absatz erweitert sieh zu hinters$ und innerst und bringt eine neue Spitze hinter der frfiheren hervor. Die 2 Spitzen des Absatzes stehen demnaeh innerhalb yon den 2 innersten der urspriinglichen 5. Die Wurzel des Absatzes kann sich in zwei teilen. Die Krone wird dureh ihr Waehstum so breit, dab die Unterkieferzahne zuletzt zu schmal sind, um den/~ul~eren Rand [ - - der Oberkieferz~hne - - ] zu beri~hren, wenn der Mund gesehlossen ist. Deshalb verkiimmern die 3 ursprfingliehen /~uf~ersten Spitzen und reduzieren sieh zu vorspringenden Kanten oder Leisten, ver- sehmelzen mit den n~chsten inneren Spitzen oder versehwinden. Jede Krone hat also wesentlich 4 Spitzen, 2 innere und 2 ~ul~ere. Ein solcher vierspitziger Oberkieferzahn mug einem vierspitzigen Unterkieferzahn in hohem Mal~e glei- ohen, aber er leitet sich yon dem urspriinglichen iiinfspitzigen Zahn auf eine ganz andere Weise ab, als der Unterkieferzahn. Im iibrigen k6nnen die Ober- kieferz/~hne zum Tell ~hnliehe Ver~nderungen durchmaehen wie die Unterkiefer- z/~hne."

I n seinen fo lgenden Ausf i ihrungen k o m m t WI~GE auf Zahnzah l u n d Zahnwechse l zu sprechen und f i ihr t d a n n seine - - m a n sollte sagen ,,F4n]slgitzen-Theorie" bei einer sehr groSen Anzah l yon Ga t tungen fi ir den 2 . - -5 . Baekzahn dureh. I n einer Tafel mi t ausgezeichneten Ab- b i ldungen benenn t er nach seiner Theorie noeh besonders die Zahn- sp i tzen von folgenden Ga t t ungen : Didelphys, Tallga, Crossopus, Erina- ceus, Macropus, Canis, Felis, Lemur, Macaeus, MuG Ovis, Equus. Auf diese Ausf t ihrungen, ebenso wie auf WI~GEs sp~teres W e r k : , , P a t t e d y r - S laegter" m6chte ich n ieh t eingehen, da hier keine n~here Beziehung mehr zum Gegens tand meiner eigenen Arbe i t bes teht .

Inwiewei t die Auffassung anderer und meine eigene yon WINGEs Dars te l lung abweieht , m i t ihr zusamment r i f f t oder fiber sie h inausgeht , k a n n nun jeder an der H a n d dieser Arbe i t en le icht selbst fes ts te l len. Es ve rd ien t aber besonders hervorgehoben zu werden, daft WI~G]~ n ieh t der damals a l lgemein ve rb re i t e t en Suggest ion unter lag, , ,die" Rept i l i en- spi tze mfisse in der jeweils auf fa l lends ten Spi tze des S~uget ierzahnes gesucht werden. E r versuchte im Gegentei l ernst l ieh, die E n t w i c k l u n g tier einzelnen Zahnsp i t zen auf mechanisehe Verh/£1tnisse, auf die Wechsel- wi rkung yon Ober- u n d Unterk ie fe r zuri iekzufi ihren.

Ganz besonders aber muft der sehr fr i ihe Z e i t p u n k t hervorgehoben werden, in dem seine A r b e i t e r s c h i e n . OsBo~N bezeichnet in seinem Buche yon 1907 das J a h r 1883 m i t dem Erscheinen yon COPES Arbe i t 1), die die Tr i tuberku l~r theor ie enthie l t , als die eigentl iche Gebur t s s tunde der vergle ichenden Morphologie der Z~hne. E r i s t d a m i t insofern zweifel- los im Reoht , als yon CoPes Arbe i t en eine aul~erordentl ieh anregende

1) Amerio. naturalist April 1883. Z. f. Morphol. u. 0kol . d. Tiere Bd. 6. 6

Page 5: Herluf winges verdienste um die vergleichende morphologie der säugetierzähne. (Nachtrag zu meiner arbeit über primitive säugetiergebisse.)

82 M. Hertz: Herluf Winges Verdienste um die vergleiehende Morphologie usw.

Wirkung ausging, die nicht auf die amerikanischen Forscher besehr~nkt blieb. Seit jenem Zeitpunkt besteht auf diesem Gebiet eine Tradition yon wetteifernder Arbeit, die bis heute nicht abrig. WINGE dagegen land ffir seine d~nisch geschriebene Arbeit allzuwenig Leser und auf diesem Gebiet anscheinend auch gar keinen Schiller und Naehfolger. Es kann abet ebenso kein Zweifel dariiber bestehen, dab er fast ein volles Jahr vor COPE eine wohl durchdachte, der Trituberkulartheorie auBerordentlieh nahestehende Theorie der Zahnentwicklung gab und mit groBer Grilnd]ichkeit die vergleichend-morphologische Betraehtnng der Zahne bereits fiir die ganze Klasse durchfilhrte.

Eine Untersuehung, inwieweit WI~GE seinerseits yon den frilheren Arbeiten CO~ES, HUXLEYS, KOWALEWSKYS, P~YDERS, ~OI~SYTII-MAJORS usw. abh~ingig ist, wilrde, wie ich glaube, zu welt filhren.

Ein entschiedener Fortschri t t in der AuflSsung unseres Problems kann erst erwartet werden, wenn das anscheinend sehr umfangreiche. hanpts~chlieh in Amerika befindliche mesozoische Material einer griind- lichen systematischen Bearbeitung resp. Neubearbeitung unterzogen scin wird. Mit dieser Aufgabe ist gegenw~rtig G. G. SI~PSO~ 1' be- seh~ftigt.

1) G. G. SrMPso~, Mesozoic Mammalia I u. II. American Journ. of Science Vol. X. Aug. Oct. Nov. 1925.