6
Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1 Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer Aortenklappenstenose zur Welt. Als Säugling konnte ihm zunächst durch eine Ballondilatation der Klappe geholfen werden, aber vor zehn Jahren war die Aor- tenklappe so undicht, dass operiert werden musste. Er erhielt eine Ross-Operation, bei der die eigene Pulmonalklappe umgepflanzt wird und die Aortenklappe ersetzt. Die Pul- monalklappe selbst wurde durch einen Ho- mograft, eine menschliche Klappe, ersetzt. Nun, zehn Jahre später, ist dieser Homograft degeneriert und zu eng geworden, so dass die Ärzte einen erneuten Klappenwechsel empfehlen. Alexander hat verständlicher- weise einen großen Respekt vor der Opera- tion, zumal Reoperationen, wie ihm erklärt wurde, mit einem erhöhten Operationsrisi- ko einhergehen. Gibt es eine Alternative zur Operation? Melanie ist achtzehn Jahre alt und kam mit einer Fallot-Tetralogie zur Welt. Sie musste sich bereits dreimal operieren lassen. Zuletzt wurde vor acht Jahren ein Xenograft, eine Bioklappe, als Verbindung von der rechten Herzkammer zur Lungenarterie eingesetzt. Diese Bioklappe ist nun einerseits undicht, andererseits zu eng geworden, so dass sie – in einer vierten Operation – ausgetauscht werden soll. Die Ärzte zögern jedoch noch, weil sie wissen, dass der erneute Eingriff wieder kompliziert werden wird, und dass nach Jahren wahrscheinlich ein weiterer Klappenwechsel ansteht. Für Patienten wie Alexander und Melanie gibt es seit einigen Jahren die Möglichkeit, eine neue Herzklappe zur Lungenschlag- ader (in Pulmonalposition) mit einem Herz- kathetereingriff durchzuführen. Medizinischer Hintergrund Schon im frühen Kindesalter erhalten Pa- tienten mit schweren angeborenen Herz- fehlern bei entsprechender Indikation im Rahmen einer Korrekturoperation ihre erste biologische Pulmonalklappenprothese. Lei- der ist die Funktionsfähigkeit dieser Klap- pen nur begrenzt, da sie nicht mitwachsen und zur Degeneration neigen. Immer wenn im Verlauf wieder eine höhergradige Klap- penstenose, eine höhergradige Klappen- insuffizienz oder eine Kombination aus beiden vorliegt, müssen sich die Patienten Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose Prof. Dr. med. Peter Ewert, Prof. Dr. med. Felix Berger, Klinik für angeborene Herzfehler/Kinderkardiologie, Deutsches Herzzentrum Berlin Auch Daniel A. (17 J.) lebt seit einem Jahr mit einem klappentragenden Conduit. © PD Dr. med. Peter Ewert, Prof. Dr. med. Felix Berger

Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

  • Upload
    others

  • View
    6

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1

Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer Aortenklappenstenose zur Welt. Als Säugling konnte ihm zunächst durch eine Ballondilatation der Klappe geholfen werden, aber vor zehn Jahren war die Aor-tenklappe so undicht, dass operiert werden musste. Er erhielt eine Ross-Operation, bei der die eigene Pulmonalklappe umgepflanzt wird und die Aortenklappe ersetzt. Die Pul-monalklappe selbst wurde durch einen Ho-mograft, eine menschliche Klappe, ersetzt. Nun, zehn Jahre später, ist dieser Homograft degeneriert und zu eng geworden, so dass die Ärzte einen erneuten Klappenwechsel

empfehlen. Alexander hat verständlicher-weise einen großen Respekt vor der Opera-tion, zumal Reoperationen, wie ihm erklärt wurde, mit einem erhöhten Operationsrisi-ko einhergehen. Gibt es eine Alternative zur Operation?Melanie ist achtzehn Jahre alt und kam mit einer Fallot-Tetralogie zur Welt. Sie musste sich bereits dreimal operieren lassen. Zuletzt wurde vor acht Jahren ein Xenograft, eine Bioklappe, als Verbindung von der rechten Herzkammer zur Lungenarterie eingesetzt. Diese Bioklappe ist nun einerseits undicht, andererseits zu eng geworden, so dass sie – in einer vierten Operation – ausgetauscht werden soll. Die Ärzte zögern jedoch noch, weil sie wissen, dass der erneute Eingriff wieder kompliziert werden wird, und dass nach Jahren wahrscheinlich ein weiterer Klappenwechsel ansteht. Für Patienten wie Alexander und Melanie gibt es seit einigen Jahren die Möglichkeit, eine neue Herzklappe zur Lungenschlag-ader (in Pulmonalposition) mit einem Herz-kathetereingriff durchzuführen.

Medizinischer Hintergrund

Schon im frühen Kindesalter erhalten Pa-tienten mit schweren angeborenen Herz-fehlern bei entsprechender Indikation im Rahmen einer Korrekturoperation ihre erste biologische Pulmonalklappenprothese. Lei-der ist die Funktionsfähigkeit dieser Klap-pen nur begrenzt, da sie nicht mitwachsen und zur Degeneration neigen. Immer wenn im Verlauf wieder eine höhergradige Klap-penstenose, eine höhergradige Klappen-insuffizienz oder eine Kombination aus beiden vorliegt, müssen sich die Patienten

Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose

Prof. Dr. med. Peter Ewert, Prof. Dr. med. Felix Berger, Klinik für angeborene Herzfehler/Kinderkardiologie, Deutsches Herzzentrum Berlin

Auch Daniel A. (17 J.) lebt seit einem Jahr mit einem klappentragenden Conduit.

© P

D D

r. m

ed. P

eter

Ew

ert,

Pro

f. D

r. m

ed. F

elix

Ber

ger

Page 2: Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 2

wieder einem operativen Klappenwechsel unterziehen, damit es nicht zu einer irrever-siblen Schädigung der rechten Herzkammer kommt.So kann es sein, dass Patienten mit schwe-ren angeborenen Klappenfehlern bereits als Heranwachsende drei bis vier kardiochirur-gische Klappenwechsel hinter sich haben. Dabei gilt, je früher im Leben eine biolo-gische Klappe eingesetzt werden muss, de-sto wahrscheinlicher ist ein Klappenwechsel. Aber auch im Erwachsenenalter eingesetzte Bioprothesen müssen nach heutigen Erfah-rungen etwa alle zehn Jahre ersetzt werden. Operationen am offenen Herzen führen je-doch immer zu Verwachsungen im Brust-korb, die Folgeeingriffe immer weiter er-schweren und riskanter machen. Die Anzahl der Reoperationen kann jetzt in geeigneten Fällen durch den Einsatz einer neu entwickelten Pulmonalklappe gesenkt werden (Melody, Abb. 1). Anstatt durch eine aufwendige Herzoperation wird diese neue Klappe durch einen Kathetereingriff im Herzkatheterlabor eingesetzt.

Was für eine Klappe wird eingesetzt?

Die Transkatheterklappe heißt Melody. Sie wurde in den 90er-Jahren von Philipp Bon-hoeffer (jetzt am Hospital for Sick Children, London) entwickelt. Er hatte die Idee, eine Bioklappe, die normalerweise vom Chi-rurgen ins Herz gepflanzt wird, in einen Stent zu nähen und mit einem Ballonkathe-ter ins Herz zu implantieren (einzupflan-zen). Diese Klappe wird auf besondere Art aus einer großen Halsvene eines Rindes prä-pariert. Sie wird mit Hilfe eines ballonexpan-dierbaren Stents als Trägersystem so zusam-mengefaltet, dass der Stent mit der Klappe in ein Einführsystem mit einem Durchmes-ser von ca. 8 mm geladen werden kann (Abb. 2). Das Einführsystem enthält einen Ballon von 18 bis 22 mm Durchmesser. Über einen Führungsdraht wird das System von der Leiste aus in die große Beinvene ein-geführt und über den rechten Vorhof in die rechte Herzkammer und weiter in die Region der degenerierten Pulmonalklappeprothese

Abb. 1: Nahaufnahme der geschlos-senen Melody Herzklappe. Man sieht die zarte Struktur der Rin-dervenenklappe, die hier aus drei symmetrischen Taschen besteht, die so dünn sind, dass sie transpa-rent erscheinen.

Abb. 2: Die Transkatheterklappe im zusammengefalteten Zustand auf dem Implantationssystem. Das Einführ system ist ca. 8 mm dick.

© P

D D

r. m

ed. P

eter

Ew

ert,

Pro

f. D

r. m

ed. F

elix

Ber

ger

Page 3: Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 3

platziert. Dort erfolgt die eigentliche Implan-tation, indem der Ballon des Trägersystems den klappentragenden Stent entfaltet. Die degenerierte Klappe wird dabei im Gegen-satz zur konventionellen Therapie nicht ent-nommen, sondern durch den Stent an den Rand gedrückt.Eine marktreife Version dieser Klappe wur-de zum ersten Mal im April 2003 implantiert. Nach eingehender klinischer Prüfung erhielt die Melody-Transkatheter-Pulmonalklappe im September 2006 das CE-Zertifikat. In Deutschland wurde die Implantation einer Melody-Klappe erstmals im Rahmen eines wissenschaftlichen Kongresses im Dezem-ber 2006 vorgestellt.Im Juni 2007 schließlich wurde das Verfah-ren am Deutschen Herzzentrum Berlin in die klinische Routine eingeführt. Inzwischen hat es sich als Therapieoption etabliert. An den Herzzentren Berlin und München hat man bisher mehr als 60 Patienten mit die-ser Technik erfolgreich behandelt. Weltweit sind es bis heute mehr als 800 Implantati-onen. Bonhoeffer hat 2007 die Ergebnisse aus der Behandlung von 155 Patienten veröffentli-cht: Bei 93 % der Patienten mit einer Melody-

Herzklappe war noch nach zehn Monaten, bei 70 % sogar nach 70 Monaten keine er-neute Operation notwendig. Die Ergebnisse werden mit der immer größer werdenden Erfahrung wahrscheinlich noch besser.

Für wen ist der interventionelle Pulmonalklappenersatz geeignet?

Die meisten Patienten, die von diesem Ein-griff profitieren, sind ältere Kinder, Jugend-liche und junge Erwachsene mit komplexen Herzfehlern und mehrfachen Voroperati-onen, so dass der Eingriff idealerweise an einer Klinik mit optimaler Infrastruktur und Expertise in der Behandlung von Patienten mit komplexen Herzfehlern durchgeführt werden sollte.Als Voraussetzung für einen erfolgreichen Eingriff sollten die Kardiologen einen Klap-penwechsel für notwendig halten, und der Patient nicht viel weniger als 25 bis 30 kg wiegen. Der Eingriff wird unter örtlicher Betäubung und intravenöser Sedierung ohne Narkose durchgeführt, d. h. der Patient schläft tief und wacht direkt nach dem Ein-griff im Herzkatheterlabor oder auf der Stati-on wieder auf. Er ist nicht künstlich beatmet

Abb. 3 A-D: Angiographie in die Lungenschlag-ader (A): Anhand dieses Bildes kann der Ausflusstrakt ausgemessen wer-den, und man schätzt das Ausmaß der Undichtigkeit der Klappe ab. Platzierung der gecrimpten (zusam-mengefalteten) Klappe (B): Der Stent (Drahtgerüst), der die Klappe trägt, befindet sich genau am Implantati-onsort. Entfaltung von Stent und innenlie-gender Klappe (C): Durch Aufblasen des Implantationsballons wird die Klappe eingesetzt. Das Stentgerüst schmiegt sich an die Kontur des Aus-flusstrakts und kann dadurch nicht mehr verrutschen.Kontrolle der Klappenfunktion (D): Eine Kontrastmittelgabe in die Lun-genschlagader zeigt keinen Rückfluss in die rechte Herzkammer: Die Klappe ist dicht. Der Stent hält den Ausfluss trakt dauerhaft offen.

A B

C D

© P

D D

r. m

ed. P

eter

Ew

ert,

Pro

f. D

r. m

ed. F

elix

Ber

ger

Page 4: Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 4

und muss auch nicht auf die Intensivstation. Die Klappenimplantation selbst wird über die große Beinvene durchgeführt. Zusätz-lich wird über einen arteriellen Zugang der Verlauf der Herzkranzgefäße dargestellt, um auszuschließen, dass diese bei der Implanta-tion durch die Klappe komprimiert werden. Nach diagnostischen Druckmessungen in den verschiedenen Herzhöhlen und großen Gefäßen wird eine Angiographie der rech-ten Herzkammer und der Pulmonalarte-rien angefertigt (Abb. 3A). Nun werden die Größenverhältnisse an der degenerierten Klappe ausgemessen und danach eine end-gültige Entscheidung zur interventionellen Klappenimplantation gefällt. Die folgenden Bedingungen müssen erfüllt sein:

u Objektiv feststellbare Fehlfunktion der Pulmonalklappe im Sinne einer mäßi-gen bis schweren Undichtigkeit und/oder Enge

u Geeignete räumliche Größenverhältnisse am Ausflusstrakt der rechten Herzkam-mer, um die Katheterklappe dort sicher verankern zu können:

- maximaler Durchmesser in der Zielregion unter 22 mm,

- minimaler Durchmesser nach Implantation größer als 14 mm.

Gegenanzeigen für die Implantation einer Transkatheterklappe sind:u aktive Endokarditis (meist infektiöse

Entzündung der Herzinnenräume) des Ausflusstrakts über 22 mm ohne Veren-gungen,

u Herzkranzgefäße, die in unmittelbarer Nähe des Implantationsortes verlaufen.

In unseren Beispielfällen waren alle Krite-rien für eine Implantation erfüllt.

Wie funktioniert der interventionelle

Pulmonalklappenersatz?

Bei Melanie zeigten sich sowohl im Echo-kardiogramm als auch in der Magnetreso-nanztomographie (MRT) Hinweise auf eine deutliche Undichtigkeit und Verengung der alten Bioklappe. Die Auswurfleistung der

Der Herzklappenersatz hindert Daniel nicht daran, am Segeltörn der Kinderherzstiftung teilzunehmen.

© P

D D

r. m

ed. P

eter

Ew

ert,

Pro

f. D

r. m

ed. F

elix

Ber

ger

Page 5: Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 5

rechten Herzkammer betrug nur noch 22 %, und die Herzkammer war deutlich vergrö-ßert. Um eine weitere Operation zu vermei-den, schien ein interventioneller Klappener-satz mit der Melody-Klappe sinnvoll.Die Melody-Klappe wird aus der Jugular-vene eines Rindes gewonnen, das Gewebe fixiert und die äußeren Schichten abpräpa-riert, um ein dünnes Implantat zu erhalten. Dieses wird dann mit mehreren Nähten in einen ballonexpandierbaren Platin-Iridium-Stent genäht.Da die Klappe aus biologischem Gewebe besteht, wird sie in einer Glutaraldehyd-Lö-sung aufbewahrt, die kurz vor der Implanta-tion der Klappe durch zweimaliges Spülen entfernt wird. Parallel dazu wird das Einführ-system vorbereitet. Es besteht im wesent-lichen aus einem Ballonkatheter, auf den die Klappe zusammengefaltet wird, und aus einer Schutzhülle, die über den montierten Stent gestreift wird. Der Ballonkatheter be-steht aus zwei ineinanderliegenden Ballons, die beide sorgfältig entlüftet werden. Der klappentragende Stent wird dann per Hand gleichmäßig auf den äußeren Ballon ge-drückt (gecrimpt). Wichtig ist dabei die kor-rekte Orientierung der Klappe, so dass sie den Blutfluss im Körper zur Lunge erlaubt und zurück zur Herzkammer blockiert. Um Irrtümer zu vermeiden, sind daher die Stentenden und das Einführsystem eindeu-tig gekennzeichnet. Abschließend wird die Schutzhülle über den zusammengefalteten Stent geschoben und das System entlüftet.

Implantation

Die vorbereitete Klappe wird über einen steifen Führungsdraht in die große Bein-vene eingeführt und unter Röntgendurch-leuchtung über den rechten Vorhof in die rechte Herzkammer bis in den Ausflusstrakt zur Lunge positioniert. Der Träger-Stent ist auf der Röntgenaufnahme deutlich sichtbar.Nachdem die Schutzhülle vom Stent zurück-gezogen wurde, erfolgt eine letzte Positions-kontrolle mittels Angiographie (Abb. 3B). Ist die Lage korrekt, wird der inne-re Ballon aufgeblasen. Wenn nötig, sind jetzt immer noch kleinere Positi-onskorrekturen möglich. Durch das Auf-blasen des äußeren Ballons wird die Klappe schließlich endgültig implantiert

(Abb. 3C). Nach Ablassen der Ballons hält der klappentragende Stent die ehemalige Ver engung stabil offen, so dass das Blut aus der rechten Herzkammer ungehindert in die Lunge gepumpt werden kann. Die entfaltete Herzklappe nimmt ihrerseits sofort ihre Tä-tigkeit auf und verhindert ein Zurückfließen des Bluts aus der Lungenschlagader in die rechte Herzkammer, d. h. die Klappe ist so-fort dicht.

Überprüfung des Implantationserfolges

Eine abschließende Angiographie doku-mentiert die einwandfreie Klappenfunktion des Implantats (Abb. 3D). Eine Druckmes-sung über die Klappe zeigt eine Restenge von weniger als 20 mmHg. Das EKG zeigt keine pathologischen Veränderungen. Nach Abschluss des Eingriffs werden die Einführ-schleusen gezogen, und durch einfaches Abdrücken mit der Hand wird die Blutung in der Leiste gestillt.Bei Melanie kam es während und nach dem Eingriff zu keinerlei Komplikationen.Die gesamte Eingriffszeit betrug 62 Minuten, bei einer Röntgendurchleuchtungszeit von 9,1 Minuten. Melanie konnte am nächsten Tag aufstehen und am übernächsten Tag entlassen werden.Die Melody-Klappe zeigte sowohl direkt nach der Implantation als auch bei der Nachsorge nach sechs Monaten keine Un-dichtigkeit, und Melanie spürte, dass sie sich im Alltag besser belasten kann.

Welche Risiken birgt das neue Verfahren und welche Komplika-

tionen können auftreten?

Zunächst bestehen die üblichen Risiken einer Herzkatheteruntersuchung. Darüber hinaus kann die alte verengte Klappe im Rahmen der Implantation der Transkatheterklappe reißen, so dass es zu Blutungen kommen kann. Die neue Klappe kann in seltenen Fällen fehlplatziert werden und verrutschen, und schließlich kann durch den Stent der Klappe ein Herzkranzgefäß abgedrückt und dadurch ein Herzinfarkt ausgelöst werden.Die meisten Komplikationen können aber mit Kathetereingriffen und ohne Operation behoben werden. Bisher sind allerdings drei

Page 6: Herzklappenwechsel ohne Operation und Narkose...Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 1Alexander ist siebzehn Jahre alt und kam mit einer

Deutsche Herzstiftung e.V. · HERZBLATT 2/2009 · Herzklappenwechsel ohne Operation 6

von insgesamt ca. 800 behandelten Patienten bei der Prozedur gestorben. Anders ausgedrückt: Mehr als 99,5 % haben den Eingriff überlebt. In einer Risikoabwägung kann man davon ausgehen, dass das Verfahren für diese voroperierten Patienten damit insgesamt nicht unsicherer als eine Operation zu bewerten ist. In der Zeit nach dem Eingriff können Brü-che des klappentragenden Stents auftreten, die aber meist ohne Auswirkung auf die Ge-samtstabilität der Klappe sind. Man versucht heutzutage durch Einsetzen eines einfachen Stents unmittelbar vor der Klappenimplanta-tion die Bruchgefahr weiter zu minimieren. Nur selten musste bisher eine zweite Klappe in die erste gesetzt werden – was aber prin-zipiell möglich ist und in Zukunft bei dege-nerierten Transkatheterklappen nach Jahren eine Möglichkeit ist, weiterhin auf eine Ope-ration zu verzichten. Da die Transkatheter-klappe relativ neu ist, gibt es allerdings noch keine Langzeiterfahrung.

Fazit

Der interventionelle Pulmonalklappener-satz ist wesentlich schonender als der ope-rative Klappenwechsel, weil keine Narkose, keine Spaltung des Brustbeins und keine Herz-Lungenmaschine notwendig sind. Dem Krankenhausaufenthalt von ein bis zwei Wochen nach Operation, oft gefolgt von einer mehrwöchigen Anschlussheilbe-handlung, steht ein stationärer Aufenthalt von wenigen Tagen nach katheterinterventi-onellem Klappenersatz gegenüber.

Abb. 4: Die Transkatheterklappe im Röntgenbild: Einzig der klappentragende Stent ist sichtbar.

© P

D D

r. m

ed. P

eter

Ew

ert,

Pro

f. D

r. m

ed. F

elix

Ber

ger