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Hinterschaftlader 1945-1970: Bevor sie zum Mainstream wurden Im zweiten von drei Artikeln behandeln wir die Entwicklung leichter Hinterschaftlader für das Militär, die sich vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die späten 1960er Jahre erstreckte. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die legendäre Bullpup-Bauweise. Das Team von all4shooters.com/Maxim Popenker Hinterschaftlader 1945-1970: Bevor sie zum Mainstream wurden Copyright © www.all4shooters.com. All rights reserved. 1

Hinterschaftlader 1945-1970: Bevor sie zum Mainstream · PDF fileHinterschaftlader, dem österreichischen Steyr AUG und dem französischen FAMAS, ... Standardinfanteriegewehre vom

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Hinterschaftlader 1945-1970: Bevor sie zum

Mainstream wurden

Im zweiten von drei Artikeln behandeln wir die Entwicklung leichter Hinterschaftlader für das Militär, die sich vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die späten 1960er Jahre erstreckte. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die legendäre Bullpup-Bauweise.

Das Team von all4shooters.com/Maxim Popenker

Hinterschaftlader 1945-1970: Bevor sie zum Mainstream wurden

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Nach dem Zweiten Weltkrieg war Großbritannien das erste Land, das ein Hinterschaftladersystem für den offiziellen Einsatz eingehend prüfte

In unserem vorherigen Artikel haben wir die Geschichte der frühen leichten Hinterschaftlader, beginnend mit den Gewehren von Thorneycroft und Godsal aus dem Jahr 1902, bis zu den britischen und

amerikanischen Konstruktionen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beleuchtet. Hier besprechen wir

eine zweite Entwicklungsphase der Hinterschaftlader, die vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die

frühen 1970er Jahre, kurz vor der offiziellen Einführung der ersten beiden serienmäßig hergestellten

Hinterschaftlader, dem österreichischen Steyr AUG und dem französischen FAMAS, reicht.

Wie wir bereits zuvor erwähnt haben, setzten sich britische Ingenieure gegen Ende des Zweiten

Weltkriegs vermehrt für die Entwicklung von manuell bedienten, halbautomatischen oder automatischen

Hinterschaftladern ein. Es war offensichtlich, dass die britische Armee ein moderneres Gewehr

benötigte, das die veralteten Lee-Enfield SMLE Repetierbüchsen mit Zylinderverschluss ersetzen sollte.

Britische Ingenieure begannen also mit der Entwicklung einer neuen, gut durchdachten Mittelpatrone,die in einem Infanteriegewehr auf bis zu 550 Meter und in einem universellen Maschinengewehr auf bis

zu 900 Meter effektiv sein sollte. Dabei bliebe sie deutlich leichter und hätte einen geringeren Rückstoß

als die vorhandenen Patronen für Ordonnanzgewehre, die von den Alliierten während des Zweiten

Weltkriegs verwendet wurden (.303 British, .30-06 Springfield, 7,62 x 54 R).

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Der britische Entwickler Stefan Janson führt den Hinterschaftlader EM-2 „Mamba“ 7mm vor

Dank der neuen 7 x 43 mm Patrone brachte die britische Armee die Entwicklung des neuen Gewehrs

wieder auf Touren. Mindestens drei einheimische Teams nahmen an dem Rennen teil, zwei von der Royal

Small Arms Factory (unter Führung von Stanley Thorpe und Stefan Kenneth Janson) und eines von einer

privaten Büchsenmacherei, dem legendären Unternehmen "Birmingham Small Arms" BSA Ltd.

Von allen vorgestellten Entwürfen, die gegeneinander antraten, besaß lediglich der BSA-Prototyp eine

konventionelle Bauweise. Die anderen beiden Prototypen mit den Namen EM-1 "Cobra" und EM-2

"Mamba" waren Hinterschaftlader.

Das Gewehr EM-1, das von Stanley Thorpes Team entwickelt wurde, orientiere sich stark an den

deutschen Konstruktionen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs: Es wurden viele gestanzte Stahlelemente

verwendet. Außerdem benutzte das Gewehr ein gasbetriebenes System mit Rollenverschluss, das vom

Mauser StG 45 Prototyp inspiriert war.

Das EM-2, das von Stefan Jansons Team entwickelt wurde, wurde unter Anwendung eher traditioneller

Technologien hergestellt und verfügte über einen gasbetriebenen Klappenverschluss, ähnlich dem, das

beim erfolglosen deutschen halbautomatischen Gewehr G41 (W) oder dem bekannten leichten

sowjetischen RPD-Maschinengewehr genutzt wurde.

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Der Prototyp des 7mm EM-1 „Cobra“ Hinterschaftlader-Sturmgewehrs

Zwei Versionen des Prototyps des Sturmgewehrs EM-2 „Mamba“: oben die frühere 7mm Variante, unten die spätere 7,62x51mm Variante

Das EM-2 stellte sich als erfolgreichstes der drei vorgeschlagenen Konstruktionen heraus und wurde im

Jahr 1951 sogar offiziell für das britische Militär als "Rifle, Automatic, caliber .280, Number 9 Mark 1"

angenommen. Die Entscheidung wurde jedoch durch Änderungen in der britischen Regierung revidiert,

um die Kompatibilität der Kaliber mit den US-Streitkräften und der neu gegründeten NATO zu bewahren.

Später wurde versucht, das EM-2 Gewehr für die neue amerikanische "7,62 mm T65 Leichtgewehr-

Munition" umzubauen, die später als 7,62 x 51 mm NATO eingeführt wurde. Aus unterschiedlichen

Gründen war dieser Umbau erfolglos. Etwa 1955 passte die britische Armee das traditionelle belgische FN

FAL Gewehr an und produzierte es vor Ort als "7,63 mm L1A1 SLR" Gewehr.

Erwähnenswert ist außerdem, dass einige der ersten Prototypen des FN FAL Gewehrs auf die britische

7 x 43 mm Mittelpatrone ausgelegt waren, eines davon war ein Hinterschaftlader. Die 7 mm FAL

Hinterschaftlader wurden in den frühen 1950er Jahren weltweit umfassend getestet, konnten aber keinen

Kunden überzeugen. Aus diesem Grund wurden alle Baureihen dieses äußerst erfolgreichen Gewehrs in

traditioneller Bauweise hergestellt.

Der Prototyp des Korovin Sturmgewehrs im Kaliber 7,62x39mm, das um 1945 in der Sowjetunion entwickelt wurdet

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Der Prototyp eines weiteren sowjetischen Hinterschaftladers im Kaliber 7,62x39mm mit dem Namen Korobov TKB-408, der im Jahr 1947 entwickelt wurde

Während die britischen und belgischen Hinterschaftlader der frühen Nachkriegsjahre weitbekannt sind,

ist das Wissen um ähnliche sowjetische Konstruktionen dieser Zeit sehr vage. Sowjetische Entwickler

experimentierten bereits vor dem Zweiten Weltkrieg mit Hinterschaftlader-Panzerbüchsen, allerdings

wurde keine von ihnen angenommen.

Während der frühen Entwicklungsphase eines Mittelkalibers für leichte Waffen (die 7,62 x 39 mm M43,die als wichtigste Patrone für die AK-47 und AKM Gewehre berühmt wurde) testete die sowjetische

Armee jedoch zahlreiche Sturmgewehre in Hinterschaftlader-Bauweise.

Eines der ersten sowjetischen Sturmgewehre als Hinterschaftlader wurde von Sergey Aleksandrovich

Korovin in der Tula Arms Plant (TOZ) entwickelt und 1945 für militärische Prüfungen freigegeben. Es wies

eine etwas grobe Bauweise mit einem ringförmigen Gaskolben und einem Drehkopfverschluss auf.

Die Gründe für seine Ablehnung sind nicht bekannt, ein oder zwei Jahre später wurde aber ein neuer

Hinterschaftlader zur nächsten Testphase zwecks der Einführung einer neuen sowjetischen

Ordonnanzwaffe eingereicht. Er wurde diesmal vom talentierten, aber eher erfolglosen Entwickler

Gennady Alesandrovich Korobov, einem weiteren TOZ-Mitarbeiter, konstruiert.

Eine Testversion des FN FAL Gewehrs im Kaliber 7 mm als Hinterschaftlader

Der US-amerikanische Prototyp eines T31 Hinterschaftladers im Kaliber 7,62x51mm, der von John Cantius Garand (im Jahr 1949) entworfen wurde

Unter dem Namen TKB-408 war das gasbetriebene Gewehr mit Kippverschluss mehr oder weniger auf

Augenhöhe mit den britischen Konstruktionen dieser Zeit. Ein auffälliges Merkmal des TKB-408 war der

Magazinauslöser, der sich direkt unter dem Pistolengriff befand. Dafür war der Gebrauch besonderer

Magazine erforderlich. Wie alle anderen Kandidaten verlor das TKB-408 die Prüfungen gegen das

berühmte AK-47 Sturmgewehr, einer traditionellen Konstruktion von Mikhail Timofe'evich Kalashnikov,

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die offiziell im Jahr 1949 als neues sowjetisches Ordonnanzgewehr übernommen wurde.

In den späten 40er Jahren arbeiteten amerikanische Konstrukteure außerdem an der Entwicklung einer

neuen Gewehrgeneration. Es sollten leichte Waffen mit Feuerwahl entstehen, die eine neue, leichtere,

aber weiterhin leistungsstarke Munition vom Kaliber .30/7,62 mm abfeuern.

Unter den vielen Testwaffen, deren Namen jeweils ein "T" und eine Zahl, von T20 bis T48, enthielten, verdient der T31-Prototyp besondere Aufmerksamkeit: Dieses schlanke Gewehr, das etwa 1949 von John

Cantius Garand (dem Entwickler des M1 Ordonnanzgewehrs, das von den US-Streitkräften im Zweiten

Weltkrieg verwendet wurde) konstruiert wurde, verfügte über ein gasbetriebenes System und einen

ringförmigen Gaskolben. Obwohl der Hinterschaftlader Garand T31 kurz getestet wurde, schaffte er es

nie über die Prototypphase hinaus.

Die Entwicklung individueller Hinterschaftlader verfolgte in Europa, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Ende des Vietnamkriegs unterschiedliche Wege

So wird ein Hinterschaftlader-Ordonnanzgewehr richtig abgefeuert: Abbildung aus dem offiziellen Benutzerhandbuch des britischen Gewehrs „Nr.9 MK 1“, das die Produktionsvariante des EM-2 Modells geworden wäre

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Eine technische Zeichnung des Hinterschaftladers, der im französischen Atelier Mécanique de Mulhouse (AME) im Jahr 1952 konstruiert wurde

Der Prototyp eines Hinterschaftladers, der im Jahr 1954 von der Manufacture d'Armes de Saint-Étienne (MAS) in Frankreich entwickelt wurde

In den 1950er Jahren wurde in Frankreich weiterhin fleißig an der Entwicklung von

Hinterschaftladern gearbeitet: Die lokalen Waffenhersteller wetteiferten bei der Entwicklung eines

neuen Automatikgewehrs, mit dem das etwas veraltete MAS-49 Gewehr der französischen Armee ersetzt

werden sollte.

Bemerkenswert ist, dass zahlreiche Modelle gleichzeitig in traditioneller Bauweise und als

Hinterschaftlader entwickelt wurden.

Die staatlichen Waffenhersteller AME, MAS und Tulle Arms Factory (MAT) stellten jeweils Prototypen von

Hinterschaftladern her, offensichtlich hat jedoch keines von ihnen bei der Prüfung überzeugen können.

Im Jahr 1956 einigte sich das französische Verteidigungsministerium auf den Einsatz des eher

konservativen, traditionellen MAS 49/56.

In den späten 1950er Jahren setzten die Armeen der NATO und des Warschauer Pakts

Infanteriegewehre einer (damals) neuen Generation ein: Die NATO-Streitkräfte nutzten unter anderem

Standardinfanteriegewehre vom Kaliber 7,62 x 51 mm wie das M14, das FN FAL, das Heckler & Koch G3

und die Beretta BM-59. Bei den Streitkräften des Warschauer Pakts wurden die sowjetischen AK und SKS

Modelle zum Standard, diese waren auf die weniger kraftvolle aber trotzdem leistungsstarke 7,62 x 39

mm Patrone ausgelegt. Die Tschechoslowakei verwendete unterdessen das einheimische, aber ebenso

erfolgreiche SA Vz. 58 Gewehr, das dieselbe Patrone nutzte.

Das sowjetische Afanasiev TKB-011 Hinterschaftlader-Sturmgewehr im Kaliber 7,62x39mm aus dem Jahr 1964

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Der sowjetische Prototyp Korobov TKB-022 im Kaliber 7,62x39mm, um 1962

All diese Waffen verfolgten ein traditionelles Design, die Arbeit an den Hinterschaftladern wurde jedoch

fortgesetzt. Der Hauptgrund für die weitere Entwicklung von Hinterschaftladern war der Bedarf an

mechanisierten und Luftlandetruppen, die in den begrenzten Räumen von Schützenpanzern oder

Helikoptern in das Kriegsgebiet gelangen. Klapp- und Schubschäfte an traditionellen Gewehren boten

nur eine Teillösung, während Hinterschaftlader die volle Feuerkraft in einer insgesamt deutlich kürzeren

Waffe lieferten.

Trotz der relativ kompakten Größe der sowjetischen Gewehre vom Typ Kalashnikov AK und AKM und

ihrer noch kompakteren Versionen mit Klappschaft unter dem Namen AKS und AKMS, arbeiteten viele

sowjetische Ingenieure an der Entwicklung von Hinterschaftladern für das Kaliber 7,62 x 39 mm. Einer

der beachtlichsten sowjetischen Hinterschaftlader aus den 1960er Jahren war das Versuchsmodell TKB-

022, eine weitere Erfindung von Gennady Korobov, das um 1962 konstruiert wurde.

Dieser beeindruckende Prototyp verfügte über einen Kunststoffrahmen, der ein kompaktes

Stahlgehäuse umschloss (mehr als zehn Jahre vor dem Steyr AUG), ein Magazin, das in einer extrem

rückwärtigen Position montiert war, und nicht zuletzt, ein vorderseitiges Auswurfsystem für

Patronenhülsen, das die sichere und leichte Bedienung durch linkshändige wie auch rechtshändige

Schützen oder innerhalb der eingeschränkten Bewegungsfreiheit eines Schützenpanzers ermöglichte.

Damit eine größtmögliche Lauflänge in einer solch kurzen Waffe behalten werden konnte, setzte

Korobov einen vertikal gleitenden Verschluss, ähnlich dem "Keilverschluss" einiger früherer Einzellader

für Metallpatronen, ein.

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Eine Feuervorführung des Prototyps vom Hinterschaftlader FN FAL im Kaliber 7mm

Der Hinterschaftlader FN FAL 7mm (zweites Gewehr von unten) im Vergleich zu seinen konventionell konzipierten Gegenstück und einer Reihe Ordonnanzwaffen dieser Zeit

Das Ausziehen und der Auswurf der verbrauchten Patronenhülsen sowie die Zuführung neuer Patronen

wird mithilfe einer mit dem Gaskolben verbundenen U-förmigen Komponente ausgeführt. Damit konnte

das Magazin (und die Kammer) so weit hinten wie möglich positioniert werden. Sobald sie die Kammer

verließen, wurden verbrauchte Hülsen aus der Lauflinie heraus befördert und durch ein auf die Mündung

zulaufendes Auswurfrohr vorgeschoben.

Der Prototyp für das TKB-022 Gewehr hat im Laufe der 1960er Jahre zahlreiche Anpassungen und

Versionen durchlebt, die sich bis nach Mitte der 1960er Jahre erstreckten. Die endgültige Variante des

TKB-022 wurde für die damalige Testmunition 5,6 x 39 mm entwickelt, die später zur 5,45 x 39 mm M1976

Patrone weiterentwickelt und die neue Standardpatrone für das Ordonnanzgewehr der meisten Armeen

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des Warschauer Pakts wurde und im AK-74 und seinen Varianten verwendet wurde. Das TKB-022

Gewehr selbst schaffte es nie über die Prototypenphase hinaus.

Das Unternehmen Tula Arms stellte zudem den Hinterschaftlader TKB-011 im Kaliber 7,62 x 39 mm

her, der von Nikolay Mikhaylovich Afanasiev konstruiert wurde. Das Gewehr wurde etwa zur selben Zeit

wie das TKB-022 entwickelt und nutzte eine ähnliche Konstruktion und ähnliche Materialien, u. a.

rotbraune Kunststoffe für das äußere Gehäuse. Das TKB-011 verfügte zudem über ein "sicheres"

Auswurfsystem: Das Auswurffenster befand sich auf der rechten Seite der Waffe und war nach vorne

rechts gerichtet.

Wie das Korobov Modell konnte auch das TKB-011 nie die Prototypenphase überwinden. Ein Testmodell

ist heute noch im Tula Arms Museum zu finden.

Eine technische Zeichnung vom Prototyp des Sturmgewehrs Konstantinov SA-01 im Kaliber 7,62x39mm, das etwa 1963 in der Sowjetunion entwickelt wurde

Der Prototyp des sowjetischen Hinterschaftladers SA-001 aus dem Jahr 1965

Das Interesse an der damals unorthodoxen Hinterschaftlader-Bauweise schien in den sowjetischen

Waffenschmieden für leichte Waffen zum damaligen Zeitpunkt recht weit verbreitet gewesen zu sein.

Alexander Konstantinov, ein Ingenieur, der in einer dieser bekannten Waffenschmiede, dem Vladimir A.

Degtyaryev Werk mit Hauptsitz in Kovrov, arbeitete, entwarf in den 1960er Jahren mehrere recht

ungewöhnliche Hinterschaftlader.

Einer davon, mit der Bezeichnung SA-01, wurde 1963 zur Werksprüfung eingereicht: Das Hauptziel war

die Entwicklung eines Gewehrs, das beim vollautomatischen Feuern aus dem Stand bestmöglich zu

kontrollieren war. Hierzu wurde das SA-01 als "umgedrehter Hinterschaftlader" konstruiert, bei dem der

Pistolengriff unter dem Gehäuse lag. Diese Bauweise sollte jedoch ein wenig zu radikal erscheinen, da

Konstantinov persönlich im Jahr 1965 einen veränderten Prototypen unter dem Namen SA-001 vorstellte,

einen "konventionellen Hinterschaftlader" bei dem der Pistolengriff und der Handgriff unter dem Lauf

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lagen. Wie die TOZ-Prototypen kamen die Hinterschaftlader von Kovrov nie über die Prototypenphase

hinaus.

In den späten 1960er Jahren wurden auch in den Vereinigten Staaten Prototypen für Hinterschaftlader

entwickelt. Zu dieser Zeit finanzierte die US-Armee das ambitionierte SPIW-Programm ("Special Purpose

Individual Weapon"), das ungeachtet des Namens Soldaten mit einer Allzweckwaffe versorgen sollte, die

eine Kombination aus einem Flechette-Gewehr und einem mehrschüssigen 40 mm Granatwerfer bot.

Ein Beispiel der amerikanischen Hinterschaftlader-Konstruktion aus den 1960er Jahren: der kantige, sperrige SPIW-Prototyp von Springfield Armory mit seinem 40mm Granatwerfer unter dem Lauf

Eine frühe technische Zeichnung des modularen Springfield Armory SPIW-Gewehrs (USA, 1964)

Der von Springfield Arsenal entworfene Hinterschaftlader stellte sich im gesamten SPIW-Programm

als einer der wichtigsten Bewerber heraus. Die frühen Versionen des Springfield SPIW-Gewehrs waren

insbesondere aufgrund ihrer modularen Bauweise interessant. Das gewöhnliche Gehäuse, bestehend aus

Lauf, Verschluss und Magazingehäuse, konnte sehr einfach von einem konventionellen Aufbau zu einem

Hinterschaftlader und umgekehrt umgebaut werden. Jedoch war schnell klar, dass das SPIW-Gewehr in

seinem konventionellen Aufbau zu lang und unausgeglichen ist (zu viel Gewicht vorne, vor allem bei der

Ausstattung mit einem unterbauten 40 mm Granatwerfer), sodass spätere Prototypen nur noch als

Hinterschaftlader hergestellt wurden.

In der endgültigen Form war das SPIW-Gewehr eine lange und kantige Waffe, die mit einem

ungewöhnlichen "Reihenmagazin" für sechzig Flechette-Patronen ausgestattet war. Aufgrund der

unrealistischen Anforderungen des SPIW-Programms und zahlreichen schwerwiegenden Problemen mit

der Flechette-Munition, wurde keiner der im Rahmen des Programms entwickelten Prototypen jemals in

die Produktion gegeben.

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Der Prototyp des im Jahr 1969 für die US-Luftwaffe entworfenen IMP im Kaliber .221

Ein technisches Schema der persönlichen Verteidigungswaffe GUU-4/P IMP als Hinterschaftlader im Kaliber .221

Die letzte Waffe, die unseren Überblick über ein "halbes Jahrhundert der Hinterschaftladertests (1945-

1970)" abrundet, ist ein weiterer amerikanischer Prototyp, der als "Individuelle Mehrzweckwaffe" (IMP-

221) oder GUU-4/P bekannt ist und in den späten sechziger Jahren von Dale Davis im Air Force

Armament Laboratory der vereinigten Staaten entwickelt wurde.

Dieser kleine gasbetriebene Hinterschaftlader im Kaliber .221 Fireball war als persönliche

Verteidigungswaffe für Luftstreitkräfte gedacht, kam ohne Schulterschaft aus und konnte einhändig

abgefeuert werden. Damit die Waffe beidhändig bedienbar war, konnte der Pistolengriff auf beide Seiten

geschwenkt werden. Das Magazin wurde in einem Winkel zur vertikalen Ebene platziert, damit der Arm

des Schützen Platz hatte.

Colt baute nur wenige Prototypen der IMP-221, da die USAF schnell das Interesse an der Entwicklung

verlor. US-Militärpiloten vertrauten weiterhin auf Kurzwaffen als primäre Verteidigungswaffen, so wie es

auch heute ist und in naher Zukunft sein wird.

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Bleiben Sie dran: Der letzte Teil „Die Weiterentwicklung der Hinterschaftlader“ ist bald auf all4shooters.com verfügbar

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Frühe Hinterschaftlader-Modelle

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