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Hexagonale Anordnung der Globuli in Moos-Chloroplasten u Peter Sitte Aus dem Botanischen Institut der Universitht Heidelberg Mit 2 Texmbbilduagen (Eingegangen am 28. Mai 1962) In Chloroplasten yon PIlanzen der verschiedensten Verwandtschafts- kreise beobachtet man im Elektronenmikroskop fast stets osmiophile 1 TrSpfchen, deren Durchmesser gew~hnlich unter der AuHSsungsgrenze des Lichtmikroskops liegen; sie werden heute allgemein als Globuli bezeichnet (v. W e t t s t e i n 1957 a). Auch in Proplastiden werden nicht selten relativ k]eine Globuli angetroffen; in den Chromoplasten des granul~iren Typs (Steffen und Walter 1958; Frey-Wyssling und Kreutzer 1958; L a n c e- N o u g a r ~ d e 1960) liegen geh~iuft Globuli, die mikro- skopische GrSfle erreichea kSnnen und Pigmente enthalten. Die Chloro- plasten-Globuli dtirften, nach ihrem Fliissigkeitscharakter (Kugelform!) zu schlieflen, im wesentlichen aus fetten Olen und darin gel6sten Lipoiden s. str. bestehen; die Beobachtungen v. W e t t s t e i n s (1957 a) an xantha- Mutanten der Gerste legen eindriicklich nahe, daft sie -- wie in den Chromoplasten -- auch Plasmochrome (S ey b o 1 d 1945, 1957) enthalten kSnnen; doch kann dieser Befund nicht ohne weiteres verallgemeinert wet- den, wie die yon F a lk (1960) untersuchten Magnoglobuli in alten Ficus- Chloroplasfen zeigen: Diese auch im Lichtmikroskop sichtbaren TrSpfchen sind intra oitam farblos und ohne Rotfluoreszenz (sie fiirben sich dagegen leicht mit Sudan IV). Die Vitalbeobachtung besonders grofler Globuli (vgl. die Literaturiiber- sicht bet F a 1 k 19'60) ist yon besonderer Bedeutung hinsiehtlich der MSglich- keit, dal~ es sich bet den Globuli um Entmischungsartefakte handelt (F r e v - W y s s 1 i n g 1955); Lipophanerose ist ja bei Plastiden h~iufig beschrieben worden (F r a n z 1958, und dort zitierte Literatur). Dennoch ist es auch in 1 Unverstandllcherweise finder man in der Literatur solcbe durch Osmium kon- trastierte Strukturen gelegentlich als ,,osmophil" bezeichnet. Osmophilie be~leutet sonst allgemein, wie man weifl, die Fahigkeit eines Organismus, ,,auf Substraten oder in Medien hohen osmotischen Druckes" zu gedeihen (T r o 1 I, 1959, S. 5S4). ]Protoplasma, Bd. LVI/2 14

Hexagonale Anordnung der Globuli in Moos-Chloroplasten

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Hexagonale Anordnung der Globuli in Moos-Chloroplasten

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Peter Sitte

Aus dem Botanischen Institut der Universitht Heidelberg

Mit 2 Texmbbilduagen

(Eingegangen am 28. Mai 1962)

In Chloroplas ten yon PI lanzen der verschiedensten Verwandtschaf t s - kreise beobachtet man im Elek t ronenmikroskop fast stets osmiophile 1 TrSpfchen, deren Durchmesser gew~hnlich unter der AuHSsungsgrenze des Lichtmikroskops liegen; sie werden heute al lgemein als Globul i bezeichnet (v. W e t t s t e i n 1957 a). Auch in Prop las t iden werden nicht selten re la t iv k]eine Globul i angetroffen; in den Chromoplas ten des granul~iren T y p s ( S t e f f e n und W a l t e r 1958; F r e y - W y s s l i n g und K r e u t z e r 1958; L a n c e - N o u g a r ~ d e 1960) liegen geh~iuft Globuli, die mikro- skopische GrSfle erreichea kSnnen und Pigmente enthalten. Die Chloro- p las ten-Globul i dtirften, nach ihrem Fli iss igkei tscharakter (Kugelform!) zu schlieflen, im wesentlichen aus fe t ten Olen und dar in gel6sten Lipoiden s. str. bestehen; die Beobachtungen v. W e t t s t e i n s (1957 a) an xan tha - Mutan ten der Gers te legen eindriicklich nahe, daft sie - - wie in den Chromoplas t en - - auch Plasmochrome (S e y b o 1 d 1945, 1957) entha l ten kSnnen; doch k a n n dieser Befund nicht ohne weiteres vera l lgemeiner t we t - den, wie die yon F a l k (1960) untersuchten Magnoglobuli in al ten Ficus- Chloroplasfen zeigen: Diese auch im Lichtmikroskop sichtbaren TrSpfchen sind intra o i tam farblos und ohne Rotfluoreszenz (sie fiirben sich dagegen leicht mi t Sudan IV).

Die Vi ta lbeobachtung besonders grofler Globul i (vgl. die Li tera tur i iber- sicht bet F a 1 k 19'60) ist yon besonderer Bedeutung hinsiehtlich der MSglich- keit , dal~ es sich bet den Globul i um Entmischungsar te fak te handel t (F r e v - W y s s 1 i n g 1955); L ipophanerose ist ja bei Plas t iden h~iufig beschrieben worden (F r a n z 1958, und dort zit ierte Li teratur) . Dennoch ist es auch in

1 Unverstandllcherweise finder man in der Literatur solcbe durch Osmium kon- trastierte Strukturen gelegentlich als ,,osmophil" bezeichnet. Osmophilie be~leutet sonst allgemein, wie man weifl, die Fahigkeit eines Organismus, ,,auf Substraten oder in Medien hohen osmotischen Druckes" zu gedeihen (T r o 1 I, 1959, S. 5S4).

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jenen Fallen, in denen die Globul i ffir die in eioo-Beobaehtung zu klein sind, unwahrscheinlieh, daft sie Ar t e f ak t e vorstellen, da sie aueh in sonst e inwandf re i f ixierten Chloroplas ten regelmiiflig zu beobachten sind und gehiiuft auf t re ten, wenn sieh Lipoidvorr i i te aufs tauen (so bei Et io lement und Chlorose: L a m p r e e h t 1961; vgl. besonders aueh v. W e t t s t e i n 1957 a, b). Als En tmisehungsar te fak te t re ten ferner in P las t iden doppel - breehende Myelinf iguren auf, w~ihrend die Globul i isotrop sind (F a l k 19'60) und sieh aueh im E lek t ronemnikroskop dutch das Fehlen der fiir Myelinf iguren eharakterist isehen Sehiehtung (S i t t e 1958; M e n k e 1959; S t o e e k e n i u s 1960) Yon diesen k la r unterseheiden. Dies alles spricht dafiir, daft die Globul i als V i t a 1 s t r u k t u r e n aufzufassen sind.

Die Globul i l iegen - - wie die St i i rkekbrner und die feinen G r a n u l a 2 der S t roma-Mat r ix - - stets z w i s e h e n den flaehen Membranen des Chloro- p las ten inneren (den , ,Thylakoiden" M e n k e s), sind also hie yon diesen umsehlossen (Abb. I a, b). Yon dieser Lagebeziehung abgesehen, werden sie in den versehiedensten Anordnungen angetroffen: einzeln liegend oder zu mehreren bis vielen in G r u p p e n vereint , wobei jedoeh meist ungleieh grolqe Globul i ungeordnet nebeneinander liegen. Gelegentl ieh e lek t ronenmikro- skopiseher Untersuehungen 8 an Moosen wurden nun aber bei Atrichum undulatum P. Beauv. in den Chloroplas ten aus Zellen der Blii t tehenmitte Globul i re la t iv einheitlieher GrSlqe (Durehmesser e twa 150 nm) gefunden, die in jeweils einsehiehtigen Lagen zwisehen den S t r o m a m e m b r a n e n grup- p ier t sind (Abb. 1 a, c). Flaehschnitte zeigen, daft die Globul i in diesen I_,agen fas t stets hexagonal , also in diehtester Paekung angeordnet sind (Abb. 2 a--c). Die Globul i ber i ihren sieh hie unmi t te lbar , sondern bleiben dutch feinste, 5 - - S n m dieke P lasmalamel len voneinander getrennt , an denen sie sieh mi tun te r deutlieh abp la t t en (Abb. 2 a).

Jede Plas t ide enthiilt mehrere G lobu l i -Gruppen ; die am diehtesten mi t Globul i besetzten Linien der hexagona len Fl~i&enmuster (Netzlinien) sind dabei in den ~:ersehiedenen G r u p p e n eines Chloroplas ten nieht para l le l (Abb. 2 a, b); die hexagona le Symmet r i e ist also nieht fiber die ganze

2 Es erscheint nicht ausgeschlossen, daI3 die iiu~erliehe 26hnlichkeit dieser Gra- nula (Durehmesser etwa 15 nm) mit den Ribosomen einer Verwandtsehaft im ehemi- schen Aufbau entsprieht, da RNS in Chloroplasten :sicher nachgewiesen ist ( M e t z n e r 1952 u. a . ; zuletzt B r a w e r m a n et al., 1961. ~ber DNS in Chloro- plasten vgl. R i s 1961, S. 115 f.).

30sO4-Fixierung; stufenlose Entw/isserung mit Aeeton (S i t t e 1962); Araldit- Einbettung; Blei-Kontrastierung n. K a r n o v s k y (1961).

Abb. l a--c. Quergeschnittene Chloroplasten ,:on Atrichum undulatum. St: St~irke (als nicht fixierbare Struktur geschrumpft); W: Zellwand mit dicht anliegendem, doppelt konturiertem Plasmalemma. Die Pfeile deuten auf Membranen, die um die

Globuli herum ausbiegen.

ABB. 2 a--c. Flaehsehnitte dureh Atrichum-Chloroplasten, Globuli gruppenweise in hexagonaler Dichtestpaekung. G: Granum (kenntlieh am Fehlen der Stroma-Gra-

nula, die im Bereich der Globuli zahlreich liegen); St: St/irke.

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Plastide hin dieselbe, sondern jede einzelne Gruppe biidet [iir sich ein Muster und erscheint somit als s e l b s t o r d n e n d e s S y s t e m .

Aus den gesehilderten Beobaehtungen, die an 44 verschiedenen Globuli- Gruppen iibereinstimmend gemacht werden konnten, lassen sich -- wenig- stens yon der formalen Seite her -- gewisse Vermutungen tiber das Zustandekommen der auffiilligen Ordnung ableiten. Hexagonale Fl~iehen- muster ergeben sich ja stets dann, wenn Kugeln einheitlicher GriJl3e in einer Ebene das kleinstmiSgliche Areal einzunehmen gezwungen sind (so ordnen sich beispielsweise Kugellager-Kugeln in einem Uhrgliischen selbsttiitig hexagonal an). Die Globuli stimmen nun in ihrer GriStle gut [ibereil3; sie sind ferner dutch den lamelliiren Aufbau des Plastideninneren gezwungen, sich in Ebenen anzuordnen (auch die StiirkekiSrner sind scheibenfi~rmig, vgl. Abb. 1 b!); da sie schliefllich diesen Aufbau etwas st~iren (man beaehte das Ansbiegen benachbarter Membranen, Abb. l a , b, Pfeile!) und diese StiSrung minimal wird, wenn die Globuli das kleinstmiSg]iche Areal ein- nehmen, so sind bet diesem Objekt die formalen Voraussetzungen fiir das Zustandekommen yon Dichtestlagen der Globuli tatsiichlich erfiillt. Wie dabei die Bedingungen im einzelnen stud, liil?t sich naturgenfiill vorerst nicht angeben; beispielsweise bleibt unbekannt, weshalb bet Atr idmm die Globuli in ihrer Gr~il3e kaum voneinander abweichen. Bemerkenswert ist abet jedenfalls, daft die gegeneinander gedrii&ten Gtobuli am Zusammen- flieflen durch feinste Plasmabarrieren gehindert werden (iihnlich wie in jeder ausgewachsenen Pflanzenzelle Zellsaft und Wand permanent von- einander gesehieden bleiben, wenn auch oft nur dutch einen Plasmaschlauch yon 15 bis 30 nm Stiirke).

Bet der Durehsicht der Literatur fanden sich nut wenige Elektronen- m ikrogramme yon Plastiden, die eine hexagonale Anordnung der Globuli erkennen lassen oder wenigstens andeuten ~. In allen diesen Fiillen stimmen die am Muster beteiligten Globuli in ihrer GriSl3e ann~hernd iiberein. Wo diese goraussetzung nicht erfiillt ist, kann eine hexagonale Anordnung audl nicht erwartet werden, da sie dann nicht der Dichtestlage entspricht.

Summary

Osmiophilic globuli in the chloroplasts of the leaves of Atrichum undu- latum (a moss) are found to be arranged in striking hexagonal patterns, it seems to be most likely that there are systems which arrange themselves producing by this means these remareable patterns.

Mit dankenswerter Unterstiitzung der Dentschen Forschungsgemein- schaft.

Man vgl. die Abb. 86 und 90 bet v. W e t t s t e i n (1957a), Objekt: Sporen voa Funaria h ztgrometrica; sowie vielleicht die Abb. 5 und 11 bet M u r a k am i trod U e d a (1960), Objekt: Liriope platyphylla; Abb. 17 und 18 bet L a m p r e e h t (1961), Objekt: Chlorotisehe Tradescantia albiflora. In einer unveriJffentliehten eige- hen Aufnahme yon Picea-Chloroplasten (1955) ist ebenfalls eine hexagonale Glo- buli-Anordnung angedeutet.

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