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Hexe Wackelzahn, Zahnfee & Co

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Hexe Wackelzahn, Zahnfee & CoPhysiologische Veränderungen während der Gebissentwicklung

MilchgebissIm Milchgebiss wird zwischen der Entwicklungsphase und der Nutzungsphase unterschieden. In der Entwicklungspha-se erfolgen der Zahndurchbruch und die Wurzelbildung der Milchzähne.

Der 1. Milchzahn ist mit 6–8 Monaten zu erwarten, und bis zum 3. Lebensjahr ist mit einer Vervollständigung des Milch-gebisses zu rechnen (Tab. 1).

Zu beachten ist jedoch, dass es hinsichtlich der Durch-bruchszeiten und der Reihenfolge der Milchzähne große indi-viduelle Unterschiede gibt. In der Regel brechen im Unterkie-fer die zentralen Schneidezähne zuerst durch, gefolgt von den oberen zentralen Schneidezähnen sowie die 1. Milchmolaren vor den Milcheckzähnen (Tab. 1, Abb. 1, [1]).

In der Nutzungsphase werden die Milchzähne zum Teil stark beansprucht. Knirschen ist im Kleinkindalter physio-logisch und erfordert keine � erapie durch eine Schiene. Das Knirschen dient einerseits dem Verarbeiten von Stress und andererseits, über die durchaus ausgeprägten Abrasionen, der sagittalen Einstellung der Kiefer in ihre physiologische Position.

Die physiologische Vorverlagerung der Mandibula wird ermöglicht durch die Lückenbildung im Oberkiefer sowie die bereits erwähnte Abrasion der Milchmolarenhöcker und auch als Zielinsky-Modus bezeichnet.

Mit der Weiterentwicklung des Alveolarfortsatzes und des Kiefers bilden sich im Frontzahngebiet Lücken. Auch diese sind physiologisch und notwendig, damit die breiteren perma- ▶

Jennifer Ebeling, Dr. Sofia Hofmann, Prof. Dr. Heike Korbmacher-Steiner // Marburg Redaktion: Dr. Norbert Grosse // Frankfurt

der junge zahnarzt 1/2014 12-21 s13279-014-0308-4 © Springer- Verlag Berlin Heidelberg 2014

Der Überwachung des Zahnwechsels bei Kindern kommt erhebliche präventive Bedeutung zu. Dafür ist es notwendig, den regelrechten Zahnwechsel zu kennen. Unterschieden werden drei Phasen der postnatalen Entwicklung: Milchgebiss, frühes und spätes Wechselgebiss sowie das permanente Gebiss. Im Beitrag werden die physiologischen Veränderungen während der unterschiedlichen Entwicklungs-stadien beleuchtet sowie Informationen gegeben über notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Komplikationen beim Zahnwechsel.

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nenten Nachfolger ausreichend Platz für den Durchbruch haben. Bleibt die Lückenbildung aus, kommt es im Wechselgebiss zum Platzmangel. Eine Korrektur dieser Lücken muss entsprechend unterbleiben. Die Lücken sind im Oberkiefer zwischen dem seit-lichen Milchschneidezahn und Milcheckzahn sowie im Unter-kiefer zwischen Milcheckzahn und 1. Milchmolaren zu � nden. Nach der � eorie nach Baume [6] dienen sie im Oberkiefer als Platzreserve für den permanenten Eckzahn und im Unterkie-fer der Mesialwanderung der Sechsjahrmolaren. Dieser Mesial-dri� der Sechsjahrmolaren ist physiologisch und dient der Ein-stellung in eine korrekte Verzahnung.

Diastema medialeAuch ein Diastema mediale im Milchgebiss erfordert kei-ne � erapie. Häu� g wird ein Diastema im Wechselgebiss mit dem Durchbruch der seitlichen Schneidezähne und Eckzähne geschlossen. Der Diastemaschluss wird durch das Verschieben des Lippenbändchenansatzes mit dem Vertikaldri� des Alveo-larfortsatzes nach kranial eingeleitet [1].

Handelt es sich um ein echtes Diastema mediale mit einem tief inserierenden Lippenbändchen, ist eine chirurgische Interven-tion sinnvoll. Der Durchbruch der bleibenden Canini stellt den idealen Zeitpunkt für eine chirurgische Lippenbandexzision dar. Sie ist auch vor kieferorthopädischem Lückenschluss des Dia-stemas notwendig, da sonst eine erhöhte Rezidivgefahr besteht.

WechselgebissVon der Anlage eines bleibenden Zahns bis zum abgeschlossenen Wurzelwachstum vergehen bis zu etwa 10 Jahre. Der Durch-bruch eines bleibenden Zahns ist bei 1/2 bis 3/4 der Wurzelbil-dung zu erwarten.

Wenn auch die 2. Molaren das Okklusionsniveau erreicht haben, ist die Phase des permanenten Gebisses etabliert.

Frühes WechselgebissDas frühe Wechselgebiss beginnt mit dem Wechsel der unteren Schneidezähne. Nach dem Wechsel der Schneidezähne und dem Durchbruch der Sechsjahrmolaren erfolgt eine Ruhephase des Zahnwechsels von etwa einem Jahr (Abb. 1).

Spätes WechselgebissDie Zeitintervalle vom Durchbruch eines Zahns bis zum Errei-chen der Okklusionsebene sind je nach Zahntyp unterschied-lich. Während ein Prämolar in der Regel innerhalb von weni-gen Wochen durchbricht und das Okklusionsniveau erreicht, ist der Durchbruch der Eckzähne mit 1–1,5 Jahren deutlich länger. Die Schneidezähne besitzen eine Durchbruchszeit von 3−5 Monaten. Das durchschnittliche Alter, in dem die verschie-denen Zahntypen in ihrem Durchbruch zu erwarten sind, ist in Tab. 2 dargestellt.

Physiologische GebissveränderungenIn jeder Ebene des Raums erfolgen während der Gebissentwick-lung unterschiedliche Veränderungen. Diese beschränken sich nicht nur isoliert auf die jeweiligen Kiefer, sondern auch auf die Lagebeziehung des Unterkiefers zum Oberkiefer. Verschiedene endogene und exogene Faktoren können die Gebissentwicklung negativ beein� ussen und eine kieferorthopädische Behandlung notwendig machen.

Vertikale EbeneIn jeder Phase der postnatalen Gebissentwicklung erfolgt eine Bisshebung in der vertikalen Ebene: Die 1. physiologische Bisshe-bung erfolgt mit dem Durchbruch der Milchmolaren. Durch den Durchbruch der Sechsjahrmolaren wird die 2. physiologische Bisshebung hervorgerufen. Im späten Wechselgebiss wird der

(Lebensmonat)

Mittlerer Inzisivus I 6.–10.

Seitlicher Inzisivus II 10.–14.

1. Milchmolar IV 14.–18.

Milcheckzahn III 18.–24.

2. Milchmolar V 24.–30.

Tab. 1 // Durchschnittliche Durchbruchszeiten der Milchzähne

Durchbruchsreihenfolge:

1-2-4-3-5

6.Mon-3. Lebensjahr 3.-6. Lebensjahr

OK 6-1-2

UK 6-1-2

4-5-3-7 8

3-4-5-7 8

6.-9./10. Lebensjahr 9.-10. Lebensjahr 10.-12/13. Lebensjahr 14. Lebensjahr

Durchbruchsreihenfolge der Milchzähne:

Durchbruchsreihenfolge im bleibenden Gebiss:

Milchgebiss/Entwicklungsphase Nutzungsphase

Frühes Wechselgebiss Ruhephase spätes Wechselgebiss bleibendes Gebiss

Abb. 1 // Reihenfolge des Milchzahndurchbruchs Abb. 2 // Postlaktealebene

LernzieleNachdem Sie diesen Beitrag gelesen lhaben,→ haben Sie einen Überblick über den physiologischen

Zahnwechsel.→ haben Sie einen Überblick über die physiologische

Gebissentwicklung.→ erkennen Sie den atypischen Verlauf des Zahnwechsels→ wissen Sie, welche Maßnahmen notwendig sind,

um häu� ge Komplikationen im Zahnwechsel zu vermeiden

fortbildung

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Biss mit dem Durchbruch der Prämolaren und der 2. Molaren erneut gehoben. Dies ist die 3. physiologische Bisshebung.

Sagittale EbeneIn der sagittalen Ebene sind die Postlaktalebene und der Leeway-Space wichtig für die korrekte Einstellung einer physiologischen Verzahnung.

Postlaktealebene. Mit dem Begri� Postlaktalebene wird die ver-tikale Abschlusslinie hinter den Milchmolaren während der Nutzungsphase bezeichnet. In Abhängigkeit von der Bisslage kann hier eine Ebene oder eine Stufe vorhanden sein. Physio-logischerweise liegt während der Ruhephase des Zahnwechsels eine halben Prämolarenbreite Klasse-II-Verzahnung im Mola-renbereich vor (Abb. 2; [2]).

Bei 56,3% aller Patienten mit einer geraden Postlaktalebe-ne und somit einer 1/2 Prämolarenbreite distal im Bereich der

Sechsjahrmolaren stellt sich in der weiteren Entwicklung eine Klasse-I-Verzahnung ein [3]. Hierfür ist vor allem der größere Leeway-Space im Unterkiefer verantwortlich.

Leeway-Space. Mit dem Begri� Leeway-Space ist der Unterschied zwischen den mesiodistalen Diametern der Milchmolaren und der nachfolgenden Prämolaren sowie dem Eckzahn gemeint. Im Oberkiefer ist mit einer Platzreserve von durchschnittlich 0,7–0,8 mm, im Unterkiefer mit durchschnittlich 1,6–1,8 mm zu rechnen. Die Platzreserve zwischen den beiden Prämolaren der rechten Seite zeigt Abb. 3. Durch den Mesialdri� der Seiten-zähne wird sich die Lücke schließen, und der Unterkiefermolar stellt sich in eine physiologische Angle-Klasse-I-Verzahnung ein.

Transversale Ebene – funktionelle KomponentenDie transversale Entwicklung des Oberkiefers wird wesentlich von der Lage der Zunge bestimmt. Eine Umstellung vom kind-lichen, viszeralen Schlucken auf das somatische Schlucken sollte mit dem 4. Lebensjahr erfolgt sein. Die korrekte Zungenlage am Gaumen während des Schluckvorgangs ist als wachstums-stimulierender Faktor zu sehen und gewährleistet eine korrekte Oberkieferentwicklung.

Das Lutschen von Daumen, Schnuller oder ähnlichem sollte nach dem 3. Lebensjahr nicht mehr bestehen. Bei Persistenz kann eine pathologische Entwicklung entstehen, z. B. ein unilateraler Kreuzbiss durch unzureichende transversale Entwicklung des Oberkiefers oder ein o� ener Biss durch Hemmung in der ver-tikalen Ebene.

Das Abgewöhnen des Lutschhabits ist nur mit der Motivati-on des Kindes möglich. Ein paar Tricks, wie eine Anti-Lutsch-karte (Abb. 4a), ein "Männchen" auf dem Daumen (Abb. 4b) oder eine Daumengarage für nachts (Abb. 4c), sollen das Kind unterstützen und daran erinnern, nicht mehr zu lutschen. War

Abb. 3 // Leeway-Space

Mädchen Jungen

Mittelwert(Jahre)

Standardabweichung(Jahre)

Mittelwert(Jahre)

Standardabweichung(Jahre)

Oberkiefer

1 6,94 0,73 7,2 0,8

2 7,97 0,96 8,22 0,88

3 10,89 1,16 11,16 1,68

4 10,2 1,32 10,27 1,38

5 10,88 1,52 10,96 1,36

6 6,1 0,64 6,06 0,92

7 11,35 2,22 11,87 1,08

Unterkiefer

1 6,13 0,64 6,21 0,72

2 7,21 0,75 7,36 0,73

3 9,56 0,98 10,34 1,05

4 10,09 1,38 10,55 1,73

5 11,35 1,77 11,44 1,87

6 6,1 0,6 6,21 0,68

7 11,13 1,97 11,31 1,79

Tab. 2 // Durchbruchszeiten der permanenten Zähne in Jahren mit Standardabweichung [2]

fortbildung

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dies erfolgreich, ist bei jungen Patienten bis zum Alter von 5 Jah-ren mit einer Spontanschließung des o� enen Bisses zu rechnen.

Ist ein Kreuzbiss entstanden, muss eine apparative Korrek-tur erfolgen. Ab dem 4. Lebensjahr ist die Compliance des klei-nen Patienten für eine � erapie meist sehr gut. Eine Kreuzbiss-überstellung kann bereits innerhalb von 6−8 Monaten mittels herausnehmbarer Platte im Rahmen einer kieferorthopädischen Frühbehandlung überstellt werden.

Störungen im ZahnwechselEs gibt verschiedene Resorptionsstörungen der Milchzähne, die den Durchbruch der bleibenden Nachfolger negativ beein� us-sen oder gar verhindern. Im Folgenden sollen die wichtigsten

Abb. 4 // Möglichkeiten der Entwöhnung von Lutschhabits, a) Sonnen-Regenkarte; b) „Männchen“ c) Daumengarage

Abb. 5 // Infraokklusion

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Störungen dargestellt und therapeutische Konsequenzen erör-tert werden.

InfraokklusionBeachtung sollte infrapositionierten Milchzähnen geschenkt werden (Abb. 5). Die Infraokklusion der Milchzähne kommt durch eine Ankylose zustande. Hier ist der Zahnhalteapparat an einer oder mehreren Stellen verknöchert. Der Alveolarfortsatz der Nachbarzähne wird weiterwachsen, der ankylosierte Milch-zahn verhält sich jedoch wie ein Implantat und bleibt ortsstän-dig, sodass die Gefahr besteht, dass der Milchzahn scheinbar wieder unter der Schleimhaut verschwindet. Dies wird auch als Reinklusion bezeichnet (Abb. 6). Weitere Folge des ankylosierten Milchzahns ist eine Wachstumshemmung des Alveolarfortsatzes im Bereich der Reinklusion. Dieser entstehende Knochendefekt wird auch als Simon-Depression (Abb. 7) bezeichnet. Daher muss eine Infraokklusion von Milchzähnen unbedingt beo-bachtet, und die Reinklusion ist durch rechtzeitige Milchzahn-extraktion zu vermeiden. Ist der Durchbruch des nachfolgenden bleibenden Zahns nicht innerhalb des nächsten Jahres zu erwar-ten, sollte an einen Lückenhalter gedacht werden.

Verlagerungstendenz der EckzähneDurch eine atypische Verlagerung des Eckzahns werden häu� g die Milchzahnvorgänger nicht oder nicht korrekt resorbiert, sodass es zu einer Verstärkung der Verlagerung des Canini kom-

men kann, wenn nicht in den Zahnwechsel eingegri� en wird. Der Eckzahn ist nach den Weisheitszähnen der am häu� gsten verlagerte Zahn. Ab dem 9. Lebensjahr bei Mädchen und ab dem 10. bei Jungen sollte der Eckzahn im apikalen Bereich der Milchzahnwurzel tastbar sein (Abb. 8). Ist dies beidseitig nicht der Fall, müssen engmaschige Kontrollen erfolgen. Spätestens nach einem Jahr ist eine Röntgenkontrolle mittels Orthopanto-mogramm (OPG) durchzuführen (Abb. 9). Ist der Eckzahn nur einseitig tastbar, sollte sofort eine Röntgenkontrolle erfolgen. Zeigt sich eine Verlagerungstendenz der Eckzähne bzw. des Eck-zahns, ist eine zeitnahe Extraktion der Milcheckzähne notwen-dig, um den Durchbruch des bleibenden Eckzahns zu erleichtern und möglichst eine Aufrichtung des Zahns zu erzielen (Abb. 10; [4]). Damit sich die Oberkiefermitte nicht verschiebt, sollte

Abb. 8 // Das klinische Bild bei fehlendem Tastbefund des bleibenden Eckzahnes bei einer neunjährigen Patientin

Abb. 6 // Reinklusion

Abb. 7 // Simon-Depression

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eine Milchzahnextraktion immer symmetrisch erfolgen. Liegt eine Anomalie des progenen Formenkreises vor, sollten auch die unteren Milcheckzähne symmetrisch entfernt werden, da durch die Extraktion mit einem wachstumshemmenden − bei Klasse III gewünschten − E� ekt auf den Unterkiefer zu rechnen ist.

Unterminierende ResorptionVon einer unterminierenden Resorption spricht man, wenn ein bleibender Zahn nicht nur die Milchzahnwurzel seines Vorgän-gers, sondern auch die Wurzel eines benachbarten Milchzahns resorbiert. Mögliche Ursachen dafür sind eine Platzproblematik mit enger Keimlage, eine von der Norm abweichende Keimlage oder eine atypische Durchbruchsrichtung des bleibenden Zahns sowie auch eine eklatante Diskrepanz der mesiodistalen Diame-ter von Milch- und permanenten Zähne [5].

Die Folgen der unterminierenden Resorption sind ein Stütz-zoneneinbruch mit einem Engstand in der sagittalen Ebene, der zu einem Platzverlust für den Nachfolgerzahn des unterminie-rend resorbierten Milchzahns führt. Vermehrt tritt eine solche atypische Resorption im Bereich der oberen 2. Milchmolaren durch den mesioanguliert durchbrechenden Sechsjahrmolaren

Abb. 9 // OPG der Patientin aus Abb. 8

Abb. 10 // Durchbruchsüberwachung Eckzahn

Durchbruchsüberwachung der oberen Eckzähne zu Beginn der 2.Wechselgebissphase

Beidseitigvorhanden

Tastbare bukkale Vorwölbung im apikalen Bereich der Milcheckzahnwurzel

KeineTherapie

In einem JahrKtr. ggf. Rö.

Rö-Ktr.sofort

Beidseitigfehlend

Einseitigfehlend

Abb. 11 // OPG unterminierende Resorption bei einem achtjährigen Patienten

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auf (Abb. 11). Des Weiteren beobachtet werden unterminieren-de Resorptionen der Wurzel des seitlichen Milchschneidezahns und Milcheckzahns durch den bleibenden lateralen Insizivus, der Wurzel des mittleren und seitlichen Milchfrontzahns durch den permanenten mittleren Inzisivus und der Wurzel des Mil-checkzahns sowie des 1. Milchmolaren durch den bleibenden 1. Prämolar.

Je nach Ausmaß sind verschiedene therapeutische Konse-quenzen notwendig: Ist nur ein geringes Platzde� zit für den Durchbruch des Sechsjahrmolaren vorhanden, kann zunächst mittels eines röntgenopaken Separiergummis versucht werden, Platz für den Durchbruch des bleibenden Sechsjahrmolaren zu scha� en. Ist der Platzverlust bereits größer oder sind die 2. Milchmolaren bereits stärker resorbiert, sind die Extraktion der unterminierend resorbierten Milchzähne sowie die Sicherung des Platzes mittels eines Lückenhalters indiziert (Abb. 12). Ist der Platzverlust durch den Stützzoneneinbruch größer als 3 mm, muss im Rahmen einer kieferorthopädischen Frühbehandlung durch eine aktive Platte mit Distalisationsschraube die mesial gekippten Sechsjahrmolaren im Oberkiefer aufgerichtet wer-den. Damit wird der Durchbruch der 2. Prämolaren ermöglicht.

Atypische ResorptionenNicht nur im Oberkiefer treten atypische Resorptionen auf. Im Unterkiefer werden häu� g Wurzelresorptionsstörungen der 2. Milchmolaren beobachtet (Abb. 13). Da der bleibende Prämolar in seinem mesiodistalen Diameter um etwa 1,5 mm kleiner als sein Vorgänger ist, wird häu� g bei leicht angulierter Keimlage des bleibenden Nachfolgers nur eine der beiden Wurzeln des Milchzahns resorbiert. Die andere Wurzel wirkt wie ein Anker und der Milchzahn persistiert, während das Wurzelwachstum des bleibenden Zahns weiter voranschreitet. Auch hier ist die Extraktion des Milchzahns bei 3/4 des abgeschlossenen Wur-zelwachstums des permanenten Zahns notwendig, um einen regelrechten Durchbruch des Nachfolgers zu gewährleisten und eine Verlagerung zu vermeiden.

Aufgrund der grazilen Form der persistierenden Milchzahn-wurzel besteht das Risiko, dass diese unterhalb des Knochen-niveaus abbricht. Eine chirurgische Entfernung dieses Wurzel-restes ist nicht sinnvoll. Eine gute Au� lärung des Patienten ist jedoch unerlässlich.

Fazit für die Praxis→ Der Überwachung des Zahnwechsels sowie dem frühzei-

tigen Abstellen von Habits und orofazialen Dyskinesien kommt große präventive Bedeutung zu.

→ Störungen im Zahnwechsel, z. B. eine Infraokklusion, bedürfen besonderer Beachtung, sodass eine eventuelle Reinklusion des Milchzahns rechtzeitig verhindert werden kann. Auch unterminierende Resorptionen und atypische Resorptionen sollten nicht außer Acht gelassen werden, um mögliche Stützzoneneinbrüche mit konsekutiver Zahnver-lagerung zu vermeiden.

→ Ein lückiges Milchgebiss ist physiologisch und bedarf kei-ner � erapie.

→ Aufgrund des langen Durchbruchweges tendieren die obe-ren Eckzähne häu� g zu einer Verlagerung; daher sind sie bei der Überwachung des Zahnwechsels von besonderer Bedeutung.

→ Ein entstandener Kreuzbiss kann ab dem 4. Lebensjahr mittels Oberkieferplatte therapiert werden, um eine skele-tale Manifestation zu verhindern.

Interessenkon� iktKeine Angaben

LiteraturDas Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden: [email protected]

Abb. 13 // Atypische Resorption bei einer neunjährigen Patientin

Abb. 12 // Lückenhalter im OK bei einer achtjährigen Patientin

Korrespondierender AutorJennifer Ebeling //Poliklinik für KieferorthopädieMedizinisches Zentrum fürZMK-Heilkunde, Marburg

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CME-Helpdesk: [email protected] – Tel.: 0800 77 80 777

Das Fortbildungsangebot der Zeit-schri� der junge zahnarzt wird nach der junge zahnarzt wird nach der junge zahnarztden Leitsätzen der Bundeszahnärzte-kammer zur zahnärztlichen Fortbil-dung einschließlich der Punktebewer-tung von BZÄK/DGZMK erstellt.

Pro Fortbildungseinheit können 2 Fortbildungspunkte erworben werden.

CME-FragebogenKostenfreie Teilnahme für Abonnenten auf springerzahnmedizin.de

Achtung: Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. Es ist immer nur eine Antwort richtig.

Ab wann ist der erste Milchzahn zu erwar-ten und welcher bricht in der Regel zuerst durch?☐Ab dem 1. Lebensmonat; der untere zentrale

Schneidezahn☐Ab dem 6. Lebensmonat; der obere seitliche

Schneidezahn☐Ab dem 3. Lebensmonat; der untere Eckzahn☐Ab dem 6. Lebensmonat; der untere zentrale

Schneidezahn☐Ab dem 3. Lebensmonat; der untere seitliche

Schneidezahn

Zu welchem Zeitpunkt ist die chirurgische Intervention bei einem tief inserierenden Lippenbändchen am ehesten sinnvoll?☐Bereits im Milchzahngebiss☐Mit dem Durchbruch der permanenten

oberen Eckzähne☐Mit dem Durchbruch der permanenten

oberen lateralen Inzisiven☐Mit dem Durchbruch des letzten perma-

nenten Zahns☐Mit dem Durchbruch des permanenten

unteren Sechsjahrmolaren

Welche Durchbruchsreihenfolge im per-manenten Gebiss ist korrekt?☐ Im Oberkiefer: 6-1-2-3-4-5-7-8☐ Im Oberkiefer: 1-2-6-3-4-5-7-8☐ Im Oberkiefer: 1-2-6-5-4-3-7-8☐ Im Unterkiefer: 1-2-6-4-5-3-7-8☐ Im Unterkiefer: 6-1-2-3-4-5-7-8.

Sie haben einen klinisch einseitigen nega-tiven Tastbefund eines Eckzahnes bei ei-ner 9- jährigen Patientin. Ihre Verdachtsdi-agnose ist die einseitige Verlagerung des permanenten Eckzahnes. Wie lautet Ihre therapeutische Konsequenz?☐Der Befund ist physiologisch und erfordert

keine Therapie oder Kontrollen.☐Zur Kontrolle sollte ein OPG in einem halb-

en Jahr angefertigt werden, wenn bis zu die-ser Kontrolle der Eckzahn noch nicht tastbar sein sollte.

☐Zur Kontrolle sollte sofort ein OPG angefertigt werden.

☐Zur Kontrolle sollte ein OPG nach einem Jahr angefertigt werden, wenn bis zu dieser Kontrol-le der Eckzahn noch nicht tastbar sein sollte.

☐Es sollten regelmäßige Kontrollen durchgeführt, jedoch kein OPG angefertigt werden.

Wie gehen Sie vor bei einer unterminie-renden Resorption eines oberen 2. Milchmo-laren durch den Sechsjahrmolaren?☐Der 2. Milchmolar sollte als Platzhalter erhalten

werden.☐Die therapeutische Konsequenz ist die Extrak-

tion des 2. Milchmolaren, ein Lückenhalter ist nicht notwendig.

☐Die therapeutische Konsequenz ist die Extrak-tion des 2. Milchmolaren sowie die Sicherung des Platzes mittels eines Lückenhalters.

☐Der 2. Milchmolar sollte zunächst erhalten blei-ben, eine Röntgenkontrolle sollte in einem halb-en Jahr durchgeführt werden.

☐Der zweite Milchmolar sollte zunächst erhalten bleiben und eine Röntgenkontrolle in einem Jahr durchgeführt werden.

Mit welchen Folgen muss bei einer aty-pischen Resorption eines Milchzahns durch seinen permanenten Nachfolger gerechnet werden?☐Mit einem frühzeitigen Verlust des Milchzahns.☐Mit einer Persistenz des Milchzahns und Reten-

tion des permanenten Nachfolgers.☐Mit einem späteren vertikalen Knochenein-

bruch am permanenten Zahn.☐Mit einem beschleunigten Durchbruch des per-

manenten Zahns.☐Mit einer Unterbrechung des Wurzelwachstums

des permanenten Nachfolgers.

Mit welcher durchschnittlichen Platzreserve darf in Ober- und Unterkiefer aufgrund des Leeway-Space gerechnet werden?☐Oberkiefer 0,7–0,8 mm; Unterkiefer 1,6–1,8 mm☐Oberkiefer 1,6–1,8 mm; Unterkiefer 0,7–0,8 mm☐Oberkiefer 1,6–1,8 mm; Unterkiefer 1,6–1,8 mm

☐Oberkiefer 0,7 - 0,8 mm; Unterkiefer 2,6 – 2,8 mm

☐Oberkiefer 0,7 – 0,8 mm; Unterkiefer 0,7 – 0,8 mm

Ab welchem Alter sollte die Umstellung vom kindlichen, viszeralen Schlucken auf das somatische Schlucken erfolgt sein?☐Mit dem 2. Lebensjahr☐Mit dem 4. Lebensjahr☐Mit dem 6. Lebensjahr☐Mit dem 8. Lebensjahr☐Mit dem 10. Lebensjahr

Welche Lücken sind im Milchgebiss physiologisch und dienen als spätere Platzreserve?☐Lücke zwischen seitlichem Schneidezahn

und Eckzahn im Oberkiefe☐Lücke zwischen seitlichem Schneidezahn

und Eckzahn im Unterkiefer☐Lücke zwischen zentralem Schneidezahn

und seitlichem Schneidezahn im Oberkiefer☐Lücke zwischen zentralem Schneidezahn

und seitlichem Schneidezahn im Unterkiefer☐Lücke zwischen Eckzahn und erstem Milch-

molaren im Oberkiefer

Ab welchem Alter ist eine kieferorthopä-dische Frühbehandlung eines Kreuzbisses möglich und sinnvoll?☐Ab dem 1. Lebensjahr☐Ab dem 2. Lebensjahr☐Ab dem 3. Lebensjahr☐Ab dem 4. Lebensjahr☐Ab dem 5. Lebensjahr

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