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B ereits Mitte der 90er Jahre hat die World Trade Organization (WTO) ein Übereinkommen verabschiedet, nach dem die technischen Barrieren des Han- dels international abgebaut werden sollen. Dies sind in erster Linie unterschiedliche technische Anforderungen, Standards oder Regelwerke. Auch die europäische Druckgeräterichtlinie (DRGL) hat diese Ziele. Sie soll den freien Warenverkehr technischer Produkte innerhalb des EU- Binnenmarkts gewährleisten und den Ab- bau von Handelshemmnissen fördern. Die American Society of Mechanical Engineers (ASME) hat sich immer als För- derer des freien Welthandels und des offe- nen Wettbewerbs verstanden. Eine ihrer Hauptaktivitäten besteht darin, die größt- mögliche Verbreitung des ASME-Codes in- ternational zu fördern. Der ASME-Code wird bereits in mehr als 70 Ländern welt- weit als Regelwerk akzeptiert, wenn es da- rum geht, die jeweiligen behördlichen Auflagen für die Herstellung von Druck- behältern, Dampfkesseln und Rohrleitun- gen zu erfüllen. In weiteren 40 Ländern ist der ASME-Code weitgehend akzeptiert, be- darf aber noch der Anerkennung der staat- lichen Behörden. In vielen dieser Länder wird der ASME-Code auch als Regelwerk angewendet. Von ASME wird dieser ame- Gemeinsam mit dem Construction- Code werden die Reference-Codes ange- wendet. Sie enthalten Angaben über das unter dem jeweiligen Construction-Code zugelassene Material (Section II, Part A – D), über die zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) (Section V) und über die Schweißtechnik (Section IX). Mit dem Construction-Code, Sec. VIII, Division 1 wird also die Druckbehälter- Herstellung geregelt. Er enthält keine Vorschriften zum Betrieb des Druckbehäl- ters oder zu wiederkehrenden Prüfungen. Auch innerhalb der EU wird mit dem endgültigen Inkrafttreten der DGRL ledig- lich die Herstellung der Druckgeräte gere- gelt. Der Betrieb sowie alle weiteren wieder- kehrenden Prüfungen sind in Europa un- abhängig von der Herstellungsprüfung. Sie werden innerhalb der Mitgliedsstaaten na- tional geregelt; in Deutschland geschieht dies seit dem 3. Oktober 2002 durch die Be- triebssicherheitsverordnung (BetrSichV). In den USA gibt es zwar die bereits er- wähnten Inservice ASME-Codes und au- ßerdem die Regeln vom National Board of Boiler and Pressure Vessel Inspectors, die als Orientierung für die wiederkehrenden Prüfungen dienen. Dennoch fehlen ein- heitliche, verbindliche Regeln und Prüffris- ten auf Bundesebene. Die rechtlichen Vor- Herstellung von Druckgeräten Gleichwertigkeitsbetrachtung zu einem nach ASME-Regelwerk gebauten Druckbehälter im Vergleich zur Druckgeräterichtlinie und Inbetriebnahme eines ASME-Behälters nach den Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung Ralf Merten, Düsseldorf Im Beitrag wird ein vergleichender Überblick über die wesentlichen Merkmale zweier relevanter Richtlinien zur Herstellung von Druckbehältern gegeben, dem amerikanischen ASME-Code und der europäischen Druckgeräterichtlinie. Er soll als Orientierungshilfe für Fachleute der Sicherheitstechnik dienen. Ausgehend von den jüngsten Entwicklungen bietet er darüber hinaus einen Ausblick, wie sich beide Systeme entwickeln könnten. rikanische Code mittlerweile als „Interna- tionaler Code“ deklariert. Durch diese Entwicklung haben sich zwei bedeutende Systeme (neben einigen nationalen Lösungen) für die Herstellung von Druckgeräten etabliert: Während in der EU seit einigen Jahren die DGRL ange- wendet wird, nutzen die USA, Kanada, Me- xiko sowie viele Länder Südamerikas, Asiens und Afrikas seit Jahrzehnten den ASME-Code. Zu welchen Problemen die Existenz der unterschiedlichen Systeme führen und wie der Problematik begegnet werden kann, wird im Folgenden auf- gezeigt. ASME-Code und ASME-Section VIII, Division 1 Druckbehälter Der ASME-Code gliedert sich in Con- struction-, Reference- und Inservice- Codes. Der Construction-Code, Sec. VIII, Division 1, auf den hier näher eingegangen wird, kommt immer dann zur Anwen- dung, wenn es sich um normale Druck- behälter mit einem Druckbereich von 15 psi (1,03 bar) bis zu 3000 psi (207 bar) han- delt. Die Section VIII, Division 2 und 3, bietet weiterführende alternative Berechnungs- regeln für spezielle Druckbehälter und für Behälter unter hohem Druck. Druckgeräte TÜ Bd.45 (2004) Nr.4 - April 33

Herstellung von Druckgeräten - · PDF fileASME-Code, Section VIII, Divison 1 und der Druckgeräterichtlinie, AD 2000, Modul G, für einen Kategorie-IV-Druckbehälter. Wesentliche

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Bereits Mitte der 90er Jahre hat die World Trade Organization (WTO) ein

Übereinkommen verabschiedet, nach dem die technischen Barrieren des Han-dels international abgebaut werden sollen. Dies sind in erster Linie unterschiedliche technische Anforderungen, Standards oder Regelwerke. Auch die europäische Druckgeräterichtlinie (DRGL) hat diese Ziele. Sie soll den freien Warenverkehr technischer Produkte innerhalb des EU-Binnenmarkts gewährleisten und den Ab-bau von Handelshemmnissen fördern.

Die American Society of Mechanical Engineers (ASME) hat sich immer als För-derer des freien Welthandels und des offe-nen Wettbewerbs verstanden. Eine ihrer Hauptaktivitäten besteht darin, die größt-mögliche Verbreitung des ASME-Codes in-ternational zu fördern. Der ASME-Code wird bereits in mehr als 70 Ländern welt-weit als Regelwerk akzeptiert, wenn es da-rum geht, die jeweiligen behördlichen Auflagen für die Herstellung von Druck-behältern, Dampfkesseln und Rohrleitun-gen zu erfüllen. In weiteren 40 Ländern ist der ASME-Code weitgehend akzeptiert, be-darf aber noch der Anerkennung der staat-lichen Behörden. In vielen dieser Länder wird der ASME-Code auch als Regelwerk angewendet. Von ASME wird dieser ame-

Gemeinsam mit dem Construction- Code werden die Reference-Codes ange-wendet. Sie enthalten Angaben über das unter dem jeweiligen Construction-Code zugelassene Material (Section II, Part A – D), über die zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) (Section V) und über die Schweißtechnik (Section IX).

Mit dem Construction-Code, Sec. VIII, Division 1 wird also die Druckbehälter-Herstellung geregelt. Er enthält keine Vorschriften zum Betrieb des Druckbehäl-ters oder zu wiederkehrenden Prüfungen.

Auch innerhalb der EU wird mit dem endgültigen Inkrafttreten der DGRL ledig-lich die Herstellung der Druckgeräte gere-gelt. Der Betrieb sowie alle weiteren wieder-kehrenden Prüfungen sind in Europa un-abhängig von der Herstellungsprüfung. Sie werden innerhalb der Mitgliedsstaaten na-tional geregelt; in Deutschland geschieht dies seit dem 3. Oktober 2002 durch die Be-triebssicherheitsverordnung (BetrSichV).

In den USA gibt es zwar die bereits er-wähnten Inservice ASME-Codes und au-ßerdem die Regeln vom National Board of Boiler and Pressure Vessel Inspectors, die als Orientierung für die wiederkehrenden Prüfungen dienen. Dennoch fehlen ein-heitliche, verbindliche Regeln und Prüffris-ten auf Bundesebene. Die rechtlichen Vor-

Herstellung von Druckgeräten

Gleichwertigkeitsbetrachtung zu einem nach ASME-Regelwerk

gebauten Druckbehälter im Vergleich zur Druckgeräterichtlinie

und Inbetriebnahme eines ASME-Behälters nach den Vorschriften

der Betriebssicherheitsverordnung

Ralf Merten, Düsseldorf

Im Beitrag wird ein vergleichender Überblick über die wesentlichen Merkmale zweier relevanter

Richtlinien zur Herstellung von Druckbehältern gegeben, dem amerikanischen ASME-Code und der

europäischen Druckgeräterichtlinie. Er soll als Orientierungshilfe für Fachleute der Sicherheitstechnik

dienen. Ausgehend von den jüngsten Entwicklungen bietet er darüber hinaus einen Ausblick, wie

sich beide Systeme entwickeln könnten.

rikanische Code mittlerweile als „Interna-tionaler Code“ deklariert.

Durch diese Entwicklung haben sich zwei bedeutende Systeme (neben einigen nationalen Lösungen) für die Herstellung von Druckgeräten etabliert: Während in der EU seit einigen Jahren die DGRL ange-wendet wird, nutzen die USA, Kanada, Me-xiko sowie viele Länder Südamerikas, Asiens und Afrikas seit Jahrzehnten den ASME-Code. Zu welchen Problemen die Existenz der unterschiedlichen Systeme führen und wie der Problematik begegnet werden kann, wird im Folgenden auf-gezeigt.

ASME-Code und ASME-Section VIII, Division 1 Druckbehälter Der ASME-Code gliedert sich in Con-

struction-, Reference- und Inservice- Codes. Der Construction-Code, Sec. VIII, Division 1, auf den hier näher eingegangen wird, kommt immer dann zur Anwen-dung, wenn es sich um normale Druck-behälter mit einem Druckbereich von 15 psi (1,03 bar) bis zu 3000 psi (207 bar) han-delt.

Die Section VIII, Division 2 und 3, bietet weiterführende alternative Berechnungs-regeln für spezielle Druckbehälter und für Behälter unter hohem Druck.

Druckgeräte

TÜ Bd.45 (2004) Nr.4 - April 33

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schriften für die wiederkehrenden Prüfun-gen werden von den einzelnen Bundesstaa-ten erlassen. Der Einfluss der Versiche-rungsgesellschaften auf die Prüffristen ist dabei nicht unerheblich.

Wenn ein Hersteller sich nach dem ASME-Code zertifizieren lassen möchte, muss er einen Vertrag mit einer Authorized Inspection Agencies (AIA) abschließen. Die AIA sind aus Versicherungsgesellschaften hervorgegangen, die in den USA Kesselver-sicherungen abgeschlossen haben. Zurzeit gibt es neben den Versicherungsgesell-schaften aber auch Behörden der Bundes-staaten (USA) oder der Provinzen (Kanada), die die Aufgaben als AIA übernehmen.

Die AIA stellt für den Hersteller den Kon-takt zu ASME her und unterstützt ihn bei der Einführung und Umsetzung eines Qua-litiy Control Manuals (QCM), das zur Ein-führung und Umsetzung des ASME- Codes zwingend vorgeschrieben ist. Außerdem führt sie gemeinsam mit einem ASME- Repräsentanten das Joint Review, das Zerti-fizierungsaudit, durch. Alle drei Jahre muss diese Zertifizierung wiederholt werden. Die Abnahmen der in Einzelfertigung her-gestellten Druckbehälter hingegen werden von einem Authorized Inspector (AI), der Mitarbeiter der AIA ist, beim Hersteller vor-genommen.

Für das fertige Druckgerät bescheinigt der Hersteller, dass alle Anforderungen aus der jeweiligen Section des ASME-Code bei der Herstellung eingehalten wurden. Das wird nicht nur im Datenbericht des Herstellers dokumentiert, sondern auch mithilfe des U-Stamp (für Section VIII, Divi-sion 1) auf dem Firmenschild des Druck-behälters bescheinigt. Zwar bringen Her-steller und Authorized Inspector diesen Stamp gemeinsam an, doch ist der Herstel-ler der Stamp Holder und nicht der In-spector. Als Besonderheit ist zu beachten, dass auch Druckbehälter, die nicht unter die Section VIII, Division 1 fallen, aber alle Anforderungen dieses Codes erfüllen, mit dem U-Stamp gekennzeichnet werden dür-fen.

Vergleich ASME-Code Section VIII, Division 1 und DGRL/ AD 2000 Modul G Seit dem 29. Mai 2002 müssen Druck-

geräte, die innerhalb der EU in Betrieb ge-hen, die Anforderungen der DGRL erfüllen. Da deren Aussagen eher allgemein sind, kommen für die Herstellung von Druck-geräten verschiedene Regelwerke zur An-wendung. Für Druckbehälter kommen z. B. die EN 13445 in Frage, oder das französische CODAP 2000, das deutsche AD 2000-Regel-

werk sowie der ASME- Code. Bei Anwen-dung des ASME-Codes sind im Gegensatz zu den europäischen Regelwerken weitere Prüfungen erforderlich, um sicherzustel-len, dass der Behälter die Vorschriften der DGRL erfüllt.

Tabelle 1 zeigt eine Gegenüberstellung der wichtigsten Anforderungen aus dem ASME-Code, Section VIII, Divison 1 und der Druckgeräterichtlinie, AD 2000, Modul G, für einen Kategorie-IV-Druckbehälter.

Wesentliche Unterschiede ASME/DGRL Der Vergleich zeigt, dass es durchaus

möglich ist, innerhalb der DGRL das ASME-Regelwerk vollständig anzuwenden. Aller-dings erfüllt der ASME-Code die Vorschrif-ten der DGRL nicht ganz. Wie aus der Ta-belle zu erkennen ist, müssen weitere Anfor-derungen erfüllt werden: a) Berechnung Gemäß AD-Regelwerk wird die zulässige Spannung durch die Division der Streck-grenze des entsprechenden Materials durch den Faktor 1,5 ermittelt. Für die Berech-nung bei Minustemperaturen ist AD-W10 zu beachten. Die DGRL, Anhang I, Kapitel 7.1.2, gibt zu AD-Regelwerk und ASME-Code unterschiedliche Berechnungsregeln und -formeln an. Im ASME- Regelwerk wird

ASME Sec. VIII, Div. 1 DGRL/AD 2000/Modul G

Technische Unterlagen die beinhalten:Entwurf/BerechnungWerkstoffeSchweißverbindungen

werden vom Hersteller angefertigtAI überprüft die Unterlagen

werden vom Hersteller angefer-tigt und von der Benannten Stelle überprüft, Entwurfsprüfung ist zwingend vorgeschrieben

Prüfung während der Herstellung Hersteller gemäß QCM und AI Hersteller/Benannte Stelle

Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) Hersteller/AI überprüft Hersteller/anerkannte unabhängi-ge Prüfstelle

Personal für die Zerstörungsfreie Prüfung

Hersteller/AI überprüft Benannte Stelle/anerkannte unabhängige Prüfstelle

Schweißerqualifi kationSchweißverfahrensprüfungWPS

Hersteller/AI überprüft Benannte Stelle/anerkannte unabhängige Prüfstelle

Qualitätshandbuch undQualitätssystem

Hersteller führt QCM ein, ASME und AIA und AI überprüfen

Einzelabnahme des fertigen Produkts

Schlussprüfung und Druckprüfung Hersteller und AI Hersteller und Benannte Stelle

Anhang 1, GrundlegendeSicherheitsanforderungen

– Hersteller

Gefahrenanalyse – Hersteller/Benannte Stelle überprüfen

Betriebsanleitung für Installation, Operation, Instandhaltung

– Hersteller/Benannte Stelle überprüfen

Erstellen der Konformitätserklärung Hersteller und AI, Konformität zu ASME

Hersteller

Erstellen der Konformitäts-bescheinigung

Hersteller bescheinigt Konformität zu ASME im MDR, AI zeichnet gegen

Benannte Stelle

Beschreibung des Druckbehälters – Hersteller/Benannte Stelle überwachen

Anbringen des CE-Kennzeichens – Hersteller

Anbringen der CE-Kenn-Nummer – Benannte Stelle

Fabrikschild U-Stamp CE-Zeichen und Nummer von Benannter Stelle

Tabelle 1 Vergleich der Anforderungen nach ASME und DGRL.

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die zulässige Spannung ermittelt, indem die Kennzahl für die Zugfestigkeit des ent-sprechenden Materials durch den Faktor 3,5 dividiert wird (bis 1999 wurde der Faktor 4,0 verwendet). Allerdings gibt es Ausnah-men dazu, z. B. wird für Schrauben der Fak-tor 5 verwendet. Das im Druckbehälterbau weit verbreitete Blech SA 516-70 (Erzeugnis-dicke < 16 mm), entsprechend P295GH (DIN EN 10028-2) oder 17Mn4 (frühere Be-zeichnung nach DIN 17155) hat die in Ta-

belle 2 aufgeführten Kennwerte. Daraus ist zu erkennen, dass die erforderlichen Wand-dicken nach ASME-Code stärker ausfallen als nach AD-2000-Regelwerk. b) Werkstoffe

Materialbelegung: Wird der ASME-Code innerhalb der DGRL komplett angewendet, so ist das Abnahmeprüfzeugnis 3.1B für das ASME-Material ausreichend. Wird ASME-Material innerhalb des AD-2000- Regel-werks im Rahmen der DGRL verwendet, so ist für das Material ein Einzelgutachten (Particular Material Appraisal, PMA) für den jeweiligen Anwendungsfall erforder-lich. Bei Druckbehältern der Kategorie III und IV ist das PMA von der Benannten Stelle zu erstellen. Wird ein Druckbehälter ausschließlich auf der Basis des ASME-Codes geprüft, so ist nur für die Bleche ein Materialtestbericht (MTR) vom Blechher-steller erforderlich. Halbzeuge, Rohre und Fittings benötigen kein MTR. In diesem MTR müssen folgende Punkte enthalten sein: Blechhersteller, Spezifikation, Grade, Schmelze Nummer, Testnummer. Damit entspricht dieses MTR dem europäischen 3.1B Zeugnis. Wird ausschließlich die DGRL angewendet, so ist bei Herstellern mit einem produktspezifischen Qualitäts-system (QS) ein 3.1B-Zeugnis des Herstel-lers ausreichend, ein QS-Zertifikat muss aber vorhanden sein. Für alle Hersteller ohne produktspezifisches QS-System ist ein 3.1C- Zeugnis der Benannten Stelle erfor-derlich. Materialeigenschaften: Kerbschlagbie-geversuche sind für das o. a. Blech nicht vorgesehen (ASME Code Section VIII, UG-20(f): No impact test). Des weiteren schreibt die UG-20(f) vor, unter welchen Bedingungen von einem Kerbschlagbiege-versuch abgesehen werden kann:

c) ZfP und ZfP-Personal Nach dem ASME-Code ist ein Test durch

unabhängige Dritte für die Qualifikation des ZfP-Personals nicht erforderlich. Das ZfP-Personal soll nach der Richtlinie SNT-TC-1A qualifiziert sein. Es gibt Prüfer des Le-vels 1, 2, und 3. Der AI hat jederzeit die Be-rechtigung und die Aufgabe, die Qualifika-tion des ZfP-Personals zu überprüfen. Die Verantwortung für die Qualifizierung des ZfP Personals liegt beim Hersteller.

Die DGRL schreibt hingegen vor, das Per-sonal nach EN 473 von einer Benannten Stelle oder einer anerkannten unabhängi-gen Prüfstelle qualifizieren zu lassen. Zu-sätzlich ist bei Anwendung des AD-2000- Regelwerks AD HP 4 und AD HP 5/3 zu erfül-len. d) Schweißerqualifikation, Schweiß -

verfahrensprüfung Der ASME-Code sieht vor, dass Schwei-

ßer- und Verfahrensprüfungen eigenver-antwortlich vom Hersteller durchge -führt werden, der AI überprüft diese nur stichprobenweise. Die Verfahrensprüfun-gen erfassen nicht den gesamten Wär-meeinflussbereich. Die DGRL hingegen schreibt vor, dass die Schweißerqualifika-tion nach EN 287 und die Schweißverfah-rensprüfung nach EN 288 geprüft werden muss. Die Qualifizierung erfolgt zusammen mit der Benannten Stelle. Zusätzlich ist bei Anwendung des AD-2000-Regelwerks AD HP 2/1, AD HP 3 und AD HP 5/2 zu erfüllen. e) Druckprüfung

Gemäß ASME-Code, Section VIII, Div. 1: 1,3 · maximal zulässiger Betriebsdruck · · STesttemperatur/SDesigntemperatur Gemäß DGRL: Der höhere Wert von 1,43 · maximal zuläs-siger Betriebsdruck bzw. 1,25 · maximal zulässiger Betriebsdruck ·

· KPrüftemp./KBerechnungstemp (AD HP 30). Damit kann es zu unterschiedlichen

Prüfdrücken kommen, je nachdem, ob nach dem ASME-Code oder der DGRL ge-prüft wurde. f) Genereller Unterschied

Bei der Prüfung nach dem ASME-Code wer-den die Druckbehälter nur bis zum ersten Flansch oder bis zur ersten Stutzenschweiß-naht betrachtet. In der DGRL-Prüfung ge-

● das Material ist der Gruppe P1 zuzuord-nen (wie z. B. das SA 516–70), ● eine bestimmte Materialdicke darf nicht überschritten werden, ● der fertige Behälter muss einer Wasser-druckprobe unterzogen werden, ● die Design-Temperatur ist nicht höher als 650 °F (343 °C) und nicht tiefer als –20 °F (-29 °C), ● thermische oder mechanische Schock-beanspruchungen und Schwellbeanspru-chungen sind nicht zu berücksichtigen.

Ein weiterer Ausschlussfaktor für den Kerbschlagbiegeversuch ist die Material -dicke und die Minimaltemperatur für die Berechnung. Im Gegensatz zu den Vor-schriften der DGRL wird bei der Prüfung nach ASME-Code ein Nachweis über die Kerbschlagzähigkeit nicht immer verlangt. Ist er doch vorgeschrieben, ist ein Vergleich mit dem europäischen Kerbschlagbiegever-such schwierig, da Probeformen und Kerb-schlaghammer unterschiedlich sind. Um-rechnungsfaktoren existieren aber. Auch für den Zugversuch werden unterschied -liche Probeformen verwendet. Damit sind die Ergebnisse nicht mit denen der europäi-schen Materialien vergleichbar. Materialanerkennung: Bei der Anwen-dung der DGRL gibt es drei Möglichkeiten zur Materialanerkennung: ● Verwendung von Material entsprechend europäischer harmonisierter Norm, ● Verwendung von Einzelgutachten (PMA) für den Werkstoff (bei Kategorie III- und IV- Druckgeräten durch die Benannte Stelle), ● Europäische Werkstoffzulassung.

Laut ASME-Code sind Materialien zuge-lassen, sobald sie im Construction-Code veröffentlicht sind, z. B. in der Section VIII, Division I in den Tabellen UCS-23, UHA-23 und wenn die Festigkeitskennwerte in der Section II, Part D aufgeführt sind.

Die weit verbreiteten europäischen Werk-stoffe P295GH (EN 10028-2) und P275NH (EN 10028-3) sind in der Section VIII, Divi-sion 1, Adenda 2003 in der Tabelle UCS-23 aufgeführt.

Der ASME-Code gestattet auch die An-wendung von Nicht-ASME-Material. In UG-4 und UG-10 sind die Bedingungen be-schrieben, die für die Verwendung von Nicht-ASME-Material einzuhalten sind.

SA 516-70 AD 2000 und EN 10028-2 ASME Code Section II, Part D

Zugfestigkeit 460–580 N/mm2 70 ksi = 483 N/mm2

Streckgrenze 295 N/mm2 38 ksi = 262 N/mm2

Zulässige Spannung 196 N/mm2 20 ksi = 138 N/mm2

Tabelle 2 Kennwerte von SA 516-70 nach AD 2000 und ASME.

Druckgeräte

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Druckgeräte

hören u. U. auch die anschließenden Rohr-leitungen zur Gesamtbetrachtung, falls es sich z. B. um Druckbehälteranlagen/Bau-gruppen handelt.

Prüfungen gemäß Druckgeräte-verordnung und BetrSichV Die Rechtsgrundlagen für das Inverkehr-

bringen von Druckgeräten und Baugrup-pen mit einem maximal zulässigen Druck von über 0,5 bar sind die Druckgerätever-ordnung (14. GSGV) vom 27. September 2002 und die Betriebssicherheitsverord-nung (BetrSichV) vom 27. September 2002. a) Inverkehrbringen

Die Voraussetzungen für das Inverkehrbrin-gen sind zusammengefasst gemäß Druck-geräteverordnung § 4: ● Erfüllung der technischen Anforderun-gen (Einstufung), Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der DGRL 97/23/EG, ● Kennzeichnung nach Anhang I Nr. 3.3 DGRL, ● CE-Kennzeichnung, § 5 Abs. 1 und 3 DGRL, ● Konformitätserklärung, Anhang VII DGRL, ● Dokumentation, Anhang I Nr. 3.3 DGRL, ● Betriebsanleitung in deutscher Sprache, Anhang I Nr. 3.4 DGRL. b) Prüfung vor Inbetriebnahme,

§ 14 BetrSichV

Der Anwendungsbereich der BetrSichV er-streckt sich u. a. auf „Druckbehälteranlagen

..., die Druckgeräte im Sinne des Artikels 1 der

Richtlinie 97/23/EG … sind“ (BetrSichV § 1 (2))

Hierzu ein konkretes Praxisbeispiel: Es handelt sich um eine verfahrenstechnische Anlage, die aus mehreren Baugruppen be-steht. Jede Baugruppe beinhaltet Rohrlei-tungen (Kategorie III), Druckbehälter (Ka-tegorie IV), druckhaltende Ausrüstungs-teile und Ausrüstungsteile mit Sicherheits-funktion. Die Baugruppen waren bereits auf Grundrahmen montiert, als sie aus den USA zu einem Betreiber nach Deutschland geliefert wurden. Der Zusammenschluss der einzelnen Baugruppen durch Rohrlei-tungen erfolgte auf der Baustelle. Die Kom-ponenten der Baugruppe waren nach ASME-Code hergestellt worden. Der Her-steller in den USA hatte für jede Baugruppe die Konformität erklärt, die zugekauften Druckbehälter hatte er von seinem Unter-lieferanten mit CE-Kennzeichnung erhal-ten. Die von dem Hersteller selbst gefertig-ten Druckbehälter jedoch hatten keine CE-Kennzeichnung. Die Benannte Stelle in den USA hat zu jeder einzelnen Baugruppe und für die Gesamt-Baugruppe die Konfor-mitätsbescheinigung ausgestellt. Damit

sind sowohl für die Baugruppe als auch für die einzelnen Druckbehälter die Vorschrif-ten für das Inverkehrbringen und die Inbe-triebnahme gemäß BetrSichV eingehalten.

Die Prüfung vor Inbetriebnahme wird von einer zugelassenen Überwachungs-stelle (ZÜS) nach § 14 BetrSichV durch-geführt. Dabei wird der ordnungsgemäße Zustand hinsichtlich der Montage, der In-stallation, den Aufstellungsbedingungen und der sicheren Funktion geprüft.

Der Betreiber der Anlage „hat die Prüffris-

ten der Gesamtanlage und der Anlagenteile auf

der Grundlage einer Sicherheitstechnischen Be-

wertung zu ermitteln“. Das muss innerhalb von sechs Monaten nach der Inbetrieb-nahme geschehen. Die ZÜS überprüft die vom Betreiber ermittelten Prüffristen für die Anlagenteile und die Gesamtanlage. Die Anlageteile sind in diesem Fall Druck-behälter, die nach ASME-Code gebaut wur-den und deren Konformität als Bestandteil einer Baugruppe bereits bescheinigt wurde.

ASME-Druckbehälter, die auch die Kon-formität mit der DGRL erfüllen, können ge-nauso behandelt werden wie DGRL-Druck-behälter. Es sind jedoch die Randbedingun-gen zu berücksichtigen, wie z. B. Aus-legungskriterien, mitgelieferte QS-Doku-mentation, zu erwartende betriebliche Fak-toren und das Ergebnis der Prüfung vor In-betriebnahme. c) Wiederkehrende Prüfungen,

§ 15 BetrSichV Für Anlagen, die nach dem 1. Januar 2003

in Betrieb gehen, sind die Anforderungen der BetrSichV § 15, Abs. 1 und 2 bis zum 31. Dezember 2005 zu erfüllen. Für Anlagen, die bereits vor dem 1. Januar 2003 über-wachungsbedürftig waren, sind die Be-triebsvorschriften der BetrSichV bis spätes-tens 31. Dezember 2007 anzuwenden.

Für beide Fälle bedeutet dies: ● eine sicherheitstechnische Bewertung muss durchgeführt werden, ● Ermittlung der Prüffristen durch den Be-treiber, ● Überprüfung der Prüffristen durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS), ● Mitteilung der Prüffristen an die zustän-dige Behörde unter Anfügung anlagenspe-zifischer Daten, ● wiederkehrende Prüfung nach BetrSichV unter Beachtung der Höchstfristen.

Fazit und Ausblick Druckbehälter, die nach ASME- Code ge-

baut und geprüft wurden, können inner-halb der EU nur in Betrieb genommen wer-den, wenn sie auch gleichzeitig die Anfor-derungen der DGRL erfüllen. Die gegensei-tige Anerkennung von Druckgeräten und

der Abbau von Handelshemmnissen zwi-schen den Ländern, die den ASME-Code ak-zeptieren, und denen, die die DGRL als Ge-setz eingeführt haben, funktioniert. Die Handelshemmnisse in Europa sind abge-baut worden. Der freie Warenverkehr zwi-schen den Mitgliedsstaaten der EU ist all-tägliche Praxis.

Hürden und Beschränkungen gibt es aber nach wie vor. Sie entstehen, wenn mit dem CE-Zeichen gekennzeichnete Druckgeräte in Nordamerika oder aber, wenn ASME-Druckgeräte, die nicht die DGRL erfüllen, in der EU in Betrieb gehen sollen.

Am 2. Juli 2001 hat ASME den Annex Z, Guide for ASME Stamp Holders, Use of ASME Section VIII, Division 1 to Meet the EC Pressure Equipment Directive (92/23/ EC), herausgegeben. Dieser Guide soll Her-stellern, die von ASME zertifiziert wurden, als Handlungsrichtlinie dienen, wenn sie ihre Druckgeräte konform mit der DGRL bauen möchten.

Im Jahr 2002 hat ASME damit begonnen, den Code Section VIII, Division 2 zu überar-beiten und zu aktualisieren. Erste Ergeb-nisse wurden während des letzten ASME- Seminars in Mailand im November 2003 präsentiert.

Da endgültige Resultate noch nicht vor-liegen, lässt sich nur vermuten, in welche Richtung ASME sich derzeit orientiert: Ent-scheidend für die Annäherung beider Richtlinien ist der Gebrauch von ASME- Material ohne zusätzlichen Kerbschlagbie-geversuch, die Schweißerqualifikation und die gegenseitige Anerkennung der Qualifi-kation von ZfP-Personal. ASME ist sehr be-müht, seinen Herstellern weiterzuhelfen, was die Erfüllung der Anforderungen der DGRL angeht. Wenn tatsächlich eine An-näherung von ASME an die europäische DGRL realisiert würde, so hätte das vermut-lich starke Auswirkungen auf die weitere Verbreitung des ASME-Codes in Europa.

TÜ 460

Dipl.-Ing. Ralf Merten ist Sachverständiger und ASME-Inspektor bei der TÜV Rhein-land Group, in der TÜV Industrie Ser-vice GmbH, Düssel-dorf.