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W. WILBRANDT U. R. CAVIEZEL: Herzglykosidwirkung und Ionen-Transporte. 203 Die Befunde mit TMA,C 6 und Nicotin sprechen nach unserer Meinung fiir eine ganglion~re Wirkung der Herzglykoside: Die Bradycardie in den Anfangsstadien der Digitalisintoxikation wird somit als eine Sensibili- sierung intramuraler parasympathischer Ganglien fOx Ac. vielleicht im Sinne einer Herabsetzung des Ruhepotentials der Ganglienzellen er- kl~rt. Literatur. BUROENand TERROUX:J. of Physiol. 120, 449 (1953). - - KONZETT et ROTHLI~ : Arch. internat. Pharmacodynamie 89, 343 (1952). -- PATOI~and PERRY: J. of Physiol. 119, 43 (1953). - - PERRY and TALESNIK: J. of Physiol. 119, 455 (1953). D$8~u885on. E. WESTERMANI~ (Frankfurt) : Die Befunde yon PERRY und REI- NERTmachen es wahrseheinlieh, daft die negativ ehronotrope Wirkung der Digitalis- glykoside auf einer erh6hten Empfindiiehkeit intramuraler parasympathischer Ganglien im Herzen gegen Acetylcholin beruht, m6glicherweise dutch ~nderung des Membranpotentials. Fiir die Membranwirkung der Digitalisglykoside spr~chen such eigene Befunde. Versuehe am indirekt gereizten M~usezwerchfell ergaben, dal} weder geringe noch hohe Digitalisgaben einen EinfluB auf die neuromuskul~re ?,~bertragung haben. Es liel3 sieh jedoch zeigen, dab g-Strophanthin (1 : 10 ~) die Depression depolarisierend wirkender Substanzen (Aeetylcholin, Sueeinyleholin und Decamethonium) ver- st~rkte und sieh antagonistiseh gegeniiber dem stabilisierend auf das Membran- potential wirkenden d-Tuboeurarin und Flaxedil verhielt. Eine nennenswerte Cholinesterasehemmung des g-Strophanthin lieB sich unter vergleiehbaren Versuchs- bedingungen aussehlie~en. Aueh Digoxin und Digitoxin verst&rken die Deea- methoniumwirkung und verhalten sich antagonistiseh gegeniiber der d-Tuboeurarin- wirkung, w~hrend sich mit anderen SterinkSrpern (Natriumtauroeholat und Testo- viron) keine ghnlieher Synergismus bzw. Antagonismus naehweisen lieB. Auf Grund dieser Befunde kann man annehmen, dal~ Digitalisglykoside eine Membranwirknng ,,im Sinne einer Depolarisation" haben, eine Eigenschaft, die nieht auf einer Cholin- csterasehemmung beruht und nieht allein dem Sterinskelet zukommen kann. Schluflwort. REINERT : Eine Wirkung der Herzglykoside auf die Cholinesterase kann naeh den Befunden mit TMA ausgesehlossen werden. -- Die Herzglykoside besitzen sicher keine depolarisierende Wirkung, da ihnen die gangliongr erregende Eigenschaft depolarisierender Substanzen fehlt. Neben der MSglichkeit, daI~ sie das Ruhepotential der ~Ganglienzelle herabsetzen, ist vielleicht such eine Erh6hung der Leitungsgesehwindigkeit in der postganglionfixen Faser anzunehmen. W. WH,BRA~T und It. CAVIEZEL (Bern): Herzglykosidwirkung und Ionen-Transporte bei Erregung und Erholung. Die Frage, ob die tterzglykoside am Erregungsvorgang oder am Kontraktionsvorgang (oder an beiden) angreffen, ist nicht gekl~rt. An- zeichen fox einen Angriffspunkt auf der Erregungs- (oder Erholungs-) seite mehren sich jecloch 7. Die Beteiligung der Na%rium-Ionen am ErregungsprozeB im Nerven wurde yon HODGKIN U. HUXLEY a zun~chst aus der Beobachtung ab- geleite¢, dab Variation der Natrium-Ionen-Konzentration das Aktions-

Herzglykosidwirkung und Ionen-Transporte bei Erregung und Erholung

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W. WILBRANDT U. R. CAVIEZEL: Herzglykosidwirkung und Ionen-Transporte. 203

Die Befunde mit TMA,C 6 und Nicotin sprechen nach unserer Meinung fiir eine ganglion~re Wirkung der Herzglykoside: Die Bradycardie in den Anfangsstadien der Digital isintoxikation wird somit als eine Sensibili- sierung intramuraler parasympathischer Ganglien fOx Ac. vielleicht im Sinne einer Herabse tzung des Ruhepotent ia ls der Ganglienzellen er- kl~rt.

Literatur. BUROEN and TERROUX: J. of Physiol. 120, 449 (1953). - - KONZETT et ROTHLI~ :

Arch. internat. Pharmacodynamie 89, 343 (1952). - - PATOI~ and PERRY: J. of Physiol. 119, 43 (1953). - - PERRY and TALESNIK: J. of Physiol. 119, 455 (1953).

D$8~u885on. E. WESTERMANI~ (Frankfurt) : Die Befunde yon PERRY und REI- NERT machen es wahrseheinlieh, daft die negativ ehronotrope Wirkung der Digitalis- glykoside auf einer erh6hten Empfindiiehkeit intramuraler parasympathischer Ganglien im Herzen gegen Acetylcholin beruht, m6glicherweise dutch ~nderung des Membranpotentials.

Fiir die Membranwirkung der Digitalisglykoside spr~chen such eigene Befunde. Versuehe am indirekt gereizten M~usezwerchfell ergaben, dal} weder geringe noch hohe Digitalisgaben einen EinfluB auf die neuromuskul~re ?,~bertragung haben. Es liel3 sieh jedoch zeigen, dab g-Strophanthin (1 : 10 ~) die Depression depolarisierend wirkender Substanzen (Aeetylcholin, Sueeinyleholin und Decamethonium) ver- st~rkte und sieh antagonistiseh gegeniiber dem stabilisierend auf das Membran- potential wirkenden d-Tuboeurarin und Flaxedil verhielt. Eine nennenswerte Cholinesterasehemmung des g-Strophanthin lieB sich unter vergleiehbaren Versuchs- bedingungen aussehlie~en. Aueh Digoxin und Digitoxin verst&rken die Deea- methoniumwirkung und verhalten sich antagonistiseh gegeniiber der d-Tuboeurarin- wirkung, w~hrend sich mit anderen SterinkSrpern (Natriumtauroeholat und Testo- viron) keine ghnlieher Synergismus bzw. Antagonismus naehweisen lieB. Auf Grund dieser Befunde kann man annehmen, dal~ Digitalisglykoside eine Membranwirknng ,,im Sinne einer Depolarisation" haben, eine Eigenschaft, die nieht auf einer Cholin- csterasehemmung beruht und nieht allein dem Sterinskelet zukommen kann.

Schluflwort. REINERT : Eine Wirkung der Herzglykoside auf die Cholinesterase kann naeh den Befunden mit TMA ausgesehlossen werden. - - Die Herzglykoside besitzen sicher keine depolarisierende Wirkung, da ihnen die gangliongr erregende Eigenschaft depolarisierender Substanzen fehlt. Neben der MSglichkeit, daI~ sie das Ruhepotential der ~Ganglienzelle herabsetzen, ist vielleicht such eine Erh6hung der Leitungsgesehwindigkeit in der postganglionfixen Faser anzunehmen.

W. WH,BRA~T und It. CAVIEZEL (Bern): Herzglykosidwirkung und Ionen-Transporte bei Erregung und Erholung. Die Frage, ob die t terzglykoside am Erregungsvorgang oder am

Kont rak t ionsvorgang (oder an beiden) angreffen, ist nicht gekl~rt. An- zeichen fox einen Angriffspunkt au f der Erregungs- (oder Erholungs-) seite mehren sich jecloch 7.

Die Beteiligung der Na%rium-Ionen am ErregungsprozeB im Nerven wurde yon HODGKIN U. HUXLEY a zun~chst aus der Beobachtung ab- geleite¢, dab Variat ion der Na t r ium-Ionen-Konzen t ra t ion das Aktions-

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Potential in gesetzm~l~iger Weise beeintiuBt. Wir haben versucht, einen ghnlichen Weg in der Frage der Herz-Glykosid-Wirkung einzusehlagen, n~mlich zu priifen, ob diese Wirkung in charakteristischer Weise yon der Konzentration der Ionen abh~ngt, deren Transport dutch die Zell- membran Erregung und Erholung charakterisiert.

Methode. Es wurde haupts~chlich das isotonisch arbeitende, elek- trisch getriebene Frosch-Ventrikel-Priiparat mit Volumregistrierung, in einigen Versuchen auch das auxotonisch arbeitende spontan schlagende Meerschweinchen-Vorhof-Pri~parat* benfitzt. (Eine Darstellung der An- ordnung ffir die Volumregistrierung erfolgt an anderer Stelle.) Einwir- kung des Glykosids und Testung der eingetretenen Wirkung erfolgten ge- trennt: Einwirkung in einer ersten Phase E mit variablen Ionen-Konzen- trationen, Testung in einer zweiten Phase T mit standardisierten Ionen- Konzentrationen (unter Calcium-Mangel). Alle im folgenden erwghnten ~mderungen 4er Ionen-Konzentrationen beziehen sieh auf E. Die Wir- kung wurde folgendermaBen gemessen und bezeichnet: HubhShe (beim Frosch-Ventrikel ~ Schlagvolumen) wi~hrend Vorperiode in Normal RINOER = H o, wfi~hrend T = HT. Relative HubhShe = H a ---- HT/Ho. Prozentuale Wirkung des Glykosids (oder einer modifizierten R~OER- LSsung ohne Glykosid) ---- (HRII - - H R I ) / H R I . 100 = W (I vet der Ein- wirkung der zu prfifenden LSsung, II nachher). ])as verwendete Herz- glykosid war k-Strophanthin (Strophosid Sandoz), das in einer Konzen- tration yon 0,3--1,0 7/ml 1 min lang aufd~s Pr~parat einwirkte, und dann (vor T) wieder entfernt wurde.

Resultate. Die meistenVersuche wurden am Frosch-Ventrikel dureh- geffihrt, einige (K-Mangel und Ca-Mangel) auch am Meerschweinehen- Vorhof. Die Resultate waren:

1. Die Strophantosid-Wirkung wird versti~rkt durch K-Mangel und Ca-~berschuB, abgeschw~cht dutch Ca-Mangel und K-(J~berschuB. Quantitativ am st~rksten ist tier EinfluB K-freier RI~GER-LSsung, der die Strophantosid-Wirkung verachtfachte.

2. K-Mangel und Ca-(~berschuB k6nnen (bei dem yon uns verwende- ten Kriterium) selbst herzglykosid-~hnliche Wirkungen ausl6sen, die aber schwi~cher sind als diejenigen des Glykosids in der gleichen LSsung. Ca-Mangel und K-]~berschuB wirken antagonistisch.

Besprechung. Die Resultate berfihren sich mit denjenigen von SZ~.NT- GY6ROYI, der am Frosch-Ventrikel mit dem Kriterium der BOWDITCH- sehen ,,Treppe" ebenfalls gleichgerichtete Wirkungen yon Herzglykosid und K-armen L6sungen land (Unterdrfickung der Treppe). Er schloB, dab die Treppe auf der Kalium-Aufnahme in die Faser w~hrend der Er-

* Fiir die Einfiihrung in die Methode shad wir Herrn Prof. It. BURN ZU Dank verpflichtet.

Herzglykosidwirkung und Ionentransporte bei Erregung und Erholung. 205

holung beruht und dab Herzglykosi4 diese Aufnahme hemmt. SCHATZ- •A•N e fand in der Tat am Erythrocyten, da6 Herzglykosid den offenbar analogen ProzeB der Natrium-HerausbefSrderung und Kalium-Auf- nahme (zweite Phase des HX~RlSschen Versuchs) unterdriickt.

Ein neuer Zug an unseren Versuchen ist die Beziehung zum Calcium. Es scheinen zun~chst vor allem zwei Deutungen mSglich, die mit den Resultaten in Einklang w~ren:

1. Calcium wirkt herzglykosid-~hnlich, indem es ebenfalls den Ein- s t rom yon Kalium in der Erholung hemmt. Diese Deutung berfihrt sich mit derjenigen, die RCm~EL U. a. 2 ihren Versuchen am Zwerchfell geben.

2. Calcium ist an den Ionen-Verschiebungen bei Erregung und Er- holung betefligt, und zwar jewefls gleichgerichtet mit Natr ium (Einstrom bei der Erregung, Austri t t in der Erholung).

Eine Entscheidung ist nur experimentell mSglich. Die zweite Deutung scheint uns aber in einem nicht unwichtigen Punkt einen Vorteil zu bieten, wegen dessen wir sie bevorzugen mSchten: Wenn auch Calcium durch die Membran transportiert wird, so dab zwisehen AuBen- und ]nnen-LSsung ein Gleichgewicht sich einstellen kann, kommt das Acto- myosin unter den EinfluB weehselnder Calcium-Konzentrationen. Die bekarmte 1 und sehr ausgesprochene kontraktur-begiinstigende Wirkung des Calcium auf Actomyosin kSnnte in diesem Fall als die Grundlage der Calcium- und der Digitalis-Kontraktur betrachtet werden. Ftir die SZENT-GYORGYIsche Deutung dagegen, nach der dem Ausw/irts-Trans- por t von Kalium die entsprechende Rolle zukommen wiirde, besteht die Sehwierigkeit, da$ Kalium- un4 Natriumverschiebungen bei Er- regung und Erholung im wesentlichen gegenli~ufig und in etwa gleichen Mengen erfolgen, dab aber andererseits Actomyosin zwischen N a t r i u m und Kalium nicht unterscheidet, so dall eine ausgesprochene Wirkung yon dieser Seite her kaum zu erwarten ist.

Die ausgesprochene Bedeutung der Kalium-Konzentrat ion wird auch im Rahmen dieser Deutung versti£ndlich, wenn die von ttODGKI~ U. K E ~ . S 4 am Nerven gezeigte obligatorische Koppelung zwischen Na- trium- und Kalium-Transport in der Erholung erstens auch am Herz- muskel besteht und wenn zweitens in dieses Koppelungs-System auch der Calcium-Transport angeschlossen ist.

Literatur .

1 BOZLER, E.: Am. J. Physiol. 167, 276 (1951); 168, 760 (1952). - - ~ GDSS- WEIL~.R, N., K. KIPFER, G. PORETTI U. W. R~MM~L: Verh. dtsch, pharmakol. Ges., 20. Tagg. 1953, im Druck. - - 3 HODGKIN, A. L., u. A. F. HUXLEY: J. Physiol. 104, 176 (1945). - -4 I'~ODGKIN, A. L., u. R.D. KEYNES : Symp . Soc. Exp. Biol. 1954, im Druck. - - 5 MARSH, B. B. : Biochim. et Biophys. Acta 9, 229 (1952). __e SCHATZ- MANN, H.-J. : Helv. Physiol. Aeta1954, im Druck. - - SZENT-GY6RGYI, A. : Chemical Physiology of contraction in bod y and heart muscle, New York 1953.